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Dragon Age: Origins

Bestimmung
von

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Nagende Ungewissheit

Augenblicklich umfing mich die Dunkelheit, während die Luft laut in meinen Ohren vorbei zischte. Panisch ruderte ich mit meinen Armen und versuchte irgendwo Halt zu finden, doch das Einzige was ich ergreifen konnte war das blanke Nichts.

Das gefährliche und erboste Brüllen des Ogers übertönte Zevrans Schrei, welcher laut in der Schlucht widerhallte.

Ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, ehe ich bereits auf das harte Gestein aufschlug. Der schwere Rucksack dämmte den Aufschlag enorm, doch ehe mir ein schmerzliches Stöhnen entwich, zerriss mein Rucksack und die Lebensmittel fielen heraus.

Ein weiteres Brüllen des Ogers ertönte und augenblicklich erzitterte das Gestein unter mir, ehe ich weiter hinab fiel.

Das kurze Endlangrutschen an dem spitzen und rauen Gestein hinterließ ein starkes Brennen auf meiner Haut. Lediglich ein zischendes Fluchen entwich meinen Lippen.

Verzweifelt versuchte ich mich irgendwo festzukrallen, oder wenigstens Halt zu finden. Doch meine Hände rissen auf, ebenso wie meine Fingernägel.

Ein seltsames heulen schallte von den Wänden wieder, als ich erneut herabfiel. Meine blutigen Hände erlaubten mir nicht sich festzuhalten.

Der nächste Aufprall ließ nicht lange auf sich warten, denn mein linkes Bein wurde grob nach hinten gebogen als es an der Felswand entlang schleifte. Sofort schlug ich nach vorn und mein Kopf schlug auf hartes spitzes Gestein.

Sterne tanzen vor meinen Augen, als mich ein stechender Schmerz vom Kopf abwärts durchfuhr. Die Umgebung schien sich noch weiter zu verdunkeln.

Auf einmal umfing mich Kälte und die Luft wurde aus meinen Lungen gepresst. Das kalte Wasser stach wie Nadeln auf meine geschundene Haut. Ich hörte, wie das Wasser in meinen Ohren rauschte und ich wie schwerelos mit der Strömung trieb. Ich war nicht mehr dazu fähig mich zu bewegen und ich merkte, wie mir die Luft nun fast ganz ausging.

Dann waren die Sauerstoffvorräte komplett aufgebraucht und mein Körper sog ohne mein Zutun aus Reflex das Wasser in die Lungen.

Ich spürte wie das Wasser durch meinen Hals lief.

Ich verkrampfte mich schlagartig und ich musste husten, wodurch ich nur noch mehr Wasser einatmete. Ich riss meine Augen auf und fasste mit der Hand an meinen Hals. Ich hatte, um es kurz zu formulieren, einfach nur panische Todesangst.

Die Schwärze vor meinen Augen, die bis eben kurz nachgelassen hatte, kehrte nun vollends zurück.

Alles wurde dunkel um mich herum. Ich dachte nicht mehr. Fühlte nichts mehr. Schwebte in einem Meer aus Schatten. Fühlte mich wie mitten im Nichts.

Fühlt sich so der Tod an?
 

Ich starrte hinab in die Dunkelheit.

Ihre Hand…ich hatte sie gestreift, ich hatte sie fast erwischt. Aber dann war sie mir einfach entglitten. Und das Letzte was ich sah, war ihre -vor Entsetzen aufgerissenen- Augen, die in meine blickten.

„Beim Stein! Dieser verdammte Oger, hat die Brücke einstürzen lassen!“, rief der stinkende Zwerg aufgebracht und sah hinab in die Schlucht.

Gerade wollte ich meinen Dolch zücken, um den Schädel des Zwerges zu spalten, da kam mir die Hexe zuvor. Ihr Stab traf dumpf auf den Kopf des rothaarigen Zwerges, der daraufhin überrascht auf grunzte und kurz taumelte.

„Was zum-„, doch weiter kam er nicht, denn Morrigan setzte gleich den nächsten Schlag hinterher. Ihre dämonisch gelb wirkenden Augen spien blankes Gift auf den Zwerg hinab.

„Das ist alles Eure Schuld. Wenn Ihr Euren stinkenden Hintern mehr bewegt hättet, wäre Kallian noch rechtzeitig über die Brücke gekommen!“

Oghren zuckte kurz zusammen, als Morrigan ihn mit ihren Blicken zu erdolchen versuchte. Ich jedoch blickte kurz zähneknirschend in die Dunkelheit. Ein gewaltiges Brüllen ertönte aus der Schlucht, so dass der Boden unter unseren Füßen erbebte.

Kurz darauf jaulte Kallians Köter laut auf und war drauf und dran hinab in die Finsternis zu springen. Nur mit Mühe konnte ich ihm an seinem Geschirr festhalten und zurück ziehen. Diese fereldischen Köter, sind viel stärker als die in Antiva, oder sonst wo.

„Ich…Tut mir Leid“, stammelte Oghren plötzlich kleinlaut und blickte zu Boden. Kurz fuhr er sich fahrig durch sein zerzaustes Haar und grunzte noch einmal.

„Das bringt uns nicht weiter, Zwerg“, sprach Morrigan kühl und richtete ihren Zauberstab auf seine Rote Schnapsnase, „wir haben eine Mission zu erfüllen und Ihr werdet uns den Weg weisen.“

Endlich erwachte ich aus meiner Starre und blickte überrascht zu der dunkelhaarigen Hexe, die mit ihrem Blick immer noch versuchte Oghren einzufrieren. Der Zwerg wirkte tatsächlich kurz wie festgefroren.

Hatte ich gerade richtig gehört? Sie will die Mission zu Ende bringen?? Ohne nach unserer Anführerin zu suchen?

Grimmig blickte ich zu Morrigan und trat einen Schritt vor. Sofort richtete sie ihre Dämonischen Augen auf mich und musterte mich mit Skepsis. Wenn sie mich einschüchtern will, muss sie sich besser anstrengen. Auch wenn ich ihre Aufmerksamkeit gewiss genieße.

„Ihr wollt nicht nach unserer Anführerin suchen?“, sprach ich ruhig, auch wenn ich innerlich am Zerreißen war. Sie könnte…ich weiß das sie den Sturz nicht überleben haben könnte. Schließlich weiß niemand von uns was am Grunde dort lauert. Vielleicht war es noch mehr dunkle Brut? Vielleicht harter kalter Boden? Vielleicht auch ein paar bezaubernde, leicht bekleidete Damen, die sie mit Wonnen aufgefangen haben?

…Leider war letzteres wohl am Unwahrscheinlichsten.

Morrigan stierte mich einen Moment an und schwieg. Ihr Gesicht zeigte keinerlei Emotionen, nur ihre kalte Fassade die sie immer perfekt aufbehalten konnte.

