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kyoosha - beyond the curtain

Oneshots
von

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Zwei Monate, drei Wochen und mittlerweile ein Tag

Name: Zwei Monate, drei Wochen und mittlerweile ein Tag

Pairing: Kai x Nao

Prequel zu: leading heartbeat

Genre: Drama

Zeitpunkt: 2 Monate, 3 Wochen (und 1 Tag) vor „happy birthday to myself“ und „leading hearbeat“
 

Ja, eigentlich steht alles im Header, was ihr über die ff wissen müsst xD Dieses Kapitel is ein Prequel, kann somit ohne Vorwissen gelesen werden.

Kai und Nao machen den Anfang in unserer Oneshot-Sammlung und wir wünschen euch viel Spaß mit den beiden ^^
 

______________________
 

Zwei Monate, drei Wochen und mittlerweile ein Tag
 

Ich will da nicht rein.

Das ist der Gedanke, der immer wieder durch meinen Kopf spukt. Er ist nicht besonders erwachsen. Oder vernünftig. Trotzdem leuchten die Worte immer wieder rot vor meinem inneren Auge auf, wenn ich die Tür vor mir anblicke.

Ich will da nicht rein.

Ich will dieses Zimmer nicht betreten.

Ich will nicht das Gespräch führen müssen, von dem ich glaube, dass ich es jetzt führen werde.

Natürlich bin ich mir nicht ganz sicher, ob es wirklich dieses Gespräch sein wird.

Diese Sicherheit kann mir nur die Person geben, die hinter dieser Tür auf mich wartet. Du

Und ich weiß, dass du auf mich wartest.

Auf dein Wort kann man sich verlassen.
 

Nur eine der Charaktereigenschaften, wegen denen ich dich liebe.
 

Du hatte mich heute Morgen auf dem Gang getroffen und gefragt, ob wir uns treffen könnten. Zum Reden. Ein ganz klares Zeichen dafür, dass dies kein gewöhnliches Gespräch werden würde.

Wir trafen uns sonst nie „zum Reden“. Sonst fragst du mich einfach nur, ob ich Zeit hatte. Oder stehst ohne irgendwelche Vorwarnung mit einem Korb voller Kochzutaten und einem entschuldigendem Lächeln vor meiner Haustür.
 

So spielten sich unsere normalen Treffen ab.

Wir kochten gemeinsam und redeten dann offen über alles, was uns auf dem Herzen lag. Zumindest über das meiste.

Jedenfalls fanden unsere normalen Treffen garantiert nicht im Konferenzraum der PSC statt!!

Ich weiß, weshalb du diesen Raum ausgesucht hat. Es ist neutrales Terrain.
 

Aber ob du dich auch noch daran erinnern kannst, dass wir uns in diesem Raum das erste Mal begegnet sind? Dass es hier war, als sich unsere Bands das erste Mal gegenüber standen? Als wir beide uns das erste Mal gegenüber standen?
 

Schon von Anfang an warst du mir sympathisch gewesen. Es kann natürlich sein, dass mir in diesem Punkt meine jetzigen Gefühle meine Erinnerungen verschleiern, doch ich glaube, dass auch du mich von Beginn an gemocht hattest. Mich noch etwas länger mit deinem strahlenden Lächeln bedacht hattest als die anderen.

Und damit hatte alles angefangen.

Mit diesem nur einen Augenblick längeren Lächeln.

Ich stelle mir nicht die Frage, ob es anders gekommen wäre, wären wir uns unter anderen Umständen begegnet. Hättest du mich nicht ein wenig länger angelächelt und mir einen warmen Blick geschenkt. Das ist jetzt egal. Es ist nicht mehr zu ändern.

Denn ich stehe hier vor der Tür des Konferenzraumes der PSC und kein „wenn“ und „hätte“ könnte diese Tatsache ändern.
 

Zögernd hebe ich die Hand. Lege sie auf den Türgriff. Er fühlt sich so kalt an.

Einmal noch atme ich durch, bevor ich die Tür öffne und dich im Raum sehe. Du hältst in deiner Bewegung inne. Scheinst so als wärst du unruhig auf- und abgegangen. Sofort ist dein Blick auf mich gerichtet.

Etwas ist anders.
 

