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Something.

5. Kap. online
von

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Somethoing borrowed.

6 Monate zuvor


 

In all den Jahren, die sie James nun kannte, hatte sie ihn noch nie derart verstört gesehen. Eigentlich hatte sie ihn noch nie auch nur ein wenig aufgebracht erlebt. Diese Tatsache machte das Ganze nur noch seltsamer. Unruhig lief er in seinem Haus umher, als sie kam, um ihn abholen. Kreacher betrachtete seinen Herrn kopfschüttelnd, als er erneut die Treppe hinauf lief, um kurz darauf mit einem anderen Schal herunterzukommen. „Der junge Herr spinnt“, stellte der alte Hauself fest und wandte sich dann grummelnd ab, um in der Küche zu verschwinden.

Als er vor dem Spiegel stand und mit zitternden Händen die Knöpfe seines Hemdes zu schließen versuchte, ging sie auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Beruhige dich.“

Tief seufzend drehte er sich um und sah auf ihren Finger, auf den silbernen Ring daran. „Ich habe heute Nacht nicht geschlafen“, sagte er.

Und so sah er auch aus. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, sein Hemd knitterte an den Ärmeln und seine Haare waren nur nachlässig zu zähmen versucht worden. Seine Haut war viel blasser als sonst. Unablässig bewegten sich seine Augen, es war nicht zu übersehen, wie sehr ihn den Besuch bei seinen Eltern beunruhigte.

Evangeline küsste seine Nasenspitze und schloss dann die übrigen Knöpfe. „Nun komm, wir wollen doch nicht zu spät kommen.“

Er nickte und zog sich schweigend den Mantel an, legte sich den Schal um den Hals, nur um ihn dann wieder zurück auf die Stufen zu legen. Prüfend besah er sich im Spiegel und strich sich sein Haar zurück. Als er keine Anstalten machte, aufzubrechen, griff sie nach seiner Hand und sah ihn auffordernd an.

Einen Moment zögerte er noch, dann apparierte er mit ihr.
 

Die Reise war nicht im geringsten so angenehm, wie sie es gewöhnt war. Sobald sie festen Boden unter ihren Füßen spürte, taumelte sie nach vorn und wäre fast gestürzt, wenn James sie nicht festgehalten hätte. Er lächelte entschuldigend und sie griff nach ihrem Hut, um ihn wieder zu richten. Glücklichweise hatte sie sich heute für ihr taubenblaues Kostüm entschieden und dieses war kaum aus der Ordnung zu bringen.

Nachdem sie sich eine lose Strähne hinter das Ohr geklemmt hatte, besah sie sich ihre Umgebung. Sie befanden sich in einer Seitengasse, die auf eine schlecht gepflasterte Straße führte. Auf der anderen Seite war ein kleines Gasthaus, vor deren Tür zwei angetrunkene Männer standen und die Hüte zum Gruß hoben, als sie die Ankömmlinge sahen.

James führte sie die Straße entlang, vorbei an einem kleinen Friedhof und einer alten Kirche aus deren inneren gedämpfte Gesänge klangen. Sie mochte diese christlichen Gebäude, auch wenn sie selbst – wie ihre Mutter zuvor – eine Anhängerin des alten Glauben war, so mochte sie die würdige Ausstrahlung der massiven Steinwände. Sie widmete ihre Aufmerksamkeit den bunten Glasfenstern, als ihr Begleiter mit einem Mal stehen blieb und auf ein Haus einige dutzend Meter von ihnen entfernt deutete.

Godrics Hollow war anzusehen, dass es nicht mehr im Orginalzustand war, sondern dass es vor nicht allzu langer Zeit von Grund auf neu aufgebaut worden war. Eine niedrige Mauer umgab das viereckige Haus mit den dunklen Dachschindeln, dahinter erstreckte sich ein weitläufiger Garten mit hohen Bäumen. Aus den Fenster im ersten Stock drang Licht hinter vorgezogenen Vorhängen auf die Straße. Der Weg zur Haustür war sorgsam von Schnee befreit worden, ein schiefer Schneemann hielt ein Holzschild mit der Aufschrift „Willkommen!“ in der Hand.

