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I will bite you like a brother

Warum gerade du?
von

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Gefühle bitter-süß

Wieder einmal ein dickes Bussi für die fleißigen Kommentatoren hinata2001, kartoffelherz, Dayce und Kuroi-sora! Danke für euer Mitfiebern ^.^
 

Das Lied, was Reita in der Wohnung begrüßt, ist Cupola von Zeromancer.

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Ein Kuss ist der orale Körperkontakt mit einer Person oder einem Gegenstand.

Der Kuss gilt in vielen Kulturen als Ausdruck von Liebe, Freundschaft und Ehrerbietung. Die Bedeutung des Kusses, insbesondere des in der Öffentlichkeit entbotenen Kusses, ist jedoch kulturell unterschiedlich. In der westlichen Kultur ist der Kuss meist Ausdruck von Liebe und Zuneigung; häufig auch als Bestandteil sexueller Betätigung. [Quelle@wikipedia]
 

So oder so ähnlich hätte ich den folgenden Moment beschreiben können; völlig sachlich und gefasst, wie ein Außenstehender, der eine Abhandlung über Isa und mich schreiben würde.

Ihre Lippen pressten sich zuerst fest und fordernd auf meine, doch schnell wurden ihre Bewegungen zurückhaltender, als hätte sie sich selbst über ihr forsches Verhalten erschrocken.

Ich konnte Isa´s Begehren und Zuneigung in jeder Bewegung ihres Mundes spüren, im Rauschen ihres Blutes, was mir laut in den Ohren dröhnte und der Wärme ihres Atems, der sanft gegen meine Lippen stieß.

Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, als wollte es meines zum Mitmachen animieren, indem es nur laut genug klopfte.

Ihre Arme lagen noch immer um meinen Nacken, zogen mich zu ihr herab, sanft und liebevoll, wie eben nur eine Frau das konnte.

Ich erwiderte ihren Kuss, doch mehr aus reinem Reflex als aus Lust, da mich ihre plötzliche Aktion völlig überrumpelt hatte. Ich öffnete die Lippen ein wenig, stupste probeweise mit meiner Zunge gegen ihre, umtanzte diese lockend.

Ich wollte etwas fühlen. Ich wollte diesen Kuss genießen.

Ich hoffte auf diesen oft beschriebenen Moment, in dem die Welt still zu stehen schien; indem es nur noch zwei Liebende gab, die sich innig küssten, förmlich miteinander verschmolzen und von ihren Gefühlen hinweggetragen wurden.

Ich hoffte darauf, da mich so ein Erlebnis mit Sicherheit geheilt hätte. Gereinigt von der Sehnsucht nach meinem Bruder.

Doch der Funke sprang nicht über.

Ich wollte wirklich etwas völlig einzigartiges in diesem Kuss sehen und erleben, ich wollte Isa das geben, was sie sich wünschte, doch die Realität sah anders aus.

Es gab kein Feuerwerk in meinem Kopf, keine innerlichen Explosionen, keinen Freudentaumel, keine Knie, die weich wurden oder ein Herz, was unkontrolliert Triumphschläge trommelte…

Es gab nur das eher sachliche Aufeinandertreffen von zwei Mündern, die leisen, feuchten Geräusche unserer Lippen und Zungen, rationalen Austausch von Speichel, das Rascheln der Blätter in den Bäumen, weit entfernten Straßenlärm, das Kläffen eines Hundes…

Meine eigenen, abschweifenden Gedanken erschreckten mich bis ins Mark. Wie konnte ich nur hier stehen, Isa küssen, die so offensichtlich viel für mich empfand und nichts fühlen, als den Zwang, diesen Kuss erwidern zu müssen?!

Es war nicht richtig und nicht fair. Isa´s leises Seufzen ließ mich schlagartig stocken und machte mir mehr als deutlich klar, dass diese Situation völlig absurd war.

Mein Herz blieb still und ruhig, mein Verstand arbeitete klar und kontrolliert, mein Körper war wach und aufmerksam. Ich küsste sie als wäre das hier nichts weiter als eine Pflicht, die es eben zu erledigen gäbe.

Mir wurde eiskalt bewusst, dass ich sie nicht lieben konnte. Egal, wie sehr ich es wollen würde, egal, wie sehr ich es vielleicht müsste, ich konnte es schlicht nicht.

Sie würde immer meine gute Freundin bleiben. Nicht mehr und nicht weniger.

Isa löste sich irgendwann von mir, da meine Reaktionen schlussendlich völlig zum Erliegen gekommen waren, doch sie deutete meine offensichtliche Passivität wohl falsch. Mehr als beschämt sah sie zur Seite und rieb sich verlegen und mit hochrotem Gesicht die Schläfe. »Sorry… ich…das war wohl ein wenig forsch… ich wollte dich nicht überrumpeln…«

Überrumpeln war gar kein Ausdruck! Ich hätte das niemals von diesem zurückhaltenden Mädchen erwartet, welches ich doch eigentlich meinte, ganz genau zu kennen.

Sie tat mir plötzlich verdammt leid, wie sie da so unsicher und verlegen im Licht der Straßenlaternen stand, Hoffnung in den abgewandten Augen und Leidenschaft verströmte wie eine im Dunkeln aufgeblühte Rose.

Warum konnte ich ihr nicht einfach geben, was sie wollte? Was wäre so schwer daran, sie an mich zu ziehen, innig zu küssen und dann vielleicht sogar mit ihr nach drinnen zu gehen…?

Ich wusste, was schwer daran war. Sie war einfach nicht Dante.

