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Schritt für Schritt

Zacks letzte Mission
von

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Keine Angst

Die Reifen des großen Trucks drehten durch, als er wieder losfuhr und nichts übrig ließ außer einen riesigen Staubwolke, die vom trockenen Boden hoch wirbelte und ihm erst einmal für einen Augenblick die Sicht nahm. Als sie sich einigermaßen verzogen hatte, war von dem Wagen schon nichts mehr zu sehen, auf dessen Ladefläche sie eben noch gesessen und sich unterhalten hatten.

Gut, unterhalten setzte voraus, das der andere Gesprächsteilnehmer auch antwortete, aber das war bei Cloud schon lange nicht mehr der Fall gewesen. Eigentlich hatte er kaum einen Laut von sich gegeben, seit sie Nibelheim und damit Professor Hojos Forschungszentrum (oder auch Folterkamme der Grausamkeiten) hinter sich gelassen hatten. Die Überdosis an Mako, die ihm injiziert worden war, diese verdammten Jenova-Zellen, die hinderten ihn daran, wieder normal zu werden.

Einen Augenblick später hatte er sich mit Cloud in eine kleine Felsspalte verzogen, wo er den jungen Infanteristen vorsichtig gegen eine riesige Steinsäule lehnte. Die ganze Ebene hier bestand nur aus Steinen, Hügeln und Geröll. Es gab kaum Wasser und wenn es nicht gerade regnete, dann konnte hier sowieso nichts überleben. Sie waren beinahe in Midgar – und trotzdem noch nie so weit von ihrem Ziel entfernt. Sie saßen hier mitten im nirgendwo fest und eigentlich müssten sie nur einen kleinen Fußmarsch hinter sich bringen, um in die Stadt zu gelangen, aber...

Zack wusste bereits, dass daraus nichts mehr werden würde, jedenfalls nicht für ihn.

„Warte hier“, meinte er schmunzelnd und wuschelte Cloud durch die blonden Haare. Als ob er irgendwas anderes machen könnte! Aber Zack hatte das Gefühl, dass er noch irgendwas sagen musste, bevor er ging.

Der Boden knirschte unheilvoll unter seinen Stiefeln, als er aufstand, das Schwert ein wenig zurecht rückte und sich dann umdrehte.

Er sah weder die ausgestreckte Hand hinter sich, noch sah er, was ihm gleich begegnen würde. Seine Gedanken waren ein Stück weit entfernt, vielleicht schon in Midgar, vielleicht auch irgendwo anders. Er wusste nicht genau, was kommen würde und vielleicht war es auch besser so.

Ein Schritt nach dem anderen. Immer weiter geradeaus. Egal, wie es enden würde, er wusste, was er zu tun bereit war.
 

Cissnei...

Sie hatte ihn gewarnt. Zwei Mal sogar. Einmal, als er in Gogaga gewesen war, um nach seinen Eltern zu sehen. Er wollte ja nicht direkt sein Geburtshaus betreten, es reichte ihm ja schon zu sehen, dass noch alles an Ort und Stelle war. Sie hatte ihn abgefangen, ihm sogar noch geholfen, weiter zusammen mit Cloud zu fliehen. Und damals an der Küste, da hatte sie ihn auch noch einmal gewarnt. Ihr Befehl hatte gelautet, ihn auszuschalten, ihn nicht weiter fliehen zu lassen. Er hatte erkannt, wie sie mit sich gehadert hatte.

Sie hatte Angst gehabt. Seltsamerweise nicht davor, ihren Job zu verlieren, ihren Vorgesetzten zu verärgern oder ihren Auftrag nicht ordnungsgemäß erfüllen zu können. Sie hatte Angst um Zack gehabt. Davor, was mit ihm passieren würde, wenn Shinra ihn aufspüren würde. Die Turk wusste, wie mit Verrätern umgegangen wurde. Nur war Zack das, im Gegensatz zu so vielen anderen, niemals gewesen.

Er war zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und das wusste sie.

Resignierend hatte sie ihre Wurfwaffe zur Seite gelegt, alle Vorsicht fallen lassen und ihren Vorgesetzten einfach angelogen.

Das Ziel verloren, hatte sie gemeint. Zack hatte gegrinst und war davongelaufen, um wieder zu Cloud zu eilen, den er in einem sicheren Versteck zurückgelassen hatte. Für mehr war keine Zeit mehr gewesen, da er fürchten musste, ansonsten entdeckt zu werden. Also rannte er, so schnell es eben möglich war, wieder zu Cloud und machte sich zusammen mit seinem Freund auf den Weg.
 

