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Fortum

Das dunkle Herz und das Licht
von

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Ein neues Zuhause

Lumen stand einfach nur da und blickte zum Tor, deutlich als ein Zeichen, dass sie aus dem Licht gerissen und in der Finsterniss gefangen war. Nun konnte sie die Tränen nicht länger zurückhalten und schlug die Hände vors Gesicht, als die ersten Tränen über ihre Wangen rannen und sackte in die Knie. Lange Zeit blieb sie so auf dem Boden knieend und weinte.

Dann aber holte sie eine kalte und gleichgültige Stimme aus ihrer Trauer. „Kommt, ich werde Euch jetzt zeigen, wo Ihr nun schlafen werdet!“, sagte er und Lumen drehte sich um zu ihm. Sah ihn eine Weile voller Zorn an.

Wie konnte man nur so kaltherzig sein, dachte sie.

Sieht er denn nicht, wech Pein es ihr bereitet von ihrer Familie getrennt zusein?

Doch der Magier sah sie ihn, als sei sie ein lästiges Insekt. „Von mir aus, könnt Ihr noch ewig hier hocken und Euch die Augen ausheulen. Aber meine Kreaturen…!“, sagte er und blickte dabei zu den Wesen, die in der Dunkelheit kauerten und auf sie lauerten. Mehr brauchte er nicht zusagen. Denn die Drohhung wirkte auch so und Lumen sprang auf die Füsse. Als sie ihm nacheilte, die Treppe hinauf, glaubte sie ein enttäuschtes Schnauben zuhören.

Das Schloss sah schon von außen groß und gewaltig aus und man hätte meinen können, dass es auch innerlich imposant war. Wie das eines Königs. Aber die Dunkelheit erstickte diesen Eindruck, sodass es einer Gruft gleicht. Kalt und tot.

Sie durchschritten einen langen Gang, der ausgelegt mit einem ziemlich abgewetzten Läufer war, der einst die Farbe rot gehabt haben musste, nun aber mehr grau wirkte. Die Wände hoch und die Decke gewölbt, wie bei einer Kirche. Diese wurde von dicken, aus schwarzem Stein behauenen Säulen gestützt und bis zum Boden reichende Vorhänge hingen hinunter. Doch egal wohin sie auch hinschaute. Es gab weder Fenster, noch etwas anderes, was Licht geben konnte. Nur wenige Fackeln brannten und spendeten dennoch nicht genug Licht. Dafür gab es Finsterniss. Links, rechts, Oben, unten. Vor und hinter ihnen. Sie nwaren von ihr vollkommen umzingelt und wieder glaubte Lumen in dieser Finsterniss diese Kreaturen zusehen. Sie schrack zurück, als sie ein Knurren zuhören glaubte und sah zum Magier. Dabei sah sie, wie weit er schon gelaufer war und wie weit sie zurücklag. Schnell rannte sie ihm nach und wäre fast mit ihm zusammengestossen.

Dem Magier entging es nicht, dass sie sich fürchtete.

„Solange du nicht trödelst, werden sie dich nicht bekommen!“, sagte er gleichgültig und Lumen unterdrückte eine scharfe Antwort. Versuchte ihre Beherrschung zubehalten und ging weiter. Irgendwann, die ganze Zeit über hatte er geschwiegen und je länger das Schweigen andauerende desto mehr meinte sie, die Schatten atmen zuhören. Sie konnte es nicht mehr ertragen.

„Fragt ihr Euch denn nicht, warum ich Euch wollte?“, fragte der Magier sie dann und sie wusste nicht was schlimmer war. Die gespenstische beinahe Totenstille oder seine Stimme, die scharf wie ein Schwert und kalt wie Eis war. Lumen blickte kurz zu ihm hoch, senkte dann aber wieder den Blick. Sie hatte es sich gefragt, es aber nicht gewagt auszusprechen.

Lumen biss sich auf die Unterlippe. Aber sie konnte diesen gedanken nicht ganz abschütteln. Eigentlich hatte er Recht, sagte sie sich. Er hätte sich auch eine meiner älteren Geschwister nehmen können. Also warum gerade ich?