„Sie ist tot. Wenn wir unnötigerweise nach ihr suchen, behindert das nur unsere Mission. Wir haben dafür einfach keine Zeit, die Verderbnis bedroht das Land.“

Diese Verderbnis…wird bestimmt noch solange auf sich warten bis wir den Rotschopf gefunden haben. Außer natürlich, sie soll nicht gefunden werden…was dieses Hexenweib anscheinend will.

Ich blickte in Morrigans Gesicht und strich mir gelassen eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich bin mir sicher dass wir sie finden, meine kratzbürstige Hexe der Wildnis“, sprach ich ruhig.

Natürlich tot oder lebendig…obwohl sie mir lebend deutlich lieber wäre.

Die Hexe jedoch ging an mir vorbei und blickte ruhig in die Dunkelheit hinab. „Wir finden sie bestimmt, wenn wir suchen“, gestand sie kurz darauf, dann blickte sie mich wieder kühl an, „aber dann tot. Niemand überlebt so einen Sturz. Vermutlich hat sie sich sämtliche Knochen gebrochen, bevor sie auf den Boden aufschlug. Sie ist tot, wir müssen uns damit abfinden und unsere Aufgabe zu Ende bringen. Das hätte Kallian auch gewollt.“

Morrigan biss kurz die Zähne zusammen und wand sich dann von der Schlucht ab. „Zwerg, zeigt uns den Weg“, sprach sie leise, den Blick aber stur nach vorn gerichtet und ihren Zauberstab fest umschlossen.

Meine Kehle fühlte sich Staubtrocken an. Hasso winselte immer noch neben mir und sah gepeinigt zu mir auf.

Groteskerweise konnte ich den Mabari verstehen. Er wollte nicht aufgeben, genauso wie ich. Und zudem machte sich in mir ein seltsames Gefühl breit…

Angespannt blickte ich in die Dunkelheit. Ich konnte die scharfen Umrisse des harten Gesteins erblicken, doch selbst mit meinen wunderbaren Augen konnte ich nicht bis in den Grund hinab blicken.

Nachdenklich biss ich mir auf die Lippen.

Ich bin mir sicher, dass sie überlebt hat, ich weiß es. Mit ihrem reizenden Dickschädel könnte sie schließlich auch Gestein spalten…trotzdem bekam ich ein Gefühl, das mir die Kehle langsam zuschnürte.

Angst.

Und das machte mir wiederum selbst Angst…

Wenn ich ihre Hand eher ergriffen hätte wäre sie nicht hinab gefallen. Sie würde dann vermutlich neben mir stehen, Oghren vermöbeln und dann könnten wir unseren Weg fortsetzten.

Alles wäre wie immer. Sie würde neben mir laufen und mich mit ihren großen Kuhaugen anstarren.

Vielleicht sollte ich einfach-..

„Dann zeig ich euch den Weg! Und jede stinkende Brut, die uns begegnet wird niedergemetzelt, beim Stein! Ich werde das arme kreischende Elfenmädchen rächen!“, sprach Oghren laut und watschelte schnell voran.

Meine Gedanken überschlugen sich kurz. Wenn sie nun doch tot sein sollte…ich weiß wie schwer es ist, einen Sturz in die Tiefe zu überleben. Aber…es wäre möglich…

Morrigan und Oghren waren derweil schon voraus gegangen, während ich kurz zu Kallians Köter blickte der winselnd zu mir aufsah.

„Halte Ausschau nach unserem Rotschopf. Du wirst ihre Spur bestimmt bald wieder finden“

Denn ich werde sie gewiss nicht in den Tiefen Wegen verrotten lassen. Schließlich verdanke ich ihr mein Leben und das ist das Mindeste was ich zumindest jetzt für sie unternehmen kann.
 

Ein Knistern lag in der Luft. Ebenso ein feuchter und zugleich auch süßlicher Geruch.

ich spüre die Kälte in meinen Gliedern, die mich nicht zur Ruhe kommen lässt und zu einem ständigen Zittern führt.

Was wiederum mein Bein schmerzvoll zur Kenntnis nahm. Ein seltsames Pochen schien in meinem ganzen Körper zu herrschen und mich stetig wacher werden zu lassen.

Angespannt versuchte ich zu lauschen, doch jedes Geräusch was ich vernahm, hörte sich dumpf in meinen Ohren an.

Blieben mir nur noch die Augen, welche ich nun minimal öffnete. Zunächst war meine Sicht verschwommen und ich fragte mich ernsthaft was eigentlich noch alles bei mir schrottreif war.

Nach kurzem mehrmaligem Blinzeln gelang es mir endlich, meine Umgebung genauer zu betrachten. Ein Feuer warf flackerndes Licht gegen die Höhlenwände um mich herum und erhellte die chaotische Umgebung in der ich mich befand.

Überall lag Gerümpel in den verschiedensten Formen und Farben herum. Angefangen von einen Teller mit Sprung, bis einem großen Holzregal, welches mit Moos bewuchert war. Es lagen vereinzelt Waffen und Rüstungsteile herum, sogar ein paar eingefallene Zelte. Doch nirgends konnte ich die Spur von Ordnung erkennen, es lag da wie es fallen gelassen wurde.

Angespannt und wachsam ließ ich meine Augen weiter schweifen, bis sie an einem großen Schatten hängen blieben, der unheilbringend auf der Höhlenwand erschien.

Mein Herz schlug schneller und ich starrte mit weit aufgerissenen Augen die Wand an. Eigentlich schellte ich mich, die Augen zuzukneifen und weiterhin die lebende Leiche zu spielen.

Doch irgendwie konnte ich den Blick nicht abwenden und spannte mich an. Mein Blut rauschte laut in den Ohren, während sich der Fluchtinstinkt erneut bei mir meldete.

Vermutlich ist das die dunkle Brut…Sie kommen um mich zu töten! Und dann werde ich hier verrotten…nein, diese Bastarde werden mich vermutlich vorher eher auffressen und raus scheißen.

Ich starrte auf meine aufgerissenen Hände. Sie waren voll mit meinem getrockneten Blut, während ich jedoch deutlich sah wie teilweise die Nägel vollkommen abgerissen waren, oder teilweise noch abgebrochen vorhanden waren.

Die Finger zitterten stark und ich blickte halb würgend wieder die Wand an. Verdammte Scheiße…

Wenn diese Bastarde kommen, werde ich kämpfen bis zum Tod. Und wenn ich diese Viecher mit meinen verunstalteten Fingern erwürgen müsste!

Tatsächlich breitete sich wieder ein Kribbeln in mir aus…dieses Brennen…ja, das ist ohne Zweifel dunkle Brut!

Ich atmete nochmal tief ein und keuchte daraufhin gepeinigt auf. Stechende Schmerzen in meiner Brust meldeten sich verschwörerisch und ließen mir Schmerzenstränen in die Augen steigen.

Nun konnte ich meine Rolle als lebende Leiche auch aufgeben…schließlich geben Tote keine Geräusche von sich.

Gequält öffnete ich wieder meine Augen und starrte zur Decke hinauf. Die Schmerzen ließen nur sehr langsam ab und erschwerten das Atmen stark.

