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I'd be running up that hill

von

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first "things I'll never say"

Jetzt stand er hier. Mit seinen stolzen 20 Jahren. Er hatte so viel erreicht wie sicherlich noch niemand zuvor. Er war reich, okay, schon immer gewesen. Aber er hatte seinen Reichtum auch immer beibehalten. Jede andere Person in seinem Alter hätte in der Schule gesessen, mit seinen Freunden gespielt, ein Musikinstrument gelernt oder was sonst noch so in Frage kam. Aber Ciel nicht.

Natürlich nicht.

Er hatte das ganze Phantomhive-Imperium mehr oder weniger alleine zusammengehalten und auf den heutigen Stand gebracht. Er hatte im Auftrag der Königin Verbrecher zur Strecke gebracht – und das zusätzlich zu seiner sowieso schon so anstrengenden Situation, ohne Eltern.

Aber er war nie schwach geworden, nie. Er hatte sich immer zusammengerissen. Immer dafür gekämpft das zu bekommen, was er wollte. Für ihn hatte es immer irgendeine Möglichkeit zu seinem Recht gegeben.

Und er hatte all dies alleine gemeistert.

Wirklich?

Naja, vielleicht nicht ganz.

Ciel hatte in der Tat ein wenig – aber sehr einflussreiche – Hilfe gehabt. Von Sebastian, seinem persönlichen Butler, Dämon und eigenem Todesurteil. Natürlich war für Außenstehende nur der Teil mit dem Butler bekannt. So hatten die beiden immer alles gemeinsam durchlebt. Lange Jahre war Sebastian immer an Ciels Seite gewesen. Viele, lange Jahre – und viel Zeit kann viel verändern.

Selbst zwischen einem Dämonen und seinem eigentlichen Opfer.

„Wir haben uns heute hier zusammen gefunden, um die hier anwesenden Ciel Phantomhive und Elizabeth Middleford gemeinsam in den Bund der Ehe zu führen…“

Genau. Nun stand Ciel hier, neben seiner langjährigen Verlobten und konnte seinen Willen das 1. Mal in seinem Leben nicht durchsetzen, was gleich mehrere Gründe gegen diese Hochzeit hervorbrachte: nämlich erstens, eben dass er sie heiraten musste, zweitens, dass er sie heiraten musste, obwohl er sie immer noch nicht leiden konnte oder sich zumindest nicht vorstellen konnte den Rest seinen Lebens mit ihr zu verbringen und drittens, und das war wohl der weitaus größte Punk, Ciel Phantomhive fühlte zu einer anderen Person sehr hingezogen.

Und auch das war ein Problem. Ein sehr großes Problem. Noch größer als die alleinige Tatsache, dass er sich nicht zu seiner Verlobten hingezogen fühlte. Nein, er fühlte sich zu einer äußerst männlichen und vor allem dämonischen Person hingezogen.

Sebastian Michaelis.

Surprise, surprise!

Wie Ciel das geschafft hatte, bzw. wie Sebastian es geschafft hatte, dass Ciel so bedingungslos und unwiderruflich seinem Butler verfallen war, wusste er selbst nicht so genau. Nur, dass es eben so war und dass er nichts dagegen tun konnte.

Das stand definitiv fest und es war ihm im jetzigen Moment wirklich nichts mehr zuwider als der Gedanke daran Elizabeth, das kleine, blonde, nervige, unerträgliche, zickige Mädchen zu heiraten, wenn er doch so viel lieber mit seinem großen, gut gebauten, schwarzhaarigen, rotäugigen, eleganten – also kurz: heißen Butler Sebastian zusammen sein würde.

Und da kam dann noch das nächste Problem dazu.

Es war einseitig.

Natürlich war es einseitig. Wie sollte sich denn auch ein Dämon in einen Menschen, in diesem Fall in seinen Master & gleichzeitig sein Opfer verlieben?! Das wäre nun wirklich absurd. Das wäre so als würde man sich in sein Schinkenbrot verlieben, in das man kurz davor war reinzubeißen.

Okay, das war vielleicht nicht der beste Vergleich, aber ihr wisst wie ich das meine.

Natürlich hatte Ciel das jetzt auch nicht so genau überprüft, er hatte von Anfang an keine Hoffnung gehabt, weil es – wie gesagt – einfach viel zu absurd wäre. Er hatte sich also nicht weiter darum gekümmert und alles in sich hinein zu fressen.