„Es sieht hübsch aus“, bemerkte sie höflich, „Aber es ist so klein.“

„Wenn man in Malfoy Manor lebt, dann sieht wohl alles klein aus“, erwiderte James. Ihr entging das Zittern seiner Stimme nicht, auch wenn er versuchte, es zu verbergen. Er seufzte tief und stieß das Tor auf, führte sie zum Haus hinauf und blieb vor der Tür stehen. Eine kleine Lampe erhellte den Eingang, ein Messingschild über der Türklingel verkündete, dass hier die Familie Potter lebte. „Was wenn sie mich nicht wiedersehen wollen?“

„Dann fahren wir heim und probieren nochmal Großmama von dir zu überzeugen. Aber es wird schon klappen, vertrau mir.“ Sie lächelte ihm aufmunternd zu und bevor er noch etwas einwenden konnte, betätigte sie den Türklopfer.

Sie hörten Schritte auf dem Flur und eine freudige Stimme, die rief: „Ich komme schon!“

Die Tür wurde hastig von einer rothaarigen Hexe mit einer Weihnachtsschürze geöffnet, auf der kleine Rentiere umhersprangen. Evangeline brauchte keinerlei Erklärungen, um zu wissen, dass sie seiner Mutter gegenüber stand. Sie erkannte die Augen ihres Verlobten in diesem fremden Gesicht. Die Frau grinste breit, doch als sie ihren Besuch erkannte, gefror die Freude auf ihrem Gesicht und machte purem Entsetzen Platz.

„James?“, fragte sie atemlos, als sei sie weit gelaufen.

„Frohe Weihnachten, Mom.“

Einige Sekunden vergingen, in denen die Mutter ihren Sohn fassungslos anstarrte, dann erschien im Flur ein junger Mann, in dem Evangeline James jüngeren Bruder Albus erkannte. Er sah noch immer genauso aus, wie auf dem Foto.

„Wer ist denn da, Mom?“, fragte er.

Das Glas in seiner Hand fiel zu Boden und zerbrach in Scherben. Wie in Trance kam Albus einige Schritte näher, bis er neben seiner Mutter stand. „Was machst du hier?“

„Darf ich reinkommen?“, entgegnete James und betrat mit unsicheren Schritten das Haus, nachdem Mutter und Bruder zur Seite getreten waren.

Niemand schien von ihr Notiz zu nehmen und so folgte Evangeline ihrem Verlobten, als dieser den Flur entlang ging. Sie gelangten in ein Wohnzimmer zu ihrer Linken, nachdem er seinen Mantel im Gehen auf eine Kommode geworfen hatte. In einem herrlichen Kamin brannte ein wärmendes Feuer, nur ein Stück davon entfernt stand ein prachtvoll geschmückter Weihnachtsbaum und davor kniete ein Mädchen mit kurzen roten Haaren, die sich bei ihrem Eintreten erhob.

Sie war zweifellos Lily, seine Schwester. Die Ähnlichkeit zwischen den Beiden war verblüffend, dieselben kantigen Wangenknochen und dieselben zart geschwungenen Gesichtszüge. Lily schien nur einen kurzen Moment überrascht, dann entfuhr ein Schrei ihrer Kehle und sie stürzte auf ihren Bruder zu.

„James!“, rief sie, „Bei Merlin, James, was treibt dich denn hierher?“

Tränen kullerten ihre Wangen hinunter, als sie ihn in die Arme schloss und auf beide Wangen küsste. Sie zog ihm zum Sofa hinüber und zwang ihn, sich zu setzten. „Nun sag schon!“

„Wo ist Dad?“, fragte er stattdessen und sah zu seiner Mutter, die noch immer wie versteinert im Türrahmen des Wohnzimmers stand.

„Er ist gleich zurück.“ Ginny ging steif zum Sessel hinüber und ließ sich dort nieder, ihr jüngerer Sohn stellte sich hinter sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie schien nach den passenden Worten zu suchen, setzte mehrfach an, bevor sie fragte: „James, was machst du hier?“

Er schob seine Schwester ein Stück von sich fort. „Ich hatte wohl Sehnsucht“, sagte er leise.

