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C'est la vie

Augenblicke, die das Leben schrieb
von

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Warten - Blaise & Pansy

Die Nacht hatte sich über London gelegt. Der Nebel strich durch die Gassen und kündigte den Herbst an, der den Sommer nun endgültig vertrieb. Am Himmel hingen dichte Wolken und nahmen ihm die Sicht auf den Mond. Doch selbst in einer sternenklaren Nacht hätte er wohl keinen Blick nach oben geworfen. Mit hochgeschlagenem Mantelkragen eilte er die Straße entlang, die Hände tief in den Taschen verborgen.

Wie oft war er dieser Straße schon gefolgt, wie oft war er mitten in der Nacht hierher gekommen? Er konnte es kaum zählen. Er kannte jedes Detail dieses Weges, den Baum, den er vor ein paar Monaten im Wutanfall beinahe in Brand gesteckt hatte. Ein Stück weiter war der Blumenladen, in dem er ihr jedes Mal Blumen besorgte. Heute war es viel zu spät, um ihr ein Geschenk mitzubringen. Doch sie würde es vermutlich nicht einmal bemerken.

Hinter den Fenstern der Reihenhäuser, die zu beiden Seiten die Straße säumten, war es dunkel. Nur hier und da leuchtete noch eine Lampe hinter den Vorhängen oder drang das Licht eines Fernsehers nach draußen. Auch in dem kleinen Häuschen mit den weißen Fensterläden am Ende der Straße herrschte Dunkelheit, doch er wusste, dass die Bewohnerin hellwach war... und auf ihn wartete.

Blaise Zabini stieg die wenigen Stufen zur Eingangstür hinauf und klopfte an das helle Holz. Nur Augenblicke später, als hätte sie hinter der Tür auf ihn gewartet, öffnete sie ihm und ließ sich von ihm zurück ins Haus drängen. Er schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln und zog seinen Mantel aus, legte ihn auf die Kommode und folgte ihr in das Wohnzimmer.

Die Vorhänge waren noch nicht zugezogen worden, sie hatte am Fenster gestanden und ihn näher kommen sehen. Ihn beobachtet, wie ihn seine Schritte ihr entgegentrugen. Die Lampen hatte sie gelöscht, nur der Kamin spendete etwas Licht. Doch selbst wenn es stockdunkel gewesen wäre, hätte er seinen Weg gefunden. Kurz blieb er an der Tür stehen und beobachtete die junge Frau, die ihn mitten in der Nacht hergerufen hatte.

Sie trug einen dunklen Wollrock zu einem schlichten, schwarzen Rollkragenpullover, der sie noch blasser erschienen ließ, als sie es sonst schon war. Durch den eng anliegenden Stoff bemerkte er, dass sie seit ihrem letzten Treffen einige Kilos verloren hatte, obwohl sie auch schon vorher zu dünn gewesen war für eine Frau, die erst vor wenigen Wochen ein Kind zur Welt gebracht hatte. Sie wirkte so zerbrechlich. Jäh flammte sein Beschützerinstinkt auf, als sie sich auf dem hellblauen Sofa niederließ und in den Kamin sah, in dem kleine Flammen lechzten. Das flackernde Licht tauchte ihr Gesicht in ein warmes Licht, doch konnte es nicht die dunklen Schatten vertreiben, die unter ihren Augen lagen.

Sein erster Weg führte ihn an ihre Seite, an der die Wiege stand. Er beugte sich hinunter und betrachtete den schlafenden Säugling für eine Weile, strich ihm vorsichtig über den Schopf. Er bewegte sich unter seiner Berührung, doch wachte nicht auf. Vorsichtig zog er seine Hand zurück und ließ sie über dem Kind schweben.

„Er war hier?“, fragte Blaise ohne Aufzusehen.

