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Broken Apart

Der Wahnsinn hatte bereits begonnen. Kann sie noch gerettet werden? NaRu
von

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Broken

Leise stand sie da. Ließ sich den Wind durch ihr orangefarbenes Haar wehen. Kaum merklich hob und senkte sich regelmäßig ihr Brustkorb.
 

Was war nur passiert? Was war es nur, das so sehr auf ihrer Seele lastete?

Nur sie wusste es, wohl bedacht, dass es sonst niemand erfahren durfte. Es ging doch nur sie etwas an.
 

Die Sonne verschwand langsam hinter den Bergen. Ließ die Einsamkeit zurück. Kälte. Nacht.
 

Wie auch immer man es betrachtete, es führte alles auf den einen Weg. Diesen einen bestimmten Weg, den man besser meiden sollte. So sehr meiden. Denn er war falsch. Und doch fühlte er sich so oft so richtig an.
 

War es das, was sie ihnen nicht sagen konnte?

Wieso konnte sie ihnen nicht sagen, was jede einzelne, verfluchte Nacht geschah?

Wieso sie in der Schule immer schlechter wurde, immer weniger verstand.

Wieso sie kaum mehr dahin ging, sich abschottete.

Wieso sie in ihrer Einsamkeit erstarb…
 

Ihre Arme hatte sie an dem Geländer des Hochhauses gebettet. Ihr Blick starr nach vorne gerichtet.

Wie oft schon dachte sie daran, einfach springen zu sollen. Aber, das würde nur noch mehr Probleme bringen. Das würde sie alle in Gefahr bringen.
 

Sie konnte nicht lachen, ja nicht mal zu einem kleinen Lächeln war sie im Stande. Keinem war es aufgefallen. Nicht einem einzigen ihrer doch ach so tollen Freunde.
 

Wie lange war sie hier schon tätig?

Hier, in Tokios Untergrund.

Illegale Rennen, falsche Freunde, Drogen…
 

Lichter erschienen. Verloschen. Gaben Hoffnung. Nahmen sie wieder mit.

Ein Teufelskreis…
 

Seufzend drückte sie sich von dem Geländer, an dem sie wohl jeden Abend stand und nachdachte. Nachdachte über ihre Probleme. Über ihre Aufgaben. Über das, was von ihr erwartet wurde. Und das war nicht wenig. Ständig sollte sie diese Rennen fahren, sich mit den besten, aber auch schlimmsten Typen messen. Aber dann auch noch gewinnen.

Was war das bloß für eine Last, die sie tragen musste?
 

Und wofür das alles?

Nur seinetwegen gab sie alles auf. Nahm sich ihre Freiheit. Starb innerlich.
 

War er es denn überhaupt wert?

Ja. Denn sie liebte ihn über alles.

Auch wenn er schon glücklich verliebt war.

- Mit einem anderen Mädchen.
 

Sie drehte sich um. Und sah plötzlich in ein paar dunkelbraune Augen.

Sie wirkten schon fast schwarz. Vor allem nachts. Bedrohlich und gefährlich.

Doch bei seinen Freunden ehrlich.
 

Wieso hatte sie ihn nicht kommen gehört? War sie denn schon so tief in ihren Sorgen, dass sie die Umgebung um sich einfach so vergessen konnte?

Anscheinend schon…
 

Fest sah er sie an. Sein schwarzes Haar wog sich im Wehen des Windes sanft hin und her.

„Du gehst da nicht wieder hin, Nami“, sagte er entschlossen.

Nein, er wollte sie da nicht hingehen lassen. Nicht noch einmal. Nicht jetzt, wo er endlich wusste, wie sehr sie seine Hilfe brauchte.
 

„Du weißt nicht, wieso ich da bin“, sagte sie nur ausdruckslos und ging an ihm vorbei. Doch ließ er sie nicht. Er ließ sie nicht gehen. Hielt sie am Arm fest. Wollte doch endlich die Wahrheit wissen.

„Dann sag es mir.“ Worte, genauso ausdruckslos wie ihre. Und doch so treffend. So verlangend. Verlangend nach Wissen, um diesen Hunger der Hilflosigkeit zu stillen.
 

Sie wand ihren Blick ab. Nein, es war ihr nicht möglich zu sagen, dass sie nur aus Verzweiflung, Schmerz und Leid da reingeraten ist. Und dann auch noch wegen ihm.

Und jetzt?

„Sieh dich an, Nami. Sieh, was aus dir geworden ist. Du triffst dich mit diesen Leuten, fährst mit ihnen Rennen, hast inzwischen keinen Führerschein mehr, kommst jedes Mal verletzt nach Hause…verletzt Nojiko.

Was ist passiert, dass du all das hinnimmst?“

Verständnislos schaute er sie an.
 

Sie wagte nicht, den Kopf zu heben. Aufzuschauen. Ihm in die Augen schauen. Zu schrecklich war die Wahrheit für seine Ohren. Nie sollte er es herausfinden.

„Es macht mir Spaß.“ Ihre Stimme klang brüchig. Sie war den Tränen nah. Allerdings konnte sie nicht weinen. Zu lang hatte sie dafür durchgehalten. Jetzt aufzugeben wäre feige.
 

„Erzähl das sonst wem, aber nicht mir!“, brüllte er sie an. „Ich seh’ doch jeden Tag besser, wie sehr du leidest. Es geht dir nicht gut, wieso merken es alle, nur du nicht, Nami?“

Ein kurzer Blick. Schon war es um sie geschehen. Nun war sie doch schwach geworden.

Ließ sich schluchzend in seine Arme gleiten.
 

Wie sehr sie das doch brauchte. Und doch entfernte sie sich jeden Schritt weiter von ihm.

Niemals würde sie ihm die Wahrheit sagen. Es war ihr Geheimnis. Nur ihrs.

Und wenn sie daran zerbrach.
 

„Nami.“

Er sprach beruhigend. Drückte sie fest an sich. Wollte ihr zeigen, dass er da war. Dass alles gut werden würde.

Sie sollte glücklich werden. Sie durfte nicht mehr leiden.
 

Sanft strich er ihr über den Kopf. Ließ sie weinen. Wusste doch, dass sie immer stark sein musste. Und gerade dran und drauf war daran zu zerbrechen.

Nicht lange würde sie es durchhalten. Es war ihr einfach nicht möglich.

Unmöglich.
 


 

Hallo, Leute.

Ich bin wieder da. Mit etwas Neuem ^^"

Ich hoffe, euch gefällt das.

Dieses Kapi ist kurz, da es der Prolog ist, aber die nächsten Kapis werden viel länger. Versprochen^^

Also dann.

Bis zum nächsten Kapi.

Klarer Sieg - doch für wen?

Stimmen.

Viele Stimmen.

Alle riefen durcheinander.

Sie konnte sie nicht verstehen.
 

Den Arm lässig am Fenster gelehnt, den anderen locker über dem Schalthebel, saß Nami äußerlich sehr gelangweilt in ihrem orangen Wagen, mit den schwarzen Streifen und Blitzen überall auf der Karosserie.

Sie grinste leicht, gespielt und trat ins Pedal, sodass der Motor nur so aufbrüllte.

Der Typ im Wagen neben ihr grinste nur darauf und trat selbst in die Pedale, nur um ihr zu beweisen, wie viel cooler sein Motor doch klang.

‚Oh ja, cool bist du, du armseliger Bastard‘, dachte sich Nami innerlich seufzend und schüttelte leicht den Kopf.

Sie wollte niemandem imponieren. Sie wollte auch nicht angeben. Oder ihre Stärke darbieten.

Sie wollte lediglich, dass sie Respekt vor ihr entwickeln. Dass sie sie nicht für leichte Beute halten. Alle.

Denn sie war keine leichte Beute. Nicht im Auto und auch sonst nicht.

Sie war generell nicht leicht.
 

„Seid ihr bereit?“, ertönte eine weibliche Stimme, die einem schwarzhaarigen Mädchen gehörte, das sich gerade mutig vor die beiden Autos stellte.

Langsam ging sie in die Mitte, suchte unter ihm Shirt nach ihrem BH.
 

Der Kerl im Wagen neben Nami demonstriete wieder und wieder seine Motorlaufleistung im Stand.
 

Oh, sie war es leid. Sie war es sowas von schrecklich leid.
 

Den Arm vom Fenster ans Lenkrad nehmend, bereitete sich Nami mental vor.

Innerlich brodelte sie. Ihr Herz raste. Panik durchzog sie bis ins Knochenmark. Von oben bis unten. Ging unter ihre Haut. Sie fühlte sie durch Haut und Haar.

Und doch. Der Adrenalinstoß überwog. Sie zitterte am ganzen Körper. Ihrem wunderschönen, braungebräunten Körper, und wenn man genauer hinsah, sah man auch die blauen Stellen, die geschwollenen.
 

Sie hatte nur weiße Stiefel mit hohen Absätzen an, dazu einen weißen, gerafften Rock mit schwarzen Streifen. Er ging ihr kaum unter den Po. Gehalten wurde er durch einen Hosenträger, allerdings nur einem von einer Seite, der sich über ihren gepiercten und tätowierten Bauch zog, bis zu ihrem Top, das kurz unter ihrer Brust endete, weiß war und kaum das bedeckte, was es hätte bedecken sollen. Lediglich eine kurze Jeansjacke schütze sie vor ungewollten Blicken.
 

„Auf die Plätze!“
 

Ihre Hand am Schalthebel erstarrte.
 

„Fertig!“
 

Ihr ganzer Körper erstarrte.
 

Das Mädchen ging zwischen den Autos durch.
 

„GO!“
 

Es war wie ein Zauberwort.
 

Die Orangehaarige trat aufs Gas, ließ die Kupplung los und mit Schwung und quitschenden Reifen war sie von der Stelle, vor ihrem Gegner.

Sofort fiel alle Anspannung von ihr ab.

Sie kuppelte. Schaltete. Und kuppelte. Und schaltete. Bis sie über 120 km/h auf dem Tacho hatte und die nächste Kurve erwischen musste.

Ihren Gegner hatte sie abgehängt.

Doch es war nicht so, dass er sie nicht einholen würde oder sie gar schon gewonnen hätte.

Nein, heute musste sie eine lange Strecke fahren.

Aus der Tiefgarage über die Autobahn auf den Mountain High Baba. Es war ein Berg wie kein anderer.

Die Straßen waren eng, teilweise passte da nicht mal ein einziges Auto rauf. Nur wenn man langsam fuhr, würde man rüberkommen. Das konnte Nami natürlich nicht. Denn da oben war das Ziel und oben musste sie als erste sein.
 

Die Straßen, die Autobahn waren für sie gar kein Problem.
 

Es war schon nach Mitternacht. Es befanden sich nicht mehr viele Normalfahrer draußen. Nur die Ordnungshüter und Gesetzesverstoßer wie sie.

Eine Jagd nach der anderen. Ein Adrenalinstoß nach dem anderen.

Kaum hatte sie das eigentliche Rennen gewonnen, schon musste sie flüchten vor dem Gesetz. Wurde vom Jäger zum Gejagten.

Es war nichts Neues und auf den Straßen Tokios Nachts ein Gang und Gebe.
 

Die Autobahn war ihr Gebiet. Sie beherrschte sie. Kannte sie.

Sie gab Gas, war schneller als 200 km/h. Und das war schnell.

Nur wenig schaute sie nach hinten. Sie sah kaum was von ihm. Nur die Lichter hinter ihr weit weg.
 

Sie konnte mit der Geschwindigkeit umgehen. In Kurven, auf geraden Strecken, überall … solange sie genug Platz hatte.
 

Grinsend trat sie in die Bremse und gab gleichzeitig Gas, riss das Lenkrad um und driftete fein säuberlich über die Autobahnausfahrt, die ihr Tod geworden wäre, hätte sich dort ein anderes Fahrzeug befunden.

Aber Nami hatte auch eine Intuition und selbst wenn alles falsch war, heute konnte sie sich nur einen Gewinn oder den Tod leisten.
 

Eine Landstraße folgte.

Natürlich hätte sie hier nur höchstens 100 km/h fahren dürfen. Aber wie hätte sie sich daran halten sollen, wenn sie gewinnen wollte?

Die Bäume um sie herum verschwammen mit der Geschwindigkeit, nur ein Rausch, Rausch aus Motor und Leistung blieb.

Schließlich war es nicht nur ihr Können, sondern auch die Beschaffenheit ihres Babys. Und, ehrlich, ihr Baby war das Beste. Das Beste vom besten. Allerneustes Modell, getunet ohne Ende, mit Turbo, mit Spezialeffekten, mit allem, was sie nur so wollte. Und die normalen Funktionen eines normalen Autos besaß ihr kleines Baby auch. (Sitzheizung, Klima, Navi usw.)
 

Dies war ihre Lieblingsstrecke.

Denn hier hatte sie mit Ace fahren gelernt. Damals, als sie noch Führerschein machte und Ace seinen schon hatte, war er mit ihr immer hierhin gefahren und ließ sie hinters Steuer.

Sie war kein Naturtalent. Zuerst kam sie nicht über den ersten Gang hinaus; es war zu schnell, zu unheimlich. Aber nach und nach wurde sie mutiger, probierte Geschwingkeiten aus. Und lernte zu fahren.

Als sie dann ihren Führerschein hatte, kam sie hierher und fuhr und überschritt ganz legal alle Grenzen.
 

Das war nun ein Jahr her.

Jetzt war sie 19 und besaß keinen Führerschein mehr, wie Ruffy sagte.

Woher er das wusste, machte sie neugierig. Denn sie hatte niemandem etwas erzählt. Woher er wusste, wo sie sich herumtrieb, machte sie noch verwirrter, denn davon wussten nicht viele Leute.

Aus der Schule zwei, mit ihr drei.

Und die hatten ihm sicher nichts gesagt.

Aber jetzt war keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn jetzt musste sie sich auf ein Rennen konzentrieren. Ein Rennen, das ihre Ende bedeutete, wenn sie nicht ihren Kopf sofort wieder frei bekam.
 

Als sie die nächste Kurve passierte, konnte sie den Berg schon erkennen.

Sie fürchtete ihn nicht, denn sie war schon oft dort gefahren. Aber sie hatte Respekt vor ihm.

Einmal konnte sie beobachten, mehr gezwungen als freiwillig, wie einer die Kurve nicht bekam, ins Schleudern geriet und über die Kante in den Abgrund stürtzte.

Von dem Fahrer war bis heute keine Spur. Er hatte es wahrscheinlich nicht überlebt.

Wie auch? Sein Auto ging in Flammen auf, als es unten ankam.
 

Kurz schüttelte sie ihren Kopf.

Verdammt, dafür war jetzt keine Zeit.

Sie musste das hier beenden und nach Hause fahren.

Ruffy hatte ihren Kopf vernebelt und sie brauchte Ruhe und Erholung, um sich davon wieder zu befreien.

Es war ja nicht das erste Mal, dass Ruffy sie so fertig gemacht hat. Nicht, dass er es gewollt hätte, aber seine Worte trafen sie immer genau, da wo sie am meisten verwundbar war.
 

Jetzt war aber keine Zeit, verletzt zu sein.

Sie seufzte, blickte durch den Rückspiegel und konnte den herannahenden Typen deutlich sehen.

Also eben noch schneller.

Sie trat das Gaspedal durch, beschleunigte um etliche km/h mehr und vergößerte den Abstand um einige Meter.
 

Eine letzte leichte Kurve und sie fuhr auf den Berg.

Sobald das hier auch nur annähernd vorbei war, freute sie sich schon auf ein heißes Bad. Mit Ölen und Düften angereichert. Alles, was die Sinne betörte.

Einfach abschalten. Genau das brauchte sie. Und genau das würde sie sich gönnen, sobald sie aus diesem verfluchten Wagen gestiegen war.
 

Die erste Kurve. Kein Problem.

Die zweite, schon kniffliger.

Eigentlich war es merkwürdig, denn der Typ, gegen den sie fuhr, war bekannt für seine Siege. Und seine miesen Tricks.

Aber ruhig Blut.

Sie konnte ihn noch immer hinter sich sehen.

Allerdings war das komisch.

Natürlich hatte sie ihn anfangs überholt. Das war gut und gar nicht verwunderlich. Dass er aber während des Rennens bis jetzt noch gar nicht angegriffen hatte …. Das war komisch.

Denn jeder hatte sie immer wieder versucht anzugreifen.

Und er? Für ihn stand genauso viel auf dem Spiel wie für sie. Wieso also kämpfte er nicht?

Oder … was hatte er vor?
 

Nun also auf der Lauer nahm Nami etwas Gas weg, es wurde zu eng und die Kurven zu scharf.

Und plötzlich war er weg.

Natürlich, hinter der Kurve.

Aber ihr Gefühl sagte Nami, dass da noch mehr war als nur die Kurve. Als nur der Abstand den sie zwischen sie gebracht hat.

Mit gerunzelter Stirn fuhr sie höher und höher, in die steilen Bereiche und in die, die kaum ein Auto passieren konnte.
 

Und so plötzlich wie er verschwunden war, tauchte er auf.

Ihr Gegner mit dem silbernen, getuneten Ford Mustang.

Ihr Herz raste. Denn er fuhr nicht plötzlich vor ihr weg. Sondern auf sie zu.

Sofort trat sie in die Bremsen, aber alles half nichts. Sie raste in ihn hinein, verdrehte das Lenkrad und steuerte mit aller Kraft dem Rand der Klippe zu.

Das Geräusch war ohrenbetäubend.

Motorhaube auf Motorhaube. Blech auf Blech. Glas zerbrach, flog ihr um die Ohren, zerschnitt ihre Wange.

Ihre Hände zitterten. Ihre Augen weit aufgerissen, nur mit dem steten Krach in den Ohren. Und ihrem Herzschlag.

Alles, was sie eine Sekunde lang vernahm, war ihr Puls, der Aufprall und eine dumpfe Schwärze um sie herum.

Doch so schnell die Schwärze kam, verzog sie sich wieder und befreite ihren Verstand von allem außer dem vor ihr liegenden Problem.

Sofort schaltete sie alles andere in ihrem Kopf aus. Nur noch der vor ihr zählte. Ihre Sicht war auf ihn eingeschränkt und auf den Abgrund, dem sie entgegenschwebte.

Und eigenartiger Weise reimte sich ihr Verstand genau jetzt in Millisekundenschnelle alles zusammen.

Er war aus einer Lücke aus dem Berg herausgekommen, hatte sie gerammt, damit sie versucht vorher auszuweichen, aber die einzige Möglichkeit auszuweichen, war in den Abgrund zu lenken.

Genau das tat sie, aber noch war sie auf der Straße und binnen der Sekunden hatte sie wieder geschaltet und steuerte mit allem, was ihr Baby drauf hatte, gegen diesen Ford.

Sie musste ihn schieben, ihn wegdrücken, damit sie vorbeikam oder zumindest nicht ihr letztes Gebet sprechen musste.

Das war also sein Trick. Das hatte er also von Anfang an vor.
 

Nami tritt das Gaspedal durch, ihr Motor röhrte.

Der Ford gab aber auch nicht auf, versuchte sie dem Rand zuzuschieben.

Scheinbar waren aber ihre Motoren gleichstark, ihre Autos gleichschwer.

Keiner schien gegen anderen anzukommen.

Und da hatte Namis brillanter Verstand eine Idee. Viel mehr ein verzweifelter Versuch dem Tod zu entkommen, der auf einmal so nah war, dass Nami seine kalte Hand an ihrem Nacken spüren konnte.

Sie legte den Rückwärtsgang ein und trat so schnell das Gaspedal durch, dass Außenstehende kaum nachvollziehen können würden, was da geschah.

Sie fuhr zurück, aber nur ein paar wenige Meter, lenkte in Richtung der Felsen und gab dann wieder nach vorne Gas.

Natürlich prallten ihre Autos sofort wieder zusammen, als Nami auch nur etwas langsamer wurde, aber es hatte insofern geholfen, als dass sie jetzt nicht mehr hinunter geschoben werden konnte.

Wieder stellte sie sich ihm in den Weg, versuchte gegen ihn anzukommen, aber jemand, der sie von der Ferne beobachtete, hätte wohl gedacht, dass sie standen und kein Kampf zwischen ihnen tobte, der wahrscheinlich über Leben und Tod entscheiden würde.
 

Als sie sich nicht von der Stelle rührte, wiederholte Nami den Vorgang. Gab den Rückwärtsgang ein, fuhr ein wenig rückwärts und lenkte noch weiter nach links.

Und dies tat sie so oft, bis der Ford ihre rechte Seite vollkommen streifte und umfuhr und somit mit der Hälfte des Wagens über der Klippe stand.

‚Das war‘s‘, dachte sich Nami.

Schnell gab sie Gas und ließ ihn hinter sich.

Ihr Herz klopfte noch immer wild.

Kalter Schweiß klebte an ihr wie eine zweite Haut.

Sie zitterte nun nicht mehr nur, sondern schauderte am ganzen Körper. Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, wie nah sie am Abgrund stand und wie verdammt knapp sie dem Tod entkommen war.
 

Sie beruhigte sich nicht, als sie ein Meter gefahren war und es wurde nur noch schlimmer, als sie plötzlich wieder jemand von hinten rammte.

Himmel und Hölle, daran hatte sie schon nicht mehr gedacht.

Natürlich würde der Ford da nicht baumeln, sondern irgendwie wieder alle vier Räder auf den Boden bekommen. Und jetzt war er wütend. So wütend, dass er sie nur noch umbringen konnte, um zu gewinnen, denn hier hatte er gar keine Möglichkeit mehr, sie zu überholen.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich um noch einiges mehr bei dem letzten Gedanken.

Denn er würde sie wahrhaftig töten müssen, um zu gewinnen.
 

Kaum hatte sie den Gedanken verkraftet, griff er wieder an, aber Nami gab sich nicht geschlagen und beschleunigte.

Es war gefährlich und mit ihm an ihrer Stoßstange ganz und gar tödlich, aber sie musste sich wehren.

Sie befahl sich zu atmen. Überhaupt zu atmen, um anschließend ruhiger zu atmen, was nicht einfach war; beides gelang ihr nicht so recht.

Panisch sah sie im Rückspiegel, wie eine Lücke hinter ihr entstand. Eine Lücke von vielleicht zwei Meter. Und dann würde er wieder kommen.

Auf der Gerade gab sie Gas, sah nicht nach hinten und konzentrierte sich nur auf die Straße vor ihr.
 

Nur was vor dir ist, zählt.
 

Das hatte Ace einst gesagt und jetzt verstand sie es auch. Er hinter ihr konnte sie nicht sofort umbringen. Kam sie aber von der Straße ab, war sie sofort tot.

Mit zittrigen Fingern klammerte sie sich ans Lenkrad und driftete durch eine scharfe Kurve und nur Zentimeter trennten sie vom Abrutschen.

Der Ford dicht hinter ihr.

Die nächste Gerade.

Sollte sie stehen bleiben, damit er ihr ordentlich reinfahren konnte? Nur damit sie auf ihr Glück hoffen könnte, damit es ihn fahrunfähig machte?

Nein.

Denn so konnte sie die Kontrolle über den Wagen verlieren. Und das wäre verheerend.
 

Wieder rammte er sie, das Heck schon vollkommen demoliert, kaum ein Fensterglas noch heil.

Schrecklicher Krach wollte Namis Ohren betäuben.

Immer wieder diese Aufpralls. Diese Zusammenstöße. Es war laut. So schrecklich laut. Brannte sich in ihr Gedächtnis und ließ sie nicht mehr los.
 

Keuchend kam sie auf der Spitze an, der Ford gleich hinter ihr und wurde schon von mehreren anderen Wagen erwartet.

Sie hielt an, schloss die Augen und für einen Augenblick wurde die Welt so klein und schwarz und unbedeutend, als hätte es sie niemals gegeben.
 

Stimmen. Wieder waren überall Stimmen. Aber keine einzelnen, sondern eher ein Stimmengewirr.

Sie konnte keine einzelne heraushören, nur dass es wohl viele waren und wild durcheinander redeten.

Oder kam es nur ihr so vor?

Sie konnte Wärme aus ihnen heraushören. Und Ärger und Angst. Oder eher Sorge.

Sie konnte nicht sagen, wer sprach, aber Nami spürte die Gefühle dahinter. Und wie es ihr schien, waren es sehr viele verschiedene Gefühle.

Was war … überhaupt geschehen?

Und wieso konnte sie sich nicht bewegen? Wieso konnte sie ihre Augen nicht öffnen? War sie denn nicht wach?

Aber sie hörte sie doch.

Sie hörte doch die Stimmen.

Diese viele Stimmen … ihr bekannte Stimmen. Aber woher kannte sie sie denn? Oder spielten ihre Ohren ihr bloß einen Streich?

Sie konnte sich an etwas Ohrenbetäubendes erinnern, aber wusste nicht was.

Eine leises, stetes Summen, dass wohl ein Abklang zum Schrecklich war, begleitete sie dafür.

Und noch etws hörte sie, als sie versuchte, sich nur auf ihr Gehör zu konzentrieren.

Etwas schlug.

Schlug?
 

Bumm.

Bu-bumm.

Bu-bumm.
 

Es war gleichmäßig. Irgendwie beruhigend.

War es etwa ihr Herzschlag?

Er war beständig.

Also lebte sie.

Und er ging ganz sanft, ruhig und normal.

Also ging es ihr gut?
 

Noch eine ganze Weile lauschte sie innerlich ihrem Herzschlag, der sie beruhigte und in einen erholenden Schlaf gleiten ließ.
 


 

Er sah einen vollkommen schrottreifen Wagen hochfahren und in dem Moment, in dem er durch das nicht vorhandene Fenster einen Blick auf den Fahrer bzw. die Fahrerin warf, blieb sein Herz stehen.

Er wusste, dass Nami eine gute Fahrerin war, aber das …
 

Ihr Wagen kam zum Stehen, aber das sah er nicht. Er beobachtete sie. Ihre Augen, ihr Gesicht.

Und in selbem Moment, als ihr die Augen zufielen und ihr Kopf gen Lenkrad fiel, rannte er los, riss die Tür auf und zog sie aus dem demolierten Wagen.

Ace war direkt hinter ihm.

Kurz hatte er sie auf den Boden gelegt, um ihren Puls zu überprüfen und er musste zugeben, er hatte lieber einen rasenden Puls als gar keinen.

Also nahm er sie schnell auf seine Arme und brachte sie zu einem Jeep.

Es war praktisch ihr ‚Mannschaftswagen‘. Oder Teamwagen. Wie es einem besser gefiel.

Obwohl natürlich weder Mannschaft noch Team irgendwie passend waren, versteht sich.

Noch ehe Ruffy vor der Tür stand, wurde sie schon aufgeschoben und ein lässig aussehender Law ließ Ruffy an ihm vorbei Nami auf den Sitz legen.

Law war vieles, aber momentan vor allem Arzt.
 

„Solange sie die Augen nicht aufmacht, habe ich gewonnen! Muahahahhahahahaaaaaaaaa!“

Jubelschreie waren zu hören. Überall um sie herum, aber vor allem von der gegnerischen ‚Mannschaft‘.

Ruffy hörte sie nicht, so sehr versuchte er Nami allein mit seinen Blicken wieder zum Bewusstsein zu holen.
 

Dafür hatte Ace jedes Wort gehört und musste nun doch eingreifen.

Ace war schon seit vielen Jahren im Untergrund tätig.

Angefangen hatte er als Laufbursche und Kurier. Bis er seine eigenen Rennen gefahren ist. Und letztendlich seine eigene Bande auf die Beine stellte. Er war jetzt also ein Boss von vielen und hatte unter sich, die jetzt einst seinen Job übernahmen.

Der Schwarzhaarige kannte die Banden um ihn herum. Er fuhr oft genug gegen sie. Aber nicht mehr unbedingt selbst. Er hatte genug Leute dafür.