Soll die dunkle Brut kommen und mich auffressen, beim Erbauer! Mein ganzer Körper schmerzt, selbst an Stellen von denen ich vorher gar nicht wusste dass sie wehtun können.

Ein Gesicht erschien plötzlich in meinem Blickfeld. Erschreckenderweise sah es überhaupt nicht nach dunkler Brut aus, sondern nach einem Zwerg.

Verwirrt kniff ich etwas die Augen zusammen, da mein Blickfeld erneut verschwamm. Vermutlich bilde ich mir das alles nur ein…das musste dunkle Brut sein! Ich spürte sie ganz deutlich.

Erschöpft schloss ich die Augen und spürte wie schummrig mir langsam wurde. „Brings…schon hinter…dich…“, murmelte ich leise. Ich hatte nicht mehr das Verlangen zu kämpfen. Die Schmerzen hämmerten sich in meinen Kopf, in meine Glieder und in meine Gedanken. Für etwas Schlaf…nur etwas Schlaf…

Etwas strich federleicht über meine Wange, was mich wiederum sofort dazu brachte die Augen zu öffnen. Kommt jetzt die Keule, die mir ins Gesicht gerammt wird und dafür sorgt dass ich ein paar Zähne weniger haben werde??

Zu meiner Verblüffung erblickte ich wieder den Zwerg, der nach wie vor über mir gebeugt war. Er blickte mich aus blutunterlaufenen Augen fasziniert an und ich realisierte endlich das er mit seiner massigen Hand über meine Wange strich.

Kurz stutzte ich und sah ihn unsicher an. Seine Haut war von dunklen Flecken überzogen und über und über mit Schrammen überzogen. Seine Zähne waren schon dabei zu verfaulen und seine Haare waren so kurz, dass sie beinahe gar nicht mehr zu erkennen waren.

Dennoch musste er noch relativ jung sein…trotz seines abstoßenden Äußeren war dort kein alter Greis vor mir. Er wirkte etwas verdreht und die Gelenke teilweise schon versteift. Fast wirkte es so als befinde er sich zwischen Leben und verfault.

Sofort lief es mir eiskalt den Rücken hinunter, als ich seine brüchige Stimme hörte. „Schöne Frau.“

Erschrocken sah ich zu ihm auf und fühlte wie mein Mund sich staubtrocken anfühlte, was eigentlich unmöglich war schließlich war ich kurz davor gewesen zu ertrinken.

Moment! Ich war fast ertrunken, da bin ich mir sicher. Wie habe ich das überlebt?

Sofort fixierte ich wieder den Zwerg, als er diesmal durch mein nasses Haar strich und es fasziniert beobachtete. „Schöne Frau, schönes Haar“, murmelte er verträumt vor sich hin.

Gut, ich muss jetzt ruhig bleiben! Vermutlich ist es gerade nicht so schlimm wie es aussieht. Ein anscheinend verrückter, lebendig faulender Zwerg befummelt mich und ich liege hier praktisch bewegungsunfähig und mit ein paar Rippenbrüchen in einer Höhle, die das reinste Chaos ist. Und nebenbei sei zu bemerkten, das die dunkle Brut jederzeit auftauchen konnte…

Heftig zuckte ich zusammen, als ich seine Hand auf meinem Kopf spürte die über meine Stirn strich. Laut fluchte ich wegen diesen unangenehmen Schmerz auf und versuchte die Schmerzenstränen zu unterdrücken.

Der Zwerg wich erschrocken zurück und blickte mich mit unsicheren Augen an. Seinen versteiften Arm hielt er schützend nach oben. „Tu Ruck nicht weh!“, flehte er auf einmal weinerlich.

Mit leicht zusammengekniffen Augen blickte ich zu ihm und musste kurz irritiert schmunzeln. Hatte ich richtig gehört?? ICH soll ihm nicht weh tun? Wer von uns beiden steht denn noch aufrecht?

Nun gut, er hat auch einen krummen Buckel wie ich gerade sehe, aber darum geht’s nicht! Ich war hier definitiv das arme Opfer.

Und das ist Scheiße!

Ich biss mir fest auf die Lippen und versuchte mich krampfhaft aufzurichten. Augenblicklich durchzuckte ein heftiger Schmerz meinen Oberkörper und ließ mich wieder nach Luft schnappen. Was wiederum neuen Schmerz erzeugte und mir sämtliche Kräfte aus meinen Gliedern entweichen ließ. Ich fiel wieder nach hinten und stöhnte schmerzlich auf.

Mein Kopf war kurz davor zu explodieren, denn der Aufschlag war alles andere als weich. Sterne tanzten vor meinen Augen und ein dichter Nachthimmel drängte sich dazu in mein Sichtfeld.

Beim Erbauer…ich will nicht mehr…

„Schöne Frau!“, drängte sich plötzlich eine aufgeregte Stimme dumpf in mein kaum vorhandenes Bewusstsein und ließ das Gesicht des Zwerges in mein verdunkeltes Sichtfeld gleiten.

Ein heftiges Husten schüttelte mich und trieb mir diesmal die Tränen in die Augen. Der stechende Schmerz in meiner Brust ließ mir fast die Lungen zerreißen. Etwas Warmes lief über meine Lippen und ein stählender Geschmack breitete sich in meinem Mund aus.

Mit zittriger Hand strich ich mit dem Handrücken über meinen Mund und starrte auf das glänzende Rot das schmierig auf meiner Hand glänzte.

Großartig. Ich werde hier sterben. In den Tiefen Wegen erstickt an meinem eigenen Blut, weil meine gebrochenen Rippen in meine Lungen stechen. Und nebenbei werde ich noch von einem komischen Zwerg befummelt werden.

Naja ich hätte ja auch erhängt, oder geköpft werden können. Eventuell vorher auch noch gefoltert, weil ich ja so unrechtes Tat und mich gegen einen perversen Adligen verteidigt habe. Die Welt ist so verdammt gerecht.

Würgend schloss ich meine Augen und hustete wieder Blut aus.

„Hat die schöne Frau Schmerzen??“

Wieder nahm ich dumpf die Worte des Zwerges wahr und nickte einfach reflexartig. Diese Schmerzen gehen mir auf die Nerven! Wenn sie nur aufhören könnten…

Mein Mund wurde geöffnet und eine geschmacklose Flüssigkeit gelang in meinen Rachen. Erschrocken hustete ich auf und war drauf und dran, wieder alles hinaus zu husten. Doch eine Massige Hand hielt meinen Mund zu und zwang mich so dazu, halb erstickend, alles hinunter zu schlucken.

Erschöpft lag ich da, hörte das Rauschen meines Blutes in den Ohren und nahm erneut den schwachen stählenden Geschmack wahr.

Beim Erbauer…ich glaube geköpft zu werden, ist ein schnellerer Tod als dieser Mist hier!

Aber wenigstens nahm mir die Ohnmacht meine verdammten Schmerzen.
 

Ich starrte auf den nackten Rücken unserer übellaunigen, dunkelhaarigen und wunderschönen, exotischen, neuen Anführerin. Morrigan lief schon seit geraumer Zeit voraus und ließ uns keine Pause.

