Zum Inhalt der Seite

Ein Blick hinter das Eis

oder wie Joey nicht nur den Eisprinzen bezwang, sondern auch die letzte Schlacht überlebte...
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Abstraktion

Ich schnappe nach Luft und er lacht.

Seine Frisur ist vollkommen durcheinander, die dunklen Strähnen fallen ihm planlos ins Gesicht. Ich rolle mich auf die Seite und strecke eine Hand aus. Sein Haar ist weich, unglaublich weich und es duftet immer nach Lavendel. Zärtlich streiche ich ihm ein paar Strähnen zur Seite, um sein Gesicht besser sehen zu können. Seine Augen glühen und ich sehe eine Spur des Lächelns in ihnen, das gerade seine harten Züge weich werden lässt.

Der Anblick ist mir inzwischen eigentlich fast vertraut. Dennoch fasziniert er mich immer wieder.
 

"Kaiba?"
 

Komisch, in solchen Momenten nenne ich ihn lieber so. Ich weiß auch nicht so ganz warum. Eigentlich ist es ein sehr intimer Augenblick, Seto wäre wohl angemessener, aber Kaiba erscheint mir angebrachter. Ich kann es mir selbst nicht erklären. Es ist genauso undefinierbar wie die Tatsache, dass seine präzise Ausdrucksweise und seine rhetorischen Fähigkeiten mich in einem Maße erregen, dass es mir den Boden unter den Füßen wegzieht.
 

Er neigt mir sein schönes Gesicht zu und meine Hand wandert wieder zu seinem Oberkörper. Sein Körper ist genauso blass wie sein Gesicht. Blass und kühl und unglaublich zart. Manchmal habe ich Angst ihn zu berühren, weil ich befürchte, er könnte unter dem Druck meiner Hand zerbrechen. Der große und mächtige Seto Kaiba. Ich lächele.
 

"Ja?" fragt er. Ich seufze wohlig.
 

"Ich könnte gar nicht mehr aufhören damit." erwidere ich ernsthaft.
 

Er lacht. Eine Braue schnellt wieder in die Höhe. Früher ein Zeichen seiner Missbilligung. Jetzt... "So?" fragt er amüsiert. Ich nicke und seine Hand legt sich auf die Meine. Ich fühle seinen Herzschlag. Ein unbeschreiblich beruhigendes Gefühl. Ich liebe es damit einzuschlafen. Mit seinem Körper an meinem, seinem Herz unter meiner Hand und seinem Duft...
 

"Kaiba..." fange ich wieder an. Ich weiß auch nicht was gerade mit mir los ist. Wahrscheinlich bin ich noch trunken von dem gerade erlebten. "Hm?" Er hat die Augen wieder geschlossen und ist vollkommen entspannt. Keine einzige Mauer steht zwischen uns, kein Netz, kein doppelter Boden. Er ist ganz er selbst. Genau wie ich.
 

Komisch, wieviele Gedanken mir gerade durch den Kopf schwirren. Wirre, konfuse, ja, verrückte Gedanken.

Ich bin echt ein Mädchen.

Mädchen wollen doch hinterher immer...
 

"Magst du eigentlich Cyberpunk?" will ich wissen. "Wie kommst du jetzt auf diese Frage?" Ich zucke kaum merklich mit den Schultern. "Es interessiert mich einfach."
 

"Ich glaube, ja." antwortet er nach kurzem überlegen.
 

Dachte ich´s mir doch.

Wieder eine Information für meine Kaiba-Datenbank. Ich grinse. Noch habe ich nicht so viele Datensätze, aber ich bin eifrig am sammeln. Da er die halbe Zeit selbst nicht so recht weiß, was er mag und was nicht, allein weil er unzählige Sachen gar nicht kennt, weil sie für ihn irrelevant sind, ist es etwas schwierig, meine Liste zu erweitern. Aber ich bin fest entschlossen.
 

"Woran denkst du gerade?" frage ich weiter und könnte mich selbst ohrfeigen. Mann, Joey, das ist wohl eine dämliche Frage. Totales Klischee. Reiß dich am Riemen, echt jetzt. Glücklich sein, heißt nicht zwingend total hirnverbrannt sein zu müssen.
 