Allerdings hatte er deswegen eben auch nicht mitbekommen, wie Sebastian in letzter Zeit, wo Ciels Hochzeit immer näher gerückt war, immer schlechter gelaunt war. Er hatte nicht wie üblich sein Grinsen aufgesetzt sondern war ausdruckslos seiner Arbeit nachgegangen – und Ciel war es nicht einmal aufgefallen! Dafür allerdings Mailin, Bard & Finni, die sich aber auch keinen Reim daraus machen konnten.

„Wollen Sie, Elizabeth Middleford, mit dem hier anwesenden Ciel Phantomhive den heiligen Bund der Ehe eingehen?“

Wenn Ciel das schon hörte, schrecklich.

Wo war Sebastian überhaupt? Er hatte ihn heute noch gar nicht gesehen. Gerade dann, wenn er ihn wirklich gebraucht hätte.

„Ja, ich will!“, sagte Elizabeth selbstsicher und hibbelte von einem auf das andere Bein herum.

Nerviges Kleinkind!, dachte sich Ciel und verdrehte die Augen.

„Und wollen Sie, Ciel Phantomhive, die hier anwesende Elizabeth Middleford zu ihrer Frau nehmen?“

Oh man, was für eine Frage. Natürlich nicht.

Im Hintergrund hörte man Mailin laut schluchzen. Noch so eine. Aber na gut, sie war immer hin noch nützlich und lange nicht so dumm, wie man vielleicht denken könnte, wenn man ihre ständigen Missgeschicke betrachtete.

Oh man. Wie sollte Ciel das aushalten? Mit Elizabeth leben? Er könnte sie nicht mehr abwimmeln indem er sagte, dass sie nach Hause müsse, weil ihre Eltern sich sonst Sorgen machten. Nein, dann wohnte sie ja bei ihm! Wie sollte er jemals wieder seine Ruhe haben?

Nein, nein, nein. Das durfte nicht sein. Es konnte nicht sein. Es musste etwas geben, was er tun konnte.

Komplett voll von Gedanken der Ablehnung geschah es dann, er sagte ganz einfach „Nein.“

Auf die Frage, ob er Elizabeth heiraten wollte, sagte er nein. Es war einfach aus ihm heraus gesprudelt. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er es selbst realisiert hatte.

„Verdammt.“, fluchte Ciel und schaute sich um.

Elizabeth starrte ihn erschrocken an, ebenso die Menge. Aber am Schlimmsten eben Elizabeth.

„Was?“, zischte sie und sah ihm eindringlich in die Augen.

„Nein.“, wiederholte Ciel schließlich selbstsicher. Sein Blick verfinsterte sich, sodass Elizabeth unwillkürlich einen Schritt zurück wich.

„Nein, tut mir leid.“ Und das waren die Worte, bevor er auf seinem Absatz kehrt machte und mit selbstsicheren Schritten die Kirche verließ, links und rechts geschockte, verwunderte, teils sogar glückliche Ausdrücke auf den Gesichtern der Menschen. Aber er ging einfach weiter, hinaus ins Freie, wo er seine Schritte verschnellte und auf seine Kutsche zusteuerte. Er ließ sich laut seufzend auf das Weiche Leder der Sitze im Innern der Kutsche fallen und legte den Kopf in seine Hände.

„Verdammt.“, zischte er.

„So einen Schachzug hätte ich von Euch nie erwartet, Bouchan.“

Ciel schreckte sofort hoch.

Sebastian saß direkt gegenüber von ihm.

second "I can't take it any longer"

„Was hättest du denn erwartet?“

Ciels Butler lächelte ihn mit seinem ihm so vertrauten Lächeln an.

Verdammt. Der junge Phantomhive lief hier von einem Problem ins nächste hinein! Gerade war er vor seiner Hochzeit geflohen und nun direkt in den Grund für diese Flucht gelaufen.

Das konnte doch alles nur ein dummer Scherz sein.

„Mehr Show.“, sagte der Dämon nur.

„Bitte was?“

„Ich hatte Euch eher so eingeschätzt, dass ihr vor Eurem Abgang noch so etwas sagen würdet wie ‚Du würdest mit mir nicht glücklich werden, Elizabeth.’, aber ..“

„Sebastian!“, zischte Ciel genervt. Doch sein Butler redete einfach weiter.

