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Abendliche Bedürfnisse

The Life with Jamie
von

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Abendliche Bedürfnisse

Stephen saß an die Badewanne gelehnt auf dem Boden. Und mit ihm der Grund warum er hier saß. Und warum saß er hier? Tja, er wartete. Wartete darauf, das der Junge sein Geschäft vor dem zu Bettgehen erledigte. Und beobachtete, wie dieser angefangen hatte Interesse an der Klopapierrolle zu bekunden.

Jamie saß auf der Kloschüssel und zog freudig immer wieder das Papier von der Rolle. Es war wohl das Geräusch des Halters, welches der fünfzehn Jährige toll fand. Das Klappern wenn man das Papier abrollte. Das oder das Papier selbst. Wahrscheinlich beides. Jamie konnte man für fast alle erdenklichen Dinge begeistern. Wie zum Beispiel...Die Toilettenspülung. Oder den Handstaubsauger.

Stephen sah zu wie der Haufen von Klopapier auf dem Boden neben der Toilette größer und dichter wurde. Er versuchte nicht einmal daran zu denken wer das alles wieder aufräumen sollte. Natürlich, er konnte es ihm verbieten. Er könnte sagen: "lass das und mach dein Geschäft damit wir endlich ins Bett gehen können." Aber er hatte schon lange damit aufgehört. Man konnte einem Jungen wie Jamie ja nicht etwas verbieten das ihm sichtlich Vergnügen bereitete. Er meinte es nie böse und Stephen sah ihn gerne lachen. Die Meisten würden es wohl nicht so lustig finden wenn sie eines Morgens das Bad betraten und es darin aussah als wäre Weihnachten. Die Meisten würden dieses Chaos wohl nicht liegen lassen. Aber er war nicht die Meisten. Er hatte Jamie. Es war schon spät. Und er war müde. Klopapier stank nicht und war nicht dreckig. Da konnte es durchaus bis zum nächsten Tag warten. Außerdem störte ihn so was schon lange nicht mehr. Kein Grund sich darüber aufzuregen. Stephen sah nicht einmal mehr Grund darin dies zu tun, wenn Jamie das Bedürfnis hatte seine Zimmerwände zu verschönern. Normalerweise lernte ein Kind das man nicht auf Wände malte. Normalerweise. Aber der zierliche Junge war kein normales Kind. Er war etwas besonderes. Jamie war blind und geistig krank. Weshalb er irgendwann aufgehört hatte ihn zu belehren. Allerdings hatte Jamie gelernt nicht auf den restlichen Wänden im Haus zu malen. Das durfte er nur in seinem Zimmer. Dadurch hatte es aber auch etwas positives. Sie mussten es jetzt wenigstens nicht mehr streichen oder tapezieren. Ein Freund von Tapeten war Jamie nämlich noch nie gewesen. Sein Zimmer sieht so gut aus wie es ist. Er bemalte, -kritzelte, -schrieb, -zeichnete und -klebte es ständig neu. Es war seins. Und da konnte er tun was immer er wollte. Na ja, fast.

Stephen stieß die Luft aus seinen Lungen. Und Jamie machte es ihm nach, woraufhin der Ältere lächeln musste. Der Junge rollte das Papier weiter ab und warf es durch die Luft. Stephen saß weiter da. Wartete, beobachtete und hoffte das es bald so weit sein würde.

Im nächsten Augenblick kam Nora aus dem dunklen Flur und lehnte sich gegen den Türrahmen. "Na.", seufzte sie und sah was Jamie da trieb. "Och Herr je. ...Da hab ich für Morgen wohl reichlich Arbeit hm?" "Er denkt eben an alle.", erwiederte ihr Ehemann. Sie schmunzelte und sah ihn an, ehe er sich wieder ihrem Sohn zuwandte. "Wie geht's voran?", wollte sie wissen. "Wir sitzen hier jetzt schon eine geschlagene Stunde. Und er hat mittlerweile alles gemacht. Nur in die Toilette nicht."

"Soll ich dich ablösen?" "Nein. Er ist bestimmt gleich soweit." Sie richteten ihr Augenmerk wieder ganz Jamie, der sich nach vorne gebeugt hatte und nach dem Klopapier griff. Es zur Seite warf, nach vorne, wieder zur Seite, nach hinten, wieder danach griff und sich zwei Handvoll ins Gesicht drückte, um daran zu riechen. Er ließ es fallen, um es dann zu durchwühlen. Er griff wieder danach und drückte es sich erneut ins Gesicht, um das Papier zu fühlen. Vielleicht malte er sich gerade aus, wie es aussah? Welche Farbe es hatte? Man konnte nur spekulieren, was in Jamie's Kopf vorging.

Bei jeder Betätigung und jeder Beschäftigung mit Dingen, Menschen und Lebewesen, lernte er dazu. Er versuchte zu verstehen. Versuchte zu begreifen. Was natürlich nicht immer funktionierte.

Aber irgendwo in seinem Kopf wusste er über seine Umwelt bescheid. Wusste was um ihn herum vorging. Er hatte von dem Kinder-Therapeuten gelernt das Klo zu benutzen, und nicht einfach und überall hinzumachen. Eines von vielen Beispielen für seine Lernfähigkeit.

Jamie lockerte seinen Griff und verharrte in der Bewegung.

Er rührte sich nicht.