Sie würde niemals diesen unterschwelligen Hauch von Gefahr ausstrahlen, dieses Prickeln von Leidenschaft und Sehnsucht in mir auslösen, wie es nur mein Bruder konnte. Sie würde mir niemals mit ihrem Anblick, allein mit ihren Bewegungen den Atem rauben können; mich niemals mit einem einzelnen Blick aus frostigen Augen so erregen können, dass sich mein Verstand wie ein flackerndes Licht verabschiedete. Und das alles schaffte Dante, ohne dass er mich nur ein einziges Mal berührt hatte…

War ich nicht einfach nur erbärmlich, dass ich nicht nehmen konnte, was mir so willig angeboten wurde? Dass ich mich schmerzlich nach etwas verzehren musste, was ich nie bekommen würde?

Ich räusperte mich leicht. »Schon okay. Ist nicht schlimm…« raunte ich und fühlte einen Stich von Reue in der Magengegend, als sie das Gesicht wandte und mich wieder hoffnungsvoll ansah.

Ich musste ihr sagen, dass das so mit uns nichts werden würde. Das hatte sie mehr als verdient.

»Isa, hör mal, das hier mit uns, dass…« Die nächsten Worte verschwanden irgendwo auf halbem Weg in meiner Kehle, da ich das altbekannte Drücken und Ziehen meiner Kiefermuskulatur verspürte, was dem rasch folgenden Drang nach Blut vorausging.

Nein! Verdammt, nicht gerade jetzt!

Isa sah mich fragend und abwartend an, während mein Herz nun doch seinen Takt beschleunigte und meine Pupillen sich verengten, sodass ich einen äußerst scharfen Blick auf die pulsierende Halsschlagader meiner Freundin hatte. Ihr Puls flatterte aufgeregt unter ihrer Haut wie ein aufgeschreckter Vogel; dieser Anblick allein ließ meine Fangzähne wachsen und schickte Speicheln in meinen Mund, der nach Gier und Hunger schmeckte.

Was ich vorhin durch fehlende Lust nicht geschafft hatte, erledigte mein ausgehungerter Körper nun von ganz allein. Ich hatte meinem Leib zu lang die lebenswichtige Nahrung vorenthalten, sodass er mich nun mit Raserei und unaufhaltsamen Hunger strafte.

Ich packte Isa am Arm und zog sie zu mir in meine kräftige Umarmung. Zuerst war da noch das Glitzern von Freude in ihren Augen, bevor jenes sehr schnell von dem nebelhaften Aufziehen der Angst vertrieben wurde. »Reita…?!«

Ich konnte ihr Zittern spüren und ihren plötzlichen Versuch, von mir wegzukommen, da ich sie wie ein Schraubstock und mit Sicherheit auch schmerzhaft umklammert hielt. Ich war jedoch nicht mehr zu rationalem Denken fähig; irgendwo in mir wusste ich, dass ich ihr wehtat, aber mein Hunger war einfach zu groß, als das ich jetzt noch hätte aufhören können.

Ruckartig beugte ich meinen Kopf herab und saugte ihren Duft wie ein Raubtier in mich, was die Fährte seiner Beute aufgenommen hatte, bevor ich den Mund aufriss und meine Zähne mit einem Fauchen in ihren Hals grub.

Isa setzte zu einem Schrei an, doch im nächsten Moment erschlaffte sie in meinen Armen zu einer leblosen Puppe, die Augen halb geschlossen, die Lippen ein wenig geöffnet, voll und ganz der Magie meines Bisses erlegen. Ab dieser Sekunde würde sie sich an nichts mehr erinnern; ihr Verstand würde ihr das Geschehen als sehr realen Traum vorgaukeln.

Ihr Blut schoss warm und wohlschmeckend in meinen Mund; hastig schluckte ich soviel ich nur bekommen konnte, völlig benebelt von der rasenden Gier, die der lange Hunger mit sich brachte.

Es war sehr leichtsinnig von mir gewesen so lang auf Blut zu verzichten, denn nun übernahm der Vampir in mir die Führung und ich konnte Gefahr laufen, mich in der Blutgier zu verlieren und Isa ernsthaft zu verletzen.

Und nicht nur das. Es war mehr als unachtsam in aller Öffentlichkeit zu trinken, wo jeden Moment jemand vorbeikommen könnte. Zu meinem Glück war die Nacht mit ihren Schatten vorerst auf meiner Seite.

Jede Zelle meines Körpers straffte sich und sog die Energie gierig in sich auf, die Isa´s Lebenssaft mir brachte. Mein Verstand begann wieder stockend anzulaufen, wofür ich sehr dankbar war.

Langsam, sehr langsam wurde ich ruhiger, meine anfänglich fast brutalen, raschen Züge wurden gemächlicher, während ich das Gefühl der neuen Kraft mit jeder Faser meines Wesens voll auskostete.

Ich hielt Isa nun in einer eher sanften Umarmung, strich ihr beruhigend über den Rücken, um ihr das völlig widersinnige Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln, was nicht so ganz zu der Situation passen wollte.

Das wohlige Gefühl von Zufriedenheit, gefolgt von der weichen Empfindung von gestillten Gelüsten nahm mich langsam ein, zog träge durch meine Adern und ließ mich wieder befreiter atmen. Vorsichtig zog ich meine Zähne aus Isa´s Haut, nachdem mein Durst gestillt war und leckte die Wunde sauber, was meine Freundin wohlig seufzen ließ.

Meine Fangzähne bildeten sich wieder zurück und die Wunde, die ich Isa geschlagen hatte, schloss sich schon von selbst. Sie seufzte erneut und hob das Gesicht zu mir; unter ihren flatternden Lidern sah sie mich mit verklärtem Blick an. In ihren Augen lag nun wieder ein deutlicher Ausdruck von Zärtlichkeit und Zuneigung.