Ob Cissnei wieder nach ihm suchte? Oder ob sie sich immer noch Sorgen machte? Er wusste es nicht. Sicher war nur, das nächste Mal würde er sicherlich nicht mehr so einfach davonkommen. Turk blieb Turk, egal, ob er ein Freund war oder nicht. Sie konnte ihn nicht ewig beschützen. Aber sicher war er sich in einem Punkt: Die Angst, die Cissnei empfunden hatte, hatte dafür gesorgt, dass er stärker geworden war. Immerhin wollte er nicht einfach so abtreten!

Und das war er doch bisher nicht. So vieles hatte er in letzter Zeit wieder überstehen müssen...
 

Genesis...

Er hatte den SOLDAT-Kämpfer in einem langen, anstrengenden und nervenzerreißenden Kampf geschlagen. Den riesigen Avatar, den er zerschlagen hatte und dann hatte er noch einmal direkt mit Genesis kämpfen müssen. Die Schwerter, die sich schon so oft getroffen hatten, schlugen erneut zusammen, dieses Mal im letzten Kampf, den sie ausführen würden.

Genesis hatte in dem Moment die Augen entsetzt geweitet, als ihm bewusst wurde, dass er gegen Zack verlieren würde. Am Ende hatte er doch gegen Angeals Schwert und seinen Geist verloren.

Die Statue der Göttin, die Genesis so anbetete, war zersprungen und zerstört. Bewusstlos war er zu Boden gegangen und Zack hatte ihn mit zurück genommen, zurück zu Cloud und zurück zu Lazard, dem ehemaligen Direktor von SOLDAT, der nun zu einer Angeal-Replik geworden war. Auch das nur durch die vielen Zellen, die Hollander seinen vielen Versuchsobjekten injiziert hatte und die unweigerlich zum Zerfall des eigenen Körpers führten.

Zack hatte mit ihnen auf dem Hügel von Angeals und Genesis’ alter Heimat gestanden, eine ganze Weile lang. Dor hatte ihm Genesis eröffnet, dass er Angeal für das wahre Geschenk der Götter hielt und Zack hatte keinen Grund gefunden, ihm zu widersprechen.

Kurz darauf hatte sich Zack Cloud wie einen nassen Sack über die Schulter geworfen und war mit ihm weitergegangen. Einen langen, schier endlosen Weg entlang.
 

Er wusste nicht, dass kurz darauf ein Hubschrauber gelandet war, dem zwei Männer entstiegen waren, die Genesis einfach mitnahmen und auf nimmer Wiedersehen verschwanden. Wahrscheinlich würde Zack auch nie erfahren, was mit ihm geschehen war. Ob er lebte oder tot war.

Klick.

Das Geräusch von Zacks Schritten verstummte, als das metallische Klicken immer und immer wieder erklang. Auf einer kleinen Anhöhe, direkt vor ihm, standen mindestens zweihundert Infanteristen von Shinra, vielleicht auch noch viele mehr hinter dem Hügel. Vor diesem befanden sich gut noch einmal so viele, einige davon mit Schwertern bewaffnet, die anderen wiederum mit Pistolen. Allesamt auf ihn gerichtet.
 

Tseng...

Der hatte auch so gut mit Pistolen umgehen können. Wenn dann immer noch Not am Mann gewesen war, dann hatte er sich einfach einen Hubschrauber herbeordert. Ob Tseng so etwas wie Angst überhaupt kannte? Als professioneller Turk hatte er sich das nie anmerken lassen. Sowieso war dem Kerl laut Zacks eigener, unverfälschter Meinung, sowieso jede Emotion abgegangen. Punktkopf hatte sich nie etwas anmerken lassen. Nicht in irgendwelchen Missionen und sonst schon gar nicht. Er war einfach nicht der Typ, der gerne über seine Gefühle plauderte.

Wie hätte Zack ahnen können, dass Tseng den Turks befohlen hatte, Zack unbedingt lebend nach Midgar zu bringen? Weil er ihm unbedingt etwas übergeben musste?

88 Briefe, die Aerith ihm geschrieben hatte, die aber niemals bei hm angekommen waren, weil er vier lange Jahre in den Kellern der Villa in Nibelheim eingeschlossen gewesen und den grausamsten Experimenten ausgesetzt worden war? Bis ihm schlussendlich die Flucht gelungen war?
 

