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Aus einem ewigen Leben

von

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Schrift Zwei: Keine Menschen

Ein paar Tage später, Lira war der Meinung, dass wir meine alte „Heimatstadt“ meiden sollten, wofür ich ihr dankbar war, lernte ich andere Seiten an meinen neuen Freunden kennen.

Wir machten mal wieder eine kleine Rast. Vor uns lagen viele Felder und hinter uns der riesige Wald, in dem wir die letzten paar Tage verbracht hatten. Ich fragte mich ernsthaft, warum wir ständig irgendwelche Pausen machten. Keiner sagte irgendetwas und alle sahen immer wieder besorgt zu Lira. Also nahm ich an, dass es an ihr lag. Vielleicht war sie krank oder sie mochte es nicht lange Strecken in eins durchzulaufen. Als ich mir jedoch ihr Gesicht genauer an sah, tippte ich auf meinen ersten Gedanken. Sie war blass. Ihre langen roten Haare waren seit ich sie kennen gelernt hatte, erschreckend dumpf geworden. Der vorher strahlende Rotton war verschwunden. Ob es ihr wirklich so schlecht ging? Vielleicht hätten wir mal mit ihr zum Arzt gesollt, aber sie sagte dann immer, es gehe ihr gut.

Nun saßen wir auf dem staubigen Weg zwischen den Feldern und sahen den vorbei ziehenden Wolken zu. Es war ruhig und wieder so himmlisch still. Ich schloss meine Augen und genoss die Ruhe, bis sich jemand neben mich setzte. „Hey, Chiyo. Kann ich kurz mit dir reden?“. Es war Kelly. Was sie wohl wollte? Ich richtete mich wieder auf und sah sie an. „Klar, was ist denn?“. Kelly schien eine Weile zu überlegen. Dann sah sie in den Himmel. „Du magst keine Menschen, oder?“. Ich schüttelte den Kopf. „Meine Begeisterung für diese Lebensform hält sich in bescheidenen Grenzen.“. Kelly nickte verstehend. „Das kann ich nachvollziehen. Weißt du, was ich dir sagen will ist, Lira ist ein Mensch!“. Über diesen Kommentar musste ich schmunzeln. „Das weiß ich! Am Anfang war ich etwas misstrauisch ihr gegenüber, auch euch, aber mit der Zeit hat sich das gelegt. Ihr seid nicht so wie alle anderen!“. „Oh da hast du Recht. Zu Allererst einmal, nur Lira ist ein Mensch. Ebony, Etu und ich sind keine.“. Ein verwirrt Blick meinerseits traf ihren. „Ebony ist eine Seele. Praktisch ein Geist, aber es gibt Unterschiede. Etu ist ein Orakel. Ich bin ein Geist.“. „Was ist ein Orakel?“. „Ein Orakel ist ein dämonenähnliches Wesen, das unglaublich alt werden kann. Es ist aber kein Dämon! Ich hab keinen blassen Schimmer, wo da der Unterschied ist, aber Etu regt sich immer darüber auf.“. Sie kicherte kurz. Ich hatte schon mitgekriegt, dass sie und Etu sich nicht sonderlich gut leiden konnten. „Und was ist eine Seele?“. „Wie schon gesagt, sind Seelen etwas Ähnliches wie Geister. Wir Geister sind noch im Diesseits, weil uns unsere eigenen starken Gefühle hier halten. Bei Seelen ist es so, dass ihre Angehörigen oder Freunde sie dazu zwingen hier zu verweilen. Natürlich unbeabsichtigt. Aber dadurch, dass sie nicht loslassen können, werden Seelen dazu getrieben hier zu bleiben. Wenn die Angehörigen dann selber sterben, sind Seelen schon so fest im Diesseits verankert, dass sie nicht mehr weg können. Sie sind also hier gefangen. Normalerweise haben sie auch keine feste Materie, so wie du und Lira. Ebony ist nur deshalb sichtbar, weil Lira ihr etwas von ihrer Lebensenergie abgibt.“. Das war interessant. Hier war also nur Lira ein Mensch. Es war ein komisches Gefühl, das zu wissen.

