Caliban über Nemesis
Caliban über Nemesis
"Setebos, oh Setebos, was ist Calibans Nemesis? Er nennt sich Daemon und doch, und doch ist er Nemesis. Sycorax, was ist mein Leben ohne seinen Tod?"
Ungehört wehten diese Worte nur wenige Meter über den gefrorenen und verschneiten Berg bis der tobende Sturm sie verschluckt hatte.
Caliban war in einer kleinen Höhle, kaum mehr als ein großer Felsspalt, untergekommen. Trotz der niedrigen Temperaturen und des Sturms war ihm nicht kalt. Nachdem er im Weltraum gewesen war, nahm er Temperaturunterschiede nur noch flüchtig wahr.
Und doch zitterte er.
Vor Wut. Vor Wut! erklärte er sich selbst immer wieder und wieder. Nicht aus Angst.
In seiner Situation wäre es lächerlich Angst zu haben.
Caliban hat Angst vor einem Menschen?
Er könnte sich einfach zurück ziehen. Hier in der Arktis bleiben, für immer. Oder sich in die schützende Obhut seiner Mutter begeben.
Ja, er konnte nicht bestreiten, dass die Idee sich einfach zurück zu ziehen und abseits der Menschen ein geruhsames Leben zu führen etwas verlockendes hatte.
Doch Nein! Er würde nicht klein bei geben. Niemals!
Entweder Caliban tötete Daemon oder Daemon tötete Caliban. Eine andere Option gab es nicht. Daemon war Nemesis für Caliban, so wie Caliban für Daemon Nemesis war. Er konnte nicht einfach normal weiterleben.
"Calibans Leben oder Daemons Tod?" murmelte er vor sich hin. Er verspürte ein unerträgliches Brennen im Magen bei dem Gedanken Daemon am Leben zu lassen.
Daemon. Nemesis.
Ja, Nemesis war ein gutes Wort.
"Nemesis wird büßen!" grollte er, doch der Sturm heulte in diesem Augenblick so laut, dass nicht einmal Caliban selbst die Worte hörte.
Ja, Nemesis würde büßen für das, was er Caliban angetan hatte. Was danach geschah spielte keine Rolle, war eben so unwichtig wie die Frage ob es das Risiko wert war. Nichts zählte außer Nemesis' Tod.
Nemesis war Schicksal und dem Schicksal war Angst egal. Schicksal scherte sich einen Dreck um Alternativen. Schicksal war einfach Schicksal, Nemesis, Bestimmung. Keine Möglichkeit, eine Tatsache. Schicksal konnte man nicht entkommen. Schicksal war endgültig.
Gedankenverloren betrachtete Caliban seine Narben und erinnerte sich an den Kampf auf Prosperos' Orbitalinsel.
Er war zu leichtsinnig gewesen, zu siegessicher. Caliban würde sich nicht ein zweites mal von einem Menschen überrumpeln lassen.
"Daemon!" knurrte Caliban und in diesem Augenblick war es draußen fast totenstill "Du wirst sterben!"
Als der Sturm eine halbe Stunde später langsam nachließ war Calibans Unterschlupf bereits verlassen. Er war aufgebrochen zu seiner letzten Mission, seinem großen Ziel, der Gegenüberstellung mit Nemesis.