„Mannomann“, sagte Zack kopfschüttelnd, als er der Masse an Infanteristen gegenüber stand. Anscheinend hatte Shinra wirklich alles aufgeboten, damit Cloud und er Midgar nicht lebend erreichen konnten. So viele auf einem Haufen. Er konnte die Gesichter unter den Helmen nicht erkennen, aber er war sich sicher, dass viele von ihnen froh gestimmt waren. Zwischen den Sicherheitskräften und den Kämpfern von SOLDAT hatte es ja immer Knatsch gegeben. Bestimmt waren sie jetzt froh, einem von SOLDAT zeigen zu können, wie gut die Infanteristen im Schützen von Midgar waren.

Zack stand einen Moment lang schweigend da, die Hände in die Hüften gestemmt, bevor seine rechte Hand sich langsam um den Griff des Panzerschwertes schloss. Um sein Andenken. Um das Geschenk, das ihm ein sehr, sehr guter Freund gemacht hatte.
 

Angeal...

Wie oft musste er seinem Mentor schon Sorgen bereitet haben. Ob Angeal jemals Angst gehabt hatte, dass Zacks Übermut ihn einmal das Leben kosten könnte? Sicherlich, denn oft genug hatte ihn der Rang-1-SOLDAT ermahnt, sorgsamer und vorsichtiger zu sein. Aber Zack hatte seinen Lebensstil erst gewandelt, nachdem er gegen Angeal hatte kämpfen müssen. Alles, was von Angeal jetzt noch übrig war, war sein Schwert, das er Zack vermacht hatte. Dieses Schwert, in dem alle Träume, alle Wünsche, vielleicht aber auch alle Ängste weiterleben würden. Ängste und Sorgen um seinen Schüler, den Angeal zu früh im Stich hatte lassen müssen.

Nach dem Kampf hatte Zack sich eine ganze Weile Vorwürfe gemacht, er hatte sogar geweint, ein Umstand, dem man dem sonst so heiteren jungen Mann niemals zugetraut hätte. Dann, dann war plötzlich aus heiterem Himmel diese Replik aufgetaucht, mitten in der Kirche in den Slums, in der Aerith ihre Blumen hegte und pflegte.

Erst hatte Zack ihn angreifen wollen, doch aus irgendeinem Grund schien das Wesen ihnen nicht einmal Böses zu wollen. Im Gegenteil – die Replik hatte sogar geholfen, Feinde aus der Kirche zu vertreiben. Irgendwie hatte Zackdas Gefühl, dass noch immer etwas von Angeals Seele in Midgar war.

Etwas, das für immer hier bleiben würde, so lange jemand daran glaubte.
 

Zack löste das Schwert aus der Halterung und dann hielt er es sich genau vor das Gesicht, so, wie es auch Angeal immer getan hatte, vor jeder wichtigen Schlacht, vor jedem epischen Moment, in dem er sich erinnern musste, wofür er kämpfte.

Erst hatte Zack für Soldat gekämpft.

Er hatte für Aerith gekämpft.

Für Midgar.

Für Frieden.

Für Träume.

Für Cloud.

Zack senkte das Schwert und ließ den Blick über die Menge an Soldaten schweifen. Sollte das nicht eigentlich ein Kinderspiel für einen von SOLDAT werden?
 

Aerith...

Zack hatte noch nie jemanden getroffen, der Angst vor dem Himmel hatte. Für ihn wäre es fast so, als würde jemand Angst vor der Freiheit haben.

„Deine Augen sind wie der Himmel“, hatte Aerith gesagt. „Und der Himmel macht mir Angst.“

Zack hatte sie einen Moment lang mit offenem Mund angestarrt, bis Aerith gesagt hatte, dass sie nun einmal unter der Platte lebte, in den Slums, wo niemals der Himmel zu sehen war. Im Gegensatz zu ihr konnte sich Zack ein Leben abseits des Himmels nicht vorstellen. Was tat man denn, wenn man nach oben blickte und nichts sah außer kalten Stahl?