Ich war wirklich ein Mistkerl…

Ich hatte ihr nicht nur ihr Blut geraubt, sondern auch ihr Herz, was mir verdammt nochmal überhaupt nicht gebührte!

Oh man, konnte ich noch tiefer sinken? Eigentlich hatte ich gedacht, dass mit der Liebe zu meinem Bruder die Grenze von völliger geistiger Verwirrung und einem schlechten Charakter schon erreicht wäre…

Irren war doch eigentlich menschlich, oder nicht?! Scheinbar hatten Vampire da so ganz ähnliche Probleme.

Ich hob eine Hand und strich vorsichtig über Isa´s Wange, bevor ich sie in einem Aufwallen von Schuld und schlechtem Gewissen, aber auch freundschaftlicher Zuneigung an mich drückte. »Tut mir leid, Isa…tut mir leid….« Ich strich mit der Nase durch ihr Haar und genoss zum wiederholten Mal ihren Duft, der mich auf seltsame Art und Weise beruhigte. Leise wisperte ich an ihrem Ohr: »Ich kann dir nicht geben, was du suchst, hörst du? Häng dein Herz nicht an mich. Du hast etwas Besseres verdient.«

Vielleicht waren diese Worte das ehrlichste, was ich an jenem Abend zu ihr gesprochen hatte. Ich war mit dem Ziel losgezogen, mein Herz an sie zu verlieren und doch stand ich nun hier mit der Gewissheit, dass sie genau das nie bekommen würde.

Bei Gott, ich hatte es versucht, oder nicht? Aber… ich konnte das einfach nicht.

Ich wollte Dante. Noch immer. Vielleicht sogar heftiger als zuvor.

Isa nickte verträumt; noch immer war ihr Geist benebelt und ließ sie in einer Wolke aus süßer Leichtigkeit und Vergessen schweben. Morgen würde sie wohl Kopfschmerzen haben und nicht mehr wirklich wissen, was hier vor ihrem Haus passiert war.

Eigentlich war das recht feige von mir, denn so würde sie sich wohl auch an meine Zurückweisung nicht mehr erinnern, doch ich brachte es nicht fertig, ihr nun auch noch ihre Hoffnungen mir gegenüber zu nehmen. Ich hatte ihr nun schon genug angetan.

Ein klärendes Gespräch würde warten können. Und müssen.

Ich sah noch zu, wie Isa mit federleichten Schritten in ihrem Haus verschwand, bevor ich mich selbst auf den Heimweg machte.

Den ganzen Weg über wälzte ich wieder Gedanken hin und her, sortierte diese in die Kategorien unbrauchbar und zur späteren Verwendung und kam trotz allem nie zu einer annehmbaren Ordnung in diesem vom Chaos beherrschten Raum in meinem Kopf.

Dieser Abend zählte zu den Reinfällen in meinem Leben und dabei war ich wirklich der festen Überzeugung gewesen, dass es nie schlimmer und komplizierter kommen könnte, als es bisher ohnehin schon war.

Wenn ich gewusst hätte, wie diese Nacht noch enden sollte, dann hätte ich gleich noch einen Order für meine Gedanken angelegt, der dann mit Sicherheit die Aufschrift komplette Katastrophe getragen hätte.

Völlig erledigt kam ich zuhause an und schloss die Tür auf, um im nächsten Moment völlig erstarrt stehen zu bleiben. War das Musik, die da aus der Wohnung klang?

Tatsächlich, da waren rockige, elektronische Klänge, begleitet von einer fast traurigen, männlichen Stimme, die leise durch unsere Wohnung schwebten.

Im ersten Moment war ich einfach nur verwirrt. Hatte ich vergessen, die Musikanlage auszuschalten? Aber ich hatte doch gar keine Musik gehört, bevor ich gegangen war…

Dante war ja unterwegs, also konnte er diesmal schlecht für die Musik verantwortlich sein.

Ich schlich mich leise zur Haustür herein und schloss diese vorsichtig hinter mir. Schnell war ich aus meinen Schuhen geschlüpft und bewegte mich zielsicher durch die dunkle Wohnung, um diesem seltsamen Rätsel eine Lösung zu entlocken.

Außer der fast verträumten Musik war es vollkommen still; das Mondlicht schickte ein paar verirrte Streifen blasses Licht in das Wohnzimmer, was sich vor mir öffnete. Ich verzichtete weiterhin darauf, Licht einzuschalten, da ich es ohnehin nicht zum Sehen benötigte.

Nun wurde mir bewusst, dass die Musik aus Dantes Zimmer kam.

Verwirrt zog ich die Stirn in Falten und tapste vorsichtig zu der nur angelehnten Tür hinüber, hinter der sich das Reich meines Bruders verbarg. Für einen Moment haderte ich mit mir und hielt inne, die Hand schon auf der Türklinke.

Was, wenn er gerade mit einer Frau beschäftigt war und ich einfach so hereinplatzen würde? Wollte ich diese Szenerie wirklich sehen? Wie würde ich dann dastehen? Wie ein perverser Spanner?

Ich hielt den Atem an und lauschte angestrengt auf eventuelle verräterische Geräusche. Doch da war nichts.

Vielleicht war Dante ja noch einmal kurz zurückgekommen, nachdem ich gegangen war und hatte nur vergessen, die Musik abzustellen. Das wäre eine vernünftige Erklärung.

Mein Herz begann wieder heftiger zu schlagen und meine schwitzige Hand drohte von der Klinke zu rutschen, bevor ich jene wieder fester umgriff und die Tür entschlossen aufschob.

In Dantes Zimmer war es dunkel bis auf eine Kerze, die einsam ihr flackerndes Licht verströmte. Ich wusste, dass das Zimmer meines Bruders auch bei Tageslicht eher einer düsteren, verführerischen Höhle glich, geschmückt mit dunklem Samt und einem riesigem Bett, was schon allein durch die metallenen Bettpfosten zu sündigen Gedanken animierte.