Er seufzt. "An nichts. Ich fühle nur." Wow. Das ist... ungewöhnlich. Ich dachte bislang stets, dass selbst in solchen Momenten noch ein Rest Rationalität in ihm wäre. Dass er insgeheim in einem der hintersten Winkeln seines überragenden Gehirns noch irgendwelche Tabellen erstellt oder Konstruktionen weiterentwickelt.
 

"Wie ist es... nur zu fühlen?" Man kann mich doch verstehen, dass ich diese Frage stellen muss, oder?
 

Er öffnet die Augen und sieht mich an. Dieses Blau... es ist einfach unbeschreiblich. Ich habe festgestellt, dass es unglaublich viele Facetten hat. Wenn er wütend ist, dann wird es eisig, ein helles eisiges Blau, wie man es manchmal sehen kann, wenn es geschneit hat und die Sonne auf dem Schnee glitzert. Und wenn er entspannt ist, ist es ein warmes Blau... wie im Innern einer Kerze. Doch am unbeschreiblichsten ist es in Momenten wie jetzt. Dann hat es eine Farbe für die es eigentlich keinen Vergleich gibt. Ich habe diese Farbe nur ein einziges Mal gesehen bislang. Das war an einem frühen Morgen als ich draußen durch die Stadt lief, weil ich keine Lust hatte nach Hause zu gehen. Es dämmert langsam und da war dieser Moment... der Moment ganz kurz bevor die Sonne aufgeht und die Nacht verschwindet. Da habe ich einen Streifen am Himmel gesehen, der diese Farbe hatte. Genau diese. Nur für Sekunden, dann war es weg gewesen, aber es hatte mir den Atem verschlagen. Ein unfassbares Blau.
 

Er scheint ernsthaft zu überlegen. Ich glaube, dass wird er sich nie abgewöhnen. Nie und nimmer, wird er es ablegen zu eruieren und zu analysieren und ich muss unwillkürlich lächeln. "Sag doch einfach." dränge ich ihn und er knufft mich liebevoll in die Seite.
 

"Ich würde sagen, es ist gut." sagt er dann und mehr wollte ich auch gar nicht wissen. Mir ist klar, dass das noch immer neu für ihn ist. Nur zu fühlen. Ich rücke wieder näher zu ihm und kuschele mich in seinen Arm.
 

"Ich will nicht aufstehen." erkläre ich und weiß natürlich, dass ich es irgendwann muss. Steht ja außer Frage. Er streichelt mir zärtlich über den Kopf und wir schweigen. Liegen einfach nur da und genießen die Nähe des anderen.
 

Schon verrückt das alles.

Gestern standen wir noch in seiner privaten Hausarena und duellierten uns und nun... Das es einmal so sein würde... Es erstaunt mich noch immer. Wenn ich das alles früher gewusst hätte, ich meine, dass beides geht, denn es geht. Tatsächlich.

Gestern hatten wir das wohl friedlichste Duell überhaupt. Obwohl er natürlich verbissen war. Doch es war anders als früher. Er war entschlossen und hoch konzentriert, aber es gab keine bissigen Bemerkungen, keine abfälligen Kommentare. Es kam mir fast vor als würden wir nicht gegeneinander, sondern miteinander kämpfen.
 

Ich muss ja wohl nicht sagen, dass er gewonnen hat. Wenn auch nicht so haushoch wie sonst, wie ich zu meiner eigenen Ehrenrettung hinzufügen darf. Die Analysen bezüglich meines Decks waren ein Erfolg, mehr noch. Ich habe ernsthaft eine Chance mit meinem Deck gegen Yugi, aber auch gegen ihn. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Kaiba mir mal strategische Tipps geben würde? Und ich mal darauf höre! Er hat mir sogar eine Karte gegeben, die ich in mein Deck einbauen soll. Er meinte, dass sie zu seinem Powerdeck nicht passen würde, aber das es eine mächtige Karte wäre, die einige von meinen unterstützen könnte, wenn ich sie richtig einsetze. Er hat es mir natürlich näher erläutert.
 

Unwillkürlich muss ich an das Tunier denken.

Heute ist es soweit. In wenigen Stunden geht es los.