Aber Aerith hatte das nicht so gesehen. Ihr war das Leben in den Slums recht. Hauptsache, sie hatte ihre Blumen, die sie verkaufen und wieder nachzüchten konnte. In dem Blumenwagen, den sie zusammen mit Zack gebaut hatte. Vielleicht war es nicht der allerschönste Wagen gewesen, aber es war Aeriths Traum gewesen, den sie zusammen erfüllt hatten. Mit dem Versprechen, irgendwann einen neuen, besseren zu bauen. Würde Aerith sehr enttäuscht sein, wenn sie es nicht mehr schaffen würden?

Immerhin hatte sie ihm doch schon so oft geholfen. Aerith hatte ihn gerettet, als er von der Platte gestürzt war und auch, als er völlig am Boden zerstört gewesen war nach dem Kampf mit Angeal. Wenn er denn zurück nach Midgar käme, dann würde er sich bei ihr bedanken und ihr einen Wagen bauen, mit dem sie überall als Blumenverkäuferin bekannt werden würde.
 

„Trage Träume im Herzen“, sagte Zack sich selber, nachdem die himmelblauen Augen einmal die Umgebung abgetastet hatten. Seltsamerweise hatte er keine Angst vor dem, was folgen würde. Alle seine Freunde, sie hatten sich um ihn gesorgt, um ihn gebangt, gefürchtet, aber er, er war im Moment der Einzige, der keine Angst verspüren konnte. Er wusste nicht einmal, warum er nicht zitterte, nicht schrie, sich nicht vollkommen der Furcht hingab, aber er war sich sicher, dass es so richtig war.

Es gab etwas, das im Moment wichtiger war, als Angst zu haben. Es gab etwas, für das es sich lohnte, jetzt das Schwert zu schwingen.
 

Cloud...

Cloud hatte keine Angst gezeigt, als er im Reaktor in Nibelheim gegen Sephiroth angetreten war. Obwohl er vom Schwert des SOLDAT-Kämpfers durchbohrt worden war, obwohl er ohnehin schon verletzt und geschwächt gewesen war, so hatte er es doch trotzdem noch geschafft, Sephiroth mit Zacks Schwert zu verletzen und den Behälter zu zerstören, in dem Jenova aufgehoben worden war.

In diesem Moment hatte nicht der junge Infanterist Angst gehabt. Es war Sephiroths Gesicht gewesen, das völlig verzerrt gewesen war in Sorge um seine „Mutter“, um dieses Wesen aus dem All, dessen Zellen auch in ihm waren.

Und dann hatten sie Cloud und Zack die Jenova-Zellen eingepflanzt. Zack hatten sie wenig ausgemacht, da er schon bei seinem Beitritt bei Soldat so viel Mako-Energie ausgesetzt gewesen war, aber bei Cloud hatten sie erhebliche Schäden angerichtet.

Aber Zack war immer frohen Mutes gewesen. Cloud würde es schaffen. Immerhin war Zack ja nicht bis vor die Tore geflohen, nur, damit Cloud sich dann aufgab. Irgendwie... würde er es schon schaffen, da war er sich sicher. Immerhin waren sie Freunde und die gaben sich nicht so einfach auf.
 

„Kommt und holt euch, was ihr wollt“, brüllte Zack der Armee vor sich entgegen und schwang sein Schwert mit aller Kraft.

Angst wäre fehl am Platze, sie würde nicht hierher gehören, weil es einfach nicht richtig gewesen wäre, jetzt zu zögern.

Cissnei.

Genesis.

Tseng.

Angeal.

Aerith.

Cloud.

Schlag um Schlag fiel. Egal, ob es Schwerter waren, Gewehre oder Granaten, die von Hubschraubern abgeworfen wurden, Zack hielt allem stand.

Die ganze Zeit. Augenblick um Augenblick.
 

Bis der letzte Schuss fiel.
 

Und er sein Schwert weitergab.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

Und nicht der geringsten Spur von Angst.

Denn das, was er sich immer am sehnlichsten gewünscht hatte, das war erfüllt worden.

„Hey! Würdest du sagen, dass ich ein Held geworden bin?“
 

~Fin~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-05-30T11:31:15+00:00 30.05.2010 13:31
Ich fang gleich das Heulen an!

JA, er ist ein Held!!!

Zack und Cloud waren schon immer meine Lieblinge in der gesamten FF-Reihe gewesen.

Der Schreibstil erinnert mich tatsächlich an die z.T. verwirrenden Rückblenden im 7. Teil. (Verwirrend für die, die die Zusammenhänge nicht so genau kennen). Und ich hab grad wieder ganz gewaltig Lust bekommen, das Spiel wieder auszugraben.




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