„Sehnsucht?“, fragte Albus ironisch, „Nach fünf Jahren?“

„Sagen wir, ein kleiner Vogel hat mir ins Gewissen geredet.“ Er sah Evangeline aus den Augenwinkeln an. Sie stand einige Meter entfernt und hielt sich höflich zurück. Bei seinen Worten lächelte sie und senkte den Kopf.

„Warum hast du dich denn in all den Jahren nicht gemeldet? Nichtmal deinen Großeltern hast du geschrieben und du bist nicht zur Hochzeit deiner Cousine gekommen. Und nach fünf Jahren stehst du auf einmal hier und...“ Nur mühsam hielt Ginny die Tränen zurück. „Wenn wir etwas über dich erfahren wollten, mussten wir in den Klatschblättern nachschauen. Im Tagespropheten konnten wir nachlesen, was du getan hast. Kannst du dir überhaupt vorstellen, was wir durchgemacht haben? James Potter macht die Nacht zum Tag, Sohn des Helden in Nachtclub verhaftet. Jeden Monat Bilder mit einer anderen Frau, betrunken, schamlos. Du hast deinem Vater das Herz gebrochen!“

Abrupt erhob James sich. „Ich wusste, dass es keine gute Idee war herzukommen.“ Er schüttelte die Hand seiner kleinen Schwester ab und wandte sich zum Gehen. Auch von Evangeline ließ er sich nicht aufhalten, als sie ihm in den Weg trat.

„Warum bist du dann hergekommen?“, rief Albus ihm nach, als er den Raum schon fast verlassen hatte.

James blieb stehen. „Weil ich euch vermisst habe, okay? Weil ich seit fünf Jahren nicht weiß, wie es meiner Familie geht.“ Seine Stimme begann zu zittern, dann wirbelte er herum. Tränen standen in seinen Augen „Ich will wieder nach Hause.“

Wie in Zeitlupe erhob Ginny sich und kam auf ihren Sohn zu, dann strich sie mit der Hand seine Tränen fort. „Als du fortgegangen bist, habe ich dir gesagt, dass diese Tür immer für dich offen stehen wird, wenn du heimkommen möchtest. Und nun hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben, dass mein Sohn nach Hause kommen will.“ Sie zog ihn in ihre Arme, doch als ein leises Aufflackern der Flammen die Rückkehr ihres Mannes ankündigte, trat sie erschrocken einen Schritt zurück.

Evangeline sah neugierig hinüber. Aus dem Kamin trat ein unauffälliger Mann mit ebenso wildem Haar wie James, nur das seines heller war, als das ihres Verlobten. Er klopfte sich ein wenig Staub von seinem Reiseumhang. „Liebling, ich habe...“ Als er seinen Sohn erblickte, versteinerten sich seine Gesichtszüge.

Eingeschüchtert ging James einige Schritte rückwärts und suchte ihren Blick. Evangeline nickte aufmunternd und tatsächlich atmete er tief ein und ging zögerlich auf seinen Vater zu.

Auf halbem Weg blieb er stehen. Seine Hände zitterten, während Harry mit langsamen Schritten auf ihn zukam. Vor ihm blieb er stehen und sah ihm direkt in die Augen. James wollte etwas sagen, doch bevor er auch nur einen Laut hervorbringen konnte, schlug Harry ihm mit der flachen Hand hart ins Gesicht. Ginny schlug die Hände vor dem Mund zusammen und auch Evangeline erschrak so heftig, dass sie unweigerlich den Saum ihres Blazers zusammendrückte.

