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Zitronentyp

von

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„Verficktes Zeltlager, verficktes Wetter, verficktes Italien...“
 

Steffen fluchte, als er klitschnass die Gelateria betrat. Und ganz leise war er dabei auch nicht, denn er wurde beim Jackeaufhängen schon von einem Jugendlichen angesprochen, der am Tisch daneben saß.
 

„Schimpf nicht so auf bella italia. Das Wetter kann nichts dafür, dass du hier bist...“
 

Der Junge am Tisch sprach beinahe akzentfrei Deutsch, hatte dunkelbraune Haare und nussbraune Augen.
 

Er hatte einen großen Eisbecher und eine heiße Schokolade vor sich stehen und saß wohl ganz allein dort.
 

Steffen schüttelte erst einmal wortlos seinen nassen Haare, bevor er auf diesen frechen Spruch etwas parieren konnte. Danach strich er sich noch durch die schwarze Mähne und strich sein ebenfalls nasses Hemd glatt.
 

„Ich kann auch nichts dafür, dass das Wetter mich nicht mag...“
 

„Du bist so ein typischer Deutscher. Kommt nach Italien für's Wetter, dabei kann es hier auch in Strömen regnen.“
 

„Das habe ich bemerkt.“
 

„Willst du dich zu mir setzen? Scheint ja nicht gerade jemand auf dich zu warten und mich hat mein Date versetzt.“
 

„Und mit sowas wie dir, möchte jemand ausgehen?“
 

„Scheinbar ja nicht, sonst wäre er schon lange hier. Naja egal. Eis?“
 

Er hob die Hand, während Steffen sich auf einen der freien Stühle setzt.
 

„Du siehst aus wie ein Zitronentyp.“
 

Steffen musste über diese vorlaute Schnauze lächeln.
 

„So?“ Er griff sich die Karte. „Wie sieht denn ein Zitronentyp aus?“
 

„Wie du. Sauer über das bisschen Regen.“
 

„Es regnet seit drei Tagen ununterbrochen...“
 

„Na und? Vorher waren vierzig Grad im Schatten. Mir tut es mal ganz gut.“
 

„Mir nicht. Regen hatte ich daheim genug.“
 

„Woher kommst du denn?“, fragte der Braunhaarige, der sich immer noch nicht vorgestellt hatte.
 

„Süddeutschland.“
 

„Ach, da waren doch auch über zwanzig Grad.“
 

„Woher weißt du das?“
 

Der Kellner war jetzt endlich auf das Winken aufmerksam geworden und als sich Steffen dann wirklich einen großen Früchtebecher mit viel Zitroneneis und einer heißen Schokolade bestellte, musste sein Gegenüber wieder lachen.
 

„Ich bin immer nur in den Ferien bei meinen Verwandten. Den Rest des Jahres wohne ich auch in Süddeutschland. Irgendwo muss man ja wohnen.“
 

„Ach, daher der Akzent. Ja... mischt sich dann noch schön mit dem Dialekt und prompt bekommt man eine Promenadenmischung wie mich dabei heraus.“
 

„Und wie heißt diese Promenadenmischung?“
 

Wenn sich dieser freche Kerl nicht selber vorstellen wollte, musste Steffen eben die Sache in die Hand nehmen.
 

„Claudio...“
 

„Wie der Pizarro?“
 

„Ja, genau wie der...“
 

Steffen bemerkte, wie die braunen Augen ihn musterten.
 

„Und wieso läuft ein so schicker Emo allein durch diesen Ort? Hier gibt es auch böse Jungs.“
 

„Und du bist der Anführer von denen, oder?“
 

Claudio lachte auf.
 

„Du hast mich durchschaut. Verdammt.“
 

Beide lachten und der Kellner beäugte die beiden, als er den Fruchtbecher und die Schokolade brachte.
 

„Bist du auch so einer, der erst kalt und dann etwas Heißes braucht?“
 

„So in etwa. Nur beim Wetter, da brauche ich es eher warm.“
 

„Du... brauchst etwas Warmes? Mit deinen schwarzen Haaren und der Frisur?“
 

„Hey, das ist cool. Das braucht man als Leadsänger einer Emoband. Und wir sind sogar erfolgreich. Deswegen bin ich ja auch hier.“
 

„In 'nem Zeltlager?“ Claudio zog spöttisch die Augenbrauen hoch.
 

„Das hat uns unser Manager verpasst. Zehn kreischende Gören, meine Bandmitglieder und ich. Nur sind die irgendwie heute abgehauen... und haben mich im Regen stehen lassen.“
 

„Dafür isst du jetzt mit mir Eis. Hey, das ist doch besser als zehn schreiende Gören.“
 

„Stimmt.“
 

Steffen musste zugeben, dass er den anderen ganz sympathisch finden musste. Er hatte zwar eine wirklich große Klappe, aber war dabei noch irgendwie... ganz nett. Und zwar nicht als kleiner Bruder von 'Scheiße'.
 

