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Blutige Begegnungen

Teil 7 des Detektiv Conan-Noir Crossovers
von

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Jodie und Mireille

Hallo liebe Lesenden,
 

willkommen zum achten Kapitel von 'Blutige Begegnungen'. Bevor ich dazu was sage, einmal mehr ein ganz herzliches Danke schön an alle fleißigen Kommi-Schreiber! ^______^

Und keine Angst, Kirika und auch Mireille werden... bald ihre richtig großen Auftritte haben. Aber wegen der vielen Figuren dauert es halt eine Weile, alles aufzubauen und einigermaßen chronologisch zu halten.

Was Ran und ihre verflixte Art mit Problemen angeht.... sagen wir mal, sie hatte diesmal immerhin überlegt, ob es nicht gefährlich wäre, Shinto nachzulaufen und von der Anwesenheit der Organisation wusste sie ja auch noch nichts. Und wenn sie es erfährt... naja, dann wird es eh zu spät sein, einen Rückzieher zu machen. Alles weitere dazu gibt es ab Kapitel zehn zu lesen. ;-]
 

Nun zu diesem Kapitel, dessen Titel ja schon viel über das zentrale Thema des selbigen aussagt. Und genau da liegt so ein kleines... Unbehagen in meiner Magengegend. Ich will nicht schon vorher meine eigene Geschichte runter machen, aber... ich denke einfach, gerade bei Mireille, und teilweise auch bei Jodie, mache ich eine Gratwanderung mit den Charakteren, und mich würde nicht verwundern, wenn jemand sagt, sie seien OoC hier. Was Mireille angeht, kann ich darauf verweisen, dass ihr Motiv, warum sie eigentlich hier ist, warum sie Conan treffen will und alles, noch nicht raus ist und dieses nunmal viele ihrer Handlungen mit bestimmt. Und Jodie... nun, bei ihr ist es mehr so eine Vermutung, was sie angeht, was unter Umständen auch nur meine Einbildung sein könnte, was diese Figur angeht...

Hm... klingt alles nicht sehr hilfreich, ich weiß, aber ich wollte es mal vorher gesagt haben, dass es nicht zu sehr verwundert.
 

Ansonsten, viel Spaß beim weiteren fröhlichen Schachfiguren verrücken im Kanin-Park und beim Lesen natürlich auch.

Bis zum nächsten Mal.

LG, Diracdet
 

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Kapitel 8: Jodie und Mireille
 

„Was?! Rena Mizunashi ist ver...“

„Shhhht. Verdammt Mori, haben Sie sich überhaupt nicht unter Kontrolle?“ Shiratori versuchte, ihn zum ruhig sein zu bewegen; das letzte, was er jetzt noch gebrauchen konnte, waren Gerüchte, die unter den Besuchern gestreut würden. Gleichzeitig bereute er seine Entscheidung, den Detektiven mit ins Boot geholt zu haben, jetzt schon.

„Und, ja, scheinbar! Wie schon gesagt, mir wurde eben telefonisch mitgeteilt, dass mehrere Mitarbeiter von Nichiuri-TV am Eingang unseren Kollegen dort Bescheid gegeben haben, dass Frau Mizunashi vermisst würde. Ich war eigentlich gerade auf dem Weg dahin, als ich Sie sah. Sie hatten, soweit ich das mal auf dem Revier richtig gehört habe, einen kurzen, privaten Fall bei ihr erledigt, der nicht mal aktenkundig bei uns wurde?“

„Hm... ja, schon, ist ne Weile her. Ich war bei ihr, um einen angeblichen Stalker ausfindig zu machen. Die Sache hatte sich aber als harmlos heraus gestellt und ich hab Megure dann nur gesagt, es hätte sich erledigt.“

„Also kennen Sie sie zumindest persönlich. Dann sind Sie weiter als ich.“ Er blickte unzufrieden nach vorne, während er Kogoro durch seine zügigen Schritte durch die Botanik, immer etwas abseits vom zentralen Weg, Richtung Eingang mit sich drängte.

„Aber seitdem hatte ich sie, bis heute, nicht mehr gesehen. Sie war auch lange Zeit schon mal auf Pause mehr oder minder 'verschwunden' und tauchte dann einfach wieder auf. Also könnte es auch alles...“

„... harmlos sein, schon klar. Zum Beispiel deswegen habe ich Sie angesprochen, weil Sie das vielleicht besser einschätzen können als ich...“

„... aber?“ Mori sah ihn unsicher an. Der ernste Blick des Kommissars war kein gutes Zeichen für ihn.

„Sie ist mitten während der Dreharbeiten zur Reportage heute verschwunden, hatte also noch einiges an Terminen zu erledigen...“

Der Detektiv stutzte etwas, lächelte dann aber überlegen.

„Hören Sie jetzt schon Flöhe husten, Herr Kommissar?“

„Wie bitte?“

„Sicher hat sie einen vollen Terminkalender, aber erlaubt nicht genau der eine naheliegende, ungefährliche Erklärung?“

„Mhm...“, brummte er zustimmend und gleichzeitig ablehnend.

„Sie fühlte sich nicht so gut, brauchte eine kurze Pause und hat... nun ja, etwas unprofessionell, sich für einen Moment von der Bühne verabschiedet. Sie sah vorhin, als wir sie trafen, wirklich nicht gut aus. So als sei sie... in Sorge, verunsichert.“

„Aha, verunsichert. Und das, als sie Sie sah... Ihr Ruf als Unglücksbote eilt Ihnen schon voraus, was Mori?“ Pikiert blieb er stehen.

„Hey, Shiratori, wollen Sie meine Hilfe, oder nicht?

In dem Fall gehe ich nämlich zurück zu meiner Tochter.“

Shiratori blieb auch stehen, drehte sich aber nicht um, was dem Detektiv ungewöhnlich auffiel.

