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Ehre und Stärke IV: Thors Hammer

Gundam Wing goes ancient Rome
von

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Disclaimer: Gundam Wing und die Charaktere gehören nicht mir sondern Sunrise und Bandai. Ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte.

Kommentar: Es war der Wunsch von Einigen zu erfahren, wie Trowa und Quatre sich kennengelernt haben. Ich fand, dies ist der beste Zeitpunkt dafür. Aber jetzt erst mal die Erklärung, wie Trowa in Treizes Dienste geraten ist.
 

Kapitel XXI
 

„Was ist Zechs? Kommst du mit nach draußen?“
 

Trowa hatte die Zeltplane zurückgeschlagen und trat neben Zechs, der wie stets an Treizes Lager wachte. Auch jetzt hielt er Treizes linke Hand umklammert, von Zeit zu Zeit küsste er sie. Trowa hatte nur die besten Absichten, jeden Abend versuchten sie Zechs dazu zu bewegen sich doch mit ihnen allen ans Lagerfeuer zu setzen. Allerdings blieb Zechs lieber bei Treize. Sally hatte ihm nach dem Zwischenfall am See stets ein wenig Mohnsaft eingeflößt, sobald Treizes Schlaf wieder leichter wurde. Zechs war sich bewusst, wie gefährlich es war. Was, wenn Treizes Körper sich längst daran gewöhnt hatte und mit einem Mal nicht mehr darauf verzichten konnte? Was, wenn er längst abhängig davon geworden war?

Außerdem konnten sie nicht den ganzen Winter bei der Gauklertruppe bleiben. Es war viel zu gefährlich für die guten Männer und Frauen. Catherine und die anderen begingen schon ohnehin ein großes Risiko, weil sie auf Trowas Bitte eingegangen waren.

Einen Vorteil hatten die ständigen Schmerzmittel. Sally konnte die Wunde an Treizes Hand regelmäßig reinigen und hatte auch die Knochensplitter entfernen können. Wäre Treize bei Bewusstsein gewesen, die Schmerzen wären wohl unerträglich gewesen. Doch so... Und die Wunde hatte auch begonnen sich endlich zu schließen. Zwar fieberte Treize immer noch ein wenig, was seinen Körper zusätzlich auszehrte, aber er befand sich auf dem Weg der Besserung. Zumindest glaubten sie dies. Wie gut es Treize wirklich ging und ob er seine Hand noch gebrauchen konnte, würden sie erst erfahren, wenn der Konsul wieder etwas klarer im Kopf war.
 

„Selbst wenn er jetzt aufwachen würde, wir sind doch ganz in der Nähe“, meinte Trowa als er auf Treize hinabblickte.

Zechs seufzte. Er ließ Treize nur ungern alleine, aber vielleicht sollte er wirklich nach draußen gehen. Etwas Gesellschaft und ein Schluck Wein würde ihm guttun. Treize würde sie sofort hören, wenn er aufwachte.

Also legte er Treizes Linke wieder zurück unter die Decke und hüllte sich selbst in seinen Umhang. Es war bereits Herbst und sie befanden sich mittlerweile nahe den Alpen. Das Wetter war hier merklich kühler und die Winde beißender.
 

Duo grinste Zechs an und rückte zur Seite. Er reichte ihm sofort einen Tonkrug. Zechs schnupperte daran. „Gewürzter Wein? Wo habt ihr den denn aufgetrieben?“
 

„Quatre war mit Catherine einkaufen. Ich kann mir schon Treizes Gesichtsausdruck vorstellen, wenn er ihn kosten würde. Er ist für seinen Geschmack wohl zu herb, aber...“, Duo hielt inne. Es schien ihnen als ob dieser Luxus nun weit weg und unerreichbar war. Jetzt saßen sie an einem Feuer, auf dem blanken Erdboden, ihre Kleider nur notdürftig in einem Fluss gewaschen, keine Therme war in Sicht. Natürlich benötigte man die ganzen Annehmlichkeiten einer luxuriösen Stadtvilla oder des Anwesens auf dem Land nicht, jedoch gewöhnte man sich nur allzu schnell daran.... Oder vielleicht war es auch nur das Gefühl von Sicherheit, das ihnen nun fehlte. Die Zukunft war schrecklich ungewiss geworden und wie schnell es gegangen war.
 