Und auch für so vieles Andere.

Allerdings hatte er schon seit geraumer Zeit gehört, dass sich ein Mädchen nach vorne kämpfte.

Bis heute wusste er nicht, dass es Nami war. Bis zu diesem Tag wusste er nur, dass dieses Mädchen gefährlich war, aber nicht aus freien Stücken machte, was man ihr sagte.

Und als Ruffy heute aufgeregt zu ihm kam und ihn bat, ja schon anflehte, bevor er die Zähne fletschte und anfing ihm Druck zu machen, was Ruffy zwar nicht geschafft hätte, aber er war ja sein Bruder, nach Nami zu schauen.

Ruffy wusste nicht, wo sie war, unter wem sie arbeitete, ja er wusste noch nicht einmal, ob sie wirklich hier war.

Erik, einer aus seiner Stufe, hatte das mal behauptet. Dadurch hatte der 18-jährige das doch überhaupt erfahren.

Aber heute hatte Ruffy ein verdammt mieses Gefühl sagte er zu Ace und da Ace nun mal sein großer Bruder war und ihm gern half, wenn es ging, kümmerte er sich darum. Und immerhin kannte er auch Nami. Wie auch nicht? Nojiko war seine feste Freundin und die hatte sich nicht zu wenig darüber beschwert, dass Nami nicht mehr sie selbst war und keinen mehr an sich ran ließ. Daher hatte sie auch keine Chance zu erfahren, wo die ganzen blauen Flecken herkamen. Und die Wunden und Schwellungen.

Als Ace sich also heute umgehört hatte, hatte er herausgefunden, dass Nami unter einem schrecklichen Mensch arbeitete.

Die Bande war auch nicht besser. Alles harte Typen, Machos, die es nur auf Mädchen wie sie abgesehen hatten. Und je störrischer die Frauen dann waren, desto mehr Lust hatten die Typen, sich an ihre Fersen zu heften und sich schlimmstenfalls mit Gewalt zu holen, was sie von ihnen wollten.

Ace betete, dass sie Nami kein Haar gekrümmt hatten, denn dann würden weder er noch Ruffy ein Haar ungeschoren lassen.
 

„Hey!“, schrie Ace.

Der Fordfahrer drehte sich nicht einmal um. Aber das musste er auch nicht. Denn beide waren jetzt bei dem, der das Rennen ins Leben gerufen hatte.

„Mr. Laurens, Sie wissen genau wie ich, dass es nicht zählt, wie die Fahrer herkommen, sondern wer zuerst da ist.“

Der Fordfahrer knurrte gefährlich und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

Das würde er sich doch nicht bieten lassen. So ein Wicht aber auch.

„Das sehe ich aber anders“, verteidigte sich dieser. „Wenn sie ihren Preis nicht entgegen nehmen kann, dann habe automatisch ich gewonnen.“

Diesmal knurrte Ace, behielt aber Ruhe.

Mr. Laurens besah sich beide und sah dann rüber zu dem Jeep, in dem Nami behandelt wurde.

„Er hat Recht, Ace. Eigentlich hat sie gewonnen und sobald sie hier steht, bekommt sie den Koffer, aber ich sehe niemanden aus ihrer Bande außer ihr und da sie nicht in der Lage ist, den Koffer entgegen zu nehmen, kann ich ihn ihr leider Gottes nicht geben.“

„Das ist gegen Ihre eigenen Regeln“, erwiderte Ace. Fordfahrer grinste nur.

Mr. Laurens sah Ace lange und bedächtig an.
 

Laurens war ein mächtiger Mann. Hatte graue, kurze Haare, war alt, aber nicht zu unterschätzen. Denn er war ein wichtiger Mafiaboss. Ohne ihn ging nichts. Und an ihm vorbei kam auch nichts. Er regierte in diesem Viertel die Stadt.

Selbst, dass er keinen japanischen Namen hatte und auch überhaupt nicht japanisch aussah, machte keinen Unterschied.

Ace kannte auch niemanden, der diesen Mann nicht zumindest ein wenig fürchten würde.

Er sah sich als dieser einzige, der bloß Respekt vor ihm hatte.

Denn Ace wusste zwar, dass Laurens gefährlich war, aber dennoch hatte er inzwischen selbst so viel Macht, dass er lebendig davon kommen würde, sollte er sich mit der Mafia anlegen.

Jedoch respektierte er ihn. Laurens war nämlich auf keinen Fall zu unterschätzen.
 

„Also gut, Ace. Es stimmt. Regeln sind Regeln. Und die einzige Regel, die hier zu beachten ist, ist die, dass derjenige gewinnt, der zuerst am Ziel ankommt.“ Er nickte kurz. „Dennoch stellt sich mir die Frage, wie ich den Koffer Spandam überbringen soll.“

Ace sah ihn unbewegt an.

„Ich mach das.“

Laurens und Ace kannten sich. Denn kurze Zeit war Ace direkt unter Laurens gewesen. Er fuhr Rennen für ihn und übernahm dreckige Arbeiten.

Es war auch genau diese Zeit gewesen, in der Ace viele Leute kennengelernt hatte und die Kraft gefunden hatte, sich von seinen Ketten zu lösen.

Direkt danach hatte er seine eigene Bande. Zwar noch mit wenigen Mitgliedern, aber das Fundament war gelegt worden.

Laurens sah ihn wieder lange an. Seine beiden Bodyguards an seiner Seite rechts und links neben ihm.

„Also gut. Komm mit.“

Innerlich grinste Ace, äußerlich blieb er genauso kalt wie die ganze Zeit.

Nur ein kurzes Glänzen seiner Augen war zu sehen, als sich Fordfahrer lautstark darüber beschwerte, dass das doch nicht mit rechten Dingen zugehe.

Laurens drehte sich um, sah ihn kühl an.

„Deine Bestrafung wird umso härter ausfallen, je mehr du an meinen Regeln rüttelst.“

Daraufhin war Fordfahrer still und klein und verschwand ganz, ganz schnell.
 

Ruffy bekam von dem ganzen Trubel überhaupt nichts mit.

Er beobachtete nur jeden Schritt, jedes Tun, das Nami wieder gesund machen sollte.

Sie sah auch schrecklich aus, sagte er sich.

Ihre Wange war aufgekratzt, sowie ihre Stirn und ihre Hände. Wohl von all dem Glas, das durch die Luft geflogen sein muss.

Sie hate blaue Flecken, Prellungen.

Ihre Haut war kalt und von Schweiß bedeckt.

Aber immerhin zitterte sie nicht mehr und ihr Puls hatte sich soweit beruhigt, dass ihre Brust sich rhythmisch hob und senkte. Langsam.

„Hm. Scheint, es war nur etwas zu viel für sie. Ich nehme an, der Stress wurde zu groß und ihr Körper zwang sie so zur Entspannung.“

Grinsend zog sich Law zurück und ließ Ruffy mit Nami allein.

„Sie ist fit.“ Bis auf die Wunden, die er versorgt hatte, aber keine war tief genug, um ihr Leben zu geföhrden.
 

Law ging an Ruffy vorbei zu Ace, der sich ihm näherte.

Beide blieben aneinander stehen, aber keiner drehte sich zu dem jeweils anderen um.

„Es geht ihr gut. Nur ein kleiner Schock, den sie nicht ganz verarbeiten konnte.“

Ace nickte.

„Den Koffer habe ich“, sagte er, während er langsam anfing zu grinsen. „Was meinst du, könnten wir noch ein Mitglied bei uns gebrauchen?“

Jetzt drehte Law seinen Kopf zu Ace um und sah ihn nachdenklich an.

Er hatte so etwas erwartet und war nicht wirklich überrascht, aber er hatte doch nicht damit gerechnet.

Dann grinste er.

„Klar“, sagte er, als er das Schwert an seine Schulter lehnte. „Gleich bei der Kofferübergabe?“

Jetzt drehte Ace seinen Kopf zu seinem Kumpel um und grinste bedrohlich.

Oh ja. Die Schlacht hatte gerade erst begonnen.
 

Vorsichtig und doch mit Druck, strich Ruffy der Orangehaarigen eine Strähne aus dem Gesicht.

Er war so schrecklich wütend. Aber auch so besorgt.

Denn er hatte schon befürchtet, sie würde die Augen nicht aufmachen.

Er hasste das hier. Dieses ganze Leben.

Er war hier auch gewesen. In diesem ganzen Dreck. Durch Ace damals. Aber nach dem Unfall hatte er sofort aufgehört. Natürlich wusste er, dass Ace ihm geholfen hatte, wie viel allerdings, das wusste er nicht. Und er verstand auch nicht, wieso Ace da nicht verschwand. Genau wie er.

Der Jüngere fand sich damit aber ab.

Jedoch würde er um Nami jetzt kämpfen. Und wenn es hieß, dass er noch einmal hier runter musste, so würde er es tun. Denn das hier war nicht ihre Welt, das hier war nichts für ein Mädchen wie sie.

Er wollte damit nicht sagen, sie sei schwach oder nicht gebaut dafür. Aber er wusste, wie grausam diese Welt war. Und sie war hübsch und machte so manchen Mann schwach. Wenn also nun einer auf die Idee kam, sie …

Er ballte seine Finger zur Faust und schüttelte den Kopf.

Nein.

Noch war dies sicher nicht geschehen und jetzt würde er es nicht geschehen lassen. Niemals.

Harsch strich er ihr wieder durchs Haar.

Es stimmte. Er liebte Elli und war mit ihr zusammen.

Aber Nami kannte er, seitdem er geboren wurde. Na gut, seitdem er mit ihr spielen durfte. Aber eben sein Leben lang.

Sie war immer seine beste Freundin gewesen, sie sind durch dick und dünn gegangen.

Sie war damals dagewesen für ihn. Hatte für ihn gekämpft. Als der Unfall passiert war und davor schon.

Sie hatte das hier verabscheut und sich mit üblen Typen angelegt, nur damit Ruffy da nicht mehr hinging. Nicht mehr musste.

Es half zwar nichts, aber sie hatte es trotzdem versucht und er war sich sicher, sie wäre gestorben, wenn es ihm nur geholfen hätte.
 

Nun, nach dem Unfall war das Problem gelöst. Durch Ace. Aber sie war dagewesen.

Es war eine schwere Zeit gewesen, aber Ruffy hatte sie mit Nami verbracht. Und überstanden.

Und sie hatte nie etwas zurück verlangt. Natürlich tat man das unter Freunden nicht. Aber er fühlte sich seit dem mehr als verpflichtet. Er wollte sie beschützen, wollte immer bei ihr sein.

Zuerst ging es gut.

Aber dann war er zu aufdringlich und sie hatten sich gestritten.

Und sehr lange Zeit dann nicht mehr miteinander geredet.

Es war die Zeit gewesen, in der er Elli kennegelernt hatte und sich verliebt hatte und Nami abgerutscht ist.

Er hatte es nicht sofort bemerkt, jetzt wusste er, dass es zu spät war. Jetzt würde es nicht mehr leicht werden, sie da raus zu holen.

Wenn … es überhaupt denn möglich war.

Er hasste sich dafür, dass er Nami so im Stich gelassen hatte, denn etwas musste passiert sein, dass sie hierher abgerutscht war.

Jetzt würde er jedenfalls nicht mehr lockerlassen, bis sie sicher und glücklich war.

Denn zum Teufel mit Elli Nami war immer noch seine beste Freundin und er liebte sie einfach. Freundschaftlich, wie eine Schwester und als seine Seelenverwandte.

Sie war so viel mehr als Elli, er empfand für sie so viel mehr. Aber dennoch war er glücklich mit Elli und dieses Glück würde er nicht so schnell aufgeben.

Momentan jedoch stand Nami an erster Stelle.
 

Als Ace und Law zurückkamen, war sie immer noch nicht wach.

Ace seufzte. „Sie hatte wohl ganz schönes Glück gehabt. Und ich auch.“

Law grinste frech. „Hätte dir deine Alte wohl ganz schön in den Hintern gebissen, wenn du sie halb tot nach Hause brächtest, was?“

Daraufhin hörte man nur noch, wie Faust auf Schwert traf und später Poltern.

Danach aber war es wieder ruhig und Ruffy seufzte genervt.

Er war es gewöhnt.

Auch wenn Law nicht dazugehörte, hing er oft bei Ace ab und beide hatten wohl schon einiges zusammen hinter sich.

Er wollte gar nichts Näheres wissen.

Law drehte sich vom Fahrersitz um. Immer noch leicht grinsend, und die kleine Beule auf dem Kopf ignorierend. „Können wir los?“

Ace setzte sich gerade auf den Beifahrersitz und schnallte sich an.

Ruffy schloss die Hintertür, setzt sich mehr oder weniger gerade auf den einzigen aufgeklappten Sitz und schnallte sich ebenfalls an.

Nami lag auf gerader Fläche von hinter dem Fahrersitz bis in den Kofferraum. War schon ganz schön praktisch einen großen Wagen zu haben.

Law drehte sich wieder um und fuhr los.

Er fuhr sanft und bedächtig, aber sobald er auf gerade Strecke war, gab er Gas und ließ alle Anderen in einer Staubwolke zurück.

„Die Kleine muss ziemlich was auf dem Kasten haben, wenn sie nur mit Schrammen und einem Schock ein Rennen gewinnt, das bisher keiner gegen den Todeseddi gewonnen hat.“

Ace nickte nachdenklich.

„Auch wenn die Wagen schrott waren. Namis mehr als Eddis, musste sie sich ganz schön gewehrt haben. Seine Tricks sind tödlich.“

Nachdenklich schaute er nach vorne.

„Und dieser Koffer scheint wichtig zu sein. Also muss Spandam gewusst haben, dass sie so gut ist, andernfalls hätte er sie nicht hergeschickt.“

„Es sei denn, er wollte sie loswerden. Und der Koffer ist nicht so wichtig, wie alle tun.“

„Das glaube ich aber nicht. Spandam ist ein Bastard, w-“

„Genau deswegen denke ich eher, dass er nicht gedacht hat, sie würde gewinnen. Es geht ihm sicher um mehr. Ich weiß nur nicht um was. Er ist ein Bastard, dessen Kopf nur so rollen sollte. Er verfolgt bestimmt seine eigenen Pläne.“

„Nur gibt es niemanden, der lange genug lebt, um es uns zu verraten.“

„Außer seiner Gang von Bastarden.“

Beide grinsten daraufhin.

„Und was hat Nami damit zu tun?“, fragte der Jüngste auf einmal. Die Sorge immer noch auf seinem Gesicht zu sehen.

Law sah ihn durch den Rückspiegel verschlossen an.

„Sie war bestimmt nur eine Schachfigur auf seinem Schachbrett. Ein Bauer vielleicht. Sie sollte etwas tun, war aber offensichtlich nicht wichtig genug, dass er erwartet hätte, dass sie gewinnt.“

Nachdenklich sah Ruffy wieder zu Nami.

Er mochte es nicht, wenn jemand von seiner Nami so sprach. Sie war gut und natürlich hatte sie den Bastard besiegt. Sie war gut. Niemand konnte sie einfach so besiegen. Oder wollte dieser Spandam wirklich nur ihren Tod? Ein Opfer auf dem langen Weg, der noch viele andere Opfer fordern würde. Ein kleines Opfer?

Der Schwarzhaarige wurde wütend.

Niemand opferte seine Nami.

„Ruffy beruhige dich.“

Der Jüngere schaute zu seinem älteren Bruder.

„Wir kümmern uns darum. Sorge du nur dafür, dass sie nicht wieder zurück geht.“

Ruffy nickte.
 

Und dann ging alles sehr schnell.

Er merkte, wie sich Nami auf einmal regte und gleichzeitig tritt Law in die Bremse, versuchte zu lenken.

Nami war nicht angeschnallt und flog somit gegen den Fahrersitz, zu ihrem Glück aber hatte sie schon halb gesessen, als der Wagen ruckartig zum Stehen gebracht wurde.

Sie hörte keinen Aufprall, wartete aber einen Moment und horchte.

Er musste kommen.

Der Aufprall, der Krach, die Schreie.

Sie zitterte.

Aber als nach einem Moment immer noch nichts außer Keuchen anderer zu hören war und plötzlich eine aufgeregte Stimme ihren Namen gerufen hatte, traute sie sich, ihre Augen zu öffnen.

Ihr Herz ging wieder wie wild. Ihr Atem kam stoßweise, ihr Körper schauderte und ihre Augen waren ungeschützt. Gaben alle Gefühle preis, die sie in sich verbarg.

Schnell nahm Ruffy sie in den Arm, drückte sie an sich.

Kalter Schweiß gegen warme Haut.

Es wäre ihr peinlich gewesen, wenn sie noch klar denken könnte. Was nicht der Fall war.

Wieder hörte sie Stimmen. Verschwommen. Ineinanderfließend.

Himmel, was war nur los mit ihr?
 

Dann hörte sie Schreie. Ja, dann hörte sie sie.

Sie wusste es doch.

Jetzt kamen sie.

Plötzlich spürte sie Arme. Arme?

Oder Hände?

Ja, Hände umklammerten ihre Arme.

Dann wurde sie rausgezerrt.

Gezerrt? War sie denn noch wach?

Alles war schwarz.

Wieso war es schwarz?

Hatte sie wieder die Augen geschlossen?

Und bevor alles stockduster wurde, spürte sie einen scharfen, stechenden, (oder eher nur pieksenden?) Schmerz an ihrem Arm.
 


 

Woooow, das war mal ein Kapi, was? *grins*

Ich hoffe doch, es hat euch gefallen^^ Es ist mal was Anderes von mir. Mit seeeeehr vielen Geheimnissen, aber muss ja sein, damit es spannend bleibt.

Was also hatte Ruffy für einen Unfall? Oder was für Unfall überhaupt? Und war Nami wirklich nur wegen Ruffy da reingerutscht?

Nujaaaaaa, das alles werdet ihr erfahren (irgendwann xD) und bis dahin sage ich: Danke fürs Lesen, man sieht sich beim nächsten Kapi^^

Neuanfang?

Es geht weiter ^.~
 

Sein Herz setzte aus.

Das war nicht wahr. Das konnte nicht sein.

In Sekundenschnelle überkam ihn so rasende Wut, dass er für einen Moment alle Kontrolle verloren hatte. Und dieser Moment war es, der ihnen allen das Leben rettete.

Ruffy schlug um sich, schüttelte so die Hände ab, die ihn versuchten vergebens zu halten und unter Kontrolle zu bringen, rannte zu dem Kerl, der Nami sich über die Schulter geworfen hatte und trat ihm in den Rücken.

Der Kerl ging in die Knie und er zog Nami mit sich, aber bevor ihr etwas passieren konnte, hatte Ruffy sie schon auf seine Arme genommen.

Ruckartig drehte er sich um und schlug jeden, der sich ihm näherte und lief zurück zum Wagen.

Ace und Law bekämpften auch alle, die sie nur kriegen konnten und binnen einiger Minuten lagen ihre Angreifer bewusstlos auf dem Boden.

Achselzuckend legte Ruffy seine Freundin wieder zurück ins Auto und wartete nur noch auf seine älteren Freunde.
 

Ace und Law gingen zu den Wagen, die ihnen den Weg versperrten. Diese waren so platziert, dass man sie erst sah, wenn man direkt vor ihnen war, denn sie waren gleich hinter einer engen Kurve, die durch Bäume abgeschirmt war.

Und da Law ordentlich Geschwindigkeit hatte, war die Bremsung auch so schwer.

Ruffy kümmerte sich derweil um Nami, aber außer dem Zeug, das ihr gespritzt wurde, war sie unberührt.

Wütend besah er sich ihren Arm, fühlte ihren Puls und atmete erleichert aus, als sie ruhig und gleichmäßig zu ihrem Herzschlag atmete.

Vermutlich war es nur Schlafmittel.
 

Ace und Law schienen wohl noch jemanden gefunden zu haben, aber vielleicht auch nicht, denn sie waren um die zehn Minuten weg, in denen Ruffy seinen eigenen Gedanken hinterherging.

Er fragte sich wirklich, wie Nami hierher reingerutscht war. Wirklich. Denn so war nicht die Nami, die er kannte. Nie ließ sie sich so etwas antun und schon gar nicht würde sie so etwas selbst tun.

Aber sie war nun mal in diesem Dreck. Und der Grund musste wirklich schwerwiegend gewesen sein, denn ein so intelligentes Mädchen wäre niemals freiwillig so herabgesunken.

Natürlich dachte er jetzt schlecht über das hier. Was war überhaupt „das hier“? Denn Ace war ja auch „hier“. Wie also definierte man das?

Für Ruffy war es der Untergrund. Für Nami ein dreckigerer als für Ace. Denn Ace hatte einen sehr hohen Status, den Nami sicher nicht hatte. Sie musste bestimmt die Drecksarbeit machen. Rennen fahren, die ihr Tod sein könnten. Bestimmt wurde sie zum Drogen nehmen gezwungen, vielleicht schrieb ihr auch jemand vor, wie sie sich zu kleiden hatte. Denn wenn Ruffy sie sich so ansah, dann konnte er sich einfach nicht vorstellen, dass sie sich freiwillig so kleiden würde. So wie eine billige Nutte. Natürlich sahen die Klamotten sexy an ihr aus. Aber es waren eben doch nur Klamotten für Nutten, die mehr preisgaben, als sie versteckten.

Seufzend schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf.
 

Er blickte wieder nach Draußen und sah, dass sich ein paar der Niedergeschlagenen wieder regten, aber keiner würde auch nur in Namis Nähe gelangen. Zuerst mussten sie dafür am 18-jährigen vorbei und der würde jene nur über seine Leiche zu ihr lassen. Was nicht passieren würde. Sie war also sicher. Natürlich war sie das; bei ihm war sie das doch immer.
 

Erneut seufzend lehnte er den Kopf an die Kopfstütze und schloss seine Augen.

Er war müde, so schrecklich müde.

Den ganzen Abend war er adrenalingeladen, denn er wusste weder ein noch aus. Nami befand sich womöglich in großer Gefahr und er konnte nichts dagegen tun. Rein gar nichts. Er konnte ihr noch nicht einmal helfen. Er wusste ja nicht wovor. Wie also helfen?

Wehleidig schauend, drehte er den Kopf zu ihr und nahm ihre Hand in seine; drückte diese.

Sie war warm, aber nur ein wenig.

Leich lächelnd dachte er daran, wie sie immer so schnell fror. Wie er ihr immer seine Jacke leihen musste, damit sie sich nicht erkältete.
 

Wieder schloss er seine Augen.

Wie er sich gern an diese Momente erinnerte. Als sie noch klein und unschuldig waren. Als sie noch gemeinsam alles erkunden mussten. Als sie sich noch jeden Tag sahen …

Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

Ja, die Zeit ohne Nami war wirklich schwer für ihn gewesen. Er war verzweifelt, weil er an sie nicht herankam, sie verschloss sich, blockte alles ab. Und schwupps konnte er einfach nicht mehr nach ihr greifen.

Er konnte sich noch ganz genau an diesen Tag erinnern.
 

Es war genau ein Jahr und ein paar Wochen her. Es war ein verregneter Tag gewesen. Das würde er wohl nie vergessen.

Es war ein Freitag und sie wollten ausgehen. Nami sollte gegen 18 Uhr zu ihm kommen, als es noch hell war, denn nachts würde er sie niemals allein draußen spazieren lassen. Das tat sie auch. Aber sie war anders. Er hatte es sofort gemerkt. Sie lächelte, aber nur gezwungen. Ihr Haar war zerzaust, ihr Gesicht kalkweiß. Er wusste sofort, dass etwas passiert sein musste.

Aber was?

Nami selbst war klitschnass, ihr Atem ging stoßweise, sie musste wohl gerannt sein.

Er ließ sie rein, brachte ihr ein Handtuch und fragte sie, was sie hatte. Nami jedoch schüttelte bloß den Kopf und meinte, sie habe etws Falsches gegessen, weshalb sie sich nicht gut fühle.

Nun, daraufhin war der Abend abgeblasen, aber Ruffy würde sie nicht mehr nach Hause gehen lassen. Sie würde bei ihm übernachten, ob sie wollte oder nicht.

Und er hatte Recht behalten in einem Punkt, in einem anderen hätte er sie wohl besser gehen lassen sollen. Aber vermutlich war es bloß eine Frage der Zeit, bis Nami ausgetickt wäre.
 

Arlong war arbeiten und Nojiko war mit Ace weggefahren, deswegen wäre Nami allein gewesen und das konnte Ruffy nicht zulassen.

Als sie trocken war (sie hatte bei Ruffy immer ein paar Klamotten von sich und umgekehrt genauso, denn sie übernachteten oft beieinander und es war praktisch dort schon Ritual ein paar Sachen beim jeweils anderen zu haben), setzten sich beide zusammen und sahen eine DVD, wobei sie nebenher Schokoeis schleckten.

Es war eine Komödie, aber so sehr er es sich auch wünschte, Nami lachte und lachte einfach nicht. Sie betrachtete fast geistesabwesend den Fernseher, bekam aber nichts von dem Film mit. So jedenfalls kam es Ruffy vor.

Er wusste bis heute nicht, ob er Recht damit hatte, aber es schien ihm wirklich so.

Und als er sich ein paar Minuten später wieder zu ihr umdrehte, verstand er die Welt nicht mehr.

Sie hatte Tränen in den Augen und es hatten sogar schon welche ihren Weg über ihre Wangen nach unten gefunden.

„Nami“ , sagte er erschrocken.

Was hatte sie nur?

Doch der Klang seiner Stimme brachte sie nur noch mehr zum Weinen. Sie schlug sich eine Hand vor den Mund, kniff die Augen zu und versuchte die aufkommenden Schluchzer so gut wie möglich zu unterdrücken. Aber ihre Selbstbeherrschung war so brüchig und als Ruffy sie in seine Arme nahm, an sich drückte und ihr aufmunternde Dinge ins Ohr flüsterte, konnte sie einfach nicht mehr.

Sie krallte sich in sein Shirt und schluchzte, ihren Kopf an seine Schulter gedrückt.

Er verstand nicht, was sie hatte und er verstand auch nicht, was ihr passiert war, aber er verstand sehr wohl, dass es ihr richtig schlecht ging. Dass sie seine Hilfe brauchte, seine starken Arme, Schutz, Sicherheit und einen Freund, der sie durch ihre Hölle begleitete.
 

Jedoch als sie sich nach etlichen Minuten immer noch nicht beruhigt hatte, nein, im Gegenteil sogar, sie hatte immer schlimmer geweint, da begann er sich zu wundern. Und sich richtig Sorgen zu machen.

Was war nur geschehen?

Aber jetzt war kein Zeitpunkt das zu fragen.

Sie brach in seinen Armen, er konnte ihre Wunden nicht weiter aufreißen. Das durfte er nicht. Er hätte sich dadurch außerdem nur selber verletzt.

Also strich er ihr behutsam durchs Haar, über ihren Rücken und drückte sie noch fester an sich, damit sie wusste, dass er da war, dass er sie beschützen würde. Dass er ihr helfen würde. Egal, worum es ging. Egal, was es war.

„Nami“, sagte er sanft. „Nami, pscht, es ist alles in Ordnung.“

Trotzdem ließ er sie weinen, denn es war kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke, seine Gefühle zu zeigen. Und weinen reinigte die Seele, so hieß es doch.
 

Ruffy öffnete die Augen und schaute auf die schlafende Form von Nami.

Ja, sie war damals kaputt gewesen. Vollkommen kaputt. Innerlich gebrochen und nur weil er es war, konnte sie ihm ihre Wunde zeigen. Diese tiefe Wunde in ihrer Seele, deren Ursprung er bis heute nicht kannte.

Was war nur passiert? Was?
 