Doch Lumen wollte nicht weiter so denken. Sie war froh, dass ihrem Vater und ihrer Schwester kein Lied zugefügt wurde. Stattdessen versuchte sie die Gier des Magiers zu verabscheuen. Und seine Kaltherzigkeit. „Nein. Lieber ich, als sie. Ich will auch nicht wissen, was Ihr mit mir vorhabt!“, kam es leise von ihr. „Da ich es mir vorstellen kann!“

Der Magier blieb stehen, drehte sich zu ihr herum. Sah sie an und lange ruhte sein Blick auf ihr. Ob er sie wirklich ernst nahm oder sich im Stillen über ihrer Furcht ergötzte, vermochte sie nicht zusagen.

„Könnt Ihr das?“, fragte er dann. Lumen zog den Kopf zwischen die Schultern. Tausend schreckliche und abscheuliche Dinge, die er mit ihr vorhaben könnte, spukten ihr durch den Kopf und sie schauderte. Sie nickte, weil sie es nicht aussprechen konnte. Der Magier nahm dies als Antwort und er schnaufte abfällig. Dann wandte er sich ab und ging weiter. Murmelte etwas, was sie nicht verstand. Lumen folgte ihm. Laut sagte er. „Keine Angst. Ich werde Euch nicht anrühren. Ich mag zwar ein dunkler Magier sein, aber ich bin kein Scheusal. Ihr seid mein Gast. Aber meine Forderung gildet nach wie vor!“, erklärte er. Lumen konnte nicht sagen, ob sie darüber froh sein sollte oder nicht. Die Forderung, die die Freilassung ihres Vaters und ihrer Schwester ermöglichte, war mehr eine Drohung und sie halte ihr immer wieder in ihrem Kopf wieder.

„Solltet Ihr es wagen oder gar mit dem Gedanken spielen mich zu hintergehen, so werdet Ihr Euch schneller in meinem Kerker finden, als Euch lieb ist!“

Wie könnte sie ihn hintergehen?

Er war ein Magier. Beherrschte dunkle Künste, die sie nur in ihren Alpträumen sehen würde und sie nur eine Prinzessin. Nicht in der Lage sich gegen ihn zuwehren.

Also was hatte er sich dabei gedacht, diese Forderung zustellen?

„Wie ist überhaupt Euer Name?“, fragte sie, um ihre ängstlichen Gedanken zu verdrängen. „Mein Name ist Tenebrae!“

Tenebrae, ein wirklich seltsamer und auch furchteinflössender Name, dachte sie und schauderte wieder. Tenebrae, das bedeutet übersetzt Finsterniss. Also ist auch sein Name finster. Wie alles hier um und an ihm.

Lumen versuchte ihre wachsende Furcht zu unterdrücken. Da prallte sie gegen ihn, als er stehen blieb und wich zurück, als er ihr einen erbosten Blick zuwarf. „Verzeiht!“, murmelte sie und senkte darauf den Kopf. Tenebrae sah sie einen kurzen Moment, dann drehte er sich um. „Wir sind da!“, sagte er dann und Lumen schaute auf. Sie standen vor einer Tür aus dunklem Holz und mit Eisen beschlagen. Sie wirkte massiv. Wie eine Kerkertür. Lumen blickte ihn an und deutlich sagte ihr Blick: Wollt Ihr mich doch noch in ein Verließ einsperren?“

Doch der Magier ignorierte ihren Blick, legte die Hand um den Türknauf, drehte und öffnete damit die Tür. Das Zimmer dahinter war prunkvoll eingerichtet, wie es für eine Prinzessin würdig sein kann. Ein großes Himmelbett mit frischbezogenen Laken, lud förmlich dazu ein, sich darin niederzulegen. Der Boden war mit weichen Teppischen ausgelegt. Ein kleiner Kamin war gegenüber des Bettes in der Wand, in dem ein kleines Feuer prasselte. Zwar war es nicht sonderlich hell, aber jedoch hell genug, um die Finsterniss von und aus ihrem Zimmer fernzuhalten.