„Hey!“ Duo stieß ihn in die Seite. „Du musst im Jetzt leben.“ Als ob er Zechs‘ Gedanken erahnt hätte.
 

„Wer hat dir denn das erzählt?“ Zechs nippte an dem Wein.
 

Duo zog die Schulter nach oben. „Es nützt doch nichts der Vergangenheit nachzutrauern, ändert doch nichts.“
 

„Oh Duo!“ Zechs legte den Arm um die schmalen Schultern des Jungen. Es war klar, dass sich Duo nicht auf ihre veränderten Wohnverhältnisse bezog, sondern auf Heero.
 

Zechs trank noch einen Schluck Wein. Ja, Treize hatte immer gerne gewürzten Wein getrunken. Wie sollte es überhaupt weitergehen, wenn sie wieder im Reich der germanischen Stämme waren? Bis jetzt hatte Zechs es vorgezogen nicht ausführlich über diesen Umstand nachzudenken, wobei ihn die fallenden Temperaturen jeden Tag aufs Neue dazu ermahnten. Er musste sich in Germanien als Zechs Merquise zu erkennen geben. Sein Name war dort noch geachtet, zumindest bei den nördlichen Stämmen. Die Germanen war kein so organisiertes Reich wie die Römer. Es gab keinen Kaiser, nur Stammesoberhäupter. Deshalb waren sie den Römern auch so gnadenlos unterlegen, sie konnten keine geeinte Streitmacht ins Feld führen und die einzelnen Fürsten zerrieben sich in ihren Rivalitäten.

Aber Zechs fürchtete, dass dies nicht ausreichen würde. Treize hatte ja bereits in dieser Gaststätte in Rom kurz nachdem sie ihn aus Marcus‘ Klauen befreit hatten Andeutungen gemacht, dass er seinen rechtmäßigen Platz auf dem römischen Thron einnehmen würde. ‚...und wenn ich dazu die Germanen brauche‘

Was für ein aberwitziger Plan.
 

Doch dies wäre die einzige Möglichkeit gegen die Römer aufzubegehren. Im Grunde hatte auch sein Vater dies bereits gewusst, er hatte die Germanen einen wollen, nur nicht mit Waffengewalt. Deshalb auch der Beinamen ‚Friedensfürst‘.
 

Und dann gab es noch diese verdammten Legenden, die sich um seine Familie und auch um ihn rankten. Er konnte diese Erzählungen für sich und ihre Sache nutzen, aber womöglich brachten sie ihn auch in Gefahr. Nicht alle Fürsten würden begeistert sein ihre Macht an ihn abzugeben. Sie würden ihn der Lüge bezichtigen und dies wäre noch die geringste Anschuldigung. Zechs würde um sein Leben fürchten müssen, immer vorsichtig sein, immer auf der Hut sein.

Vielleicht hätten sie doch nach Ägypten flüchten sollen...
 

Trowa und Catherine alberten einmal mehr auf der anderen Seite des Feuers herum. Er balancierte eine Messerspitze auf seiner Fingerkuppe und Catherine zog sofort nach. Catherine war eine Autorität unter den Gauklern, die anderen Männer und Frauen achteten ihre Meinung und Befehle. Nur so war es auch möglich gewesen, dass sie hier Unterschlupf fanden. Wer hätte sonst die Gefahr auf sich genommen einen ehemaligen römischen Konsul zu beherbergen, der auch noch von den Prätorianer gesucht wurde?
 

Ob die beiden wirklich Geschwister waren? Catherine war fest davon überzeugt, dass es sich bei Trowa um ihren verschollenen Bruder Trinton handelte. Trowa schien dieser Idee zumindest nicht abgeneigt zu sein, er hatte keinerlei Erinnerung an seine früheste Kindheit und Catherine war es auch die eine Erklärung für die unförmige Narbe hatte, die Trowa am unteren Rücken trug. Dort sei er als Kind dem Kochtopf ihrer Mutter zu nahe gekommen.

Wenn man ein kritischer Geist war – und durch Treizes Einfluss war Zechs dies mehr denn je – dann konnte man anmerken, dass dies eine sehr dürftige Erklärung war, die sich jeder ausmalen konnte. Aber gut, es war nicht an Zechs dies zu beurteilen.