Er merkte, wie sie sich plötzlich anspannte, den Atem anhielt und dann aufsprang, sich von ihm losriss und ins Bad sprintete.

Er wusste nicht mehr wie, aber auf einmal stand er hinter ihr, hielt ihr Haar zurück, als sie sich übergab. Und übergab. Und übergab.

Ihr Anblick schmerzte ihn. Denn es war kein schlechtes Essen. Vielleicht war es das ja auch gewesen, aber da war noch weitaus mehr.

Beruhigend strich er ihr übers Haar und versprach ihr, dass alles gut werden würde. Sie solle nur noch etwas durchhalten. Nur noch ein bisschen.
 

Es hörte auf. Nach elendigen langen Minuten.

Er wusste noch, wie sie sich zurückfallen ließ, direkt in seine Arme, sich an seine Brust schmiegte und diesmal stille Tränen vergoss.

Er hielt sie und versuchte ihr durch seine Anwesenheit zu helfen.

Aber es schien ihm, dass sie ganz woanders war. Sie ihn dort brauchte, damit sie nicht ganz fiel, in die Tiefe stürtzte, aber insgeheim stand sie wohl schon vor dem Abgrund, vielleicht hing sie auch nur noch ein einer Pflanzenwurzel, die ihre Rettung vor dem Fall bewahrte.

Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass es seiner Freundin so dreckig ging, wie er sie noch nie gesehen hatte.

Den ganzen Abend hatten sie kaum gesprochen, Nami war kreidebleich und das Schlimmste war, dass er jegliches Funkeln in ihren Augen nicht finden konnte.

Egal wie schlecht es Nami jemals gegangen war, selbst als Bellemere gestorben war, so hatten Namis Augen immer gefunkelt. Selbst wenn sie voll Trauer oder Wut war, sie sprühten immer diesen Lebensmut aus. Diesen Willen.

Aber jetzt … es war alles weg. Und er machte sich schreckliche Sorgen.
 

Als sich plötzlich eine Tür öffnete und wieder zuschlug, blickte der Junge auf.

Law war scheinbar zurückgekehrt und musterte Nami nun fachkritisch, aber er schien wohl zufrieden zu sein, denn er wand seinen Blick Ruffy zu und nickte.

„Es wird wohl nur Schlafmittel gewesen sein.“

Das hatte Ruffy sich schon gedacht, also nickte er nur.

„Ace versucht noch herauszufinden, wer hinter diesem Angrif steckt. Ich hole ihn später ab.“

Und damit startete Law wieder seinen Wagen und fuhr weg vom Tatort.

„Wohin soll ich sie eigentlich bringen?“

Ruffy sah Law durch den Rückspiegel an.

Ohne zu überlegen antwortete er.

„Zu ihr.“

Es schmerzte ihn. Aber sie musste zu ihr nach Hause. Und nicht zu ihm.

Ruffy nannte ihm die Adresse und dann fuhren sie zu Nami.
 

Die Fahrt verlief leise und wieder wanderte Ruffys Blick zu Nami.

Nicht nur ihre Kleidung störte ihn, sondern auch ihre Wunden.

Sie hatte überall blaue Flecken und Schwellungen.

Das bestätigte seine Annahme, dass sie nur die Drecksarbeiten übernahm. Scheinbar musste sie sich prügeln, oder sie musste sich wehren und daher stammen ihre Verletzungen.

Was auch immer, es passte ihm nicht. So oder so. Es war kein Ort für sie. Und er würde sie da rausholen. Er würde. Wenn sie ihn nur an sich ranließ.

Als er nämlich damals versuchte sie zu zwingen, ja es war noch nicht einmal Zwang gewesen, es war eine einfache Bitte, ein Wunsch, doch er hatte sie gedrängt, da hatte sie vollkommen dicht gemacht und die Folge war ein Jahr lange Funkstille gewesen.

Er konnte sie also nicht mit zu ihm nehmen, sie musste dahin, wo sie sich wohl fühlte. Auch wenn er es hasste. Denn da wäre sie wieder nur allein.

Ruffy kniff die Augen zusammen. War sie allein? War sie einsam?

Nojiko beschwerte sich immer, dass sie nicht einmal ihre große Schwester an sich ran ließ.

Es brach Ruffy fast das Herz.
 

Er war ihr damals nicht nachgegangen. Er hatte es nicht getan. Er hätte es tun müssen. Er hätte, so wie all die anderen Male, beharrlich sein sollen und nicht von ihrer Seite weichen dürfen. Niemals.

Denn seine Nami hatte schlimmere Qualen erleiden müssen, als er sie sich je vorstellen könnte. Oder?

Er konnte nur raten und sich Sachen zusammenreimen, denn als sie damals bei ihm gewesen war, das letzte Mal, als sie noch richtige Freunde waren, war sie von Innen zerstört gewesen. Er hatte es gesehen. Sie hatte ihn gebraucht. Mehr als sonst irgendwann.

Und er ließ sie gehen.

Was für ein egoistischer Idiot war er nur? Und was hatte er nur getan?
 


 

~X~
 

„Mom.“
 

Nichts.
 

„Mom.“
 

Wieder nichts.
 

Stille.
 

„Mom.“
 

Panik. Pure Panik.
 

„Mom!“
 

Ein verzweifelter Ausruf.
 

„MOM!“
 

Panik.
 

„MOOOOM!!“
 

Schreiend wachte die orangehaarige Frau auf und saß in Sekundenschnelle aufrecht.

Ihr Herz schlug ihr gegen ihren Brustkorb. Schnell, schwer, hart.

Sie zitterte am ganzen Körper. War mit Schweiß bedeckt und ihre Augen schimmerten. Vor Tränen. Unvergossenen Tränen.

Sie sah sich um.

Desorientiert fand sie Anhaltspunkte. Sie war wohl wieder in ihrem Zimmer. In ihrem Zimmer …

Sie schloss ihre Augen und riss sie auf, als sie schwere Schritte vor ihrer Tür vernahm.

Ihr Herz schlug noch schneller, Panik überkam sie. Ihr Kopf schaltete sofort auf leer und ihre Instinkte übernahmen ihren Körper.

„Nein!“, schrie sie, als sie sich gegen ihre Tür warf. „NEIN!“, schrie sie erneut, als die Klinke heruntergedrückt wurde.

„Namilein, geh weg von der Tür. Was ist passiert?“

Arlong.

Es war Arlongs Stimme.

Aber sie hatte es gewusst.

Sie hatte ihn an seinen schweren, verräterischen Schritten erkannt.

„Nein!!“, schrie sie erneut. „Geh weg!“

Ihre Stimme zitterte, genauso wie ihr Körper, ihre Augen hielt sie zusammengekniffen und sie drückte gegen die Tür, als hinge ihr Leben davon ab.
 

Dann hörte sie, wie die schweren Schritte wieder erklangen und sich von ihrem Zimmer entfernten. Nichtsdestotrotz verharrte sie in dieser Position mehr als eine halbe Stunde und erst, als sie sich sicher war, dass sie unten auch die Tür sich schließen hörte und daraufhin Ruhe eintrat, erlaubte sie ihren Gliedern sich zu entspannen.

Sie fiel auf den Boden, schauderte am Körper und wimmerte leise.

Es sollte bloß alles aufhören. Es sollte bloß aufhören.

Nami rollte sich in einen Ball zusammen und ließ die Dunkelheit wieder über sich hereinbrechen.
 

Erneute Schritte ließen sie aber aus ihrem Schlaf erwachen und ihr Körper erstarrte. Für einige Minuten vergaß sie zu atmen, so sehr durchfuhr die Panik all ihre Gliedmaßen und lähmte sie. Lähmte ihren Körper seine Funktionen auszuführen.

Aber als Schritte viel leiser und weicher und davon auch noch mehrere vor ihrer Zimmertür stehen blieben, wusste sie, dass es nicht Arlong war.

„Nami?“, erklang dann plötzlich die Stimme von Nojiko und sie konnte noch ein Brummen von Ace hören.

War es Ace? Doch, wahrscheinlich schon.

Wieder entspannte sich Nami und es fiel von ihr ab wie ein Stein.

„Ja“, kam die krächzende Antwort der Jüngsten.

Schnell war sie auf den Beinen und öffnete die Tür, bevor sie sie überraschen konnten.

Nojiko zog scharf die Luft ein und Ace‘ Blick wurde starr, als sie Nami erblickten.

Sie musste wohl wirklich schrecklich aussehen. In Anbetracht der Tatsachen wunderten Nami ihre Reaktionen nicht.

„Was ist passiert?“

Das war Nojikos Stimme und sogleich auch ihre Arme, die sie wie willd schüttelten. Erst, als Ace einschritt und seine Freundin an sich drückte, ließ sie von Nami ab.

Die Orangehaarige lehnte sich an eine Wand, ihr war schwindlig und sie fühlte sich, als würde sie gleich wieder ohnmächtig werden.

Sie brauchte Nahrung. Himmel, wann hatte sie das letzte Mal gegessen?

Diesen Gedanken schien wohl auch Ace zu fassen, griff nach ihrem Handgelenk und zog beide Frauen mit sich.

Nami war wieder ruhiger.

Solange diese Beiden nur da waren, würde ihr nichts passieren. Wenn er Zeugen hatte, waren seine Hände gebunden. Bei diesem Gedanken musste Nami hämisch lächeln.

Oh ja, er konnte sich nur Nacht und Nebelaktionen leisten.
 

Nami aß alles, was ihr Ace auf den Teller packte, denn sie war ausgehungert und sie brauchte dringend neue Kraft. Kraft aus diesem Alptraum aufzuwachen; zu wissen, dass sie ihm niemals entkommen konnte und trotzdem weiterzumachen.

Sie würde niemals aufwachen können. Denn der Realität konnte man nicht entfliehen.

Nojiko schaute sie besorgt an und auch Ace stand die Sorge im Gesicht geschrieben. Wozu sollte er sie auch verstecken?

Es gab also doch noch Menschen, die sie liebten. Mehr als nur den Einen.

Sie schloss die Augen und atmete langsam tief durch.

„Ace.“ Ihre Stimme klang immer noch brüchig. „Würdest du mich wo hinfahren?“

Sie würden es eh herausfinden.

Ace nickte, aber bedächtig.

„Darf ich auch erfahren wohin?“

Nami lächelte ein leeres Lächeln und nickte leicht.

„Zu einem Freund.“

Das war’s und mehr würde sie auch nicht sagen. Mehr musste sie nicht sagen. Wozu? Dieser Freund war alles, was ihr geblieben war. Alles, was sie hatte. Alles, was sie am Leben hielt. Und ihre einzige Zuflucht.

„Was ist das für ein Freund, Nami?“, fragte Nojiko skeptisch. Sie traute niemandem, den sie nicht kannte und mit dem Nami abhing, denn irgendwoher kamen die blauen Flecken und Wunden. Woher wusste sie also, dass nicht gerade dieser Freund sie schlug?

Nami sah ihre Schwester einen Moment lang intensiv an.

„Er tut mir nichts. Er hat mich nie auch nur angeschrien. Außerdem macht er sich bestimmt Sorgen, also will ich zu ihm.“

„Seid ihr denn zusammen?“, kam die logische Frage von Ace.

Kurz sah Nami verblüfft auf.

War sie mit ihm zusammen?

„Oh“, sie war sprachlos. „Ich denk, so in der Richtung, ja.“

Ace nickte, aber das Misstrauen wich nicht aus seinem Blick. Nami wusste, Ace würde alles erfahren. Sollte also ihr Freund ihr wehtun, so würde Ace es wissen und ihm klar machen, wo die Grenzen lagen und bei Nami waren diese nun mal sehr eng gelegt.

Dafür war sie ihm einerseits dankbar, andererseits war es nervig und bis jetzt war sie dem entkommen, allerdings wusste sie wirklich nicht, ob das wirklich so gut war. Vielleicht hätte Ace es verhindern können, wenn er sich nur früher in ihr Leben eingemischt hätte. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.
 

Das restliche Frühstück, (denn Nami erfuhr, dass sie die restliche Nacht verschlafen hatte), verlief ruhig. Nojiko versuchte ihre kleine Schwester zum Reden zu bringen, aber Nami schwieg wie ein Grab. Und versicherte ihr dafür, dass es ihr gut ginge. Dass sie alles unter Kontrolle habe, denn Ace hatte seiner Freundin alles über die Aktivitäten ihrer Schwester da unten erzählt. Eben so viel, wie er selbst wusste. Und selbst wenn er nicht viel wusste, so erzählte er es Nojiko trotzdem.
 

Nach dem Frühstück packte Nami ein paar Sachen zusammen, duschte kurz und ging nach unten zu dem wartenden Paar.

Sie sah nicht mehr blass aus, die Panik war auch aus ihrem Gesicht verschwunden. Alles, was blieb, waren die leeren Augen und die Maske, die sie aufgesetzt hatte. Eine Maske, die sie nun über ein Jahr trug und scheinbar war es trotzdem noch niemandem aufgefallen.

Bis heute.

Doch sagte niemand etwas dazu.

Schweigend liefen sie zu Ace‘ Wagen und dieser fuhr sie zu ihrem Freund.

Ace würde herausfinden, wer ihr Freund war, dessen war sie sich sicher, aber es war ihr recht, solange er sich nur raushielt. Es ging ihr bei ihrem Freund gut und Ace durfte nur eingreifen, wenn es auch wirklich notwendig war, was hier nicht der Fall sein würde, also hatte er dieses Recht nicht.

Kurz verabschiedete sie sich von dem Paar, bedankte sich bei Ace fürs Fahren und lief zur Tür, die in ein großer Wohnhaus führte, klingelte an einem der vielen Schilder und erst, als sie hinter der Tür verschwunden war, fuhr Ace weiter.
 


 

~X~
 

„Nami.“

Eine sanfte Stimme. Beruhigend. Rau. Aber schön klingend.

Kaum hatte sie die Wohnungstür hinter sich geschlossen, verließ sie ihre Kraft und sie fiel in ein paar starke Arme.

„Nami!“

Seine Stimme klang aufgeregt. Besorgt. Oh ja, vor allem besorgt. Aber auch tadelnd.

„Hast du es wieder übertrieben, Kleines?“

Sie schüttelte leicht ihren Kopf.

„Nein.“ Ihre Stimme war brüchig. „Aber es ist so viel passiert.“

Nur hier, nur an diesem Ort, war sie sicher.

Nur hier fühlte sie sich sicher.

Hier ließ sie ihre Maske fallen.

Hier ließ sie ihre Schultern hängen.

Hier musste sie nicht spielen, brauchte keine Angst zu haben.

Hier war ihre Welt heil.

Sie wurde beschützt und geliebt und niemals gezwungen.

Nicht bedrängt.

War willkommen und stets gern gesehen.

Ja, Luki war ein wahrer Segen. Ihr Segen. Ihr Licht, das die Dunkelheit von ihr fernhielt.

Einst war ihr Licht Ruffy gewesen. Aber nach dem Streit war sein Licht dunkel geworden und hatte jeglichen Anmut verloren. Sie konnte nicht mehr danach greifen.

Aber nach Luki. Er war da. Er war da und half ihr. Er versuchte, ihr zu helfen. Versuchte ihre zetrümmerte Welt wieder aufzubauen.

Aber es gelang ihm nicht, denn so sehr sie ihm auch vertraute, vor ihm war sie genauso verschlossen. Der einzige Unterschied zu anderen war, dass sie bei ihm ihre Emotionen nicht zu verstecken brauchte und sich nicht als jemand anders ausgab. Sie war hier ganz Nami. So viel Nami, wie von ihr übrig geblieben war.
 


 

~X~
 

„Na, Kumpel, was lastet dir auf den Schultern?“

Ruffy seufzte theatralisch.

„Nami.“

Zorro lachte auf.

Es war doch immer Nami. Seit einem Jahr sogar mehr als jemals zuvor.

Schmunzelnd gab Zorro seinem besten Freund eine Flasche Bier und setzte sich neben jenen auf die Couch.

Zorro hatte mit Sanji eine eigene Wohnung. Allein wäre sie zu teuer gewesen, aber zu zweit war es bezahlbar. Außerdem machte es ihm herrlichen Spaß sich mit Sanji zu zanken.

„Sie ist jetzt dort, wo ich auch war. Aber ich bin da rausgekommen. Doch Nami…“

„Für sie könnte es schwer werden?“

„Ja. Und Ace meinte, ich soll sie davon abhalten, wieder hinzugehen. Aber …“

„Du hast Angst, dass genau dasselbe passiert wie vor einem Jahr.“

Ruffy nickte nur stumm.
 

Zorro hatte Ruffy ausgequetscht, solange, bis dieser ihm alles erzählt hatte. Deswegen wusste Zorro auch bis ins kleinste Detail, was damals in der Nacht passiert war.

„Ich habe Angst, dass es alles dadurch nur immer schlimmer wird und sie nur noch mehr reinrutscht.“

Er seufzte.

„Ich kann sie nicht einfach irgendwo einsperren wie sie mich damals. Aber ich weiß auch nicht, wie ich sonst an sie herankommen soll. Ich weiß ja nicht einmal, ob sie es will. Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nichts mehr über sie. Diese Nami ist mir völlig unbekannt.“

Er beugte sich nach vorne, lehnte seine Arme auf seine Oberschenkel.

„Ich habe sie damals verloren und ich habe Angst, dass ich sie jetzt endgültig in den Abgrund stoßen würde.“

Zorro nippte an seiner Bierflasche und starrte gedankenverloren an die Decke.
 

Auch er hatte es versucht. Hatte versucht mit ihr zu reden.

Aber es war aussichtslos gewesen, denn Nami ignorierte ihn gekonnt. Sie ignorierte alle.
 

Seufzend schüttelte er den Kopf.

Er wusste noch nicht einmal, ob sie im letzten Jahr mehr in der Schule gewesen war oder gefehlt hatte.
 


 

~X~
 

„Wo ist meine Fahrerin?“

„In Sicherheit.“

„Solange sie nicht hier vor mir steht, werde ich darauf nicht eingehen.“

„Dann herrscht Krieg, wenn du ihr auch nur zu nahe kommst.“

„Gib mir den Koffer.“

„Zuerst will ich die Garantie, dass Nami wieder frei ist.“

„Wenn ich nicht sicher weiß, dass sie lebt, werde ich für keine potenzielle Leiche etwas versichern.“

„Gut, dann kann ich den Koffer auch vernichten.“

Schlagartig änderte sich Spandams Gesichtsausdruck von gleichgültig in stinksauer. Ace grinste höhnisch über diese Reaktion.

„Gib mir den Koffer!“

„Zuerst muss Nami frei sein.“

„Scheiß auf das Weib! Gib mir jetzt den Koffer!“

Daraufhin erstarrte Ace, sein Blick von seinem Hut verdeckt.

Er drehte sich wortlos um und lief zur Tür. An dieser blieb er noch kurz stehen.

„Du hast deine Chance verspielt, Spandam. Den Koffer nehme ich. Und siehst du das Mädchen auch nur falsch an, dann herrscht Krieg, den du niemals gewinnen können wirst. Laurens steht auf meiner Seite.“

Natürlich tat Laurens das nicht, aber das wusste Spandam doch nicht.

„Warte!“, kam dann eine aufgeregte Antwort. „In Ordnung, du kannst die Schlampe haben. Dafür will ich jetzt den Koffer.“

Ace grinste.

Der Kerl war so leicht manipulierbar, dass er sich ernsthaft fragte, wie so jemand hier draußen nur überleben konnte. Aber vermutlich kam seine Stärke nur durch seine Mörderbastarde. Und Ace wusste ebenfalls, dass dieser Bastard nicht sein Wort halten würde. Deswegen hatte er auch alles durchgeplant.

„Also gut“, sagte Ace. „Du garantierst mir, dass du und deine Bastarde Nami in Ruhe lasst und und dafür gibt’s den Koffer.“

Spandam grinste schäbig und erwartete Ace bei sich.

Dies tat der Schwarzhaarige auch.

Langsam setzte er jeden Schritt wohl überlegt.

Er legte den Koffer Spandam vor die Füße.

Der schmierige Anführer ließ seine Deckung fallen und grinste den Koffer an. Daraufhin merkte er nur noch, wie er auf dem Boden aufschlug. Denn Ace hatte ihm mitten ins Gesicht geschlagen.

„Das war dafür, dass du sie Schlampe genannt hast.“

Spandams Nase blutete und sah ziemlich wirr aus. Irgendwie standen die Knochen in allmögliche Richtungen ab. Trotzdem setzte Ace seinen Weg fort zu ihm, hob ihn hoch und schlug ihn noch einmal ins Gesicht.

Jetzt war er sich sicher, dass die Nase zertrümmert war. Nicht nur wegen Spandams Gejaule.

„Und das soll dir eine Warnung sein. Lasst das Mädchen in Ruhe oder ihr seid tot.“

Ace war todernst. Bei solchen Dingen machte er keine halben Sachen.

Der Schwarzhaarige drehte sich um und ließ den fluchenden und jammernden Spandam zurück.
 


 

~X~
 

„Prinzessin, ich muss jetzt los.“

Nami schaute vom Sofa auf.

Sie überlegte, ob sie das wollte.

Luki kam lächelnd auf sie zu und küsste sie auf die Stirn.

„Ich kann natürlich auch gern hier bleiben.“

Nami schüttelte den Kopf.

„Du musst doch jetzt arbeiten.“

Seufzend richtete sie sich auf dem Sofa auf.
 

Sie war den ganzen Tag hier drin bei Luki geblieben. Er hatte eine Tasse heiße Schokolade gemacht und sie hatten geredet. Als Nami sich ihm anvertraut hatte und es ihr wieder besser ging, hatten sie eine oder auch zwei Tafeln Schokolade verputzt. Anschließend hatten sie Wii gezockt. Und zwar Guitar Hero. Nami spielte immer Gitarre und Luki Bass. Und sie waren wirklich nicht schlecht.

Am frühen Abend mussten sie aber aufhören, weil Luki sich zur Arbeit fertig machen musste.

In der Zeit hatte sich Nami ein Buch genommen und hatte mal das getan, was sie schon so lange machen wollte. Lesen.

Jetzt legte sie das Buch auf den Tisch und überlegte, was sie machen sollte.

Sie konnte ihn schlecht hier behalten, denn dann konnte er seinen Job verlieren und wenn doch wenigstens er ehrlich arbeitete, dann durfte sie ihm das nicht nehmen.

Aber sie ertrug es nicht jetzt allein zu sein. Es würde ihr den Verstand rauben. Angst würde sie überkommen und dann würde sie womöglich noch dumme Dinge tun.
 

Luki konnte ihren inneren Konflikt sehen und drückte sie an sich.

Er war fünf Jahre älter als Nami und kannte sie erst seit etwas mehr als einem Jahr. Aber inzwischen verstand er sie auch so.

Sie hatte Angst.

„Du weißt, dass dich hier niemand findet. Niemand kommt hierher.“

Niemand war in den letzten anderthalb Jahren hierher gekommen. Wieso also plötzlich jetzt? Aber natürlich konnte er ihr die Angst dadurch nicht nehmen.

„In Ordnung, Prinzessin.“ Er lächelte sie warm an. „Ich bleibe.“
 

Geqäult hob sie ihren Kopf und sah ihren Freund leidend an.

„Ich möchte aber nicht schuld sein, wenn du deinen Job verlierst.“

Sie klang fast weinerlich. Und allein deswegen hätte sie sich selbst am liebsten geschlagen. Wann war sie nur zu so einer verheulten Memme geworden? Wo war die starke, vor nichts Angst habende Nami geblieben?
 

Luki küsste sie erneut auf die Stirn und legte sein Kinn auf ihrem Kopf ab. Er schloss seine Augen und gab Nami Zeit, sich zu sortieren.

Er musste dorthin, weil es sein einziges Einkommen war und er das Geld auch für Nami brauchte. Aber ein Mensch, vor allem Nami, ging nun mal Geld vor.
 

Fast wie durch Hexerei klingelte Namis Handy in diesem Moment.

Sie sah verwirrt auf.

Wer rief sie denn schon an? Und vor allem um diese Uhrzeit? Es war schon fast 20 Uhr.

Und diese Handynummer kannten nur wenige.
 

Die Orangehaarige stand auf und ging ran.

„Ja?“

„Ah, Nami? Hallo, Nami.“

„Chopper?“
 

Nami war verwundert.
 

„Ja, genau. Wie geh’s dir, Nami?“

„Ähm, ganz gut. Danke, und dir?“
 

Sie war verblüfft, dass Chopper sie nach einem Jahr anrief. Na gut, das hatte er während des Jahres öfters getan und sich nach ihr erkundigt. Aber sie hatte ihn immer abgewimmelt und dann hatte er es irgendwann ganz aufgegeben.
 

„Mir geht’s auch gut, aber ich vermisse dich, ich meine, wir alle vermissen dich. Und besonders jetzt. Denn wir machen einen Spielabend bei Zorro und Sanji. Hast du nicht Lust zu kommen? Uns fehlt noch ein Spieler.“

Chopper konnte noch nie gut Emotionen verstecken. Deswegen war es sicher auch weniger der fehlende Spieler, als der Wunsch sie zu sehen. Bestimmt hatte Ruffy ihnen erzählt, dass er sie getroffen hatte.

Nami überlegte nur einen Moment.

So konnte Luki arbeiten gehen und sie würde nicht verrückt.

„Klar komm ich.“

„Wirklich? Das ist super, Nami. Ich freu mich schon!“

Ihr Herz hüpfte vor Aufregung.

Sie würde ihre Freunde wieder sehen. Sie würde sie wieder sehen.

In ihr wurde es warm. Sie fühlte sich wohl, geborgen.
 

„Ich sag Ruffy, dass er dich abholen soll.“

Die Worte holten sie aus ihrem Träumen.

„Ah nein, das geht schon Chopper, danke“, antwortete sie schnell, lächelnd.

„Aber es wird bald dunkel Nami. Ich will nicht, dass du al-“

„Ich werde gebracht, Chopper. Ich bin also weder allein, noch gehe ich zu Fuß. In Ordnung?“

„Aye!“
 

Sie konnte die Freude heraushören und es machte sie ebenso glücklich.

„Ist es in Ordnung, wenn ich in einer Viertelstunde da bin?“

„Natürlich! Je schneller desto besser!“

Nami lächelte glücklich. Es war ein Lächeln, das sie schon seit einer sehr langen Zeit nicht mehr hatte lächeln können.

„Ok, dann bis gleich, Chopper. Und danke für den Anruf.“

„Gern, Nami. Bis gleich.“
 

Sie legte auf und schmiegte sich an Luki, der hinter ihr war.

„Alles geregelt. Ich gehe zu Zorro. Sie machen einen Spieleabend.“

Grinsend drehte sie sich zu ihm um.

„Also wirst du deinen Job nicht verlieren!“

Luki schmunzelte.

„Wie es aussieht nicht.“

Nami war wahrscheinlich noch nie aufgefallen, wie gut er eigentlich aussah. Aber seitdem Ace das mit dem Zusammensein wissen wollte und sie Luki jetzt so schmunzeln hörte, fiel er ihr zum ersten Mal so richtig auf.

Er hatte kurzes, braunes Haar. Die Länge war so etwa wie Ruffys, vielleicht aber kürzer, doch genauso zerzaust immer, wenn er gerade zu faul war, es zu gelen. Er war wahrscheinlich auch so groß wie Ruffy, aber vielleicht noch größer, denn Nami kam ihm gerade mal bis zum Kinn. Er hatte braune, wunderbare Augen mit leuchtenden blauen Zacken innendrin.

Sie war immer fasziniert von diesen Augen gewesen. Das wusste sie. Aber sie hatte diese Augen noch nie so betrachtet.

Er sah aus wie ein Gott. Nein, noch viel göttlicher eigentlich.