„Heute Abend“, gab Pansy zurück und füllte die bereitgestellten Teetassen. Fast zögerlich stellte sie die zierliche Porzellankanne wieder ab. „Aber er wollte den Kleinen nicht sehen.“

„Ist doch nichts Neues.“ Er wandte sich ab und nahm ihr gegenüber Platz. „Ich habe dir gesagt, dass er kein Interesse an seinem Sohn hat.“

Pansy schüttelte den Kopf und gab Zucker und einen Schuss Milch in seine Tasse, bevor sie sie ihm zuschob. Er lächelte, weil sie selbst in dieser Situation noch wusste, wie er seinen Tee am liebsten mochte. Sie selbst nahm nur Zucker, hob die Tasse an und stellte sie ab, ohne zu trinken. „Nein, er...“

„Will nicht wahr haben, dass er Vater ist“, beendete Blaise ihren Satz und nahm einen Schluck Tee. Wie immer war er ausgezeichnet.

„Er hat uns das Haus besorgt und er sorgt für unseren Unterhalt. Sieh' dich um, uns geht es sehr gut.“ Pansy versuchte zu lächeln.

„Damit du niemandem etwas erzählst.“ Er seufzte und stellte seine Tasse zurück auf den Tisch. „Draco weiß ganz genau, was passiert, wenn irgendjemand erfährt, dass er einen Sohn hat. Wie viele Kinder Astoria auch bekommen wird, der Kleine wird immer der Erstgeborene sein und hat damit ein Anrecht auf Malfoy Manor und den größten Teil des Vermögens. Bastard hin oder her.“

Bei der Erwähnung des Names der zukünftigen Mrs. Malfoy zuckte Pansy zusammen und schluckte die Tränen hinunter. Wieder wandte sie ihren Blick zum Kamin.

„Entschuldige,“ meinte Blaise und beugte sich über den Tisch, um ihre Hand zu fassen. Fast hatte er vergessen, warum sie ihn mitten in der Nacht herbestellt hatte. Nach vielen Wochen war Draco wieder zu ihr gekommen, nur um ihr zu sagen, dass er Astoria Greengrass heiraten würde. Ein Mädchen, dass erst in diesem Jahr die Schule beendet hatte und die all das hatte, was eine Frau an Dracos Seite brauchte. Die keinen der Makel hatte, die der Malfoy-Spross all die Jahre an Pansy bemängelt hatte. Sie war gut genug für sein Bett gewesen, aber als Braut war sie für ihn nie in Frage gekommen. „Aber du musst es doch geahnt haben“, setzte er vorsichtig an, „Die beiden waren in den letzten Monaten... es war doch allen klar.“

Sie seufzte. „Natürlich habe ich es geahnt, doch ich... wollte es nicht wahr haben. Ich hatte gehofft... Er ist doch sein Sohn.“

„Draco hat ihn noch nie gesehen und er wird ihn nie sehen wollen, Pansy.“ Blaise lächelte traurig und erhob sich, um an der Wiege nieder zu sinken. Lange beobachtete er nur den schlafenden Jungen. „Draco ist nur dem Blute nach sein Erzeuger.“

„Aber Connor braucht einen Vater,“ erwiderte Pansy unendlich traurig.

Blaise wandte sich zu ihr um und lächelte. „Den hat er doch.“

Dankbar erwiderte sie sein Lächeln. Doch es war eine Spur zu matt und zu kurz, als dass es Blaise überzeugt hätte. Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht, doch die widerspenstigen Strähnen fielen sofort zurück. „Blaise“, setzte sie schließlich an, doch sie ließ seinen Namen in der Luft schweben, wie eine stille Aufforderung.