Mir war es durchaus recht, schließlich wollte ich nicht tatenlos rumsitzen, während Kallian vermutlich meine Hilfe benötigte. Und die braucht sie eigentlich immer.

Schließlich bin ich immer zur Stelle, um ihren süßen Hintern aus der Gefahrenzone zu schieben. Nur dieses eine Mal…

Der Zwerg hinter mir rülpste einmal laut, nachdem er an seiner Feldflasche genuckelt hatte und sie grunzend wieder an seinen Gürtel befestigte. Meine Augen wurden leicht zu Schlitzen, als ich den starken und beißenden Geruch des Alkohols wahrnahm.

Oghren, dieser stinkende und unnütze Zwerg, war nur ganz knapp mit dem Leben davon gekommen. Allein Morrigans Prügel mit ihrem Stock, hatte ihn davor bewahrt von mir die Kehle aufgeschlitzt zu bekommen.

Selbst Kallians Köter knurrte ihn warnend an und schnüffelte dann wieder aufmerksam auf dem Boden herum, anscheinend um ihre Fährte zu finden.

Das könnte dieser Schweinehund doch theoretisch schaffen, selbst wenn er anscheinend nur auf den Kampf getrimmt ist. Hund bleibt Hund.

Aufmerksam suchte ich mit meinen Augen die Umgebung ab. Vielleicht waren hier ja irgendwo Spuren von ihr. Irgendwo…

Aber ich sollte mich nicht selbst belügen…diesen Sturz wird sie nicht überlebt haben. Immer rational denken, Zevran. Schließlich habe ich das bei der Ausbildung zur Krähe gelernt.

Meine Gefühle sollen mich niemals beherrschen, außer natürlich bei kurzzeitigen Vergnügungen um etwas Stress abzubauen. Seine Bedürfnisse zu unterdrücken ist schließlich ungesund und ich lebe gern gesund.

Auch wenn ich in letzter Zeit etwas…ungesund gelebt habe. Dieses lange Warten bin ich einfach nicht gewohnt.

Ich blickte wieder aufmerksam zu Hasso, als er kurz stehen blieb und aufmerksam schnüffelte. Es schien ewig zu dauern, dann ging er leise winselnd einfach weiter.

Innerlich seufzte ich frustriert auf. Wieder nichts gefunden von ihr…

Selbst ich mit meinem äußerst verlässlichen Orientierungssinn, kann Felsbrocken von Felsbrocken nicht mehr unterscheiden. Jede verdammte Höhlenwand sieht gleich aus. Und das war mehr als frustrierend, wenn ich mich daran zurück erinnere wie ich früher durch Antiva gehetzt bin und dabei sich eigentlich auch jede dreckige Gasse glich.

Dennoch fand ich mich immer noch gut zurecht und konnte noch rechtzeitig fliehen. Nun…fliehen wäre vielleicht etwas übertrieben...

„Ihr müsst voran gehen Zwerg“, sprach Morrigan kühl, als wir schließlich vor einer Gabelung stehen blieben. Sie blieb stehen und betrachtete die Karte in ihrer Hand mit deutlicher Missgunst.

Soll ich es Glück im Unglück nennen, das ich Kallian die Karte abnahm, bevor in die Tiefen Wege gereist waren? Bevor sie in die Tiefe fiel…

Ich verdrängte das Bild aus meinen Gedanken, wie ich in ihre entsetzt aufgerissen Augen blicke und sie dann von der Dunkelheit verschluckt wird.

Und alles was ich lediglich zu greifen bekam war kurz ihre Hand die mir jedoch genauso schnell entglitt wie der Rest von ihr. Und in diesem Schreckmoment rief ich erschrocken ihren Namen.

Tz….ich rief nach ihr.

Wenn Morrigan hinab gestürzt wäre…bedauerlich um diesen wunderschönen Körper der zerschmettert wird.

Wenn Leliana hinab gestürzt wäre…bedauerlich, schließlich wollte ich mit der Bardin und Kallian eine wilde, abenteuerliche Nacht miteinander verbringen.

Aber selbst wie ich es jetzt dreh und wende und dabei sämtliche Gefährten aufzählen würde, die uns begleiten…bei keinem würde ich wohl entsetzt deren Namen aufschreien. Eigentlich schon kurios genug, das ich mich zu so einem dramatischen Aufschrei habe hinreißen lassen.

Vermutlich geschah es nur im Effekt. Das muss es sein.

Oghren neben mir schnaufte laut auf und ging schließlich voran. „Seid froh, dass ihr mich dabei habt! Sonst wärt ihr schon längst aufgeschmissen!“

Ich fixierte derweil seinen Hinterkopf und mahlte mir aus meinen Dolch dort hinein zu rammen und ihn eventuell noch zu drehen. Nur um natürlich festzustellen, wie viel dieser versoffene Zwerg aushält, nachdem er sich mit den Unmengen an Alkohol natürlich schon selbst betäubt hat.

Vielleicht geht er ja lachend weiter? Und stirbt dann qualvoll…wie amüsant.

„Schweigt, Zwerg!“, zischte Morrigan gereizt und fixierte den Zwerg, als dieser neben ihr zum Stehen kam. Oghren sah sich unbeholfen die Gablung an und kratzte sich nachdenklich an seinem Hintern.

Das stinkende Etwas weiß nicht weiter…

Oghren zuckte mit den Schultern und lief in die linke Gablung hinein. „Folgt mir schon! Wir müssen zu den Todesgräben!“Er watschelte - scheinbar selbstsicher - los.

Morrigan und ich blickten dem Zwerg mit Abscheu und Skepsis nach. Ihre Finger zuckten leicht und ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. „Solltet Ihr Euch irren, Zwerg…werde ich euch die Augen ausbrennen.“

Amüsiert schielte ich zu der Hexe, die ihm grazil folgte. Morrigan war steht’s für eine Unterhaltung gut. Und das würde ich mir auf jeden Fall nicht entgehen lassen, wenn die Hexe ihre Drohung wahr machen sollte.

Hasso trottete uns hinterher, hielt seine Schnauze jedoch weiterhin auf den Boden und suchte nach einer Spur von Kallian. Ich musterte den Hund und war drauf und dran, meine Hand auf seinen massigen Schädel zu legen und ihn zu beruhigen, doch das konnte ich nicht.

Hier in der Dunkelheit gab es nichts, was einen beruhigt…im Gegenteil. Hinter jeder Ecke könnte dunkel Brut lauern.

Und nun wo Kallian…erst mal verschwunden war, konnte sie uns auch nicht mehr vor diesen Monstern warnen. Wenn wir Pech haben, und das haben wir gewiss mit diesem versoffenen Zwerg, dann laufen wir direkt in die verderbten Klauen der dunklen Brut hinein.