Er hatte starke Bauchmuskeln und Oberarme. Aber nicht wie ein Gorilla, also nicht wie bei Zorro, sondern auch eher wie bei Ruffy. Ruffy war auch unglaublich stark, aber er gab überhaupt nicht den Anschein danach.

Und das Wichtigste war, dass Luki ein noch größeres Herz hatte als Ruffy. Und wer glaubte, das ginge nicht, der hatte Luki wirklich nicht gekannt.

Das war Nami aber recht, denn sie wollte ihn für sich. Keine sollte ihr ihren Luki nehmen. Er war doch ihr Ein und Alles.
 

Und genau deswegen, vielleicht waren es aber auch nur ihre verwirrten Gefühle und ihr leidender Körper, der sie zwang das zu tun.

Noch eher sich der Braunhaarige versah, hatte Nami ihre Lippen auf seine gelegt.

Seine waren weich. Feucht. Ja, und warm.

Sie merkte, wie er einen Augenblick überrascht war, aber ihr Herz fing erst an zu pochen, als er ihren Kuss erwiderte.

Zuerst war er sanft, zurückhaltend.

Aber Nami sehnte sich nach Nähe. Nach Schutz.

Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, drückte sich an ihn.

Sie wollte Wärme.

Sie wollte geliebt werden. Sie wollte es wert sein.

Sie fühlte seine Zähne, die sanft an ihrer Unterlippe knabberten.

Nami war im Himmel.

Es fühlte sich so richtig an. Es fühlte sich so toll an.
 

Luki legte seine Arme um sie, drückte sie an sich und bat Einlass, indem er mit seiner Zunge über ihre Lippen strich.

Nami zitterte vor Aufregung.

Wie lange war es her, dass sie so einen tollen Kuss genießen konnte? Gab es überhaupt eine Zeit, in der sie einen Kuss genießen konnte? In der sie sich ihrem Gegenüber hingeben konnte? Fallen lassen konnte?

Sie gewährte ihm freudig Einlass und sie kämpften um Macht und Sieg.

Nami verlor, aber es war ihr recht. Alles war ihr im Moment recht. Nur noch Luki und sie zählten. Alles andere war egal.
 


 

~X~
 

„Also Prinzessin. Wann soll ich dich abholen?“

Nami lächelte ihn glücklich an und schüttelte den Kopf.

„Ich werde dort übernachten. Sanji wird schon ein altes Hemd haben, das er mir ausleihen kann.“

Luki sah sie skeptisch an.

„Sicher, dass du da übernachten willst?“

Nami seufzte.

„Natürlich. Dort bin ich sicher und sie lassen mich auch nicht allein gehen. Es wird ja jetzt schon langsam dunkel. Und das sind Jungs, teilweise kennen die mich seit vielen Jahren. Sie lassen es auch jetzt nicht zu, dass mir etwas passiert, wenn sie es verhindern können.“

Luki lächelte zufrieden.

Davor hatte er nicht Angst. Bei den Jungs würde ihr nichts passieren, aber was wenn sie sich stritten? Und Nami dann doch allein hier weg ging?

Sie waren schon an dem Wohnhaus, in dem Zorro und Sanji wohnten.

Diese Gegend war noch relativ ruhig, aber nachts trieben sich hier gefährliche Typen und Gruppen herum. Es war hier besonders für ein Mädchen nachts absolut nicht sicher.
 

Luki beugte sich zu Nami herüber und küsste sie. Nami erwiderte, aber ließ schon ein wenig später von ihm ab.

„Du kommst zu spät, mein Ritter“, kicherte sie.

„Prinzessin, pass auf dich auf, ja?“

Nami nickte, öffnete die Tür, stieg aus, schloss sie hinter sich und lief gut gelaunt auf die Tür des Wohnhauses zu.

Luki fuhr erst los, als Nami ihm gewunken und hinter der Tür verschwunden war.

Sie lief hoch in den zehnten Stock, aber es machte ihr nichts aus. Sie war nur so schrecklich glücklich. Und aufgeregt. Und nicht zu vergessen ängstlich.

Wie würden die Anderen denn reagieren? Was würden sie machen? Würden sie sie denn noch akzeptieren?

Noch bevor sie oben war, wurde die Tür von mehreren jungen Männern belagert, die alle breit grinsend auf sie warteten.

Zusammenhalt

Hallo Leute^^
 

Hier ein neues Kapitel, ich hoffe, es gefällt euch. Viel Spaß beim Lesen :D
 

Lächelnd kam sie die letzten Stufen heraufgelaufen, als sie schon stürmisch begrüßt wurde.

„Oh, Namischätzchen.“

Sanji warf sich auf sie, umarmte sie fest, aber blieb in Alarmbereitschaft. Er wusste, wie sie das letzte Mal reagiert hatte.

Nami aber legte ihre Arme um ihn und vergrub für einen Moment den Kopf an seiner Schulter.

Wie gut es doch tat, dass wenigstens er sie immer akzeptieren würde. Ja, Sanji würde immer zu ihr halten.

„Hey, Sanji“, sagte sie dann leise.

Der Blonde ließ sie widerwillig los, aber er wusste, dass er sie nicht überstrapazieren durfte. Er brauchte nur Geduld und dann würde er schon herausfinden, was sie hatte.

Nami wurde von ihm direkt hineingeführt und Zorro in die Arme übergeben.

Er war zwar nie sentimental, aber für Nami hatte er immer schon eine Schwäche.

„Na, Kleine? Auch mal wieder da?“

Nami verzog kurz die Miene, legte aber ihre Arme um ihn und drückte ihn an sich.

Es tat so gut. Er war warm und in seinen starken Armen fühlte sie sich sicher und geborgen.

Lächelnd löste sie sich von dem sonst so kalten Muskelmann.

Nami war für ihn eben immer die kleine Schwester gewesen, die er nie hatte. Deshalb hatte er sie immer doppelt gut beschützt. Und scheinbar vollkommen versagt.
 

Noch ehe Nami allein stand, warf sich etwas bzw. jemand auf sie.

Die Orangehaarige erschrak und taumelte nach hinten, wäre sogar hingefallen, hätte sich nicht jemand hinter sie gestellt, an dessen Brust sie sich fing.

„Hey, nicht so stürmisch“, sagte sie schmunzelnd.

Lysop und Chopper waren eben immer die Jüngsten gewesen und besonders Chopper hing an Nami, denn für ihn war sie immer die große Schwester gewesen.

Die Orangehaarige legte die Arme um ihre beiden Freunde, so gut es ging, und drückte sie an sich.

Sie schloss die Augen, denn die Arme um sie und die Brust an ihrem Rücken konnte sie schlecht leugnen. Und es erfüllte sie. Mit Glück und Freude. Wärme und Seligkeit.

Sie wusste, wem die Brust gehörte. Sein Duft war immer besonders gewesen und sie konnte ihn überall herausriechen.

Leicht drehte Nami ihren Kopf nach hinten und lächelte Ruffy an. Er grinste zurück, ließ sie aber nicht los.

„Kaum lässt man dich kurz aus den Augen, schon wirst du umgehauen“, scherzte er.

Nami lachte auf.

„Versuch du doch, den Beiden hier standzuhalten.“

Daraufhin lachten alle Anwesenden.
 

„Tut es gut, dich wieder hier zu haben, Nami“, sagte Lysop.

„Ja, ich habe dich so vermisst, Nami!“, bestätigte Chopper.

„Jetzt bin ich ja hier.“

„Und das bleibst du auch“, flüsterte Ruffy in ihr Ohr. Diese Stimme, dieser Lufthauch an ihrem Ohr. Sie war sich sicher, hätte er nicht hinter ihr gestanden und sie gehalten, wären ihre Beine eingeknickt. Nicht nur wegen des Ballasts der Jungs.

Sie hatte immer weiche Knie bekommen, wenn Ruffy so sinnlich und beschützerisch, ja besitzergreifend war. Sie hatte sich stets sicher und geborgen gefühlt. So wohl …

„Ja“, hauchte sie zurück. Sie würde bleiben.
 

Hinter Lysop taumelte noch eine Person, die Nami erst nach kurzem Mustern erkannte.

„Kaya!“ Nami war glücklich. „Wie geht es dir?“

Sie lief zu ihrer blonden Freundin, sehr zum Bedauern des Schwarzhaarigen, denn er hatte sie gern gehalten und hätte es gern noch länger getan. Aber halt! Er rief sich zur Ordnung. Er hatte eine Freundin, die er immer lange genug halten konnte. Er hatte eine Freundin! Und diese war nicht Nami.
 

Freudig umarmte Nami ihre schwächelnde Freundin.

„Es geht mir schon viel besser als damals, danke.“

Nami merkte, wie Kaya es nicht wagte, sich nach ihr zu erkundigen. Aber Nami war es recht, denn dann musste sie wenigstens niemanden anlügen.
 

Nami ließ von Kaya ab und folgte den Anderen ins Wohnzimmer, wo Elli und Vivi saßen.

Die Orangehaarige erwartete keine Fanfaren, aber sie mochte es auch nicht, so ganz ignoriert zu werden.

Sie hatte Elli nur einmal beim Vorbeilaufen gesehen, jetzt konnte sie die Blauhaarige genau unter die Lupe nehmen.

Nami musste schon zugeben, dass Ruffy einen äußerst guten Geschmack hatte, denn Elli war wohl etwas kleiner als Nami, aber hatte eine sehr wohlgeformte und trotzdem schlanke Figur.

Sie hatte dunkelblaue, fast schwarze, glänzende lange Haare und Augen so strahlend hellblau wie Vivis Haarfarbe. Ihre Lippen waren voll und natürlich geschminkt, heute in rot.

Nami schminkte sich auch, aber sie verstand niemanden, der es selbst zu so einem Abend tun und dann auch noch so übertreiben musste. Vielleicht lag es bei Nami daran, dass sie die Jungs kannte, seit sie klein war und sie mit ihnen groß geworden ist – größtenteils ohne Schminke. Ihre Jungs hatten sie also oft genug ohne Schminke gesehen. Außerdem sah sie wirklich keine Notwendigkeit sich für dieses Treffen zu schminken. Generell hatte Nami es nicht nötig sich zu schminken. Sie war auch so hübsch genug.

Besonders überraschend aber waren Ellis und Vivis Klamotten. Sie waren nämlich so freizügig angezogen wie Nami, wenn sie Rennen fuhr, aber das hatte sie taktisch ausgeklügelt, denn so wurde sie angehimmelt und unterschätzt. Und sie sah leicht zu haben aus.

Heute fühlte sich Nami wirklich schäbig in ihrer bequemen, alten Jogginghose und dem engen, grünen Top im Vergleich zu den beiden Frauen.

Aber Nami hatte nicht vor, jemanden abzuschleppen, oder jemandem zu imponieren, noch wollte sie irgendwie „hübsch“ aussehen. Sie wollte es bequem haben und fertig! Immerhin war das hier ein Spielabend bei der Clique und kein Schönheitswettbewerb.

Und obwohl es sie nicht weiter stören sollte, war Nami leicht sauer, denn sie wurde hier dargestellt, als wäre sie sonst etwas. Die Blicke, die sie zugeworfen bekam, das Kichern, das Mustern, sie kam sich vor wie in der ersten Klasse; wie eine neue Schülerin, die in einer Gesellschaft voller Reicher als eine Arme überleben musste.
 

„Was spielen wir?“

Mit dem Ausruf lenkte Nami ihren Blick auf den riesigen Plasmafernseher, bei dem sie sich noch immer fragte, wie die Jungs bloß das Geld dafür aufgetrieben hatten.

„Nami! Nami!“

Sie sah sich um und sah einen wild rumfuchtelnden Chopper auf einem Sessel. Er grinste breit wie ein kleines Kind, das sich gerade wie an Weihnachten über so viele Geschenke freute.

„Komm her, Nami!“, schrie er.

Lächelnd setzte sich Nami auf den Sessel und Chopper auf ihren Schoß. Vielleicht würde es auf Dauer unbequem werden, aber sie würde niemals Chopper abweisen können. Diesen kleinen knuffigen Jungen, den man einfach nur lieb haben durfte!

„Was spielen wir nun?“

Alle sahen Nami erwartungsvoll an.

„Öhm“, war alles, was sie zustande bringen konnte, denn damit hatte sie wirklich nicht gerechnet.

„Lasst uns Mario Party spielen“, kam dann der Vorschlag von Lysop und sofort wurde gejubelt, denn scheinbar gefiel allen die Idee.

Nami kannte das Spiel noch nicht, aber sie würde sich überraschen lassen. Ihr kam der leise Verdacht, dass sie im letzten Jahr ziemlich viel versäumt hatte.
 

Chopper sprang auf und legte das Spiel in die Wii.

Zorro holte derweil all die alkoholischen Getränke und verteilte sie an alle. Jedem gab er natürlich nur so viel, wie derjenige auch vertrug, denn so sehr sie es auch liebten zu feiern, einmal reichte es ihnen, als sich Lysop eine Alkoholvergiftung zuzog und man nur von verdammtem Glück reden konnte, dass er es ohne Schäden überlebte. Seitde feierten sie ausgelassen, aber immer in Maßen. Und sollte jemand dabei sein, es zu übertreiben, würden sie Acht geben, dass derjenige sich nicht unnötig schadete.
 

Nami begutachtete ihre Flasche. Es war purer Wodka.

Na, wieso denn nicht? Sie hatte schon länger nicht mehr ernsthaft getrunken.

Grinsend nahm sie einen langen Schluck und ließ den Alkohol auf sich wirken.

Bei Mario Party konnten acht Spieler gleichzeitig spielen, erklärte Chopper ihr, doch da fragte sich Nami, wer wohl immer aussetzen würde?

Den Blicken Ellis und Vivis zu urteilen würde es für sie wohl eine lange und langweilige Nacht werden.

Seufzend nahm sie einen weiteren Schluck ihrer Flasche, aber Engel Chopper bewahrte sie vor so einem Schicksal, denn er gab ihr seinen Controller.

Dieses Spiel war nicht wirklich schwer. Und es machte Spaß.

„Ha, ich hab einen Stern“, rief Elli glücklich.

„Nein, blöder Bowser!“, beschwerte sich Lysop.

„Und ich finde immer die Fallen“, scherzte Kaya.

Ruffy lachte nur. „Und ich gewinne.“

Daraufhin mussten alle lachen.

„Als ob, Ruffy! Vorher musst du meine acht Sterne überbieten“, informierte ihn Sanji.

„Nur acht? Ich habe zehn, Kartoffelschnitzer!“, gab Zorro an.

Nami schmunzelte nur und machte ihren Zug.

„Uh, ich glaube, ich habe grade meinen 15. Stern gewonnen“, sagte sie staunend.

Stöhnen ging durch die Reihen.

„Noch nie gespielt und ist am Gewinnen, das Mädel“, beschwerte sich Lysop.

„Shishishi, Nami ist halt die Beste.“

„Oh, Namilein, du wunderbares Geschöpf, du bist einfach toll, wenn du so staunst.“

„Schnauze, Kochtopf!“

„Wie war das, Sushi?!“

„Wie hast du mich genannt?!“

„Ich habe den letzten Stern gefunden!“

Alle schauten auf den Bildschirm.

„Oh, mein wunderbarer Engel. Ich wusste, dass du es schaffst“, säuselte Sanji zu Vivi.

„Ich hab gewonnen!“, rief Vivi glücklich. Sie umarmte Elli und beide besahen den Punktestand. Ruffy bekam einen Pokal für die meisten Nieten. Und alle anderen hatten auch ein paar Pokale bekommen, nur Nami ging leer aus. Sie verstand zwar nicht wieso, da sie doch am meisten Sterne hatte, aber scheinbar hätte sie auch am meisten Geld sammeln müssen.

Achsel zuckend übergab sie den Controller Chopper, da die zwanzig Runden um waren und er nun auch endlich spielen sollte.
 

Nami ignorierte gekonnt den höhnischen Blick, den ihr Vivi zuwarf, denn sie war es leid. Wenn Vivi etwas hatte, sollte sie es mit ihr klären und fertig. Aber nicht so. Es war ja nicht so, dass Nami nicht genug und genug andere Probleme hatte, als sich mit diesen Kinkermätzchen zu beschäftigen.

Außerdem war sie müde.

Das Spiel war wirklich lustig, aber auch die letzten Tage setzten ihr immer noch ziemlich zu, die Drogen waren wohl noch nicht ganz aus ihrem Körper verschwunden und alles zusammen war einfach sehr viel.

Sie legte ihren Kopf auf die Lehne des Sessels und schloss die Augen. Sie wollte nur kurz ausruhen.
 

Die Orangehaarige hatte nicht bemerkt, dass sie einschlief, sie hatte es auch nicht gewollt, erst als Chopper sie sanft weckte, erfuhr sie, dass sie sogar zwei Stunden lang geschlafen hatte und es jetzt drei Uhr morgens war.

Nami sterckte sich, gähnte und wischte sich den Schlaf aus den Augen.

„Was ist denn los?“, fragte sie verschlafen.

Chopper lächelte. „Wir bringen sie nach Hause. In einer großen Gruppe ist es sicherer und sie hatten einfach bestanden zu gehen.“ Er zuckte mit den Achseln. „Weiß auch nicht, wieso sie plötzlich nicht mehr hier übernachten wollen.“

Nami konnte es sich denken.

„Und du? Wer bleibt denn?“

Chopper sah sie nachdenklich an. „Naja, Sanji und Zorro ist ja klar. Ich weiß nicht, ob Ruffy bei Elli bleibt oder er dann hierher mitkommt. Und … willst du denn nach Hause?“

Also würde dann keiner hier schlafen?

So, wie es aussah, wäre es wohl auch besser, wenn sie nach Hause ging. Aber sie wollte nicht. Und sie hatte es Luki versprochen. Also würde sie wohl nur einen Spaziergang machen und dann hier landen. Naja, warum nicht?

„Ja, ich denk, ich bleib hier.“

Chopper schmollte. „Das ist doof, ich wollte auch, aber Doc Bader sagte, dass ich nicht darf, weil ich schon zu oft hier war und blablabla.“

Nami lächelte. So trotzig hatte sie Chopper schon sehr lange nicht mehr erlebt.
 

Die Orangehaarige richtete sich auf und schaute in den Flur, in dem reges Treiben herrschte.

Sie war müde, dennoch spürte sie, wie die Wärme verschwand und Kälte und Dunkelheit über ihr hereinzubrechen drohten.

Ihr Herz schlug schneller.

Sie wollte nicht raus, aber das war wahrscheinlich nicht mal halb so schlimm, wie hier allein zu bleiben, denn draußen wäre sie nicht allein und sie würde beschützt werden, nicht?

Das Zuknallen der Eingangstür holte sie wieder aus ihren Gedanken.

Chopper sah sie fragend an.

„Was bitte?“, fragte Nami, die gar nicht mitbekommen hatte, dass er etwas gesagt hatte.

Im selben Moment, noch bevor Chopper etwas sagen konnte, kam Ruffy hereingestürmt und musterte Nami kurz mit verschlossener Miene.

Im nächsten Augenblick war er weg, aber so schnell er verschwand, war er wieder zurück und legte ihr eine Pulloverjacke um die Schultern.

„Du sollst mir ja nicht krank werden.“ Sein unerschütterliches Grinsen würde sie immer erreichen. „Lass uns gehen, Nami.“

Sie nickte, nahm seine Hand und ließ sich in den Flur führen. Sie zog sich die Schuhe an, nahm Choppers Hand und lief mit ihm nach draußen.
 

Sanji war schon mit den Anderen unten und Zorro und Ruffy kamen als letzte.

Nami schlüpfte ganz in die Jacke und zog sie zu, denn es war wirklich kalt und sie war schon immer sehr kälteempfindlich gewesen. Nein, nicht nur kälteempfindlich, sondern generell wetterempfindlich. Sie konnte spüren, wie es sich veränderte. Eine Gabe, die ihr oft schon Schläge und Beleidigungen einbrachten.

Durch Choppers Hand, die an ihrer zog, sah Nami nicht, welchen verhassten Blick ihr Elli zuwarf, als diese merkte, dass die Orangehaarige Ruffys Jacke trug.

Es war nicht verwunderlich, denn Ruffy war immer sehr fürsorglich gewesen, Nami gegenüber war er schon fast krank-fürsorglich so, wie er sich immer um sie gekümmert hatte und womit er scheinbar wieder anfing.

Elli ist von Vivi beeinflusst worden, aber jetzt kam die Eifersucht dazu und sie konnte Nami auf einmal gar nicht mehr leiden. Denn Ruffy war schon immer besonders gewesen, das wusste Elli auch.

Was sie nicht wusste, war, dass Nami ihr Ruffy doch gar nicht wegnehmen wollte. Immerhin war es doch Ruffy selbst, der ihr die Jacke brachte und verdammt, sie würde sich erkälten, wenn sie nur im Top in der Kälte laufen würde.

„Können wir?“, unterbrach Lysop die Stille. Er lallte und schwankte fröhlich hin und her. Er war stockbetrunken.

Nami schmunzelte darüber.
 

Die Gruppe machte sich auf und lief zur U-Bahn.
 

Tokio war schon während des Tages nicht immer freundlich, aber nachts war es ganz und gar unfreundlich.

Dies wurde Nami jedes Mal aufs Neue bewusst, als sie draußen war. Selbst jetzt, als sie mit der ganzen Gruppe lief, sogar mit Chopper Händchen hielt, fühlte sie sich unwohl. Ihr war kalt und heiß, sie fühlte sich beobachtet, die Dunkelheit schwebte über ihr und drohte sie zu vernichten, wenn sie sich nur einen falschen Schritt erlaubte.

Die Straßen waren kaum beleuchtet, wurden durch hohe Häuser abgeschirmt. Für Nami war es erdrückend, aber sie hielt sich wacker. Wieso auch immer sie vor der Dunkelheit Angst hatte, jetzt musste sie stark sein.
 

„Nami!“

Ihr Herz blieb stehen. Es blieb wahrhaftig stehen und fing erst wieder an zu schlagen, als sich Choppers Hand ganz fest um ihre klammerte.

Sie schaute ihren jungen Freund hilfesuchend an und schöpfte Kraft, sich dem zu stellen, das auf sie wartete.

„Nami!“, rief er schon wieder. Wie sie ihn hasste. Kiss. Wie er nur Kiss heißen konnte, hatte sie noch nie verstanden.

Die Orangehaarige drehte sich zu ihm um und wollte einfach nur weglaufen. Weg und weg und nimmer mehr wieder kommen.

Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie zitterte leicht.

Was, wenn er sie jetzt einfach mitzerrte?

Nein. Das würden ihre Jungs doch nicht zulassen. Nein.
 

„Kommt Jungs und Mädels.“

Nami starb innerlich.

Also ließen sie sie doch allein?

Sie hörte, wie viele Schritte erklangen und selbst Chopper ließ ihre Hand los und gesellte sich zu den Anderen, die sich eilig entfernten.

Sie musste nur noch die Augen schließen und schon hätte die Dunkelheit sie.

Aber so weit kam es nicht, denn es legten sich jeweils eine Hand auf ihre Schultern.

Überrascht schaute sie auf und sah Ruffy und Zorro neben sich.

Aufregung vertrieb die Dunkelheit und ihre Angst wich ein wenig. Sie war zumindest nicht mehr so lähmend.

Der Schwarzhaarige legte seinen Arm um sie und drückte sie an sich, aber so, dass er immer noch vor ihr war und sie immer abschirmen und so beschützen konnte. Zorro hielt sich neben ihr, aber jederzeit bereit einzugreifen. Deswegen war er auch geblieben.
 

„Ich werde ungeduldig, Nami“, rief Kiss.

Nami rührte sich nicht und somit ihre Jungs auch nicht.

„Arlong wünscht dich zu sprechen.“

Von wegen.

Nami versteifte sich in Ruffys Arm, drückte sich an seine Seite. Er würde sie doch nicht gehen lassen, oder?

„Dann soll Arlong selbst herkommen“, antwortete Ruffy an Namis Stelle. „Denn Nami geht nirgendwohin.“

Es war weniger ein Befehl als eine schlichte Tatsache, um die er kämpfen würde.

Kiss kam daraufhin ein paar Schritte auf das Trio zu. Nami verkrampfte noch mehr an Ruffys Seite, Ruffy drückte sie noch fester an sich, ließ den Typen nicht aus den Augen und Zorro machte sich auf einen Kampf bereit.

Er würde Nami bis aufs Blut verteidigen. Sie beide würden.

Kiss grinste dümmlich.

„Das hatte sich Arlong schon gedacht. Wenn du jetzt nicht mitkommst, Nami, wird er sehr traurig werden.“

Oh ja, das konnte sich Nami gut vorstellen. Und sobald er sie wiedersah, würde er s- „Was interessiert’s uns, ob er traurig wird?“, erklang Ruffys wütende Stimme. Er hatte deutlich die Drohung aus Kiss‘ Worten herausgehört. Und er verabscheute alle, die seine Freunde bedrohten. Er würde sie alle gnadenlos fertig machen, besonders wenn es seinen Freunden, wie Nami gerade, Angst machte.

„Namilein, es wäre einfacher für uns alle, wenn du jetzt mitkommst. Arlong hasst Ungehorsam.“

„Seit wann interessiert die Fischfresse denn etwas?“, fragte Ruffy gehässig und langsam wurde er skeptisch. Wieso hatte Nami Angst vor Arlong? Er hatte den Alten zwar noch nie leiden können, weil er Nami und Nojiko immer behandelt hatte, als hätte es sie niemals gegeben, aber er war nie aggressiv oder ähnliches geworden, nicht?

Jetzt allerdings fing der 18-jährige an, Arlong für alles zu hassen.
 

Kiss‘ Kiefer spannte sich an und er bedachte Nami mit einem höhnischen Blick.

„Er wird es alles erfahren.“

Nami schauderte unter seinem Blick. Und auch wenn er nie von Bestrafung und dergleichen geredet hatte, so wusste Nami, dass sie die nächste Begegnung mit Arlong womöglich nicht überleben würde.

Kiss spuckte in die Richtung der Drei und verzog sich, dreckig grinsend.
 

Ihr war schlecht. Ihr war schwindlig. Und der starke Körper neben ihr merkte das auch.

„Bring sie nach Hause, Zorro.“

„Nein“, kam sofort ihre leise Stimme zur Wehr. Sie war selbst verwundert, denn sie wollte sich nicht so aufdrängen, (obwohl sie es schon beschlossen hatte zu bleiben), jedoch überwog die Angst des Alleinseins alles.

Zorro nickte.

„Kannst du laufen?“

Beide konzentrierten sich auf Nami, ließen ihre Umgebung aber auf keinen Fall aus den Augen.

Nami nickte benommen.

Sie klammerte sich zwar an Ruffys Arm, aber sie spürte den Asphalt unter ihren Füßen und sie konnte auch noch ganz gut laufen.
 

Die Wärme von Ruffys Körper vertrieb ihre Panik, die Taubheit. Diese paradoxen Gefühle. Sie spürte nur den Wind, die Atemgeräusche, sah die dunklen Straßen und ließ sich von Ruffy führen.

„Soll ich dich lieber tragen?“, bot Ruffy an, doch Nami winkte ab, überrascht, wie gut sich Asphalt unter ihren Füßen anfühlenkonnte.

Wurde sie etwa verrückt, wenn sie an so etwas dachte? Sie war sich da absolut nicht sicher.
 

Es dauerte nicht lange und sie hatten die Anderen an der U-Bahnstation eingeholt. Chopper klammerte sich sofort wieder an Nami und ließ sie absolut nicht mehr los, Elli und Vivi besahen sie amüsiert, offensichtlich erfreut, dass sie Probleme hatte. Oh sie hatten ja nicht die blasseste Ahnung, was Nami durchmachen würde. Und selbst wenn Nami sie hassen sollte, würde sie ihnen niemals das wünschen, was sie durchmachen musste. Denn niemand sollte so leiden. Ob Freund oder verhasstester Feind.

