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Verfolg mich nicht

Das Königreich der Katzen 2
von

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>>Touch<<

Es war einige Zeit vergangen, die Tage und Wochen waren still dahin verstrichen. Die Jahreszeiten hatten gewechselt und die Monde nahmen zu, wurden voll und nahmen ab. Seit dem Sommer, in dem er Haru getroffen hatte, ließ das den Baron jedoch ziemlich gleichgültig. Früher hatte er auf jeden Jahreswechsel gewartet, Frühling, Sommer, Herbst und Winter genossen und seine Teespezialmischung darauf abgestimmt, mit wärmendem Zimt für den Winter und knackigen Aromen für den Sommer.
 

Jetzt aber stand er am Fenster und begrüßte die Sonne, wie er es jeden Morgen tat, während in Harus Welt das Licht erlosch und sich die Menschen schlafen legten. Mit dem ersten Sonnenstrahl schwang sich Toto von seinem Platz auf dem Brunnen hinauf in die Lüfte. Muta stapfte missmutig Richtung Briefkasten, riss die abbonierte Zeitung heraus, stopfte sie in seinen überquellenden Mülleimer und holte stattdessen das Morgenblatt heraus und ließ sich schwer atmend auf seine alte Holzbank fallen.

Grummelnd schlug er die Zeitung auf, während der Baron mit müden Augen und gleichgültigem Gesichtsausdruck aus seiner Haustür kam.
 

„He Baron!“, rief er mit rauer Stimme zu ihm hinüber. „Guck mal, die Kleine hat schon wieder eine Katze gerettet!“. Der Baron stutzte einen Augenblick und fast wäre er mitsamt seinem Hut und seinem feinen Anzug auf dem groben Kopfsteinpflaster gelandet. „Verdammt!“, murmelte er ärgerlich und schüttelte ungehalten den Kopf. Warum mussten seine Beine sich auch so gut mit seinem Stock vertragen?
 

Muta hatte eine Zeitung aus der Welt der Menschen mitgebracht. Auf der Titelseite des Morgenblattes war ein großes Farbfoto von Haru abgebildet, die verlegen lächelnd eine kleine nervöse, braun getigerte Katze im Arm hielt und sich mit einer Hand an einem leicht geknautschten Lacrosse Schläger festhielt.

Ohne ein Wort zu sagen nahm der Baron seinem weißen „Moppelchen“, wie Haru Muta einmal versehentlich getauft hatte, die Zeitung aus der Hand und ließ sich unaufgefordert neben ihm auf der alten Holzbank nieder.
 

Junges Mädchen todesmutig – Nachwuchsschülerin Haru Yoshioka rettet Katze vor gefährlichen Autoreifen! lautete die Überschrift der neuen Sensation. Haru hatte schon einmal eine Katze gerettet und das war kein geringerer als der Prinz des Katzenkönigreiches gewesen, und nun war sie schon wieder unterwegs und klaubte Katzen von den Straßen auf.
 

Der Baron musste unwillkürlich lächeln. Haru war ein Energiebündel, das negativ denken, zu spät kommen und sich gleichzeitig in die absurdesten Situationen hereinmanövrieren konnte. Aber so ist sie nun mal, sagte er sich in Gedanken.

Er ließ seufzend die Zeitung sinken und verlor sich langsam in den vielen Erinnerungen, die sie sich gemeinsam, wenn auch unfreiwillig, geschaffen hatten. Er erinnerte sich vor allem an ihre braunen Augen, ihre warme Stimme und ihre übertriebene Herzlichkeit, die jeden in ihren Bann zog, ob man wollte oder nicht.

Fast schon sah er ihr Gesicht vor ihm, fast hauchte ihre Stimme in sein Ohr und fast erfüllte ihr Lachen den Platz vor dem Katzenbüro.
 

Er war so versunken, dass er gar nicht mitbekam, wie Toto wie der Blitz auf den Torbogen, der das Katzenbüro vor der Rest der Menschheit verbarg, zuschoss und etwas vom Kopfsteinpflaster aufhob. Erst als Muta ihn unsanft an den Schnurrbarthaaren zog, schaute er auf und erkannte, was Toto ihm in den Schoß legte.