„Du Schwachkopf! Du hitzköpfiger, trotziger Schwachkopf!“, schrie Harry und schwieg einen Herzschlag. „Warum hast du das getan? Du bist fortgegangen, du hast deine Familie verlassen und du bist nicht ein einziges Mal zurückgekommen.“

„Du... hast mich nie zurückgeholt“, flüsterte James und hielt sich die Wange, „Ich habe gewartet, aber du hast mich zurückgeholt.“

„Bin ich nicht dein Vater? Muss ich dich erst bitten zurück zu kommen?“ Harry ergriff das Kinn seines Sohnes und zwang ihn so, ihn anzusehen. „Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!“

„Ich habe gedacht, du willst nicht, dass ich zurückkomme. Dass du mich hasst, weil ich dich so enttäuscht habe.“

„Wie konntest du das nur denken? Wie konntest du sowas nur von mir denken?“ Harry ließ ihn los und James senkt den Blick wieder. „Ich habe dich am Tag deiner Geburt in dieses Haus gebracht. Erst durch dich wurde unsere Familie vollständig! Ich liebe dich, mein Junge, über alles in der Welt, aber... aber ich konnte dir das nicht sagen. In den vergangenen Jahren habe ich jeden Tag... nein, jeden einzelnen Moment an dich gedacht. Ich habe daran gedacht, dich zu umarmen und dir endlich zu sagen, wie viel du mir bedeutest.“

Harry sah hinüber zu Ginny. „Deine Mutter und ich wollten immer nur das Beste für dich, wir wollten dir immer nur helfen. Heute weiß ich, dass wir sehr viel falsch gemacht habe, aber damals hielt ich das, was ich tat, für das einzig Richtige. Und was ich dann im Zorn gesagt und getan habe, hat dich dazu gebracht, deine Familie zu verlassen. Und ich habe dich nicht zurückgeholt...“

James schüttelte stumm den Kopf, wollte etwas sagen, doch Harry kam ihm zuvor und brachte ihn mit einer barschen Geste zum Schweigen. „Godrics Hollow ist dein Zuhause, James. Du bist der älteste Sohn der Familie. Ich hätte dir von Anfang an deine Entscheidungen überlassen sollen und ich hätte dir sagen sollen, dass ich stolz auf dich bin, egal was du tust, doch ich konnte nicht. Ich konnte nicht... Ich habe einen Fehler gemacht.“ Er schwieg einen Augenblick und schloss kurz die Augen. „Bitte verzeih mir, mein Junge. Bitte, willst du mir verzeihen?“

Als James den Kopf hob und sah, wie Tränen in die Augen des Mannes traten, ergriff er seine Hand. „Nicht doch... es war nicht deine Schuld, sondern meine. Ich allein war an allem Schuld... “

Plötzlich schloss Harry seine Arme um ihn und zog ihn an seine Brust. Hemmungslos weinend vergrub sein Sohn den Kopf an seiner Schulter. „Bitte verzeih mir“, schluchzte er, „vergib mir... Dad, bitte vergib mir...“

„Es gibt nichts zu vergeben, mein Junge.“ Vorsichtig küsste er den Scheitel des Jungen.
 

Gerührt von der Szene, die sich ihr bot, rannen Tränen über Evangelines Wangen, die sie vorsichtig mit einem Taschentuch wegwischte. Die Familie Potter stand vereint vor der großen Tanne, deren goldene Kugeln im Kerzenschein leuchteten. Ginny schluchzte und ließ sich von Albus in den Arm nehmen, Lily war aufgestanden und strich ihrer Mutter liebevoll über das Haar.

Es dauerte einige Minuten, bevor sich James wieder gefangen hatte. Sein Vater hatte ihn die ganze Zeit im Arm gehalten und ihm sanft über den Rücken gestrichen. Schließlich reichte er ihm ein Taschentuch und fragte dann: „James, welchem Umstand verdanke ich, dass du zurückgekommen bist?“

Bei den Worten seines Vaters hob James den Kopf und es schien fast so, als müsste er wirklich eine Weile überlegen. Dann drehte er sich um und hielt Evangeline die offene Hand entgegen.

Alle Blicke richteten sie auf sie, scheinbar hatte kein Familienmitglied ihre Anwesenheit bisher zur Kenntnis genommen. Nun stand sie im Mittelpunkt des Interesses und strich verlegen ihren Rock glatt. Sie lächelte schüchtern und ergriff James Hand, der sie zu sich zog.

„Mom, Dad... das ist Evie“, stellte er sie vor.

„Evangeline Malfoy“, stellte sie richtig und streckte seinem Vater die Hand entgegen, die dieser in der Luft schweben ließ. Regungslos betrachtete er sie und machte nicht die geringsten Anstalten, sie zu begrüßen. Langsam ließ sie die Hand sinken und zwang sich zu einem höflichen Lächeln.