Wieder warf ich einen Blick in den Himmel. Ob sie mir deswegen so komisch vorgekommen war? Ob es daran lag, dass ich bei ihr das Gefühl hatte, ich selbst sein zu können? Ihr schien es nichts aus zumachen was jemand war. Das zeugte von Größe. Größe die man nur selten bei Menschen fand, bei Menschen in ihrem Alter. „Hilaria hat in ihrer Kindheit viel durchmachen müssen. Ohne Ebony wäre sie nicht die, die sie heute ist.“. Ich hörte ihr aufmerksam zu. „Was ist mit dir? Wie hast du Hilaria kennen gelernt?“. Sie überlegte kurz. Man konnte ihr ansehen, dass sie es sich überlegte mir das zu erzählen. Sie traute mir wohl immer noch nicht.

„Vielleicht später. Jetzt weiß ich nicht, ob ich dir trauen kann!“. Ich schätzte ihre Ehrlichkeit. Es gab nicht mehr viele Leute die es waren. Zu groß war die Angst etwas falsch zu machen. „Ich kann dir von Etu erzählen!“. Ich musste grinsen. Aha, über ihn war reden wohl in Ordnung! Was solls, ich was neugierig. „Schieß los!“. „Nun ja, Er war einfach irgendwann da. Den einen Abend waren wir noch zu Dritt und am nächsten Morgen grinste er uns mit seinem Haifisch-Grinsen an und rennt uns nach. Ich mochte ihn von Anfang an nicht, und daran wird auch Lira nichts ändern können.“. Kelly sah recht überzeugt aus. Sie glaubte wohl fest daran, dass sie Etu für immer und ewig misstrauen würde. Irgendwie lustig. „Warum ist er denn überhaupt zu euch gekommen?“. Verwirrt sah sie mich an. „Wieso? Keine Ahnung. Er hat mal gesagt, dass er sich uns angeschlossen hat, weil er Lira interessant findet. Das sie nicht so ist wie andere Menschen, die er kennt.“ Nachdenklich sah ich wieder in den Himmel. Ein paar Wolken zogen vorbei und warfen einen Schatten auf die Welt. Dann ließ ich meinen Blick zu Lira und den Anderen schweifen. Sie saßen ein bisschen weiter weg und lachten über etwas. Als ich sie so da sitzen sah, fragte ich mich, warum sie das alles tat. Warum machte ihr es nichts aus, sich mit Lebewesen abzugeben, die nicht so waren wie sie. Warum konnte sie lachen, wenn sie doch höchstwahrscheinlich von irgendwelchen Menschen gejagt und gehasst wurde. Wie konnte sie das? Was veranlasste sie, es zu tun? Mein Blick glitt zu Ebony hinüber. Auch sie war ein Rätsel. Ständig lächelte sie und fuhr immer wieder mit ihrer Hand durch Liras Haare. Warum machte sie das? Immer wieder lobte sie Lira, sagte ihr, dass sie ein gutes Mädchen war. Ob das was mit der Vergangenheit der Beiden zu tun hatte? Den Worten von Kelly hatte entnommen, dass die Beiden sich schon länger kannten, vermutlich seit Liras früher Kindheit. Diese ganze Gruppe war ein einziges Rätsel, aber trotzdem fühlte ich mich nicht ausgeschlossen. Sie waren wirklich nicht so wie andere Menschen, im Grunde waren Ebony und Kelly ja nichts anderes. Sie waren eben nur schon längst tot. Ob ich auch sterben konnte? Ich hatte es nie versucht, viel zu groß war meine Angst davor es zu tun. „Kelly?“. Sie sah mich an. Sah mich mit einem fragenden Blick an. „Was denn, Chiyo?“. „Bin ich feige?“. Sie musterte mich kurz. „Warum solltest du feige sein?“. „Ständig bin ich davon gelaufen, habe hunderte von Menschen getötet, nur weil sie Personen, die mir nahe standen, getötet haben.“. „Du bist nicht feige! Diese Menschen waren dumm. Sie haben sich von ihrer Angst leiten lassen etwas zu tun, was falsch ist. Du hast es, nehme ich mal an, einfach nur nach gemacht. Du hast gesehen, wie sie Menschen getötet und als Monster beschimpft haben, also tust du es ihnen gleich, da sie in deinen Augen die Monster sind!“. Ohne das ich es gemerkt hab, hatte sich Ebony neben mich gesetzt und Lira saß vor mir. „Viele Menschen verlieren im Laufe ihres Lebens viele ihrer ursprünglichen Grundsätze. Sie fangen an sich selbst zu betrügen, weil sie mehr Macht, mehr Geld, mehr Einfluss wollen. Das ist an sich nichts Falsches. Es gehört halt zum Wesen von bewussten Lebewesen dazu.“. Sanft lächelte sie mich an und strich mir übers Haar. Die Berührung tat gut. Schon lange, hatte mich niemand mehr so sanft angefasst. „Chiyo ist auch ein liebes Mädchen!“, murmelte Lira und grinste mich frech an, als ich sie ansah. „Wir müssen weiter, kommt ihr!“. Ebony zog ihre Hand zurück und erhob sich. Kelly und ich taten es ihr gleich.