Kaya und Lysop waren beide besorgt, aber sofort erleichtert, dass sie heil und so schnell wieder nachkamen.

Sanji überhäufte sie mit Komplimenten und Sorgesäußerungen. Sie war froh, dass es ganz genau so war und nicht anders.
 

Als die Bahn kam, setzte sich die Clique in eine Reihe voller Sitze. Sie kamen nicht ganz aus, aber das war Elli und Vivi scheinbar recht, denn sie setzten sich ihnen gegenüber.

Die Bahn war komplett leer, aber was erwartete man um halb vier morgens? Nun gut, es war ein Freitag, also würden wohl ein paar feiernde Kids draußen sein, sogar ziemlich viele, aber momentan hielt sich hier niemand auf. Selbst in Tokio.

Nami saß neben Zorro und Chopper.

Lächelnd strich sie ihm durchs Haar. Er war einfach so knuffig. So niedlich, er weckte Mutterinstinkte in ihr. Wirklich, er musste beschützt werden und diese junge Unschuld ließen ihn so rein erscheinen. Ihr kleiner Chopper.
 

Es war nicht so recht die Strohhutbande, als es so still war, denn sie waren bekannt für ihren Lautstärkepegel. Nur ab und zu war Flüstern von den Zicken zu hören, aber keiner kümmerte sich so richtig darum. Chopper murmelte im Schlaf, denn er war an Namis Schulter eingeschlafen. Lysop und Kaya erzählten sich irgendetwas, nun vielmehr erzählte Lysop und Kaya kicherte zu seinen wunderbaren Märchen. Ruffy schien nachzudenken, ebenso wie Sanji und Zorro, obwohl sie sich bei Zorro nicht ganz sicher war, ob er nicht auch nur einfach schlief.

An der nächsten Haltestelle mussten sie raus und brachten Chopper unweit von dort nach Hause.

„Tschüß, mein Kleiner und schlaf schön“, sagte Nami, als sie ihn auf die Stirn küsste.

Chopper grinste überglücklich, umarmte Nami freudig und küsste sie auf die Wange.

Noch kurz verabschiedete er sich von den Anderen und schon war er in einem wunderschönen, japanischen Haus verschwunden.
 

Als nächstes verabschiedeten sie sich von Lysop und Kaya, welche nur ein paar Straßen weiter wohnte. Lysop wollte bei ihr übernachten und Nami wusste, dass Kaya nichts anderes erwartet hatte.

Als sie hinter der Tür verschwunden waren, sah Ruffy nachdenklich seine Freundin an. Sie schien schon wieder etwas auszuhecken.

„Wir brauchen nur noch zu Vivi zu gehen. Ich schlaf bei ihr.“

Vivi lächelte über beide Ohren und Ruffy nickte. Seine Miene hellte sich auf, als er zu Elli ging und sie leidenschaftlich küsste.

Nami wusste nicht ganz wieso, aber sie musste sich umdrehen, natürlich nicht auffällig, aber sie konnte es nicht sehen. Es ging einfach nicht.

„Gut, dann fahren wir nur noch zu Vivi.“

„Und du?“

Ruffy sah Vivi lächelnd an. „Ich penn bei Zorro. War ja von Anfang an so abgemacht.“

Ach ja?, fragte sich Nami.

Ellis Lächeln schien zu verrutschen, aber als Vivi ihr einen Ellenbogen in die Rippen gestoßen hatte, lächelte sie wieder engelsgleich.

Die Blauhaarige lief zu ihrem Freund, hackte sich bei ihm unter und führte die Gruppe an.

Seufzend folgte Nami der verbliebenen Truppe.
 

Seit Choppers tröstende Hand nicht mehr da war, fühlte sie sich nicht mehr so wohl. Ihr war kalt und die Dunkelheit lungerte überall um sie herum.

Seit wann hatte sie nur solche Angst vor der Dunkelheit?

Sie kamen am U-Bahnhof wieder an und warteten auf die nächste Bahn.

Es war merkwürdig. Sie hatte Ruffy schon oft mit einer Freundin gesehen, sie war oft dabei gewesen, aber noch nie hatte sich Nami so fehl am Platze gefühlt. So unerwünscht.

War es vielleicht doch nur Chopper gewesen, der sie dabei haben wollte?

Sie wollte darüber gar nicht erst nachdenken, denn es war doch dumm. Ihre Jungs hatten sie doch lieb. Nicht? Nicht mehr?

Sie hatte viel falsch gemacht. Und das hier schien fast wie ein Neuanfang. Und vielleicht würde sie bald wieder vollkommen akzeptiert werden. Vielleicht.
 

Die Bahn erlöste sie aus ihren Gedanken.

Sie ließ sich in einen Sitz plumsen, flankiert von Sanji und Zorro. Ruffy setzte sich mit Vivi und Elli ihnen gegenüber. Wie zuvor war die Bahn leer.

Auch wenn sie in der U-Bahn, also der unterirdischen Bahn, waren, fuhr diese eine Strecke, die über der Erde war.

Der Himmel faszinierte Nami. Denn es würde nicht mehr lange dauern und es würde wieder hell werden.

Leicht lächelnd lehnte sie ihren Kopf an Zorros Schulter. Er hatte nichts dagegen und selbst wenn, er hätte es ihr nicht verwehrt.

Müde schloss sie ihre Augen. Und wieder hüllte sie die Stille ein und sie fiel in einen halbwachen Schlaf.

Jedoch hatte niemand mit der Uhrzeit gerechnet.

Es war genau vier Uhr zehn.

Bilder schossen durch ihren Kopf. Bilder, die sie nicht zuordnen konnte. Bilder, die so schnell waren. Sie fühlten sich heiß an. Sie verbrannte sich. Sie erdrückten sie. Es waren Eindrücke, die sie nicht verarbeiten konnte. Bilder, die ihr Schmerzen zufügten und doch wusste Nami nicht, wieso.

Sie riss die Augen auf und sprintete zur Tür, die gleich neben ihr war. Sie hatte es gerade noch so geschafft, durchzukommen, bevor sie sich schlossen und bevor sie sich im Zug hätte übergeben müssen.

Sie eilte zum nächsten Mülleimer und leerte ihren Magen.
 

Panisch versuchte Ruffy die Tür zu öffnen, aber als er Zorro sah, wie er ihm deutete, nicht die Notbremse zu ziehen, beruhigte er sich und vertraute seinem besten Freund.

Zorro hatte es gerade noch hinter Nami durch die Tür geschafft. Ruffy war eine Sekunde zu spät und konnte die Tür nicht mehr aufmachen.

Die Bahn fuhr los und verzweifelt sah er seinen Freunden nach.

„Ih, hat sie sich etwa übergeben?“, fragte Vivi angewidert.

Unter anderen Umständen hätte Ruffy ihr wahrscheinlich etwas an den Kopf geworfen. So, wie sie sich den ganzen Abend zu Nami benommen hatte, war er wirklich sauer auf Vivi. Aber er war zu sehr besorgt um Nami, als dass er sich darum kümmern konnte.

Elli war eigenartigerweise still. Sie sah nachdenklich auf den Sitz, den Nami zuvor belegt hatte.

Ruffys Handy klingelte. Er holte es raus, aber da er es so schnell tat, fiel es ihm aus der Hand. Er versuchte es zu fangen, aber jedes Mal rutsche es ihm aus. Wäre also Sanji nicht gewesen, hätte Zorro sein Glück später probieren müssen.

„Ja?“, meldete sich Sanji.

Er schien kurz nachzudenken.

„Ja, das ist wohl die vernünftigste Variante.“

Ruffy sah ihn gespannt an. Was beredeten sie nur?

„Wehe, ihr passiert was, Mosskopf!“

Damit legte Sanji auf und gab Ruffy sein Handy wieder.

„Was hat er gesagt?“, fragte Ruffy vor Neugier strotzend.

„Wir bringen Vivi und Elli nach Hause und holen dann unterwegs Zorro mit Nami ab. Sie warten auf dem Bahnhof auf uns.“

Ruffy überlegte kurz, nickte dann. „Ja, das ist die beste Lösung.“

Damit setzte er sich wieder neben Elli, legte einen Arm um sie und drückte sie an sich.

Ruffy schloss seine Augen und lehnte seinen Kopf an ihren.

Sanji setzte sich währenddessen neben Vivi.
 

„Hier.“

Zorro duldete keine Widerrede, als er Nami seine Jacke überlegte. Diese nickte nur schwach.

Sie setzte sich auf die Bank und Zorro neben sie.

Ihr war immer noch schlecht, aber ihr Magen vollkommen leer. Es kam nichts mehr raus.

„Willst du mir vielleicht erzählen, was los ist?“

Nami überlegte kurz. Sie überlegte wirklich. Sollte sie ihm etwas sagen? Auch nur ein bisschen? Nur damit ihr jemand helfen konnte? Wo sie doch selbst genau wusste, dass sie Hilfe brauchte.

Jedoch entschied sie sich dagegen.

Er würde sie doch dafür hassen …

Mit Tränen in den Augen schüttelte sie ihren Kopf, verneinte seine Frage.

Zorro seufzte genervt.

Er konnte sie schlecht zwingen, auch aus einer kleinen Furcht, dass sie komplett dicht machen würde. So wie bei Ruffy vor einem Jahr. Diese Angst würde die Clique wohl so lange teilen, bis Nami wieder vollkommen gesund war. Gesund und glücklich.

Er legte beschützerisch einen Arm um sie und drückte sie an sich.

Merkte es denn sonst keiner? Dass Nami kaum mehr aus Fleisch bestand? Sondern viel mehr nur noch aus Haut und Knochen.

Aber es gab Hoffnung. Sie war heute zu ihnen gekommen. Vielleicht kam sie ab jetzt öfters. Und wenn das so war, würde er sich darum kümmern, dass sie wieder zunahm, dass sie wieder gesund wurde.
 

„Wer war das?“

„Einer von Arlongs Bastarden.“

„Und was wollte er?“

„Nami.“

„Das ist mir auch klar. Was wollte er genau?“

„Arlong wollte sie bei sich.“

Sanji erstarrte. So wie Ruffy seine Worte wählte … es klang so …

„Hat er noch mehr gesagt?“

„Nein.“

Ruffy klang resigniert.

„Seit wann interessiert sich der Bastard für sie? Sie war ihm immer scheißegal gewesen. Genau wie Nojiko. Was hat er nur vor?“

Es wurmte Ruffy, es nicht zu wissen. Besonders, da er scheinbar ein Schlüsselpunkt in Namis Dilemma war.

Sie hatten die Mädels vor einer halben Stunde zu Vivi gebracht und gleich würden sie an der Station vorbeifahren, an der Nami und Zorro ausgestiegen waren.
 

„Hey, die Bahn kommt gleich. Wenn die Idioten nicht drin sind, dann fahren wir ohne sie. In Ordnung? Du frierst mir zu sehr, Nami.“

Nami nickte schwach.

Sie lag inzwischen mit dem Kopf auf Zorros Schoß und auf den Sitzen ausgbreitet.

Ihr war kalt und sie fühlte sich so schwach.

Realität hatte sie eingeholt und sie bitter spüren lassen, dass sie ihr niemals entkommen konnte.

Letzendlich würde sie nach Hause müssen. Irgendwann. Und keiner würde rund um die Uhr da sein können für sie. Weder Luki noch ihre Freunde.

Sie wusste langsam nicht mehr, wie sie nur weiter machen konnte. Ob sie es schaffen würde.

Wieder spürte sie Zorros Hand an ihrer Schulter.

„Komm, Kleine, die Bahn ist fast da.“

Nami richtete sich mit seiner Hilfe auf. Er half ihr auch auf die Beine und bis sie sicher stand, war die Bahn auch schon eingefahren. Sie gingen hinein und sofort kamen auch die beiden anderen Jungs von vorne angelaufen.

Na immerhin hatten sie sich hier gefunden.

Zorro setzte Nami auf einem Sitz wieder ab und setzte sich neben sie. Ruffy kam von der anderen Seite neben sie und Sanji setzte sich neben Ruffy.

„Geht’s wieder, Nami?“

Ruffys besorgte Stimme.

Nami nickte leicht.

„Ja, ich denke schon.“

Sie schloss ihre Augen, lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Lass mich nur kurz ausruhen.“

Es war viel.

Zu viel für ihren zarten Geist zu ertragen.

Wie hätte sie diese Nacht nur überstanden, wäre der Anruf von Chopper nicht gekommen? Hätte sie diese Nacht überstanden?

Und jetzt? Was würde jetzt kommen?

Nein, Nami war viel zu müde, um sich darüber auch nur ein paar Gedanken zu machen.
 

Vielleicht war es die Müdigkeit, vielleicht ihr benommener Geist, vielleicht aber auch diese tiefe Freundschaft, die sie einst verband.

Nami schloss ihre Augen und senkte ihren Oberkörper. Sie legte ihren Kopf auf Ruffys Schoß und rollte sich auf den beiden Plätzen ein. Sicher hätte sie auch ihre Beine über Zorros legen können. Aber das war nicht nötig.

Ruffy verwunderte Namis Geste.

Einerseits zeigte sie so viel Schwäche, aber auch so viel Vertrauen und andererseits war sie so verletzlich. Und verletzt worden. Sie war so sehr verletzt worden, dass sie über jeden ihrer Schritte nachdenken musste, die Dunkelheit sie überall verfolgte und sie durch und durch Angst hatte.

Gedankenverloren legte der Schwarzhaarige seine Hand auf ihren Kopf, strich ihr ein paar Strähnen aus dem Gesicht.

Sie sah so schrecklich friedlich aus, wenn sie schlief. So niedlich. Aber sie war dadurch nur zerbrechlicher.
 

„Willst du sie tragen?“

„Ja.“

Ruffy weckte Nami nicht, als die Bahn kurz vor ihrer Station war. Denn er sah, wie dringend sie den Schlaf brauchte. Und er merkte auch, dass sie ihn nicht fand, wenn sie allein war. Umso mehr Grund hatte er, sie zu tragen.

Kurz nur drückte er sie von seinem Schoß aufrecht, um sie sich dann auf den Rücken zu nehmen.

Er hatte kein Problem mit dem Gewicht. Das hatte er nie. Er hatte seit Ewigkeiten sehr viel trainiert und war immens stark. Namis Gewicht spürte er kaum. Besonders jetzt …

Das Mädchen war während des Prozesses zwar aufgewacht, aber als sie sich auf Ruffys Rücken befand, umfing seine Wärme sie und sie schlief wieder ein.
 

Der Weg durch die dunklen Straßen Tokios verlief mehr oder weniger friedlich. Zwar war die Gruppe ein paar betrunkenen Teenagern über den Weg gelaufen, die sie partout nicht mehr friedlich wieder gehen lassen wollten, kümmerten sich Zorro und Sanji darum. Es ging aber schnell und so begleiteten sie Ruffy wieder in ihre Wohnung zurück.

Nami verschlief den ganzen Weg und selbst, als Ruffy sie auf die Couch legte und mit einer Decke zu deckte, ließ sie sich nicht wecken.

„Ich bleib hier“, sagte der Schwarzhaarige. Er würde Nami nicht aus den Augen lassen.

Zorro und Sanji hatten beide genug Platz in ihren Zimmern, aber sie wagten es nicht Ruffy zu widersprechen. Denn der 18-jährige mochte der Jüngste von ihnen sein, aber er strahlte eine Autorität aus, die sonst niemand besaß.

„Warte, ich hol dir nur eine Decke und ein Kissen.“ Damit er es sich auf dem Sessel bequem machen konnte. Oder würde er lieber auf dem Boden schlafen?

Zorro überlegte kurz, aber er wusste, dass er Ruffy egal war. Und jetzt sowieso. Er würde eh kein Auge zutun. Also konnten sie eigentlich auch gleich alle wach bleiben. Der Solidarität wegen.

Ruffy bedachte sie mit einem breiten Lächeln.

„Nein, Jungs, legt euch hin. Es wird noch ein langer Tag werden, ihr braucht allen Schlaf“, sagte Ruffy, denn er hatte schon geahnt, was die Jungs vorhatten. Sie waren eben wahre Freunde. Was wollte man da denn schon mehr?

Zorro grunste unwillig und holte Ruffy die besagten Sachen. Sanji blieb noch einen Moment stehen und musterte Nami, dann Ruffy.

„Wenn was ist, weck uns. Zu dritt können wir mehr ausrichten als du allein.“

Saji war ernst. Das verstand auch Ruffy. Dieser nickte.

„Klar, aber ich bezweifel, dass ihr dann nicht auch so sofort wach seid.“

Sanji grinste.

„Ich wollte nur sicher gehen.“

Er drehte sich grinsend um, nahm eine weitere Zigarette aus der Tasche und steckte sie sich zwischen die Zähne. „Gute Nacht, oder was noch davon übrig ist.“

Ruffy lachte leise. „Ja, gute Nacht.“

Derweil kam Zorro und Ruffy machte es sich auf dem Sessel bequem.

Brummend ging auch Zorro in sein Zimmer, denn er würde eh nicht schlafen können. Hätte er auch gleich mit auf Nami aufpassen können. Aber wenn Ruffy meinte, dass sie den Schlaf brauchten … Zorro seufzte. Was hatte dieser Teufelskerl denn nun schon wieder vor?

Kopf schüttelnd schloss er die Tür hinter sich und schmiss sich auf sein Bett.
 


 

Sou, ja also, Schule macht einen echt fertig und selbst in den Ferien war ich studieren, also war wirklich null Zeit zum Schreiben. Jetzt wird es wieder schwierig, weil Schule angefangen hat und Vorbereitungen aufs Abi und meine verdammt aufwendige BLL (Q_Q)auf mich zusteuern. Jedenfalls werde ich mich bemühen, öfter zu schreiben!

Ich freue mich sehr über eure Kommis mit Kritik oder Lob, Verbesserungsvorschlägen oder einfach nur, was ihr von dem Kapitel haltet.

Vielen Dank und ich freue mich, euch auch in den nächsten Kapitel zu lesen xD

Verloren

OMG Leute xD Es ist bis auf ein paar Tage nun 2 Jahre her, dass ich das letzte mal diese FF geuploadet habe. Wuuu, das ist eine seeehr lange Zeit und es tut mir leid. Aber wie das Leben nun mal so spielt, war keine Zeit. Zunächst das Abitur, Freund, Studium und alles sowas. Und dann steckte ich in einer unglaublichen Blockade fest. 

Ein Glück hat mir letztens, oder was heißt letztens, ist auch schon ein paar Monate her ... xD Also jedenfalls hat mir da eine Mexlerin geschrieben und mich unglaublich motiviert. Und letztlich hab ich mich, Monate später xD, ransetzen können.

Dieses Kapitel ist etwas länger als die anderen, aber ich hoffe, dass es euch nicht stören wird.

Ich werde diese FF auch definitiv beenden. Die Frage ist nur, wann. Ich hoffe ja, dass ich für das nächste Kapitel wieder 2 Jahre brauchen werde. Ich denke nicht, aber man weiß auch nie, was einem das Leben so bringt.

Also viel Spaß mit dem Kapitel!

(Verzeiht Schreibfehler, gestern war es schon spät und heute hab ich keine Lust es zu korrigieren. Wird die Tage mal passieren :) )

 

Die Vögel zwitscherten und die Sonne streckte ihre frühen Morgenstrahlen durch das Fenster, als Nami ein paar kurze Stunden später wieder aufwachte.

Sie war müde, sie konnte noch Tage weiterschlafen, aber sie wusste, dass das nicht möglich war. Und es war hell, also konnte sie auch wieder gehen. In ihre Hölle zurück. In ihren Alptraum.

Sie wollte nicht. Sie wollte hier bleiben. Für immer.

Aber sie musste gehen.

Sie durfte sie nicht in irgendetwas hineinziehen, aus dem sie nicht rauskommen würden.

Seufzend starrte Nami an die Decke.

Sie war wirklich so gern hier. Hier bei Zorro und Sanji. Bei Ruffy.

Ja, sie liebte ihn. Liebte ihn nach wie vor. Und vermutlich würde ihre Liebe nie enden. Denn sie hatte jetzt schon ein ganzes Jahr kein Kontakt, oder so gut wie keinen zu ihm und dennoch konnte sie ihn nicht aus ihrem Kopf streichen. Sie hatte Luki die ganze Zeit um sich und trotzdem konnte sie nur an Ruffy denken.

Gestern war ihr Lukis Schönheit erst so richtig aufgefallen und ihre Gefühle überwältigten sie. Er erinnerte sie so sehr an Ruffy. Vielleicht hing sie deswegen so sehr an ihm. Weil er Ruffy so ähmlich sah. Weil er ein noch weicheres Herz besaß als Ruffy. Weil er sich um sie kümmerte wie Ruffy. Weil er für sie da war, ihr half, ihr zuhörte, sie hielt, wenn sie es brauchte. Genauso wie es Ruffy immer tat. Vielleicht hing sie nur deswegen an Luki, weil sie Ruffy liebte.

Aber Ruffy war vergeben. Unerreichbar für sie.

 

Nami wusste, dass weder Luki noch Ruffy sie jemals verurteilen würden, für das, was ihr angetan wurde. Damals und heute. Aber sie konnte es den Beiden nicht antun. Denn Ruffy hatte seine Freundin, der er seine ganze Aufmerksamkeit widmen musste und mit Freuden tat. Und bei Luki… es war merkwürdig. Sie wusste nicht, wieso sie sich Luki nicht anvertrauen konnte, wenn sie doch wusste, dass er wie Ruffy handeln würde.

Lächelnd musterte sie das Muster der Wand.

Oh ja, er würde vielleicht nicht ganz so impulsiv werden. Ja, er war ruhiger als Ruffy. Aber genauso leidenschaftlich. Sie war sich aber sicher, dass er genauso wütend werden würde. Und dass er den Bastard genauso gern umbringen würde. Und Nami wusste, dass beide in der Lage dazu waren.

Sie schloss ihre Augen.

Sie hätte es Luki schon lange sagen müssen. Oder Ruffy. Als es angefangen hatte, hätte sie sich ihm sofort anvertrauen müssen.

So viel wäre ihr erspart geblieben.

Dennoch blieb die Angst.

Was, wenn sie sie doch nicht verstünden? Was, wenn sie am Ende doch allein zurück blieb?

Genau dieser Grund war es, wieso sie Luki jetzt nichts sagte. Ruffy konnte sie wegen Elli nichts sagen, aber Luki hätte es verdient, es zu wissen. Nicht wahr? Allein damit er wusste, wieso sie so war, wie sie war.

 

Erschöpft fuhr sich Namit mit der Hand durchs Haar.

So gern wäre sie stark.

Sie trainierte auch schon. Aber nicht viel. Sie hatte einfach keine Zeit. Und viel mehr noch keine Kraft.

Jede Hilfe wurde ihr also verwehrt, sich selbst zu schützen.

Und andere wollte sie nicht an sich heranlassen. Nur ihre Freunde wären in der Lage ihr zu helfen. Nein, wahrscheinlich sogar sie nicht. Immerhin war es nicht nur ein Mensch, mit dem sie es zu tun hatte. Nein, er war mächtig und er führte seine eigene Mafia. Er hatte Stricke überall und wenn ihm etwas geschah, würden so viele ihn rächen. Seine Mörder aufspüren.

Nami schauderte.

Er hatte ihr deutlich gemacht, dass Polizei ihr auch nichts bringen würde. Er hatte seine Finger auch dort. Sie würde anschließend lediglich noch mehr Probleme haben. Und er konnte weiterhin mit ihr machen, was ihm passte.

Ihre Augen öffnend, wusste sie, dass sie falsch lag. Ihre Freunde konnten ihr auch nicht helfen. Denn wie erwähnt, er war zu mächtig. Nicht zu stark, aber zu mächtig. Sie würden alle untergehen.

Und deswegen ertrug sie alles lieber allein. Und litt.

Und auch wenn es sie irgendwann in die Knie zwang und sie keine Kraft mehr zum Weitermachen hatte, so würde sie trotzdem tapfer schweigen.

Denn sie wollte nicht die letzte Zeit ihres Lebens allein verbringen. Egal, was kam, es lief alles auf ein unschönes Ende zu. Und wenn nun sie sich von ihr abwanden, ihre Freunde, was sie nicht ausschließen konnte, dann würde es sie sofort umbringen. Welchen Grund hätte sie dann noch weiter zu kämpfen?

 

Aber genug davon jetzt. Darüber konnte sie sich später den Kopf zerbrechen. Jetzt musste sie erst einmal gehen.

Denn, egal wie schön es war. Sie durfte nicht in den Versuch kommen, es ihnen doch zu erzählen. Und hier war ihre Selbstbeherrschung nahe null.

Nami richtete sich auf, legte die Decke zu Seite und drehte sich um. Und erstarrte.

„Ruffy“, sagte sie erschrocken.

Jener musterte sie lediglich.

Seufzend ließ sich Nami wieder auf die Seite fallen. „Hätt‘ mir ja denken können, dass du mich nicht aus den Augen lässt.“

„Und ich hatte Recht, oder?“

Nami lächelte leicht.

„Manche Dinge gehen dich nun mal nichts an, Ruffy. Manche Dinge kannst du nicht ändern und andere nicht zwingen.“

Diesmal würde er nicht aufgeben. Nicht nachdem Nami ihm so viel von ihrem jetztigen Selbst gezeigt hatte.

„Aber ich will dir helfen.“

„Wenn jemand dazu in der Lage wäre, hätte ich den schon lange um Hilfe gefragt.“

„Wir waren zerstritten, deswegen konntest du mich nicht fragen.“

Sanft lächelnd drehte sie ihren Kopf Ruffy zu.

„Ruffy, du warst mir immer der liebste Mensch gewesen, nicht zuletzt deswegen, weil du alles für mich aufgegeben hättest.“ Ihre Miene wurde trauriger. „Selbst dein eigenes Leben.“

Sie schloss ihre Augen.

„Aber weißt du, die Dinge haben sich geändert. Und wir haben uns auseinander gelebt. Wir sind nicht mehr wie früher. Wir sind reifer geworden. Haben unser Leben anders gelebt. Wir haben uns verändert. Nicht zuletzt hast du jetzt eine wundervolle Freundin, die dich wirklich über alles liebt.“ Ja, das hatte Nami mitbekommen. Elli konnte kaum ihre Fingern von ihm lassen, wenn er nur nah genug war und gerade keiner gestört wurde. Sie war schon lieb. Auch wenn es sie verletzte, so behandelt worden zu sein, ohne dass Elli sie überhaupt kannte. Dennoch sah Nami, dass sie im Grunde nur Angst hatte Ruffy zu verlieren. Wahrscheinlich war Nami’s Name öfters gefallen …

„Vielleicht brauche ich diesmal nicht deine Hilfe, Ruffy, weil …“

Sie verstummte.

Tief durchatmend öffnete sie wieder ihre Augen und schaute in seine undurchdringbaren.

Ihre waren gefüllt mit unendlicher Trauer und Schmerz.

„Du kannst mir nicht mehr helfen“, sagte sie heiser. „Du kannst einfach nicht mehr.“ Und sie meinte es genau so, wie sie es sagte. Er war einfach nicht in der Lage. Nicht, dass er je eine Chance hätte. Aber … er wäre überfordert. Und wütend. Wütend auf sich selbst und auf Nami.

Aber wem machte sie etwas vor? Sie wusste gar nichts mehr von ihrem Ruffy. Sie wusste nicht, wie er handeln würde. Nicht mehr.

Sie wusste, dass er sie verteidigen würde. Aber wie weit würde er dabei gehen?

Wie weit würde irgendjemand für sie dabei gehen?