Einen Moment sehen wir uns nur an, bevor du auf einen der Stühle an dem großen Tisch in der Mitte des Raumes deutest. „Setz dich.“

Deine Stimme zittert. Ich merke es sofort. Zwei harmlose Worte ausgesprochen, doch in der Art dieser Aussprache steckt so viel mehr. Du schreist mir praktisch entgegen, dass ich gehen soll. Den Raum verlassen soll. Dass ich dieses Gespräch nicht zustande kommen lassen soll. Alles schreit danach. Auch in mir.

Ich sollte nicht hier sein.
 

Ein paar Schritte tragen mich meine Beine auf die Stühle zu, neben denen auch du stehst. Dann besinne ich mich aber eines besseren und lasse mich auf dem kleinen Sofa in der Ecke des Raumes nieder.

Du folgst mir zuerst mit deinen Blicken, dann stehst du ebenfalls vor dem Möbelstück, jedoch nicht in der Lage dazu dich zu setzen. Unschlüssig siehst du mich an. Blickst dann aber sofort wieder weg. In mir schnürt sich alles zusammen. Alles schreit danach zu fliehen.

Ein Urinstinkt.

Eigentlich sollte ich ihm nachgeben. Ihm folgen. Aber mein Körper bewegt sich nicht. Wie versteinert sitze ich da und muss mit anhören, wie mein Verstand der Entscheidung meines Körpers nur beipflichtet. Wenn auch aus anderen Gründen.

Es wird Zeit, dass wir dieses Gespräch führen.

Schon viel zu lange schieben wir es vor uns her.

Machen alles nur noch schlimmer.

Wiegen uns in hoffnungsvoller Unsicherheit, um unsere Gefühle nicht zu verletzen.

Um uns gegenseitig nicht zu zerstören.
 

Du stehst immer noch da. Siehst dich verloren in dem kahlen Raum um, in dem für dich alles so viel interessanter erscheint als ich. So kenne ich dich gar nicht.

Sonst scheust du nie einen Blickkontakt. Auch wenn ich zugeben muss, dass wir uns in letzter Zeit immer seltener in die Augen sehen. Dass es immer häufiger vorgekommen ist, dass einer von uns sich errötend wegdrehen musste.

Trotzdem kann ich mich nicht daran erinnern, wann du das letzte Mal solche Probleme damit hattest mich anzuschauen. Und das macht mir Angst.
 

„Ich glaube, es ist besser, wenn du dich auch setzt“, sage ich leise.

Endlich siehst du mich an. Siehst mir in die Augen, so als hätte meine Stimme dich dazu gezwungen mich wieder wahrzunehmen. Du siehst irgendwie verängstigt aus. Ich kann das gut nachvollziehen.

Noch ein Grund mehr, weshalb ich das Gespräch nicht mit dir führen will, während du stehst.

So scheint der Abstand zwischen uns noch größer zu sein.

Das will ich nicht.

Ich brauche dich.
 

„Nimm dir doch einen Stuhl“, füge ich hinzu. Ich habe nicht die Kraft dazu meine Worte freundlich klingen zu lassen. Dafür bin ich viel zu angespannt. Du nickst mir zerstreut zu und hast dabei den gleichen Gesichtsausdruck, den du auch immer hast, wenn du etwas verlierst und es dann nicht wieder findest. Obwohl mein Herz heute so schwer in meiner Brust liegt wie noch nie zuvor in meinem Leben, muss ich trotzdem über deine Verwirrtheit schmunzeln.

Du bemerkst es nicht einmal. Dein Blick wandert unruhig über den Boden.

Wieder siehst du mich nicht an.
 

Deine Schritte, als du dir einen Stuhl zum Sofa ziehst, sind unheimlich schwer. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass wir das Gespräch führen werden. Das, das ich befürchte. Vor dem ich mich fürchte.

Wir werden uns verändern, oder? Unsere Freundschaft... alles wird sich verändern. In nur ein paar wenigen Minuten.

Wir sollten das nicht zulassen. Wir dürfen es einfach nicht.

Und trotzdem muss das hier passieren. Es ist unausweichlich. Darum habe ich diesem Treffen ja auch zugestimmt.

Weil es sein muss.
 