Da meine Augen auch in diesem schummrigen Licht ganz gut funktionierten, hatte ich keine Mühe, den Raum rasch mit meinem Blick abzutasten. Auf dem Boden lagen diverse Bücher und Lehrhefte, ein paar Klamotten, da es Dante noch nie so mit der Ordnung hatte und ein paar Flaschen und Teller, die aussahen, als wären sie noch vor kurzem in Gebrauch gewesen.

Das verwirrte mich doch ein wenig. Ich schob die Tür noch weiter auf, um einen Blick auf das große Bett erhaschen zu können.

Ich hielt den Atem an, da ich nicht wusste, was mich erwarten würde und hätte jenen im nächsten Moment fast in einem erleichterten Seufzen wieder ausgestoßen, welches ich mir aber krampfhaft verkniff. Dort war keine Frau auf dem dunklen Laken.

Was mein Herz jedoch gleichwohl wieder einen Hüpfer machen und mir Hitze in den Kopf schießen ließ, war der Anblick meines Bruders, der ausgestreckt auf dem Bett lag und offensichtlich schlief.

Was machte er denn hier? Hatte er nicht gesagt, er hätte an diesem Abend ebenfalls etwas vor? War er schon früher zurück?

Ich schob mich langsam in das Zimmer und in Richtung des Bettes, während ich nun endlich auch die Quelle der Musik ausgemacht hatte. Dantes Anlage war der Übeltäter.

Vorsichtig stieg ich über die vielen Hindernisse, die auf dem Boden herumlagen, sehr genau darauf bedacht, keinen Laut von mir zu geben. Angespannt kam ich neben dem Bett an und starrte überrascht und ein wenig ratlos auf die Gestalt darauf.

Es war tatsächlich Dante, der dort lag. Seine Augen waren geschlossen, seine Züge entspannt, während sich sein Brustkorb in regelmäßigen Zügen hob und senkte. Er trug noch immer die gleichen Klamotten wie am Abend, ein geschmackvolles, dunkles Hemd und eine enge Jeans, aus der seine nackten Füße herauslugten.

Neben dem Bett stand auf dem Nachttisch ein gut gefüllter Aschenbecher, aus dem fast provozierend noch ein dünner Rauchfaden quoll und sich einsam in der Dunkelheit verlor. Der ganze Raum roch nach Zigaretten.

Moment mal…

Ich zog die Stirn kraus und ließ den Blick nochmal zurück zu den Dingen auf dem Boden wandern. Zusammen mit dem rauchgeschwängertem Raum und der Gestalt von Dante ergab das ganze Bild plötzlich eine ganz andere Bedeutung.

Er war gar nicht weg gewesen, drang der Gedanke forsch und unerbittlich in mein Hirn.

Alle Zeichen deuteten darauf hin, dass mein Bruder schon eine ganze Weile hier in diesem Raum verweilte.

Hatte er mich etwa angelogen mit seiner Verabredung? Aber zu welchem Zweck sollte er das getan haben?

In diesem Moment bewegte sich mein Bruder leicht auf dem Bett, nur flüchtig, doch das reichte schon, sodass sein Hemd nach beiden Seiten von seinem Oberkörper rutschte und diesen verführerisch offenlegte. Ebenso war die Jeans gefährlich tief gewandert; die Beckenknochen waren schon zu erahnen.

Na klasse… das hatte mir in dieser Nacht gerade noch gefehlt…

Ich hätte genau in diesem Augenblick eigentlich gehen sollen. Raus aus diesem Zimmer, weit weg von meinem Bruder und seiner lockenden, schlafenden Gestalt auf diesem Bett.

Natürlich tat ich es nicht.

Stattdessen wurzelte eine ganz andere Idee in meinem Hirn und streckte ihre Fühler nach meinem Verstand aus.

Dante schläft, flüsterte dieser einnehmende Gedanke listig in mein von Sehnsucht gepeinigtes Hirn. Er wird nicht bemerken, wenn du ihn berührst…

Oh nein! Nein! Ganz sicher nicht!

Ich verzog das Gesicht angewidert von meinen eigenen Gedanken und trat einen Schritt zurück. Das konnte ich nicht bringen. Das ging zu weit!

Und doch… Mein Blick glitt wie an unsichtbaren Fäden gezogen wieder zu Dante zurück. Nur einmal…

Ich wollte ihn doch nur einmal anfassen. Vielleicht würde das meine Sehnsucht ja vorerst stillen.

Oh Himmel, das dachte ich nicht wirklich, oder? Ich trat nicht gerade wirklich wieder zu Dantes Bett?

Mein Bruder lag noch immer völlig entspannt auf dem Laken, nichts deutete darauf hin, dass er bald erwachen würde. So wie die Sache schien, war er eben erst eingeschlafen.

Wie tief und fest war Schlaf eigentlich nach ein paar Minuten? Ich wusste es nicht.

Aber vielleicht würde ich es ja auf äußerst unangenehme Art und Weise jetzt erfahren…

Ich schluckte und schluckte, während die rauchige Luft, gepaart mit der düsteren Musik einen ganz eigenen, scharfen Cocktail mixte, der meine Sinne lockend umschmeichelte.

Ich streckte die Hand aus, zog sie im nächsten Moment wieder zurück, nur um sie dann erneut zittrig nach vorn zu bewegen und vorsichtig mit einem Finger über Dantes Wange zu fahren. Ich hielt mitten in der Bewegung inne, wartete auf eine verräterische Reaktion von meinem Bruder, doch dieser blieb schlicht still liegen.