„Sie halten noch mit etwas hinter dem Berg, oder, Shiratori?“

„Der Anruf ging länger, weil der Polizist mir alle Details schildern wollte, die er bereits erfahren hatte.“

„Mhm. Ich höre.“

„Zwei Personen hatten sich bereits nach Frau Mizunashi erkundigt. Einer war ein Japaner, groß, untersetzt, und, wie der Kameramann, den er befragte, meinte 'irgendwie schlecht schauspielernd'. Ach ja...“ Nun wandte er sich doch wieder um.

„...und er trug gänzlich schwarz, obwohl er offensichtlich schwitzte.“ Moris Augen weiteten sich beachtlich. Er trat etwas näher, um leise flüstern zu können.

„Sie meinen... Yakuza?“

„Möglich, ist nur so eine Vermutung. Außerdem kann er auch dann ein echter Fan sein, der nur neugierig war.“

Ein deutliches Stirnrunzeln deutete an, dass ihn das weniger beschäftigte, als Kogoro erwarten würde.

„Die zweite Person ist eigentlich noch interessanter. Eine blonde Ausländerin, vom Akzent her wohl US-Amerikanerin.“

„Eine amerikanische Frau? Eine Touristin, die sich nach Rena Mizunashi erkundigt?“

„Offenbar. Und mir ist es ehrlich gesagt neu, dass ihr Ruf so international berühmt sein soll. Sie ist schließlich keine Schauspielerin, sondern 'nur' Reporterin.“

„Schön und gut, aber es kann auch eine länger schon hier lebende Amerikanerin sein, die Rena aus dem Fernsehen kennt. Soweit ich weiß, ist zum Beispiel Rans Englisch-Lehrerin ebenfalls eine Amerikanerin. Warum sollte das also automatisch verdächtig sein?“

„An sich nicht, da haben Sie schon recht. Aber es war so: Frau Mizunashi verschwand vom Fernsehteam, weil sie das WC aufsuchen musste. Als sie nicht wieder kam, hatte das Team zunächst bei der Toilette die Touristen in der Nähe befragt. Mehrfach wurde dort unter Zeugen ausgesagt, dass etwa zur gleichen Zeit, wie sie dort gewesen sein müsste, eine blonde Frau, offensichtlich westlicher Herkunft, dort ein- und ausging.“

„Was?! Wollen Sie sagen, diese Frau sei die zentrale Verdächtige für Renas Verschwinden? Aber das ist doch trotzdem etwas weit her geholt, oder, Herr Kommissar? Wenn es das zentrale WC in der Nähe war, und die Dame gerade es nutzte, kann man ihr daraus keinen Strick drehen.“

Dieser seufzte nur kurz, dann fuhr er fort.

„Meinte ich auch zu dem Beamten, woraufhin dieser wörtlich sagte:

'Aber Chef, diese FBI-Agentin von vorhin war doch auch eine blonde Amerikanerin.'

Geschockt blieb Kogoro wie angewurzelt stehen.

„Die... WAS BITTE?!“

„Ja, das war ungefähr auch meine Reaktion. Keine Ahnung, wer von meinen Leuten bei der stillen Post da geschlampt hat... aber offenbar sind vorhin, kurz vor Ihnen noch, drei FBI-Agenten, in Zivil, aber mit Dienstwaffe, in den Park gekommen. Ein alter Mann, eine jüngerer Japaner und eine blonde Frau, etwa im Alter wie der zweite. Angeblich hätte mir das jemand sagen sollen, aber das ging, wie gesagt, schief.“

„Aber das FBI hat doch hierzulande gar keine Befugnisse für polizeiliche Aktionen!“ So richtig begreifen wollte er noch nicht, was die Bundespolizei der USA hier überhaupt wollte.

„Tja, offiziell führen sie ja auch keine durch, sondern sind nur zu Besuch; die Waffen können sie wegen allgemeiner Dienstpflicht auch tragen, daran können wir nichts ändern.“

„Aber Herr Kommissar, das hieße ja, das FBI hätte mit Renas Verschwinden was zu tun. Wieso sollten die...“

„Ich hätte Sie sicher nicht angesprochen, wenn ich im Ansatz eine solche Frage beantworten könnte, Mori. Für mich stellen sich lediglich die Fakten wie folgt da: Wir haben eine spurlos verschwundene Reporterin und die einzigen zwei tatverdächtigen Personen, die wir haben, sind ein möglicher Yakuza und eine FBI -Agentin. Außer wir gehen davon aus, dass hier im Park noch Doppelgänger dieser Agentin rumlaufen. Ich bin auf dem Weg zum Eingang, um mir die genauen Aussagen des Fernsehteams und die Informationen zu den Agenten abzuholen.“

Er wollte sich umdrehen, sah dadurch in die skeptischen Augen des Detektivs, der ja auch ein ehemaliger Kollege war, auch wenn sie nicht gleichzeitig im Dienst waren.

„Und was... glauben Sie, Shiratori? Was geht hier genau vor?“

„Wenn Sie meine Meinung unbedingt hören wollen, Mori... irgendwie klingt es für mich so, als wird die Polizei gerade übergangen. Irgendeine Aktion des FBI läuft hier hinter unserem Rücken ab. Nicht unbedingt was großes, es sind ja 'nur' drei Agenten, aber dennoch bedeutsam genug, um internationale Spannungen zu provozieren.

Und ich würde wirklich gerne verhindern, dass etwas derartiges am Eröffnungstag in diesem Park geschieht.“

Mori blickte ihn von hinten einen Augenblick stumm an. War das... so etwas wie Erfolgsdruck? Versagensängste bei diesem sonst so selbstsicher, manchmal zu selbstsicher, auftretenden Mann? Er ahnte, woran das liegen könnte. Es war ja schließlich erst ein paar Tage her, dass die Polizei sich so deutlich vorführen ließ von einem Verbrecher und er samt Ran mittendrin.

So einen Schandfleck in seiner Vita wollte sich der aufstrebende junge Kommissar nicht erlauben.