„.. aber dass ihr gar nichts der Art sagt, sondern gedankenverloren im Raum steht und nur ‚Nein, tut mir leid.’ sagt, damit hätte ich nicht gerechnet.“

„Sebastian, würdest du –“

„Wobei ich sagen muss, dass es doch etwas Mysteriöses und Unnahbares hat und –“

„SEBASTIAN!“

Wie konnte sein Diener nur in so einem unverschämten Tonfall mit seinem Master reden? Ciel starrte ihn wutentbrannt an. Als hätte er nicht schon genug Probleme! Musste auch noch Sebastian sich in so einer Situation über ihn lustig machen?! Immer hin war es Sebastian. Sein Diener. Sein Tod.

Aber vor allem seine Liebe.

Das war nicht fair. Er senkte den Blick und betrachtete seine Hände, bebend vor Zorn.

„Tut mir leid, Bouchan“, sagte Sebastian und berührte Ciel sanft an seiner Wange.

Oh Gott!, dachte Ciel. Wobei ‚Gott’ hier eindeutig der falsche Begriff war. Aber verflucht, es war einfach himmlisch – oder sagen wir besser höllisch – Sebastian auf seiner Haut spüren zu können. Wie tausende kleiner Blitze, die an der Stelle wo er ihn berührte durch seinen Körper flitzten. Er wurde ein wenig entspannter. Unglaublich, was so eine einfache Berührung in einem Menschen anrichten konnte…

Ciel genoss die wenigen Sekunden dieses Gefühls und zog dann schnell seinen Kopf weg von Sebastians Hand. Er durfte nicht schwach werden. Nicht schwach wirken.

Nicht vor Sebastian.

Verunsichert schaute er seinen Geliebten an. Er hatte das Gefühl einen Funken Reue in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Da war aber noch etwas anderes, was er dort sah, doch Ciel war sich nicht sicher war es war. Aber es schien stark zu sein. Es schien von Sebastian Besitz zu ergreifen. Er wirkte fast ein bisschen leidend.

Fast.

Denn eigentlich konnte das nicht sein. Sebastian litt nicht, er war sein Butler, ein Dämon. Er kannte keinen Schmerz. Es gab schließlich nur zwei Formen von Schmerz, die ein Lebewesen erfahren konnte: körperlichen & seelischen Schmerz.

Körperlicher Schmerz war für Sebastian sowieso unmöglich und seelischer … nun ja, Sebastian konnte schließlich keine wirklichen Gefühle entwickeln, oder? Er war ein Dämon, wie sollte er also leiden?

Es musste etwas anderes sein.

„Fahr mich nach Hause, Sebastian!“, befahl der junge Adlige schließlich seinem Diener.

„Sehr wohl, Bouchan.“, sagte er gehorsam, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, als er aus der Kutsche stieg um Ciels Befehl nachzugehen.
 

Es hatte sich viel verändert in letzter Zeit. Sebastian spürte es. Ciel hatte sich verändert, er selbst hatte sich verändert. Aber vor allem Ciel.

Er war erwachsen geworden. Okay, man konnte auch nicht wirklich behaupten, dass er jemals wirklich ein Kind gewesen sei. Zumindest nicht offensichtlich. Aber jetzt war er es sicherlich nicht mehr. Er war gewachsen, zwar war er immer noch nicht so groß wie Sebastian, aber auch nicht mehr ganz so klein wie früher. Auch seine Gesichtszüge waren männlicher geworden. Erfahrener.

Attraktiver.

Nicht, dass Sebastian ihn nicht schon immer attraktiv gefunden hatte, aber nun war es wirklich kaum noch möglich seine Gefühle im Zaum zu halten, wenn er in Ciels Nähe war. Als Ciel noch ein Kind war, war dies immer hin der Grund, der Sebastian davon abgehalten hatte über seinen Master herzufallen, doch nun? Es wurde immer schwerer für ihn. Jede Sekunde mit ihm war eine Sekunde der Selbstbeherrschung.

Wie lange sollte dies noch so weiter gehen? Es konnte jedes Mal passieren, dass er die Kontrolle über sich verlor und über Ciel herfiel. Und das durfte niemals passieren. Es würde alles zerstören.

Aber es war eine Tatsache. Sebastian begehrte seinen Master, sein Opfer…. Er wünschte sich nichts mehr als all diese Last loszuwerden, ihm alles zu gestehen und ihn endlich berühren zu dürfen. Aber würde ihm ein Geständnis dies ermöglichen? Nein, vermutlich nicht. Ciel wäre geschockt, angewidert, er würde Sebastian nicht mehr in seine Nähe kommen lassen und das wäre das Schlimmste, was passieren könnte.