Mein Blick ruht noch immer auf deinem Gesicht, als du plötzlich den Kopf mit einer ruckartigen Bewegung hebst und mich ansiehst. Fast erschrecke ich mich sogar. Nicht vor deiner schnellen Bewegung. Nicht vor dieser unerwarteten Regung. Dein Gesichtsausdruck ist es, vor dem ich mich erschrecke.

Du siehst mich bittend an. Flehend. Verzweifelt.

Deine Lippen sind zusammengepresst als würde dein Körper dich davor hindern wollen, die unüberlegten, folgenschweren Worte von sich zu geben.

Ich sollte es dir leichter machen. Ich sollte sprechen. Aber ich kann nicht. Auch mein Mund lässt sich nicht öffnen.

Aber ich sehe es in deinem Blick. Kann darin lesen, was du mir nicht mit Worten mitteilen kannst.

Du liebst mich.
 

Es ist keine selbstverliebte Feststellung. Kein Wunschdenken.

Es ist eine Tatsache.

Ja, vielleicht wünsche ich es mir tief in meinem Inneren, doch mein Verstand wehrt sich dagegen. Mein Verstand erinnert mich an die Regel, die wir aufgestellt haben. Dass wir uns eine Beziehung untereinander verboten haben, damit das Leben in der Musikbranche nicht noch komplizierter wurde als es ohnehin schon war.

Wieso kann nur der Verstand Regeln einhalten? Wieso lässt sich das Herz nicht in seine Schranken weisen? Wieso sind für das Herz alle Regeln, die aufgestellt werden, nichtig und bedeutungslos?
 

Ich schlucke hart. Möchte dich umarmen. Dir die Verzweiflung aus dem Gesicht und vor allem aus dem Herzen wischen. Aber wir können nicht schon wieder davonlaufen. Wir müssen es aussprechen.

Jetzt.

Sonst zerbrechen wir daran.
 

„Und jetzt?“, frage ich dich leise.

„Und jetzt ist es Zeit für die Wahrheit.“

Ich kann ein Nicken nur andeuten. Gerne würde ich auch den Mut fassen und meinen Beitrag zu diesem Gespräch leisten, doch ich finde keine Worte. Kann dir nur weiter in deine traurigen Augen blicken.
 

„Ich liebe dich, Nao.“
 

Wie kann man gleichzeitig Glück und Leid empfinden?

Wie kann ein Herz vor Freude schlagen, während es vor Trauer zerspringt?

Und die wichtigste Frage: Wieso empfinde ich diese gemischten Gefühle, wenn ich doch ganz genau weiß, welches am Ende gewinnen wird?

Wenn ich weiß, dass ich auf mein Glück zu verzichten habe.
 

Kurz löse ich meinen Blick von dir, als ich merke wie das Bild vor meinem Auge verschwimmt. Ich blinzel und spüre wie mir die vereinzelten Tränen über die Wangen laufen. Sicher nicht die letzten, die ich unseretwegen verschütten werde.

Seltsamerweise sind es aber die ersten.
 

Dabei habe ich es schon gewusst. Geahnt. Gehofft und gefürchtet.

Und ignoriert.
 

Doch selbst, wenn deine Gefühle mir schon früher bekannt gewesen wären, hätten die Worte mich wohl trotzdem so kalt erwischt wie sie es jetzt taten.
 

Es gibt Dinge, auf die man sich nicht vorbereiten kann.

Ein Liebesgeständnis gehört dazu.
 

Ich sammle meine gefühlt letzten Kraftreserven zusammen und sehe dir wieder in die Augen. In die verzweifelt traurigen Augen.

Jetzt ist es an mir mutig zu sein. Uns ins endgültige Unglück zu stürzen, damit überhaupt irgendwann ein Neuanfang denkbar für uns ist.
 

„Ich liebe dich auch.“
 

Ich höre dein kurzes, unkontrolliertes Schluchzen, das alles in mir zusammenziehen lässt. Du schließt die Augen und hältst dir die Hand vor den Mund. Ganz so als würdest du dich daran hindern wollen, noch einmal einen solchen Laut von dir zu geben. Tränen sehe ich keine, aber die braucht es nicht, um mir deutlich zu machen wie du dich fühlst. Ich bin froh, dass ich keine Tränen sehen muss. Meine reichen für uns beide.

