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Shin no yuri

Todeslilie
von

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Funeral

AUS SAYURIS SICHT:
 

Sie alle stehen da. Warten darauf, dass es zu Ende geht und sie wieder gehen können. Sie haben es nicht verdient, hier zu sein.

Ich weine nicht, nicht ein einziges Mal, während ich seine Hand halte, um die Kraft dazu zu bekommen. Hätte ich ihn nicht, hielte ich das hier nicht aus. Ich habe ihn geheiratet, zwei Jahre nach dem dieses ganze Chaos gewesen ist. Shin. Ich weiss nicht, was ich getan hätte, wäre er damals nicht da gewesen.

An dem Tag, an dem ich Hisa, Yukio und ihn betrogen habe, ist er es gewesen, der mich in den Arm genommen hat, mir geholfen hat. Und ich habe ihn verletzt. Weil ich ihn liebte. Er hat nie etwas gesagt, bis heute nicht. Doch ich weiss auch so, dass ich ihn gerade jetzt, in diesem Moment, noch mal umbrachte.

Als mir alles erklärt wurde, begriff ich endlich, was für Fehler ich gemacht hatte, bis zu diesem Zeitpunkt. Was passiert ist, war meine Schuld, und ich wusste das schon damals. Und ich konnte dennoch nie etwas gut machen. Nicht ansatzweise.

Jetzt stehen wir hier. Neben all diesen Fremden, die vorgeben, ihre Familie zu sein, sich um sie zu sorgen. Ich hasse sie dafür. Wir sind ihre Familie. Wir allein. Sie hat das selbst gesagt.

Auch sie hat geheiratet. Zur selben Zeit wie wir. Es war eine Doppelhochzeit. Ich lächle bei dem Gedanken. Es ist eine der schönsten Erinnerungen, die ich habe. Ich wünschte nur, sie wäre noch hier um sie mit mir zu teilen.

Die Entscheidung, die sie getroffen hat. Ich kann mich noch genau erinnern, als sie es am Morgen ganz plötzlich gesagt hat. Wir alle wussten, was das bedeutete, und keiner von uns hat irgendwas dazu gesagt, aber wir alle blieben bei ihr.

Es war uns allen klar, dass das irgendwann passieren würde, unausweichlich. Und dennoch, wir zerbrachen, als es wirklich eintrat.

Ich höre den Gesang des Pfarrers; er singt, um sie zu geleiten, auf ihrer Reise. Einige Münder bewegen sich dazu. Doch wir wissen, dass es keine Reise für sie gibt.

Sie bringen den Sarg, getragen von vier Männern. Alle starren ihn an. Aber nicht des Sargs oder ihretwegen. Sondern wegen der schneeweissen Krähe, die darauf hockt, den Kopf gesenkt, still, wartend. Es erstaunt mich nicht, dass er in dieser Form kommt. Es ist mir klar gewesen. Mir, sowie Shin.

Als der Sarg in die Erde gesenkt wird, erhebt sich die Krähe und flattert auf den Grabstein. Alle Blicke folgen ihr, keiner denkt mehr an die Tote, nur Shin und ich. Unsere Blicke wenden sich nicht von dem Sarg ab, auch wenn wir beide wissen, dass er leer ist.

Auch die Krähe sieht hinunter in das Grab.

Dann, Schaufel für Schaufel, wird sie begraben. Ganz langsam. Jeder verabschiedet sich ein letztes Mal. Wir nicht. Wir haben uns schon verabschiedet. Das hier ist nur noch das endgültige für alle anderen.

Während immer mehr Erde auf dem Sarg zu liegen kommt, bewegt sich die Krähe nicht. Nur eine einzelne Träne entwischt ihrem Auge. Und wieder richten sich alle Blicke auf die Krähe. Sie fragen sich, wie sie weiss sein kann, wie sie weinen kann. Doch die Krähe scheint sie gar nicht erst wahr zu nehmen. Sie starrt in das Grab, wie eine Statue hockt sie da.

Und dann, ganz plötzlich, erhebt sie sich in die Luft und fliegt in Richtung des angrenzenden Parks davon. Sie steuert auf einen Baum zu, in dessen Schatten ein Mann sitzt, schlafend, anscheinend.

Ich weiss, wir werden ihn eine lange Zeit nicht sehen, aber ich hoffe inständig, dass es ihm bald möglich sein wird, zu uns zurück zu kehren.

Auch wir drehen uns um, als die Krähe sich auf die Schulter des Mannes setzt und weitere, bittere Tränen weint.



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