Nicht mehr in der Nähe von der Person zu sein, nach der man sich sehnt, von der man träumen würde – wenn man es könnte. Nicht mehr in der Nähe der Person zu sein, die man liebt - unvorstellbar.

Ja, Sebastian liebte Ciel. Schon immer.

Seit er mit ihm den Pakt geschlossen hatte, war er ihm verfallen – und das obwohl er da noch ein Kind war. Doch für Sebastian war Ciel immer etwas Besonderes gewesen. Seine Aussehen, seine Art, sein ganzes Wesen hatte ihn fasziniert. Er war einfach immer anders als die anderen Menschen gewesen, mit denen Sebastian vorher zutun gehabt hatte.
 

Der angenehm milde Mittagswind wehte Sebastian durch die Haare, als er vor dem Phantomhive-Anwesen hielt und von der Kutsche stieg um die Türe zu öffnen, hinter der Ciel saß.

„Wir sind da, Bouchan.“, sagte er, wie immer mit einem freundlichen Lächeln.

„Danke, Sebastian.“ Er stieg aus der Kutsche, ging an Sebastian vorbei und geradewegs in sein Anwesen.

„Sebastian“, begann der 20-jährige, als sie in der Eingangshalle standen, „ich möchte bitte, dass du mir ein Bad einlässt. Anschließend hätte ich gerne Tee. Earl Grey, wie immer. Danach möchte ich dann schlafen.“

„Selbstverständlich, Bouchan.“, sprach Sebastian unter einer tiefen Verbeugung. Ciel schaute ihn nur noch kurz mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an und ging dann auf sein Zimmer.

Irgendwas stimme mit Ciel wirklich nicht. Er verhielt sich seltsam.

Natürlich, er hatte seine Verlobte einfach vor dem Altar stehen gelassen, aber dass ihn das so mitnahm? Er hatte es immer hin selbst entschieden.

Oder empfand er in Wahrheit doch so etwas wie Liebe für Elizabeth und es war einfach zu viel für ihn gewesen? Dies alles zu realisieren…

Nein, das konnte, durfte nicht sein. Es war unmöglich. Ciel hatte sie immer verabscheut. Aber wieso war sein Verhalten dann so, als würde er es bereuen? Er schien traurig … oder eher verzweifelt.
 

Ein Bad konnte doch wahre wunder bewirken. Die Wärme, mit der man umhüllt wurde war immer wieder angenehm wohltuend und beruhigend. Ciel fühlte sich schon besser. Nun lag er in seinem Bett, seine Haare waren noch feucht. Er hatte sich in seine Decke eingewickelt und wartete nun auf seinen Tee. Sebastian würde ihn ihm bringen, sein Sebastian. Wenn er das doch nur so sagen könnte. Er hatte solch eine Sehnsucht, er war vollkommen hilflos. Konnte nicht dagegen ankämpfen. Wollte es aber auch gar nicht. Er liebte Sebastian, das war eine Tatsache, auch wenn sie ihm das Leben so verflucht schwer machte.

Es klopfte an der Tür.

„Komm herein, Sebastian.“

Der Butler trat ein und stellte das Tablett mit dem Tee auf den Nachttisch neben Ciels Bett. „Hier, Bouchan.“ Er reichte ihm eine Tasse.

„Danke. Übrigens, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du nicht anklopfen musst?“, sagte Ciel bevor er einen Schluck aus der Tasse nahm.

„Wie Ihr wünscht, Bouchan.“

Eine Weile war es still. Man hörte höchstens Ciels leises Schlucken, bis er irgendwann seine Tasse zurück auf das Tablett neben ihm stellte.

„Wie lange willst du hier noch herumstehen, Sebastian?“, fragte Ciel. Es hatte unfreundlicher geklungen, als er gewollt hatte.
 

„Tut mir leid, Bouchan, ich werde sofort gehen.“ Sebastian machte Anstalten, das Tablett zu holen, doch Ciel riss überrascht die Augen auf. So hatte er das nicht gemeint.

„Nein, Sebastian, warte. Ich meinte .. setz dich.“ Ciel fühlte sich plötzlich sehr komisch. Hatte er mit seiner Reaktion gerade vielleicht zu viel preisgegeben? Aber er wollte einfach gerade nicht, dass Sebastian ging. Er wollte, dass er bei ihm war … am besten so nah wie möglich.

Der Dämon war in der Tat sehr überrascht von Ciels Verhalten gewesen. Er hatte so entsetzt geschaut, als er gehen wollte. Fast verletzt.