Wir waren schon wieder eine Weile unterwegs und langsam merkte ich, wie Lira immer langsamer wurde. Sie ging ein Stückchen hinter Etu, Kelly und mir. Ebony war wie immer in ihrer unmittelbaren Nähe. Allmählich fragte ich mich, ob die Beiden vielleicht durch ein unsichtbares Band an einander gebunden waren. Kelly hatte gesagt, dass Lira Ebony von ihrer Lebensenergie abgab. Es könnte ja daran liegen. Als ich bemerkte, wie Lira kurz vorm zusammenklappen war, blieb ich stehen und wartete auf sie. Sie war immer so nett zu mir und da wollte ich ihr auch mal einen Gefallen tun. „Lira, ich kann dich Huckepack nehmen, wenn du willst.“. Überrascht sah sie mich an. „Das geht doch nicht Chiyo. Ich bin viel zu schwer.“. Das Mädchen war viel zu rücksichtsvoll. Sie klappte also lieber zusammen anstatt sich tragen zu lassen, nur weil sie glaubte, sie sei zu schwer? Ein komisches Menschenkind. Meine Vermutung traf also zu. „Ich bin ein Vampir und verfüge damit über Übermenschliche Kräfte oder so was. Auf jeden Fall kann ich dich tragen.“. Lira sah mich nachdenklich an. Ich konnte es in ihrem Gehirn richtig arbeiten sehen. „Na gut. Danke Chiyo.“. Ich hockte mich hin und wartete bis sie auf meinen Rücken geklettert war und sich festhielt. Dann stand ich vorsichtig auf und ging weiter. Lira war erschreckend leicht. Ich wusste nicht viel über das Gewicht von Menschen, aber sie hatte definitiv Untergewicht. „Geht’s Chiyo?“. „Ja, du bist leicht wie eine Feder.“. Sie lachte leise und vergrub ihr Gesicht in meinen Haaren. „Danke…“. Ich hörte noch das leise Murmeln und bemerkte kurz danach, dass sie eingeschlafen war. Sie musste wirklich krank sein. Ich hoffte, dass ich sie eine Weilen kennen würde, bevor sie an ihrer Krankheit zu Grunde ging. Das hoffte ich wirklich. Mein Wunsch etwas über sie und die Anderen zu erfahren hatte sich vergrößert. Sie waren eine kleine Familie und ich wollte auch dazu gehören.

Kelly und Etu waren stehen geblieben und warteten auf uns. Es schien sie nicht sonderlich zu wundern, dass ich Lira trug. Jetzt weiß ich, dass sie geahnt hatten. Geahnt das es mit Lira langsam zu ende ging.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Shinta-chan
2010-11-04T21:03:41+00:00 04.11.2010 22:03
Gefällt mir sehr gut wie du schreibst, auch der Aufbau der Story und die Handlung sind sehr interessant, freue mich darauf mehr zu lesen ;)

gruß
Shinta


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