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Two For Tragedy

von

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Come get near me

Das Mädchen war klein, zierlich und ihre zarte Erscheinung brachte den jungen Bassisten der Black Stones beinahe aus dem Gleichgewicht. Sie hatte ein hübsches Gesicht mit haselnussbraunen Augen und langes, glattes Haar in der selben Farbe.

"Kannst du mir sagen, wo ich den Gittaristen finde, Nobu Terashima?" Shinichi blickte leicht enttäuscht. Sie war also keines seiner Fangirls, zu schade. Also blickte er suchend um sich und meinte dann achselzuckend: "Also, eben war er noch hier, aber ich weiß nicht wo..."

Er wurde von Nobu unterbrochen, der mit einem Aufschrei Shin beiseite stieß und das braunhaarige Mädchen an den Schultern packte.

"Saya!? Aber - was machst du hier ganz alleine in Tokyo?? Wissen meine Eltern, wo du bist?"

Das junge Mädchen strahlte ihn an.

"NOBU!" Sie fiel ihm um den Hals. "Ich bin so stolz auf dich! Ihr wart einfach klasse da oben!"

Ein Lächeln breitete sich auf Nobus Gesicht aus. Er tätschelte Sayas Rücken und löste sich sachte von ihr.

"Nicht wahr? Mann Saya, uns winkt vielleicht ein Plattenvertrag! Gaia ist an uns interessiert - ist das nicht Wahnsinn?"

"Das ist der absolute Oberhammer", grinste Saya und beide hüpften vor Begeisterung auf und ab.

Shin stand etwas abseits, zog an seiner Black Stones und beobachtete wortlos das hübsche Mädchen, wie es ausgelassen mit Nobu redete. Dabei rutschte einer ihrer Hemdärmel nach unten und an ihrem rechten Handgelenk blitzte ein weißer Verband auf. Hastig und von Nobu völlig unbemerkt schob sie den Ärmel wieder über das Handgelenk. Shin, sich seinen Teil denkend, senkte den Blick. Nana und Yasu traten zu ihm, wobei Nana gelassen ihren Arm auf Shins Schulter abstützte. Er beließ es bei einem kurzen Seitenblick und steckte sich die zweite Zigarette an.
 

"Wer ist die Kleine?", wollte Nana wissen.

"Keine Ahnung", meinte Shin. "Aber Nobu scheint sie gut zu kennen."

Yasu musterte das Mädchen aufmerksam durch seine Sonnenbrille und sagte dann ruhig: "Aber das ist doch Saya, Nobus kleine Cousine."

Nana entnahm Shin seine Zigarette, noch ehe er daran ziehen konnte und steckte sie sich in den Mundwinkel.

"Saya? Der Name sagt mir irgendwas..."

Yasu blickte sie von der Seite an. "Nobu hat sie früher ein paar Mal zu unseren Bandproben mitgenommen."

Nanas Gesicht hellte sich auf: "Ach, die kleine Saya-Chan. Jetzt erinnere ich mich. Verdammt, das ist ja schon wieder ewig her - ich hätte sie fast nicht wiedererkannt!"

Nobu und Saya hatten inzwischen bemerkt, dass der Rest der Band sich um sie versammelt hatte und das braunhaarige Mädchen stieß einen zweiten Schrei aus:

"Nana! Yasu!"

Sie fiel Nana um den Hals und Shin nutzte ihre kurze Unaufmerksamkeit, um sich seine angerauchte Zigarette zurückzuerobern. Nachdem sich Saya von der schwarzhaarigen Sängerin gelöst hatte, blickte sie zu Yasu und strahlte ihn an.

"Ich freue mich so, euch wiederzusehen. Und wie ich sehe, hast du immer noch eine Glatze - manches ändert sich wohl nie."

Während Nana und Nobu in brüllendes Gelächter ausbrachen, lächelte Yasu auf sie herab und legte gebieterisch seine Hand auf ihren Kopf.

"Wie schön, dich wieder zu sehen", sagte er auf seine schlichte Art.

Aufgeregt blickte sich Saya nach links und rechts um, ehe sie die Bandmitglieder gespannt ansah: "Und? Wo ist Ren?"