Umso erstaunlicher ist es, dass er momentan so entspannt ist. Schließlich weiß ich, dass er es gar nicht erwarten kann, gegen Yugi anzutreten. Das ist sein Hauptziel bei diesem Tunier. Alles andere ist ohne Bedeutung. Ich bin gespannt wie die Sache ausgehen wird. Eigentlich müsste klar sein, dass die Beiden wieder im Finale auf einander treffen. Gut, Peagsus ist auch ein ernstzunehmender Konkurrent, aber ohne sein Milleniumauge und Mokuba als Druckmittel, wird er gegen meinen Kaiba blass aussehen. Und ich? Nun, ich werde bestenfalls die Nr. 3 werden, aber Bronze ist schon mal was, oder?
 

Ihm wird Silber allerdings nicht genügen.

Ich wünsche mir wirklich ernsthaft, dass er Yugi besiegt. Ich wünsche es mir für ihn. Ich glaube, dass diese Sache ein klein wenig zu seinem Seelenfrieden beiträgt. Es ist dieser ewige Kampf gegen sich selbst. Der Kampf gegen seinen Stiefvater, der ihn dazu treibt. Er muss es sich beweisen. Sich allein. Es ist sozusagen seine letzte Mission. Yugi besiegen und der Beste sein. Hm.
 

"Woran denkst du?" fragt er mich plötzlich.
 

"An das Tunier." Er sieht mich erstaunt an. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Verkehrte Welt.
 

Und ich denke auch daran, was er gestern gesagt hat. Dass ich ihm Zeit geben soll - bis nach dem Tunier.
 

Sofort muss ich an dieses diabolische Lächeln denken. Was es damit wohl auf sich hat? Scheinbar hat er ja eine Lösung für das Dilemma gefunden, aber... naja, dieses Lächeln war schon etwas... Ich wage gar nicht mir auszumalen was für Lösungen überhaupt in Frage kämen. Auf einmal bin ich hellwach und auch etwas beunruhigt. Kaiba´s Lösungen sind normalerweise wie sein Deck. Vernichten und zerstören.
 

"Du wirst doch keine Killer anheuern?" frage ich und weiß im gleichen Augenblick wie verrückt diese Frage ist. Er starrt mich geistert an.
 

"Manchmal frage ich mich ernsthaft was du über mich denkst!" meint er entrüstet und verzieht schmollend den Mund.
 

Ich lächele entschuldigend. "Naja... also... ich dachte nur... wäre ja auch ne Lösung, oder? Ich meine, du sagst ja immer, dass sie dir auf die Nerven gehen und so und deine Möglichkeiten auf dem Gebiet..." Denke ich das ernsthaft?? Oh Mann, mein Dachstübchen ist echt...
 

Er richtet sich auf und ich habe mit einem Mal Angst, dass er wütend ist. Ich habe ihn sicher verärgert, natürlich. Wer würde nicht verärgert sein, wenn man ihm das unterstellen würde. Mann, Joey, warum bist du auch so bescheuert.
 

"Ich stelle fest..." presst er hervor und sein Tonfall ist bitter, "du hast nicht nur eine haarsträubende Fantasie, deine Vorstellungen von meinen - Möglichkeiten grenzen an Paranoia." Ich schlucke schwer. Er ist wütend. Fuck, warum habe ich nicht die Klappe gehalten. Ich denke doch nicht ernsthaft, dass er jemanden umlegen lassen will. Das ist doch gar nicht sein Stil und überhaupt, das wäre doch... Herrje, wie komme ich nur immer wieder auf so einen Unsinn?
 

Sekunden vergehen in denen Schweigen herrscht. Mir ist unbehaglich zumute. Dann seufzt er und wendet sich mir wieder zu.
 

"Joey... ich mag vielleicht eine etwas unterkühlte Art an den Tag legen und nicht unbedingt zum Fanclub deiner Freunde zählen, aber ich bin Leiter einer Spielefirma, nicht Kopf der Yakuza." Er sieht mich ernst an. "Zugegeben, ich kenne einige Leute, die... sagen wir, die sich außerhalb des legalen bewegen, aber ich kann dir ausdrücklich versichern, dass ich nicht mit dem Gedanken spiele irgendjemanden ins Jenseits zu befördern."
 

Ich bin erleichtert. Nicht allein wegen seiner Worte, sondern weil er mich anlächelt. Amüsiert. Ich bin so ein Idiot.
 

"Im Übrigen..." Er beugt sich langsam über mich. "Halte ich es doch für etwas übertrieben in dieser Angelegenheit zu solch drastischen Mitteln zu greifen!"
 