Davor ein kleiner Tisch mit zwei Sesseln, mit weichem Polstern. Ein hoher Schrank, der fast die ganze Wand links von ihnen einnahm und auf der gegenüberliegenden Seite der Tür ein Schreibtisch, ebenso aus Dunklen und hartem Holz, wie die anderen Möbel. Und an einem der drei Fenster stehend. Lumen verschlug es die Sprache. Sie hatte schon geglaubt, dass sie hier keine Fenster sehen würde. Das in ihrem Zimmer aber welche, erleichterte sie ungemein. Tenebrae sah dies und wies mit der Hand, ihr neues Gemach einzutreten. Lumen folgte und betrat das Zimmer. Sie blickte hoch an die Decke, die weissbläulich war und mit goldenen Verzierungen geschmückt war. Ein Kronleuchter, ohne Kerzen allerdings hing hinunter. Nach dem sie ihr Gemach bestaunt und bewundert hatte, drehte sie sich zu Tenebrae, der sie nur anschaute. Ihrer verblüfften Miene konnte er ihr deutlich ansehen, dass sie dies verwunderte und ein zynisches Lächeln umspielte seine Lippen. „Dachtet Ihr, ich würde Euch in eine schäbige Kammer bringen?“, höhnte er und Lumen konnte darauf nichts sagen. Um ehrlich zusein, hatte sie das wirklich gedacht. Mochte sie sein Gast sein oder nicht. Jemand, der in der Finsterniss lebt, sogar nach ihr benannt wurde, kann doch nur sowas vorhaben. Aber offensichtlich hatte sie sich geirrt. „Nun…!“, begann sie, sagte aber dann nichts mehr, dass das Lächeln im Gesicht Tenebraes breiter wurde, dann aber erlosch und bitterer Enttäuschung wich. Doch statt darauf etwas zuerwiedern, sagte er er nur:„ Falls Ihr einen Wunsch habt, ruft, und meine Diener werden Euch zudiensten sein!“

Damit schloss er die Tür hinter sich und ließ sie allein.
 

*
 

Lumen hatte erneut zuweinen begonnen. Es war einfach über sie gekommen. Zwar war sie nicht in einem Verließ. Hatte ein Gemach, dass unter anderen Umständen einladend war. Aber was nutzte all die ganzen edlen Möbel, wenn sie dennoch eine Gefangene war. Und niemals wieder ihre Familie sehen konnte. Ihre geliebten Schwestern und ihren Vater.

Sie vermisste sie jetzt schon. Wobei sie nicht mal länger als einen Tag hier war. Wie sollte das denn weitergehen, wenn sie länger hierblieb. Für immer?

Schon allein der Gedanken daran ließ ihr Herz schwer werden und neue Tränen in ihre Augen steigen. Schluchzend wischte sie sich diese von den Wangen. „Was sol nur aus mir werden?“, wimmerte sie leise.

Ein leises Klacken, als die Tür sich öffnete und wieder schloss war zu hören und ließ sie aufschauen. Doch statt den Magier in ihrem Gemach zusehen, stand dort ein kleines Männchen. Es war in grauen Lumpen gekleidet, hatte eine lange spitze Nase, Ohren wie ein Hut und eine Haut, als würdes sie einem alten Mann gehören. Große, grüne Augen sahen die Prinzessin neugierig, aber auch mitfühlend an. „Warum Ihr weinen?“, fragte es. Seine Stimme war krächzend, piepsig eigentlich, aber nicht so schlimm, wie das der unheimlichen Vögel, die dort draußen ihre Kreise zogen. Lumen richtete sich auf und versuchte gefasst zu wirken. „Ach, ich…ich bin einfach nur wütend!“, versuchte sie zu erklären. Doch sie konnte dem kleinen Kerl nichts vormachen. „Wütend? Warum?“, fragte es wieder und trat näher an sie heran. Trotz des es ein wenig unheimlich aussah, hatte Lumen vor ihm keine Angst. Irgendwie wirkte es so, als würde dieses Kerlchen der einzige Freund sein, den sie hier haben würde. „Mein…mein Vater hat mich diesem Magier als Gegenlesitung gegeben und ich weiss nicht, was nun!“, sagte sie zittrig. „Hm, nicht wütend das klingt!“, murmelte das Kerlchen. Dann aber grinste es. „Aber keine Angst Ihr haben müsst. Euch nichts passieren wird. Verspreche ich Euch das!“