Kurz herrschte Stille. Die Eheleute warteten darauf was geschah. Leise ertönte ein stetiges rieseln auf Porzellan. Stephen atmete auf. "Er ist fertig. Du kannst ruhig wieder ins Bett gehen. Ich komme gleich nach." "Okay. Gute Nacht Jamie. Träum was schönes." Der Kleine schnalzte mit der Zunge. Nora verschwand wieder im Flur. Jamie hatte sich Klopapier über die Augen gestreift und schaute in der Gegend um her, als wenn er austesten wollte ob er etwas sehen konnte. Stephen lachte, schüttelte den Kopf und stand auf. Er ging zu dem Jungen rüber und blieb vor ihm stehen. "Also, Geschäft erledigt? Gut gemacht. Jetzt ab ins Nest.", er nahm ihm das Papier aus den Händen und ließ es auf den Boden fallen. "Na komm, hoch." "Mmmm~hm-mh." Er klammerte und drückte sich an ihn. Das Kinn auf dem Bauch des Anderen abgestützt. "Schlafen Schatz, wir müssen jetzt schlafen." Jamie brummelte. Erhob sich aber von der Schüssel und blieb stehen. Seinen Hintern rausgestreckt. Er starrte Stephen von unten an, und wartete. "Muss ich es etwa wieder machen? Du kannst das doch auch." Aber nichts passierte. Stephen löste sich von dem Kleinen und riss ein paar Blätter von der Rolle ab. Nahm Jamie's rechte Hand, drückte das Papier hinein und führte sie nach unten. Als Jamie immer noch keine Anstalten machte etwas zu tun, übernahm er das abwischen, wobei dr Brünette die Lider senkte, warf das Stück anschließend in die Toilette und half ihm seine Unter- und Pyjamahose anzuziehen. Dann nahm Stephen Jamie's Hand und legte sie auf den Hebel umd die Spülung zu betätigen. Der Braunhaarige drückte ihn runter und starrte in die Schüssel als das Rauschen ertönte. "Na komm. Hände waschen und dann ins Bett." Jamie blieb jedoch stehen, bis die Toilette verstummte. Als alles erledigt war führte Stephen Jamie aus dem Badezimmer. Dieser stoppte aber erneut, drückte sich an ihn und blickte hinauf. "Uuuuhhh~." "Glaubst du nicht wir beide sind schon zu alt dafür?" Der fünfzehn Jährige streckte seine Arme in die Höhe und lehnte sich gegen den Größeren. "Wwwuuuaaahhhh~." Stephen seufzte ergeben. "Also schön, du Krümel!" Er kniete hinab und Jamie legte seine Arme um seinen Hals, dann erhob er sich und der Junge schlang seine Beide um seinen Körper. Stephen hielt ihn fest und Jamie schmiegte sich enger an ihn. Graves ging aus dem Badezimmer, schaltete das Licht aus und schloss die Tür.

Er brachte den Pflegefall, namens Jamie, in dessen Zimmer. Dort setzte er ihn auf dem Bett ab und machte sich daran ihn zu zudecken. Jamie kuschelte sich hinein und Stephen setzte sich auf die Bettkante. "Und jetzt, wird geschlafen." Der Junge blickte seinen Pflege- und Adoptivvater aus seinen trüben, milchigen Augen an. Dieser holte sich die Spieluhr, welche auf dem Nachttisch stand und begann sie aufzuziehen. Als sie anfing die Melodie zu spielen, hielt er sie neben Jamie's Kopf. Dieser folgte ihr.

Jamie liebte die Spieluhr.

Er liebte ihre Melodie. Er bekam sie jeden Abend vor dem schlafen gehen vorgespielt. Sie beruhigte und entspannte ihn. Er konnte das Figurenpaar das sich tanzend zu der Melodie im Kreis bewegte zwar nicht sehen, aber er hörte die Melodie. Sah die Melodie, mit seinen eigenen Augen. Die Spieluhr hatte ursprünglich Stephen's Mutter seiner Tochter geschenkt. Bis man herauzufinden versuchte was Jamie schneller zum einschlafen brachte und auf die Spieluhr kam. Natürlich war es nicht so das er nicht einschlief. Das tat er. Nur dauerte das länger. Jamie war zuerst erschrocken über die Geräusche die die Spieluhr von sich gab, doch je öfter sie ihm vorgespielt wurde desto mehr gewöhnte er sich daran. Bei dem Auszug seiner Tochter überließ sie Jamie die Spieluhr. Ab und zu kam sie immer noch her. Die Spieluhr zum schlafen brauchte sie allerdings nicht mehr.

Der Brünette senkte seine Lider und lauschte, bis sich seine Augen vollständig schlossen. Stephen stellte die Spieluhr auf den Nachttisch zurück. Während die Melodie zu ende spielte, streichelte er Jamie's Wange. Er beugte sich vor, küsste ihn zärtlich auf die Stirn und flüsterte ein "Träum was schönes." Er betrachtete ihn noch ein paar Sekunden ehe er aufstand, das Nachtlicht losch und das Zimmer verließ, um sich in sein eigenes Bett zu legen.

Jamie war ein Segen. Ja, er war blind, geistig behindert. Trotzdem war er für Stephen kein Fluch.

Keine Last.

Kein Fehler.

Keine Missgeburt. Er war durch und durch, ein Segen.
 

-END-



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