Lag seinem Master etwa doch etwas an seinem Butler?

Ohne etwas zu erwidern setzte Sebastian sich auf Ciels Bett und schaute ihn nur fragend an.

„Stimmt etwas nicht, Bouchan?“, fragte er besorgt. Er war wahrhaftig besorgt. Das viel sogar Ciel auf. Doch dieser schwieg.

Er schaute seinen Butler einfach nur an … und dieser schaute zurück.

Sie sahen sich eine Weile nur an. Die roten Augen, fixiert auf das eine blaue Auge – und umgekehrt. Diese Blicke hätten dem anderen so viel verraten können, doch sie verstanden sich nicht. Oder anders: Sie wollten sich nicht verstehen.

Auf einmal senkte Ciel den Blick und schaute aus dem Fenster.

„Sebastian?“

„Ja?“

„Darf ich dich etwas fragen?“

„Natürlich, Bouchan.“

Ciel hielt einen Moment inne und Sebastian meinte eine leichte Rötung auf seinen Wangen entdecken zu können.

Dann drehte sich Ciel wieder zu ihm um und erst jetzt bemerkte er, dass er seine Augenklappe abgenommen hatte.

Sein Master schaute ihm direkt in die Augen. Das eine Auge saphirblau, das andere purpurn mit dem Zeichen ihres Vertrages.

„Was bin ich für dich?“

last "you're my sleeping beauty"

„Sebastian?“, hörte dieser seinen Master fragen. Seine Stimme schien plötzlich verändert. Einerseits ruhiger aber andererseits auch wieder aufgeregter.

„Ja?“, fragte der Dämon.

„Darf ich dich etwas fragen?“ Er senkte den Blick. Irgendwas war hier falsch – bat der Meister seinen Diener hier gerade um Erlaubnis? Um Erlaubnis ihm eine Frage zu stellen?

„Natürlich, Bouchan“, erwiderte Sebastian in seinem so gut geübten ruhigen Tonfall, obwohl es in ihm ganz anders aussah. Was würde Ciel für eine Frage stellen? Er musterte ihn genau … war das dort auf seinen Wangen etwa ein Rotton? War ihm das peinlich? Sebastians Neugier wuchs mehr und mehr. Was wollte er ihn fragen, das ihm offensichtlich peinlich war? Er hatte seinen Master schon lange Zeit nicht mehr so erlebt … um ehrlich zu sein, wenn Sebastian so genau darüber nachdachte, hatte er ihn noch nie so erlebt. Er wirkte so ängstlich … verletzlich.

Langsam drehte sich der junge Adlige zu seinem Diener um.

Er hatte seine Augenklappe abgenommen und schaute mit seinem einen saphirblauen Auge und dem anderen purpurnen nun direkt in Sebastians blutrote Augen, die gespannt auf seine Frage warteten.

„Was bin ich für dich?“
 

Diese Frage hatte Sebastian wie ein Schlag getroffen. Jeder wusste, wie gut er sich immer beherrschen konnte, doch Ciel war sich sicher, dass er in dem Gesichtsausdruck seines Butlers neue Emotionen entdeckt hatte: Überraschung … und – war das so was wie Freude? Sebastian schien irgendwie amüsiert.

„Was ich für euch bin?“ Sebastian schien ernsthaft nachzudenken, was Ciel sichtlich nervös machte. Was würde er antworten?

Eigentlich konnte er es sich denken und er fing schlagartig an es zu bereuen diese Frage gestellt zu haben. Verdammt, wann war er so naiv und dumm geworden? Die Antwort war einfach … aber warum musste es ausgerechnet Sebastian sein? Warum hatte der einst so stolze, unantastbare Earl Ciel Phantomhive sich nicht jemanden aussuchen können, bei dem es leichter gewesen wäre? Wie zum Beispiel Elizabeth. Wieso hatte er sich nicht in sie verlieben können, wie es eben auch hatte sein sollen. Wie es vorbestimmt gewesen war.

Wie es von ihm erwartet wurde.

Aber so war er nun mal nicht.

Er war nicht der Mensch, der den Erwartungen anderer Leute entsprach, nein. Er war nicht umsonst so beliebt auch andererseits auch so respektiert, teilweise sogar gefürchtet. Und das machte ihn stark und mächtig. Er hatte soweit immer alles unter Kontrolle gehabt.

Immer.

Bis auf eine klitzekleine große Ausnahme: Seine Gefühle.