„Pansy, du weißt, dass ich ihn liebe, wie meinen eigenen Sohn, schon um deinetwillen. Wie könnte ich etwas, das ein Teil von dir ist, nicht lieben?“ Er wandte den Blick von ihr ab, als sie nicht antwortete und blickte ins Feuer. Unwillkürlich schweiften seine Gedanken zu jenem schicksalhaften Tag. „Du weißt, ich habe dich vom ersten Tag an geliebt.“
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Gelangweilt trat Blaise von einem Fuß auf den anderen, während die anderen Kinder von der streng dreinblickenden Professorin aufgerufen wurden und nach vorne traten. Er würde der letzte der Erstklässler sein, die vom Sprechenden Hut auf die Häuser verteilt wurden.

Als der Hut bei einem gewissen Neville Longbottom eine Weile schwieg, nutzte er die Gelegenheit sich die Anderen anzusehen. Auf dem Hinweg hatte er sich ein Abteil mit Millicent geteilt, deren Vater zusammen mit seiner Mutter im Ministerium arbeitete. Er war froh gewesen, ein bekanntes Gesicht zu sehen und hatte sich nicht um die anderen Kinder gekümmert, die am Bahnsteig mit ihren Eltern standen oder im Zug ihre Plätze einnahmen. Die meisten der Gesichter waren ihm fremd, wohl auch, weil viele von ihnen Muggelgeborene waren.

Ein Stück von ihm entfernt stach ein blonder Junge aus der Masse heraus. Als einer der wenigen wirkte er nicht verunsichert oder nervös, auch besah er sich nicht mit vor Staunen geöffnetem Mund die schwebenden Kerzen oder die langen Tische. Blaise musterte ihn von oben bis unten, er war ein Stück kleiner und schmächtiger als er selbst und strahlte Selbstvertrauen mit einer gehörigen Portion Arroganz aus.

Ein Reinblut also.

Vermutlich aus einer der ganz alten Familien. Die blonden Haare ließen ihn zu dem Schluss gelangen, dass er es mit einem Malfoy zu tun hatte. Er hatte nicht gewusst, dass sie einen Sohn in seinem Alter hatten, doch seit dem Fall des dunklen Lords hatte seine Mutter nicht mehr viel zu tun mit der Familie von Lucius Malfoy. Sie hatte nie zum engen Kreis der Todesser gehört, sodass es ihr nicht schwer gefallen war, sich zu rehabilitieren.

Plötzlich sah der blonde Junge auf und ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Augenblick. Blaise grinste und er erwiderte seine Geste, als plötzlich die Stimme des sprechenden Hutes durch die Halle drang: „Gryffindor!“

Der pummelige Neville stolperte davon und musste schließlich umkehren, da er den Hut noch immer auf dem Kopf trug. Mit hochrotem Kopf setzte er sich an die gedeckte Tafel seines Hauses, das ihn trotz allem herzlich aufnahm.

Als Professor McGonagall „Draco Malfoy!“ aufrief, bestätigte sich sein Verdacht und als der blonde Junge kurz darauf am Tisch der Slytherins Platz nahm, überraschte es ihn wenig. Was hätte man auch anderes erwarten können? Das er selbst nach Slytherin kam, war ebenfalls nur eine Formsache. Ein Umstand, um den er sich keine Sorgen machte. Kein Mitglied seiner Familie war je in einem anderen Haus gelandet, zumindest jene, die er kannte. Sein Vater war früh gestorben und dessen Verwandte legten nicht viel Wert darauf, mit seiner Witwe in Kontakt zu bleiben.

Nicht, dass es ihn kümmerte. Seine Mutter hatte von jeher dafür gesorgt, dass es ihm an nichts fehlte. Was er sich wünschte, wurde ihm erfüllt. Dafür musste er mit zahlreichen Stiefvätern auskommen, die für das nötige Kleingeld für ihren Lebensstandart sorgten. Ein Umstand, der sich bisher für ihn gelohnt hatte.

Als er seine Aufmerksamkeit wieder dem Auswahlverfahren zuwandte, hatte ein braunhaariges Mädchen auf dem Hocker Platz genommen – Stupsnase, braunes Haar und große Rehaugen. Kein unbedingt hübsches Mädchen, doch irgendwas an ihr faszinierte ihn. Er ärgerte sich, ihren Namen nicht mitbekommen zu haben, doch als sie der Hut nach Slytherin schickte, war er sich sicher, ihn bald herauszufinden.