„Und was genau wollen Sie jetzt von mir, Shiratori?“

„Eine zweite, halbwegs sinnvolle Meinung zu meinen Interpretationen. Wir dürfen nicht übermäßig reagieren, schon gar nicht gegenüber den amerikanischen Kollegen. Gleichzeitig müssen wir jedwedes denkbare Unglück auf dieser Veranstaltung, koste es was es wolle, verhindern. Taktgefühl ist angesagt, Mori, Balance. Deswegen hätte ich gerne eine Person, mit der ich die Sachlage diskutieren kann.

Kommen Sie?“

Shiratori wartete nicht auf die Antwort, sondern schritt, ohne sich umzudrehen, weiter.

Erst als er einige Sekunden später die Schuhe Moris auf dem Boden hinter sich hörte, konnte er wieder etwas überzeugter lächeln.

'Nein, ich werde ganz sicher kein Verbrechen zulassen!'
 

Eine Weile stand Chianti stocksteif da, unfähig, sich zu rühren. Das unerschütterlich überzeugte Lächeln des Todes zog sie in ihren Bann, und ließ sie einfach nicht mehr gehen.

Korns Rufe über die Freisprechanlage an ihrem Handy hörte sie gar nicht mehr. Hätte er sie nicht durch sein Objektiv am Fenster der ehemaligen Lagerhalle gesehen, wüsste er nicht, ob sie noch am Leben war. Gleichwohl suchte er vergeblich nach der Quelle ihrer plötzlichen Panikreaktion. Da waren einige Menschen, aber niemand verhielt sich in irgendeiner Form auffällig. Auch Shinto und Ran Mori schienen weder auf sie aufmerksam geworden zu sein, noch sich sonst merkwürdig zu benehmen. Schließlich entschied er sich, noch einen Moment abzuwarten und zu beobachten, was seine Kollegin veranstaltete.
 

Dann regte sich wieder etwas in Kirika und sie löste langsam ihre Arme aus der Verschränkung. Mit fast erhabener Ruhe erhob sie den linken Zeigefinger und Daumen im rechten Winkel zueinander und richtete dann ihre Hand auf die Scharfschützin aus. Im Moment, als Chianti das Symbol mit der Pistole verstand, zwang sie ihr Körper instinktiv aus der Starre und mit einem Gewaltakt von einem Ruck drehte sie sich vom Fenster weg; lehnte sich daneben an die Wand und rutschte langsam nach unten.

Jetzt erst merkte sie, wie ihr Herz so schnell und heftig gegen ihren Brustkorb donnerte, dass sie völlig außer Atem geriet. Wie ein Reflex öffnete sie ihren Mund so weit es ging, um die größtmögliche Menge Luft in einem Zug abzubekommen.

„Wer... wer ist dieses Mädchen?“

„Chianti?? Kannst du mich jetzt wieder hören?“, schrie es ihr in den Ohren, als sie daraufhin endlich wieder etwas anderes als das überhastete Dröhnen ihres Herzschlags vernahm.

„J-Ja... ich bin noch da, ...Korn.“

„Was ist passiert, Chianti?“ Er drosselte seine Stimme, versuchte so ruhig und sachlich wie möglich zu wirken, um sie selbst wieder zur Raison zu bewegen. Sie lehnte immer noch schwer atmend an der Hauswand. Im halbdunkel, welches ihr über die Jahre so sehr zum Freund und Verbündeten geworden ist. Welches ihr Mut und Vertrauen in sich selbst spendete.

„Diese Frau! Hast du sie nicht gesehen?“

„Welche Frau? Da war niemand, der irgendwie auffiel...“ Für einen Moment zögerte er.

'Mireille?'

„Eine... Europäerin?“

„Was?? Nein, nicht dein Geist, auch wenn ich allmählich wirklich interessiert wäre, wen du da gesehen haben wolltest.“ Sie fasste sich wieder, versuchte, die Selbstkontrolle zurück zu erlangen. Die Finger ihrer Hände wanden sich um den Lauf des Gewehrs, drückten die Waffe fest an sich. Sie zogen sie an ihren Körper ran, bis sie fühlte, dass die Waffe sie beschützte, vor allen möglichen Gefahren, die diese Welt ihr in den Weg stellen würde.

Dann ging es wieder.

„Ne Japanerin, kaum erwachsen, kurzes Haar.“

„Aha und was war an ihr so besonderes?“

„Sie...“ Chianti wusste auf einmal selbst nicht ganz genau, was sie sagen sollte. Jetzt, in der Dunkelheit, wo das Bild von Kirika allmählich verblasste und sie sicher wieder sicherer fühlte, verschwand auch dieser Eindruck, gerade dem Tod begegnet zu sein. Die Erinnerung blieb, ohne Frage, aber es erschien ihr nach diesen paar Momenten schon lächerlich.

'Den Tod in Menschengestalt gibt es nicht, das ist Aberglaube.' Für sie als Scharfschützin war das eine absolute Offensichtlichkeit der Realität. Alles andere waren lediglich Mythen, auch wenn sie ihr nicht fremd waren.

'Was soll ich ihm sagen?' Es klang direkt peinlich, den wahren Grund für ihren plötzlichen Schock so preiszugeben, also hatte sie nur noch einen plausiblen anderen Gedanken übrig.

„Sie hatte mich gesehen.“

„Du hattest dich nicht ausreichend getarnt.“

„Nein, ich meine, nicht zufällig entdeckt. Sie beobachtete mich. Und dass du sie nicht bemerktest, liegt vermutlich daran, dass sie so an einem Baum gelehnt stand, dass du sie nicht sehen konntest.

Sie wusste, dass ich hier bin und sie wusste, wo du bist und hat das so ausgenutzt.“

„Hm... und wer soll das sein?“ Nun schlich sich auch in Korn's Stimme Neugier ein.

