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Manchmal muss man einfach raus.

Denn manchmal ist die Welt zu klein.
von

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Farin seufzte. Wieso passierte es schon wieder? Und warum immer Nachts?

Langsam drehte er den Kopf und betrachtete seinen besten Freund. Bela starrte fasziniert in den Himmel und versuchte Sternbilder zu erkennen. Die Betonung lag hierbei auf 'versuchte'. Der Vollmond schien auf sein Gesicht und Farin hätte schwören können, er hätte es mit einer griechischen Mamorstatue zu tun. So wunderschön, dass selbst Michelangelo und Bernini ihre Mühe gehabt hätten, dieses Gesicht in Stein festzuhalten. Nur das diese beiden Italiener waren. Keine Griechen.
 

„Da, Jan. Guck! Da ist der große Wagen! Siehst du ihn?“

„Mhm.“
 

Farin hatte die Augen nicht von seinem besten Freund abgewendet, doch der schien mit dieser leisen Zustimmung zufrieden und malte den großen Wagen mit seinen Fingern im Himmel nach.

Wie waren sie nochmal im Tierpark gelandet? Warum lagen sie hier im Gras auf dem Rücken und zeichneten Sternbilder nach? Warum konnte sich Farin nur in solchen Momenten wirklich frei fühlen? Und warum waren diese Momente so selten geworden? Wieder ein Seufzen. Farin drehte den Kopf wieder Richtung Himmel. Er sah in die Sterne und sah sie doch nicht.

Dumpf erinnerte er sich an die letzten Stunden. „Mal wieder einen draufmachen.“ hatte Bela gesagt. „Wie früher.“ hatte Bela gesagt. Dabei kannten sie sich noch gar nicht so lange. Sechs Jahre. Sechs Jahre, in denen sich alles verändert hatte.

Sein Leben. Seine Freunde. Sein Bassist. Sein Bankkonto. Seine Musik. Farin. Alles.

Nur Bela nicht.
 

„Und da! Das ist der Gürtel von irgendwas.. Hab ich vergessen.. Aber siehst du sie? Die drei Sterne da? Die ganz nah nebeneinander sind?“

„Orion.“

„Wat?“

„Das ist der Gürtel des Orion.“

„Klugscheißer.“

„Stets zu Diensten.“
 

Farin lächelte leicht. Fast schon neidisch dachte er über den Dunkelhaarigen nach. Er war immer noch der gleiche liebenswürdige, naive Chaot wie damals. Oder doch nicht? Farin war sich nicht sicher.

Und doch waren die letzten Stunden, wie eine Wiederholung ihrer ersten Stunden gewesen. Sie hatten zusammen getrunken – Farin natürlich anti alkoholisch – zusammen gelacht, zusammen über seltsame Typen gelästert und zusammen hübschen Mädchen nachgeschaut. „Wie früher“ war wie ein Versprechen gewesen. Ein Versprechen, heute mal nicht über die Band zu reden, nicht über den Stress mit der Zensur nachzudenken und nicht über neue Songs oder die nächste Tour zu sinieren. Sondern einfach zu sein wie alle anderen in ihrem Alter. Ganz normale Jungs, die ihren Spaß suchten. Einfach nur Jan und Dirk zu sein. Wie früher eben. Und nur zu gerne hatte Farin dieses Versprechen entgegen genommen.

Doch hier und jetzt waren sie wieder da. Diese ungeliebten Gedanken über sein Leben, welche ihn schon seit Monaten verfolgten. Am liebsten würde er einfach wegfahren. Irgendwohin. Egal. Hauptsache weg von hier. Doch das ging nicht. Nicht jetzt. Nicht, wenn sein bester Freund neben ihm lag und ihm das Universum erklärte.
 

„Und das da sieht aus wie eine Schildkröte.“ Belas Finger zeichneten ein Sternbild nach, dass nur er sehen konnte und lachte. „Das ist bestimmt das Haustier von Orion! Und da ist die Leine!“

„Warum braucht man denn eine Leine für eine Schildkröte?“

„Das is ne Super-Schildkröte! Die ist schneller als der Wind!“

Farin lachte.

„Du bist betrunken, mein Freund.“
 

Ein Schweigen legte sich über sie, wie die Dunkelheit sich über den Abend gelegt hatte. Eine leise Sommerbrise wehte um ihre Nasen und Farin konnte nicht anders. Er schloss die Augen und erlaubte seinem Kopf keine weiteren Gedanken. Er wollte diesen Moment genießen. Ihn voll ausschöpfen und für schlechte Zeiten im Gedächtnis behalten. Es war so ein Moment, in dem man alles um sich herum vergisst. Alle Sorgen und Probleme so klein und unbedeutend werden, dass man sie locker einfach übersehen konnte. Es war ein glücklicher Moment. Vielleicht sogar einer der glücklichsten Momente seines Lebens. Eine Hand schlich sich in seine. Eine unschuldige kleine Geste, die Farin Urlaubs Welt noch ein Stückchen glücklicher machte.
 

