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Schwarz, wie die Hoffnung

- Wenn es nichts mehr gibt, was dich auffängt - [leichtes NamiXRuffy]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich würde sagen... Weiter gehts!

Es hat eine ganze Weile gedauert, ehe ich Misakis Geschichte so hinbekommen habe! xD
War gar nicht so einfach und ich hoffe sehr, dass sie Sinn macht!

Wie man merkt, geht es langsam dem Höhepunkt und damit dem Ende entgegen.
Wie genau die nächsten Kapitel aussehen, weiß ich noch nicht (Kampf ja oder nein, wenn ja wie ausführlich und vorallem alle Piraten oder nur die Hauptpersonen? Hach, man weiß es nicht...), aber ich freu mich drauf :D
Lasst euch überraschen!

Wie immer tausend Dank für die Kommis und Favos!
Einen besseren Ansporn zum Schreiben gibt es gar nicht ;D

Viele Grüße
Komplett anzeigen

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Wie Flammen, so rot

Kapitel 13 – Wie Flammen, so rot
 

Ihre Hand ruhte leicht zitternd an ihrem Hals. Schon wieder hatte sie sich in eine dieser Situationen gebracht, denen sie am liebsten aus dem Weg gegangen wäre. Aber scheinbar schien das schon fast zur Gewohnheit zu werden.

„Jetzt sitze ich schon wieder hier.“, seufzte die Rothaarige und schüttelte frustriert den Kopf.

Sie hatten sich vor einiger Zeit wieder auf den Weg zur Sunny gemacht und sich nun auf dem Grasdeck versammelt. Das Schiff war in ein helles Weiß getaucht und dutzende kleine Schneeflocken segelten langsam der Erde entgegen. Der Himmel hatte sich schnell bewölkt und verdunkelte die Welt bereits am frühen Abend. Nur die tanzenden Lichter einiger weniger Fackeln spendeten etwas Licht.

Hineingehen, in die engen, stickigen Räume, wollte niemand. Sie wussten, dass sie einen kühlen Kopf gebrauchen konnten.

Die Thousand Sunny schaukelte sacht in der kleinen Bucht, wo sie noch immer vor Anker lag. Niemand rechnete mit einem baldigen Auftauchen der Marine.
 

„Es gibt da eine alte Geschichte.“, begann Misaki leise. Sie hatte es nicht geschafft sich Ruffy zu widersetzen und war zurück auf das Schiff gegangen. Dabei wusste sie, wie dringend sie von hier verschwinden musste. „Ich kenne sie selber erst seit ein paar Jahren, als ein Möchtegernpirat mich deswegen angegriffen hat. Aber habe mir nie viel daraus gemacht. Du kennst sie wahrscheinlich, Robin.“, wandte sie sich dann an die Archäologin, die neben ihr stand. „Die ‚Vier Farben des Regenbogens‘.“ Der Großteil der Piraten sah unwissend drein, nur Robin nickte.

„Die Sage über die vier Edelsteine, die den Weg zu einem unglaublichen Schatz aufzeigen sollen.“

„Richtig.“, bestätigte die Piratin Robins Geschichte.

„Schatz?“, fragte Ruffy mit glänzenden Augen.

„Yohohoho! Das wäre doch was für uns!“, freute sich auch Brook.

„Niemand weiß, was für ein Schatz hinter den vier Farben versteckt ist, doch die Marine unternimmt schon seit Jahren den Versuch, diesen zu finden. Ich habe mich schon immer darüber gewundert. Sie scheinen Angst vor dem Schatz zu haben.“, erzählte die Schwarzhaarige weiter.

„Was meinst du mit Angst?“, hakte der Cyborg nach.

„Damals, auf Ohara, habe ich oft mitbekommen, wie die Marine an Informationen kommen wollte, die ihnen aber nicht geliefert werden konnten. Sie waren jedes Mal nervös, wenn es hieß, jemand hätte etwas darüber herausgefunden.“

„Merkwürdig.“, kommentierte Sanji und zündete sich eine Zigarette an.
 