Sofort erstarb das Lachen auf den Gesichtern von Nobu und Nana. Sie tauschten untereinander Blicke und schließlich sagte Nobu: "Er ist schon lange Zeit bevor wir nach Tokyo gekommen sind, bei uns ausgetreten. Weißt du es etwa nicht? Er spielt jetzt bei Takumis Band, Trapnest. Sie sind in den Charts auf Platz 1. Und das schon seit Monaten", fügte er bitter hinzu.
 

Saya sah sie der Reihe nach an. An dem jungen Punk mit den blauen, hochgestylten Haaren und dem hübschen Gesicht blieb sie hängen. Die Art, wie er sie ansah, ließ sie für einen Moment innehalten.

"Oh", sagte sie dann und blickte betreten drein. "Das wusste ich nicht. Bei mir war so viel los, da bin ich gar nicht dazu gekommen, die Charts zu verfolgen..."

Ihre Stimme brach ab und sie senkte den Blick. Nobu legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich.

"Ich weiß", sagte er leise. "Es tut mir so leid."

Nana und Yasu tauschten fragende Blicke, während Shin zwischen ihnen hervortrat und auf Saya freundlich herablächelte.

"Wir kennen uns noch nicht", sagte er und streckte die Hand aus. "Ich heiße Shin."

Saya, die eben noch Tränen in den Augen gehabt hatte, löste sich nun von ihrem Cousin und blickte dem jungen Punk einen Augenblick lang prüfend ins Gesicht, ehe sie lächelnd seine Hand ergriff.

"Dann bist du also der neue Bassist von Blast", sagte sie. "Freut mich sehr. Ich bin Saya und der große, blonde Melodramatiker da neben mir ist mein Cousin."

Alle lachten und Shin grinste breit, während Nobu Saya entgeistert anstarrte:

"Melodramatiker?", krächzte er. "Wer, ich?! So siehst du mich also? Ich bin entsetzt!"
 

Die Band nahm Saya mit ins Appartment 707, wo sie eine geschäftige Hachiko hübsch zurecht gemacht und mit weißer Schürze in Empfang nahm.

"Kommt rein, kommt rein", rief sie breit lächelnd. "Das Essen ist gerade fertig geworden!"

"Du meine Güte, Hachi", sagte Nana resigniert, nachdem sie den gedeckten Tisch in Augenschein genommen hatte. "Das reicht ja für 2 Wochen!"

"Ach was." Hachiko winkte lachend ab und blickte im nächsten Moment verunsichert drein: "Meinst du wirklich? Vielleicht habe ich es ein bisschen übertrieben... Aber als ihr vorhin angerufen und mir gesagt habt, dass ihr alle kommt und zusätzlich noch jemanden mitbringt, hatte ich Panik, dass das Essen nicht reicht und habe nochmal die doppelte Portion gekocht..."

"Ist doch prima", freute sich Nobu. "Ich habe einen Riesenhunger!"

Er schob Saya vor sich her, bis sie Hachi direkt gegenüber stand.

"Das ist meine kleine Cousine Saya", stellt er sie vor. "Saya, dass ist Hachiko, Nanas Mitbewohnerin und eine wichtige Freundin von uns allen. Eigentlich heißt sie wie Nana, aber unsere Nana hat ihr den Spitznamen gegeben und seitdem nennen wir sie alle Hachi."

Die hübsche, junge Frau strahlte Saya an und ergriff ihre Hand: "Freut mich sehr, dich kennenzulernen."

Saya lächelte zurück, während sie ungewollt an die Hundestatue von Shibuya denken musste.
 

Stunden später, nachdem sie sich alle satt gegessen hatten und Hachi die Reste in Klarsichtfolie verpackt im Kühlschrank verstaut hatte, räumten sie den Tisch frei und spielten Mahjjong. Shin gewann siebenmal, zum Verdruss aller Mitspielenden. Schließlich machte sich allmählich die Müdigkeit bemerkbar. Yasu verabschiedete sich als erster, dann Nobu, Shin und Saya. Sie bestellten sich ein Taxi und fuhren zu der Wohnung, in der Nobu gemeinsam mit Shin hauste. Eigentlich hatte Nobu geplant, Saya in seinem Bett schlafen zu lassen. Allerdings hatte er es sich im Appartment 707 nicht nehmen lassen, auf den gelungenen Konzertauftritt anzustoßen und war zum jetzigen Zeitpunkt vor lauter Alkohol viel zu benebelt, um auch nur einen klaren Gedanken fassen zu können. Müde fiel er in sein Bett und war im nächsten Moment auch schon eingeschlafen. Saya und Shin tauschten einen vielsagenden Blick.
 

