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Funeral of the sentient being

Seelenjäger
von

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Aufgaben

Ein sachtes Klopfen an der Tür ließ Serpent aus seiner Konzentration fahren.

Der Krieger hatte sich im Schneidersitz auf dem Boden seines Zimmers niedergelassen, um sich so auf die bevorstehende Aufgabe vorzubereiten.

Den Umschlag mit den Fotos seiner „Ware“ trug er in einer versteckten Brusttasche seiner Rüstung.

Der hellhaarige Kämpfer hatte schon eine ganze Weile hier so gesessen, völlig verloren in den Gedanke an seinen Auftrag. Er war die Schritte immer und immer wieder gedanklich durchgegangen; die Schritte, die er würde gehen müssen, um die Welt zu bewahren.

Auf jedem Foto dieser Menschen befand sich eine Adresse. Mehr nicht.

Mehr würde es auch nicht brauchen.

Serpent wollte nicht wissen, was diese Menschen taten. Wie sie lebten. Oder welchen Charakter sie hatten. All das hätte nur gestört bei der Ausführung seiner Arbeit.

Es genügte zu wissen, dass die meisten, die ausgewählt wurden, Verbrecher waren, deren Leben eh meist keinen Taler mehr wert war.

Kurz musste der Hellhaarige tatsächlich schmunzeln; nicht humorvoll, eher eiskalt.

Wer war er denn, dass er entscheiden konnte, welches Leben noch einen Wert besaß oder nicht?

Sicher war gerade er überhaupt nicht in der Position, diese Urteile zu fällen.

Umso besser war es für ihn, wenn er nichts wusste. Nicht mehr als nötig.

Das Gewissen hatte man ihm in jungen Jahren schon ausgetrieben, doch man wusste ja nie, wo solche angeborenen Eigenschaften schlummerten.

Vielleicht würden sie sich ja eines Tages wieder ans Tageslicht erheben wollen.

Serpent stand geschmeidig auf, ohne einen Laut von sich zu geben, während er nun zum wiederholten Male seine Rüstung überprüfte. »Herein.«

Die Tür öffnete sich langsam, fast zögerlich und der dunkle Haarschopf Murin´s erschien, der Serpent knapp zunickte. »Du bist bereit?«

Der jüngere Kämpfer ließ seinen Blick sachlich und prüfend über den Hellhaarigen gleiten, welcher gerade seine Klingen mit leisem Surren in die Halterungen an seiner Hüfte gleiten ließ.

»Ich bin bereit.« bestätigte Serpent kühl.

Murin nickte abermals und schien dann ein wenig unsicher. Mehrmals sah er sich nach allen Seiten um, ehe er sich in den Raum schob und die Tür hinter sich schloss.

Serpent hob ein wenig die Braue und betrachtete seinen Bruder mit forschendem Blick. »Stimmt etwas nicht?« fragte der hellhaarige Kämpfer, während er sich seine dunklen Lederhandschuhe überstreifte und sich den langen Umhang über die Schultern warf.

»Du wirst dir doch Mühe geben, Serpent?« begann der Kleinere zögerlich, während seine Finger unruhig auf dem Holz der Tür klopften, an welche er sich gelehnt hatte.

Serpent hielt kurz inne in seinem Tun und zog die Stirn missmutig in Falten. »Du weißt, dass ich meine Aufträge bis jetzt immer ohne Probleme erledigt habe, Murin.«

Nun schwang leichte Ungeduld in der rauen Stimme des Assassinen, der den Sinn hinter diesen Worten nicht ganz verstand. Murin führte sich seltsam auf.

Wollte sein Bruder nun auch noch anfangen, seine Arbeit und seine Fähigkeiten in Frage zu stellen?

»Es wird auch diesmal keine Probleme geben. Sei unbesorgt.« bemerkte Serpent schlicht und kühl, während er die silbernen Metallklauen über seine Hände schob, die seine tödlichen Finger abschirmen würden.

Murin sah kurz zu Boden, für einen Moment schien der Kleinere mit sich zu ringen, bevor er leise raunte: »Es ist nur wegen Equid. Der Gatekeeper lässt seine Wut meist an ihm aus. Er ist nicht mehr als ein Spielzeug…« Murin schluckte, bevor er wieder aufsah und den Blick des anderen suchte. »Ich möchte einfach nicht, dass er wieder leiden muss.«

Serpent unterdrückte gerade noch so ein abfälliges Knurren und beherrschte seine Züge soweit, dass man ihm die Abneigung nicht ansehen konnte.