„Aber nicht nur das.“ Misaki senkte ihren Kopf und hob die Hände an ihren Hals, um sich ein langes Lederband über den Kopf zu streifen. Sie umschloss die Kette mit ihren Händen und wandte sich wieder der Crew zu. „Scheinbar ist nun noch jemand hinter dem Schatz her.“ Sie hob ihre eine Hand und ließ die Kette daran herumbaumeln.

Ein quadratischer Edelstein in der Größe einer Handfläche und nur wenigen Millimetern Dicke glänzte in einer Mischung aus dem grellsten Pink und einem dunklen Feuerrot im spärlichen Licht der Fackeln. Fasziniert kamen die Piraten näher an den Edelstein heran und betrachteten ihn eingehend.

„Es sieht aus, als würden Flammen darin tanzen.“, fasste Robin das mysteriöse Lichtspiel des roten Steins zusammen und einige der Umstehenden nickten wie in Trance. Lange sahen sie dem Spiel des Lichtes einfach nur zu, bis Misaki mit ihrer Erzählung fortfuhr.

„Ich habe erst spät verstanden, was meine Eltern mir damals sagen wollten. Zu meinem 10. Geburtstag fand ich am morgendlichen Esstisch ein kleines Paket vor, in welchem gut behütet dieser Edelstein lag. Ich habe mich natürlich sehr über das Geschenk gefreut. Immerhin hatte es dieselbe feuerrote Farbe, wie meine Haare. Ich dachte auch, das sei der Grund, weshalb sie mir den Anhänger gaben. Was auch sonst hätte ich denken sollen? Ich war ein Kind und wusste nichts von der Welt. Und heute wäre es mir manchmal lieber, das würde immer noch so sein.“ Sie schüttelte leicht den Kopf. „Von diesem Tag an habe ich meine Eltern nie wieder gesehen.“
 

Eine traurige Stille setzte sich über die Piraten und Misaki konnte das Mitleid in ihren Augen entdecken.

„Das ist schon ok.“, versuchte sie die Stimmung zu heben. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie wirklich tot sind. Viele behaupten das zwar, weil sie seit so vielen Jahren nicht mehr gesehen wurden, aber ich bin mir sicher, dass sie noch leben.“

„Ah, verstehe. Das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb du auf Reisen gegangen bist, habe ich Recht?“ Der Rothaarigen schlich sich ein kleines Lächeln aufs Gesicht, als Robin in ihr wieder wie in einem Buch zu lesen schien.

„Mich hielt nichts mehr auf dieser Insel. Also kann ich auch nebenbei auf ein Lebenszeichen meiner Eltern achten.“, grinste sie und betonte das „nebenbei“ besonders.

„Fufufu. Natürlich.“
 

„Moment, Moment. Lasst mich das noch einmal zusammenfassen.“, ruderte Lysopp verwirrt zurück. „Wenn du sagst, dass dein Edelstein Teil einer Schatzkarte ist, dann muss es ja noch andere Teile geben, oder?“ Die Piratin nickte bestätigend.

„Die Bezeichnung ‚Vier Farben des Regenbogens‘ beziehen sich auf vier Edelsteine, die eine bestimmte Karte lesbar machen sollen. Wie genau das funktionieren soll, weiß ich leider auch nicht.“

„Aber warum nur vier Farben?“ Die neugierigen Blicke der Piraten wanderten zu dem Schwertkämpfer hinüber, der auf dem Boden sitzend an einer nahen Wand lehnte. Wenn ihn das Thema interessierte, schaffte er es wirklich gut, dieses mit einem müden Gesichtsausdruck zu verbergen.

„Was willst du, Spinatschädel?“, fauchte er Koch in dessen Richtung worauf der Grünhaarige schnaubte.