Ich holte tief Luft und rückte ein wenig näher an das Bett heran, damit ich mich mit einem Knie auf die nachgiebige Matratze stützen konnte, die unter mir leicht nachgab.

Dante rührte sich noch immer nicht.

Ich bewegte mich wie in Zeitlupe, da ich verdammte Angst hatte, dass jede vorschnelle Bewegung meinen Bruder wecken könnte. Die Luft hatte ich ebenso angestrengt angehalten, wagte nun nur flach durch den Mund zu atmen.

Eine Weile hockte ich so neben Dante regungslos auf dem Bett, betrachtete ihn nur still und saugte jedes Detail seines Äußeren tief in mich auf. Es war ein anregendes Gefühl ihn so ahnungslos und offen vor mir zu sehen; sinnlich die Vorstellung, ihn nun einfach berühren zu können, ohne das seine Augen verachtende Strahlen auf mich schicken konnten.

Dante war einfach perfekt. Alles an ihm war wohlgeformt, kunstvoll modelliert und strahlte stets und ständig diesen Hauch von purem Sex aus. Er war eine wandelnde Verführung mit Fangzähnen.

Warum musste ich eigentlich unbedingt sein Bruder sein? Das war nicht fair. Wo jeder andere zumindest die Möglichkeit hatte, ihn für sich zu gewinnen, waren mir von Anbeginn an die Hände gebunden.

Ich durfte nicht einmal versuchen, ihn zu verführen. Ich durfte ihn noch nicht einmal begehren…

Ich fühlte mich erbärmlich und erhaben zugleich.

Dante war wie ein schönes Geschenk, das Gott mir hier nun vor die Füße gelegt hatte. Ich musste nur die Hand ausstrecken und es berühren…

Ich nahm meinen Mut zusammen, der noch durch meine Begierde gestärkt wurde und streckte erneut meine Finger aus, während ich mich mit der anderen Hand neben meinem Bruder auf dem Bett abstützte. So halb über ihn gebeugt legte ich meine Fingerspitzen zuerst unendlich vorsichtig auf seinem Kiefer ab, behielt seine Augen die ganze Zeit über im Visier, um auf jede warnende Zuckung sofort reagieren zu können.

Sehr, sehr langsam strichen meine Fingerkuppen über Dantes Kinn, vollführten einen kleinen Bogen an der Seite seiner Lippen entlang, um schlussendlich über seine Wange hinauf zu seinen Brauen zu wandern. Ich zeichnete völlig versonnen die Linien seines Gesichtes nach, verlor mich für einen Moment in den harten Konturen und dem Gefühl der weichen Haut, die nur von seinem Drei-Tage-Bart unterbrochen wurde.

Ich kannte dieses Gesicht schon seit Kindertagen, hatte es lachen und weinen gesehen, wütend und glücklich, frustriert und traurig…

Und doch hatte es in all den Jahren seinen Zauber und Reiz auf mich nie verloren. Ich kannte jeden Zentimeter seines Gesichtes und trotz allem entdeckte ich es jenem Moment völlig neu.

Dante war so verdammt anziehend…so sexy…selbst wenn er schlief.

Ein wenig konnte ich die Frauen ja verstehen, die sich seiner unbewussten Wirkung einfach nicht entziehen konnten. Ich konnte es ja auch nicht. Und ich war sein Bruder...

Mein Herz stolperte in harten Schlägen in meiner Brust vor sich hin, während ich zwei Finger ganz vorsichtig über Dantes volle Lippen gleiten ließ. Ich stellte mir vor, wie es mein Mund wäre, der diesen Pfad betreten würde; wie ich seine Lippen erforschen würde, vielleicht sogar mit der Zunge…

Fast hätte sich ein kleines, verräterisches Stöhnen aus meiner Kehle gelöst, doch ich schluckte es bestimmt herunter.

Da meine Hand stark zu zittern begann, zog ich sie für einen Moment zurück, bevor ich sie wieder an der Seite seines Halses ansetzte und in die Kuhle seiner Halsbeuge strich, dann federleicht über seine kräftigen Schultern.

Noch immer gab Dante keine Regung von sich und atmete regelmäßig weiter.

Ich wurde ein wenig mutiger, führte meine warme Hand tiefer zu seiner Brust und drückte meine Handfläche kurz auf jene Stelle, unter der sein Herz lag. Dumpf und schwer schlug sein Herzschlag gegen meine Hand, sandte elektrisches Prickeln durch meine Finger und meinen Arm hinauf, um schlussendlich mein eigenes Herz noch anzuheizen. Und nicht nur das…

Meine Gedanken fuhren Achterbahn und zeigten mir achtlos heiße Bilder, die ich mit einem rauen Knurren und flüchtigem Kopfschütteln von mir wies.

Kurz war ich versucht, einen Finger um Dantes dunkle Brustwarzen gleiten zu lassen, doch ich widerstand mit Mühe diesem Drang. Ich wollte doch nicht zu viel riskieren, da solch ein Reiz meinen Bruder vielleicht geweckt hätte.

Stattdessen streichelte meine Hand über seine festen Brustmuskeln, dann weiter hinunter zu seinem flachen Bauch, der sich hart und straff vor mir offenlegte. Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, dass sich seine Muskeln unter meiner Hand anspannten, doch das war wohl reine Einbildung.

Versonnen zeichnete ich die verschlungenen Linien von Dantes Tattoo nach, welche sich um seinen Bauchnabel schlängelten, über seine schmalen Hüften glitten und in lockenden Wirbeln unter dem Bund seiner Jeans verschwanden. Meine Finger stoppten am Rand des Stoffes…

Rasch hob ich den Blick zu Dantes Gesicht, da ich meinte, ein scharfes Luftholen gehört zu haben, doch er schlief weiterhin völlig ruhig.