Aber das Thema schien sowohl Catherine als auch Trowa auf den Nägeln zu brennen: „Siehst du Trowa, das kannst du nur von uns gelernt haben.“
 

„Du willst doch nicht ernsthaft behaupten, mein Vater hätte mir schon als Kleinkind solche Tricks beigebracht!“
 

„Aber natürlich, wird sind Schausteller und Gaukler. Zum einen nehmen wir so etwas mit der Muttermilch auf, und zum anderen sind wir eine große Familie. Die Kleinen lernen früh das Handwerk.“
 

Trowa erwiderte nichts darauf.
 

„Wie bist du eigentlich in Treizes Dienst geraten?“, erkundigte sich nun Zechs. Er wusste, dass Duo ein ehemaliger Sklave eines Bordells gewesen war und von Heero aus dieser unglücklichen Lage befreit worden war. Treize hatte ihn dann als seinen Leibsklaven übernommen.

Heero und Quatre waren als Offiziere in Treizes Dunstkreis geraten. Heero war dem Konsul durch seine Leistungen aufgefallen, Quatres Familie war schon seit jeher eng mit Treize verbunden.
 

Trowa fing das Messer geschickt zwischen zwei Fingern auf und wirbelte die Klinge herum. „Ich bin bei Söldnern aufgewachsen und habe von ihnen das Kämpfen gelernt. Wir sind durch das römische Reich gewandert. Haben uns manchen Legionen angeschlossen oder für irgendwelche Befehlshaber gekämpft, es war uns gleichgültig für wen. Hauptsache der Lohn füllte unsere Mägen. Dann wurde ich an einen Römer verkauft, um für ihn in seiner Leibwache zu arbeiten. Ich war noch sehr jung, aber bereits einer der besten Kämpfer in unserer Truppe. Es stellte sich heraus, dass dieser Römer nicht nur ein angesehener Senator war, sondern auch Teilhaber mehrerer Bordelle. Bald arbeitete ich in diesen Bordellen, um die Huren und Knaben vor den Freiern zu schützen. Es waren überwiegend Männer der übelsten Sorte, die dort ihre Befriedigung suchten. Allesamt reich und gut betucht, aber mit einem kranken Geschmack.“
 

„Und lass mich raten“, warf Zechs dazwischen. „Treize ist ebenfalls ein Gast dort gewesen und hat in dir mehr gesehen als nur den Leibwächter von Huren?“
 

„So ähnlich...“, gab Trowa zu und grinste freudlos.
 

… Capua, 7 Jahre zuvor...
 

Das würde mächtig Ärger geben. Trowa schloss kurz die Augen und seufzte. Das war die zweite Hure in dieser Woche, die im Bordell umgekommen war. Er hörte die Worte seines Herren bereits, konnte sich vorstellen, wie dessen Reaktion ausfallen würde. Dabei taten ihm seine Schenkel noch von der letzten Bestrafung weh. Fünf Schläge mit dem Rohrstock hatte es ihm eingebracht, weil er nicht achtsam genug gewesen war den Tod der ersten Hure zu verhindern.

Der Herr mochte ihm Vorwürfe machen, Trowa tat es nicht. Er war nicht schuld am Tod der Hure. Er hatte so viel zu tun, musste die Freier so subtil als möglich beobachten und einschätzen, ob sie Ärger machen würden. Und nicht nur das, er musste auch dafür sorgen, dass die edlen Herren nicht starben, wenn sie ihren perversen Vorlieben frönten. Das war auch schon vorgekommen.
 

Heute Nachmittag war er in einen der Kammern im Obergeschoss gewesen und hatte unbeteiligt dabei zugesehen, wie ein Offizier der Prätorianer sich von einem Sklaven hatte an die Holzbalken fesseln und auspeitschen lassen. Nein, Trowa würde die Menschen und ihre Perversitäten nie verstehen. Bei den zahlreichen exotischen Praktiken, die er jeden Tag vor Augen geführt bekam, hatte er kaum noch Lust überhaupt eine sexuelle Beziehung mit jemandem einzugehen. Wobei es ihm nicht am Angebot mangelte und er auch schon ein paar Mal darauf eingegangen war.
 

Trowa musterte die tote Frau, die hier auf ihrem Lager gefesselt lag. Der Freier war getürmt und selbst wenn man ihn hätte fassen können, sein Herr hätte ihn nicht vor die Magistrate gezerrt. Die Hure war nur ein Mädchen vom Lande gewesen, noch relativ unerfahren und wertlos. Wenn es eine angesehene Prostituierte gewesen wäre, hatte sein Herr womöglich eine Kompensation in Form von Sesterzen gefordert, aber so, war es eben ein Opfer mehr.