„War ja klar, dass du das nicht kapierst, Löffelschwinger. Wenn diese idiotische Geschichte ‚Farben des Regenbogens‘ heißt, warum dann nur vier Farben? So ein buntes Ding hat doch noch einige mehr.“, grummelte er weiter und Sanji grübelte kurz über die Frage nach.

„Ich muss zugeben… Da ist was dran“, gab er dann widerwillig von sich. Man sah ihm an, dass er diese Situation sehr unangenehm fand.
 

„Das lieg an den Grundfarben der Farbenlehre.“ Robin grinste, als die Gesichter der anderen plötzlich fragende Züge annahmen.

„Du meinst rot, blau und gelb? Aber das sind doch nur drei!“ Choppers helle Stimme mischte sich in das Gespräch mit ein.

„Das ist richtig.“, lächelte Robin wissend. „Aber neben den Grundfarben, deren richtige Namen Magenta, Cyan und Gelb sind, wird von vielen auch die Farbe Schwarz dazugezählt. Denn Dort, wo es kein Licht gibt, herrscht Dunkelheit und nur durch schwarz lassen sich die dunkleren Farbtöne erreichen. Genauso lässt sich aber auch die Farbe Weiß als Grundfarbe bezeichnen. Doch als gängiger Farbraum werden immer noch diese vier Farben gezählt.“ Einige verdutze Gesichter blickten die Archäologin an, was diese sichtlich amüsierte.

„So habe ich mir die ganze Sache auch erklärt“, stimmte die junge Piratin der Älteren zu. „Daher glaube ich, dass es genau vier Steine gibt, von denen ich einen besitze.“
 

„Und du glaubst, Schwester Nami ist genau dahinter her?“ Frankys Schluss sorgte für weitere erstaunte Blicke.

„Ganz sicher bin ich mir nicht…“, gab sie zu. „Aber nach dem, was dort auf dieser Insel passiert ist, gehe ich stark davon aus.“

„Aber was will sie damit?“, hakte Lysopp nach.

„Sie doch nicht, du Idiot!“, fauchte Sanji. „Dieser feige Mistkerl von Boss, der Nami mitten in die Schlacht schickt und sich selber im stillen Kämmerlein versteckt, hat es garantiert auf diesen ominösen Schatz abgesehen.“ Zustimmendes Nicken erfüllte die Runde. Nur Ruffy legte den Kopf schief.

„Und wie viele Steine haben sie schon?“ Misaki zuckte ahnungslos mit ihren Schultern.

„Das weiß ich nicht. Aber früher oder später werden sie diesen hier auch noch haben wollen…“
 

Der rote Anhänger drehte sich mehrfach um die eigene Achse und glänzte in den verschiedensten Magenta- Tönen, während die Flammen weiter mit sich selbst tanzten.

Dieses Schauspiel zog die Piraten in ihren Bann.

Doch in seinem Inneren wusste jeder genau, an was ihn diese Farbe erinnerte.

Rot, wie Blut.
 

„Das ist unsere letzte Chance.“ Ruffys ernste Stimme ließ seine Freunde aufschrecken. Sie wandten ihren Blick dem Käpt’n zu und begriffen sofort. Seine dunklen Augen strahlten eine Ernsthaftigkeit aus, die man selten bei dem Piraten sah.

Sie konnten sehen, wie er einen inneren Kampf gegen sich selber führte und jeder fragte sich, welche Seite gewinnen würde.

„Wir werden Misaki helfen. Und wenn diese Diebesbande hier auftaucht, dann werden wir sie besiegen. Wir werden nicht zulassen, dass die so mit den Menschen umgehen!“ Seine laute Stimme hallte über das Deck und erstreckte sich weit in die Dunkelheit der Nacht.

Mit einem synchronen „Ja!“ stimmte die Crew ihrem Kapitän zu.

„Und…“ Er Stockte. „Wir werden endlich unsere Nakama zurückholen!“

Für einige Sekunden stutzen die anderen, lächelten dann aber wissend. Sie hatten immer gewusst, dass er Nami nicht aufgegeben hatte. Keine Sekunde lang. Und er würde das auch niemals in seinem Leben tun.