Ich sah wieder hinab auf meine Hand, die nun regungslos über dem Bund der Jeans ruhte und spielte mit dem Gedanken, einen Finger darunter gleiten zu lassen…

Nur einen Finger…

Nur ganz kurz…

Nur einmal…

Mein Mund war vollkommen ausgetrocknet, die leise Musik dröhnte plötzlich übernatürlich laut in meinen Ohren und die Luft im Zimmer schien mir viel zu stickig und schwer.

Erst jetzt bemerkte ich meine eigene Erregung, die während dieser Erkundung meiner Finger gewachsen war und nun sehr deutlich als harte Beule in meiner Hose um Erlösung bat.

Ich hätte nun wirklich aufhören und endlich in mein Zimmer verschwinden sollen, doch ich war wie erstarrt, während mein Blick noch immer auf diesem Stückchen heller Haut klebte, die von dunklen Linien durchzogen lockend über dem Jeansbund blitzte und mich fast anzuflehen schien, meine Finger weiterwandern zu lassen…

Aber das durfte ich nicht. Es gab Grenzen, die sollte man einfach nicht überschreiten und diese hier, dieser Hosenbund, gehörte schlichtweg dazu.

Mit äußerster Kraftanstrengung zog ich meinen Finger zurück, der schon auf einem Weg gewesen war, den ich mit Sicherheit später tief bereut hätte. Nun würde ich es vielleicht nur bereuen, dass ich diese Chance nicht genutzt hatte.

Ich richtete mich langsam auf und wollte mich nun doch zurückziehen, da dieses harte Ding in meiner Hose nach dringender Aufmerksamkeit verlangte und ich ja nun wahrscheinlich genug Material hatte, meine Phantasie für die nächsten 10 Jahre zu füttern…

Da schloss sich eine stahlharte Hand um meinen Arm und hielt mich an Ort und Stelle zurück. Mit Mühe schaffte ich es, nicht wie ein Mädchen zu schreien, da ich so verblüfft und erschrocken war, als wäre neben mir eine Bombe explodiert. Viel zu langsam realisierte ich, wer mich da festhielt.

»Was machst du hier?« raunte eine kratzige, dunkle Stimme.

Unendlich langsam wandte ich den Kopf und sah zu Dante, dessen Augen plötzlich offen waren und mich mit tödlicher Präzision fixiert hatten. Eisiges Feuer glomm in den hellen Pupillen, die unnatürlich intensiv in der Dunkelheit zu leuchten schienen.

Oh Scheiße…

Seit wann war er wach? Hatte er etwa mitbekommen, was ich hier getan hatte…? Oh bitte nicht…

Ich schluckte verzweifelt und begann zu zittern, ein haltloses Beben, was in meinen Beinen begann und von dort wie ein Lauffeuer in alle meine Körperteile wanderte.

Völlig verzweifelt riss ich an meinem Arm, da mir Flucht in diesem unsäglichem Moment noch das Logischste und Klügste schien, doch Dantes Griff hielt mich mühelos auf seinem Bett.

Ich war nah dran ein tiefes Schluchzen von mir zu geben, beschämt und unendlich panisch biss ich mir auf die Lippe, während mein Blick hektisch umherschoss.

Vielleicht… vielleicht konnte ich eine Ausrede erfinden... irgendetwas…

Mein Bruder beobachtete mein verzweifeltes Winden weiterhin mit unnatürlicher Ruhe und in jenem Moment hatte ich wahre Angst vor ihm.

Dieser Blick war so stechend und… war er nicht auch abfällig und voller Hass? Wahrscheinlich gaukelte mir das mein panisches Hirn aber auch nur vor.

Was würde er jetzt mit mir machen? Er hatte bestimmt mitbekommen, was ich getan hatte… und nun hasste er mich dafür. Verabscheute mich.

Und das zu Recht.

Was war das nur für ein unglückseliger Abend…

Ich war nun wirklich kurz davor zu weinen, mein unkontrolliertes Zittern schien auch Dante nicht entgangen zu sein, denn sein Blick änderte sich. Die seltsame Ruhe wurde von etwas abgelöst, was fast nach Verständnis aussah.

»Dante….ich…tut mir leid…i-ich wollte nur…« stammelte ich mit bebender Stimme und fragte mich selbst, was ich eigentlich gewollt hatte.

Mein Bruder unterbrach meine wirren Versuche, mich zu erklären, indem er ruckartig an meinem Arm zog und ich somit haltlos auf ihn fiel.

Mein Herz hämmerte jetzt heftig, mir wurde heiß und kalt zugleich, während ich dem Objekt meiner seelenlosen Begierde nun wieder so nah war, so nah wie nie zuvor…

Ich konnte Dantes warmen, harten Körper durch den dünnen Stoff meines Hemdes überdeutlich spüren, sein Herz klopfte fast neben meinem und… Moment… schlug es nicht auch völlig aufgeregt?!

»Was hast du hier gemacht, Reita?« wisperte erneut dieses raue Knurren nah an meinem Ohr. Es klang mehr Neugier aus dieser sinnlichen Stimme als wahre Verachtung oder Drohung.

Ich presste die Lippen aufeinander, da mein Mund sonst ein sehr eindeutiges Keuchen von sich gegeben hätte. Dantes Atem war so heiß, fast konnte ich fühlen, wie seine Lippen über meine Ohrmuschel strichen.

Hastig versuchte ich mich wieder von meinem Bruder hochzustemmen und Abstand zwischen uns zu bringen, da in meinem Kopf gerade gefährliche Leere damit begann, sich auszubreiten. Doch Dante schlang seine Arme um mich und hielt mich bei sich, sodass ich mich nur einen Hauch von ihm erheben konnte. Unsere Gesichter schwebten in der Dunkelheit nah voreinander; mein hektischer Atem vermischte sich mit seinem ruhigen, sein warmer Lebenshauch wurde zu meinem.