Als der berühmte Harry Potter aufgerufen wurde, hatte er keinen Blick für ihn übrig. Als ob er ihn interessieren würde, nur weil er einen Fluch überlebt hatte. Stattdessen beobachtete er das braunhaarige Mädchen, dass gegenüber von Draco Platz nahm, der sich scheinbar ebenfalls nicht für den Auserwählten interessierte.

Das der Potter-Erbe nach Gryffindor kam, war kein Wunder. Ebensowenig wie bei dem Weasley-Spross. Schließlich war er an der Reihe und nahm auf dem Hocker Platz. Seine Sicht verdunkelte sich, als McGonagall ihm den Hut aufsetzte. Augenblicklich hörte er ein Murmeln, undeutliche Wörter, die er nicht verstand.

Dann war da plötzlich eine tiefe Stimme. „Ah... Lucias Sohn... wie ähnlich du deiner Mutter doch bist. Mit Slytherin wärst du wohl zufrieden, was? Na dann – SLYTHERIN!“

Er erhob sich, reichte der Professorin mit seinem einstudierten Lächeln den Hut zurück und machte sich auf den Weg zu seinem neuen Haus. Als er in die Gesichter der Schüler blickte, spürte er sofort, dass er hier richtig war. Das hier waren Leute, die ihm ähnlich waren.

Als er näherkam, wies Draco auf den freien Platz neben sich. Gerne kam er dieser Einladung nach und setzte sich. Sofort wandte der blonde Junge sich ihm zu und hielt ihm die Hand entgegen. „Draco Malfoy“, sagte er lächelnd.

Er ergriff die angebotene Hand und erwiderte das Lächeln. „Blaise Zabini.“

Draco deutete auf zwei stämmige Jungen die auf seiner anderen Seite saßen. „Das sind Vincent Crabbe und Gregory Goyle.“

Blaise begrüßte auch die Beiden und sah dann hinüber zum dem Objekt seiner Neugier. Aus der Nähe betrachtet, war sie zwar wirklich keine Schönheit, aber ihre Augen faszinierten ihn. Sie lächelte schüchtern und als er ihr die Hand entgegenstreckte, glaubte er einen roten Schimmer auf ihren Wangen zu erkennen. „Und wie heißt du?“

„Pansy...“, antwortete sie leise, „Pansy Parkinson.“

„Freut mich, Pansy“, erwiderte er.
 

Von diesem Augenblick an, war sein Schicksal besiegelt gewesen.
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

„Du hast dich von Anfang an nur für Draco interessiert und obwohl ich dich hätte vergessen müssen, konnte ich es nicht. All die anderen Mädchen in der Schule konnten dir nicht das Wasser reichen. Für mich gab es immer nur dich.“ Blaise sah sie wieder an und dieses Mal glaubte er dem Lächeln, dass sie ihm schenkte.

Er senkte den Kopf und erhob sich, stützte sich an dem Kaminsims ab und starrte in die Flammen, dann wandte er sich ab und schritt durch das Wohnzimmer. „Ich habe dir damals nie etwas gesagt, weil Draco doch mein bester Freund war... seine Freundin war für mich tabu.“ Er fuhr sich durch die Haare und lachte kurz auf. „Ich kann mich noch an den Tag erinnern, an dem ich verstand, dass er dich nie geliebt hat.“

Als sie etwas sagen wollten, hob er die Hand und brachte sie zum Schweigen. „Du... du weißt, dass es wahr ist. Ob du es wahrhaben willst oder nicht. Draco hat in dir immer nur einen netten Zeitvertreib gesehen. Er mochte es, dass du alles für ihn getan hast und er hat es schamlos ausgenutzt... ich habe das viel zu lange angesehen und geschwiegen.“