„Keine Ahnung. Womöglich jemand, den Kanin noch engagiert hatte? Auch wenn sie eigentlich... zu jung war dafür.“

„Jemand so junges? Na von mir aus, dann erledigen wir sie beim nächsten Feuerwerk gleich mit.“

Chianti presste ihre Hände noch mehr an das Gewehr. Wut kroch langsam in ihr auf. Nein, das war nicht der Tod, das war ein ganz gewöhnliches Mädchen, das ein Psycho-Spielchen mit ihr gespielt hatte. Mit ihr! Und sie war darauf rein gefallen. Sie! Chianti! Wie viele dieser Spielchen hatte sie als Mitglied der Organisation schon selber initiiert, oder durch Gins Anleitung betrieben. Sie kannte doch selbst alle Tricks und Kniffe. Wie konnte sie sich von so einer Göre reinlegen lassen?

'Na warte!'

Noch einmal lockerte und festigte sie den Griff, positionierte ihre Hände, so, dass sie direkt wieder schussbereit war, atmete noch einmal tief ein und drehte sich dann ruckartig wieder zum Fenster herum und...

„...Wo ist sie?“

„Das Mädchen?“

„Ja, sie ist weg! Wo... wo ist sie hin?“

„Du hast ne Weile nicht hingeguckt und ich wusste nicht, nach wem ich suchen sollte. Sie könnte sonst wo hin sein.“

„Das ist doch lächerlich, so weit weg kann sie nicht sein. Siehst du von deiner Position aus eine solche Frau, vielleicht 20, weiße Jacke, kurzer Rock?“

„Hm... nein... und ich kann mich auch an keine erinnern.“

Irgendwie überraschte Chianti die Aussage so gar nicht. Da lag immer noch diese intuitive Reaktion in der Luft, die sie zuerst auf Kirika hatte. Etwas übernatürliches, dass sie einfach nicht einordnen konnte in diese Welt. Und so wollte ihr ihr Unterbewusstsein förmlich suggerieren, dass sie sich halt einfach in Luft aufgelöst hatte, als sie nicht hinsah. Was unmöglich war.

„Na... schön. Lass uns... lass uns erstmal weiter machen mit dem Plan. Aber sobald ich dieses Mädchen wieder sehe, ist sie fällig.“ Sie schüttelte noch einmal vehement den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben.
 

Kirika beobachtete aus ihrem Versteck heraus, wie Chianti den Platz um den Baum, an dem sie sie fand, absuchte. Ein leicht melancholisches Lächeln durchzog ihre Lippen.

'So berechenbar, keine Kreativität bei ungewohnten Situationen. Und auf die einfachste Lösung kommt sie nicht.'

Sie blickte hinab, durch die Äste und das relativ dichte Laub des Baumes. Es waren drei bis vier Meter unter ihrer jetzigen Position, wo sie die kleine Show exklusiv für Chianti veranstaltet hatte. Dann wendete sie den Kopf nach oben; suchte die vereinzelten Lücken im Blattwerk der Krone.

'Hm... das sollten genug sein für das nächste Feuerwerk.'
 

Eine Weile blickte Jodie ihre Kollegin von der Teitan Oberschule verunsichert, geradezu hilflos, an.

'Miss... Starling?' Sie hatte sich doch nicht verhört! So selten, wie ihr hier in Japan ihr richtiger Nachname begegnete, überhörte sie ihn nicht mehr. In der Schule kannte sie niemand so, und James Black, sowie Shuichi Akai, zu denen sie den meisten Kontakt beim FBI hatte, sprachen sie immer mit dem Vornamen an. Es war mittlerweile so etwas besonderes ihn zu hören, dass, wenn sie nicht darauf vorbereitet war – wie vorhin beim Eingang, als sie ihren Dienstausweis vorzeigte – sie noch viel stärker darauf reagierte als gewöhnlich. Auffällig intensiv, mochte man meinen.

Ja, sie ging davon aus, dass Mireille Bouquet ihre Identität kannte, nicht aber, dass sie es auf einmal, ohne ersichtlichen Grund, gerade jetzt preisgab.

„Mademoiselle... Bouquet?“ In dieser Frage schwang eine Erkenntnis mit, die sie eher noch mehr zurück warf im Vergleich mit ihrer angeblichen Kollegin. Sie hatte zwar über das FBI einiges recherchiert und heraus gefunden, aber so richtig wusste sie über die Hintergründe dieser Attentäterin noch nicht Bescheid. Da musste ihr schon das kleine Mädchen helfen, welches von der Organisation gejagt wurde. Mireilles sichere Lächeln betäubte fast ihre ganze verbliebene Souveränität.

„Ach sieh an, Sie können also doch etwas französisch, wenn man es heraus kitzelt? Ich bin ja direkt beeindruckt.“ Der erste Satz klang ehrlich überrascht, während der zweite vor Sarkasmus triefte. Und doch war auch eine Portion Bitterkeit in ihrer Stimme. Eine Art von entgegengebrachter Abneigung, die Jodie dadurch besonders auffiel, dass sie sie von Mireille noch nicht kannte. So als hätte sie sich in dieser Situation der Emotion hingegeben.

„Sie laufen ja schon wieder... oder immer noch? Sind Sie immer noch auf der Suche?“

„You... Dank Ihnen bin ich mittlerweile zweimal durch den Park gelaufen, Sie...“

„Oh... Entschuldigung, aber ich habe Ihnen nur gesagt, was sich in der einen Richtung befand, und sie sind sofort losgestürmt. Wollten Sie etwa doch in die andere Richtung?“

Jodie hatte große Probleme, ihre Wut im Zaum zu halten. Es war wie eine öffentliche Demütigung, die ihre 'Kollegin' da mit ihr abzog. Zwar war niemand gerade in der Nähe, der sie sah, dennoch, sie fühlte sich wie vorgeführt. Ihrer eigenen Dummheit entlarvt.

'Humiliating!' Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, blieben aber unten.