Manchmal fragte sich Trowa wie lange er diesen Abgrund noch ertragen konnte, bevor er selbst durchdrehte. Man sah es seinem Körper zwar nicht an, weil er hoch gewachsen und athletisch war, doch er zählte erst 16 Sommer.
 

Es klopfte dreimal an der Tür zur Kammer und Trowa vergewisserte sich, dass es niemand anders als Titus war. Titus, der Experte wenn es darum ging die Kundschaft zu dominieren und zu demütigen. Er war der Beste auf diesem Gebiet und er hatte ein großes Interesse an Trowa, das dieser von Zeit zu Zeit gerne erwiderte. Wenn sie das Lager teilten, dann war es gemessen an den Dingen, die sie hier jeden Tag im Bordell sahen, schon geradezu langweilig und gewöhnlich. Doch da Titus Trowas erster Mann war, wollte er auch nicht, dass ihn dieser gleich an die Holzbalken des Obergeschoss knüpfte und...

Unwillkürlich musste sich Trowa zwischen die Beine fassen. Der Gedanke erregte ihn, wie er mit Beschämen feststellte. Titus ließ den Blick über die tote Hure schweifen und schnalzte nur mit der Zunge. Er hatte schon schlimmer zugerichtete Tote gesehen. Es war wohl ein Unfall gewesen, der sich hier ereignet hatte. Der Freier hatte sie an den Bettrahmen gebunden und war nicht sorgsam genug gewesen. Die Fesseln hatten sich in den Hals der Frau geschnitten und sie war letztendlich daran erstickt. Wahrscheinlich hatte der Freier Panik bekommen und die Frau nicht mehr retten können.
 

„Wo sollen wir sie hinbringen?“ Er wandte sich an Trowa und natürlich fiel ihm sofort auf, wo Trowas Hände waren.
 

Trowa ignorierte den amüsierten Blick und versuchte sich wieder auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Wobei ihm diese Vorstellung nicht mehr aus dem Kopf ging. Wie sich wohl die rauen Balken in seinem Rücken anfühlen würden, die Seile, die seine Hand- und Fußgelenke fesselten und dann Titus‘ Zunge zwischen seinen Beinen, der er völlig ausgeliefert war?
 

„Du solltest mir öfters bei der Arbeit zusehen“, meinte Titus leichthin.
 

Ja, das sollte er wohl und zumindest einmal wollte er es selbst ausprobieren wie es war so gefesselt zu werden.
 

„Das ist bereits die Zweite.“ Trowa presste die Lippen aufeinander.
 

„Zufall, ja und?“
 

„Ich glaube, das war kein Zufall.“
 

Titus musterte ihn skeptisch. „Die Erste war nicht ans Bett gefesselt.“ Der andere Sklave hatte ihm auch beim Wegschaffen der ersten Toten geholfen.

Da musste ihm Trowa recht geben und doch...
 

„Außerdem weißt du nicht, wer ihr Freier war.“
 

„Also bitte, das sollte nicht schwierig werden herauszufinden.“
 

„Mach dir nicht zu viele Gedanken, Trowa. Mach deine Arbeit und grüble nicht zu viel.“ Damit mochte ja Titus zufrieden sein, vielleicht war dies Titus‘ Rezept ihr Leben zu überstehen und zu meistern. Aber Trowa konnte sich damit nicht zufriedengeben.
 

Er begann die Fesseln mit seinem Dolch durchzuschneiden. Die Leiche gab nach, rollte beinahe von der Pritsche. Titus griff beherzt zu und gemeinsam schlugen sie die Bettlaken um den Körper der toten Frau. Doch nicht ohne, dass sich Trowa die Verletzungen der Haut genauer ansah. Jeden Bluterguss prägte er sich ein und er drehte sie sogar auf den Bauch, um sich den Rücken genauer zu besehen.

Titus ließ ihn gewähren, allerdings war es ihm ziemlich deutlich anzusehen, was er davon hielt.
 