Lumen lächelte. „Heisst du?“

„Comitas. Doch Comi du mich nennen kannst!“, grinste das Kerlchen. „Und jetzt Ihr Hunger haben?“

„Ja, ein wenig!“, gab Lumen zu, als wie auf ein Stichwort, ihr Magen knurrte. Comitas eilte zu ihr, ergriff ihre Hand und zog sie mit sich. „Dann mitkommen!“
 

Comitas zog Lumen bei der Hand durch die Gänge. Führte sie sicher durch das Schloss, als wäre das dasseine und beachtete nicht die Schatten, die immernoch auf sie lauerten. Wagte es einer von ihnen, sich ihnen zu nähern, schimpfte Comitas und schnippte mit den Fingern. Blaue Blitze zuckten auf und vertrieben die Schatten. Lumen hob bewundert und auch erstaunt die Brauen. „Du kannst sie zurückhalten?“

Comitas lächelte stolz. „Natürlich. Ich schon lange hier und diese Schatten mir keine Angst machen!“, erklärte er. Immerhin einem, dachte sie und ging mit ihm weiter. Die Küche befand sich im Erdgeschoss und in dieser huschten Wesen, ähnlich wie Comitas. Doch diese nahmen von ihr keine Notiz, sondern eilten hinundher. Rührten in Kochtöpfen, in denen es brodelte, schnippelten Gemüse und schoben rohes Brot in den Ofen. Andere waschten das dreckige Geschirr ab.

Comitas führte sie zu einem Tisch, der zum Speisen diente und bat sie platz zu nehmen. Dann wandte er sich an die anderen und pfiff. Sofort blieben sie stehen und blickten sie an. „Prinzessin Lumen das ist. Sie Hunger haben. Also, kochen wir was müssen!“, sagte er und schon machte er und die anderen sich daran, was für sie zu zubereiten. Nach wenigen Minuten hatte Lumen schon eine dampfende und wohlriechende Suppe vor sich und ein Stück Brot. „Guten Appetitt ich Euch wünsche!“, sagte Comitas und gesellte sich zu den anderen. Kochte mit ihnen. Lumen sah dem geschäftigen Treiben eine Weile zu, dann begann sie die Suppe zuessen und biss ins Brot. Es schmeckte wunderbar und die Wärme in ihrem Bauch tat gut. Vermochte es sogar, das schmerzliche Gefühl des Heimwehs zuverdrängen.

Gesättigt und zufrieden lehnte sie sich zurück und dankte den ämsigen Kerlen und besonders Comitas für das leckere Essen. „Befehl mein Euer Wunsch mir ist!“, sagte er und verbeugte sich.

Danach führte er sie wieder in ihr Gemach und entfhelte sich. Als die Tür hinter ihm zufiel, fühlte sie sich wieder allein. Einige Minuten blieb sie so datstehehen. Aber dann ging sie zur Tür, riss sie auf und reif nach Comitas. Doch er war nicht mehr da und so schloss sie niedergeschlagen die Türe wieder. Comitas war ihr als einziger nicht unheimlich und sie vermisste ihn jetzt schon. Dabei war er nicht solange weg und war noch vor wenigen Minuten bei ihr gewesen. Hatte sich mit ihr unterhalten und sie etwas aufgeheitert. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte das niemals ein Ende gefunden. Lachen und seine freundliche Gesellschaft. Nun aber war sie wieder allein und sie fühlte sich wieder einmal allein.

Mit einem schweren Seufzer setzte sie sich an den Schreibtisch und schaute aus dem Fenster.

Lange blieb sie so sitzen. Sah zu wie der Himmel, der ohnehin schon dunkel war, sich verfinsterte, bis er pechschwarz war.
 

Tenebrae schritt den Gang zurück, den er mit der Prinzessin gegangen war. Nun hatte er, was er wollte. Die Tochter des Königs. Er konnte mit sich zufrieden sein. Sicherlich trauerte der König schon um sie. Dabei lebt sie und hat ein Gemach, dass ihr nur gerecht ist. Ihr würde nichts fehlen. Nicht solange sie sich an seine Bedingung hielt.