„Vielleicht beruhigt es Sie ja, wenn ich Ihnen versichere, dass nichts passiert ist, was Sie in irgendeiner Form hätten verhindern, oder zum besseren kehren können.“

„Kir?“

„Agent Hondou hätte den ganzen Tag nur damit zugebracht, darüber zu philosophieren, wie sie die Pläne der Organisation sabotieren könnte, ohne durchschaut zu werden von Gin. Ich habe ihr lediglich ein paar Probleme abgenommen.“

Dieses offene Geständnis holte Jodie in die Realität zurück. Augenblicklich zückte sie ihre Waffe und hielt sie der ungerührten Französin entgegen.

„Hände hoch, Mireille Bouquet! Ich verhafte Sie wegen...“

„Lassen Sie das, Agent Starling. Sie tun sich damit keinen Gefallen.“

„Was?“

„Wenn Sie eine Waffe auf mich richten, bin nicht ich diejenige von uns beiden, deren Leben in Gefahr ist. Und auch wenn uns keiner beobachtet, so lassen Sie Ihre Tarnung dabei doch ganz schön offensichtlich fallen. Das sollten Sie besser wissen.“

„Oh, als ob ich diejenige wäre, die hier ihre Tarnung als erstes fallen ließ. Und ich weiß sehr wohl, wer Sie sind. Wer Ihre Eltern waren und mit wem Sie im Bunde sind.“

„Mit Verlaub, aber das bezweifle ich sehr, werte Kollegin.“ Noch immer rührte Mireille keinen Finger, sah gedankenverloren in eine andere Richtung, schwenkte leicht mitleidig den Kopf.

„Genau genommen... und das soll keineswegs eine Beleidigung sein... sind Sie einfach zu jung, um das zu verstehen.“

„Zu... jung?!“ Diese, sieben Jahre jüngere Frau, auf die die gestandene FBI-Agentin gerade ihre Dienstwaffe richtete, hielt sie für zu jung, um sie zu verstehen?! Jugendlicher Größenwahn?

„Ha. Und wie alt müsste ich dann bitte Ihrer Meinung nach sein, um...“ Dann stockte sie. Ihre sarkastische Bemerkung blieb ihr buchstäblich im Halse stecken, als sie bei Alter unweigerlich an James denken musste, und damit an seinen Befehl.

'Auf gar keinen Fall sich Bouquet oder Yuumura nähern!' Sie fühlte, wie ihre Arme langsam schwer wurden, als ob die Glock 22 in ihren Hände sich langsam mit Blei füllte. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch davon, wie dabei das Lächeln auf Mireilles Lippen eine leicht siegreiche Nuance bekam. Diese Frau hatte nichts getan, als da gestanden, und doch schien der Wille Jodies bereits vollständig gebrochen.

'Warum? Wie...? Wie macht sie das? Wer ist diese Frau... wirklich?'

Womöglich wusste das nur James genauer. Er hatte ihr diese Anweisung gegeben, weil er... verstand?

'James!' Plötzlich fiel ihr auch wieder der Grund ein, warum sie eigentlich lief: Ran!

„Ein anderes Mal, Miss Bouquet.“ Und damit wollte sie auch schon wieder loslaufen, ohne dabei Mireille aus den Augen zu lassen. Sie sah, wie ihr Blick sein Lächeln wieder verlor und etwas melancholisches bekam, als die Agentin an ihr vorbei lief. Gewaltsam wollte sie dann ihre Augen abwenden, als ihre Ohren noch etwas vernahmen.

„Wonach suchen Sie eigentlich, Agent Starling?“ Gegen ihre ganze Überzeugung blieb sie nun doch noch einmal stehen. Nicht, weil sie diese Frau aufregte. Nicht weil sie interessiert an dem Gespräch war, an den Informationen oder weil sie sie festnehmen wollte. Nichts von alledem, was man als halbwegs vernünftigen Grund hätte ansehen können.

Und doch kannte sie das Motiv, warum ihr Unterbewusstsein die Befehle des Gehirns an ihre Beine ausschaltete. Gegen es rebellierte.

Es war Mireilles Stimme. Sie war so... anders. Anders als alles, was Jodie jemals vernommen hatte, von irgendwem. Die Überheblichkeit, die gespielte Leichtigkeit, die sie aus der Schule von der Korsin kannte, die triumphale Attentäterin, die eben noch vom Ausschalten einer CIA-NOC Agentin wie einer unbedeutenden Kleinigkeit sprach und der Sarkasmus, mit dem sie Jodies Schauspiel zuvor belegte... es war alles wie weggeblasen.

Was nun da war, war Ernst, vielleicht etwas von der Melancholie, die sie eben in ihren Augen sah, aber alles leichte, alles überlegene war weg. War ersetzt worden, durch eine scheinbar noch mehr über den Dingen stehende Erhabenheit, eine gebieterische Ruhe, die Aufmerksamkeit erzwang und keinen Widerspruch duldete.

'Die Stimme... einer... Königin?'

Ihr Unterbewusstsein musste es wissen. Es weigerte sich, jetzt weiter zu rennen, und weder zu erfahren, wie die Person aussah, die diese machtvolle Stille zum Ausdruck bringen konnte, noch, was sie dazu veranlasste, dieser kleinen unbedeutenden Existenz, als die es sich auf einmal in ihrer Gegenwart empfand, ihr Aufmerksamkeit zu widmen. Jodie vergaß für einen weiteren Augenblick Ran und ihre Befehle, sie wurden überschrieben von schierer Neugier auf eine einzelne Person: Mireille Bouquet.

So zog sie ihr angewinkeltes Bein aus dem Laufschritt wieder zurück, stellte sich gerade hin; wendete zunächst aber nur den Kopf nach hinten. Würde sie sich vollends umdrehen, liefe sie nur Gefahr, doch noch ihre Beherrschung zu verlieren. Und sie musste das ganze so kurz wie möglich halten. Um Rans Willen.