"Nobu verträgt ja nicht gerade viel Alkohol", meinte Saya.

Grinsend schlüpfte Shin aus seinem Jacket:

"Das kannst du laut sagen", erwiderte er.

"Nein, ich möchte ihn nicht wecken", widersprach Saya und musterte ihren Cousin lächelnd. "Er sieht so friedlich aus."

"Das habe ich ja auch nicht so wörtlich gemeint", murmelte Shin mehr zu sich selbst und befreite seine Füße aus den Plateau-Schuhen.

Saya stellte ihren Rucksack ab und sah sich in der winzigen Wohnung um:

"Wo kann ich schlafen?"

Shin blickte sie an, während er die Knöpfe an seinem Hemd löste.

"Du kannst entweder bei Nobu mit im Bett oder neben mir auf der Matratze schlafen", sagte er gelassen.

Ehe sich Saya überlegen konnte, wofür sie sich entscheiden sollte, griff Nobu im Schlaf nach seinem Kissen und begann es zu befummeln. Dabei murmelte er dumpf: "Mhh... das fühlt sich gut an..."

Sayas Kinnlade klappte nach unten und sie blickte zu Shin, der sich das Lachen nur schwer verkneifen konnte.

"Hast du auch so lebhafte Träume?", fragte sie leicht schockiert.

"So weit ich weiß, nein", antwortete er. "Aber selbstverständlich kann ich für nichts garantieren."

Er zwinkerte ihr zu und Saya verschränkte seufzend die Arme.

"Na, ganz toll."
 

Eine halbe Stunde später lagen sie nebeneinander auf der schmalen Matratze und lauschten Nobu, der leise vor sich hinschnarchte. Es war so eng, dass sich ihre Körper mehr als nur berührten. Saya wusste nicht, wie es Shin damit erging und ob sie seine Körperwärme als angenehm oder störend empfinden sollte. Es hinderte sie jedenfalls daran, sich auf das Einschlafen zu konzentrieren.

"Saya?"

Sie zuckte erschrocken zusammen.

"Ja?"

"Entweder wir machen es uns hier ein wenig bequemer oder ich beziehe die Badewanne. Weil so können wir beide wohl unmöglich einschlafen."

Da Saya nicht wollte, dass Shin wegen ihr die Nacht in der Badewanne verbringen musste, fragte sie arglos:

"Und hast du auch schon eine Idee, wie wir es uns hier bequemer machen könnten?"

"Entweder wir liegen Löffelchen oder wir nehmen uns in die Arme."

"Was???"

Vor Schreck rollte Saya fast von der Matratze.
 

"Also doch Badewanne?", fragte Shin resigniert.

"Ja... nein...", stammelte Saya. "...ich weiß nicht... wie sollen wir uns denn in die Arme nehmen...?"

Statt einer Antwort zog er sie zu sich heran, legte einen Arm um ihre Schultern und den anderen um ihre Taille, sodass sie mit dem Gesicht an seine Brust gebettet bequem in seinen Armen lag.

"Ah, verstehe", murmelte sie dumpf. "So hast du dir das gedacht."

"Liegst du bequem?", hörte sie ihn fragen.

"Jetzt schon", meinte Saya. "Aber liegst du denn bequem?"

"Nicht wirklich", sagte er. "Aber ich finde es ganz angenehm."

Sie konnte hören, wie ein Lächeln in seiner Stimme mitklang und war froh, dass es dunkel war und niemand sehen konnte, wie sie hochrot anlief. Seine Nähe, sein Geruch, seine Wärme und seine offensive Art - das alles brachte sie schrecklich durcheinander. Außerdem hatte sie das unangenehme Gefühl, dass ihr unregelmäßiger Herzschlag peinlich laut zu hören war.
 

"Hey, entspann dich", sagte Shin irgendwann sanft.