„Kai...“, flüstere ich leise. Lege dir dabei eine Hand auf den Oberschenkel. Ich will dich beruhigen. Und dich in den Arm zu nehmen traue ich mich nicht. Ich weiß vielleicht, was du fühlst, aber nicht was du denkst.

Kaum berührt meine Hand aber dein Bein, zuckst du zusammen. Siehst mich erschrocken an.

Ich ziehe meine Hand sofort wieder zurück. Blicke dich ebenso erschrocken an.

Ein Stich in meinem Herzen.

Die Tränen laufen weiter.
 

Wir hätten das nicht tun dürfen.

Wir hätten es uns nicht sagen dürfen.

Gewissheit ist zerstörerisch.

Und ich weiß, dass ich nicht damit leben kann, wenn wir keine Freunde mehr sind.

Ein Paar... Daran wage ich nicht einmal zu denken. Ein Paar zu sein haben wir sowieso schon aufgegeben. Wir haben niemals darauf gehofft.

Aber dass du nun so auf eine einfache Berührung von mir reagierst...

Es tut weh.
 

Dasselbe muss wohl auch dir eben klar geworden sein, denn du schüttelst leicht den Kopf. Siehst mich noch immer erschrocken an. Jetzt wohl aber eher erschrocken über deine Reaktion. „Das... Das wollte ich nicht.“

„Schon gut“, sage ich leise. Als ob meine Worte glaubhaft klingen würden. Bei den Tränen, die über meine Wangen fließen.

Nichts ist gut.

Selbst wenn du es nicht wolltest, dein Körper hat dich verraten. Weil du Angst hast. Angst davor, dass ich jetzt die Grenze zwischen uns beiden überschreite. Dass ich mich nicht mehr zurückhalten kann. Dass ich dich küsse. Jetzt, wo wir uns unsere Liebe gestanden haben.

Erschrocken stelle ich fest, dass das nicht deine Ängste sind. Es sind meine eigenen. Ich habe Angst vor unkontrollierten und unüberlegten Handlungen.

Ich habe Angst vor mir selbst.
 

Mein Blick ist auf meine Hände, die sich auf meinem Schoß zu Fäusten geballt haben, gerichtet. Wieso habe ich das zugelassen? Dass wir uns die Wahrheit sagen?

„Ich bin froh, dass du es jetzt weißt.“

Überrascht sehe ich auf. Begegne deinem Blick. Du meinst es ernst. Trotz deines ratlosen, verzweifelten Ausdrucks. Du meinst es genau so, wie du es sagst.

So, wie du eigentlich alles ernst meinst, was du zu mir sagst. Jede kleine Andeutung der letzten paar Wochen, die mich immer weiter in die Ungewissheit gestürzt hatte.

Jetzt ist diese Ungewissheit weg. Ist Trauer gewichen.

Doch unweigerlich stellt sich die Frage, ob das wirklich besser ist.

Du scheinst der Meinung zu sein und ich weiß, dass du Recht hast.
 

Die Rolle als Leader macht einen oft zum Pragmatiker.

Mit Trauer kann man umgehen.

Ein gebrochenes Herz wird heilen, auch wenn es für mich schwierig ist daran zu glauben, solang meine Augen noch feucht sind.

Man kann das Gefühl überwinden.

Ungewissheit ist nicht zu überwinden.
 

Also stimmt mein Verstand deiner Ansicht zu. Es ist gut, dass wir uns unsere Gefühle gestanden haben. Nur so wird es möglich sein, weiterzumachen.

Trotzdem schaffe ich es nicht meinen Mund aufzumachen. Nicht einmal ein zustimmendes Nicken ist mir möglich.

Der Verstand ist überzeugt, doch das Herz wünscht sich sehnlich den Schwebezustand der Ungewissheit zurück.
 

Denn es weiß genau, was als nächstes zu folgen hat.

Es sind nicht nur diese Worte, die wir auszusprechen haben. Auch wenn wir es beide wissen und uns schon längst damit abgefunden haben hinterlassen die nächsten Worte einen säuerlichen Geschmack in meiner Kehle.
 

„Wir können nicht zusammen sein, Kai.“ Es tut weh diese Worte auszusprechen.