Aber der Anblick, der sich ihr bot erstaunte sie dann doch. Mireille hatte ihre Position am Baum verlassen und stand ihr nun erstmalig direkt gegenüber, ihre langen blonden Haare bewegten sich wellengleich bei einem kurzen Windzug. Und ihr Blick war genau das, was Jodies Ohren meinten wahrgenommen zu haben. Ernst, erhaben, fest auf ihr ruhend, als würden ihre Augen sie durchleuchten und dabei alles über sie erfahren. Kein Geheimnis war sicher vor ihr.

„Was ich suche? Das wissen Sie doch bestimmt genauso gut wie ich, nicht wahr?“

„Im Moment suchen Sie Ihren Chef, der Sie beauftragt hat, sich um...“ Dann hielt sie selbst kurz inne, als ein weiterer Windhauch die Blätter im Baum hinter ihr zum rascheln brachte. Jodie meinte, für den Augenblick ein schwaches Lächeln zu sehen hinter ihrer Fassade, welches sie überhaupt nicht deuten konnte. Und doch kam es ihr bekannt vor.

„... jemanden zu kümmern, schätze ich. Aber das meinte ich nicht. Nicht wen oder was Sie jetzt suchen... sondern allgemein, in Ihrem Leben.“

„...Auch das dürfte Ihnen bekannt sein, wenn ich mich nicht ganz irre.“

Was sollte diese merkwürdige Frage bitte schön?

„Nun sehen Sie, Agent Starling, mit der Wahrheit ist das manchmal so eine Sache. Die wahren Motive eines Menschen sind nie sicher. Ein Menschen kann behaupten, was er will und man kann es ihm glauben oder nicht. Er kann eine beliebige Handlung ausführen, woran man ihn bewerten kann, aber ob es bewusst im Sinne seiner Interessen oder unbewusst ihnen entgegen wirkend war, ist danach immer noch nicht klar. Das weiß am Ende niemand mit absoluter Sicherheit. Oft genug nicht einmal dieser Mensch selbst.“

Sie ging einen Schritt nach vorne, blieb dann wieder stehen.

„Zum Beispiel: Jemand, der Sie nicht kennt, würde meinen, der Grund, dass Sie zum FBI gegangen sind, sei entweder das Interesse, für Gerechtigkeit zu sorgen, oder die Überzeugung, in einem gesicherten, angesehenen und durchaus auch gewisse Macht mit sich bringenden Job ihr Leben ohne zu große Sorgen verbringen zu wollen... Oder beides.“

Sie lächelte, wenn auch nur kurz, schloss ihre Augen für einen Moment um sie dann wieder, einem Raubvogel gleich, zielsicher auf sie zu fokussieren.

„Aber so richtig trifft es das in keinem Fall.“

Jodie musste sich erneut zwingen, nicht sofort ihre ganze Anspannung in Wut zu entladen. Ihre Hände, die unbedingt eine Beschäftigung brauchten, pfropfte sie gewaltsam in ihre Jackentaschen, wo sie mit den Fingernägeln Wundmale in die Handinnenflächen drücken konnten, so viel sie wollten. Diese Frau war doch... nicht ganz normal. Es beunruhigte die Agentin vor allem eines. Je mehr Mireille sagte, desto mehr musste sie zurück weichen, im übertragenen Sinne. Sie schien wirklich dieses legendäre Wissen der Soldats zu besitzen. Diese unverfrorene Anmaßung, alle Geheimnisse der Welt zu kennen – mochte das gruselige Realität sein? Und auf der anderen Seite sie, die FBI-Agentin, die sich mit jedem Wort ihres Gegenüber irgendwie kleiner fühlte und deren Unterbewusstsein daher immer mehr sie verleitete, in einer unüberlegten Aktion, in der Flucht nach vorne die letzte Verteidigung zu suchen. Es war diese Erkenntnis, die ihr James' Befehl nur noch unheimlicher, passender erscheinen ließ. Wie gemalt für diese eine Situation wirkte er nun. Als hätte der alte Mann genau gewusst, was passieren würde und wollte sie vor dem letzten, größten Fehler ihres Lebens bewahren. Aber dafür war es womöglich schon zu spät. Jodie war bereits unwissentlich gefangen in den Spinnweben, die Mireille als Fallen ausgelegt hatte.

„Was genau wollen Sie damit sagen? Dass ich... lediglich auf Rache sinnen würde für den Tod meiner Eltern?“

„Vielleicht. Ich spreche Ihnen ja keinen Gerechtigkeitssinn ab, lediglich, dass dieser das einzige Motiv sein soll, bezweifle ich.“

„Ja, ich will Gerechtigkeit, auch für meine Eltern!“

„Nein, wie putzig...“ Ihr Lächeln wurde wie ihre Stimme leicht gehässig, aber sie hielt es noch im Zaum.

„Meinen Sie, dass Vermouth den Tod verdient hätte für ihre Taten?“

„What?“

„Sie haben mich schon richtig verstanden. Sie reden von Gerechtigkeit für Ihre Eltern, das heißt, Gerechtigkeit gegen Missus Vineyard. Aber in Ihrem Bundesstaat würde das eindeutig die Todesstrafe bedeuten. Deshalb nur meine Frage, ob das Ihre Vorstellung von Gerechtigkeit in diesem Fall ist?“

Die Agentin musterte sie unschlüssig. Was sollte diese Frage nun wieder? Sie kannte die Antwort doch eindeutig genau. Unabhängig von Jodies eigener Gesinnung war sie dem Gesetz der Vereinigten Staaten verpflichtet. Im Fall des Todes ihrer Eltern galt das entsprechende Gesetz ihres Heimatstaates, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das besagte Urteil fällen würde.

„Aber was ist Ihre Meinung, Agent Starling?“, unterbrach Mireille ihre Gedanken so präzise, als könnte sie darin lesen wie in ihrem eigenen Tagebuch. Dennoch versuchte Jodie, weiter Ruhe zu bewahren. Sie fühlte sich in dieser Diskussion auf halbwegs sicherem Terrain, denn immerhin stand vor ihr eine Person, die menschliches Leben selbst keineswegs in Ehren hielt.