Wie lächerlich dies doch war. Wie lächerlich dies doch aussehen musste für Außenstehende. Gott sei Dank wusste niemand über die tiefen Gefühle bescheid, die er für seinen dämonischen Butler Sebastian hegte.

Es war absurd, ja, wirklich. Erst die Tatsache, dass er sein Butler war, dann dass er männlich war und zu guter letzt – dass er derjenige sein würde, der seinem Leben ein Ende setzen würde, wenn es an der Zeit war. Aber all das hatte Ciel nicht davon abgehalten Gefühle für ihn zu entwickeln… Liebe … All die Jahre, die sie zusammen verbracht hatten, in denen sie so viel erlebt hatten, das hatte definitiv Einfluss auf Ciel gehabt. Sehr starken. Er hatte sich wirklich in seinen Butler verliebt. Man konnte vermutlich nicht oft genug sagen, wie absurd das wirklich war. Aber es war so.

Ciel liebte Sebastian.

Er liebte so Vieles an ihm. Er liebte seine Kochkünste, er liebte die Art und Weise, wie er ihn morgens aufweckte, er liebte seine Genauigkeit, seinen Ehrgeiz, seine Treue, er liebte sogar seinen absurden Katzen-Fetisch, den er irgendwie süß fand. Er liebte das Mal an seiner Hand, was auf ihren Pakt hindeutete, er liebte seine dichten, schwarzen Haare, seine schlanken, geschickten Finger und er liebte seine Augen. Oh ja, diese gefährlichen blutroten Augen in denen Ciel regelmäßig zu versinken schien. Er könnte vermutlich etliche Bücher über die Dinge, die er an Sebastian liebte schreiben …

Absurd, ja.

Aber nun ja, man konnte sich seine Gefühle nun mal nicht aussuchen, was Ciel aufs Neue schmerzlich feststellen musste.

Oh Gott, er hätte sich gerade wirklich selbst 1000 Tritte verpassen können … wie hatte er nur diese dumme Frage stellen können? Warum? Damit hatte er alles ruiniert. Noch schlimmer war es, als Sebastian schließlich antwortete:

„Ihr seid mein Meister, ich bin euer treuer Diener.“

Ciel schluckte schwer. „Ah.“ Mehr konnte er im Moment nicht herausbringen.

Was hatte er anderes erwartet? Dass sein Butler ihm um den Hals fall würde?

Er hatte es gehofft – so in der Art. Für den Gedanken hätte er sich wahrlich ohrfeigen können. Er war wirklich tief gesunken.

Und es tat weh. Der Schmerz durchzog ihn wie eine Wunde im Herzen, die sich wie Gift schließlich durch seinen ganzen Körper zog.

Sebastian schien ihn genau zu mustern. Seine roten Augen funkelten, als würden sie den jungen Earl förmlich durchleuchten.

Stille herrschte.

Eine lange, bedrückende, schmerzvolle Stille.

Der Dämon schien sehr nachdenklich, was seinem Meister nicht entging, schließlich musterte er ihn ebenso eindringlich wie dieser ihn.

Verdammt, Ciel musste sich überlegen, wie er aus dieser Situation herauskam, irgendeine Ausrede. Dass er ihn testen wollte oder so was… Doch Sebastian kam ihm zuvor.

„War das die Antwort, die Ihr hören wolltet, Bouchan?“, fragte er und seine Stimme schien verändert. Vorsichtlich, vielleicht liebevoll?

Ciel starrte ihn an. „Ich will die Wahrheit hören.“

„Das war die Wahrheit.“

Der junge Adlige biss sich auf die Lippe. Ach, was soll’s, jetzt war es auch egal.

„Ich will wissen, was du für mich empfindest!“ Sein Blick fixierte Sebastians.

Wieder herrschte Stille und Sebastian schien nachzudenken.

„Bouchan … hat das vielleicht irgendetwas mit der Hochzeit zu tun?“

„Schon möglich“, erwiderte Ciel knapp, „Nun antworte mir! Das ist ein Befehl!“

Auf diese Worte hin warf sich Sebastian in eine tiefe Verbeugung. „Natürlich, my Lord.“

Als er wieder aufblickte schien sein Gesichtsaudruck erneut verändert.

Ciel musste zweimal hinsehen, um sich zu versichern, dass er diesen Blick richtig deutete. Sein Butler schien zu lächeln. Aber es war nicht sein übliches, aufgesetztes dämonisches Lächeln, es schien ein Ehrliches zu sein.