Er betrat sein Zimmer und setzte sich in den Sessel. Während das von Lumen einigermassen mit Licht erhellt war, herrschte in diesem, wie in dem gesamten Schloss, absoulute Dunkelheit. Die einzigen Möbelstückte, die im Raum standen waren ein Sessel vor einem riesigen Kamin, daneben einen kleinen Tisch. Darauf standen ein Weinglas aus Kristall und eine Karaffe, gefüllt mit Rotwein und an den Wänden standen Schränke, die bis zur Decke reichten. Vollgestopft mit dicken und dünnen Büchern und Schriftrollen, jeden Alters.

Ein Bett gab es zwar. Schlaf brauchte aber der Magier kaum. Ihm reichte der Sessel um zu ruhen. In diesen ließ er sich nieder und goss sich etwas von dem Wein in das Gas. Nippte darin und schaute in das Feuer, das im Kamin loderte und beobachtete, wie die blauen Flammen hoch züngelten. Lange Zeit blickte er hin und war in Gedanken versunken. Dachte nach, was nun sein würde. Ob sich was ändern würde. Jetzt wo er die Prinzessin in seiner Gewalt hatte. Da holte ihn eine weibliche Stimme aus diesen und klang enttäuscht. „Ich dachte, Ihr wolltet das Reich des Königs Sapientia vernischten. Bis auf die Grundmauern. Aber stattdessen habt Ihr die Wesen vernischtet, die ich heraufbeschworen habe!“

Tenebrae hob nicht den Blick und lächelte eisig. „Ich habe niemals gesagt, dass ich das Reich zerstören wollte. Ich wollte dem König nur einen schwerem Schlag versetzen und das ging am besten, in dem ich das nehme, was er am meisten liebte!“, erklärte er. „Er liebte alle drei seiner Töchter. Warum habt Ihr Euch dann für die eine entschieden?“, fragte die Stimme ihn wieder und der Magier hielt inne, als er aus seinem Glas trinken wollte. Kurz fragte er sich das selbst. Doch dann lächelte er. „Sie ist hübsch. Und noch jung. Die anderen beiden, vorallem die mittlere hat sich schon verliebt und die ältere scheint mir nicht die Frau zusein, die sich was sagen lässt!“, erklärte er kühl.

Die Stimme schnaubte. Enttäuschung und auch etwas wie Frust schwang darin mit. Dann aber fragte sie und versuchte dabei gleichgültig zuklingen. „Und was gedenkt Ihr mit ihr anzustellen?“

Tenebrae, der deutlich hören konnte, dass die Gestalt, der die Stimme gehörte, nicht begeistert über seinen Plan war und sicherlich die Prinzessin nun als eine Art Konkurrenz sehen würde. Was vollkommer Unsinn war. Er hegte keinerlei Begierde gegenüber dem jungen Mädchen.

„Das hat dich nicht zu kümmern, Fallacia!“, sagte er kalt und blickte hoch zu Decke, die in Dunkelheit lag und er dennoch die Silloutte einer Frau sehen konnte. Fallacia schaute zu ihm hinunter und wollte noch etwas sagen. Doch sie hielt es viel klüger, zu schweigen und zog sich zurück. Tenebrae ließ sich etwas tiefer in den Sessel gleiten und nahm wieder sein Glas in die Hand. Hielt es vor sich, sodass die blauen Flammen den Wein, der dunkelrot war, lila schimmern ließ und dachte nun selber darüber nach, was er vorhin gesagt hat. Irgendwie erschien es seltsamerweise falsch. Als hätte er sich eben gerade selber belogen. „Ich habe sie nur hierhergeholt, damit weiss, wie es ist, etwas zuverliren, was man liebt!“, murmelte er vor sich hin und trank dann das Glas aus.
 

In der Ferne war ein Donnergrollen zuhören. Lumen hatte nur aus dem Fenster geschaut, so wie sie es damals bei ihrem Vater getan hatte, wenn sie sich langweilte oder niedergeschlagen war. Hatte gesehen wie sich langsam alles verdunkelte. Und ihre Stimmung, die durch Comitas Freundlichkeit etwas fröhlicher war, schlug in Niedergeschlagenheit um. Schon jetzt drückte dieser dunkle Himmel ihr aufs Gemüt. Am Anfang hatte sie törichterweise gehofft einen Fluss zu entdecken. Aber da war nichts. Nur eine ausgetrocknete Wüste. Was für ein schrecklicher Gegensatz zu dem blühenden Reich ihres Vaters. Tränen brannten wieder in ihren Augen, als sie an die prächtigen Gärten und blühenden Büschen verschiedenster Blumen dachte. An den strahlendblauen Himmel, der sich über das Schloss ihres Vaters spannte und die Sonne ihre warmen Sonnenstrahlen hinab sandte.