Blaise seufzte tief und starrte auf das Laub, das der Wind über die Straßen jagte. „Du hast nicht zugehört, mir nicht ein Wort geglaubt. So jung ich damals war, wusste ich, dass ich nur eine Sache für dich tun könnte... für dich da sein. Und das habe ich getan.“

Pansy erhob sich und kam langsam auf ihn zu, legte ihm eine Hand auf die Schulter und wartete, bis er sie ansah. „Ja, das hast du getan. Du warst mein Beschützer und das bist du immer noch.“

Er ergriff ihre Hand und küsste ihren Handrücken. „Aber ich habe dich nicht beschützen können, nicht vor ihm.“ Zu spät merkte er, dass sein Ton zu scharf gewesen war. Vorsichtig entzog sie ihm die Hand und wandte sich wieder ab.

Es war seit jeher so gewesen. Jedes harsche Wort, das er über Draco sprach, traf ihren wunden Punkt. Schon immer war Draco für sie unantastbar gewesen, sie sprach ihm jeden Fehler ab. Sie hatte ihn auf ein Podest gestellt, das Blaise nie hatte erreichen können, das er nie zum Wanken brachte. Je schlechter Draco sie behandelte, desto mehr suchte sie seine Nähe, wollte ihm gefallen. Schon früh hatte Malfoy erkannt, dass Pansy bereit war, alles für ihn zu tun.

Bei dem Gedanken an die Dinge, die er von ihr verlangt hatte, die er ihr angetan hatte, fühlte er sich, als würde man ihm den Hals abschnüren. Wie oft hatte Draco vor ihm, Crabbe und Goyle damit geprahlt? Und als er ihn schließlich zur Rede stellte, hatte er nur hämisch gelacht und ihm gesagt, dass er Pansy nicht abweisen würde, wenn sie zu ihm kam. Damit war für Draco das Thema erledigt gewesen. Doch er hatte es nicht zulassen könne, dass sie in ihr Unglück rannte. Immer wieder kam er ihr zu Hilfe, richtete sie auf, nur damit sie sich wieder in Dracos Arme begab.

Er hielt sich selbst oft für verrückt, doch die Liebe war stets stärker als der Verstand gewesen und nie hatte er sich lange von ihr fernhalten können. Wann immer er versucht hatte, sich nicht weiter um sie zu kümmern, trieb es ihn doch immer wieder zu ihr zurück. Fahrig strich er sich durch die Haare und folgte ihr zurück zum Sofa.

„Selbst jetzt noch?“, fragte er und als sie ihm nicht antwortete, fasste er ihren Arm, um sie zu sich zu drehen. „Pansy, selbst jetzt liebst du ihn noch? Nachdem er dich und deinen Sohn hat fallen lassen?“

„Sag doch so etwas nicht“, erwiderte sie, während sie sich seinem Griff entzog. „Er hat uns nicht fallen lassen. Er wird...“

„Nichts wird er!“, fiel er ihr hitzig ins Wort, „Er wird eine Andere heiraten und wahrscheinlich nie wieder hierher kommen... aber ich werde kommen. Ich bin der, der da ist... nicht er.“

„Blaise.“ Pansy wandte den Kopf ab und seufzte. Mehrmals setzte sie, doch schließlich gab sie auf und sah ihn hilflos an.

Er spürte, wie ihm heiße Tränen in die Augen stiegen, der er nur schwer zurückhalten konnte. Die Wut über Draco und auch die Wut über Pansys Unvernunft übermannten ihn. Und ganz plötzlich wurde ihm klar, dass – egal was er tat – er niemals würde gut genug sein für sie.

Für Pansy würde es immer nur einen Mann in ihrem Leben geben und das war Draco.