Er stand auf und kniete sich nun vor seinen Master.

Schon wieder herrschte Stille.

Verdammt, konnte Sebastian nicht einfach mal ohne allzu lange Pausen reden?!

Sebastian schaute in Ciels Augen … und Ciel hatte das Gefühl das erste Mal so etwas wie Rührung in Sebastians Augen sehen zu können…

„Ciel…“, hauchte er und das war grade schon schlimm genug für den Angesprochenen… seinen Namen so zu hören war so ungewohnt – aber schön. Mehr als das. Aber umso schlimmer waren die darauffolgenden Worte:

„Ich liebe dich.“ Es traf ihn hart, es tat weh … Er war sich nicht sicher ob es mehr weh tat als eben, als Sebastian noch gesagt hatte, dass Ciel nur sein Master für ihn war - aber es tat verdammt weh … in einer positiven Art. Es war ein starker, süßer Schmerz, der Ciels Sinne vollkommen vernebelte.

Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte es so gehofft aber jetzt wo es ausgesprochen war, wusste er nicht, wie er reagieren sollte.

Und Sebastian wusste das anscheinend auch nicht.

„Bouchan? Alles .. in Ordnung?“
 

Er reagierte nicht.

„Ciel…“, hörte dieser eine engelsgleiche (haha) Stimme hauchen, bevor er etwas Sanftes auf seinen Lippen spürte.

Das brachte ihn wieder in die Welt der Lebenden zurück. Ruckartig schnellte er auf. Erst jetzt bemerkte er, dass er zusammengebrochen war, er lag in Sebastians Armen. Himmel, war das peinlich! Er war ohnmächtig geworden … aber lag nun zumindest in den Armen seines geliebten Dämons … der ihn gerade geküsst hatte.

Geküsst.

Ein Kuss.

Lippe auf Lippe.

EIN KUSS!

Ciel riss die Augen auf. Den ersten Kuss mit Sebastian hatte er nur im halb ohnmächtigen Zustand miterlebt!

„Alles in Ordnung?“, fragte der Dämon erneut und strich seinem Meister behutsam die Haare aus der Stirn.

„J-ja … mir geht’s bestens.“, sagte dieser ohne nachzudenken.

„Definiere bestens.“

Verdammt. Zwickmühle. Ciel war gerade schon gestorben und nun … nun wollte Sebastian vermutlich von ihm auch noch „etwas“ hören …

„Die Liebe meines Lebens hat mir grade seine Liebe gestanden.“ Das sollte genügen. Der junge Adlige wandte schnell den Blick ab, er wollte nicht, dass Sebastian sah, wie verdammt rot er gerade wurde.

„Wie süß!“, sagte Sebastian und lachte.

„Süß?! Ich bin ohnmächtig geworden! Wegen dir!“

„Wegen mir …“, er grinste dämonisch. Ein sehr böses, äußerst verführerisches Grinsen. Verdammt, Sebastian, wie machst du das?! „Na mal sehen, wie das dann in Zukunft aussehen wird.“

In Zukunft … oh man, die Vorstellung!

„Wenn ich immer bei dir so ohnmächtig werde, dann-“, Ciel wollte etwas Sagen, aber er wurde unterbrochen.

„.. dann werde ich dich einfach immer wachküssen … mein kleines Dornröschen.“ Er lächelte liebevoll und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
 

„… Dornröschen?!?“

Ciel starrte ihn an. Er schien beleidigt aber Sebastian war das egal er strahlte nur weiter, zog seinen Meister dicht zu sich heran und flüsterte ihm „Ja, du bist mein Dornröschen, Ciel“ ins Ohr bevor er ihn noch mal küsste, jedoch dieses Mal länger und leidenschaftlicher.
 


 

THE END.



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  Vanii-chan
2013-07-01T19:32:12+00:00 01.07.2013 21:32
Olé! wow ich fand deine FF richtig toll ich war richtig gefesselt :3 weiter so !
Von:  Erdkoenig
2011-06-23T11:38:35+00:00 23.06.2011 13:38
;__; Wie kannst du an so einer Stelle nur aufhören?!

Ich mag die Szene im Bad und die Atmosphäre die zwischen den beiden herrscht, richtig genial gelungen :3 Ich find es auch gut, dass du zwischenzeitig mal die Sicht gewechselt hast, so dass man auch erfährt was Sebastian denkt und fühlt, ich find es ziemlich interessant zu erfahren, obwohl ich auch denke, dass, wenn du es bei Ciels Sicht belassen hättest, sogar noch mehr Spannung aufgebaut worden wäre ^^
Trotzdem eine klasse FF!

