Zum Inhalt der Seite

Wolfskinder - Sternenwege

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein eingelöstes Versprechen

»Sind wir… schon im Reich des Winters?«, fragte Mana zögernd.

»Ja«, nickte Schatten.

»Mir kommt es gar nicht viel anders vor, als die Rudelgebiete«, merkte Slyk an.

»Eigentlich ist es auch nicht viel anders. Hier lebt ein ganz bestimmtes Rudel, das macht es zu etwas besonderem, ansonsten…«, wäre sie ein Mensch gewesen, so hätte die Füchsin wohl mit den Achseln gezuckt.

Mana nickte sacht, dachte an die anderen Rudelgebiete zurück. An River, der sie voller Begeisterung den ganzen Weg durch das Schattenfanggebiet begleitet hatte, an Fang, die ihnen nur sehr Widerwillig freies Geleit erlaubte. An Artemis, die ihren großen Auftritt haben musste. An Cloud, die ihr Rudel besser als alle anderen unter Kontrolle hatte, an Hunter, der ihnen eher gelangweilt entgegen getreten war.

Sie dachte an Ikaika, der schwarze Wolf, der jener Mann gewesen war, der als Raben davon geflattert war, als sie im Haus ihrer Eltern gewesen waren. Er hatte die anderen Rudelanführer ihr Kommen angekündigt und für ihr freies Geleit gesorgt.

Und zuletzt dachte sie an Duana, die ihnen erst kalt und unnahbar erschienen war, die Ahkuna und Slyk dann aber um einen Gefallen gebeten hat, er ihr mehr zu bedeuten schien, als man sich je vorstellen mochte. Die beiden sollten in Duanas Namen Soul um Verzeihung bitten. Sie wussten nicht genau, was dort vorgefallen war, aber sie wusste, das sie es tun würde. Vielleicht erzählte Soul ihnen ja, wer Duana war.

Dann waren sie ins Winterreich gelaufen und hier waren sie nun. Sie haben nicht einmal besonders lange gebraucht, nachdem sie vom Haus ihrer Eltern aufgebrochen waren. Es war vielleicht zwei Wochen her, doch kam auch diese Zeit Mana vor, wie ein Traum.

Sie wusste nun auch, was Fylgien und auch Schatten wusste, aber niemand sonst. Was es den meisten anderen unmöglich gemacht hätte, zu gehen. Es war nur eine Ahnung gewesen, ein flüchtiger Gedanke, doch sie ist ihm nicht mehr losgeworden. Sie hatte Schatten gefragt und die Füchsin hatte es ihr widerwillig bestätigt.

In dem Moment hatte sie Fylgien gehasst. Wie konnte er jetzt gehen? Wie konnte er ihr das nur antun? Sie hatte ihn gefragt, doch eigentlich hatte sie keine Erklärungen hören wollen. Eigentlich hätte sie es lieber gehabt, hätte er schuldbewusst geschwiegen, dann hätte sie ihn anbrüllen, all ihren Hass hinausschreien können, damit sie ihn wieder lieben konnte.

Doch er hatte ruhig und bedacht geantwortet. So konnte sie ihren Hass nicht rauslassen und so hasste sie ihm im Stillen weiter. Sie hatten sich gestritten und seitdem hatte sie nicht mehr mit ihm gesprochen.

»Ist der Weg zum Winter noch weit?«, fragte Ahkuna leise an ihrer Seite. Die junge Wölfin schaute mit leuchtenden Augen um sich.

»Das kommt drauf an. Sie können auftauchen, wann sie wollen. Und wo sie wollen. Vielleicht lassen sie uns das gesamte Gebiet durchqueren, vielleicht warten sie hinter der nächsten Schneewehe«, meinte Schatten.

»Wir sind hinter euch«, meinte da eine Stimme und sogleich fuhren die Fünf herum.

Ja, da stand der Winter, da war sich Mana sofort sicher, als sie die weiße Wölfin sah. Sie hatte etwas Geheimnisvolles an sich, das sie sofort als das auszeichnete, was sie war: Ein mächtiges Wesen voller Zauber und Magie.