Ginny hingegen kam auf sie zu und schloss sie fest in die Arme. Überrascht von soviel Herzlichkeit, wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Schließlich wurde sie losgelassen, nur damit seine Frau Harry böse Blicke zuwerfen konnte. „Nun begrüß' unseren Gast schon!“, zischte Ginny.

Harry reichte ihr Schließlich die Hand und drückte kurz zu.

„Ist sie eine... deiner... Freundinnen?“, fragte er.

James zögerte kurz, suchte nach den richtigen Worten, doch dann schien er zu begreifen, dass die Wahrheit wohl am angebrachtesten war. Er griff nach ihrer Hand und sah sein Eltern fest an. „Wir werden heiraten.“

In der folgenden Stille hätte man eine Nadel fallen hören können. Während Lily breit grinste, sahen die anderen Familienmitglieder James entsetzt an. „Wie bitte?“, fragte Ginny.

„Evangeline und ich werden im Juli heiraten.“ James nickte, als müsste er seine Worte bekräftigen uns sah seine Verlobte nervös an.

„Ich muss zugeben“, begann Ginny nach einigen Sekunden und kam einen Schritt näher, „Dass ich deine Eltern und vor allem deine Großeltern nicht ausstehen kann, aber du hast mir meinen Sohn zurückgebracht und deswegen... verdienst du es, dass wir... dir eine Chance geben. Nicht wahr, Harry?“

Als ihr Ehemann nicht antwortete, zwickte sie ihn in den Oberarm. „Nicht wahr, Harry?“

„Ja, wir wollen dich gerne kennen lernen.“

Zufrieden wandte sich seine Ehefrau ab und sah ihren ältesten Sohn wieder an. „Bleibt doch zum Abendessen. Die ganze Familie kommt heute Abend und ihr zwei gehört doch jetzt wieder zu uns.“

„Gerne!“, antwortete Evangeline, bevor James ablehnen konnte, „Wir bleiben gerne zum Essen.“
 

James Familie war anders.

Diese Bezeichnung war wohl die treffenste, die sie finden konnte. Sie fühlte sich, wie in einer anderen Welt, als nacheinander Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins, Patenonkel und Patenkinder eintrafen und ausnahmslos jeder flippte vor Freude schier aus, als sie James erblickten. Auch sie wurde zunächst freundlich begrüßt, bevor Harry sie vorstellte. Schnell wurde klar, dass Vorurteile auf beiden Seiten herrschten.

Besonders sein Onkel Ron war sehr erbost über ihre Verlobung, er redete James ins Gewisse, bis seine Frau Hermine ihm auf den Fuß trat und fortzog. Es war chaotisch und laut und doch schienen alle damit zufrieden. Ein Cousin spielte den Anderen Streiche, eine Cousine kreischte herum und alle lachten, als Lily sich beim Herumalbern die Hose anzündete. Einer der Anwesenden – sie hatte vergessen, wie er zu der Familie gehörte – veränderte alle paar Minuten die Haarfarbe und erntete dafür jedes mal Gelächter.

In ihrer Familie war das nicht denkbar und all ihre Erziehung widersprach diesem chaotischen Durcheinander, doch seltsamerweise fand sie mit der Zeit immer mehr Gefallen daran. James Familie war sehr herzlich, es wurde einander umarmt und Küsse wurden ausgeteilt. Immer wieder wurde er ihr entrissen, nur um ihn wieder jemandem vorzuzeigen.

Kurz nachdem er wieder von seinen Geschwistern fortgezogen worden war, kam jemand – sie vermutete ein Cousin – auf sie zu und führte sie hinüber in das Esszimmer, wo an der Stirn der Tafel eine alte Hexe und ein alter Zauberer saßen. James Großeltern.

Sie ging langsam auf die Beiden zu. Während der Zauberer ihr ein breites Lächeln schenkte, wirkte die Hexe sehr schlecht gelaunt. Sie winkte Evangeline näher zu sich heran und kniff dann die Augen zusammen, um sie zu mustern.