Resigniert ließ er die Arme hängen. „Ich war da. Ich war doch immer da und du hast mich nie wahrgenommen...“ Er holte tief Luft und als er sprach, lagen in seinen Worten all die Emotionen, sie jahrelang verborgen gewesen waren. Die er nie zugelassen hatte, um ihr Kummer und Leid zu ersparen. Wut. Trauer. Enttäuschung. „Nachdem er dich betrunken entjungfert hat, bin ich da gewesen, damit du dich an meiner Schulter ausweinen konntest. Ich habe deine Hand gehalten, als du deinen Sohn zur Welt gebracht hast. Ich bin immer da gewesen und habe die Scherben aufgekehrt, die er hinterlassen hat. Und ich habe es gerne getan.“

Hastig wandte er sich ab und wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen. Als er den Kopf wieder hob, starrten sie ihn unverwandt an. Hielt ihn gefangen mit einem Blick aus ihren brauen Rehaugen, in denen die Tränen standen.

Diesmal war seine Stimme ruhiger und wieder von der Zuneigung erfüllt, die er nie würde überwinden können. „Du weißt, dass dich keiner je so lieben wird, wie ich...“, flüsterte er.

„Ja, ich weiß.“

Sekunden lang sahen sie sich in die Augen und schließlich war es Pansy, die den Kontakt brach, doch Blaise griff nach ihren Händen und als sie ihn wieder ansah, sagte er mit leiser Stimme: „Und ich weiß, dass du mich auch liebst.“

„Blaise, ich...“, setzte sie an und verstummte.

Er schüttelte den Kopf und brachte sie zum Schweigen. „Du hast es mir bewiesen. Eine Nacht, in der du ganz mein warst, mehr hat es nicht gebraucht.“
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Seit der Schlacht waren zehn Tage vergangen. Sie hatten schwarz getragen und um ihre gefallenen Kameraden getrauert. Die Häuser-Banner waren durch das Schulwappen ersetzt worden, um die neu gewonnene Einheit Hogwarts zu symbolisieren.

All die Schüler, die unter dem Verdacht standen, für die Todesser gearbeitet zu haben, waren ins Ministerium gebracht worden. Es war keine Überraschung, dass nur wenige Slytherins übrig geblieben waren. Blaise hatte sich stets aus den Konflikten raus gehalten und hatte für Pansy gebürgt, sie hatte aus Angst und falscher Treue zu Draco gehandelt. Man hatte ihnen geglaubt und erlaubt, nach der Trauerfeier nach Hause zu reisen.

Wie es weitergehen würde, stand noch in den Sternen. Klar war nur, dass sie beide im kommenden Herbst ihr Jahr wiederholen würden. Sollte Hogwarts dann noch nicht bereit sein, hatten Durmstrang und Beauxbatons angeboten, die Schülerinnen und Schüler zu übernehmen.

Es war also vielleicht ihr letzter gemeinsamer Tag in Hogwarts. Zusammen waren sie hinauf in den alten Astronomieturm geklettert, in den sie sich schon als Kinder oft geschlichen hatten. Das Dach war teilweise zerstört worden, so dass sie den Sonnenuntergang beobachten konnten.

Mit angezogenen Beinen saß sie neben ihm und blickte dem Horizont entgegen. Das braune Haar fiel locker über den Rücken. Auf ihren Armen und in ihrem Gesicht konnte er noch die Reste der Wunden sehen, rote Male, die sich von ihrer bleichen Haut abhoben. Doch schon bald würde man nicht mehr ahnen, das man ihr die Wange aufgeschnitten hatte.

„Blaise?“, fragte sie, ohne ihn anzusehen.

Obwohl er ihr nicht antwortete, wusste sie, dass er ihr zuhörte. Er hörte ihr immer zu.

„Wenn ich in Frankreich bin und du in Rumänien, werden wir uns dann noch sehen?“

„Sicher!“, antwortete er lachend und lehnte sich zurück.