Doch neben der weißen Wölfin stand ein anderer Wolf, der Mana keineswegs unbekannt war. Es war der weiße Wolf mit den schwarzen Ohren, der ihr schon so oft geholfen hatte. Er war es auch, der gesprochen hatte.

»Willkommen im Reich des Winters«, begrüßte er sie.

»Du gehörst zum Rudel des Winters?«, fragte Mana sogleich erstaunt und machte, wie in Trance, einige Schritte auf ihn zu.

»Nein«, antwortete der Wolf und lächelte ein wenig.

»Das verstehe ich nicht«, meinte sie.

»Sie ist der Winter, er ist ihr Nachfolger. Wann er allerdings ihren Platz einnehmen wird…«, Schatten lächelte ein wenig, trabte zu den beiden Wölfen und begrüßte sie zutraulich.

»Zeit wäre es auf jeden Fall, mein Junge«, fand der Winter lachend.

»Nein. Wir haben einen Zeitpunkt schon ausgemacht, früher wirst du mich nicht dazu kriegen«, antwortete der Andere.

»Ich weiß. Alles zu seiner Zeit«, lächelte der Winter.

»Genau. Nun, ihr seid nicht Grundlos hier…«, meinte der Wolf mit den schwarzen Ohren.

»Nein. Wir wollen… in das Reich der Sterne. In die Heimat von Fylgien«, meinte Mana. Da viel ihr etwas ein und sie schaute sich suchend um.

»Diesen Weg kann euch nur Aurora öffnen«, erklärte der Winter und verschwand.

»Wo ist sie hin?«, wollte Slyk wissen.

»Sie holt Aurora«, erklärte der andere weiße Wolf, beobachtete dabei Mana.

»Mein… mein Vater wollte uns hier treffen. Wo… ist er? Ich…«, sie sprach nicht weiter, schaute stattdessen zu Boden.

»Du möchtest, das er bei dir ist?«, fragte der weiße Wolf. Irrte sie sich, oder hörte sie da wirklich eine fast schon verzweifelte Hoffnung in seiner Stimme?

»Ja. Weißt du, ich glaube, er mag mich nicht besonders. Ich glaube, ich kann es ihm nie recht machen und meine Geschwister zieht er mir immer vor, aber… er ist mein Vater und als ich klein war, ist er immer bei mir gewesen, wenn ich ihn wirklich gebraucht habe. Er hat mir immer Mut gemacht, und auch als wir auf unserer Reise im Süden waren… weißt du, ich hatte das Gefühl, das er dich geschickt hat, damit du mir hilfst«, erklärte sie leise und betrachtete den weißen Schnee. Eine Träne rollte über ihr weißes Fell. »Ich hatte mit gewünscht, dass er auch jetzt bei mir ist. Ich brauche ihn.“

»Oh Mana. Er ist hier. Denkst du wirklich, er würde dich alleine lassen? Nachdem er sich so angestellt hat, um dich von allem Bösen dieser Welt fern zu halten? Denkst du, ausgerechnet jetzt würde er dich alleine lassen?«, fragte der weiße Wolf sanft.

Mana wollte darauf etwas antworten, doch es fiel ihr wie Schuppen von den Augen. Weißes Fell, nur die beiden schwarzen Ohren, dazu ein recht schwerfälliger Gang, als würde ihm jeder Schritt der Hinterläufe schmerzen bereiten. Jetzt viel ihr auch der dunkle Fleck auf, direkt hinter den Schulterblättern. Nicht gerade groß, aber für jene, die ihn einmal entdeckt hatten, trotzdem unübersehbar.

Eigentlich hätte sie jetzt wütend sein müssen. Ihr Vater hatte sie auch dieses mal nicht alleine gehen lassen, aber das Bewusstsein, wie ungemein viel sie ihrem Vater zu bedeuten schien, wenn er sie immer noch nicht alleine losziehen lassen konnte, schlug wie eine Welle über sie zusammen.

»Warum hast du nichts gesagt? Von alle dem hier?«, fragte sie leise und legte sich in den Schnee.