Das Schloss!

Wie sehr sie es vermisste. Jetzt wo sie in diesem unheimlichen Gemäuer eingesperrt ist und es keinen einzigen Lichtfunken gab, wusste sie nun die weiten Gänge und die großen Räume, die sie einst einzuengen schienen, zuschätzen. Erst jetzt. Sogar den Unterricht, der sie langweilte. Alles, was sie einst im Schloss ihres Vaters hatte, was sie nicht geliebt hatte, vermisste sie nun. Wie verrückt das doch alles ist, dachte sie und schlug die Hände vor das Gesicht. Kämpfte wieder gegen die Tränen.

Da hörte sie ein leises Klopfen und als sie „Herein!“, sagte, kam Comitas herein. Augenblicklich musste sie lächeln. Sie freute sich ihn zusehen. Seit sie in der Küche etwas zuessen bekommen hatte, hatte sie ihn nicht gesehen. Comitas verneigte sich. „Prinzessin!“, sagte er nur und etwas in seiner Stimem ließ sie etwas Böses ahnen. „Was…was gibt es?“, fragte sie beunruhigt und stand von ihrem Stuhl auf. „Der Herr Euch zusehen wünscht. Er mit Euch speisen will!“, sagte er. Lumen runzelte die Stirn. „Aber ich habe doch schon gegessen!“

Comitas nickte. Wirkte aber betreten. „ Ich wissen. Bitte…trotzdem. Gehen zu ihm Ihr müsst. Essen müssen Ihr nicht!“, bat er sie, lächelte sie schwach an. Doch seine Augen sahen sie flehend an. Lumen merkte, wie sich ihr Hals zusammen zog. Dass sie schon satt war, war nur ein Vorwand. Sie würde den Teufel tun und mit diesem Magier speisen. Womöglich war er ja der Teufel und dass er mit ihr speisen wollte, konnte womöglich eine Fale sein um…

Lumen wagte es nicht, weiter darüber nachzudenken. „Tut mir leid, Comitas. Aber ich kann nicht!“, sagte sie und schaute wieder aus dem Fenster. Der Himmel war noch schwärzer als vorher und sie schauderte als sie sich vorstellte, was da für Schrecken dadraußen hausten. Schnell wandte sie den Blick ab. Vor der Dunkelheit da draußen fürchtete sie sich genauso, wie vor ihm. Comitas sah sie einen Monment noch an, dann nickte er. „Ich es ihm sagen!“, sagte er und war auch schon wieder weg.

Tenebrae wartete schon ungeduldig auf seinen kleinen Diener und als dieser in das Zimmer trat, hob er den Kopf und sah ihn mit eisigen Augen an. „Und?“, fragte er nur und Comitas wirkte mehr als nur eingeschüchtert. Nervös trat er von einem Fuss auf den anderen. „Sie nicht kommen will!“, sagte er und senkte den Blick. Tenebrae sah ihn einen kurzen Moment an, dann schnaubte er und schute in die dunklen Flammen, die im Kamin züngelten. Überrascht war er nicht. Er hatte sich schon gedacht, dass die Prinzessin nicht seinem Wunsch nachkommen würde. „Hat sie denn schon was gegessen?“, fragte er und Comitas nickte.

Dann schwieg er. Schien nachzudenken. Irgendwie ließ ihn das nich los. Es sollte ihm eigentlich egal sein, dass sie nicht mit ihm speisen wollte. Aber irgendwie nagte es an ihm.