Vorsichtig kniete Evie nieder, faltete gesittet die Hände im Schoß und ließ es zu, dass James Großmutter ihren Kopf erst nach links, dann nach rechts drehte. Zum Schluss schüttelte sie eifrig den Kopf. „Du siehst deinem Vater nicht ähnlich.“

„Ich komme eher nach meiner Mutter, nur die Augen meiner Großmutter habe ich.“

„Eine Malfoy“, sagte sie verächtlich und zog eine Miene, als wäre sie etwas sehr ekeliges, „Nur dunkelhaarig!“

„Zum Glück!“, erwiderte Evangeline, bevor sie recht wusste, was sie tat „James und ich sind beide dunkelhaarig, da können unsere Kinder immerhin nicht rothaarig werden. Das würde meinem Vater gar nicht gefallen.“

Molly verzog entsetzt das Gesicht, doch ihr Mann begann herzhaft zu lachen. Er nahm die Brille mit den dicken Gläsern ab und wischte sich die Tränen aus den Augen. Dann setzte er sie wieder auf und sah Evie freudig an.

„Mein Kind, du bist wirklich ganz reizend, wirklich!“, sagte er.

„Seit wann hörst du denn so gut?“, fragte die alte Hexe und wandte sich zu ihrem Mann.

Arthur verzog sofort das Gesicht und legte seine Hand wie einen Trichter an ein Ohr. „Was hast du gesagt, Molly? Ich verstehe dich nicht.“

„Und das nennt sich Respekt bei Eheleuten“, fauchte Molly und wandte sich wieder der Verlobten ihres Enkels zu. „Du bist eine Malfoy und ich mag dich nicht. Du kannst so einen Jungen wie James niemals die Stirn bieten, er braucht eine Frau, die ihm sagt, was er tun soll und nicht...“ Sie verzog wieder das Gesicht. „Nicht so ein unterwürfiges Ding, dass tut, was immer er will. Ihr reinblütigen Mädchen seid doch alle gleich.“

Evangeline lächelte verlegen. „Die Kunst liegt darin, die Männer glauben zu lassen, sie tun was sie wollen. Aber im Vertrauen... meine Großmutter sagt immer: Der Mann ist der Kopf, denn nach ihm muss alles gehen, die Frau ist der Hals, sie weiß den Kopf zu drehen.“

Eine Sekunde war Molly still und auch Arthur war verstummt, doch dann brach die alte Hexe in schallendes Gelächter aus, während ihr Mann grummelnd die Arme verschränkte.

„Sowas hätte ich Narcissa gar nicht zugetraut“, sagte sie, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte, „Du musst mir versprechen, dass du James – was die Entscheidungsgewalt angeht – niemals fünfzig Prozent überlässt.“

Evangeline beugte sich zur der alten Hexe hinüber. „Die hat er noch nie gehabt.“

Molly kicherte und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Ich sehe, du hast meinen Enkel gut im Griff.“

Plötzlich erschien James neben ihr und seine Sorge war nicht zu übersehen. Molly winkte ihn zu sich heran und hielt seine Hand fest. „Hör zu, mein Junge, ich mag sie. Sie ist ein gutes Mädchen. Dein Großvater und ich sind einverstanden.“

James küsste seine Großmutter auf die Stirn und sah dann seine Verlobte an.

„Wie hast du das geschafft?“, fragte sein Blick.
 

Am Ende des Abends war sie ihrer Großmutter sehr dankbar. Schließlich hatte Narcissa stets großen Wert auf ihre Fähigkeiten betreffend Auftreten und Konversation gelegt und diese hatten ihr heute dazu verholfen, die Familie Potter/Weasley von sich zu überzeugen.

Während des Abendessens saß sie ungläubig neben ihrem Verlobten. Quer über den Tisch unterhielten sich die Familienmitglieder und reichten Schüsseln umher, während Ginny und James Tante Hermine immer mal wieder aufsprangen, um Nachschlag zu holen. Tatsächlich hatte es sie sehr verwundert, dass im gesamten Haus nicht eine Hauselfe lebte und so musste das Essen selbst aus der Küche hergeholt werden. War sie es jahrelange gewohnt gewesen, bedient zu werden, war die Umstellung umso größer. War ihr Glas leer, musste sie selbst zu Flasche oder Krug greifen. Mehr als einmal hatte sie auf dem Trockenen gesessen, bis James ihr schließlich nachgeschenkt hatte.