„Ai, Ai, Käpt’n!“
 

*******
 

Der Raum war dunkel. Kein Licht drang von draußen herein. Nur eine kleine, fast abgebrannte Kerze, glimmte neben ihr.

In ihr tobte es. Seit diesem Treffen mit ihren alten Freunden und der neuen in ihrer Crew rebellierte alles in ihr. Sofort, als sie das Schiff betreten hatte, hatte sie diesen blöden Stein an ihren Boss überreicht und war in ihre Kabine geflüchtet. Obwohl sie die Tür verriegelt hatte, hatte sie in Panik vor Besuchern den alten Schreibtisch vor die Holztür gezerrt, um jeden am Hereinkommen zu hindern.

Erneut lag sie seit Stunden einfach nur da und starrte an die weiße Decke ihres Zimmers. Jeden, der an ihre Tür geklopft hatte, hatte sie ignoriert. Das tat sie öfters. Und ihr war es egal. Ihr war alles egal.
 

Und doch tauchten immer wieder dieselben Bilder vor ihren Augen auf. Ruffy, wie er dieses fremde Mädchen beschützte. Die Worte dieser Misaki, als sie sie auf den Boden gedrückt hatte. Den Anhänger, den sie um ihren Hals trug…

Nami hatte ihn sofort erkannt. Besonders, weil sie schon zwei davon gestohlen hatte. Es blieb also nur noch einer, bis sie…

Aber konnte sie das? Das Mädchen hatte den Strohhüten wahrscheinlich alles erzählt. Sie wussten von der Geschichte, den Steinen, dem Schatz, da war Nami sich sicher. Die Reaktion der Rothaarigen, als sie ihren Anhänger entdeckt hatte, hatte Bände gesprochen.

Woher auch immer die Rothaarige diesen Stein her hatte und wo auch immer sie von der Legende erfahren hatte, ihr musste klar sein, dass sie das nächste Ziel sein würde. Ihr Leben würde in Gefahr sein. Doch das würde Ruffy nie zulassen. Niemals.
 

Stille Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen und hinterließen brennende Spuren. Nami hatte keine Lust mehr, sie zurück zu halten. Sie wollte nicht mehr stark sein. Schon lange nicht mehr.

„Ich will zurück…“

Ihr leiser Hilferuf verhallte ungehört in diesem kleinen, abgeschiedenen Raum und nur noch ihr stetes Schluchzen durchbrach die nächtliche Stille.
 

*************
 

Lautes Gepolter schreckte sie aus dem Schlaf. Ihr Zimmer war hell erleuchtet und sie musste einige Male blinzeln, ehe sie überhaupt etwas erkennen konnte.

Sonnenstrahlen drangen durch das kleine Fenster und bedeckten ihren Fußboden. Es musste bereits weit über Mittag sein, wenn bei diesem Kurs des Schiffes die Sonne in diesem Winkel stand.

Wie lange hatte sie geschlafen? Die Geschehnisse des gestrigen Abends verschwammen in ihrem Kopf, fast so, als hätte sie einen über den Durst getrunken. Doch sie war sich sicher, dass sie diese Ursache ausschließen konnte.
 

Ein erneuter Knall holte sie gänzlich in die Realität zurück. Genervt von diesem Lärm zog sie sich eine schwarze Hose und ein grün/ weiß gestreiftes T-Shirt an, zog den Schreibtisch mit einem ohrenbetäubenden Kreischen über den Holzfußboden und trat auf den dunklen Flur hinaus.

Schnell folgte sie den lauten Stimmen, die aufgeregt klangen und ein ungutes Gefühl machte sich in Namis Magen breit. Es konnte einfach nichts Gutes bedeuten, wenn die Diebe so eine gute Laune hatten.
 