„Tse... meine Meinung... muss ich doch nicht vor Ihnen rechtfertigen.“ Ein resigniertes Schmunzeln lastete Mireille auf den Lippen.

„Vermutlich nicht... nein.“ Erneut sank ihr Haupt ein wenig und sie schloss die Augen.

„Und warum tun Sie es dann?“, flüsterte sie nach einer kurzen Pause. Als sie die Augen wieder öffnete wurde ihr Blick wieder schärfer, eindringlicher. Erschrocken wich Jodie einen Schritt zurück, woraufhin Mireille diesen ihrerseits wieder überbrückte.

„Was ich tue, Agent Starling, läuft konform mit Ihrer offiziellen Verpflichtung, die Haltung Ihres Landes in dieser Sache zu vertreten, ja. Dennoch bräuchten Sie sich gerade wegen der Verpflichtung tatsächlich nicht vor mir zu rechtfertigen – aber eigentlich tun Sie nichts anderes die ganze Zeit.

Daher nur meine Frage... ob Sie selbst im Fall Vermouth... vielleicht etwas anderes suchen.“ Jodie spürte mit einem mal ein unsanftes Stechen in ihrer Brust, gepaart mit einem tief bedrückenden Gefühl. Im wahrsten Sinne hatte Mireille dort offenbar einen Nerv getroffen.

'It cannot be true! She cannot know that.'

„Was... außer Gerechtigkeit sollte ich denn sonst suchen?“, verteidigte sie sich nervös.

„Nein, mich interessiert keine Rache! Vor 20 Jahren vielleicht, da war ich noch ein Kind. Aber darüber bin ich schon lange hinweg! Sie verwechseln mich mit Bruce Wayne.“

„Nein, ich meinte auch nicht Rache. Das wäre zu plump für Sie, in der Tat. Aber vielleicht suchen Sie ja... ein Motiv, Agent Starling, hm?“

„Ein Motiv?!“ Ihre Stimme bekam merklich etwas hysterisches, was ihre Glaubwürdigkeit, aber auch ihren grundsätzlichen Stand gegenüber der Attentäterin, noch weiter minderte.

„Sie tötete meine Eltern, weil mein Vater ihr nachspionierte und sie Gefahr lief, entdeckt zu werden. Sie tauschte sein Leben und das meiner Mutter gegen ihres. Ende der Geschichte!“

Mireille schmunzelte nur. Ein mitleidiges Lächeln, welches die Agentin als armes, bedauernswertes Mädchen erscheinen ließ.

„Ist das... alles, was Sie dazu zu sagen haben? In dieser Überzeugung... verlieren Sie so leicht ihre Ruhe, wenn es um diese Frau geht, jagen sie seit 20 Jahren über zwei Kontinente und... stören... andere Leute bei der Arbeit?“ Sich ertappt fühlend stockte Jodie kurz der Atem.

„No...“

„Mais oui. Sie wissen, dass es nicht alles war. Sharon Vineyard hat ihre eigenen Eltern durch ein Feuer verloren. Man muss kein Profiler sein, um die Frage aufzuwerfen, warum sie selbst ein Haus anderer Leute in Brand steckt und deren Tochter verschont. Das wäre doch etwas heftig im Sinne des sich seinen Traumata stellen.“ Sie sah, wie Jodie ihren physischen Halt langsam einbüßte.

„Und Sie wissen, dass wenn Vermouth gefasst wird, sie sich für immer ausschweigen kann, welche Beweise auch gegen sie vorgebracht werden und welches Urteil auch gegen sie gesprochen wird...

Die einzige Möglichkeit, die Wahrheit zu erfahren, wäre, wenn Sie selbst sie zuerst kriegen, wenn Sie Gelegenheit haben, mit ihr zu sprechen, bevor es nur noch offiziell geht.“

Jodie beobachtete sie entgeistert. Was wollte diese Frau von ihr? Sie provozieren? Wenn ja, warum? Was hatte sie davon? Wollte sie unbedingt, dass die Agentin ihre Fassung verlor, dass sie der Wut nachgab... und nochmal auf sie zielte? Um sie dann womöglich zu töten.

'Why? This does not make any sense at all! ... Unless....'

„No way!“

„Was ist unmöglich, Agent Starling?“, säuselte Mireille vollkommen selbstsicher.

„Sie... Sie... wissen, was dahinter steckt?!“

„Sicher. Vermouths Motive mögen... etwas komplexer strukturiert sein, aber sie sind bei weitem nicht so geheim, wie Sie vielleicht denken.

...

Hm... möchten Sie wissen, warum sie Ihre Eltern wirklich tötete, Miss Starling?“

„Say it!“ Mit einem Mal war ihre impulsive, aggressive Natur wieder da. Ein sichtbares Feuer loderte in Jodies Augen, welches Mireille nur zu einem mitleidigen Kopfschütteln anregte.

„Und schon ist alle Ruhe, alle Kontrolle, dahin.“

„Sagen Sie es, wenn Sie es wissen, verdammt!“

„Und was wollen Sie dann tun?“ Ihr Lächeln verschwand wieder, wich einem unzufriedenen, belehrenden Blick.

„Sehen Sie sich an, Starling! Wie wollen Sie in so einem Zustand helfen, die Organisation zu zerschlagen? Wie wollen Sie so die Leute, die Ihnen wichtig sind, schützen, wenn Ihre ganze Fähigkeit zum logischen Denken, Ihre Techniken zur taktischen Bekämpfung von Verbrechen, Ihre Erfahrungen im Umgang mit denen, die Sie verfolgen... wenn all das den Bach runter geht, sobald der Name Vermouth fällt?“

„Dann sagen Sie es mir doch, dann finde ich vielleicht wieder besagte 'Ruhe'!“ Jetzt schrie sie nahezu. Beinahe deprimiert ließ sich Mireille etwas hängen, seufzte leicht.