Sie konterten gegenseitig ihre Sprüche und ließen sich nicht die Butter vom Brot nehmen.
 

Der Regen ließ langsam nach und die dritte Schokolade war auch schon durch ihre Kehlen geflossen.
 

„Die Schokolade schmeckt wirklich.“
 

„Ich weiß. Die Eisdiele gehört meinem Onkel. Der hat's echt drauf.“
 

„Gut zu wissen. Wenn ich das nächste Mal hier bin, nerv ich ihn ein wenig. Und sage von wem ich das hier empfohlen bekommen habe.“
 

„Gut. Aber Rabatte gibt es nicht.“
 

„Kann man mit ihm nicht verhandeln?“
 

„Doch, aber nicht so. Du musst dich einschleimen und sagen, dass es dir der tollste und beste Neffe der Welt empfohlen hat, der traumhaft aussieht und einen tollen Humor hat. Ach ja und vergiss nicht meinen italienischen Charme.“
 

Steffen bekam sich vor lachen nicht mehr ein, bis er nickte.
 

„Okay, und natürlich dass sein Neffe sehr sexy ist.“
 

„Wenn du das sagst erst Recht. Nur dann vernascht er vielleicht dich...“
 

„Wieso?“
 

„Mario ist schwul.“
 

„Und?“
 

„Was und?“
 

Es war zum Verrückt werden. Er kannte diesen Claudio maximal zwei Stunden und wollte ihm schon stecken, dass er bisexuell war und bis vor kurzem zwar mit einem Mädchen zusammen und davor nur Beziehungen mit älteren Jungen hatte.
 

„Ist mir egal.“
 

„Uh, einer, dem das egal ist.“
 

„Bin selber...“
 

„Schwul? Ich weiß.“
 

Steffen verbrannte sich die Zunge, als er zu schnell einen Schluck aus seiner Tasse trinken wollte. Zu voreilig.
 

„Wie, du weißt?“
 

„Deine Augen betrachten mich, ohne dass du es steuern kannst. Und scheinbar gefällt dir was du siehst. Außerdem, als du sagtest, dass du nicht unbekannt bist, musste ich mich daran erinnern... meine kleine Schwester hat dich im Zimmer hängen. Ihr seid 'ne Lokalband, oder?“
 

„Ein wenig größer inzwischen.“
 

„Kann sein. Aber meine Schwester ist auch so ein wenig emohaft. Und steht voll auf eure Musik. Hat sogar die damals schlecht gebrannten CDs gekauft. Und dann war sie irgendwann sauer, weil du einen Freund hattest und irgendwann eine Freundin. Kann das sein?“
 

Steffen nickte.
 

„Du heißt Steff... Stefan... nein, Steffen. Oder in deiner Band Steve. Das find ich allerdings albern.“
 

Damit überfuhr er den anderen komplett.
 

„Hab ich mich nicht vorgestellt?“, fragte er deswegen vorlaut.
 

„Nö. Aber macht nichts. Ich hab's ja auch so rausgefunden.
 

Steffen wollte sich innerlich vor die Stirn hauen. Wie unhöflich er war. Danke an seine Erziehung.
 

„Und jetzt kannst du mein Date ersetzen. Ich hatte heute Abend Lust auf Pizza bei Mama.“
 

„Bei Mama?“
 

„Meine Schwester und ich leben bei meinem Vater in Ingolstadt. Meine Mutter wohnt hier und hat ein Restaurante. Ist auch die Schwester von unserem lieben Mario.“
 

Erst jetzt merkte er, was der andere wollte. Ein Date heute Abend.
 

Und dazu kam, dass es zuhause weiter gehen konnte. Wieder ein Mann. Gut, aber er hatte sich eh entschlossen, kein Mädchen vorerst mitzubringen. Das war ihm einfach zu stressig.
 

„Die Pizza ist erstklassig und du weißt doch, dass ich ein wirklich attraktiver Mann bin.“
 

Steffen lachte.
 

„Du hast mich überzeugt. Außerdem hab ich dann einen Vorwandt nicht diesen Campingfraß essen zu müssen.“
 

„Klar und du ziehst ja auch normalerweise die kleinen kreischenden Gören meiner Wenigkeit vor.“
 

„Wenn du nicht langsam die Klappe hältst schon...“
 

Na das konnte ja noch spannend werden.
 

Und vielleicht war Italien doch nicht so schlecht wie gedacht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Khaosprinzessin
2010-09-23T17:46:28+00:00 23.09.2010 19:46
Das ist ja mal sehr süß^^extremst zitronig und...täusch ich mich, oder brüllt das lautstark nach Fortsetzung?! Ja, ich denke schon *Tinitus hab*
Gefällt mir echt supersweet! Dieses unterschwellige Flirten und dann BAM den ganzen Lattenzaun mitten in die Fresse^^Super!

See ya in hell, beast
Von:  Biervampir
2010-08-19T14:40:05+00:00 19.08.2010 16:40
herrlich erfrischend, genau das Richtige für zwischendurch <3


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