Sie übersprang die letzten Stufen und erreichte das vom Kampf zerschundene Deck des Schiffes. Graue Wolken hingen über ihrem Kopf und verdrängten die Sonne mehr und mehr. Die Welt lag im Schatten.

Nami entdeckte die Männer, wie sie aufgeregt über der seitlichen Reling hingen und sie voller Freude und mit lautem Jubel auf das offene Meer starrten.
 

Der jungen Frau gefror das Blut in ihren Adern. Sie wusste, was dieser ganze Aufruhr zu bedeuten hatte und genau das war es, was die Panik in ihr aufsteigen ließ.

War es etwa schon soweit? Sie war doch noch gar nicht bereit dafür! Was sollte sie denn jetzt bloß tun? Ein Rauschen überdeckte ihr Gehör. Blut schoss wie wild durch ihre Adern. Fast krampfhaft begannen sich ihre Muskeln anzuspannen. Und als sich in der Mitte der Männer ein Gang bildete, hatte sie echte Not den Würgereflex zu unterdrücken. Starr wie eine Steinsäule beobachtete die Orangehaarige, wie die drei scheinbar schwer verletzten Männer über das Deck gingen. Ein triumphierendes Lachen prangte auf ihren Lippen und die kleine, blutbefleckte Kiste trugen sie, wie den höchsten aller Schätze. Stolz und für jeden sofort sichtbar.
 

Eine Tür wurde aufgestoßen und er kam heraus. Mit starrem Gesichtsausdruck und fest hinter seinem Kopf verknoteten Haaren ging er auf seine Männer zu. Diese verbeugen sich tief ehe sie ihm die Kiste reichten.

Beinahe verkrampft griff er nach dieser Truhe und sah sie einfach nur an.

„Boss, wir haben sie. Wie ihr befohlen habt.“ Das Grinsen der Männer wurde breiter. Nami wusste, dass der letzte Satz übertrieben war, doch es lag besonders viel Stolz darin. Sie hatten die Mission erfüllt. Genauso, wie es ihnen aufgetragen wurde. Und doch wäre es besser gewesen, sie wären daran gescheitert…
 

Vorsichtig, so, als wäre die Kiste nicht aus massivem Holz, sondern aus dem feinsten Kristall, öffnete er die in den verschiedensten Farben verzierte Klappe und legte den Blick auf ein samtenes rotes Kissen frei. Seine große Hand tauchte für einen Moment in die Truhe ein, ehe er ein unscheinbares, kleines Viereck herausnahm und zwischen seinen Fingern drehte.

Es erschien so absurd, dass wegen so eines kleinen Steines Menschenleben geopfert wurden. Nur, um der Macht willen.

„Das ist er. Ist er nicht wunderschön?“ Seine Art zu Reden erinnerte Nami eher daran, wie ein Vater zu seinem Kind sprach und nicht ein ausgewachsener Mann mit einem Stein.

Die tiefe Schwärze in seiner Hand schien ihn regelrecht aufsaugen zu wollen.

„Endlich… Endlich! Mein Ziel ist zum Greifen nah!“

Jubelstürme brachen los und in Namis Kopf hämmerte jeder einzelne Schrei auf sie ein. Sie unterdrückte ein weiteres Mal den Reflex, wegzulaufen und sich zu verstecken und starrte weiter auf den pechschwarzen Stein. Selbst aus der Entfernung von zwei oder drei Metern erkannte sie die winzig kleinen weißen Lichtpunkte, die auf der Edelsteinscheibe tanzten und aussahen wie Sterne am Nachthimmel.

„Nur noch ein einziger Stein und der Schatz gehört uns! Die Welt wird vor uns zittern und wir werden herrschen!“ Erneuter Jubel, der Nami den Verstand zu rauben schien.

„Gleich Morgen werden wir aufbrechen und ihn uns holen!“
 

Der Jubel verklang seltsam in ihrem Kopf. Wie ein dumpfes Schlagen aus weiter Ferne, welches einer schmerzenden Stille Platz macht.