"Das leuchtet ein." entgegne ich ehe seine Lippen mein versiegeln.
 

Ich habe echt eine blühende Fantasie.
 

Zudem hat er auch gesagt, dass er eine Lösung finden würde mit denen wir beide leben können. Also, beruhig dich, Joey, niemand wird erledigt.
 

Als er sich von mir löst, hält sein Blick meinen fest. "Erstaunlich, was du mir alles unterstellst, mein Hündchen." Ich werde rot. Ähm, ja. Wo er Recht hat, hat er Recht.
 

"Können wir dieses Thema nun beenden?" fragt er. Ich nicke. "Jepp, können wir."
 

Er seufzt erleichtert und wuschelt mir über den Kopf. "Du bist wirklich ein besonderer Fall." lacht er. Ich weiß. Er aber auch.
 

Er wirft einen Blick auf die Uhr und ich weiß, dass es Zeit ist, aufzustehen. Dennoch rühre ich mich nicht. Ich sehe ihm dabei zu wie er sich aufrichtet und sich sein Hemd überstreift, dass er gestern Abend achtlos zu Boden geworfen hat.
 

"Du wirst mit Mokuba zum Tunier gehen." Es ist eigentlich keine Frage, sondern eine Feststellung. Er nickt. "Und du wirst dich mit deinen Freunden treffen, nehme ich an." So sah der Plan aus. Ich wollte zu Yugi und mit den anderen dann zur Arena.
 

Ob es zu einem Duell zwischen uns beiden kommen wird?
 

"Wie wäre es mit Frühstück?" fragt er. Ich nicke nur.
 

Mann, Mann, was für eine verrückte Konversation. Sogar für unsere Verhältnisse. Ob das bei allen Paaren so ist, dass sie sich über solch unsinnige Dinge unterhalten? Naja, wahrscheinlich unterstellt nicht jeder am frühen Morgen seinem Liebsten, dass er vielleicht einen Auftragsmord planen könnte. Wie bin ich nur auf die Idee gekommen. Ich schüttele unwillkürlich den Kopf. Gott, bin ich seltsam.
 

"Joey?"
 

"Ja?"
 

"Mach dir keine Sorgen." Seine Stimme duldet keinen Widerspruch. Ich verspreche es. Hoch und heilig.
 

Und ich bin fest entschlossen dazu. Herrje, ich habe doch schon weitaus schlimmeres überstanden als so was... überhaupt, ich muss gar nichts überstehen. Wir werden dieses kleine Problem bewältigen, wie alle anderen auch und ich vertraue jetzt einfach mal darauf, dass sich die Dinge so fügen, wie sie sich fügen sollen. Das tun sie doch irgendwie immer für gewöhnlich, oder?
 

"Ich gehe davon aus, dass wir einen vergnügten Tag haben werden. Zumindest nicht, wenn nicht wieder irgendwelche Psychopathen auftauchen, doch in der Hinsicht bin ich zuversichtlich." meint er mit der Hand auf der Türklinke. "Und so oder so... ich werde heute Abend glücklich einschlafen können."
 

Er ist einfach erstaunlich.

Nein, unbeschreiblich. Eine Marke für sich. Kaiba eben.
 

Und natürlich hat er Recht.
 

"Will das Hündchen seinem Herrchen folgen?" Er grinst. Er hat sogar Humor.
 

Ich stelle fest... mein Traummann ist perfekt.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jyorie
2013-02-19T16:17:14+00:00 19.02.2013 17:17
Hey ^_^

oh, bald geht das Turnier los, ich bin wirklich neugierig wie Kaiba das regeln will, was er da vorhat :D

Der liebe Kaiba der eher mit als Gegen Joey Kämpft und ihm beim Deck hilft ist immer noch etwas ungewohnt, aber man kann sich an ihn gewöhnen XD

CuCu Jyorie

Von:  Tshioni
2010-10-05T19:03:57+00:00 05.10.2010 21:03
ein super toller FF! Ich liebe ihn!! er ist echt toll! Freue mich schon auf die nächsten Kapitel!

(haben die zwei miteinander gechlafen?? ich bin wohl wieder n bisschen schwer von begriff.... -.-)

lg Tshioni
Von:  Sephira
2010-09-06T15:35:13+00:00 06.09.2010 17:35
Das mit dem Auftragskiller würde ich ih auch zutrauen XD


Zurück