„Mir kann niemand helfen, Ruffy.“ Und es war die pure Wahrheit. „Also hör bitte auf es mir anzubieten.“ Denn es tat zu sehr weh.

„Nami.“

Sie schaute ihn nicht an, aber sie hörte, wie er aus dem Sessel stieg und zu ihr herüberging. Er setzte sich an den Couchrand und legte seine Hand auf ihre Schulter.

Er blickte ihr in die Augen, als sie ihn doch wieder anschaute.

In seinen lag Verständnis.

Ja, verstand er sie? Oder glaubte er nur, sie zu verstehen. Ihr Handeln zu verstehen.

„Dann lass dir professionell helfen.“

Nami wollte schon frustriert aufschreien, drehte ihren Kopf nur verzweifelt weg. „Hör auf, Ruffy. Bitte.“

Denn wie oft hatte sie vor der Polizeipräsidiumstür gestanden? Und wie oft hatte sie sich mit Tränen in den Augen umgedreht und war wieder zurück in ihre Hölle gegangen, ständig an seine Worte denken müssend.

„Sie werden dich auslachen, Nami. Und sie werden es mir sagen und dann kannst du von Glück reden, wenn ich mich an dich wende und niemand sonst Schaden davon tragen wird.“

Wie oft hatte es sie von Neuem gebrochen? Wie oft?

„Gut.“

Das war alles, was Ruffy dazu sagte. Mehr als ihren Blick brauchte er auch nicht, um zu verstehen, dass er sich auf dünnem Eis aufhielt. Und es dabei war zu brechen. Und dass er nicht in der Lage war, Nami aus dem Wasser zu retten. Sie würde hilflos ertrinken und er hilflos danebenstehen und zuschauen.

Und das würde er eben nicht tun. Also ging er wieder auf festes Eis, nahm ihre Hand und zog sie mit.

„Ich weck Sanji, damit er Frühstück macht und dann nehm ich dich mit zu Ace.“

Nami sah ihn erstaunt an.

„Zu Ace?“

Ruffy lächelte leicht.

„Ja.“

Geheimnisvoll. Das war das Wort, mit dem sie Ruffy gerade beschrieb.

Was wollten sie bei Ace?

Ruffy wusste, was sie dort wollten. Ace war in vielerlei Hinsicht ihre einzige Chance, also würde er sie so schnell wie möglich dort hinbringen.

 

„Oi, Sanji!“, rief Ruffy, blieb aber trotzig sitzen. „Hunger!“

Typisch Ruffy. „Einige Dinge ändern sich nie, was?“

Nami schmunzelte darüber.

Ruffy grinste sein typisches Grinsen und Nami wurde warm ums Herz. Wie hatte sie dieses Grinsen vermisst?

Zwei Türen gingen gleichzeitig auf. Und man hörte, wie die Luft förmlich erfror.

Grinsend richtete sich Nami auf und beobachtete das beginnende Spektakel.

„Ich war schneller.“

„Nein, ich war schneller.“

„Siehst du nicht, dass meine Tür viel weiter offen ist als deine?“

„Was hat das damit zu tun, dass ich schneller war?“

„Wer sagt, dass du schneller warst?!“

„Willst du dich mit mir anlegen?“

„Komm doch her!“

„Na warte, du Kochlöffel.“

„Wie war das, Mooskopf?“

„Wie hast du mich genannt, Augenbrauenfreak?“

„Ich hau dir gleich eine, du Sushi.“

„Schwuchtel.“

„Sa-“

„Ahahahhahahahhahahahahhahahahahaaaaaaa“, erklang plötzlich eine weibliche Stimme und ließ die beiden Streihähne innehalten.

Nami konnte sich nicht mehr halten vor Lachen. Wirklich.

„Gahahhahahahaaaa…“

Sie hielt sich den Bauch, fing sogar an zu weinen. So gut tat es, wieder zu lachen. Und diese beiden zu beobachten war einfach nur zu lustig.

Ruffy stimmte bald mit in ihr Gelächter ein und Zorro und Sanji grinsten wissend.

„Shishishishishi…“

Sie beiden konnten sich nicht mehr halten, Nami bekam schon keine Luft, aber der Ausdruck auf Zorros und Sanjis Gesicht… sie hätte sie fotografieren müssen.

Tief Luft holend, versuchte sie sich aber bald wieder zu beherrschen.

„Immerhin“, sie kicherte, „habt ihr ein paar neue Ausdrücke auf Lager.“

Schmunzelnd richtete sie sich wieder auf und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Da ich hier eh nicht allein wegkomme, kann ich ja auch freiwillig bleiben. Und…“ sie sah Sanji lieb an, „ich habe auch Hunger.“

Sofort ging Sanji in seinen Liebesstatus über und kam angeschwebt zu Nami.

„Oh Namilein, aber natürlich. Ich mache dir sofort das wunderbarste Frühstück, das du je gegessen hast.“

„Oh, das bezweifel ich nicht, Sanji.“

„Na dann los, Sanji. Nami hat Hunger!“, drängte Ruffy. „Und ich auch.“

Alle lachten daraufhin ausgelassen, Sanji ging in die Küche und Zorro setzte sich den beiden Verbliebenen gegenüber.

„Nami, du weißt schon, dass du viel zu dürr bist.“

Nami schaute Zorro an. Seufzend nickte sie.

„Ja, weiß ich. Und ich versteh dein Problem nicht. Denn es ist mein Problem und geht dich nichts an.“

Na immerhin redete sie mit ihm. Bis dato war es immer so verlaufen, dass sie sich umgedreht hatte und wortlos gegangen war.

„Es ist nicht gesund, du weißt das.“

Zorro war es egal, ob er alles ausreizte, was nur ging. Nami war jetzt hier, also war jetzt Zeit ihr ein paar Dinge klar zu machen.

„Natürlich weiß ich das. Und jetzt lass mich in Ruhe.“ Schmollend drehte sie ihren Kopf weg. „Wenn du mich nur belehren möchtest und was weiß ich, dann: Spar. Dir. Das. Oder ich gehe.“

Zorro verstummte für einen Moment, aber er war noch nie einer, der aufgab.

„Nun, du kannst ja versuchen zu gehen. Aber du bist noch nie gegen Ruffy angekommen und von Ruffy und mir zusammen will ich nicht anfangen zu reden. Und solange ich nich handfeste Resultate sehe, werde ich dich solange belehren, bis es in deinem dicken Schädel endlich angekommen ist.“

Er hatte nur kurz, wirklich nur kurz zu Sanji geschaut und genau in dem Moment landete auf einmal ein Kissen mit voller Wucht in seinem Gesicht.

„Uff!“

Sofort war Nami bei ihm und haute ihn mit dem Kissen.

„Shishishishishishi, go Nami, go, shishishi!“

„Ruffy, du Verräter“, kam es aus der Schlägerecke.

„Haha, Ruffy weiß einfach nur, was gut für ihn ist.“ Grinsend streckte Nami Zorro die Zunge raus und setzte sich wieder auf die Couch. Sie würde es zwar nie zuegeben, aber das hatte richtig gut getan. Einfach abschalten und Spaß haben. Wann hatte sie überhaupt das letzte Mal Spaß gehabt? So einen Spaß? Wann? Sie konnte sich nicht erinnern.

 

Zorro musterte sie von oben bis unten. Sie sah fast wieder wie früher aus. Leicht. Unbeschwert. Glücklich.

Er sah zu Ruffy und merkte, dass es ihm wohl auch aufgefallen war. Der Schwarzhaarige lächelte leicht. Zorro stimmte mit ein. Wenn Nami glücklich war, waren sie es auch. Sie war halt ihre kleine Schwester, das kleine Mädchen, das beschützt werden musste. Auch wenn er sich für diesen Ausspruch von ihr schon viele Male Schläge geholt hatte, denn Nami mochte es absolut nicht, klein und schutzbedürftig genannt zu werden.

Schmunzelnd stand er auf und lief in die Küche, Nami mit Ruffy allein zurück lassend.

Nami sah ihm verwundert nach, zuckte mit den Schultern und widmete sich dann wieder Ruffy.

„Was wollen wir bei Ace?“

Ruffy lächelte. „Ich muss mit ihm reden. Und vermutlich ist es ganz gut, wenn du dabei bist.“

Nami sah ihn skeptisch an. „Ach ja?“

Ruffy grinste. „Ja.“ Seine Miene war verschlossen, er ließ auf nichts schließen. Er hätte eine Menge vorhaben können, sie hätte niemals seine wahre Absicht erraten. Nie.

„Frühstück“, kam es plötzlich aus der Küche.

Erschrocken schaute Nami auf.

„Was? So schnell?“

Sie sprang auf und lief schnell ins Badezimmer, um sich fertig zu machen.

Gerade aus dem Bett aufzustehen und sich mit den Jungs unterhalten war nun mal etwas Anderes, als gerade aufstehen und mit den Jungs frühstücken gehen. Da musste sie sich wenigstens das Haar einmal durchbürsten und die Zähne putzen und ja wohl doch ein bisschen herrichten. Auch wenn es ihre Jungs waren. Auch wenn es ihnen egal war, wie sie aussah. Nami nunmal nicht.

 

Das Frühstück verlief wie früher. Ruffy aß wie ein Schwein, klaute aus allen Tellern, außer aus Namis, und stopfte sich den Mund voll.

Es macht die Orangehaarige glücklich. Nun, vielleicht nicht glücklich, denn um wirklich glücklich zu sein bedurfte es bei ihr einfach noch so viel mehr. Sie glaubte auch nicht wirklich jemals wieder glücklich zu sein. Sie glaubte einfach nicht daran.

Aber dass sie jetzt einfach bei ihren Jungs sein konnte, erfüllte sie. So lange hatte sie ihr Leben in der Dunkelheit verbracht und diese drei Jungs brachten so viel Licht in ihre Welt.

Ihr Handy holte sie plötzlich wieder aus ihren Gedanken. Schnell stand die Orangehaarige auf und ging ran.

„Ja?“

Es war ihr privates Handy. Ein Glück.

„Nami-Engel. Geht es dir gut? Wann kommst du?“

„Es ist alles in Ordnung. Und ich denk, ich komm heut nachmittag oder abends. Mach dir keine Sorgen.“

Sie lächelte leicht. Dieser Kerl war ein wahrer Engel und sie liebte ihn.

„Gut, dann gehe ich noch einkaufen und wir sehen uns später. Sag bescheid, wenn was ist.“

„Na klar. Bis dann.“

„Tschüss, Prinzessin.“

Sie legte auf und ging mit einem leichten Lächeln zurück in die Küche, wo sie schon mit neugierigen Blicken gemustert wurde.

„Wer war das denn, Namischätzchen?“, fragte Sanji.

„Ein Freund.“

Sofort begegneten ihr skeptische und düstere Blicke, aber was dachten sie sich denn? Dass sie nur mit Kriminellen abhing?

Sie ignorierte die Jungs darauf nur. Sollten sie doch denken, was sie wollten. War ihr doch egal.

 

Nach dem Frühstück hatte Nami Sanji mit dem Abwasch geholfen, obwohl dieser ausdrücklich nicht darauf bestanden hatte. Aber Nami war schon immer so ein Dickkopf gewesen.

Es war ein kurzer Weg zu Ace und Nami verstand immer noch nicht, was sie dort wollten. Bis sie sah, wohin sie gingen. Bis sie das abgelegene Hochhaus sah. Heruntergekommen von außen. Scheinbar verlassen.

Sie kannte diese Art von Häusern. Diese Art von Untergrund – sie befand sich doch grade selbst drin.

Nami blieb auf dem Absatz stehen, als Ruffy schon fast an der Tür stand. Sie drehte sich um und lief zurück.

Sie war allein mit Ruffy und Zorro hingefahren. Sanji musste arbeiten gehen – natürlich wäre er lieber mitgekommen, aber da er wusste, dass Nami in guten Händen war, wollte er sich auf seinen Job im Baratie konzentrieren.

Nami war natürlich nicht dumm. Sie kannte ihre Freunde. Auch nach so lange Zeit. Und besonders nach der letzten Nacht war ihr klar, was geschehen würde.

Zorros Arm schoss zu ihr rüber und griff sie sanft am Arm, hinderte sie so am gehen.

„Warte Zorro. Lass sie los“, kam es aber sogleich – nerwarteterweise – von Ruffy.

Beide, die Orangehaarige und der Grünhaarige drehten sich zu ihrem Anführer um und sahen ihn fragend an.

Ruffy verschränkte die Arme vor der Brust und sah Nami mit einem stählernen Blick an, den hatte sie noch nie bei ihm gesehen.

Zorro ließ sie los, nicht wissend, was Ruffy vorhatte. Er konnte sie ja schlecht gehen lassen. Er konnte einfach nicht. Dann würden sie sie doch nie aus der Scheiße rausziehen können. Sie würde nur weiter abrutschen, die würden sie da doch nicht mehr lebend rauslassen.

„Es liegt dir frei zu gehen Nami, aber damit tust du keinem einen Gefallen. Wir sind hier, um dir zu helfen. Ich werde dich nicht dazu zwingen. Das kann und will ich nicht. Ich werde dir meine Hilfe auch nicht aufzwingen. Aber das hier ist ein Weg rauszukommen. Mit allem abzuschließen. Dein Leben von neuem anzufangen. Du schmeißt es im Moment nur weg. Ich weiß es. Ich habe diese Hölle schon hinter mir. Ich habe die ganze Scheiße schon mitgemacht. Ich weiß, wie dieses Spiel läuft. Und ich weiß, dass man da nicht von allein rauskommt. Das geht nicht. Aber damals waren meine Freunde für mich da, du warst für mich da. Ich habe es geschafft. Ich habe wieder mein Leben in den Griff bekommen. Und nun bin ich für dich da. Damit jetzt du dein Leben in den Griff bekommst.“ Ruffy sah sie mit einer ernsten Miene und betonte jedes Wort. Er meinte jedes Wort. „Dir steht frei zu gehen, Nami. Ich werde dich nicht zwingen meine Hilfe anzunehmen, aber sei dir sicher. Wenn du jetzt gehst, sehen wir uns spätestens bei einem Rennen heute oder morgen oder übermorgen wieder.“

Nami biss die Zähne zusammen. Was dachte sich dieser Idiot? Ihr konnte keiner helfen. Sie war viel zu tief drin. Sie hatte schon viel zu viel Scheiße gesehen. Erlebt. Gemacht… wie sollte sie denn da rauskommen. Vor allem – wie wollten sie gegen ihn angehen? Keiner konnte etwas gegen ihn  ausrichten.

Er konnte ihr helfen … nein, konnte er nicht. Nein, er konnte ihr nicht helfen.

Aber sie wollte nicht, wollte nicht, dass er wegen ihr da runter geht. Sie wollte das nicht. Sie wollte nicht, dass er wegen ihr Gefahren auf sich nimmt. Sie wollte nicht, dass er sich wegen ihr in Gefahr brachte. Sie wollte nicht.

Nein.

 

Aber keiner konnte ihn besiegen. Keiner kam gegen ihn an …

 

Nami schloss die Augen, atmete aus, drehte sich um und ging.

Ruffy konnte da runter gehen. Ace war ja da. Er würde auf seinen kleinen Bruder aufpassen. Und selbst wenn nicht. Ruffy war nicht dumm und hatte das alles hinter sich. Er konnte auf sich aufpassen. Er konnte schon sicherstellen, dass er nicht in zu tiefe Scheiße glitt.

Aber egal was kommen würde.

 

Alles war nicht so schlimm wie er.

 

„Ruffy, was soll der Mist? Wieso lässt du sie gehen?!“ Zorro war nie einer, der Ruffys Entscheidungen in Frage gestellt hatte. Nie. Zumindest nicht wirklich. Aber diesmal konnte  er ihn überhaupt nicht verstehen. Wenn sie Nami nicht halfen, würde sie nicht lange da überleben. Und es war ja nicht nur das … das war vermutlich das kleinste Problem. Denn das gestern nacht, dass sie so ausgetickt war, dieser wirre, panische, flehende Blick, den sie hatte … nur er hatte ihn gesehen. Und er wünschte ihn auch keinem anderen. Und danach diese Leere. So leer, als wäre nichts mehr in ihr. Als wäre sie nur noch eine Hülle. Leblos.

Sie konnte sie doch nicht einfach so gehen lassen. Nicht jetzt! Nicht nachdem sie schon bei ihnen war! Nicht jetzt!

„Ich kann sie nicht zwingen, Zorro. Sobald ich sie irgendwo hinzerre, macht sie wieder vollkommen dicht und wir kommen gar nicht mehr an sie ran.“

„Wenn du sie gehen lässt, schickst du sie in ihr Verderben! Gestern – das war nicht einfach nur ein verdorbener Magen, Ruffy. Da ist so viel mehr. Und wenn du sie jetzt gehen lässt, wird es sie umbringen. Schneller als du zu glauben denkst!“

Zorro war außer sich vor Wut. Er hatte wirklich nie Ruffys Entscheidungen nicht akzeptiert. Aber diesmal konnte er ihn nicht einfach machen lassen.

„Du hast nur angst, dass sie dich wieder in den Wind schießt. Du hast Schiss! Sie könnte wieder dicht machen. Ja! Könnte sie! Aber hast du sie heut mal wirklich angeguckt?! Freiwillig wär sie wieder zu uns gekommen. Und irgendwann hätte sie sich uns anvertraut. Früher oder später, eher früher. Sie hält das allein nicht mehr durch. Und du schickst sie jetzt weg?!“

 

Der Schwarzhaarige sah Zorro unglücklich an, der sich umdrehte und Nami nachjagte.

Hatte er wirklich richtig gehandelt? Hatte Zorro recht?

Ruffys Mund öffnete und schloss sich wieder. Als würde er reden. Nur kamen keine Laute aus ihm raus. Er fühlte sich, als würde er ersticken. Hatte Zorro wirklich recht damit und hatte er falsch gehandelt? Hatte er es sich mit ihr verbaut?

Nein, verdammt! Er hatte die verdammte richtige Entscheidung getroffen! Nami zu irgendetwas zu zwingen, was sie nicht wollte, das brachte nichts. Natürlich hatte er ihren Blick gesehen. Den von gestern. Er hatte ihn kurz sehen können. Und die ganze Nacht hatte er sich gefragt, woher er ihn kannte.

 

Jetzt wusste er es.

 

Nami hatte schon einmal so ausgesehen. So leer. Panisch. Verzweifelt. Und zwar an dem Tag, als sie sich für Jahre verstritten hatten. An dem Tag muss alles angefangen haben.

 

Die Luft blieb ihm weg.

 

Jetzt machte doch alles erst einen Sinn.

 

Es war nicht nur der Untergrund. Es war nicht nur der Scheiß. Egal wie tief sie drin war. Es war nicht das.

Er würde ihr helfen. Natürlich würde er das. Aber nicht mit Zwang. Es würde sie weiter weg von ihm treiben als so. Sie würde wieder kommen.

Aber dachte Zorro ernsthaft, dass er Nami aus den Augen lassen würde? Dass er sie vollends in ihr Verderben rennen lassen würde?

Das machte Ruffy sauer. Er würde auf Nami aufpassen. Aus dem Hintergrund, aber er würde da sein. Er würde sie machen lassen, aus dem Hintergrund agieren und wenn es soweit war, würde er eingreifen. Er würde angreifen und er würde sie da rausholen.

Er würde sie niemals mehr im Stich lassen.

 

Nie wieder.

 

Der Grünhaarige hatte die Nacht nicht geschlafen.

Wie denn auch? Er konnte Namis Blick einfach nicht vergessen. Er konnte ihn nicht aus seinem Kopf verbannen. Und jedes Mal, wenn er die Augen geschlossen hatte, tauchte dieser Blick vor seinem inneren Augen auf. Selbst als er irgendwann einnickte, hatte er Albträume. Er sah Nami zusammengekauert auf dem Boden. Sich immer wieder übergebend. Ihr Körper klein und zerbrechlich. Zitternd.

Er konnte nicht verstehen, was aus seiner Nami geworden war.

Sie war immer so eine starke Frau gewesen. Sie hatte sie immer alle zur Ordnung gerufen. Jeder hatte Respekt vor ihr. Sie hatte sich nie etwas von irgendjemandem sagen lassen. Und wenn es hart auf hart kam, konnte sie austeilen. Zumindest so lange, bis einer bei ihr war und sie bis aufs Blut verteidigte. Aber Nami war auf jeden Fall nicht schwach. Gewesen. Er konnte die Nami von damals nicht mit der jetztigen vergleichen. Es waren einfach zwei verschieden Personen. Natürlich veränderten sich Menschen, es liegt in ihrer Natur. Aber nicht so. Nicht einfach so.

Damals war Nami der fröhlichste Mensch gewesen. Damals hatte sie mit ihnen so viel Spaß gehabt. Sie hatten rumgealbert, andere veräppelt, ja sie hatten so viel Mist zusammen gebaut. Sie hatten auch mit Ruffy viel Mist erlebt.

Sie hatte immer gelächelt. Sie hatte immer alle aufgebaut. Sie hatte immer allen zugehört. Sie hatte sie alle verteidigt. Sich um sie gekümmert.

 

Und nun sah ihr Blick leer und von unendlicher Trauer. Er war nicht wirklich leer, aber dieses Strahlen, der Glanz von damals war weg. Sie war unsicher. Zerbrechlich. Sie hatte Geheimnisse. Sie war nicht mehr ehrlich. Sie war mager. Viel zu mager. Überall die blauen Flecke, wenn es denn nur solche waren …

Sie sah abgeschlagen aus. Kraftlos. Sie versuchte nach außen hin stark zu sein. So zu wirken. Und wahrscheinlich konnte keiner von außen sehen, dass sie es nicht mehr war. Er konnte sie durchschauen. Besonders nach gestern.

Sie hatte Nähe gesucht. Sie hatte Panik gehabt.

„Nami, warte!“

Er packte sie am Arm und versuchte sie so behutsam wie möglich zum Stehen zu bringen.

Er sah die Hand, die ganz schnell versuchte die Tränen wegzuwischen. Er sah es.

Jetzt war er da. Sie stand. Rücken zu ihm gekehrt.

Und nun? Was sollte er sagen?

Es brachte doch alles nichts. Er war ja auch nicht ein Mann der vielen Worte. Das war er noch nie.

Der Schwertkämpfer ließ ihren Arm los, und umarmte sie von hinten. Er drückte sie fest an sich.

Er wusste, dass sie es brauchte. Dass es schwer war für sie stark zu sein.

Und zunächst ließ sie die Nähe zu. Sie lehnte sich an seine Brust, schloss die Augen. Sie genoss den Augenblick. Zorro war schon immer ein besonderer Freund für sie gewesen. Er war ihr Bruder. Sie sah ihn jedenfalls als den an.

Aber sie brachte ihn nur in Gefahr. Sie musste jetzt los.

Kräftig richtete sie sich auf und drückte sich aus seinen Armen. Zorro wollte sie nicht festhalten.

„Bitte Zorro. Ihr versteht das alles nicht. Ihr könnt mir nicht helfen. Ihr konntet es nie. Außerdem komme ich damit klar. Ich schaffe das schon. Und ich weiß, dass Ruffy mich nicht einfach so gehen lassen hat. Sag ihm, dass er sich aus meinen Sachen raushalten soll. Ich will seine Hilfe nicht. Ich schaff das.“

Ihr Lächeln sah verzweifelt aus. Gekünstelt. Ihre Schultern aufrecht. Aber gebrochen innerlich.

Doch Zorro ließ sie gehen. Wortlos.

 

„Wo ist Nami?“

„Nicht hier.“

„Das sehe ich auch. Aber wo ist sie?“

Der jüngere Schwarzhaarige zuckte nur mit den Schultern und ließ sich in einen weißen gepolsterten Ledersessel fallen.

„Du solltest sie herbringen, Ruffy. Was war so schwer daran?“

„Sie wollte nicht“, presste der Jüngere zwischen den Zähnen heraus.

Ace seufzte und raufte sich durch die Haare.

Das machte die ganze Sache natürlich schwierig. Er hatte zwar alles für Nami bereitgelegt, aber dazu war auch teils ihre Mitarbeit gefordert. Zwar hatte er Spandam gesagt, er solle Nami in Ruhe lassen, aber das würde er nicht. Und selbst wenn, Nami würde von allein zu ihm gehen. Ohne sein Zutun. Und dann war alles umsonst gewesen.

Wieso verstand Ruffy denn nicht, wie wichtig das alles war?

„Es ist nicht alles.“

„Was ist nicht alles? Was meinst du, Ruff‘?“

Ace sah seinen jüngeren Bruder erwartungsvoll an.

„Mit Nami. Es ist nicht nur das Fahren … die Jobs.“ Ruffy saß hochkonzentriert im dem Sessel, Arme auf den Beinen gestützt, den Kopf haltend.

Ace lief zu ihm und setzte sich auf eine Seitenlehne. „Was meinst du damit?“

„Gestern haben wir sie vor Arlongs Missgeburten beschützt. Er wollte, dass sie nach Hause kommt.“ Ruffy sah seinen großen Bruder an. „Du bist doch öfter bei ihnen. Du bist doch Arlong sicherlich schon öfters begegnet. Er hatte sich nie für Nami und Nojiko interessiert. Wieso auf einmal?“

Ace kniff die Augen zusammen. Er glaubte zu wissen, worauf sein Bruder da hinaus wollte. Oder nicht?

„Ich habe nie viel mit ihm zu tun gehabt. Er war selten da. Und fast nie, wenn ich da war.“

Ruffy seufzte und ließ sich resigniert in die Lehne fallen.

„Nami hat ganz andere Probleme. Irgendetwas macht sie kaputt. Oder irgendjemand. Es ist nicht dieser Job. Das hätte sie nicht so gebrochen. Nicht damals.“

„Was damals? Wovon redest du? Kannst du es mir mal erklären? Was geht hier vor, Ruffy?“

Ace machte sich Sorgen. Nami war nicht nur Ruffys Freundin. Sie war viel mehr als das. Sie war wie eine kleine Schwester für ihn. Und nicht nur, weil er mit Nojiko zusammen war. Er mochte Nami. Und an ihm ging ihre „Verwandlung“ natürlich auch nicht spurlos vorbei. Aber Ruffy hatte Recht. Nami war stark. Und wenn es nur dieser Job hier wäre, würde sie sich helfen lassen. Denn keiner war stark oder mächtig genug, um seinen Leuten ernsthafte Probleme zu machen. Dafür hatte der Schwarzhaarige zu viele Freunde und Verbündete. Ohne diese wäre man in dieser Branche auch aufgeschmissen.

„Sie kam damals zu mir. Sie war vollkommen aufgelöst. Irgendetwas war passiert. Ich habe nie herausgefunden was. Aber es muss mit dieser Nacht zusammen hängen. Sie kam damals mitten in der Nacht rüber. Vollkommen durchnässt. Verzweifelt.“

Ruffy versank in einem nachdenklichen Blick. „Ich habe versucht sie abzulenken. So wie immer, wenn etwas war. Doch es wurde nur schlimmer. Und dann war der Kontakt weg …“

Ruffy seufzte erneut.

Das brachte Ace den letzten Tag zurück in Erinnerung.

„Als ich mit Nojiko gestern bei ihr ankam, haben wir natürlich gleich nach Nami geguckt.“

Er zog verwundert die Brauen zusammen. „Sie hatte einen panischen Blick drauf. So als hätte sie jemanden anders erwartet … und gefürchtet. Sie hat es dann natürlich überspielt. Es war auch nur ein Bruchteil einer Sekunde. Ich hab es mir einbilden können.“

„Solche Zufälle gibt es nicht.“

Ruffy war jetzt hellauf. Sie kamen der Wahrheit näher. Er wusste es. Er spürte es.