Oder in irgendetwas anderes. Meine Sinne warnten mich davor, das hier noch viel mehr hauste, als dunkle Brut. Viel mehr…

Aber wer sollte schon auf mich charmanten Elf hören? Weder die gereizte Morrigan, noch dieser stinkende Oghren waren für mich gerade zugänglich.

Und mir war es ganz recht. Schließlich muss ich die Augen nach unserer Anführerin offen halten, wenn das schon kein anderer zustande bringt.

Bis auf ihren Köter versteht sich. Aber nichts desto trotz, war ich sicher das es die beiden nicht interessiert, ob der Rotschopf noch lebt.

Mich hingegen, nimmt es irgendwie mit. Jeder zweite Gedanke kreist um sie. Und darum ob sie noch lebt. Wie nervig.

Ein seltsames Klackern ließ mich innehalten und mich argwöhnisch umherblicken. In der Dunkelheit konnte ich flüchtig Schatten ausmachen…zumindest war ich mir sicher das es welche waren.

Zudem hatte ich Gefühl beobachtet zu werden. Irgendjemand schien uns aus der Dunkelheit heraus zu beobachten.

Ich lächelte abfällig.

Sie sollen nur kommen…ich bin durchaus in Blutlust. Wie heißt es so schön?

Es ist Zeit für den Aderlass.

Gelassen folgte ich Morrigan und Oghren, die bereits weiter gelaufen waren und nicht bemerken zu wollen, das wir genau beobachtet werden.

Menschen und Zwerge haben wirklich eine erbärmliche Sinneswahrnehmung.
 

Immer noch ist mir kalt. Und der schale Geschmack war nach wie vor in meinem Mund vorhanden.

Erschöpft öffnete ich langsam meine Augen und blickte müde zur Höhlenwand hinauf. Sofort jagten aber die letzten Geschehnisse durch meine Gedanken und ich richtete mich abrupt auf.

Hektisch sah ich mich um und atmete Stoßweise. Die Verderbtheit! Ich hatte sie gespürt und war auf irgendein verderbtes Wesen getroffen.

Aufgeregt blickte ich mich um. Doch bis auf ein kleines Lagerfeuer und wahllosen Plunder, konnte ich nichts weiter sehen. Dieses seltsame verdorbene Wesen war nirgends zu erblicken.

Argwöhnisch stand ich langsam auf und ließ meine Umgebung dabei nicht aus den Augen. Nur weil diese komische Gestalt gerade nicht zu sehen war, hieß das ja nicht, dass sie nicht da war. Irgendwo lauert es bestimmt…und wird mir vermutlich ein Messer in den Rücken rammen.

Oder irgendwelche andere kranken Sachen. Dunkle Brut war sowieso immer gestört.

Ich wollte nach meinen Dolchen greifen, doch griff nur ins Leere. Verwirrt blickte ich an mir herunter und stellte mit Bedauern fest, dass meine Lederrüstung Großteils in Fetzen an mir herunter hing. Ich konnte meine geschundene Haut erkennen.

Frustriert stöhnte ich auf und griff mir an die Stirn. War ich denn nur ein Profi darin, mir meine sämtliche Ausrüstung zu zerlegen? Meine Dolche waren anscheinend auch futsch.

Was für eine Scheiße!

„Schöne Frau.“

Wie von der Tarantel gestochen fuhr ich herum und blickte erschrocken in das Gesicht eines verkrüppelten Zwerges, der mich neugierig, aber dennoch mit einer Spur Ehrfurcht ansah.

Er hob seinen verkümmerten Arm hoch und musterte mich. „Besser jetzt?“

Verwirrt sah ich ihn an, ehe es in meinen Gedanken langsam klick machte. Dieser Zwerg hatte mich etwas trinken lassen, als es unerträglich wurde mit meinen Schmerzen.

Nachdenklich blickte ich wieder an mir herunter und bemerkte meine aufgerissenen Hände, die nach wie vor Blutverschmiert waren. Meine teilweise abgerissenen Fingernägel ließen mich erschauern.

Auch meine Arme und Beine, waren teilweise stark aufgerissen oder blau und grün aufgeschlagen. Erschrocken legte ich meine Arme um meinen Oberkörper und konnte ein zittern nicht unterdrücken.

Dieser Sturz hinab in die Dunkelheit, die Angst die mich durchflutete und Zevrans erschrockener Ausdruck in seinen Augen. Der Aufprall war das Schrecklichste überhaupt.

Ich hatte das Gefühl ich würde sowohl innerlich, wie auch äußerlich zerschmettert werden.

Deswegen wundert es mich gerade, dass ich momentan keine Schmerzen verspürte…nur ein komisches Unwohlsein plagte mich.

Und das dürfte nicht sein. Eigentlich müsste ich mich am Boden wälzen vor Qual und wieder Blut spucken.

Vorsichtig und mit angehaltenem Atem tastete ich meinen Oberkörper ab. Ich japste nach Luft, als ich die gebrochenen Rippen spürte.

Aber keinen Schmerz. Das ist übel. Und nicht gesund, auch wenn ich den Umstand genieße mich nicht vor Schmerzen krümmen zu müssen.

Was für eine Scheiße!

„Schöne Frau!“, rief der Zwerg wieder und trat zögernd an mich heran. Unsicher musterte ich seinen deformierten Körper und die dunklen Flecke auf seinem Gesicht.

Ganz klar konnte ich das Kribbeln Spüren, das langsam meine Wirbelsäule hinaufkroch. Auch das Flüstern wurde etwas lauter. Dieselben Anzeichen die ich bei der dunklen Brut auch spüre.

Aber vor mir stand keine dunkle Brut…sondern nur ein komischer Zwerg. Ein verdammt komischer Zwerg.

Er blickte mich aus seinen Blutunterlaufenen Augen an und musterte mich nach wie vor aufmerksam. Anscheinend war ich gerade die größte Attraktion in seinem komischen kleinen Lager. Und dieses kleine Lager…es war ganz klar, dass die leeren Zelte nicht aus Stein gehauen waren sondern hier vorher andere normale Zwerge waren, die es geschafft hatten Zelte aufzubauen.

„Ist das hier Brankas Lager?“, kam es mir daher sofort in den Sinn, da die einzigen Zwerge die hier unten Lagern, wohl das Haus von Branka sein müsste.

Doch sofort wich der verkrüppelte Zwerg zurück und in seinen Augen spiegelte sich glatt Neugier, Aggressionen wieder.

„Es ist meins! Ich hab‘s gefunden. Ich hab die Kriecher vertrieben. Jetzt ist es meins!“, schrie der Zwerg mich wütend an.

Vor Schreck wich ich zurück und stolperte dabei gegen eine Kanne, die laut polternd umfiel. Ich hätte ja nicht gedacht, dass der so austicken kann, wegen einer so einfachen Frage.

„Ich bin nicht hier, um etwas zu stehlen, versprochen!“, verteidigte ich mich schnell und sah unsicher auf den Zwerg hinab, dessen Gesichtsausdruck skeptischer wurde.

Er musterte mich kurz ausgiebig, blickte mir in die Augen, dann fing er plötzlich an zu lachen und sah mich beinahe verträumt an.