„Bringen wir sie zu Antonius?“
 

Trowa nickte nur. Antonius und seine Männer verscharrten die zahlreichen Armen, Bettler und sonstigen Toten, die auf den Straßen Capuas aufgesammelt wurden. Irgendjemand musste sich ja auch darum kümmern. Also luden sie den Körper auf einen Karren schafften ihn aus der Stadt.
 

Einer von Antonius‘ Handlangern nahm die Leiche entgegen und Trowa wusste, dass ihm Titus deswegen Vorhaltungen machen würde, doch er musste es wissen. „Habt ihr die andere schon vergraben?“
 

Mit einem Schulterzucken wurde ihm geantwortet. Nachdem einige Münzen ihren Besitzer gewechselt hatten, durfte Trowa sich im hinteren Bereich der Baracken umsehen. Er schlug sich den Zipfel seines Umhangs vor die Nase, doch es nützte nicht viel. Der Gestank war bestialisch. Titus fluchte und zog es vor draußen zu bleiben.

„Aber beeil dich!“, herrschte er Trowa an.
 

Er hoffte, dass ihn dieser Anblick nicht noch in seinen Träumen verfolgen würde. Die Leichen von Männern, Frauen und Kindern nebeneinander aufgereiht, teilweise aufgedunsen. Sie hätten schon längst begraben oder verbrannt sein sollen. Er musste Titus recht geben, er würde leichter leben, wenn er nicht so viel nachdenken würde. Aber, was wenn diese Todesfälle kein Zufall waren und nächste Woche wieder eine Hure sterben würde?

Während er noch so durch die Reihen ging, die nachlässig mit großen Laken abgetrennt waren, vernahm er Stimmen.
 

„Ich sage dir Treize, das ist er nicht.“
 

„Dann suchen wir weiter.“
 

Oh, das war nicht gut. Was suchten Adlige hier in einem Leichenhaus? Trowa war sich ziemlich sicher, dass es sich hier um Angehörige des Adels handelten. Er kannte diese Ausdrucksweise und die Art, wie sie sprachen. Vorsichtig spitzte er um das nächstbeste Laken. Irgendetwas tief in seinem Innersten warnte ihn, besser sie sahen ihn nicht.

Dann sah er die beiden Männer. Sie waren zwar in schlichten Tunicen gekleidet, aber es konnte keinen Zweifel geben.
 

„Was soll das überhaupt? Ich glaube kaum, dass Brutus‘ Leiche hier zu finden ist, wenn er in der Tat in der Kneipenschlägerei gestorben ist. Ich meine, er war schon immer ein Hitzkopf, aber... Oh! Bei den Göttern.“

Der Römer, der diese Worte gesprochen hatte, verstummte und machte würgende Geräusche. Anscheinend hatte sie Brutus gefunden.
 

„Ja, ich würde sagen, das ist unser teurer Freund Brutus.“ Die Stimme des anderen Mannes, Treize, klang ganz und gar nicht überrascht. Eher schon gelangweilt. Trowa wusste, dass diese Männer die gefährlichsten waren. Jene, die ihre Gefühle so perfekt unter Kontrolle hatten und sie dann mit einem Mal freiließen. Wie eine Meute Jagdhunde, kaum gezähmt, aber einmal von der Leine gelassen und sie zerfleischten alles, was ihnen den Weg kreuzte. Trowa wusste das nur zu gut, der Anführer der Söldner hatte gerne mit wilden Hunden gejagt.
 

„Wer hat ihm das angetan?“, hörte man den zweiten Mann stottern.
 

Trowa war nun endgültig neugierig, zwar wusste er es besser, doch er huschte um zwei weitere Laken, um besser zu erkennen, was da in diesem hintersten, düsteren Winkel der Baracke vor sich ging. Den Gestank hatte er längst vergessen, oder hatte sich seine Nase daran gewöhnt. Das wäre auch eine Möglichkeit.

Auf dem Boden vor den beiden Adligen lag eine nackte Männerleiche. Nackt bis auf einen breiten Streifen aus purpurnem Stoff, der um den Hals der Leiche geknüpft war. Der Körper wies etliche Stichverletzungen auf. Irgendjemand hatte sich wild ausgetobt. Lediglich das Gesicht war unversehrt. Was für einen grauenhaften Anblick mussten diese Augen erduldet haben, so kurz vor ihrem Tod.
 

„Wer ihm das angetan hat?“ Dieser Treize lachte. Trowa lief es bei diesem Laut eiskalt den Rücken hinab. Da war er wohl nicht der Einzige. Der andere Römer drehte sich zu Treize um.
 