Seine Augen zwangen meine in eine feste Verbindung; ich konnte den Blick einfach nicht von diesen strahlenden, blauen Teichen abwenden.

Meine Hände hatte ich rechts und links neben Dante auf dem Bett abgestützt, doch meine Arme zitterten bereits und ich wusste nicht, wie lang ich diese Stellung halten können würde.

»Reita…« wehte mein Name wie ein lockender Hauch über Dantes Lippen und ich schluckte hart, rutschte unruhig auf ihm umher. Siedend heiß wurde ich mir meiner Erregung wieder bewusst und der Tatsache, dass ich mein hartes Glied gerade an Dante rieb…

Dass schien auch er in diesem Moment zu bemerken, denn flüchtig schoss sein Blick nach unten, bevor ein seltsamer Ausdruck über sein Gesicht flackerte und ein angedeutetes Schmunzeln seine Mundwinkel kräuselte.

»I-ich…hab Musik gehört…ich wusste nicht…das du schon wieder da bist…wollte nur nachsehen…« hauchte ich atemlos und stemmte mich noch immer gegen Dantes Umarmung.

Bloß nicht schwach werden. Bloß keine Blöße geben.

Er durfte nicht merken, dass mir diese Position mehr als gut gefiel.

Dass ich kurz davor war, meine Mauern niederzureißen und ihm endlich zu offenbaren, welches Sehnen dort in mir war.

Dass mich das Verlangen fast zerriss, das Begehren nach Nähe und Liebe, nach dem Halt dieser Arme, in denen ich nun lag…

Eine seiner Brauen hüpfte in die Höhe. »Und da wolltest du nachsehen, ob noch alles an mir dran ist?!« fragte er ruhig und leise nach; sein Atem war warm und schwer, roch nach Rauch und Verführung, während er so flüchtig wie ein Moment über meine Lippen strich.

Oh Gott, ich wollte nur weg…. Und eigentlich wollte ich das auch wieder nicht.

Die Empfindungen bei Isa waren ein lauer Sommerwind gewesen; das, was ich jetzt spürte, war ein verheerender Orkan, der mich einfach mitriss.

»Nein…s-so war das nicht… ich wollte nur… nur…« Meine Stimme versagte mir den Dienst und ich verlor mich in dem Anblick von Dante, dem Schwung seiner Lippen, der Linie seiner Brauen, der Wölbung seiner Wangen und den Tiefen seiner Augen.

Wie einfach es wäre, mich nur ein paar Zentimeter herabzusenken und meinen Mund auf seinen zu pressen…

Ich stand völlig unter Strom und das nur davon, dass ich hier auf meinem Bruder lag und er mich in seinen Armen hielt. Eigentlich wusste ich schon jetzt nicht mehr wo oben oder unten war und konnte wohl froh sein, dass ich mich noch nicht in einen sabbernden, geilen Idioten gewandelt hatte.

»Nur…?!« hakte mein Bruder gedehnt nach und für einen sehr kleinen, wahnwitzigen Moment hatte ich das Gefühl, dass seine Hände über meinen Rücken strichen. Warm, schwer, beruhigend…

Was taten wir hier eigentlich?

Was tat er hier? Wollte er mich nur ärgern oder steckte vielleicht doch mehr dahinter?

»Ich wollte nur nachsehen….ob du in Ordnung bist…« brachte ich stockend hervor.

Das war wirklich eine lahme Ausrede und würde wohl kaum erklären, warum ich ihn so schamlos berührt hatte. Das musste auch Dante klar sein.

Wo war eigentlich der selbstsichere Reita hin, der sich nie etwas gefallen ließ?

Kurz schien es, als wollte Dante etwas sagen, doch dann wurde sein Blick von etwas angezogen, was seine ganze Aufmerksamkeit zu erfordern und verdächtig nah an meinen Lippen zu sein schien. Ohne Vorwarnung kam er mir entgegen, reckte sich von dem Bett und berührte mit den Lippen die meinen.

Mich durchfuhr ein Stoß, der frostig und feurig zugleich schien. Mein ganzes Denken war auf diesen einen Augenblick fixiert, auf dieses federleichte Berühren unserer Münder, als wäre das alles, worum die Welt sich drehen würde.

Ich hörte keine Musik mehr, roch keine Düfte, spürte einzig und allein Dantes Lippen überdeutlich, die so unglaublich weich und sanft waren…

Mein Herzschlag setzte aus und ich erstarrte, während sein Mund zur Seite wanderte und seine Zunge herausschnellte, um für den Bruchteil einer Sekunde über meinen bebenden Mundwinkel zu lecken.

Ich keuchte erschrocken und erregt, hasste und bewunderte mich für diesen Laut, bevor ich fast den Fehler gemacht hätte, meinen Kopf zu drehen, um Dante zu küssen.

Der zog sich augenblicklich wieder zurück, schien für einen Moment selbst völlig verwirrt und überrumpelt über sein eigenes Tun, bevor er mehr als atemlos raunte: »Du hattest da noch Blut…« Er versuchte seine übliche Gelassenheit in seine Worte zu legen, doch so recht gelang es ihm nun nicht.

»Blut?!« krächzte ich. Mein Verstand war wohl in jenem Moment eingeschlafen, mein Denken eh nur noch auf eine Sache beschränkt.

Ich wollte mehr von Dante, mehr von seiner Nähe, von seinen Lippen, seiner Zunge…

»Du hast von Isa getrunken. Ich gratuliere dir, Brüderchen.« Dantes Stimme war plötzlich wieder kühl, fast resigniert, bevor er fast ekelhaft verächtlich wisperte: »Hattest du Spaß mit ihr? Hat es dir gefallen, sie zu ficken?.« hauchte er provozierend.