„Arlong?“

Ace zuckte nur mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“

 

„Nami, ich – es tut mir so furchtbar leid – ich weiß, ich kann dich hier nicht einfach allein lassen und ich will auch nicht. Komm einfach mit mir. Ich nehme dich mit, Nami. Ich muss gehen, Nami. Ich muss. Bitte komm mit mir. Es tut mir so unendlich leid, Nami.“

Die Orangehaarige wusste nicht, wo ihr der Kopf stand. In einem Moment ist sie vor Ruffy weggelaufen, im anderen wurde sie mit Wortfetzen bombardiert.

Sonst wurde sie immer von dieser warmen, rauen, ruhigen Stimme empfangen.

Aber jetzt war sie aufgeregt, klng verzweifelt, schnell, wirr, durcheinander.

„Luki“, hauchte sie atemlos. „Luki.“

Er riss sich am Riemen. „Ich muss gehen.“

„Wohin? Wieso?“ Ihre Stimme panisch, ihr Blick geschockt. Es tat ihm im Herzen weh. Im ganzen Körper.

„Komm mit.“ Er hatte Hoffnung, aber er wusste ihre Antwort. Er kannte sie.

„Wohin? Sag mir erst einmal wohin. Und wieso?“

Luki senkte den Kopf, legte seine Hände auf ihre Schultern. „Es tut mir so leid, Nami. Meine Schwester, meine kleine Schwester …“

Er hatte Tränen in den Augen. Das brach Nami das Herz.

Hastig legte sie die Arme um ihn, drückte ihn an sich. „Was ist mit deiner Schwester? Musst du zu ihr?“

Bis dato wusste sie nicht einmal, dass er eine hatte und dann musste er auch noch so plötzlich zu ihr? Wieso?

„Sie lebt mit meinen Eltern in Australien.“ Seine Stimme bebte vor Schmerz. „Sie hatten einen Unfall.“

Er verstummte.

Nami drückte ihn ganz fest. Schloss die Augen.

„Meine Eltern sind dabei ums Leben gekommen, Marie liegt im Koma.“ Er verstummte abermals. „Ich muss zu ihr, verstehst du, Nami? Sie hat sonst niemanden. Ich muss da sein, wenn sie aufwacht. Ich muss für sie da sein. Ich muss doch für sie kämpfen.“

Sie merkte, wie er in ihren Armen zusammensackte.

„Hey“, hauchte sie sachte. „Es ist okay. Alles wird gut.“

Sie strich ihm durchs Haar. Drückte ihn an sich.

Er durfte nicht gehen. Er durfte sie nicht allein lassen. Er war doch ihre Zuflucht. Ihre Hoffnung. Was sollte sie nur ohne ihn machen?

Aber sie wusste, dass Luki das auch wusste. Und deswegen zerriss es ihn zu gehen. Seine Schwester war im Moment wichtiger. Und er würde wiederkommen. Er würde seine Schwester mitbringen. Er würde wieder auf sie aufpassen. Dann auf beide. Aber keiner konnte sagen, wie lange er weg sein würde.

Ober er wirklich wiederkommen würde…

„Es ist okay, Luki. Deine Schwester geht vor. Sie braucht dich jetzt. Sie braucht ihren großen Bruder. Wer soll denn auf sie aufpassen, wenn nicht du? Wer soll sie beschützen, wenn du nicht da bist? Du musst zu ihr.“

„Ich kann dich hier doch nicht allein lassen, Nami.“ Sein Blick war getränkt von purer Verzweiflung. Und in dem Moment brachte Nami ihr aufrichtigstes Lächeln zustande.

„Mir geht es gut. Ich schaffe das. Ich verspreche es dir. Ich werde das alles meistern. Wirklich. Deine Schwester braucht dich so viel mehr als ich. Und ich kann auf mich selbst aufpassen. Doch sie kann er gerade nicht. Irgendjemand muss sich um sie kümmern. Irgendjemand muss ihr helfen, über den Verlust hinwegzukommen. Sie braucht dich, Luki. Ich hab das alles hinter mir. Ich kann damit Leben, dass meine Mutter gestorben ist. Sie nicht. Hilf ihr, Luki. Hilf ihr.“

Er umarmte sie fest.

„Du warst für mich da, als ich nicht mehr weiter wusste. Du warst da, als ich dich am meisten gebraucht habe. Aber jetzt ist da jemand, der dich viel mehr braucht. Ich werde es dir nie verzeihen, wenn ihr etwas wegen dir passiert!“

Er spannte sich an und atmete dann langsam aus.

„Du hast recht.“

Seine Stimme klang wieder fest. Etwas ruhiger. Aber viel mehr so wie immer. So wie sie seine Stimme am meisten liebte.

Sie würde ihn verlieren. Und sie wusste nicht, was sie ohne ihn machen sollte. Sie wusste nicht, wie sie es schaffen sollte. Er würde sie wieder holen. Und dann war ihre Zuflucht nicht mehr da. Wie sollte sie das überleben?

Aber sie würde es Luki nicht bemerken lassen. Sonst würde er nicht gehen. Auch wenn Blut dicker als Wasser war.

 

„Seit wann hast du eine Schwester?“

Sie lehnte beide nebeneinander an der Wand.

„Schon immer. Vor 5 Jahren haben wir hier Urlaub gemacht. Hier hat unsere Oma gelebt. Bis sie vor zwei Jahren gestorben ist. Jedenfalls hatte ich mich hier verliebt. In – einfach alles. Außerdem hatte ich nie ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Ich war ihnen nie genug. Hatte immer falsche Freunde, falsche Hobbies, nie genug gute Leistungen. Ich habe dann bei meiner Oma hier gelebt. Und irgendwann bin ich ausgezogen, hab meine eigenes Leben in die Hand genommen.“

Nami nahm seine Hand und drückte sie aufmunternd.

„Meine Schwester war ein Wunschkind gewesen. Sie haben ihr jeden Wunsch von den Lippen gelesen. Es war okay für mich. Solange sie glücklich war, konnte ich es auch sein.“

„Wie konntest du nur ohne sie leben?“, wisperte Nami.

Luki schaute hoch zur Decke und zuckte mit den Schultern. „Klar, ich hab sie vermisst, aber sie ist keine 15. Ich konnte sie nicht zu mir holen. Es ist auch nicht so einfach. Und bei meinen Eltern hatte sie alles. Ich wusste, dass sie in guten Händen bei ihnen war. Ich hätte sie gern bei mir gehabt. Ich hätte mich gern um sie gekümmert.“

„Was wird aus uns?“

Es war nur ein Hauch. Luki war sich nicht sicher, ob er überhaupt richtig gehört hat, oder ob er es sich alles eingebildet hat.

Wehleidig drehte er den Kopf zu ihr. „Ich liebe dich, Nami. Aber ich weiß nicht, wann ich wiederkomme. Ich will dir nicht im Weg stehen glücklich zu werden. Wenn du jemanden findest, der dich beschützt und dich glücklich macht, dann ist es vollkommen in Ordnung. Deswegen sollten wir auch beenden, was auch immer wir haben. Es ist wirklich wunderschön, aber du bist nicht bereit für eine Fernbeziehung, Nami.“

Er lächelte nicht. Es war sein Ernst.

Es brach Nami doppelt und dreifach das Herz. Aber sie verschloss ihren Schmerz hinter dieser Fassade aus Eis. Hinter dieser Fassade, die sie nur bei ihm fallen ließ. Und nun baute sie sie bei ihm wieder auf.

Lächelnd nickte sie. „Vielleicht findest du dort auch jemanden und wirst glücklich mit ihr. Vielleicht hilft sie dir mit deiner Schwester. Vielleicht findest du jemand viel besseres als mich, jemand der dich begleitet in den schwestern Stunden deines Lebens. Jemand, der-“

Ihre Stimme brach. Was war sie nur für ein Mensch? Sie müsste für ihn da sein. Und kein Stück anders. Sie müsste mitfliegen. Sie müsste ihn unterstützen. Sie liebte ihn doch.

„Nami.“ Seine Stimme klang sanft und beruhigend. „Alles wird gut.“

Sie schloss die Augen und ließ sich ein letztes Mal in seine Arme fallen. Ein letztes Mal durfte sie schwach sein. Noch ein allerletztes Mal.

 

„Was ist los, Schatz?“

Die Blauhaarige legte sich auf ihren Freund, der schon den ganzen Abend grübelnd auf ihrem Bett lag und ihr nicht wirklich viel Aufmerksamkeit schenkte. Sie konnte sich den Grund schon denken. Und allein der Gedanken ließ sie vor Eifersucht fast platzen.

„Hm?“ Ruffy sah fragend zu ihr hoch.

„Was los ist, habe ich gefragt.“ Sie sah gefrustet aus. Wütend. Ruffy merkte es natürlich auch.

„Ich mache mir Sorgen um Nami.“

Sie hatte recht. Elli hatte recht behalten. Nami würde noch so ein großes Problem werden. Es war alles so wundervoll, als Nami sich nicht eingemischt hat. Als sie sich aus ihrem Leben rausgehalten hatte. Aber nein. Jetzt musste sie auftauchen und alles kaputt machen. Aber sie würde ihr nie das Feld räumen. Ruffy war ihrer und den würde sie nie wieder weg geben. Niemals!

„Was hatte sie gestern?“

Ruffy sah in ihre strahlendblauen Augen. „Ich weiß es nicht.“ Und das war nicht mal gelogen. Er  wusste nicht wirklich, was gestern mit ihr war.

„Ich liebe dich.“

Er schaute ihr tief in die Augen. „Ich liebe dich auch.“ Dann küsste er sie. So innig wie schon lange nicht mehr.

Aber wieso fühlte es sich so komisch an? Wieso fühlte sich ihre Haut nicht so elektrisierend an wie immer? So anziehend. Oder so erregend. Wieso hatte er keinen Drang sie zu küssen? Und wie fühlte es sich so falsch an sie anzulügen – Moment, anzulügen? Er liebte sie doch! Er liebte sie.

Wieso sah er in ihren blauen Augen auf einmal so viel braun? Aber das spielte jetzt keine Rolle. Jetzt war nur Elli wichtig.

 

 

Sie hatte ihn zum Flughafen begleitet. Natürlich. Zumindest das war sie ihm doch schuldig. Aber es war alles so schwammig. Sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Es hatte in dem Moment angefangen, als er durch das Gate ging. Als sie wusste, dass er nicht mehr zurückkehren würde. Als ihr klar wurde, dass sie jetzt allein war. Ab da wurde alles schwammig. Sie lief wahllos durch die Straßen. Sie konnte nicht sagen, wo sie war. Sie konnte nicht darüber nachdenken. Ihr Kopf war leer.

Sie wollte nach Hause.

Die Orangehaarige wollte nur noch nach Hause. Aber wo war ihr Zuhause? Luki hatte ihr den Schlüssel zu seiner Wohnung gelassen. Aber diese Wohnung war ohne ihn so kalt. Ohne ihn war es dunkel und kalt und die Finsternis würde sie verschlingen. Ohne ihn war sie doch verloren. Aber noch viel weniger konnte sie ohne ihn in seiner Wohnung sein.

Doch in ihr Haus konnte sie auch nicht gehen.

Und mehr hatte sie nicht …

Plötzlich blieb sie vor einer Haustür stehen. Vermutlich hatte sie ihr Unterbewusstsein dahin geführt. Aber wo war sie? Die Tür kam ihr bekannt vor. So fremd und doch so bekannt …

Sie klingelte, vollkommen geistesabwesend. Sie wusste nicht mehr, was sie tut. Ihr Körper handelte vollkommen frei.

Sie klingelte ein weiteres Mal, als niemand aufmachte. Aber auch nach dem fünften Mal öffnete ihr niemand und Nami gab es auf. Was stand auf dem Namensschild? Monkey D. und Puma D.?

Es kam ihr so bekannt vor … aber woher kannte sie die Namen? Aber das war auch egal. Es spielte keine Rolle. Es spielte alles keine Rolle mehr, denn ihr Licht war weg. Einfach so.

 

Als sie das nächste Mal hochschaute, stand sie vor einer weiteren Tür. Sie kannte diese ebenfalls, aber konnte beim besten Willen nicht sagen, woher. Sie fühlte sich wie im Traum. Sie sah sich von oben handeln. Als würde sie oben schweben oder auf einer niedrigen Wolke sitzen und beobachten, was ihr Körper anstellt. Sie konnte es nicht bewerten, nicht steuern, sie sah einfach nur zu, als wäre es ein Film. Doch hier konnte sie ihn nicht mal anhalten. Es lief weiter und weiter und weiter.

Und auch als er plötzlich vor ihr stand, konnte sie nichts machen. Sie nahm ihn ja kaum wahr. Sie bemerkte ihn nicht.

Er schleifte sie mit. Brüllte sie an. Schlug sie.

Nami flog gegen die Wand, fiel auf den Boden. Sie hätte Schmerzen haben müssen, sie hätte schreien müssen, weglaufen. Doch ihre Beine trugen sie nicht. Ihr Kopf war leer. Kein Laut war ihrem Mund entwichen. Kein einziger.

Dass er sie am Arm packte und hochzog, merkte sie nicht. Auch dass er noch wütender wurde, weil sie wieder in sich zusammensackte, als er sie losließ, nahm sie nicht wahr. Nicht die Schläge, nicht die Tritte. Nicht die Schreie. Sie hatte nur ein Bild im Kopf. Nur ein einziges. Mehr sah sie nicht.

 

Er glaubte nie daran. Niemals. Das war doch alles Hokus-Pokus. Bullshit.

Aber dieser Traum …

Ace schaute aus dem Fenster. Es war mitten in der Nacht. Eine Straßenlaterne beleuchtete die einsame Industriestraße. Es regnete. Sogar ziemlich doll.

Er hatte einen Alptraum und der Schwarzhaarige hatte schon Ewigkeiten keine Alpträume mehr. Es kam bestimmt alles davon, dass sie über Nami geredet hatten und den Verdacht gegen Arlong haben. Das und die Sorge um Nami … das alles musste sein Unterbewusstsein verarbeiten. Genau. Nur deswegen hatte er das geträumt.

Aber … es hatte sich so real angefühlt. Er war dabei. Er war dabei, wie Arlong sie missbrauchte. Und er konnte nichts tun. Dieses Gefühl der vollkommenen Hilflosigkeit lähmte ihn. Es lähmte ich auch jetzt. Und er hatte so ein schlechtes Gefühl. Etwas stimmte gewaltig nicht. Etwas war nicht in Ordnung.

Sofort riss sich der Schwarzhaarige zusammen und griff zum Handy.

„Nojiko? Schatz? Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe, geht es dir gut? Ist alles gut bei euch?“

„Ja, bei mir ist alles gut.“ Sie gähnte durchs Telefon. „Wieso? Sollte etwas sein?“

Ace war zur Zeit viel in der Base, in seinem Quartier, von wo aus er arbeitete. Er hatte hier sein eigenes Zimmer, auch Law und ein paar andere schliefen hier ab und zu. Aber meist waren sie nachts es auf Achse. Heute schossen Ace so viele Gedanken durch den Kopf, sodass er sein Team allein losgeschickt hatte, das Projekt zu erledigen. Er hätte Probleme angerichtet, weil er nicht wirklich mit dem Kopf dabei war.

„Tu mir den Gefallen und sieh nach, ob Nami in ihrem Zimmer ist.“

Sofort gingen alle Alarmglocken bei Nojiko an. „Klar.“

Sie drückte das Handy fest an ihr Ohr, knipste das Licht and und griff nach der Waffe, die sie sich einmal heimlich von Ace gemoppst hatte. Er hatte es sicherlich bemerkt, aber nie was gesagt. Es war ihr recht. Er arbeitete im falschen Business. Sie wollte nicht wegen ihm sterben.

Die Lilahaarige öffnete leise die Tür und knipste auch im Flur schnell das Licht an.

Sie hatte eigentlich nie angst. Und allein auch nicht. Aber grade hatte sie so ein unglaublich beklemmendes Gefühl.

Sie lief den Gang schnell runter bis zu Namis Tür, die sie, ohne zu klopfen, einfach aufriss und in die Dunkelheit blickte. Schnell schaltete sie auch hier das Licht an, doch das Zimmer war leer. In dem Moment zog sich etwas in ihr zusammen.

„Sie ist nicht in ihrem Zimmer.“

Ace kniff die Augen zusammen. Sein Gefühl wurde immer schlechter. Was war da nur los?

„Ich schau noch schnell unten.“

Irgendwas war ja komisch, aber weil Nojiko nicht wie ein Angsthase aussehen wollte, sagte sie ihrem Freund nichts. Sie würde das ja wohl auch allein gebacken kriegen!

Behutsam lief die Kurzhaarige die Treppe runter, die Waffe fest in ihrer Hand. Sie entsicherte sie. Sicher war sicher. Und sie würde auch keine Sekunde zögern und schießen.

Ace hörte es natürlich. Dieses Klicken einer Waffe. Er wusste von Nojikos kleinem Diebstahl. Aber es war okay für ihn. Er hatte ihr das Schießen beigebracht, sie hatte einen Waffenschein gemacht und wenn sie sich damit sicherer fühlte, dann war es in Ordnung für ihn.

Nojiko lief die ganze untere Etage ab und oben im Bad schaute sie auch noch, doch jede Spur ihrer Schwester fehlte. Jetzt machte sich die Ältere Sorgen. Große Sorgen. Nami war definitiv etwas passiert.

„Ace, ich muss sie finden. Nami ist verletzt. Ich fühle es. Und wir sind nicht einmal durch Blut verbunden.“ Sie lachte verzweifelt.

„Nein. Warte. Bleib im Haus, ich kümmer mich darum. Ich werde sie finden, Nojiko.“

„Aber ich kann hier nicht einfach rumsitzen und tatenlos warten und hoffen, dass du sie mir heil nach Hause bringst.“

„Ich weiß, aber vertrau mir. Wenn du jetzt auf eigene Faust da raus gehst, passiert dir vielleicht auch noch etwas und so hilfst du Nami doch erst recht nicht!“

Nojiko biss sich auf die Lippe. Ace hatte recht. Aber sie konnte doch auch nicht hier einfach so sitzen und Däumchen drehen, wenn ihre Schwester vielleicht im Dreck und im Sterben lag.

„Okay. Ich bleibe hier.“ Sie resignierte. „Aber weißt du, was komisch ist?“

Ace erstarrte in seinem Treiben. Er war schon unterwegs nach unten, es war sonst keiner außer ihm hier, aber er würde sie, wenn es den nötig war, aus dem Bett klingenln und dann würden ihm seine Leute helfen, nach Nami zu suchen. Bis Nojiko weiterredete.

Sie sah vom Treppengeländer nach unten zur Haustür. „Ich bin mir ganz sicher, dass ich dir Tür abgeschlossen hatte, als ich ins Bett ging.“

Ace‘ Gesicht überkam ein dunkler Schatten.

„Sie ist es nicht mehr. Ich hätte es gehört, wenn Nami nach Hause gekommen wäre, wenn sie hochgelaufen wäre. Ich hätte irgendetwas gehört. Du kennst mich ja, ich werde von jedem kleinsten Geräusch wach.“

Was früher eine Last war, entpuppte sich jetzt vielleicht als Lebensretter.

„Hör mir gut zu. Wo bist du?“

„Oben.“

„Okay, pack dir von oben das Wichtigste, was du für heute brauchst, zusammen. Hast du noch die Waffe? Hast du sie bei dir?“

„Ja.“ Mist. Er wusste also wirklich davon.

„Lass sie nicht los. Schieß, wenn dich jemand bedroht. Geh auf keinen Fall raus und schließ die Tür auch nicht ab. Bleib am besten im Zimmer, ich hol dich in 10 Minuten ab.“

„Nein, du musst Nami suchen. Hier ist niemand. Ich schließe ab und alles ist gut. Morgen Vormittag komm ich denn zu dir –“

„Nojiko? Nojiko! Was ist los? Antworte mir!“ Mittlerweile rannte der Schwarzhaarige in sein Auto. Nami wird warten können.

„Bitte beeil dich.“

Sie hauchte. Er hörte ihre Angst. Er hörte sie. Sein Herz raste. Sein Kopf überschlug sich vor Gedanken.

 

Puma D. Ace hatte noch nie in seinem ganzen Leben solche Angst gehabt.

 

 

Der Regen war kalt. Der Asphalt war noch viel kälter.

 

Der Boden war rot. Wasser mit Blut vermischt.

 

Ein Haus. Ein Hochhaus. Ein Gebäude.

Wieso war sie hier? Wo war hier überhaupt?

Sie merkte nicht, wie sie zitterte. Sie merkte den Schmerz nicht. Sie merkte das Blut nicht. Das Blut, das ihr am Körper runterrann und sich mit dem Regenwasser vermischte. Sie sah nur das Haus. Es war überall dunkel in dem Haus. Wieso? Wieso war sie hier? Wer wohnte dort?

 

Das Mädchen merkte nichts um sich herum. Sie nahm nichts wahr. Nicht die Schmerzen. Nicht ihre Umgebung.

Sie sah nicht das schwarze Auto, das um die Ecke bog. Das an ihr vorbei fuhr und dann ruckartig stehen blieb. Sie sah nicht den Mann, der ausstieg und eilig auf sie zurannte. Sie sah das alles nicht.

Schwärze fing an sie zu umgeben. Sie hatte das Haus fixiert, aber auf einmal wurde alles schwarz. Sie wollte gucken. Sie wollte das Haus sehen. Sie wollte rein. Wieso?

Sie versuchte einen Schritt zu machen, doch ihr Fuß knickte ein und sie fiel zu Boden. Es war alles schwarz, aber sie wusste, dass sie vor dem Haus war. Sie konnte noch denken. Wieso gab ihr Körper denn so plötzlich nach? Wieso war es so schwarz? Sie wollte doch das Haus sehen … sie wollte in das Haus gehen. Sie wusste nicht wohin sonst … das war ihr letzter Gedanke, bevor ihr die Schwärze das Bewusstsein raubte.

Kämpferherz

Den Schmerzen zufolge musste mindestens eine Rippe gebrochen sein.

Mist.

Das war echt bescheiden gelaufen.

Seufzend fuhr sich die Orangehaarige durch ihr zerzaustes Haar.

Scheinbar war es morgen. Ob der Morgen danach, ein Tag später, eine Woche, ein Monat – das konnte sie nicht sagen. Aber den Verletzungen zufolge konnten es allerhöchstens ein paar Tage sein. Aber selbst das glaubte sie nicht. Denn sonst würde einer bei ihr sein.

Und wenn sie so darüber nachdachte, wo waren denn alle?

Kein Ruffy, kein Zorro und kein Sanji hier. Und sonst auch niemand.

Sie war sich sicher, dass wenn ihre Jungs erst bescheid wüssten, sie sie nicht mehr aus den Augen lassen würden. Und doch war sie alleine in einem Zimmer, das sie nicht kannte. Sie war noch nie vorher hier gewesen.

Sie konnte sich an Teile des Tages zuvor erinnern. Nun waren sie klar. Und nicht so verschwommen und durcheinander. Das, was sie wahrgenommen hatte, war so klar wie nie. Und die Dinge, die an ihr vorbeigingen, waren jetzt auch leer.

Aber im Grunde wusste sie, was gestern passiert war.

Luki war weg.

Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Und schon wieder wollte sie zusammenbrechen. Aber das ging nicht mehr.

Das gestern … das war so krass gewesen. Sie hatte absolut keine Kontrolle mehr über sich. Sie konnte nichts tun. Sie konnte sich ihr Verhalten jetzt nicht wirklich erklären.

Sie wusste nur, dass als Luki ging, etwas in ihr zerbrach. Und es hatte sie betäubt. Es hatte ganz kurz so doll wehgetan und dann war sie wie in Watte gehüllt.

Sie war zu Ruffy gelaufen. Aber dort hatte ihr keiner aufgemacht. Wahrscheinlich war keiner zuhause. Naja, es musste so gewesen sein. Sonst hätte ihr definitiv irgendjemand aufgemacht.

Und dann … sie wusste nicht genau, wie sie dahin kam. Aber plötzlich war sie bei Arlong zuhause. Wieso? Das verstand sie nicht. Wieso hatten ihre Beine sie ausgerechnet zu ihm getragen?

Die Orangehaarige hob ihre Arme in die Luft. Beide waren mit Verband umhüllt. Aber sie konnte sie bewegen und hatte kaum Schmerzen, also war nichts gebrochen. Sie spürte auch ihre Beine und konnte sie bewegen. Also hatte sie da auch nichts gebrochen. Nur die Rippen …

Seufzend richtete sich das Mädchen langsam auf. Sie hatte wirklich Schwierigkeiten, so ein Rippenbruch tat wirklich ungemein weh.

 

„Ich muss los.“

„Wohin? Nein, ich möchte, dass du noch bleibst.“

Verträumt kuschelte sich die Blauhaarige an ihren Freund und hielt ihn fest. Er sollte nicht aus dem Bett gehen. Sie wollte ihn doch bei sich. Er gab ihr Wärme und Trost. Er durfte sie jetzt nicht allein lassen. Niemals!

„Elli …“, er klang gequält und versuchte sie sachte von sich runter zu drücken. „Ich muss.“

Sie hob den Kopf. „Wieso denn?“

„Nami wu-“

„Nein!“, unterbrach sie ihn. „Du gehst nicht zu ihr!“

Ruffy sah sie geschockt an. „Was?“

„Ich will nicht, dass du zu ihr gehst!“ Sie klammerte sich an seine Brust.

„Sie ist meine Freundin, Elli. Und sie braucht mich jetzt. Ich muss zu ihr.“

„Nein“, presste sie hervor.

Ruffy seufzte. „Wenn dir etwas passiert wäre, wäre ich auch sofort zu dir geeilt.“

„Aber ich bin deine feste Freundin. Da ist das ja auch selbstverständlich!“

„Und Nami ist meine beste Freundin.“

„Ach, und dass sie dich jahrelang wie Luft behandelt hat, ist scheißegal? Einmal aufgetaucht und schon wieder best friends?!“

„Elli, was soll das?“ Sein Blick war ratlos, verständnislos. Er verstand sie nicht.

„Liebst du sie?“

Sie setzte sich auf und schaute ihm in die Augen. Sie wollte eine ehrliche Antwort.

„Ja.“

Ihr Herz brach in dem Moment. Er sah es. Er sah es in ihren Augen und es brach ihm auch das Herz. „Aber ich liebe alle meine Freunde. Ich liebe dich auch, Elli.“

„Du wirst mich verlassen, richtig?“

Er sah sie geschockt an. „Wie kommst du darauf?“ Sanft fasste er sie an den Armen an und sah ihr in die Augen.

„Du liebst sie …“

Er hatte sie noch nie so verzweifelt gehört. Noch nie sah sie so ängstlich und zerbrechlich aus. Noch nie.

„Aber du bist meine feste Freundin und ich bin mit dir zusammen und das werde ich auch nicht ändern.“

Die Blauhaarige hatte Tränen in den Augen. Wieso konnte sie es ihm nur nicht glauben?

Er küsste sie auf die Wange.

„Ich muss los.“

Der Schwarzhaarige ließ sie los, drehte sich um und fing an sich anzuziehen.

„Wenn du gehst, ist es aus.“

Ruffy erstarrte.

„Ja, du hast richtig gehört. Wenn du zu ihr gehst, wenn du mich jetzt alleine lässt, dann war’s das.“

Ruffy drehte sich zu ihr um. „Das kann nicht dein Ernst sein.“

Doch ihr Blick war so entschlossen. So fest. Verletzt, so tief verletzt und hoffnungsvoll, aber fest.

Er liebte sie. Aber er konnte nicht Nami allein lassen. Etwas war ihr passiert. Law hatte ihn gerade angerufen und ihm gesagt, dass er vorbei kommen solle. Dass Nami ihn jetzt brauche.