Der Brechreiz kam zurück und sie schlug sich eine Hand vor den Mund. Sie wusste, dass jeder sehen konnte, was sie dachte. Es war ihr Glück, dass sie für niemanden in diesem Moment interessant war.

Die Männer versammelten sich um ihren Boss und schlossen auch die Orangehaarige mit ein. Mit zitternden Beinen ließ sie sich unauffällig zurückfallen, bis sie die hinterste Reihe erreicht hatte und das kühle Holz des Schiffes in ihrem Rücken spürte.

Das Leben hatte sich gegen sie verschworen.
 

„In wenigen Tagen werden diese Möchtegern Strohhutpiraten vor uns kriechen! Und dieses widerliche rothaarige Weib kann ihre Überreste vom Fußboden aufsammeln!“
 

Es traf sie wie ein Schlag.

Er wusste es.

Er wusste es ganz genau.

Doch woher? Wer hatte ihm davon erzählt? Wer wusste noch, dass Misaki den letzten Stein hatte? Hatte dieser jemand ihn damals gesehen? Als der Stein für wenige Minuten sichtbar war? War es so offensichtlich gewesen, dass das der gesuchte Gegenstand war?

Oder war es ihre Schuld? Hatte Nami sich mit ihrem Verhalten verraten? War es so verräterisch gewesen, dass sie sich ohne ein Wort zurückgezogen hatte? Nein, das durfte nicht sein!
 

In wenigen Tagen würde es soweit sein. Der Moment, vor dem sie sich schon sehr lange gefürchtet hatte. Der Tag, an dem sie sich entscheiden musste. Mehr als das. Es war eine Entscheidung, ob sie leben oder sterben wollte. Und auch wenn sie wusste, wie idiotisch das klang, war sie sich nicht sicher, welche Seite sie wählen sollte.

Sie fürchtete sich nicht vor dem Tod. Sie wusste, dass dort jemand auf sie warten würde und sie nicht allein wäre.

Es war das Leben, welches ihr Angst machte. Mit all seinen Entscheidungen und Wegen, die es ging. Es hing so viel von anderen Menschen ab, ob man glücklich war oder weinend verzweifelte. Nami hasste es, wenn andere über ihr Leben entschieden. Damals mit Arlong war es nicht anders. Sie hatte keine andere Wahl gehabt, als ihm zu folgen. Und das schien sich nun zu widerholen…

Wie lange konnte sie das noch ertragen?
 

„Die Strohhutbande soll zurzeit auf einer Insel Halt gemacht haben!“ Die Stimme des einen Mannes riss Nami aus den Gedanken. Gebannt hörte sie der Konversation zu. Und auch die anderen Diebe waren verstummt und blickten erwartungsvoll auf ihren Boss.

„Welche Insel?“ Seine dunkle Stimme brummte voller Vorfreude.

„Sie nennt sich die ‚Vier- Jahreszeiten- Insel‘, Boss! Sie ist so gelegen, dass sie durch verschiedene Meeresströmungen andere Klimazonen besitzt! Durch das unvorhersehbare Wetter ist die Insel normalerweise unbewohnt!“, erzählte der Mann seine Erkenntnisse und schien sehr stolz darauf zu sein, das alles in Erfahrung gebracht zu haben.

„Eine verlassene Insel also?“ Sein Lachen in diesem Moment klang ungewöhnlich verzerrt. „Sie erwarten uns…“
 

Nami wusste, dass er Recht hatte. Alles deutete darauf hin, dass sie wussten, was bald geschehen würde. Ein letzter Kampf, den nur eine Seite überleben konnte.

Sie würden sterben. Alle würden sterben!

„Ruffy…“
 

**********
 

Der Himmel war bedeckt von Wolken. Wie eine graue Decke legten sie sich über die Insel. Nur wenige Sonnenstrahlen schoben sich durch die dichte Masse. Immer wieder nieselten winzige Wassertropfen auf die Erde hinab, wo sie lautlos zwischen dem dichten Blätterwald verschwanden.

