Prolog
farblos
»Wieso hast du die Kleine abgewiesen?« Albus trat hinter einer Hecke des Schlossgartens am See hervor, während seine eigenen dunklen Seen misstrauisch auf den Gesichtszügen des jungen Mannes vor ihm verweilten.
Achtlos ließ ebenjener das Buch, welches er gerade noch gelesen hatte, in seine Schultasche gleiten und hob seinen Kopf. Das kastanienfarbene Haar schimmerte im hellen Sonnenlicht, während er angestrengt gegen die gleißende Sonne blinzelte, ehe es fluchend aufgab und seinem Gegenüber deutlich machte, er solle sich neben ihn auf die kleine Mauer setzen.
»Also wieso hast du die Kleine abgewiesen?« Er würde nicht locker lassen, ehe er den Grund für das merkwürdige Verhalten seines Bruders wüsste. Eine Eigenschaft, die deutlich der väterlichen Seite entstammte und den jüngsten Potter nicht übersprungen hatte.
Augenblicklich spannten sich seine Muskeln an. Er würde ihm diese Frage nicht beantworten. Aus dem schlichtem Grund, dass er es nicht konnte - ohnehin würde er es nicht verstehen können. Wie auch? Er verstand ja selbst nicht, wie er es so weit hatte kommen lassen können.
Seine ermüdeten Augen schlossen sich, während er sich durch sein braunes Haar fuhr. Er dachte an sie - ihre blauen Augen. Das wundervolle Blond ihrer Haare, welches ihre weichen Gesichtszüge umschmeichelte und das sie unweigerlich von ihrer Mutter geerbt hatte. Etwas in ihm zog sich zusammen, als er an sie dachte. Er würde nie derjenige für sie sein können, der er gerne wäre.
»Ich wollte sie nicht.«
Ein Schnauben des Schwarzhaarigen neben ihm ließ ihn leise seufzen. Er hatte schon wieder gelogen - so, wie er sie ständig belog, wenn er sagte, sie sei seine beste Freundin. Dabei war sie doch so viel mehr.
»Sag` mir, wer es ist«, erklang die nüchterne Stimme neben ihm und er blickte geradewegs in die dunklen Augen seines Bruders.
Siedendheiß wurde ihm bewusst, weshalb Albus in Slytherin war. Der Schwarzhaarige hatte schon immer eine beneidenswerte Auffassungsgabe besessen, der James` nicht ansatzweise das Wasser reichen konnte. Ein melancholisches Lächeln legte sich auf seine markanten Gesichtszüge. War er wirklich einen Moment lang naiv genug gewesen zu glauben, er können ihn austricksen?
Still beobachtete der Potter seinen älteren Bruder. Er kannte James gut genug um zu bemerken, wann er log. Ein listiges Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Die Tatsache, dass sein älterer Bruder versucht hatte ihn zu belügen amüsierte ihn ungemein. James mochte der Jahrgangsbeste sein, doch ein guter Lügner war er noch nie gewesen.
»Es geht dich nichts an.« »Oh, werden wir jetzt etwa schon zynisch?« Dieses Gespräch versprach noch vielversprechend zu werden.
James` Miene verfinsterte sich schlagartig, als er ruckartig aufstand und nach seiner Tasche schnappte. »Ich warne dich, Albus. Stecke deine Nase nicht in Angelegenheiten, die dich nichts angehen.« Die Stimme des Potters klang drohend. Der samtene Unterton seiner rauen Stimme war verschwunden, nichts als Wut machte sich in seiner Stimme breit, auch wenn Albus meinte noch etwas anderes heraushören zu können: Bitterkeit.
Fragend hob er eine Augenbraue. Der sonst so lebensfrohe junge Mann schien ein Schatten seiner selbst zu sein. Wäre es nicht sein eigener Bruder, hätter er dies wahrscheinlich mit einem flüchtigem Blick quittiert, ehe er sich seinen eigenen Angelegenheiten gewidmet hätte. Nie hatte er James so wütend erlebt. Der Frauenschwarm der Schule schien also auf Widerstand gestoßen zu sein ...
Er zuckte zusammen und fasste sich schmerzlich aufstöhnend an seine Schläfe. Der Alkohol gestern schien ihm nicht gut bekommen. Vielleicht hätte er doch auf Dominique hören sollen, als diese ihm mahnend das Glas aus der Hand schnappte, mit den Worten, er hätte schon genug. Selbstverständlich hatte er sie gekonnt ignoriert und einfach stehen lassen. Das Geräusch der französischen Schimpfwörter mit denen sie ihn bedacht hatte, hallte deutlich in seinem Gedächtnis wieder und ließ einen bitteren Schmerz in seinem Kopf entstehen.
Das laute Kichern zweier herrannahender Frauenstimmen erhallte seine Ohren. Dieses glockenhelle Lachen, das er überall wiedererkennen würde. Na bravo. Albus Mund verzog sich zu einem einzigen dünnen Strich, als er seine Lippen aufeinanderpresste, um nicht laut zu fluchen. Wieso musste dieses Weib auch immer dann auftauchen, wenn er sie am wenigsten gebrauchen konnte?
»Hast du es gestern nicht doch etwas mit dem Alkohol übertrieben, Al?« Dominiques perfekte blassblaue Augen sahen ihn schelmisch an. Ein süffisantes Lächeln bildete sich auf ihren roten Lippen, als sie ihren Rock richtete und den Potter mit verächtlichen Blicken wissen ließ, was sie von ihm dachte. Sie selbst wusste, dass der junge Schwarzhaarige nicht ansatzweise ein so arrogantes Arschloch war, wie er es immer heraushängen ließ, doch manchmal war er schlimmer als die Pest.
»Nun, wenigstens war ich nicht kurz davor, bei Zabini auf dem Zimmer zu landen. Der Gute wäre sicherlich hocherfreut gewesen, Dominique«, erwiderte der Schwarzhaarige spöttisch.
»Al, es reicht!« Die bellende Stimme von James ließ den Jüngeren zusammenzucken. Verwundert hob der Schwarzhaarige eine Augenbraue an. Der ältere Potter war hinter die Blonde getreten und sah den Jüngeren mit einem erbittertem Blick an. Sein Blick ließ den Schwarzhaarigen zusammenzucken. Von dem Älterem ging eine ungeheure Präsenz aus. Es war deutlich zu spüren, dass er sich nicht scheute handgreiflich zu werden, sollte er jetzt nicht leise sein.
Und plötzlich viel es dem jungen Potter wie Schuppen von den Augen ...
Der Frauenschwarm schlechthin hatte sich in seine beste Freundin verguckt. Ausgerechnet Dominique hatte sich der Gryffindor ausgesucht. Er hätte alle haben können, konnte alle haben und würde alle haben können, doch ausgerechnet die junge Veela hatte seinem Bruder den Kopf verdreht. Die beste Freundin und der beste Freund ... das konnte doch nur in einem Desaster enden. Der Potter hatte sein dummes und naives Herz an die Weasley verloren.
Ein listiges Lächeln umschmeichelte seine Lippen, als er James kleines ,Problemchen` erkannte.
- Auch wenn er noch nicht wusste, wie sehr sich sein eigenes Leben dadurch verändern würde ...