Obwohl ich es schon davor wusste. Es schon die ganzen Monate davor gewusst hatte. Ich konnte nicht mit dir zusammen sein. Nicht wenn wir uns an unsere eigenen Regeln hielten. Und das würden wir tun.
 

Du beißt dir auf die Lippen, um ein weiteres Schluchzen zu unterdrücken und nickst mir zu.

Der saure Geschmack in meiner Kehle breitet sich in meinem Körper aus. Es fühlt sich an, als würde mein Herz langsam verätzen.
 

Du stützt deine Ellenbogen auf deinen Oberschenkeln ab und legst deinen Kopf dann auf deine Hände. Den Blick starr auf deine Knie gerichtet.

Du ziehst dich in dich selbst zurück. Man könnte denken, dass du dich mit dieser Haltung vor mir schützen willst, doch ich weiß, dass das nicht so ist.

Ich sehe deinen angestrengten Blick.

Höre deinen schweren Atem.

Du denkst nach.
 

Du bist nicht nur Leader sondern eben auch „Problemlöser“. Ich habe dich schon einige Male in diesem Stadium beobachtet, wenn du mit deiner Band zusammen bist.

Irgendwann breitet sich dann ein Lächeln auf deinen wunderschönen Lippen aus und du richtest dich mit einem „Leute, ich glaube, ich krieg das wieder hin!“ an deine hoffenden Bandkollegen.

Ich warte auf das Lächeln. Und warte. Gleich wirst du eine Lösung für uns gefunden haben, oder? So wie immer. Darauf kann man sich mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit verlassen. Ich verlasse mich auch diesmal darauf. Es ist alles, was ich noch tun kann.
 

Es scheint als würden unzählbar viele Minuten vergehen, aber nichts passiert.

Kein erlösendes Lächeln.

Dabei brauchen wir es doch so dringend. Ohne dieses erlösende Lächeln weiß ich nicht wie es weitergehen soll, denn ich habe keine Lösung für dieses Problem.

Es ist bitter, Liebe als Problem zu beschreiben. Die Liebe sollte kein Problem sein.

In unserem Fall ist sie es.

Ein unlösbares Problem.

Das wird mir klar, als du deinen Blick wieder hebst und mich ansiehst. Deine Augen sind voller Ratlosigkeit. Das waren sie noch nie, nachdem du so nachgedacht hast. Immer hast du einen Ausweg gefunden.

Doch diesmal nicht.
 

Vielleicht bin ich dieses Mal auch an der Reihe, aber ich weiß doch ebenso wenig, was wir tun sollen. Tun können.

„Vielleicht...“, setze ich an und sehe Hoffnung in deinem Blick aufflammen. Nein, sie ist unbegründet. Meine Lösung ist keine wirkliche Lösung. Sieh mich nicht so an! Ich will dir nicht weh tun. Will deine Hoffnung nicht zerstören.

„Vielleicht sollten wir einfach mal sehen wie es weitergeht“, sage ich schließlich und bemerke sofort, wie sich der Funken Hoffnung in deinen Augen wieder verflüchtigt. Etwas anderes fällt mir einfach nicht ein. Wir können nichts anderes tun als zu warten.

Darauf zu warten, dass sich unsere Liebe irgendwann verflüchtigt. In Luft auflöst.

So wie die Ungewissheit.

Wenn es doch nur so einfach wäre...

Du nickst leicht. Hattest wahrscheinlich denselben Gedanken. Eine andere Möglichkeit gibt es ja auch gar nicht. Ich habe sie nur ausgesprochen.
 

Dein Blick ist noch immer auf mich gerichtet. Ganz so als wolltest du noch etwas sagen. Als würdest du etwas von mir erwarten. Aber ich weiß nicht was. Sehe dich fragend an, bis du schließlich den Mund öffnest. „Darf ich... dich umarmen?“

Ein erneuter Stich in mein Herz. Nun sind wir also schon so weit, dass du mich das fragen musst?

Trotz des Schmerzes in meiner Brust, erhebe ich mich von der Couch. Brauche ich eine Umarmung von dir in diesem Augenblick wohl dringender als jemals zuvor.

„Nur, wenn du mir versprichst, mich das nie wieder zu fragen.“

Erst an deinem verletzten Blick erkenne ich, dass meine Wortwahl wohl nicht gerade günstig war.