Es war ein kleiner gelber Haargummi. Konzentriert sah der Baron ihn sich an, drehte ihn nach links und nach rechts und hielt ihn zwischen zwei weißen Handschuhfingern.
 

Genau so einen Haargummi hatte Haru immer in den Haaren gehabt. „Keine Angst, Baron.“, riss ihn Mutas Stimme erneut aus seinen Gedanken. „Haru wird es schon gut gehen, sie kriegt ihr Leben auf die Reihe, sie brauch unsere Hilfe nicht. Sie ist ein Mensch, Baron. Sie gehört nicht hierher, sie ist keine Katze.“
 

Zweifelnd sah der Baron seinen Freund an und es dauerte zwei Sekunden, bis er seine Gedanken geordnet hatte. Vielleicht war es richtig so, wie Muta es sagte und Toto stumm nickend befürwortete. Haru war ein Mensch, weder Katze noch Katzenpuppe wie er, sie war ein Mensch. Sie konnte hier nicht leben und schon gar nicht mit ihm zusammen. Ein absurder Gedanke und doch hatte er ihn schon oft gedacht.
 

Er hatte ihn schon gedacht, als sie gemeinsam aus dem Königreich der Katzen geflohen waren und sich auf dem Schuldach verabschiedet hatten. Er hatte sich so schnell verabschiedet und war mit Toto davon geflogen, damit Haru nicht sah, wie schmerzlich es für ihn war, sie dort zurück zu lassen, in der Menschenwelt, und nicht zu wissen, ob sie sich jemals wieder sehen würden.

Und jetzt war ihr Haargummi hier aufgetaucht. Zumindest hielt er es für ihren Haargummi.
 

„Vielleicht, Muta, vielleicht…“
 

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Selbst als es schon lange dunkel war und die Lichter des Katzenbüros erloschen, er saß noch immer an seinem kleinen Tisch im Büro.
 

Der Baron wusste selbst, dass er sich etwas vormachte. Ob es Liebe war oder nicht, was er für Haru empfand, das konnte er nicht sagen. Er wusste nur, dass ihr Lächeln sein Herz berührte und dass er ihr verfallen würde, wenn sie sich jemals wieder sahen. Es war gefährlich, ihr Foto aufzuheben und es niemals fortzuwerfen.

„Haru…“, flüsterte er leise und lachte gequält. „Wieso verfolgst du mich?“
 

Lange noch saß er da, auf ihr Foto starrend, und jede Kontur ihres Gesichtes in sein Gedächtnis einmeißelnd, bis er sich endlich regte. Draußen schimmerte das leuchtende Band der Sterne im dunkelgrauen Nachthimmel und rief ihn in die laue Nacht hinaus.
 

„Haru“
 

Ihr Name aus seinem Mund klang lange und weich in der Stille nach. „Verfolg mich nicht mehr, Haru, hör auf damit.“

Doch seine leisen Worte waren nur halben Herzens, denn schon jetzt, als der Baron dort wartend unter dem klaren, sternenbesetzten Nachthimmel stand, hoffte er sehnsüchtig darauf, sie wenigstens ein einziges Mal wiederzusehen…
 

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Ende
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Lesemaus
2011-03-29T16:59:39+00:00 29.03.2011 18:59
Ein wirklich sehr schöner One-Shot^^
Deine Sprache und Grammatik sind sehr gut und du verstehst es den Leser mit in die Geschichte hineinzuziehen. Deine Geschichte kommt sehr gefühlvoll rüber^^
Hast du toll gemacht, vielleicht liest man ja irgendwann noch mal einen One-Shot von dir über das Königreich der Katzen? *Ganz lieb mit den Augen klimper*
Liebe Grüße Lesemaus

PS: Ich komm bei meiner Geschichte vom Königreich der Katzen gar nicht mehr weiter>-<
Von: abgemeldet
2010-05-18T07:01:46+00:00 18.05.2010 09:01
Eine nette Idee, mir fehlt es nur ein wenig an Inhalt.
Die Sprache ist super und die Charaktere wie im Film.
Von: abgemeldet
2010-03-01T17:36:46+00:00 01.03.2010 18:36
Wunderschön, gefällt mir richtig gut, weiter so^^ Ich liebe diesen Film^^


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