Chapter Ten
Gedankenversunken schaute Uruha auf die Tür, welche sich gerade hinter dem Schwarzhaarigen geschlossen hatte.
~ Die Macht Gott in meiner Welt zu sein~
Der Satz hallte immer noch im Raum und hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Zumindest kam es Uruha so vor.
Der Blonde wischte sich eine Haarsträhne hinters Ohr und – ohne dass er auch nur das geringste dagegen tun konnte- empfand er Mitleid mit Aoi.
Aoi stand in der Küche am Fenster und zog an seinem Glimmstängel. Er hatte mit dem rauchen angefangen, als seine Eltern gestorben waren. Seitdem rauchte er eigentlich ständig. Besonders aber wenn er nachdachte. Der Rauch half ihm sich zu beruhigen und klarer nachzudenken.
Aoi pustete den blauen Dunst in die kalte Winterluft. Schaute zu wie der Rauch kondensierte. Schon wieder hatte er Uruhas Gesicht vor Augen. Die tiefbraunen Augen, welche ihn so unverfroren neugierig angeschaut hatten. Es war keine Angst in ihnen zu sehen. Er war der erste Mensch, seitdem Aoi der Mafia beigetreten war, der nicht vor ihm katzbuckelte. Der nicht bei jedem etwas lauterem Wort ängstlich zusammenzuckte und versuchte Aoi Honig um den Mund zu schmieren. Sein Ruf, jeden, der ihm in die Quere kam ohne auch nur mit der Wimper zu zucken umzubringen, ging ihm weit voraus, so dass selbst seien Untergebenen es nicht wagten irgendetwas ohne seine Erlaubnis zu tun.
Uruha hingegen schien sich dessen überhaupt nicht bewusste zu sein, dass er sich Sachen erlaubte für die er jeden Anderen schon längst umgebracht hätte.
Was dachte sich der Kerl eigentlich dabei einfach sein Tagebuch zu lesen?!
Aoi zerdrückte die Zigarette im Aschenbecher.
Und doch – er schaffte es einfach nicht wirklich wütend auf den Blonden zu sein…..~
Entschlossen schaute er auf die Uhr, welche an der Wand hing. Er musste herausfinden, wer der Blonde war. Zwar hatte er sich etwas erkundigt, bevor er ihn entführt hatte, aber dabei war ihm nichts Merkwürdiges aufgefallen. Höchstens, dass er etwas sehr oft umgezogen war als Kind.
Und doch wurde er das Gefühl nicht los, dass Uruha mehr war, als er vorgab zu sein. Zuerst war es bloß ein unbestimmtes Gefühl gewesen, doch je länger er Uruha um sich hatte, desto stärker wurde es.
Aoi hatte heute wieder diesen Albtraum gehabt, erwischte sich immer wieder dabei dass er anfing an den Tod seiner Mutter zu denken. Und jedes Mal hatte er das Gefühl sich an irgendwas Wichtiges nicht mehr erinnern zu können.
Mit einem frustrierten Seufzen schnappte der Schwarzhaarige sich seinen Mantel und verließ das Haus. Schloss lediglich die Haustür ab, verzichtete aber darauf Uruha groß einzuschließen. Er würde ohne Auto eh nicht wegkommen…
Uruha blieb solange im Zimmer, bis er die Haustür ins Schloss hatte fallen hören, erst dann ging er schnellen Schrittes zur Dusche. Er hatte sein Gesicht der Brause zugedreht und genoss mit geschlossenen Augen das Gefühl des warmen Wassers auf seinem Körper. Eigentlich müsste er Aoi hassen, dafür dass er ihn entführt hatte. Ihn hier einsperrte, aber alles was er empfand war Mitleid mit dem verwaisten jungen Mann und vielleicht auch etwas Sympathie….
Es war bereits weit nach Mitternacht, als Aoi die Haustür wieder öffnete. Er hatte den ganzen Tag damit verbracht irgendetwas über Uruha herauszufinden, war aber nicht weiter gekommen, als er sowieso schon war. Auch in den Unterlagen seines toten Auftraggebers stand nichts. Kein einziger Anhaltspunkt, wieso dieser Mann soviel ausgegeben hatte um Uruha entführen zu lassen. Des Lösegelds wegen bestimmt nicht. Seine Mutter war nicht besonders reich und sein Vater war noch nicht mal in der Geburtsurkunde angegeben.
Es machte einfach alles absolut keinen Sinn für den Schwarzhaarigen!
Kaum, dass Aoi die Tür geöffnet hatte, drang auch schon das Geräusch des Fernseher zu ihm. Ein langgezogenes, weibliches Stöhnen erfüllte das ansonsten vollkommen ruhige Haus.
//Spinnt der jetzt eigentlich?//
Aoi blieb völlig fassungslos mitten im Flur stehen. Schaute Uruha sich gerade allen ernstes Pornos an?! Der hatte sie doch wohl nicht mehr alle!
Wütend stampfte Aoi ins Wohnzimmer und wollte den Blonden gerade zusammenstauchen, als ihm auffiel, dass dieser schlief.
Uruha hatte eigentlich auf Aoi warten wollen und da es nicht viel zu tun gab, schließlich konnte er ja nicht weg, dass hatte er eingesehen, denn noch einen Versuch zu Fuß wollte er nun wirklich nicht wagen, hatte er fernsehen geschaut. Wahllos einen Film nach dem Anderen, bis ihn die Müdigkeit irgendwann übermannt hatte und er in eine Decke, welche er auf dem Sofa gefunden hatte, eingekuschelt eingeschlafen war.
Aoi hob die Fernbedienung vom Boden auf und schaltete endlich das nervtötende und dazu noch ziemlich künstlich klingende Gestöhne ab.
Kurz überlegte er den Blonden einfach da liegen zu lassen, - was kümmerte es ihn schon, ob er es bequem hatte, oder nicht? – Hob ihn dann aber doch hoch und trug Uruha ins Schlafzimmer. Uruhas Augenlieder flatterten kurz und er schaute den Auftragskiller immer noch im Halbschlaf an.
„Schlaf weiter~“
Der sanfte Atem des Blonden kitzelte Aoi am Hals, als dieser ihn auf dem Bett ablegte und zudeckte, eher er sich selber auszog und nur in Boxershorts bekleidet daneben legte. Aoi drehte sich auf die Seite und betrachtete den inzwischen wieder Schlafenden. Uruhas Lippen waren einen Spalt weit offen.
Aoi leckte sich über seine eigenen, trockenen. Er konnte sich immer noch an den Geschmack erinnern. Den leichten Vanillegeschmack, nach welchem der Blonde so geschmeckt hatte.
Langsam streckte er seine Hand aus und fuhr sanft über Uruhas Lippen
So verlockend…~
Natürlich hätte Aois alles von dem Blonden haben können, was er wollte. Die Mittel und die Kraft dazu hatte er, aber er wollte es nicht. Er wollte sich nichts mit Gewalt holen, was hätte eigentlich freiwillig sein müssen. Und so begnügte er sich damit sich etwas vorzubeugen und seine Lippen sanft auf die des Schlafenden zu legen.