Was ging ihn diese Sache an?

Wenn der Rothaarige es nicht schaffte, sich selbst zu verteidigen oder sich wie ein Sklave behandeln ließ, dann war das wohl dessen eigenes Problem.

Serpent wusste um die zarten Gefühle, die Equid für den Gatekeeper hegte. Wahrscheinlich wusste jeder hier davon.

Doch genau wie Takeru hatte der hellhaarige Assassine wenig Verständnis dafür.

Für ihn selbst wäre es undenkbar, sich so von jemandem abhängig zu machen und dem Willen dieser Person ohne Rücksicht auf das eigenen Wohlbefinden zu folgen, nur für ein paar unnütze Gefühle.

Einfach lächerlich.

Doch Murin würde er diese Worte wohl nicht an den Kopf werfen. Der Jüngere war ein guter Freund und Serpent bezeichnete sehr selten Menschen als Freund.

»Es wird alles wie immer ohne Probleme ablaufen. Der Gatekeeper wird keinen Grund haben, unzufrieden zu sein.«

»Danke, Serpent.« Der dunkelhaarige Kämpfer schien sogleich erleichtert und verneigte sich leicht.

Serpent quittierte das mit einem kurzen, unwilligen Brummen, Dank war ihm mehr als unangenehm.

»Der Gatekeeper will dich noch sehen, bevor du aufbrichst, Serpent.« bemerkte Murin knapp, als wäre ihm diese Tatsache eben erst eingefallen.

Der hellhaarige Assassine band sich gerade ein Tuch vor das Gesicht, sodass nur seine giftgrünen Augen aus den Schatten leuchten würden; der stechende Blick flog knapp zu dem kleineren Kämpfer, um dann ein Nicken folgen zu lassen. »Verstanden.«

Es widerstrebte Serpent zwar gegen alle Maßen, sich dem Gatekeeper zu zeigen, um sich vielleicht vorführen zu lassen wie ein Tier, doch Befehl war Befehl und er würde sich nicht widersetzen.

Kurz schoss dem Assassinen der Gedanke durch den Kopf, dass er vielleicht doch nicht so anders war als Equid, bevor er dieses Aufblitzen von Einsicht unwirsch beiseite schob.

Er war anders als der rothaarige Krieger.

Er besaß Stolz.

Diesen Stolz, der es ihm nie erlauben würde, Gefühle die Herrschaft über sich erringen zu lassen.

Mit raschen Schritten durchquerte Serpent das Anwesen, um dem Ruf des Gatekeepers zu folgen. In voller Kampfmontur und bis zu den Augen verhüllt betrat er die Zeremonienhalle, da man ihn dorthin gewiesen hatte.

Serpent war selten in diesem Raum gewesen, da seine Aufgabe ausschließlich das Beschaffen der „Ware“ nicht jedoch deren Verwertung war.

Shou stand in der Mitte des bibliotheksähnlichen Raumes über alte Schriftrollen gebeugt, an seiner Seite Equid, was den Assassinen fast ein abfälliges Schnauben entlockt hätte.

Der geprügelte Hund kehrt zu seinem Herrn zurück…

Serpent schritt ohne Zögern auf den Gatekeeper zu und ließ sich kurz vor jenem in die Knie sinken, so rasch, dass sich sein Umhang hinter ihm fast aufbegehrend bauschte. Außer diesem zarten Rascheln war der Assassine nicht zu hören gewesen.

Shou wand den Blick über die Schulter und warf einen mehr als abwertenden Blick auf den hellhaarigen Kämpfer, wobei sein Herz sofort schneller schlug.

Der Gatekeeper hasste sein Verlangen nach diesem Mann. Eigentlich hatte er angenommen, dass es mit der Zeit schwächer werden würde, doch dem war nicht so. Eher im Gegenteil.

Serpent strahlte dieses gewisse Etwas an tödlicher Gefahr aus, was wohl jede Frau um den Verstand bringen konnte.

Nun, Männer mit Sicherheit auch…

Eigentlich hatte Shou überhaupt keinen Platz in seinem Kopf für diese Art von Gedanken. Er hatte andere Probleme.

Ganz voran die Tatsache, dass er jetzt einen Dämon am Hals hatte und herausfinden musste, wie dieser überhaupt hierher gelangen konnte.

»Schön, dass du den Weg zu mir noch gefunden hast, Serpent. Ich war mir unsicher, ob du dir noch bewusst bist, wer dein Herr ist.« Die Stimme des Gatekeepers war zischend und fast abfällig; er machte sich keine große Mühe, seine Wut auf den Assassinen zu verbergen.