Du hast es als abgeschlossen markiert, war dieses jetzt wirklich das letzte Kapitel oder schreibst du noch weiter?

Lg
Von:  Erdkoenig
2011-06-23T11:21:54+00:00 23.06.2011 13:21
Interessante Erzählweise, jetzt bin ich gespannt auf das zweite Kappi ^^
Ich hasse Lizzy XD Ein Glück, dass er nein gesagt hat -__- Mit der kann man es doch echt nicht aushalten.
Ist aber schon hart, wie sehr er in deiner FF von ihr abgeneigt ist. Ich hatte eigentlich immer das Gefühl, dass er sie schon i-wie ein ganz klitzekleines bisschen mag. |D Gut, das kann sich ja auf Grund von seinen Gefühlen zu Sebastian geändert haben.
^^
*2. Kappi lesen geh*
Von:  rutila-luu
2010-07-30T20:32:31+00:00 30.07.2010 22:32
Also mir hat das Kapitel auch gut gefallen^^
Zwar finde ich, dass Ciel Lizzy hier ein bisschen zu hart beschreibt. Eigentlich mag er sie doch auch ein bisschen. Aber gut ich kanns auch verstehen,dass er vllt so reagiert und über sie denkt, in de Aussicht sie heiraten zu müssen und sie >immer< um sich zu haben :D
Den Vergleich mit dem Wurstbrot fand ich richtig geil X´D
Er ist zum einen wirklich witzig und zum andern passt er doch wirklich guut! :D Musste da jedenfalls sehr lachen^^

Von:  Nezumi_Li
2010-05-20T14:31:15+00:00 20.05.2010 16:31
*schmacht*
die 2..einfach hammer..die gehören echt zusammen..
deinen schreibstil finde cih auch richtig toll..
passt wirklich super..
aber ich hätte mir das ende ein bisschen anders gewünscht..*gg*
sebastian hätte noch antworten müssen.. und dann noch ein kuss..
*____________________*
das wäre doch das perfekte happy end gewesen oder?
Aber naja....wenn das ende sozusagen "offen" ist..können wir unsere fantasie auch noch mehr anregen und uns denken.. was passiert jetzt? was sagt sebastian?? kommen sie zusammen? und und und..
aber wie schon gesagt.
ich finde die story wirklich toll ^^
mach weiter so ^.-
:3
Von:  Akira_kun
2010-05-19T16:25:31+00:00 19.05.2010 18:25
Hach...ich liebe dieses süsse melancholische Paar...und ich danke dir für die Mühe!

Die Atmosphäre hat mich umgehauen und dieses Blitzen von Blicken, wow.
Mir gefällt es, dass du auch mit Innensicht von Sebi_san geschreiben hast, das ermöglichgt einen Überblick!

Es währe so schön wenn Sebastian jetzt ehrlich antworten würde, andererseits währe es noch schöner wenn ich noch mehr deiner Kapis geniessen könnte!^^

Go ahead:

akira_kun^^
Von:  Akira_kun
2010-05-19T16:21:38+00:00 19.05.2010 18:21
Oh, ich glaube ich bin dieser FF gerade wirklich verfallen...ich weiss nicht wieso, aber ich kann dieses tolle Gefühl nicht los werden.

Ich bin sooooo froh, das Ciel Lizy hat stehen lassen, aber echt jetzt, SCHOCK, Sebastian sitzt in der Kutsche!

Ich würde mich sehr darüber freuen wenn du diese FF so schön wie möglich weider schreibst, meinen Segen hast du schon mal!^^

akira_kun
Von:  Eissee
2010-05-13T15:23:07+00:00 13.05.2010 17:23
Na das klingt ja schonmal interessant x3
Sehr schön geschrieben, mal was neues finde ich mit einem Hauch von Humor, hehe ^^" oder doch eher Sarkasmus? xD
Jedenfalls haben mich die ersten Zeilen dazu bewogen weiterlesen zu wollen ^^
Hoffentlich schreibst du weiter, würde mich freuen :) weiter so!
Von:  Phoca
2010-05-02T21:16:13+00:00 02.05.2010 23:16
ui~ schön *___*
dein schreibstil gefällt mir echt gut, die geschichte hat sich gut lesen lassen & ich bin mal gespannt wie es weitergeht^^
du schreibst doch schnell weiter, oder? *ganz lieb schau*

lg phoca




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