"Ich kann nicht", platzte es aus Saya heraus, die es minutenlang nicht gewagt hatte, sich zu rühren, geschweige denn zu atmen. "Ich würde gerne, aber es geht nicht. Ich kenne dich noch gar nicht wirklich - vielleicht denkst du, man muss nicht jeden kennen, den man in den Armen hält und deswegen kannst du dich in der Hinsicht viel leichter entspannen. Aber ich bin da anders."
 

"Verstehe", sagte Shin. "Was kann ich tun, damit du dich wohl fühlst?"

Saya zermaterte sich das Hirn.

"Erzähl mir etwas über dich", sagte sie schließlich.

"Ich bin ein cooler Bassist und spiele in einer coolen Band", sagte Shin wie aus der Pistole geschossen.

Saya musste grinsen:

"Klingt ja echt cool."

"Nicht wahr? Finde ich auch."

"Und was gibt es sonst noch Nennenwertes über dich zu wissen, außer, dass du in einer coolen Band Bass spielst?"

"Ich bin in Schweden geboren und habe eine Zeit lang in England gelebt", ergänzte Shin.

"Wow. Echt?"

"Ja."

"Das ist cool."

"So, du hast dich schon genug entspannt. Jetzt erzähl mal etwas über dich."

Saya gähnte.

"Was willst du denn wissen?"

"Hast du dich am Handgelenk selbst verletzt oder wieso trägst du diesen Verband?"
 

Einen Atemzug lang war Saya wie erstarrt. Dann wich sie von Shin weg, befreite sich aus seinen Armen und setzte sich auf.

"Jetzt fühle ich mich wieder unwohl", sagte sie leise.

"Es tut mir leid", hörte sie Shin sagen.

Er richtete sich ebenfalls auf und sah sie in der Dunkelheit an.

"Ich habe nicht nachgedacht, es ist mir einfach rausgerutscht."

Saya zog die Beine an, stützte die Arme auf die Knie und vergrub das Gesicht in ihren Händen.

"Ist es ok, wenn ich in der Badewanne schlafe?", fragte sie dumpf.

"Nein, das ist nicht ok", sagte Shin sanft. "Außerdem haben wir gar keine Badewanne. Nur eine Dusche."

Saya hielt inne und ließ die Arme sinken:

"Keine Badewanne? Aber... wieso hast du dann...?"

"Ich wusste, du würdest mich nicht dort schlafen lassen", sagte er schlicht. "Und mir war einfach danach, dich in die Arme zu nehmen."
 

Saya musste schlucken, als sie das hörte. Ihr Herz klopfte.

"Ist dir auch jetzt noch danach?", fragte sie leise.

"Natürlich", erwiderte er ruhig.

Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten.

"Dann nimm mich jetzt bitte in den Arm", flüsterte sie und Shin ließ sich nicht zweimal bitten.

Sie fühlte, wie er sachte seinen Arm um ihre Schulter legte und sie behutsam an sich zog. Sie begann zu weinen. Shin saß schweigend neben ihr, stützte sie mit dem linken Arm und strich ihr mit der rechten Hand über ihr weiches, glattes Haar. So blieben sie lange Zeit sitzen, bis Saya sich beruhigt hatte und in seinen Armen eingeschlafen war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Thuja
2011-09-12T06:22:15+00:00 12.09.2011 08:22
Schade.
Ich bin gerade auf die Geschichte gestoßen
Und schwupp, ich habe sie gleich ins Herz geschlossen
Sie ist toll geschrieben. Dein Ausdruck gefällt mir.
*snief*
aber es ist ja leider nur das eine Kapitel da.
Dabei würde ich gerne weiterlesen
Die Charaktere sind mir sehr sympathisch und die Story klingt interessant.
Shin ist sehr aufmerksam, dass er den Verband gemerkt hat.
Ich wüsste zu gerne, ob sie sich selbst geritzt hat.
Das Thema scheint ihr auf jeden Fall sehr nahe zu gehen. Ich fand es süß, als Shin sie so warm in den Arm nimmt und ihr dadurch Trost spendet.
Was hat Saya wohl auf dem Herzen?
Warum taucht sie plötzlich bei der Band auf? Ist sie von Zuhause geflohen? Einen Grund hat das bestimmt
*nachdenk*
Aber herausfinden werde ich es wohl nur, wenn du so lieb bist und weiter schreibst
Bitte!!!
Tu mir den Gefallen
Ich bin jetzt wirklich neugierig auf mehr.



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