Wut, die eigentlich mehr als kindisch war.

Equid stand stumm neben seinem Herrn und sah ebenso auf Serpent, doch die Züge des rothaarigen Kriegers waren ein wenig schwerer zu lesen als die des Gatekeepers.

»Ihr habt nach mir rufen lassen, Herr?!« raunte Serpent tonlos und überging damit einfach die bissige Anspielung Shou’s, was diesen mit Sicherheit reizen würde.

Aber der hellhaarige Assassine war nun einmal niemand, der sich einfach so einschüchtern ließ. Vor allem nicht von so einem Mann, der im Leben das Meiste durch Einfluss und Geld, nicht jedoch durch Können, erreicht hatte.

»Takeru hat dir den Umschlag zukommen lassen, Krieger?« fragte Shou scharf, während er ein paar Schriftrollen fahrig wieder zusammenrollte.

»Ja, Herr.« Serpent sah weiter zu Boden, so wie es der Anstand vorsah. Eigentlich war er auch froh darüber, dass er den dunkelhaarigen Mann nicht ansehen musste.

»Wunderst du dich nicht, dass du schon wieder losgeschickt wirst, Serpent?« wisperte der Gatekeeper listig, während sein durchdringender Blick auf dem kniendem Assassinen lag. So scheinbar unterwürfig sah der Hellhaarige aus, dass sich Shou unwillkürlich fragte, wie es wohl sein musste, ihn im Bett zu bezwingen.

Wahrscheinlich würde er selbst aber nie in den Genuss dieses Vergnügens kommen…

»Meine Aufgabe ist nicht das Fragen stellen, Herr.« erwiderte Serpent tonlos und ruhig, während er noch immer wie eine erstarrte, ehrerbietende Statue anmutete.

Der Gatekeeper schnaubte kurz und machte dann eine unwirsche Handbewegung in Richtung Serpent. »Geh. Erledige deine Aufgabe. Equid…« Shou nickte dem rothaarigem Krieger zu, der daraufhin eine kleine Truhe auf dem Tisch öffnete, eine Handvoll der kleinen Seelengefäße entnahm und damit zu Serpent schritt, um die Phiolen an diesen zu übergeben.

Auch jetzt war die Miene des großen Kämpfers starr und ausdruckslos.

Serpent nahm die Phiolen mit einem Nicken entgegen, befestigte sie an einer schmalen Silberkette, die er mitsamt den kleinen Gefäßen dann unter seiner Rüstung verschwinden ließ.

Erst dann erhob er sich und wand sich um.

Noch während Serpent auf den Ausgang zuschritt, spürte er etwas Merkwürdiges. Etwas Eiskaltes, wie ein Windhauch, streifte ihn und ließ ihn flüchtig frösteln.

Irgendjemand beobachtete ihn.

Die Sinne des Assassinen waren sofort alarmiert und zum Zerreißen gespannt, während er den Blick flüchtig und unbemerkt schweifen ließ.

Hinter einer Säule, fast versteckt im Schatten, stand ein weißhaariger Mann, dessen Augenmerk auf dem Kämpfer lag.

Serpent runzelte die Stirn, versuchte in diesem kurzen Moment, Genaueres zu erkennen. Doch das war vergeblich; dieser Fremde schien sich wie ein verzerrtes Bild auf einem aufgewühlten Wasserspiegel seinem Blick zu entziehen.

Mit einem unguten Gefühl ließ der hellhaarige Kämpfer die Halle hinter sich und machte sich auf in die Nacht, um seine Aufgabe zu erfüllen.

Vielleicht würde er bei seiner Rückkehr seinen Meister nach diesem seltsamen Fremden befragen.
 

Layren schmunzelte kühl, als er den Blick des hellhaarigen Assassinen bemerkte. Dieser Kämpfer schien gute Sinne zu besitzen; eigentlich hatte der Dämon sich Mühe gegeben, für Sterbliche ungesehen zu bleiben.

Dass dieser Mann ihn trotzdem bemerkt hatte, weckte sein Interesse. Er ließ seine Sinne flüchtig nach dem Kämpfer tasten; streckte geistige Finger nach dessen Wesen aus, um es im Augenblick eines Wimpernschlages zu erforschen.

Was er erspürte, ließ ihn fast aufzischen; das verräterische Glühen seiner Augen vermochte er noch zu verbergen.

Der Dämon neigte den Kopf auf die Seite und hob einen Finger an die Lippen, welchen er genüsslich ableckte, um die Essenz des hellhaarigen Kämpfers auf der Zunge zergehen zu lassen.