Ich wusste nicht, woher ich dieses Wissen nahm, doch ich meine hinter diesen scheinbar locker dahingesagten Worten noch viel mehr zu hören. Verzweiflung seinerseits. Und Schmerz.

Warum ich ihm im nächsten Augenblick meine Faust ins Gesicht rammte, konnte ich mir nicht so recht erklären, doch ich tat es einfach. Vielleicht war es Angst vor den eigenen Gefühlen, vielleicht Hass auf seine abwertenden Worte oder vielleicht auch einfach nur Enttäuschung über Dinge, die eben nicht so waren, wie ich sie gern hätte.

Er nahm den harten Schlag wortlos hin und ließ mich im nächsten Augenblick auch los, sodass ich völlig außer mir vom Bett sprang. Keuchend sah ich auf Dante, der sich unbeeindruckt den Kiefer rieb und meinem Blick fest entgegnete.

»Nein, ich hatte keinen Spaß! Nein, es hat mir nicht gefallen, einem Mädchen die Illusionen zu nehmen! Ich habe nicht mit ihr geschlafen, Dante! Ich bin nicht wie du!« spie ich ihm entgegen, während ich mich fast an der Verzweiflung und der Wut verschluckte, die nun wellenartig meine Kehle hinaufkrochen. »Ich kann es nicht, Dante! Ich kann nicht mit ihr…nicht mit ihr… sie ist nicht…« Ich brach ab und verbarg das Gesicht kurz hinter den Händen.

Sah er denn nicht, wie ich litt? Er musste doch spüren, was ich fühlte!

Ich erwartete schon keine Worte mehr von ihm und drehte mich schwankend um, dann stolperte ich zur Tür und riss diese auf.

»Was ist sie nicht, Reita?« Dante hatte sich ein wenig im Bett aufgerichtet und sah mir hinterher; fast meinte ich, er würde gleich aufspringen und mir nachlaufen.

Ich blieb kurz im Türrahmen stehen, legte den Kopf flüchtig in den Nacken und verzog die Lippen zu einem traurigen Lächeln.

Ich wusste nicht, ob er mich testen wollte. Ober er mich vielleicht auf den Arm nehmen oder einfach nur sehen wollte, wie weit er seinen Bruder in totales Gefühlchaos stürzen konnte. Seinen armen, kleinen, verwirren, schwulen Bruder…

Trotzdem sprach ich die nächsten Worte.

»Sie ist nicht du…« hauchte ich mehr zu mir selbst.

Ich wusste nicht, ob Dante es gehört hatte. Es war mir auch egal. Es reichte, wenn ich mir dieser Tatsache bewusst war.

Ich blickte über die Schulter zurück, begegnete seinem Blick kurz, dann ging ich.

»Reita?!« Seine Stimme begleitete mich noch bis zu meinem Zimmer, verfolgte mich noch, während mein Blick schon verschwommen von Tränen war, die mir die Sicht nahmen.

Was für ein bitter-süßer Abend…



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Ashytaka
2011-03-27T21:19:42+00:00 27.03.2011 23:19
deine geschichten machen mich fertig! da hat man eine nacht in der woche, in der man schlafen könnt, und dann bin ich nur mit lesen beschäftigt. :D

jetzt muss ich doch ein cmmt schreiben. dein schreibstil gefällt mir so gut, man verzweifelt direkt mit dem hauptchara mit. aber auch wie du die situationen beschreibst - man kann sich so toll hinein versetzen.

ich bin so angetan. es ist furchtbar aufs nächste kapitel warten zu müssen xD
Von:  NaBi07
2011-02-27T20:30:51+00:00 27.02.2011 21:30
ah da stimme ich reits zu.
was für ein bitter süßer abend.

mein herz schlägt jetzt noch wild vor sich hin vor lauter spannung.
ich habe es förmlich knistern gehört.
reita tut mir wriklich leid. dante schein sein eigenes spiel mit ihm zu spielen oder vielmehr seinen eigenen kampf zu kämpfen.
ich hoffe füt beide dass sie bald zueinander finden werden.

reita muss sich aber leider auch noch isa stellen und ihren gefühlen. auch hier verspüre ich mitleid für beide.
ich hoffe dass es ihm gelingt eine weniger schmerzhafte methode zu finden um ihr klar zu machen dass da nicht mehr als freundschaft sein kannt.

*seufz*

es war wieder sehr spannend und ich freue mich riesig auf die fortsetzung.
bis dahin

hina
Von:  Dayce
2011-02-27T16:11:35+00:00 27.02.2011 17:11
Ich bin hin und weg. Und total verwirrt. Schlief Dante oder tat er nur so? Und Reita war auch voll peinlich süß! Fummelt der einfach so an seinem Bruder rum. Einfach zu süß.
Nur Isa tut mir leid, die arme hat sich wohl doch Chancen ausgerechnet und was macht er? Süffelt sie fast leer.
Ich denke Dante hat das schon gehöhrt "sie ist nicht du" doch frage ich mich wie er damit umgehen wird.
Bin gespannt auf`s nächste!
Tschaui Dayce
Von: abgemeldet
2011-02-27T15:10:45+00:00 27.02.2011 16:10
wahhhhhhhhhhhh gott ENDLICH!!!
***Q***
woha!!!
*sabbernd vorm pc sitz*
gott WAS eine geiles Kapitel ****~****
hehehe....ahhhhh scheiße ich will wissen wie es weiter geht >___<
diese spannung ist nicht auszuhalten @___@
*im kreis dreh*


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