„Hat sie gesagt, warum sie nicht kommen will?“

Comitas, erst etwas erstaunt darüber, dass sein Herr diese Frage stellte, öffnete den Mund, um zu antworten, doch da mischte sich eine andere Stimme ein. „Na warum wohl. Sie fürchtet sich vor Euch. Und irgendwie, widert Ihr sie an. Ich frage mich warum?“, höhnte sie und Tenebraes Gesicht wurde finster. „Du nimmst dir zuviel heraus, Fallacia!“, knurrte er und blickte hoch an die Decke, wo eine Frau, wie eine Spinne, an dieser klebte und auf ihn hinunterblickte. Sie hatte eine blasse Haut, fernöstliche Gesichtszüge und schwarzes Haar. Man hätte sie auch als schön bezeichnet, wären da nicht ihre Augen gewesen. Sie waren schwarz und in ihnen lag ein Ausdruck des Bösen. Böse war auch ihr Lächeln, dass sie ihrem Herren zuwarf. „Wenn es doch so ist. Ich habe es gesehen. Sie ekelt sich sich davor, mit Euch an einem Tisch zusitzen. Dengleichen Wein zutrinken und dasselbe Fleisch zuessen!“, stichelte sie weiter und krabbelte an der Decke näher zu ihm. Tenebrae reichte es. Wütend schlug er mit der Faust auf die hölzerne Lehne seines Stuhles und er schaute voller Zorn zu ihr hinauf. Keiner seiner Diener, nichtmal die, die ihm am treusten waren, durften so mit ihm sprechen. Er war hier der Herr. Sie nur die Dienerin.

„Es reicht, Fallacia. Hüte deine scharfe Zunge, oder ich reisse sie dir raus!“, drohte er und seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Fallacia duckte sich, wie als würde man auf sie einprügeln wollen und senkte demütig den Kopf. „Vergebt mir, Herr. Ich wusste nicht, was ich sagte!“

Tenebrae sah sie noch eine Weile zu ihr hoch. Dann winkte er ab. „Ausnahmsweise werde ich das. Solltest du dich aber nochmals erdreisten, solches unverschämtesn Zeug von dir zugeben, werde ich nicht mehr so gnädig sein!“, sagte er kühl und verließ den Raum. Comitas fogte ihm. Nicht jedoch ohne der Dienerin an der Decke einen triumphierenden Blick hochzuwerfen und ihr die Zunge rauszustrecken. Fallacia zischte böse und verschwand auch.
 

Lumen verließ ihr Zimmer nie. Wohin sollte sie auch gehen. Draußen warteten die Schatten auf sie und würden es sich nicht nehmen lassen, sich auf sie zu stürzen, sobald sie ihr Zimmer verließ. Also blieb sie in den sicheren vier Wänden, die nicht mit Dunkelheit erfüllt waren und sie immerhin etwas abhalten, noch mehr in ein tiefes dunkles Loch zufallen, dass das Heimweh, die Finsterniss und die Grausamkeit des Magiers in sie gerissen hatten. Aber selbst die Flammen, lebendig und warm waren und auch Comitas Besuche, die sie immer freudig stimmten, vermochten es nicht, dieses auszufüllen und zuheilen. Die meiste Zeit saß sie entweder am Schreibtisch, am Fenster, schaute hinaus, auch wenn sie wusste, das es nicht besser wurde oder saß in einem kleinen Sessel vor dem Kamin und blickte die Flammen. Dachte nach. Fragte sich immer wieder, was er mit ihr vorhaben könnte und verdrängte sie wieder. Dann dachte sie an ihre Familie. Wiesooft und der Schmerz, das Heimweh wurden schlimmer. Zerfrass sie förmlich und mehr als einmal, flossen ihr wieder die Tränen über die Wangen. Comitas brachte ihr das Essen. Frühstück. Mittag-und Abendessen. Oft bat sie ihn, mit ihr zuessen. Teilte ihre Speisen mit ihm. Zuerst und als sie zwei-dreimal darum bat, mit ihm zuessen, hatte er sich noch dagegen gesträubt. „Es mir nicht zustehen, mit Euch zuessen!“, hatte er gesagt und die Hände gehoben. Doch Lumen bestand darauf. „Es steh dir zu. Ich erlaube es dir. Und wenn dein Herr etwas dagegen sagt, sage ich einfach, ich habe es dir befohlen!“, hatte sie darauf geantwortet und ihm ein Stück Brot in die kleine Hand gedrückt. Ob sie es wirklich so entschlossen sagen konnte, wusste sie nicht. Sicherlich würde sie wieder kein Wort über die Lippen bringen, wenn er sie wirklich darauf ansprach und sie in diese eisigen Augen blicken musste. Aber solange es noch nicht soweit war, sollten sie es wagen. So verging die Zeit. Doch Zeit hatte für Lumen ihre Bedeutung verloren. Sie konnte nicht mehr sagen, wielange sie hier war. Am Anfang hatte sie noch das Frühstück gezählt, dass Comitas ihr brachte, doch irgendwann hatte sie aufgehört. Es spielte sowieso keine Rolle, wielange sie schon hier war. Sondern wielange sie noch hierbleiben würde. Tag für Tag eingesperrt in diesem goldenen Käfig, der sie immer mehr einengte.

