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Office Mein

Im Büro
von

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Der Unbekannte mit dem anzüglichen Blick

„Haan, Ma... Ji... Ich habe genug gegessen... Ji, ich schlafe auch genug... Nein, ich mache nicht zu viele Überstunden... Ji, darauf werde ich in Zukunft achten... Ma...... Ma......? Ma! Hör mir bitte nur einen Moment zu! Ich muss jetzt zur Arbeit. Ich werde dich morgen zurückrufen, ok? Thik hai. Bye!“

Seufzend legte Anjali den Hörer zurück aufs Telefon. Wie kam ihre Mutter nur darauf, sie so früh am Morgen und noch vor der Arbeit anzurufen? Ein kurzer Blick auf ihre Armbanduhr beantwortete ihr diese Frage allerdings sofort. In Indien war es bereits zwei Uhr am Nachmittag. Ihre Mutter schaffte es einfach nicht, sich zu merken, wie viele Stunden sie zurück rechnen musste, um auf die richtige Uhrzeit in London zu kommen.

Kopfschüttelnd trank sie den Rest ihres angefangenen Kaffees aus, stellte die schmutzige Tasse in die Spüle und machte sich anschließend auf den Weg zur Arbeit.
 

„Anju! Da bist du ja endlich! Geh dich schnell umziehen. Deine Schicht fängt gleich an!“, waren die ersten Worte, die Mili Anjali zurief, als sie die Eingangshalle des großen 5-Sterne-Hotels betrat, in dem beide arbeiteten. „Meine Schicht?“, entgegnete Anjali verwirrt. „Was meinst du damit? Ich...“ „Carol ist krank geworden. Du musst für sie an der Rezeption einspringen.“, erklärte Mili schnell und schob ihre Freundin eilig in Richtung des Angestelltenfahrstuhls. „Beeil dich mit dem Umziehen!“, rief sie ihr noch zu, bevor sich die Lifttüren schlossen.

„Das kann doch nicht wahr sein...“, murmelte Anjali missmutig, als sie den Knopf drückte, um in die zehnte Etage zu fahren, wo sich die Räume und Büros der Angestellten befanden.

Erst kurz bevor sie aussteigen musste, bemerkte sie, dass sie nicht allein war. In der hinteren, rechten Ecke stand ein – wie Anjali zugeben musste – gutaussehender Mann, den sie schon öfter hier im Hotel gesehen hatte. Bisher hatte sie immer angenommen, dass er nur Gast im Haus war, doch da er den Angestelltenaufzug benutzte, musste er wohl offensichtlich hier arbeiten.

Als Anjali sich beim Aussteigen noch einmal umdrehte, erschrak sie für einen Moment und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Der Mann starrte sie mit einem so durchdringenden Blick an, dass es schon unheimlich war. Dieser Augenblick dauerte allerdings nur einen Bruchteil einer Sekunde, sodass Anjali sich, nachdem sich die Aufzugtüren wieder geschlossen hatten, fragte, ob sie sich das gerade nur eingebildet hatte.

Kopfschüttelnd zuckte sie mit den Schultern und entschied sich dafür, dass sie sich wohl vertan haben musste – alles andere machte keinen Sinn. Damit war die Angelegenheit für sie erledigt und sie machte sich auf den Weg zu ihrem Büro, um sich umzuziehen, damit sie ihren Rezeptionsdienst antreten konnte.
 

„Was findest du denn nur so schlimm daran, an der Rezeption zu arbeiten?“, wollte Mili wissen, als ihr Anjalis Gemaule irgendwann zu viel wurde. Diese sah ihre Freundin daraufhin vorwurfsvoll an. „Du müsstest mich doch langsam gut genug kennen, um zu wissen, dass mir dieses falsche Lächeln, das man hier den ganzen Tag aufsetzen muss, einfach nicht liegt. Ich will nicht nett zu Leuten sein, nur weil ich es muss.“, erklärte sie und setzte einen mitleidigen Blick auf, während sie theatralisch seufzte.

Mili verdrehte die Augen. „Ja, du verkriechst dich lieber in deinem stickigen, kleinen Büro und bearbeitest Rechnungen. Das ist natürlich viel aufregender“, stellte sie – gepfeffert mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus – fest. „Das hab ich nie behauptet.“, entgegnete Anjali und musste sich ein Gähnen unterdrückten. „Mein Job ist alles andere als aufregend, aber da muss ich wenigstens nicht so tun, als ob mir den ganzen Tag die Sonne aus dem Hintern scheint. Außerdem...“ Sie unterbrach sich, als sie bemerkte, dass eine kleine Gruppe gut gekleideter Männer durch den Haupteingang kam und auf die Rezeption zu steuerte.