„Gut“, gab sie zurück, „Ich könnte es nämlich nicht ertragen, dich nicht wiederzusehen.“

Sie lächelte und plötzlich überkam es ihn, er lehnte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss. Ganz sachte berührte er ihre Lippen mit den seinen. „Das wollte ich schon immer tun.“

Sie lachte auf und beugte sich ihrerseits zu ihm, um ihn erneut zu küssen. Nur leicht, ganz unschuldig, bevor sie sich wieder dem Sonnenuntergang widmete. „Wir müssen neu anfangen.“

„Ich dachte, das würden wir schon.“

Langsam wandte Pansy sich ihm zu und als ihre Blicke sich trafen, fand er nur Zustimmung in ihren Augen. Wieder fanden ihre Lippen zueinander, diesmal bar jeder Zurückhaltung. Wie selbstverständlich ergriff er von ihrem Körper Besitz und sie gab ihm bereitwillig all das, wonach er viele Jahre verlangt hatte.

Sie liebten sich leidenschaftlich in den Trümmern. All der Kummer und Druck der letzten Tage fiel von ihnen ab, als sie sich ganz diesem neuen Gefühl hingaben. Danach gab es nur heftiges Atmen, als sie nebeneinander lagen und aus der Abendämmerung Nacht geworden war. Sie betrachteten in stiller Übereinkunft die Sterne und erst als der Morgen graute, verließen sie den Turm.
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Es war die mit Abstand beste Nacht seines Lebens gewesen und er hatte wirklich daran geglaubt, dass es der Beginn einer gemeinsamen Zukunft war. Doch er war bitter enttäuscht worden. Wenige Tage später rief Draco nach ihr, entschuldigte sich, bat sie um Vergebung und holte sie zurück in sein Leben und sein Bett.

„In dieser Nacht hast du mir bewiesen, dass du mich liebst. Deine Worte mögen etwas anderes sagen, aber ich weiß es besser. Du liebst mich. Ich weiß, dass du mich liebst...“ Blaise legte ihr die Hand auf ihre Wange und sie ließ es ohne Widerstand geschehen.

Dann trat er einen Schritt zurück und starrte in die lechzenden Flammen. „Doch ich weiß nicht, ob du mich je so lieben wirst wie Draco.“

Obwohl er es hoffte, gab sie ihm keine Antwort, gab ihm nicht die erlösenden Worte, die ihm das kleine bisschen Hoffnung erhielten, dass er noch hatte. Doch wahrscheinlich wäre es sowieso egal, denn ob sie ihn nun je würde mit der gleichen Heftigkeit lieben können, so war er ihr doch hoffnungslos verfallen. „Ich werde warten. So wie ich es immer getan habe.“ Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen traten, doch er blinzelte sie hinfort und zwang sich zu einem Lächeln. „Und das traurigste ist, dass ich es auch immer tun werde. Weil ich dich liebe Pansy.“

Sie seufzte, senkte den Blick und als sie ihn wieder ansah ran eine Träne ihr Gesicht herab. Nun war sie es, die nach seiner Hand griff und sie festhielt. Langsam setzte sie sich wieder und zog ihn zu sich herab, doch er setzte sich nicht neben sie, sondern sank an ihrer Seite zu Boden und kniete neben ihr. Bettete den Kopf an ihrem Bein und ließ es zu, dass Pansy ihre Hand auf sein Haar legte und durch die dunklen Locken strich.

„Meine Welt dreht sich noch immer nur um dich“, flüsterte er leise.

„Ich weiß“, antwortete sie schlicht.

Er blieb an ihrer Seite bis das Dunkle der Nacht von den ersten Sonnenstrahlen vertrieben wurde und als Connor erwachte, hob Blaise ihn aus seiner Wiege. Strich über den Kopf des Jungen und küsste seine Stirn. Der Kleine schenkte ihm ein breites Lächeln und als er aufblickte, sah er dasselbe Lächeln auf Pansys Gesicht.

Und da wusste er, dass sein Warten irgendwann eine Ende haben würde.



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