Er seufzte.

Er liebte sie.

Mit gesenktem Kopf zog er sie mit runter aufs Bett. Und atmete aus.

 

Wo war nur Ace? Er war nicht in der Base. Schon die ganze Nacht nicht und den ganzen Morgen auch nicht. Er war nicht auf seinem Handy erreichbar. Das war überhaupt nicht seine Art. Er war noch nie einfach so verschwunden. Zumindest hatte er immer bescheid gesagt, wenn er eine Auszeit brauchte und abhaute. Aber nie so.

Da machte sich der Arzt schon ein wenig Sorgen. Aber er wusste auch, dass sein Freund wusste, was er tat. Er war alt genug. Er konnte auf sich selbst aufpassen. Und wenn er am Abend noch immer nicht da war, dann würde er Himmel und Hölle in Bewegung setzen und den Jungen finden. Koste es, was es wolle!

Aber vielleicht sollte er jetzt nach seinem Patienten schauen.

Es schockte ihn ja immer noch leicht, wie er sie gestern aufgefunden hatte. Brutal verprügelt. Diese leeren Augen. Und dann der vollkommene Zusammenbruch. Viel schlechter konnte es einem Menschen nicht gehen.

Law musste jetzt herausfinden, wer ihr das angetan hatte. Aber ein Glück war sie dahin gekommen. Und ein Glück war er zur Base gefahren. Eigentlich wollte er nach Hause. Aber er hatte so ein dumpfes Gefühl gehabt, das ihn dahin getrieben hatte. Und es war goldrichtig gewesen. Manchmal gab es schon eigenartige Zufälle.

Und Ace hatte ja gewollt, dass sie bei ihnen einsteigt. In ihre alte Bande zu gehen, wäre ziemlich unklug von ihr, aber er kannte Nami ja auch schon eine Weile und er wusste, wie ambitioniert dieses Mädel war. Wenn die sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog sie dies auch bretthart durch.

Der Schwarzhaarige öffnete die Tür und seufzte.

„Du dummes Ding.“

Er drehte sich auf dem Absatz um und ging in sein Büro. Er hatte noch viel Arbeit.

Das Zimmer war leer.

 

„Was ist dir das Wichtigste, Nami?“

Diese Stimme, sie verabscheute sie. Diesen Menschen, sie fürchtete ihn und verabscheute ihn. Wenn sie könnte, wenn sie wüsste, sie könnte, würde sie ihn umbringen. Eigenhändig. Aber sie wusste, dass er zu viele Sklaven hatte, die ihn rächen würden. Und dann würde sie nicht allein untergehen. Dazu kannte sie Ruffy leider zu gut.

„Was willst du?“

Ihre Stimme war hasserfüllt. Aber sie zitterte innerlich. Die Panik ergriff sie wieder. Aber nur innerlich. Sie ließ sich sowas generell nicht anmerken. Außer gestern natürlich. Aber gestern war eine Ausnahmesituation. Gestern zählte nicht.

„Wie viel ist dir deine Schwester wert?“

In dem Moment passierte etwas in Nami.

Es ging plötzlich nicht mehr nur um sie selbst. Oder?

„Was hast du mit ihr gemacht?“

„Noch nichts. Antworte mir, Nami.“

Sie schluckte. Ja, etwas geschah gerade mit ihr. Denn auf einmal hörte das Zittern auf. Auf einmal war die Angst vor ihm weg. Denn es ging nicht mehr um sie. Nami würde alles für ihre Schwester ertragen. Alles. Und ab dem Moment würde sie auch alles für sie tun.

„Alles. Ich würde alles für Nojiko tun. Was willst du von mir, Arlong?“

Ihre Stimme klang leer, doch Nami war aufgewühlt. Und so schrecklich wütend. Wenn er ihr irgendetwas, irgendetwas, angetan hatte, dann war er dran. Dann waren ihr die Konsequenzen egal. Es zählte nur noch ihre Schwester. Nur noch Nojiko. Und alles andere war egal. Und wenn er sie wieder vergewaltigte, sie würde es mit Würde ertragen. Weil sie kein wehrloses Mädchen mehr war, sondern es für ihre Schwester tat. Ab jetzt hätte es alles einen Grund. Ab jetzt würde es sie nicht mehr so furchtbar auffressen.

Zumindest hoffte die Orangehaarige das.

Arlong lachte. „Shahahahahahahaha. Das ist gut, Nami. Das ist sehr gut. Ich erwarte dich hier.“

Mit den Worten legte er auf.

Und in dem Moment war sich Nami plötzlich nicht mehr so sicher, ob sie es konnte.

Konnte sie einfach zu dem Mann, der sie jahrelang gepeinigt hatte? Der sie jahrelang unterdrückt hatte? Sie jahrelang missbraucht hatte. Ihr jahrelang Alpträume beschert hatte, sie so kaputt gemacht hatte, dass sie keine Nacht mehr durchschlafen konnte. Dass sie allein war. Dass sie verzweifelt war.

Noch nie war sie freiwillig bei ihm. Noch nie.

Aber sie musste jetzt. Für ihre Schwester. Für Nojiko. Sie musste jetzt zu ihr. Sie musste zu Nojiko. Denn Nojiko hätte nie hier reingezogen werden dürfen. Niemals. Nojiko hatte gar nichts mit irgendetwas zu tun.

Die Wut packte die Orangehaarige wieder.

Sie musste es beenden.

All für alle Mal.

Sie musste es beenden.

Sie musste den Wahnsinn stoppen.

Sie musste anfangen sich gegen Arlong zu wehren.

Sie musste … aber …

Nami ließ das Handy auf den Boden fallen, sackte an der Wand zusammen.

Sie konnte nicht einfach zu ihrem Peiniger laufen. Ganz allein.

Verzweifelt schaute sie auf, an der Wand hing ein Bild von Nami und Luki. Da waren sie auf dem Weihnachtsmarkt, beide mit einem Becher Glühwein in der Hand zu sehen. Sie sahen glücklich aus. Sie sahen nur deswegen, weil Nami wusste, dass sie es nicht gewesen war. In dem Moment schon, aber generell nicht. Es war ihr einfach zu schlecht gegangen damals. Immer noch. Aber nicht mehr ganz so krass.

Luki war aber auch nicht mehr da. Sie hatte Luki schon verloren.

Heiße Tränen bahnten ihren Weg nach außen.

Aber das war das Problem.

Sie hatte Luki schon verloren. Sie konnte jetzt nicht ihre Schwester auch noch verlieren.

Nein.

Sie konnte nicht.

 

Ruffy wusste nicht, was er von alledem halten sollte. Er verstand Elli nicht. Er verstand sie nicht. Und er wusste jetzt, dass es ein Fehler war. Ein riesengroßer. Und wenn sie ihn das nächste Mal erpresste, würde er es nicht mehr mit sich machen lassen. Denn das war keine Liebe mehr. Das war nur noch ein krampfhaftes Ersticken.

Er konnte seine Freunde doch nicht hintergehen, sie im Stich lassen, nur weil seine Freundin mit ihm im Bett sein wollte.

Es machte ihn so unglaublich wütend auf sich selbst. Was hatte er sich dabei gedacht? Was?!

Er könnte ausrasten. Er könnte sich selbst erschießen und er würde es tun, wenn er wüsste, dass es Nami helfen würde. Aber leider brachte er ihr tot nichts.

Und nun wusste er wieder nicht, wo sie war.

Wütend peste er hin und her im Raum.

Er war so schnell wie möglich am Abend zur Base gefahren. Nur um herauszufinden, dass sein Bruder spurlos verschwunden war und Nami auch nicht mehr hier.

Und dann war Nami auch noch ziemlich verletzt. Gebrochene Rippen, geprellte Knochen. Sie war wohl ziemlich verprügelt hierher gekommen in der Nacht. Und war zusammengebrochen unter den Schmerzen.

Er hätte da sein müssen.

Aber was brachten jetzt Vorwürfe? Das brachte doch auch niemanden mehr zurück.

Jetzt musste er nachdenken.

Ganz in Ruhe.

Aber wie zur Hölle sollte er in Ruhe nachdenken können, wenn er wusste, dass sich irgendein Bastard an Nami vergangen hat und er nicht auf sein beschissenes Gefühl gehört hatte und nicht zu ihr gefahren war, als sie noch da war! Wie also sollte er da ruhig sein?!

 

„Hey, Ruff‘. Was ist passiert?“

Ein Glück war Zorro sofort gekommen. Der Schwarzhaarige war nicht mal in der Lage, ihn anzurufen, also hatte er ihm eine kurze, knappe SMS geschickt, von wegen: „Ace. Jetzt.“ Ein Glück hatte Zorro den Inhalt verstanden. Sonst wäre er aufgeschmissen.

„Nami ist weg. Ace ist weg.“

Es ging nicht. Sein Kopf rauchte. Er konnte keinen einzigen klaren Gedanken fassen.

Nicht. Einen.

„Hallo Zorro.“

„Hey, Law. Kannst du mir vielleicht kurz erklären, was hier vor sich geht? Ruffy scheint ja nicht mehr ansprechbar zu sein.“

Law beäugte den jüngeren Bruder seines besten Kumpels und seufzte.

„Eure Freundin war heute Nacht hierher gekommen. Ich habe sie draußen aufgeschnappt. Sie muss verprügelt worden sein. Ein paar gebrochene Knochen, Blessuren, was du halt von sowas davonträgst. Sie war zusammengebrochen, aber alles nichts Lebensbedrohliches. Sie ist heute Morgen auch direkt wieder abgehauen. Und ace ist seit gestern auch spurlos verschwunden. Er geht nicht an sein Handy ran, keiner kann ihn erreichen.“

Plötzlich krachte etwas zu Boden.

Beide drehten sich in Sekundenschnell zu Geräschquelle um. Der Tisch stand eigentlich in der Mitte des Raumes. Vor der Couch und vor dem Fernseher.

Nun nicht mehr. Nun lag er in Einzelteilen an der Wand.

„Ruff‘ beruhige dich doch.“

Zorro sah seinen Freund besorgt an. Das war nicht normal, dass Ruffy so ausrastete.

Der Schwarzhaarige keuchte vor Anstrengung. Er musste sich beruhigen. Irgendwie. Aber er konnte nicht.

Er war nicht da. Er war einfach nicht da. Er war nicht da für Nami. Sie hatte ihn doch gebraucht.

 

Sie hatte Mut gefasst.

Sie musste.

Die Tür war riesig. Sie war aus Stahl. Keiner würde einfach so durchkommen.

Die Kamera in der Ecke richtete sich auf sie.

Nami hasste es beobachtet zu werden.

Sie war hier. Sie war gekommen. Nojiko brauchte sie. Plötzlich surrte die Tür und sie konnte sie aufdrücken.

Vor ihr eröffnete sich ein riesiger Garten mit vielen Bäumen, wunderschön gepflegtem, grünen Gras, Blumen – wozu brauchte so ein Ekel Blumen?! – und der gepflasterte Weg für Autos und Fußgänger, um zu dem riesigen Anwesen zu kommen. Es sah aus wie eine Burg oder ein Schloss. Eine Villa durch und durch.

Sie konnte nicht zählen, hoch das Gemäuer ging. Oder wie weit in die Breite. Bestimmt hatte er auch Kerker.

Aber Nami kannte das doch schon. Sie war schon ein paar Mal hier gewesen. Immer in Begleitung Arlongs aber. Noch nie war sie aus mehr oder weniger freiwilligen Stücken hier. Niemals.

Sie betrat das immense Haus. Es sträubte sich alles in ihr. Sie wollte nur noch raus. Schon vor dem Tor hatte sie überlegt wieder umzukehren.

Mal abgesehen von den ganzen Blessuren, die ihr wirklich zusetzten. Sie konnte auch nicht gut atmen. Die Rippen mussten ihr auf die Lungen drücken. Bei jedem verfluchten Atemzug musste sie sich zusammenreißen, um nicht einen Schmerzenslaut von sich zu geben. Und ihr Gesicht tat ihr weh.

Sie hatte sich im Spiegel gesehen. Sie hatte es sofort bereut. Das rechte Auge blau, das linke aufgerissen. Natürlich langsam auch blau. Die Lippe aufgerissen.

Aber sie hatte, so gut es ging, alles mit Make-Up verdeckt. Sie würde sich keine Blöße geben. Nicht vor ihm.

„Nami. Wie froh ich bin, dich zu sehen.“

Er kam die große Treppe in der Mitte des Flures heruntergelaufen. Mit offenen Armen.

Nami atmete schneller. Ihr Puls war auf 360. Sie fühlte sich, als würde sie ersticken.

Sie hatte Panik.

Aber sie wollte sich ihm stellen. Sie wollte stark sein.

Es ging um Nojiko.

Nojiko!

Sie ließ sich umarmen. Natürlich erwiderte sie die Umarmung nicht!

„Gut siehst du aus, mein Mädchen.“

Es war wie immer. Er tat wie immer, als wäre nie etwas geschehen. Und bislang hatte sie auch immer mitgespielt.

„Komm, lass uns nach oben gehen.“

Sie verkrampfte, und als er einen Arm um sie legte, wand sie sich zum ersten Mal seit langem raus.

„Wo ist Nojiko? Ich will nur zu Nojiko!“

Ihr Blick war fest.

Arlongs Lächeln schwand.

Sie hatte immer versucht stark zu wirken, wenn er Spaß mit ihr hatte, aber sie hatte schon lange aufgegeben, dieser Funke war schon lange nicht mehr in ihren Augen. Er hatte sie schon lange gebrochen.

Aber was sollte dann das jetzt? Wieso zeigte sie plötzlich Widerstand?

Aber wenn er ehrlich war, er stand auf Herausforderungen.

Die Orangehaarige blieb stehen. Nojiko war hier nicht. Das wusste Nami.

„Arlong, lass Nojiko gehen. Sie hat mit der ganzen Sache nichts zu tun. Sie hat nichts gemacht. Zieh sie nicht in diese Scheiße rein!“

Er liebte Herausforderungen. Oh ja.

 

Sein Handy klingelte plötzlich. Er hatte es die ganze Zeit in der Hand gehalten und als er sah, wer ihn anrief, glaubte er zuerst, es sei ein Traum. Bis er sich besann. Und merkte, dass es immer noch klingelte. Und da immer noch ‚Nami‘ draufstand.

„Nami! Wo bist du? Wie geht es dir? Nami? Was ist passiert?! Sag mir, wer es war, Nami! Sag es mir! Ich bringe ihn um. Ich bringe sie alle um. Sag es mir nur, Nami. Nami! Nami!“

Endlich musste Ruffy nach seinem explosionsartigen Redeschwall Luft holen. Und das war der Moment für Nami, das Wort zu ergreifen.

„Ruffy … ich brauche deine Hilfe.“

Endlich wurde Ruffy ruhiger. Endlich konnte er stehen bleiben. Und das tat er. Sein Blick verdüsterte sich. Und sein Körper spannte sich an.

„Was ist los, Nami?“

Seine Stimme klang fest. Emotionslos. Gefährlich.

Er war immer noch geladen, aber er konnte jetzt wieder denken. Wieso, wusste er auch nicht.

Er nickte und legte auf.

„Komm Zorro, wir müssen los.“

Der Schwarzhaarige schaute zum besten Freund seines Bruders. „Ace ist da scheinbar in eine ganz schöne Scheiße geraten.“

Law runzelte die Stirn.

„In einer Stunde. Pont-Du-Lac-Platz. Es steigt mal wieder ein Rennen.“

Laws Miene verdunkelte sich auch sofort. Er nickte.

Zorro sah beide verwirrt an. Er war noch nie in dieser Branche tätig gewesen. Egal. Nami hatte sich scheinbar gemeldet. Er wollte wissen, wie es ihr ging. Was los war. Wer es gewagt hatte Hand an sie zu legen. Oder Schlimmeres …

 

Es war voll. Es war laut. Es war bunt. Aber nicht wirklich hell.

Wie immer.

Es war wie immer.

Sie hoffte nur, Ruffy beeilte sich. Dass Ruffy bald da war. Hoffentlich kam er gleich.

Die Orangehaarige stand neben ihrem orangenen Lambourghiniflitzer. Natürlich umgebaut und getunet. Aber trotzdem ein Lambo. Und sie war unglaublich stolz auf ihn. Den hatte sie sich mal aus der Gang geklaut. Die vermissten die eh nicht, so oft wie dort Autos geschrottet wurden – teure Autos.

Sie musste fahren. Es ging wieder um einen Koffer. Arlong wollte den. Was auch immer in dem Koffer war, scheinbar war es viel wert. So viel, dass ein Menschenleben davon abhing.

Die Orangehaarige war zu Hause gewesen, hatte geduscht, ihre Verbände abgemacht, sich geschminkt, wieder diesen Hauch von nichts angezogen und nun stand sie hier, unter immensen Schmerzen leidend und wartete auf Ruffy, der sich doch hoffentlich beeilte.

Sie hätte nicht die Verbände abnehmen dürfen, sie wusste das. Aber sie hätte sonst nicht das knappe Top anziehen können, das nur ihre Brüste bedeckte. Sie brauchte einen nackten Bauch. Den hatte sie aber auch überschminken müssen. Von Glück konnte sie nur reden, dass es dunkel war und keiner so genau hinsah.

„Nami!“

Erleichterung breitete sich in ihr aus. Jetzt würde die Welt zumindest nicht mehr untergehen.

Ruffy kam mit Zorro auf sie zugerannt. Sie stand schon mitten auf der Straße und da es voll war, mussten sich die Jungs erst zu ihr durchkämpfen. Aber als sie endlich bei ihr waren, hätte sie nicht glücklich sein können. Scheiß auf ihre Fassada, sie freute sich einfach nur so unglaublich, dass ihre besten Freunde da waren und sie nicht weiterhin allein durch diese Hölle musste.

„Ruffy, Zorro.“

Sie umarmte sie beide gleichzeitig, so groß war die Freude der Orangehaarigen.           

„Geht es dir gut?“, fragte der Grünhaarige besorgt. Er musterte sie und seufzte laut. Sie sah gar nicht gut aus. Sie konnte andere vielleicht täuschen, aber er konnte durch die Schminke hindurchsehen. Er konnte durch ihre Augen durchsehen. Aber sie war auch offener. Sie versteckte sich nicht mehr so. Er fragte sich wieso.

Nami nickte. „Es geht. Also schon. Könnte besser sein.“

Ruffy hielt sie immer noch an den Oberarmen. „Was ist passiert?“ Er sah ihr fest in die Augen.

Diesem Blick hatte sie noch nie widerstehen können. Bei diesem Blick hatte sie ihm immer alles erzählt, was er wissen wollte. Doch diesmal musste sie standhaft bleiben. Sie würde es ihm erzählen. Ja, sie würde. Das hatte sie beschlossen, als sie Arlongs Anwesen wieder verlassen hatte. Sie würde jetzt um Nojiko und auch um sich selbst kämpfen. Und sie würde Ruffy einweihen. Und Zorro auch. Sie würde sie um Hilfe bitten. Aber nicht jetzt. Jetzt ging es nur um Nojiko.

Nami schüttelte den Kopf. „Ruffy, das spielt im Moment keine Rolle. Es geht jetzt um Nojiko. Arlong hat sie entführt und erpresst mich jetzt mit ihr. Ich muss dieses Rennen gewinnen, er will den Koffer.“

„Und dann lässt er Nojiko frei?“

Nami sah gequält zu Zorro rüber. „Ich weiß es nicht. Ich glaube es nicht. Ich werde dafür kämpfen, ich werde sie da rausholen. Irgendwie. Aber es wird mehr bedürfen als diesen einen Koffer.“

Eine Hand, die sich auf ihre Wange legte, macht sie auf Ruffy aufmerksam.

„Ich lass dich das nicht mehr allein machen, Nami. Wir holen sie zusammen da raus.“

Nami lächelte leicht. Ein ehrliches Lächlen. Seit langem wieder.

„Aye, Käpt’n.“

Und das zauberte auch den beiden jungen Männern ein Lächeln auf die Lippen. Sie hatten ihr Mädchen zurück.

„Aber“, sie keuchte. „Ich brauch Drogen, Schmerzmittel, irgendwas.“

Nami krümmte sich leicht, stützte sich an Ruffy.

Ruffy nickte Zorro zu, welcher sich sogleich auf machte in Namis Wagen zu steigen.

„Was soll das?“

Ruffy umarmte sie und versuchte sie weg von dem Wagen zu führen. Sie schüttelte wild den Kopf.

„Nein. Nein. Ich muss fahren. Ich muss fahren, Ruffy. Ich brauch nur Schmerzmittel und dann geht es schon wieder.“

Ihre Verzweiflung machte Ruffy kaputt. Immerhin hatte er es verschuldet. Hätte er sie nicht gehen lassen, wäre sie nie so verletzt worden. Vielleicht später, aber nicht an dem Tag und nicht so und wenn er dann gekommen wäre und wenn –

„Ruffy.“

Sie holte ihn wieder auf die Erde.

Er sah ihr in ihre wunderschönen braunen Augen.

„Es geht um Nojiko. Bitte.“

Sie hauchte fast. Hatte er sie überhaupt gehört? Aber anscheinend schon, denn er hielt an und hielt sie ein wenig lockerer, sodass er ihr nicht noch mehr Schmerzen bereitete, als sie eh schon hatte. Dann nickte er.

Ruffy nahm jetzt ihre Hand und führte sie wieder zurück zum Wagen. „Ich bin gleich wieder da.“

Nami nickte.

Als Ruffy wiederkam, saß Nami auf dem Fahrersitz und Zorro saß neben ihr. Er würde auch nicht aus diesem Auto steigen, bevor Nami es auch verließ. Er würde mit ihr fahren. Er würde dabei sein. Um jeden Preis.

Ruffy stieg hinten ein und streckte sich nach vorne. Er hielt eine Pille und eine Flasche in der Hand.

„Hier, nimm. Law meinte, es ist das Stärkste, was er hatte, ohne dass es dich benebelt.“

Nami nickte. So stark konnte es dann leider nicht sein. Egal. Alles war besser als diese beißenden Schmerzen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (49)
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Von:  6orange
2016-07-12T17:57:17+00:00 12.07.2016 19:57
Heeeyyy!!!
Ich habe mir wieder Mal deine Stories durch gelesen und ich mag sie immer noch sehr 🙌 😁. Ich dachte, ich gebe nochmal ein kommi ab, wenn ich es schon wiederholt lese 😂
Von:  Lady_Jenni
2012-08-13T18:45:40+00:00 13.08.2012 20:45
heyy ;D siehst du nicht nur ich will unbedingt weiter lesen ^^

Hammer Kapitel entlich lässt sie sich ein bisschen helfen ><
bin mal gespannt was mit dem armen ace ist oO
echt mal arlong dieser schweinehund..... ich hoffe ruffy bekommt ihn zu fassen und...... *fantasiert* *fg*

ich freu mich echt wahnsinnig das du die motivation wieder hast und auch sehr inspiriert worden bist wie mir scheint ^^

und natürlich freu ich mich auch total das es so schnell geht :D

zu guter letzt freu ich mich aufs nächste kapi ;P

VlG Nami
Von:  6orange
2012-08-13T18:06:38+00:00 13.08.2012 20:06
Heeeeyyyyy, das ist ein tolles kapi!!!! Ich kann weder Elli, noch Arlong leiden. Es wird immer spannender, ich kann es kaum noch erwarten weiter zu lesen. Bitte, bitte schreib weiter!
Du bist echt klasse!!!!
LG
Von:  Namileinchen
2012-08-13T17:26:38+00:00 13.08.2012 19:26
Ouh WOW... Warum bin ich nicht früher auf die Story gestoßen?!
Okay... Also...

Erstmal bin ich sprachlos... Ich meine... Hast du dir mal durchgelesen was für eine hammer Fanfiction du da schreibst?!
Sie ist einfach nur spannend und... ich darf durch mein Zimmer laufen und meine Nerven wieder aufsammeln!:O

Irgendwie fehlen mir gerade die deutschen Wörter...
ich versuchs auf englisch :D
AMAZING, EXCITING, FANTASTIC WOW!

Ich bleib auf jeden Fall dran... Ich muss wissen wie das ausgeht...
Nami tut mir einfach so leid... Und Ruffy und Zorro ♥♥♥♥
Biiiitte, hör niemals auf zu schreiben...
Ich freu mich so auf das nächste Kapitel *-*

Alina :-*
Von:  Hina09
2012-08-11T12:23:03+00:00 11.08.2012 14:23
Tolles Kapi ^^
Ich freu mich so das du endlich wieder weiter schreibst :D
Ich liebe Broken Apart einfach, kann nicht genug davon bekommen :)
DU schreibst wirklich richtig gut ;)
Bitte schreib schnell weiter, ich bin schon richtig gespannt wie es weiter geht :)

Lg Hina09
Von:  6orange
2012-08-09T15:26:39+00:00 09.08.2012 17:26
woooow!!! Das warten hat sich so was von gelohnt!!!!
Ich hab die ganze fanfic noch mal gelesen, (extra als ebook runtergeladen, was ich vor ca. 2-3 Monatenen schon einmal gemacht habe und ich glaub ich habs schon über 4mal gelesen und werds wahrscheinlich noch öfters lesen).
Deine Geschichte ist echt der Hammer. Hab ich dir schon gesagt, dass dieser ff mein absoluter lieblings ff ist von One Piece, (die sogar nicht in der One Piece Welt spielt)?! (Deine anderen ff die in der One Piece Welt spielt find ich natürlich auch supiiii) Ach und glaub mir ich habe jede Menge ff gelsesen, aber so leicht kommt keiner an deiner ff an.

Ich freu mich jetzt schon auf den nächsten kapi!!!!
lg ;)
Von:  Lady_Jenni
2012-08-09T13:54:46+00:00 09.08.2012 15:54
danke danke danke >< ich hab fast nen herzinfakt bekommen also ich sah das ein neues kapi von Broken Apart on ist *.* und es ist wie immer de hammer!!!
der arme ace... jetzt wird nojiko da auch mit rein gezogen
alrong dieses miese schwein ich konnte den schon nie leiden xDD

jedenfalls ich freu mich wahnsinnig das du die ff doch no net aufgegeben hast :D

und wie immer freu ich mich auch schon aufs nächste ^^

VlG nami ;)
Von:  fahnm
2012-08-08T20:37:02+00:00 08.08.2012 22:37
Klasse Kapi^^
Cool das du wieder schreibst.^^
Von:  Lady_Jenni
2012-04-24T21:42:30+00:00 24.04.2012 23:42
Hey ho ;D

Ich hoffe ich nerv nicht aber ich wollte mal fragen ob du die geschichte weiterführst oder nicht?
wenn nicht wäre es nämlich sehr sehr schade...
Is einer der besten Ruffy&Nami geschichten die ich kenne und ich würd wirklich gern wissen wies weiter geht :D
ich hab mir die ff schon so oft durchgelesen das ich sie schon fast auswenig kann xD und natürlich hab ich darüber fantasiert wies weiter gehn könnte aber es is doch nochmal was anderes es aus deiner sicht und vor allem deinem schreibstil zu erfahren... ich mein halt wie du dirs gedacht hast wies weiter geht und endet.

Also Fazit: Ich würde mich unendlich freuen wenns weiter gehn würde :D

Und auf deine ENS Liste will ich auch *gg*

Vlg Nami
Von:  NamiiLove
2011-06-24T12:52:04+00:00 24.06.2011 14:52
Hi!
Ich hab mir dein Story durchgelesen und finde sie absolut spannend!
Dein Schreibstil is toll!
Weiß nit was ich dazu noch sagen soll... :D
LG Marleen

P.S.:Kannst du mich auch auf die ENS-Liste setzen? Kann kaum erwarten das es weiter geht! ;3


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