„So hab ich das doch nicht gemeint“, füge ich leise hinzu und versuche die richtigen Worte zu finden, um mich zu erklären. Vergebens.

Ich wische mir mit dem Handrücken über die nasse Wange und schniefe. Mein Verstand scheint in einer Lache von Tränen aufgeschwemmt worden zu sein

Ich fühle mich hundeelend.
 

„Ich weiß wie du es gemeint hast.“ Deine Stimme ist sanft. Genau so sanft wie deine Arme, die sich um mich legen, nachdem du dich ebenfalls erhoben hast.

Erleichterung macht sich breit. Ich muss nicht weiter nach klärenden Worten suchen. Weiß ich doch, dass du mich verstehst. So wie wir uns meistens ohne Worte verstehen.

Unwillkürlich schießt mir der Ausdruck „Seelenverwandter“ durch den Kopf, was dazu führt, dass sich das angenehme Gefühl der Erleichterung sofort verflüchtigt.

Der Schmerz trifft mich wieder mit voller Stärke.

Der Schmerz darüber, dass wir nie die Beziehung führen werden, die wir eigentlich beide verdienen.

Ich drücke mich fester an deine Brust. Deine Hände liegen auf meinem Rücken. Umklammern mich, als würden sie mich niemals gehen lassen wollen.

Aber müssen wir das nicht?

Loslassen? Zumindest teilweise? Damit es weitergehen kann?
 

Anstatt den Gedanken konsequent weiterzuführen, schließe ich meine Arme um deinen Nacken und lasse mich noch näher an dich ziehen. Ich höre an deiner zittrigen Atmung, dass du um Fassung kämpfst. Du willst stark sein. Für uns beide.

Ich schlucke und rufe mir wieder ins Gedächtnis, dass das keine Bürde ist, die du alleine zu tragen hast.
 

„Es ist so das Beste“, flüster ich dir zu, weil ich Angst davor habe, meiner Stimme nicht die nötige Kraft verleihen zu können. Ich muss meine Aussage nicht weiter präzisieren. Du weißt mal wieder genau, was ich meine.

Wieder dieser Ausdruck in meinem Kopf.
 

„Das Beste für wen?“

Ich habe diese Frage nicht erwartet. Habe eigentlich gedacht, dass du es einfach so hinnimmst. Nickst. Damit es für uns leichter wird und wir in dieser Illusion leben können, dass es wirklich besser für uns wäre.

Zögernd löse ich meine Arme von deinem Hals. Auch deine Umarmung löst sich allmählich und ich entferne mich ein Stück von dir. Sehe dich verwirrt an. Warum musst du diese Frage auch stellen? Wieso kannst du es nicht einfach dabei belassen?
 

Ich beiße mir auf die Lippe, als ich die Tränenspur bemerke. Du hast nicht viel geweint. Es ist nur eine einzelne Spur, die deinem Gesicht die Trauer verleiht, die ich niemals darauf sehen wollte. Die dort nichts verloren hat. Ein so schönes Gesicht sollte nicht von Tränen geziert sein. Nicht deins.

Deine Augen, die glitzern als würden sie hunderte von Tränen beherbergen, stellen mir noch immer diese Frage, auf die ich nicht antworten will. Es ist das Beste. Aber für wen?

„Für alle.“ Es hat viel zu lange gedauert, diese Worte auszusprechen. Zu lange, um sie auch nur annähernd glaubhaft wirken zu lassen. Aber was soll ich tun? Soll ich etwa sagen, dass es für alle anderen besser ist? Dass nur wir darunter zu leiden haben, aber dass schon alles gut werden wird? Das wäre wohl noch weniger glaubhaft.

Lieber die Lügen so oft wiederholen, bis sie uns wirklich von dieser falschen Wirklichkeit überzeugen können. So ist es besser. Bestimmt.

Für alle.
 

Es sieht aus als willst du protestieren, aber schließlich senkst du doch nur den Blick. Belässt es dabei und ich bin dir unendlich dankbar dafür. Ich weiß nicht, wie vielen solchen Fragen ich noch standhalten könnte, bevor ich mir selbst eingestehe, dass auch die Lügen sinnlos sind.
 