„Schöne Frau, schöne Augen, schönes Haar!“, sprach er bewundernd und schnüffelte an meiner zerrissenen Lederrüstung. Verdattert sah ich auf ihn hinab. „Riecht wie der Dampf, wenn Wasser brennt. So blau wie der tiefste Stein.“

Ich wusste ehrlich gesagt nicht, ob ich mich geschmeichelt oder angeekelt fühlen sollte. Dieser Zwerg redete wirres Zeug! Unsicher wich ich deswegen etwas zurück, doch der komische Zwerg sprach weiter.

„Dann nimmt die schöne Frau Ruck nichts weg? Du nimmst Rucks glitzernde Würmer und schöne Steine nicht weg?“

Glitzernde Würmer?! Beim Erbauer, die kann er gern behalten und sich von mir aus in den Arsch schieben! Das Einzige was interessant klang, waren die schönen Steine. Vermutlich Juwelen die hier irgendwo herumlagen.

Aber Juwelen bringen mir nichts, wenn ich hier unten sterbe. Und momentan ist es besser sich erst mal mit den Zwerg gut zu stellen, auch wenn ich vorsichtig sein sollte. Ich musste zu den anderen zurück.

„Ich will nur reden. Ich werde nichts wegnehmen.“, versicherte ich ihm. Seine Art der Schätze kann er behalten.

Der Zwerg musterte mich nochmal ausgiebig, nickte dann aber leicht. „Ruck findet das in Ordnung, vielleicht…“

Okay, immerhin will er mich nicht ausweiten und auffressen. Er schien sehr fasziniert von meinen Haaren zu sein, denn sein Blick wanderte immer wieder dorthin. Kein Wunder, er hat ja fast keine mehr.

Ich atmete tief durch und setzte mich langsam auf den Boden. Sorgfältig plante ich meine nächsten Schritte.

Es wäre von Vorteil den Zwerg erst einmal genauer kennenzulernen. Vielleicht kommt er ja doch aus Brankas Lager, dann haben die ihn einfach hier zurückgelassen und er hat daraufhin den Verstand verloren.

Unwahrscheinlich, aber wenigstens beruhigte diese zweifelhafte Erklärung mich kurzzeitig.

Der Zwerg setzte sich zu meiner Verwunderung, ungelenk neben mich und grinste.

Anscheinend will er sich doch unterhalten…haha…oh, Erbauer!

„Du heißt also Ruck?“, fing ich zögerlich an und musterte ihn wieder. Seine Kleidung war an vielen Stellen aufgerissen und sehr verdreckt. ER roch nicht wie Dampf, wenn Wasser brennt, sondern eher wie angebrannte Hose.

Besagter Ruck verzog sofort sein Gesicht. „Ruck kein schöner Name, nicht so schön wie Frau. Ruck ist klein, hässlich und verdreht.“

Oho, immerhin kann er sich richtig einschätzen, das ist schon mal sehr positiv. Und langsam schmeichelt es mich doch…schöne Frau. Bis auf Zevran hat das ja keiner zu mir gesagt. Und heißt es nicht immer das Betrunkene und Irre die Wahrheit sagen?

…oder waren es Kinder?

Ich räusperte mich kurz um die wirren Gedanken abzuschütteln. „Ich habe einige Fragen an dich, Ruck.“

Ruck lehnte sich gegen mich und sah verträumt zu mir auf. „Ich beantworte deine Fragen, schöne Frau. Was du willst.“

Na immerhin kooperiert er sofort. Wenn er mir jetzt noch halbwegs richtige Antworten gibt, kann ich vielleicht feststellen, was hier überhaupt passiert ist und wo ich bin.

Aber bevor es an solche Fragen geht, sollte ich mich Ruck eventuell etwas Annähern. Damit er mir nicht irgendwelchen Mist erzählt….was er sowieso tun wird.

„Wann bist du hier angekommen?“

Der Zwerg zog seine Stirn in Furchen und schien ernsthaft nachzudenken. Dann winkte er ärgerlich ab. „Zu lange her. Muss denken. Fünf, oder Sechs Jahre. Ruck erkennt Geruch und Anblick der Stadt nicht mehr.“

Erschrocken blickte ich auf ihn herab. Seit Jahren ist er schon hier unten? Von wegen er war mit Brankas Haus unterwegs….er ist durchgedreht, weil er schon so lange hier unten ist.

„So eine lange Zeit? Du armer Kerl…“ , murmelte ich eher zu mir selbst. Ich wäre bei der langen Zeit, umgeben von dunkler Brut, auch durchgedreht.

Ruck klammerte sich plötzlich an meinen Arm fest und sah müde lächelnd zu mir auf. „Die schöne Frau versteht, wie Ruck sich fühlt. Sie versteht.“

Ich nickte zaghaft und musterte sein ausgezerrtes Gesicht. „Wie hast du hier überlebt?“

Der Zwerg strich über meinen nackten Arm, mit seinem Massigen Finger. „Wenn die Dunklen da waren, blieb ich im Schatten. Im Schatten sehen sie nicht nach, wenn du still bist…wenn du ihr Fleisch isst. Die Dunklen glauben dann, dass du zu ihnen gehörst aber jetzt sind sie fort!“

…er isst die dunkle Brut?? DAS muss seinen Verstand in Matsch verwandelt haben und sein Körper deformiert haben. In Ostagar traf ich auf ein paar Soldaten, die mit der Verderbtheit infiziert waren und dann qualvoll starben. Das war innerhalb von ein paar Tagen.

Aber Ruck ist hier schon seit Jahren und nicht an der Verderbtheit gestorben. Allerdings ist er in schlechter Verfassung. Ich bezweifele das er die nächsten sechs Jahre weiterlebt.

Ich sah nachdenklich zu Boden und biss mir auf die Lippen. Die Dunklen…sie sind hier irgendwo in der Dunkelheit. Ich weiß es…

„Weißt du wohin die Dunklen gegangen sind?“, fragte ich leise.

Ruck nickte sofort eifrig. „Ich denke nach Süden, schöne Frau. Dahin ruft sie der dunkle Meister, mit seiner schönen Stimme. Er ruft nach seinen Kindern und die Freude war groß.“

Der Erzdämon! „Wo ist der dunkle Meister jetzt, weißt du das?“, fragte ich aufgeregt.

Der Zwerg wirkte plötzlich traurig und ließ seine verkrüppelten Schultern hängen. „Er ruft nicht mehr. Ich will zu ihm, aber Ruck ist ein Feigling.“

Er ruft nicht mehr? Das verstand ich nicht…er hat doch die Brut um sich versammelt und sie dann an die Oberfläche geführt…

Mein Kopf schmerzte wie aufs Stichwort und ich schloss grummelnd die Augen. Dieser widerwärtige Erzdämon mit seiner Ausgeburt an Mistviechern.

Eine Hand legte sich plötzlich auf meinen Kopf, strich durch mein zerzaustes Haar und schließlich über meine Wange.