»Weil ich für euch ein Leben vorgesehen hatte, in dem all das hier nichts bedeutet. Zu viel Wissen bedeutet eine Bürde, die nicht jeder tragen kann. Ich wollte, dass ihr die Möglichkeit habt, wie einfache Zauberer zu leben, ohne immer im Hinterkopf zu haben, was ihr wirklich seid. Ich weiß, das Soul damit sehr gut umgehen kann, aber ich sehe schon an Cinder, wie schwer es ihr manchmal fällt, die Wahrheit nicht in die Welt hinauszuschreien, damit die Menschen endlich begreifen, das es weit wichtigere Dinge gibt als die Frage, ob der umgefallene Baum nun auf die Seite des einen oder auf die Seite des anderen Bauern gehört. Und von mir fang ich gar nicht erst an. Ich wollte, dass die größten Probleme, derer ihr euch stellen müsst, bloß jene sind, was es am Abend zum Essen geben soll und wie ihr eure Kinder still kriegt, damit ihr einmal ein paar ruhige Minuten habt.«

»Warum hast du mir dann Fylgien geschenkt? Und warum hast du ihm die Möglichkeit gegeben, mit mir zu sprechen? Dir hätte doch klar sein müssen, dass ich dann weitergehen muss«, fand Mana.

»Weil du immer schon anders warst. Du hast dich immer mit auseinander gesetzt, was größer war als du. Du wärst in einem einfachen Leben nie glücklich geworden, dir hätte immer etwas gefehlt. Es war nie geplant, das Lif, Slyk und Ahkuna dich begleiten, aber es war auch nicht weiter tragisch, denn auch sie spürten immer die Gegenwart des Besonderen«, erklärte der weiße Wolf.

»Und wann… wann wirst du gehen und… den Platz des Winters einnehmen?«, Mana hatte ein wenig angst vor der Antwort, aber sie musste diese Frage einfach stellen.

»Wenn ihr drei ausgezogen seid, eine eigene Familie habt und sowieso nur alle paar Jahre einmal zu besuch kommen würdet«, lächelte der Wolf. »Und selbst dann werde ich immer für euch da sein, wenn ihr mich braucht, denn nichts auf dieser Welt könnte wichtiger sein, als ihr es seid.«

Mana nickte. Sie war froh über diese Antwort, denn sie wusste, auch in hundert Jahren würde sie nicht ohne ihre Eltern sein wollen.

»Und was ist mit Mama?«

»Die wird bei mir bleiben, da brauchst du dir keine Sorgen machen. Aber jetzt wird es langsam Zeit. Drafnar wartet bestimmt schon.«

»Drafnar?«, fragte Mana erstaunt.

»Der Herr über meine Welt. Das höchste Wesen im Reich der Sterne«, erklärte Fylgien.

»Und ein guter, alter Freund von mir«, bestätigte der weiße Wolf.

»Aber der Winter ist doch noch nicht wieder da. Wie sollen wir ohne Aurora dort hinaufkommen?«, fragte Ahkuna und deutete in den Himmel.

»Ihr beide gar nicht. Eigentlich ist dieser Weg nur für Fylgien bestimmt, das Mana uns begleiten darf, ist Drafnars Wohlwollen zuzuschreiben. Ihr müsst hier warten, aber ich denke, da wird es den einen oder anderen geben, der euch die Zeit ein wenig vertreiben kann.«

Wie auf ein stilles Kommando hin erschienen ein Wesen, das nur aus Schneeflocken in einer art Wolfsform toste, und ein Wolf aus Nebel.

»Ich bin Kälte, hallo«, sprach als erstes der Nebelwolf.

»Und ich bin Schnee«, stellte sich der Flockenwolf vor.

»Sie werden euch ein wenig Gesellschaft leisten und habt keine angst, sie tun euch nichts«, meinte der weiße Wolf, dann deutete er Fylgien und Mana, mit ihm zu gehen.

Gemeinsam liefen sie los, über die weite Schneelandschaft auf eine Gebirgskette zu.

»Wo warten der Winter und das Nordlicht?«, fragte Mana unruhig.