Bevor ich mich aber weiter mit diesem Gedanken befassen kann, wird die Tür aufgerissen. Shous Stimme ist ungewöhnlich laut, aber vielleicht liegt es auch einfach nur an der Atmosphäre, die gerade im Raum schwebt.

„Nao! Da bist du ja! Die Gazette-Idioten versuchen… Oh. Hallo Kai.“

Du nutzt Shous betretene Schrecksekunde, um noch etwas mehr Abstand zwischen uns zu bringen und dir die Tränenspur aus dem Gesicht zu wischen. Trotz seines peinlichen Versehens deine Freunde in deiner Anwesenheit zu beleidigen, blickt uns der Sänger ziemlich skeptisch an.

„Stör ich etwa?“ Wir schütteln beide den Kopf und ich frage mich, wieso uns auch gerade das feinfühligste Mitglied meiner Band auffinden musste. Unser beider Unglück scheint ja kein Ende zu nehmen.

Der Blonde blickt immer noch prüfend zwischen uns hin und her, bis du das Wort ergreifst. „Was stellen die Gazette-Idioten denn an?“

Shous Gesichtsausdruck wechselt und er wird vom feinfühligen Erwachsenen zum aufgebrachten Kleinkind. Ein mir leider sehr bekanntes Phänomen. „Reita und Aoi versuchen unsere Couch zu klauen!“

Jetzt ist es an dir skeptisch zu schauen.

„Das ist doch schwachsinnig. Wir haben in unserem Proberaum gar nicht genügend Platz, außer…“ Deine Augen weiten sich, als dir der einzig große und sperrige Gegenstand einfällt, der sich in eurem Proberaum befindet.

„Wenn die mein Schlagzeug auch nur anfassen“, murmelst du eine leise Drohung und verlässt schnellen Schrittes das Zimmer.
 

Überrascht blicke ich dir nach. Sehe wie du mich verlässt, um dich wieder deinen eigenen Problemen zu stellen.

„Nao, kommst du auch?“

Ich wische mir mit dem Handrücken über die nassen Wangen. Schniefe.

„Nao?“

Perplex sehe ich Shou an, der immer noch auf eine Antwort wartet.

„Ich komm sofort nach. Gib mir noch eine Minute.“ Es fällt mir schwer, mich von unserem emotionalen Gespräch zu lösen und dem Alltag wieder gegenüberzutreten.

Mein Bandmitglied sieht mich fast vorwurfsvoll an, bis seine Züge plötzlich wieder weicher werden. „Ist alles in Ordnung?“

Ein leichtes Lächeln umspielt bei dieser Fürsorge meine Lippen. Trotzdem weiß ich keine Antwort auf diese Frage. „Geh einfach schon vor und setz dich zusammen mit Tora, Saga und Hiroto auf das Sofa. Wollen wir doch sehen wie weit diese Diebe dann mit unserem Eigentum kommen!“

Shou lächelt hämisch. Das Kleinkind ist wieder da. „Alles klar, Chef!“, wird mir noch zugerufen und schon stehe ich ganz alleine in dem großen Konferenzraum.
 

Ich seufze laut auf. Versuche meine Gedanken zu ordnen.

Wieso ist es dir nur so leicht gefallen?

Wie hast du es geschafft diesen Raum zu verlassen ohne zurückzublicken, während ich nicht einmal in der Lage bin, mich von der Stelle zu bewegen?

Wie konntest du nur so schnell mit etwas abschließen, was ich noch nicht einmal richtig verdaut habe?

Allerdings sind das alles Sachen mit denen ich mich auch befassen kann, wenn mein Arbeitstag vorbei ist. Jetzt muss ich versuchen, mich auf meine Band zu konzentrieren, so wie du es mir vorgemacht hast.
 

Lustlos schlurfe ich Richtung Gang, als ich Schritte höre. Laute Schritte. Schnelle Schritte.

Bevor ich überhaupt die Tür erreiche, schlingen sich zwei starke Arme um mich.

Deine Arme.

Es ist keine freundschaftliche Umarmung. Eher das Klammern eines Ertrinkenden. Ich erwidere deinen Griff genauso innig. Genauso verzweifelt.

Mein Gefühl sagt mir, dass es das letzte Mal sein wird, dass ich mich so eng an dich schmiegen darf. Danach müssen wir uns beide wieder mit freundschaftlichen Gesten abfinden. Müssen die Fassade aufrecht erhalten. Es tut gut zu wissen, dass du diese Umarmung ebenso gebraucht hast wie ich, obwohl das egoistisch von mir ist.