Ich starrte zu Ruck, der mich fasziniert musterte und anfing leise zu sprechen. „Wenn du isst…wenn die Dunkelheit in dir ist, vermisst du das Licht nicht mehr. Du weißt das, oder? Ruck sieht die Dunkelheit in dir.“

Mein Herz raste kurz und ich schluckte merklich, während ich Ruck weiterhin anstarrte.

Hatte ich richtig gehört? Er sieht die Dunkelheit in mir? Dunkelheit ist in mir??

Was für ein Müll!

„Ich bin ein Grauer Wächter, das ist nicht dasselbe!“, sprach ich gereizt und blickte woanders hin. Immerhin esse ich keine Dunkle Brut, verdammt nochmal!

Ruck schmiegte sich versöhnlich an mich, was mich wiederum zusammenzucken ließ.

„Grau wie der Stein. Wächter vor der Dunkelheit. Schön wie ein Wasserfall unter den Flechten“

Frustriert seufzte ich auf. An ihm ist ein Dichter verloren gegangen.

Aber das bringt mich nicht weiter…zudem ist sein Geschwafel auch nicht gerade gut für meine Nerven. Im Gegenteil.

Leicht massierte ich meine Schläfe und musterte wieder Ruck, als dieser fasziniert durch mein Haar strich und schließlich seine Aufmerksamkeit meinen spitzen Ohren zuwandte.

„Schöne Frau hat komische Ohren.“, hauchte er und strich fasziniert darüber.

Wäre Ruck ein perverser Mensch gewesen, hätte ich ihm längst die Hand abgehackt. Aber seine Berührungen waren aus reiner Neugier und Faszination….nicht um seine primitiven Bedürfnisse nachzukommen.

Und das stimmte mich etwas verträglich. Zwar war es nicht so, dass ich mich gerne anfassen ließ von irgendwelchen verrückten Zwergen, aber es könnte schlimmer sein.

Zudem war es teilweise ziemlich amüsant und Ruck tat ja nichts Böses. Was ich nach seinem kleinen Wutausbruch nicht gedacht hätte.

„Wie bin ich nur hier hinein geraten?“ , sprach ich seufzend zu mir selbst.

„Die schöne Frau war ins Wasser gefallen…Ruck hat dich rausgezogen und hierher gebracht.“

Skeptisch schielte ich zu ihm und musste kurz schmunzeln. Er hat mir mein kümmerliches Leben gerettet.

„Warum hast du das getan?“, fragte ich leise und blickte ihn wieder an. Seine Antwort folgte prompt. „Weil du schön bist! Ruck mag schöne Sachen!“

Na dann danke ich wohl mal meinen Eltern dafür. Oder zumindest Vater. Er hat immerhin auch seinen Anteil dazu geleistet.

Leicht zuckten meine Mundwinkel nach oben und ich sah auf Ruck hinab. „Nett von dir, Ruck.“

Dennoch blickte ich kurz darauf finster in das Naheliegende Lagerfeuer. Es ist gut dass ich noch lebe, nach diesem schmerzhaften Sturz. Aber ich muss auch zu den anderen zurück.

Allerdings habe ich nicht die geringste Spur wo sie sein könnten. Die Tiefen Wege spalteten sich in so vielen Gänge auf und hinter jede Ecke könnte dunkle Brut lauern. Oder was weiß ich…

Aufmerksam sah ich zu Ruck, der sich fasziniert meiner Haarpflege zuwandte.

„Ruck, was lebt hier unten noch, außer dunkle Brut?“

Er sah kurz angewidert aus. „Kriecher! Sie essen immer die Kleinsten von den Dunklen. Jetzt haben die Kriecher Hunger!“

Überrascht sah ich zu ihm. „Kriecher…sind das Schlangen?“

Ruck schüttelte den Kopf.

Ich überlegte. „Spinnen?“

Ein nicken seinerseits und ein Würgen meinerseits folgten.

Ich HASSTEE Spinnen. Und ich bezweifelte, dass hier unten so kleine Krabbeltierchen sind, die einen mal fix über die Hand wandern.

Eher werden sie dir die Hand abreißen. Wie unschön und abartig von diesen hässlichen, behaarten, stinkenden…Viechern.

„Aber die werden nun die anderen fressen“, sprach Ruck beiläufig, was mich wiederum aufhorchen ließ.

„Was für andere meinst du?“

„Die anderen.“

„Ruck“ , sprach ich abwartend und auch etwas genervt. „WO sind die?“

„Bei den Kriechern, laufen direkt zu ihnen. Werden sich freuen, hatten lange nicht mehr Zwerg und Schwein gegessen“

Schwein und Zwerg?...meint Ruck etwa Oghren und Hasso?

Aufgeregt drehte ich mich zu dem Zwerg. „Wer war noch dabei, Ruck? Waren es noch zwei weitere? Eine dunkelhaarige Frau die einen langen Stab bei sich trug und ein Mann, der dieselben Ohren wie ich hat?“

Gebannt starrte ich auf den Zwerg hinab, während er eingehend mein Ohr musterte. Schließlich nickte er. „Ja.“

Ich jauchzte vor Glück auf und spürte ein leichtes ziehen in meiner Brust. Schnell ließ ich den Euphorie Ausbruch sein und stand auf. „Ich muss zu ihnen!“

Schnell suchte ich das Lager nach ein paar Waffen ab, die ich mitnehmen könnte. Doch Großteils lagen nur sperrige Äxte und viel zu große Schwerter herum.

Nichts für zarte Elfenmädchen wie mich. Lediglich einen Dolch konnte ich aus den Trümmern retten. Aber das würde bei weiten nicht helfen. Doch zu meiner großen Freude, konnte ich noch ein paar Fläschchen finden die mit komischen Substanzen gefüllt waren.

Ich entschloss sie ebenfalls mitzunehmen. Ruck jedoch sah mich traurig an und krallte sich in mein Bein fest. „Geh nicht, schöne Frau!“, sprach er verzweifelt.

Verwirrt sah ich auf ihn herab. „Aber Ruck…das sind meine Freunde. Ich muss sie wiederfinden.“

Er schüttelte schnell den Kopf und hielt sich fest an mein Bein geklammert. „Nein! Ruck lässt dich nicht gehen!“

Oh…jetzt sollte ich aufpassen, dass die ganze Geschichte hier nicht unschön endet. Nachdenklich biss ich mir auf die Lippe. Aber Gewalt wäre in diesem Fall keine Lösung…

Also ging ich wieder in die Hocke und blickte Ruck in seine blutunterlaufenen Augen, in den ich neben seinem Trotz auch Angst und Einsamkeit erkennen konnte.

Lächelnd legte ich meine Hände auf seine Schultern. „Ruck, das sind meine Freunde. Genauso wie wir Freunde sind“

Überrascht sah er auf. „Wir…sind Freunde?“

Sofort nickte ich. „Natürlich. Freunde sind füreinander da, helfen sich und haben auch Spaß zusammen.“

Eindringlich beugte ich mich zu dem Zwerg vor. „Ruck, als Freund brauche ich deine Hilfe. Ich kann sie nicht allein dort finden in der Dunkelheit. Ich brauche deine Hilfe…mein Freund.“

Ruck starrte mich an, während ich Gebete zum Erbauer schickte er möge mir helfen. Sonst war ich verloren. Weder habe ich Karten, noch sonst einen Anhaltspunkt wo diese Spinnen leben.