„Deswegen... genau deswegen... hat es Ihnen Conan ja auch nicht gesagt...“

„Was?“

„Was glauben Sie, was er mit Vermouth besprochen hat, als er auf dem Schiff mit ihr alleine war?“

„Er... no, no, you are lying.“ Ihr Stimme wurde wieder leise.

„Doch... er hatte sie bereits durchschaut, als er die Ocean Goddes betrat und dann lediglich sich Bestätigung geholt. Er kennt ihre ganzen Geheimnisse ebenfalls. Sogar ohne mein Zutun... größtenteils zumindest.“

„No. That's a lie!“

„Ihre Unfähigkeit, vernünftig mit diesem Thema umzugehen, macht Sie nun mal zu einem... Risiko in diesem Fall, Agent Starling. Conan hat es Ihnen nicht gesagt, weil Sie sonst mit Ihrer unkontrollierten Art den roten Faden zur Organisation zerschnitten hätten. Weil Sie... keine Ahnung haben... wie alles zusammenhängt... und weil Sie... keinerlei Selbstbeherrschung besitzen.“

„That is a god damn lie!“ Und da verschwand das letzte bisschen von besagter Beherrschung und bevor sie wieder halbwegs bei Sinnen war, bemerkte sie, wie ihre Hände nicht nur ihre Zwangsbehausung verlassen hatten, sondern auch ihre Pistole wieder auf Mireille richteten. Heftig keuchend musste sie ein paar mal aus- und einatmen, bevor sie ihrer Kontrahentin wieder ein Wort widmen konnte. Diese nahm das alles gelassen hin.

„Ich weiß nicht, was diese Einschüchterungsversuche sollen, Bouquet. Was Sie damit zu erreichen gedenken. Ob Sie mich gegen Conan ausspielen wollen, ob Sie mich psychisch runtermachen wollen... es ist mir ehrlich gesagt auch egal. Fakt ist, es funktioniert nicht.

Sie haben selber keine Ahnung, was mit meinen Eltern war, nicht wahr? Es war alles nur eine gewaltige Lüge, Sie... feige... Mörderin.“

„Hm... Mörderin lasse ich durchgehen, aber nennen Sie mich bitte nie mehr feige!“

'Sie haben selber nicht die geringste Ahnung, was ich nach dem Tod meiner Eltern durchmachte.', fügte sie in Gedanken hinzu, ohne sich dazu herab zu lassen, es laut auszusprechen.

„Ach ja, was wollen Sie...“ Sie hielt inne, als eine schwere Hand sich auf ihren rechten Arm legte und diesen langsam aber kräftig herunter drückte.

„Who the... James?!“

Ihr Chef blickte ernst, aber souverän. Durch seinen Schnauzer ließ sich kein genauer Blick auf seine Lippen erkennen, die seine exakte Stimmung verraten hätten. Daher konnten beide Frauen seine Unsicherheit in diesem Moment nicht abschätzen. Er ignorierte Jodies Worte fast vollständig, widmete sich nur der Korsin.

„Entschuldigen Sie bitte, Miss... Bouquet. Die junge Dame ist halt manchmal noch etwas übereifrig. Das müssen Sie ihr verzeihen.“

„But James?!“ Die Agentin war völlig von der Rolle. Wie konnte ihr eigener Vorgesetzter, den sie seit ihrer Kindheit kannte, und den sie wie einen zweiten Vater ansah, sie so abwatschen? Er blickte sie wegen der Frage mit dunkler Miene an, wollte nicht wirklich etwas dazu sagen, musste es wohl auch nicht. So offen wie sie gegen seine explizite Anweisung verstoßen hatte...

'Aber sie hat es doch herausgefordert!', schrie ihr ihr Unterbewusstsein zu. Eine kleine Chance bestand vielleicht noch, ihre Position zu verteidigen und die würde sie verdammt nochmal auch nutzen wollen.

„Sir.“, begann sie so gespielt souverän es ihr die psychische Situation erlaubte, unterdrückte jedwede unruhige Bewegung ihrer Augen oder Glieder.

„Diese Frau... hat behauptet, relevante Informationen über mehrere Fälle zu haben, die wir bearbeiten. Allerdings... lügt sie.“

„Nein.“, konterte Mireille überlegen, schloss sanft dabei ihre Augen, als interessiere sie das ganze schon kaum noch.

„Ich habe an keiner Stelle gelogen. Nicht wahr... Conan?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Vertschl
2011-05-28T21:40:04+00:00 28.05.2011 23:40
Hi :)

ENDLICH hab ich auch die Chance bekommen die Kapitel zu lesen.
Oha.. Na da hast du mich ja schön neugirig gemacht was mit dem andren kleinen Knrips ist und ob bzw. wann Conan in Ran läuft ;)
Verfolge gespannt das nächste Kapitel -gg-

Grüße aus Amerika
Vertschl
Von:  Kikili
2011-05-26T18:06:22+00:00 26.05.2011 20:06
Ich melde mich auch mal wieder ;)
Ich fand das Gespräch zwischen Jodie und Mireille wirklich klasse... man merkt richtig, wie das FBI, die Organisation ect. eigentlich unwissend ist.
Jeder hat ein Teil des Wissen, aber den Überblick hat am Ende doch nur Mireille...
Das Ende macht es ja wirklich spannend... Was kommt jetzt?
Liebe Grüße
Kikili
Von:  R3I
2011-05-26T15:25:09+00:00 26.05.2011 17:25
Wahhhh! Du Saddist! Wie kannst du nur an so einer Stelle aufhören? ;)
Aber wirklich ganz großes Kino! Freu mich auf's nächste!!!
Grüße R3I
Von:  fahnm
2011-05-25T00:45:40+00:00 25.05.2011 02:45
Da muss ich zustimmen.

Freue mich schon auf das nächste,
Von:  Diclonius01
2011-05-24T19:12:42+00:00 24.05.2011 21:12
Wha, Psychoterror hoch 3

Aber genial wie immer geschrieben.
Freu mich schon auf den nächsten Teil

Viele Grüße
Diclonius01


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