„Jan?“

„Hm?“

„Danke.“
 

Bela sprach leise. So leise, das Farin ein Schauern unterdrücken musste. Er runzelte leicht die Stirn, hielt die Augen aber geschlossen. Er wollte nicht, dass der Moment schon vorbei war.
 

„Wofür?“

„Dafür, dass du heute Abend bei mir warst. Mit mir gelebt hast. Wie früher. Das hab ich vermisst.“
 

Belas Stimme war nur noch ein flüstern und da Farin nicht wusste, was er sagen sollte, lächelte er nur leicht und drückte Belas Hand zur Antwort etwas fester.

Es hatte sich wohl etwas geändert an Bela B. Er war ernster geworden. Reifer. Sprach Dinge aus, die er sich früher nicht getraut hätte zu sagen.

Langsam öffnete er die Augen wieder und sah zu Bela hinüber, der ihn beobachtete. Ja, dachte Farin, griechische Mamorstatue trifft es genau ins Schwarze.
 

„Ich hab den alten Jan vermisst...“
 

Farin wollte sich losreißen, doch Belas Augen hielten ihn gefangen. Er wusste, dass sie von einem leuchtenden Grün waren, doch die Nacht hatte sie in zwei graue, im Mondschein glitzernde Diamanten verwandelt. Dieser traurige Ausdruck war nicht zu ertragen und zugleich verstörend schön. Farin drehte sich auf die Seite. Wollte näher bei seinem besten Freund sein. Wollte ihn trösten. Er strich Bela mit dem Rücken seines Zeigefingers über die Wange.
 

„Tut mir leid...“

„Mhm.“
 

Lange blickten sie sich einfach nur an. Wieder so ein Moment. Diesmal nicht glücklich aber trotzdem irgendwie besonders. Nur mit Bela konnte man solch eine Gefühlsachterbahn innerhalb von wenigen Minuten erleben, dessen war sich Farin sicher.
 

„Ich...“
 

Farin brach ab. Nicht wissend, wie er diesen traurigen Ausdruck vom Gesicht des Dunkelhaarigen wischen konnte, ohne dabei zu lügen. Zwei Dinge, die sich nicht vereinbaren ließen. Vielleicht hatte Bela die Qualen in seinen Augen gelesen, vielleicht folgte er auch nur einem lange unterdrückten Impuls. Farin wusste es nicht. Er spürte es mehr, als dass er es sah. Sein Blick war ohnehin verschleiert. Er fühlte, wie sich eine raue Hand auf seine Wange legte. Wie sie langsam in seinen Nacken glitt und ihn noch näher zu diesem Mamorgesicht zog. Wie seine Stirn sich sanft an die seines Gegenübers legte. Er schloss die Augen. Ließ es zu.
 

„Ich liebe dich, das weißt du, oder?“
 

Es war nicht das 'Ich liebe dich' eines Geliebten im klassischen Sinne. Es war das 'Ich liebe dich' eines Seelenverwandten. Des Menschen, für den er alles geben würde. Seinen Erfolg, seine Musik, sein Leben. Alles. Und er wusste es. Hatte es immer gewusst. Seit dem Moment, als sie sich das erste mal gesehen hatten. Und Bela hatte es auch gewusst. Doch das war tatsächlich das erste Mal, dass einer von ihnen es aussprach.
 

„Jah...“
 

Hauchte Farin, den Tränen nahe. Ein Kuss wurde ihm auf die Stirn gedrückt. Dann verschwand die Hand aus seinem Nacken. Er rollte zurück auf den Rücken und betrachtete die Sterne erneut. Die Hand fest um die Belas geschlossen. Ein unbeschreibliches Gefühl breitete sich in ihm aus und er begann zu lachen. Ohne Grund. Einfach so. Er lachte, bis ihm die Tränen übers Gesicht liefen und Bela stimmte ein. Wieder einmal hatte Bela es geschafft, dass Farin sich einfach frei fühlte.

Zum letzten Mal für sehr lange Zeit.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2010-05-10T13:14:32+00:00 10.05.2010 15:14
*umschau*
*grins*
*FsB zuwink*
*Smile*
*Ankuschel*
Aso....
bin ja hier um ein kommentar abzugeben XD
Also...
Ich habe eine Gänsehaut beim lesen bekommen.
wirklich.
Das die beiden eine besondere Freundschaft haben ist ja bekannt.
aber du hast das irgendwie echt gut zum ausdruck gebracht ^.^
Gefällt mir wirklich sehr gut
Von: abgemeldet
2010-05-04T19:16:31+00:00 04.05.2010 21:16
*smile*
Das ist echt schön~
Mal irgendwie was neues und doch irgendwie...vertraut... (wenn ich das so sagen darf~ xD)
Das Gefühl, das Farin hat, kenne ich nur zu gut~
Ein "Ich liebe dich" nicht im eigentlichen Sinne gesagt zu bekommen, ist manchmal schöner, als das "Ich liebe dich" eines Geliebten. ^^
*zu einer bestimmten Person schiel*
(...Te amo~)
*grins*
Nee, zurück zu der FF~
Echt toll! ^^
Hat mich wirklich berührt! *zufrieden seufz*

LG!


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