Es war eine bizarre Umgebung, die sie sich ausgesucht hatten und es hätte sie beinahe das Leben gekostet, dort anzukommen. Misaki fühlte sich noch immer unwohl, wenn sie an den gewaltigen Sturm dachte, der die Thousand Sunny mehrfach gegen die Klippen geschmettert hatte. Der Schiffszimmermann und der mit der langen Nase mussten volle drei Tage das Schiff vor dem völligen Versinken bewahren.
 

Ihr Herz klopfte unregelmäßig gegen ihren Brustkorb und ein flaues Gefühl hatte sich in ihrem Magen eingenistet. Seit sieben Tagen wusste sie, dass bald die Begegnung kommen würde, vor der sie sich seit langem gefürchtet hatte. Jemand wusste von ihrem „Schatz“ und dieser jemand schreckte nicht davor zurück, ihn mit Blut zu erbeuten.

Und doch war etwas ganz anders. Etwas, was sie ein klein wenig beruhigte. Sie war nicht allein. Seit langer Zeit schon war sie nur auf sich gestellt, doch das war jetzt anders.
 

Sie nahm ihren Blick von dem kleinen Blatt, welches sie schon seit geraumer Zeit zwischen ihren Fingern bearbeitete und entdeckte den jungen Mann, der wenige Meter entfernt am Ufer der Insel stand und auf das weite Meer blickte. Auch ihm wurde es langsam zuwider immer nur zu warten. Misaki wusste, was für ihn auf dem Spiel stand.

Dieses orangehaarige Mädchen… Er schien sie wirklich gerne zu haben. Genauso wie sie ihn. Das war nicht zu übersehen. Auch wenn beide es versuchten zu verbergen, war es trotzdem da.

Aber irgendwie kam es der Rothaarigen so vor, als wenn die beiden es noch gar nicht wussten. Und die Blicke der anderen Piraten, wenn das Thema angeschnitten wurde, bestätigten ihre Vermutung.

Kein Wunder, dass er so nervös war…
 

Erneut fixierte sie das kleine, grüne Blatt, welches sie von einem nahen Busch gerissen hatte. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, die von der großen Hitze zeugte, die dort herrschte. Und doch war das nicht auf der gesamten Insel so.

Nur wenige Meter von ihr entfernt begann ein anderer Abschnitt, der unterschiedlicher nicht sein konnte: Orangefarbene Blätter zierten die Laubbäume, gelb und rot mischte sich dazu und der Boden war von Blättern nur so überseht.

Es war merkwürdig. Der Übergang zwischen den verschiedenen Klimazonen dieser Insel verlief nicht fließend. Nein. Plötzlich änderte sich das Wetter mit nur wenigen Schritten von sommerlich und warm zu herbstlich kalt. Und noch ein paar Minuten später stand man auf einmal mitten im tiefsten Schnee.

Diese Insel war merkwürdig und ihr nicht so ganz geheuer. Besonders das hohe Gebirge, welches den Mittelpunkt der Insel bildete, mochte sie überhaupt nicht. An einer Stelle schienen sich die Klimazonen zu treffen und dort herrschte ein unwirklicher Sturm. Es war gleichzeitig heiß und kalt, es schneite, obwohl die Sonne schien und von den schneebedeckten Bäumen fielen verfärbte Blätter, neben denen Blütenknospen sprossen.
 

Als die Piraten am Tag zuvor diesen Punkt entdeckt hatten, waren sie schnellstmöglich wieder gegangen, ohne dem Phänomen zu nahe zu kommen.
 

Die Strohhutbande hatte diese Insel ausgewählt, weil sie genau wussten, was passieren würde. Sie rechneten mit einem Kampf, der auch ihre Umgebung in Mitleidenschaft ziehen würde. Und somit auch jeden, der sich in der Nähe befand.