„Ich habe ihn getötet.“
 

Ein Dolch war in der Hand des Mannes aufgetaucht. Oh, er wusste, wie er mit einer derartigen Waffe umzugehen hatte. Das sah Trowa sofort, so wie er den Griff locker umfasst hielt und leicht in die Knie ging. Trowa ahnte bereits, was folgen würde.
 

„Genau wie ich es mit dir tun werde.“
 

Bevor der erste Stich erfolgte, wandte Trowa den Blick ab. Doch trotzdem hörte er den überrascht, empörten Aufschrei des Römers. Es folgte kein nennenswerter Kampf und schon hörte das Poltern eines toten Körpers. Das Zerreißen von Kleidung und das ekelhafte Geräusch von Fleisch, das mit einem Messer geteilt wurde. Es hörte sie an, wie bei einem Fleischer auf dem Markt, der die schmackhaftesten Stück vom Rumpf eines Schweines abtrennte.

Trowa glaubte nun selbst würgen zu müssen. Doch er presste die Augen zusammen, die Hand auf den Mund und zwang sich keinen auch noch so kleinen Laut von sich zu geben.
 

Er war Zeuge eines Mordes geworden!
 

Mit einem Mal ertrug er die Hitze nicht mehr, die stickige, krankmachende Schwüle des Leichenhauses.

Alles, was er noch hörte, bevor er ohnmächtig wurde, war das Geräusch eines Mannes, der ausspuckte. „Und das war für meinen Vater und meine Mutter!“
 

Als nächstes erwachte er auf einer Wiese. Titus‘ Stimme nahe an seinem Ohr. „Er heißt Trowa und arbeitet...“
 

Den Rest hörte Trowa nicht mehr, er beugte sich auf die Seite und musste sich übergeben. Jemand hielt ihm den Kopf und er wusste sofort, dass es nicht Titus war. Titus‘ Hände waren gröber, rauer.
 

„Herr, Ihr werdet euch beschmutzen!“
 

„Teile deinem Herren mit, dass ich gedenke diesen Sklaven zu kaufen.“
 

Trowa hörte auf zu würgen und schlug die Augen auf. Natürlich hatte er die Stimme sofort erkannt. Es war dieser Treize, der neben ihm kniete. Und so sanft diese Hände seinen Kopf hielten, ihm den Schweiß von der Stirn wischten, so unbarmherzig und kühl musterten ihn die blauen Augen des Römers. Er überlegte wohl gerade, ob er Trowa nicht auch zu den Göttern schicken sollte.
 

...
 

„Ich habe nie herausgefunden, ob die Huren in unserem Bordell tatsächlich ermordet worden waren. Treize hatte Titus zurück geschickt und mich dann noch am gleichen Tag gekauft. Seit diesem Tag stand ich in seinem Dienst. Er hat nie darüber geredet, was er in diesem Leichenhaus getan hat. Es war auch nicht nötig. Ich wusste, ein Wort aus meinem Mund und ich würde in genau so einem Leichenhaus enden. Und dafür war das Leben bei Treize mit viel zu vielen Annehmlichkeiten verbunden, gemessen an dem, was ich bis jetzt gewöhnt war.“
 

Als Trowa mit diesen Worten geendet hatte, zog er Quatre in eine enge Umarmung. „Aber ich denke, jetzt ist es gut. Es hat keinen Sinn mehr damit darüber zu schweigen. Entschuldige, dass ich es dir nicht früher erzählen konnte.“
 

Quatre nickte verständnisvoll und die beiden entfernten sich wenig später in Richtung ihres Schlafplatzes. Auch Zechs erhob sich von dem Platz am Feuer. Doch anders als die beiden Liebenden konnte er nicht darauf hoffen etwas Beistand in körperlicher Leidenschaft zu finden. Auf ihn wartete nur Treize, noch immer schlafend. Also setzte er sich auf den Rand der Liege und strich dem ehemaligen Konsul durch das rötlich blonde Haar.
 

„Was hast du schon alles ertragen müssen?“, murmelte er.
 

Von nun an sollte es besser werden und wenn er dafür kämpfen musste. Treize sollte nicht noch einen geliebten Menschen verlieren und Rache nehmen müssen. Das schwor Zechs bei seinen Göttern.



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