Das sich sogar das Essen so sehr von dem unterschied, was sie kannte, verunsicherte sie ein wenig. Statt vieler kleiner kunstvoll angerichteter Teller, gab es große Portionen voller Süßkartoffeln, Braten und vielen anderen Dingen, die sie noch nie zuvor gegessen hatte.

Lautes Gelächter und rege Unterhaltungen während des Essens galten in Malfoy Manor als ungehörig und wurden nicht geduldet. Die Weasleys sahen das augenscheinlich anders.

Bei dem Gedanken an das Festessen nach der Hochzeit breitete sich ein fahles Gefühl in ihrem Magen aus. Das konnte einfach nicht gut gehen.
 

Spät in der Nacht, nachdem der letzte Gast abgereist war, saßen sie zusammen mit James Eltern im Wohnzimmer und gönnten sich eine Tasse Tee. Sie genoss das wohlige Gefühl der warmen Tasse in ihren Händen und wohl noch mehr genoss sie, dass Dominique Weasley sie um ihre Garderobe beneidet hatte.

Seufzend stellte Harry seine Tasse auf dem niedrigen Tisch ab und sah seinen ältesten Sohn an. „Du wirst also heiraten... du hast dir das hoffentlich gut überlegt... es ist immerhin ein großes Schritt.“

James nahm einen Schluck und stellte seine Tasse dann ebenfalls ab. „Du wirst es mir nicht ausreden könnnen, dass hat Onkel Ron schon versucht... dreimal.“

„Ihr seid euch also sicher?“, wollte sein Vater wissen.

„Absolut“, gab James zurück, „Das ist die beste Entscheidung meines Lebens.“

Harry goss sich noch eine Tasse Tee ein und sah dann seine Frau an, diese nickte, erhob sich und verließ den Raum, nur um kurz darauf mit einer roten Schachtel in den Händen zurückzukommen. Sie setzte sich neben Evangeline und legte ihr das Kästchen auf die Knie.

„Mach sie auf!“, wies Ginny sie an.

Vorsichtig öffnete sie den Verschluss und klappte ihn auf. Auf dem schwarzen Samt lag eine zarte, silberne Tiara, in deren Mitte sich ein haselnussgroßer Diamant befand. Mit spitzen Fingern griff sie hinein und hob das Schmuckstück heraus, hielt es hoch und beobachtete, wie sich das Licht darin brach.

„Ich habe sie zu meiner Hochzeit getragen, wie meine Mutter und ihre Mutter zuvor und wer weiß viele andere Frauen auch. Sie hat uns allen Glück in der Ehe gebracht. Eines Tages werde ich sie Lily geben und deswegen kann ich sie dir nicht schenken, aber ich würde mich freuen, wenn du sie tragen würdet und deswegen würde ich sie dir gerne leihen.“ Ginny nahm ihr die Tiara ab und betrachtete sie verträumt.

Gerührt traten ihr Tränen in die Augen. Als James Mutter es bemerkte, nahm sie ihre Hände und drückte sie fest.

Harry lächelte. „Ich werde mich an den Gedanken noch gewöhnen müssen, dass eine Malfoy Teil meiner Familie wird und das wird wohl noch eine ganze Weile dauern. Ich will euch nicht anlügen, begeistert bin ich davon nicht, aber wir werden sehen, was daraus wird.“

„Ich kann dir genau sagen, was daraus wird“, meinte Ginny und steckte Evangeline die geliehene Tiara in das dunkle Haar, „Eine wunderschöne Braut.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  scater-fiffy
2015-08-09T15:54:03+00:00 09.08.2015 17:54
oh wie schööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööön :) *.* mach weiter bitte :)

glg fiffy^^
Antwort von:  Mialee
29.08.2015 22:01
Danke für die Kommentare. Das letzte Kapitel ist schon fertig und wird bald hochgeladen.


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