»Interessant…« raunte der Weißhaarige in die Schatten, während leichte Euphorie seinen Körper einnahm.

Das war eine wahrlich wundersame Wendung der Dinge.

Und das noch ganz zu den Gunsten seiner Belange.
 

Ein Tropfen Blut auf der spiegelnden Oberfläche des Glases.

Tiefes Summen, gefolgt von dem Aufseufzen einer Frau.

Der Spiegel erstrahlte in der Schwärze der Nacht, in der sich Tentakel wanden, die vielleicht das Gesicht einer Frau erahnen ließen.

»Zerthos-layren…« Ein helles Kichern. »Ich fragte mich schon, wann du mich kontaktieren würdest. Du weißt doch, ich warte ungern…«

Ein schwarzer Schlangenfinger schob sich aus dem Glas und fuhr liebkosend über die Wange des Weißhaarigen, der sich willig gegen diese Berührung schmiegte. »Verzeiht Herrin, dass ich Euch warten ließ. Ich bin untröstlich. Doch ich habe gute Neuigkeiten.«

Das schwarze Gesicht in den sich windenden Tiefen des Spiegels drückte Neugier und ungeduldige Erwartung aus. »Du bist in die Menschenwelt gelangt, mein Lieber?!« Mehr eine fast befehlende Feststellung, die keinen Widerspruch zuließ, als eine Frage.

Der weißhaarige Dämon nickte. »Ja, Herrin. Die Menschen sind unwissend. Sie haben noch nicht bemerkt, dass ihre Barrieren bröckeln.«

Ein giftiges Lachen, welches aus den Schatten der Hölle tönte. »Sie sind eh nichts weiter als dummes Vieh, Layren. Doch auch Vieh kann Herdentrieb entwickeln und versuchen, auszubrechen. Verhindere das.«

»Jawohl, Herrin.«

»Layren, hast du die Seelen gefunden?« Eine bissige, raue Frage, die kein „Nein“ dulden würde.

Der weißhaarige Dämon schluckte hart. »Zwei habe ich bereits ausfindig machen können. Wenn alles nach Plan läuft, befindet sich eine bereits heute Nacht in unserem Besitz.«

Der schwarze Tentakelarm, der aus dem Glas ragte, wand sich ruckartig um die Kehle des Dämons, der keuchend nach Luft schnappte. »Ich hoffe für dich, Layren, dass alles nach Plan läuft. Du weißt, wie wichtig diese Seelen sind. Ohne sie bleibt das Grab weiter verschlossen.«

Der Mann rang nach Atem, doch widerstand er dem Drang, seine Klinge zu ziehen, um sich diese würgende Masse vom Hals zu schaffen. »Ich weiß, Herrin.«

Das resignierte Seufzen der Frau erklang im Raum, während sich der schwarze Arm zurück in das Glas zog und den Dämon somit frei gab, der sich mit flammendem Blick die gerötete Kehle rieb.

»Layren. Suche den Wächter. Denn ohne ihn sind die Seelen nutzlos.«
 

Der weißhaarige Mann sah dem Assassinen noch immer nach, selbst als dieser schon lang aus der Tür verschwunden war, hing der silberne Blick des Dämons noch immer auf der Stelle, an der er den Kämpfer das letzte Mal gesehen hatte.

Ein hinterhältiges Grinsen stahl sich auf seine Lippen, während er erneut genüsslich über seinen Finger leckte, der ein wahres Feuerwerk an Sinnesreizungen offenbarte.

»Wirklich interessant…«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dayce
2011-01-04T09:46:10+00:00 04.01.2011 10:46
So jetzt komm ich mal wieder dazu nen Kommi zu schreiben. Ich hasse es krank zu sein.
Dafür hat mich dein Kapitel mal wieder nicht los gelassen. Man spürt das Serpent eine gewisse Verachtung, für die Art zu Handeln, von seinem Freund hat. Der immer wieder zurück zu seinem Herrchen kommt.
Doch was mich am meisten überrascht hat war das Ende vom Kapitel in dem von einer Herrin die Rede war, das hat mich zum schmunzeln gebracht weil ich überhaupt nicht damit gerechnet habe. Dachte eher an einen Machthungrigen Typ der Serpent niedlich findet oder eine Vergangenheit mit ihm teilt. Du hast mich also wirklich überrascht. Bin echt gespannt wie es weiter geht und freue mich schon ganz sehr.
Tschaui Dayce



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