Nichtsdestotrotz freue ich mich darüber, dass du zurückgekehrt bist, um mir diesen Moment zu schenken.
 

Fast widerstrebend löst du dich von mir.

„Ich muss wieder los und Uruha davon abhalten mein Schlagzeug auseinanderzubauen“, meinst du entschuldigend.

„Und ich muss aufpassen, dass Saga nicht durchdreht.“

Lächelnd nickst du mir zu und wir gehen dieses Mal zusammen Richtung Gang. Unsere Hände ineinander verschränkt.

Als wir die Türschwelle übertreten lösen sich unsere Hände voneinander.

Ein kalter Schauer durchfährt mich dabei und mir fällt Shous Frage wieder ein.
 

Ist alles in Ordnung?

Nein.
 

Wird irgendwann wieder alles in Ordnung sein?

Vielleicht.
 

Doch durch die Art wie du mich von der Seite anguckst und schwach lächelst, weiß ich, dass ich zumindest nicht alleine bin.
 

_______
 

und immer dran denken, dass es ja in leading heartbeat weitergeht und das hier nich das Ende von allem is xD

wir hoffen, euch hat das kapitel - trotz nicht-happy end - gefallen



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2010-04-09T22:43:37+00:00 10.04.2010 00:43
Wtf, ich fang gleich an zu weinen...
Es ist schön, dass ihr die Vorgeschichte der beiden auch noch mal aufgeschrieben habt, und jetzt tun sie mir sogar erst Recht Leid.. Aber na ja! Ich weiß ja zum Glück, dass alles ein Gutes Ende genommen hat! :'D
Ich bin gespannt, was es noch alles zu lesen gibt.
lG, Chi~ ♥
Von:  klene-Nachtelfe
2010-03-31T20:04:55+00:00 31.03.2010 22:04
Ich find das sooooooo schööööööööööööööööööööön!!!!
Vorallem weil ich ja weis wie leading heartbeat war!
Einfach klasse!!!
Wirklich toll!!!
Bis Bald!!!
LG -^.^-
Von: abgemeldet
2010-03-27T16:30:59+00:00 27.03.2010 17:30
<3

Total schööööööön der One-Shot! Ich fand's genau richtig, dass er so traurig ist. *wein*
Jetzt ist leading heartbeat komplett :) Danke euch beiden!

Ich bin schon sehr auf die anderen Stories gespannt ;)
Von:  Serejane
2010-03-26T17:28:50+00:00 26.03.2010 18:28
fiiiiiieser OS xD
Die beiden tun einem echt Leid. >> Würde ich nicht wissen, dass das alles noch gut für die beiden ausgeht, hätt ich jetzt schlechte Laune. xD
Ich find das so süß wie Kai zurück gelaufen kommt. >.<
Und ich mag Shou voll xDD auch so erst dieses einfühlsame und dann das kindliche. xDD voll niedlich :'D
Und das mit der Couch und dem Schlagzeug war auch mal wieder zu geil xDD

Mal wieder ganz toll geschrieben. *stolz sei*Die Gefühle werden auch immer so toll rüber gebracht, da mag ich. ^^

öh ja... freu mich aufs nächste <3
lg Nini
Von: abgemeldet
2010-03-26T12:54:59+00:00 26.03.2010 13:54
wirklich gelungen!
Von:  Kari-chan07
2010-03-26T12:19:43+00:00 26.03.2010 13:19
*schnief*
Ohje, auch wenn man ja durch "leading heartbeat" weiß, dass das alles doch noch gut wird... die Beiden taten mir hier wieder wahnsinnig leid.
Sie quälen sich so lange mit diesem "Problem" rum; eigentlich total unnötig, hätten sie nicht diese dumme Regel aufgestellt *sigh*
Aber Kai und Nao am weinen... ich ertrag ja echt so ziemlich alles xD ...aber DAS ist eine der wenigen Sachen, die ich nur schwer ertragen kann xD
Zum Glück wird ja noch alles gut mit den zwei Schatzis :3

Toller OS :)

Liebe Grüßlis
des Kari ^o^


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