„Ruck hilft der schönen Frau.“
 

Keuchend rollte ich mich ab und entkam so nur knapp dem Angriff einer verdammten Riesenspinne. Ihr vor Gift triefenden Fangzähne hatte sie beinahe in meine Wade hineingestoßen.

Ein gewaltiger Axthieb teilte die Spinne plötzlich und sie ließ noch einen kurzen, lauten Schrei aus.

Ich nickte Oghren zu, der mit einem Brüllen seine Axt aus dem Gestein zog und sie sofort in die nächste Riesenspinne krachen ließ.

Rücken an Rücken stand ich mit Morrigan, die gerade einen Eiszauber wob und eine weitere Spinne damit einfrieren ließ. Doch für jede Spinne die wir töteten, kamen fünf neue!

Inzwischen rann mir der Schweiß das Gesicht hinab und meine wunderschöne Frisur ist leider auch dahin. Wie ich diese Spinnen doch verabscheue!

„Das bringt nichts!“, rief Morrigan zornig und schlug mit ihrem Stab gnadenlos auf die acht beinigen Gegner ein, da sie keine Manavorräte mehr hatte.

Oghren brüllte wieder etwas, wurde jedoch von einer Spinne niedergerungen, die sich nun mit klackendem Kiefer an seiner Rüstung zu schaffen machte.

Dann sterbe ich also hier unten in den tiefen Wegen. Ziemlich glanzlos, wie ich gestehen muss, aber nicht weiter tragisch. Von einem legendären Grauen Wächter erledigt zu werden, hört sich ruhmreicher an…oder noch besser während man sich in einer wilden Nacht so sehr verausgabt dass-..

Plötzlich hörte ich das Zerbrechen von Glas. Verwirrt sah ich auf, als ein beißender Gestank in meine Nase trat und mich würgen ließ. Morrigan ging es nicht anders, und sogar Hasso jaulte kurz auf.

Die Spinnen jedoch zischten auf und diejenigen die am Nächsten der kleinen Wolke waren, die gerade aufstieg, zogen sich in die Dunkelheit zurück.

Dennoch waren noch genügend andere Spinnen übrig, die nicht damit aufhörten uns zu attackieren. Nur mit Mühe könnte ich sie zurückhalten.

Immer wieder hörte ich wie Glas zerbrach und die Spinnen daraufhin erbost aufschreien. Verwirrt blickte ich zu Morrigan. „Seid Ihr das?“

„Macht Euch nicht lächerlich!“, fauchte sie mich an und blickte sich hektisch umher.

Inzwischen brannten meine Lungen und ich zog mich hustend zurück, selbst die Spinnen zogen sich nun ebenfalls zurück. Die Wolke stieg langsam auf und legte sich schwer nieder. Es schien ein schwaches Gift zu sein…davon war ich zumindest überzeugt.

Oghren kam grunzend neben mir zum Stehen und schnaufte schwer. „Beim Stein! Dafür bin ich nicht ganz allein verantwortlich!“

Angewidert sah ich zu dem Zwerg und schüttelte den Kopf. „Verschont mich“

Morrigan blickte indes angestrengt zur Decke hinauf. „Wir sollten uns beeilen, sie werden nicht ewig im Dunklen warten. Sie kommen wieder…“, sprach sie und deutete dabei auf die Riesenspinnen die halb von der Decke hingen, aber dank der toxischen Wolke nicht weiter angriffen.

„Das ist eine gute Idee.“

Überrascht sahnen wir alle auf, als ich die vertraute Stimme hörte. Wo…?

Doch ich sah ihre Gestalt bereits schemenhaft aus dem Nebel zu uns eilen. Als sie endlich aus dem Dunst hinaustrat, starrte ich entsetzt auf ihre Gestalt.

Sie war leichenblass, ihre Lederrüstung hing nur noch in Fetzten an ihr, überall wo sie nicht durch Stoff verhüllt war, war ihre Haut aufgeschürft und grün und blau. Die roten Haare standen wirr in alle Richtungen ab. Ihr Gang wirkte unkoordiniert, aber sie lächelte schwach.

Kallian.

Ehe ich selbst wusste was ich tat, war ich zu ihr gerannt hatte sie eng an mich gedrückt und meine Lippen auf ihre gedrückt.

Ich atmete ihren vertrauten Duft ein, in dem zwar jetzt noch Blut mitschwang aber das konnte ich getrost ausfiltern.

Der Blutgeruch wurde jedoch stärker, als sie plötzlich anfing sich zu verkrampfen und stark zu Husten. Erschrocken löste ich meine Lippen von ihren kalten und bemerkte wie Blut aus ihrem Mund lief.

Kallian verdrehte die Augen, dann war sie ruhig. Wie erstarrt hielt ich sie in meinen Armen und sah in ihr Gesicht.

Keine Regung.

„Aus dem Weg, Ihr Narr!“, rief Morrigan erbost und stieß mich zur Seite, ehe sie Kallian vorsichtig auf den Boden ablegte. Sofort rief sie die restliche Lederrüstung von ihr und zischte dann auf.

Schnell legte sie ihre Hand auf ihren Oberkörper und ein schwaches Blaues Licht, wanderte von Morrigans Hand, langsam in den Oberkörper von Kallian.

Angespannt beobachtete ich die ganze Szene, während Hasso neben mir einmal laut aufjaulte. Meine Lippen fühlten sich trocken an, während ich meine Hände zu Fäusten ballte.

Sie darf nicht sterben.

„Schöne Frau!“

Verwirrt blickte ich auf und sah einen verkümmerten Zwerg aus dem Dunst zu uns taumeln. Er schien orientierungslos.

Skeptisch beobachtete ich die Gestalt, die stehen blieb und uns alle nacheinander musterte. Angewidert stellte ich fest, dass es weder Haare, noch ein sonstiges gepflegtes Äußeres besaß. Da war sogar Oghren gepflegter…und das soll was heißen.

„Schöne Frau!“, schrie er aufgeregt, als er Kallian erblickte und zu ihr stürzen wollte. Ehe er es jedoch in ihre Nähe schaffte, hatte ich ihn bereits zu Boden geworfen und hielt ihn dort fest.

„Nicht so schnell, Freundchen!“, knurrte ich drohend und hielt den Zwerg nur mit Mühe fest. Er schrie und schlug wild um sich.

Verdammter Bastard, ich werde ihn jetzt die Kehle aufschlitzen dann ist Schluss!

Doch ehe ich meinen Dolch auch nur in die Nähe seines Ziels bringen konnte, hörte ich Kallian plötzlich erschöpft röcheln und mich innehalten.

„Ruck…ist…ein Freund…“



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