Mili begrüßte die Herren mit einem freundlichen Lächeln und kümmerte sich sofort um ihre Zimmerreservierungen. Anjali beobachtete sie dabei und beneidete sie um die höfliche Leichtigkeit, mit der sie mit den Gästen umgehen konnte. Ihr selbst lag das einfach nicht. Wenn ihr etwas nicht passte, dann sagte sie das meistens auch – dieses Verhalten stieß jedoch nicht überall auf Wohlwollen und Verständnis. Zudem schien ihre Antihaltung auch nach außen hin sichtbar zu sein, denn wenn neue Gäste die Eingangshalle betraten, gingen die meisten automatisch an den Teil der Rezeption, an dem Mili saß.

Lautlos seufzend wendete Anjali ihren Blick von ihrer Freundin ab und lenkte ihn in Richtung der deckenhohen Fenster, die die Eingangshalle säumten, um das rege Treiben auf dem Gehweg und der Straße vor dem Hotel zu beobachten.
 

Der restliche Tag verlief wie jeder andere auch. In der Mittagspause gingen Anjali und Mili zum Chinesen um die Ecke und setzten sich anschließend für ein paar Minuten in den nahegelegenen Park, um die angenehme Frühlingssonne zu genießen.
 

Als der Feierabend schließlich immer näher rückte, wurde Anjali auch wieder etwas besser gelaunt. Die Aussicht darauf, morgen wieder ihren normalen Job auszuüben, erschien ihr wie eine Erlösung. Sie dankte Gott dafür, dass Carol nur eine leichte Erkältung hatte und somit wieder auf Arbeit kommen konnte.

Ein kurzer Blick auf ihre Armbanduhr verriet Anjali, dass sie nur noch eine halbe Stunde durchhalten musste und sie es dann geschafft hatte. Als sie jedoch wieder aufsah, fiel ihr Blick auf den Mann, der ihr heute Morgen Schauer über den Rücken gejagt hatte. Er schien gerade aus dem Fahrstuhl gestiegen zu sein und war nun auf dem Weg zum Ausgang. Sein Blick haftete jedoch erneut auf eindringlichste Weise auf Anjali. Als sie das bemerkte, schreckte sie kurz zurück und realisierte, dass sie sich das Ganze heute Morgen wohl doch nicht nur eingebildet hatte.

„Oy, Mili!“, flüsterte Anjali und stieß ihre Freundin, die gerade dabei war, ein paar Onlinereservierungen zu verbuchen, mit dem Ellenbogen an. „Hast du eine Ahnung, wer dieser Kerl ist, der da gerade zur Tür geht?“ Widerwillig hob Mili den Kopf und schaute in die Richtung, in die Anjali mit dem Finger zeigte. Als sie den Mann – der gerade seinen Blick von Anjali abgewendet hatte – entdeckte, hob sie die Augenbrauen und sah ihre Freundin etwas verwirrt an. „Aber natürlich weiß ich, wer das ist.“, meinte sie. „Er...“ In diesem Moment klingelte jedoch Anjalis Telefon und sie musste rangehen.

Der Anrufer entpuppte sich als ein ziemlich schwieriger Fall, da er der Ansicht war, dass ihm die Getränke in der Minibar seines Zimmers kostenlos zur Verfügung stehen müssten. Ehe Anjali und Mili ihn schließlich mit vereinten Überredungskünsten vom Gegenteil überzeugen konnten, war es bereits Feierabend und Anjali hatte ihr vorheriges Gesprächsthema schon wieder vergessen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Monny
2010-12-03T21:33:14+00:00 03.12.2010 22:33
Echt cool^^. Freu mich schon auf das nächste Kapitel^^.

gez.Monny^^.
Von: abgemeldet
2010-08-18T15:42:23+00:00 18.08.2010 17:42
Hey!
Mal wieder eine super Fanfic, danke vielmals, ich freue mich schon auf die Fortsetzung!
Also wenn ich Anjali wäre, hätte ich schon längst gekündigt... wenn mein Chef allerdings aussieht wie Shah Rukh Khan sieht die Sache vielleicht wieder ein bisschen anders aus^^


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