Das schlechte Gewissen nagte an der Rothaarigen. Immerhin war es ihre Schuld, dass alles aus dem Ruder gelaufen war. Wenn sie damals gewusst hätte, wo sie hier reingeraten wäre, hätte sie den Schwarzhaarigen überhaupt nicht angesprochen. Irgendein anderes Boot hätte ebenfalls seinen Zweck erfüllt.

Doch es war anders gekommen. Und jetzt half auch kein „wäre“ mehr…
 

„Es geht bald los, oder?“ Leise hallten ihre Worte über den sandigen Boden und verloren sich im Rauschen der Wellen. Der Mann, der neben sie getreten war, setze sich zu ihr auf den warmen Sand und lehnte den Kopf gegen eine der Palmen.

„Wahrscheinlich.“, gab er als Antwort. Seine anfängliche Kampfesfreude war verschwunden. Gleich, als die beiden sich von den anderen abgespaltet hatten.

„Ob es den anderen gut geht?“ Echte Sorge schwang in ihren Worten mit. Was mit ihr passierte, war nicht so wichtig. Aber wenn den anderen etwas wegen ihr passieren würde… Es fiel ihr zwar schwer, sich das einzugestehen, aber die Piraten waren ihr wirklich ans Herz gewachsen. So seltsam sie auch sein mögen…
 

„Hihihi, klar! Mach dir um die keine Sorgen!“ Seine angespannte Miene wich einem fröhlichen Ausdruck, als er begann über seine Freunde zu reden. „Die haben alle echt was drauf! Von so ein paar Idioten lassen die sich garantiert nicht zusammenschlagen!“ Er schlug die Beine vor seinem Körper übereinander, stützte sich mit den Händen darauf ab und wippte hin und her. Wie ein kleines Kind. Misaki schmunzelte.

„Ja, wahrscheinlich.“, gab sie ihm Recht und atmete tief aus.
 

„Und wir beide werden die ganze Sache beenden.“ Das Lachen war verschwunden und sein entschlossener Blick richtete sich wieder auf das dunkelblaue Meer. Die unregelmäßige Silhouette am Horizont zeugte von dem, was gleich geschehen würde.
 

„Es geht los.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  -Waldnymphe-
2012-07-03T13:43:56+00:00 03.07.2012 15:43
Deine Geschichte ist wirklich toll *__*! Ich mag deinen Schreibstil sehr gerne.
Ich hoffe, dass Nami bald wieder zurück zu den Strohhüten kommt >__<' Armer Ruffy!
Mach schnell weiter :D!

lg Waldy
Von:  Easylein
2012-07-01T16:56:58+00:00 01.07.2012 18:56
Hi!
Jo, mich gibt es auch noch *Langisher* Die liebe Zeit ist bei mir immer sehr begrenzt *seufz*
Ein klasse Kapitel! ^-^
Ich freu mich auf das nächste ^-^
glg Easy
Von:  fahnm
2012-06-29T20:29:04+00:00 29.06.2012 22:29
Endlich ist es soweit.
Diese Diebesbande wird sich noch wundern.
Sie werden auf eine Strohutbande mit ganzer Kraft treffen.

Freue michs chon sehr aufs nächste kapi^^
Von: abgemeldet
2012-06-29T14:13:03+00:00 29.06.2012 16:13
Ui jetzt wird es aber spannend! >_<
Sie waren also die ganze Zeit hinter einem Stein her - immer diese Machtgeier *kopfschüttel* Aber eine Frage blieb glaube ich, bisher noch ungeklärt: Warum macht Nami da nun mit? .__. Hat der Boss sie etwa mit dem Leben ihrer Freunde bedroht *grübel* Hm, vielleicht erhalte ich bald die Antwort dadrauf^^

Nami macht sich Sorgen D: Sie soll endlich zu ihren Freunden zurück! Die Strohhüte brauchen sie - Ruffy braucht sie! ^___^ Hm, ich mag Misaki =3 Schreib bitte schnellstmöglich weiter, ich freu mich schon tierisch drauf<3


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