»Am höchsten Ort dieser Welt«, antwortete der weiße Wolf und deutete das Gebirge hinauf.

»Da schaff ich es niemals hoch!«, ereiferte sich seine Tochter, denn mit ihrem Hinterlauf konnte sie schon nicht besonders gut laufen, ans Klettern oder hoch springen dachte sie erst gar nicht.

»Wenn wir klettern würden, würde es auch viel zu lange dauert«, lächelte der weiße Wolf. Da gewahr Mana einen Bären am Fuße des Berges. Sie wusste sofort, dass es der Wind war, obwohl er in seiner Bärengestalt völlig anders aussah. Der weiße Wolf begrüßte ihn mit einem harten Stoß ins dichte Fell und der Bär stieß zurück, warf dabei den so viel leichteren Wolf fast um. Doch der lachte nur.

»Bringst du uns hinauf?«, fragte er leise. Der Bär brummte nur, dann wurden sie alle zu Wind und fegten direkt an der felsigen Wand in den Himmel hinauf, wo sie sanft auf der Erde wieder abgesetzt wurden. Der Wind fegte wortlos davon und hier oben wartete niemand auf sie, doch das war auch nicht nötig. Ein Lichterweg führte vor ihnen in den Himmel hinauf.

»Wo sind sie?«, fragte Fylgien. Ihn schien es nicht gerade zu gefallen, das das Nordlicht und der Winter nicht da waren, doch er erhielt keine Antwort.

»Das Reich der Sterne können wir nur über einen Weg aus Nordlichtern betreten. Kommt mit, es wird Zeit«, sprach der weiße Wolf und machte die ersten Schritte. Fylgien und Mana warfen sich noch einen Blick zu, dann traten sie gemeinsam auf den Lichterweg.

»Du hast dein Versprechen gehalten«, meinte Mana plötzlich, nachdem sie schon einige Meter gegangen waren.

»Welches Versprechen?«, fragte Fylgien leise und sah zu seinem Schrecken die Tränen, die Mana weinte.

»Als wir auf Midgard waren, nachdem das Fieber gesunken war. Da haben wir gemeinsam die Sterne betrachtet und von unseren Wünschen erzählt. Du hast mir versprochen, dass wir irgendwann gemeinsam über den Himmel laufen würden. Dann wären wir wirklich frei, ich würde wissen, wer ich bin und ich würde die reine Wahrheit kennen. Du hast dein Versprechen gehalten«, schluchzte sie.

»Wenn ich gewusst hätte, dass ich es auf diese Weise halten würde, hätte ich es dir nie gegeben«, antwortete der goldene Wolf verbittert und starrte voll Schmerz auf den leuchtenden Lichterpfad.

»Ich weiß.«

So kurz vor einem Abschied auf Ewig war nicht der richtige Zeitpunkt, wieder zu streiten. Mana begriff, das er nichts dafür konnte. Man sagte ihm, dass er die Wahl hätte, aber in Wirklichkeit hatte er sie nie gehabt, das wusste sie.

»Ich werde dich vermissen und ich werde dich nie vergessen«, versprach er leise.

Sie antwortete nicht. Sie weinte stille Tränen. Etwas anderes blieb ihr nicht übrig. Sie hoffte nur, dass der Schmerz, der schon jetzt ihr Herz zerriss, irgendwann aufhören würde.

Du so liefen sie zu dritt über den Himmel, schweigend und still, um sich herum eine so wunderbare Farbenpracht, das ihre Herzen vor Freude hätten springen müssen, doch ihre Herzen weinten. Dieser Weg, so schön er auch war, war ein Weg in die Dunkelheit und jeden von ihnen war dies schmerzlich bewusst. Doch sie mussten ihn zu ende laufen.

Den Weg zu den Sternen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Seelentraeumerin
2011-01-25T15:59:50+00:00 25.01.2011 16:59
Irgendwie merkt man das idie Beiden zusammengehöreneno.O
besonders in dem Kap*.*

Mana udn Fylgien sind einfach nur süß*.*
Aber wirklich schade das er so sein versprechen gehalten hato.O


Zurück