Lumen schüttelte sich bei diesem Gedanken. Und sehnte sich zurück, in ihr altes Leben.

Eines Tages kam Comitas und er wirkte sehr bedrückt. Lumen ahnte schlimmes und eilte zu ihrem kleinen Freund. „Was ist, Comitas?“, fragte sie und kniete sich vor ihm. Comitas senkte den Kopf, dann sah er sie wieder an und nahm ihre Hand. „Bitte, geht zum Herrn heute Abend. Er mit Euch essen möchte!“, bat er sie und Lumen zog ihre Hand zurück. Nach solanger Zeit hatte sie gehofft, dass er oder auch sein Herr sie niemals wieder darum bitten würde. Das er es jedoch wieder tat oder auch beide, ließ die alte Furcht, die sie so gut es ging unterdrückt hatte, wieder hochsteigen. „Nein, Comitas. Ich kann…!“, wollte sie sagen, doch Comitas Blick wurde noch flehender, dass ihr das Herz fast brach und er ergriff wieder ihre Hand. „Bitte…ich Euch bitte!“, flehte er und Lumen vermochte es nicht, sich gegen seine flehenden Worte zu wiedersetzen. Tief holte sie Luft, nahm ihren Mut zusammen und nickte. „Also gut. Ich werde mit deinem Herren essen!“, sagte sie und Comitas seufzte erleichtert auf. „Danke!“, sagte er nur und führte sie in den Speisesaal.
 

Dieser war groß und jedoch wenig eingerichtet. Wandteppische, die abgenutzt und sehr alt aussahen und auf denen unheimliche Kreaturen dargestellt waren und Schlachten, Gut gegen Böse, hingen an den Wänden. Zitterten als ein Lufthauch sie streifte und in der Dunkelheit wirkten sie lebendig. Lumen wandte sich von diesen unheimlichen Bildnissen ab und sah sich weiter um. Außer der Tafel und den Stühlen war nichts im Raum. Die Vorhänge zerrissen. Wie die anderen Zimmer, hatte auch dieses einen Kamin. Lumen fragte sich, ob das nicht eine Vorliebe Tenebraes war. Jedoch brannte darin kein Feuer. Lumen blickte zu Comitas. Dieser bedeutete ihr nur weiterzugehen und sich an die Tafel zusetzen, dire cihgedeckt war mit Wein, Obst und gekochtem Fleisch und Gemüse. Ein köstlicher Duft erfüllte den düsteren Raum. Doch so lockend er auch war, Lumen vermochte es nicht sich zusetzen. „Prinzessin. Bitte. Tut was der Magier von Euch wünscht!“, bat er sie, fast so als liege ihm wirklich etwas an dem Wunsch seines Herren. Lumen sah ihn nur an, wollte sagen, dass sie nicht wollte. Aber sie gehorchte und setzte sich auf den Platz, den ihr Comitas zuwies. Kaum das sie saß, flammte das Feuer im Kamin auf und Lumen erschrack. Anders als das Feuer, das im Kamin ihres Zimmers brannte, war dieses dunkel und finster. Die Flammen waren blaulila und erfüllten den Raum mit eisiger Kälte.

Es war das Feuer der Dunkelheit.

Lumen schauderte.

Wenn es doch nur Licht geben würde, dachte sie. Richtiges Licht, dass diese Dunkelheit vertreibt!

„Hier wird es niemals Licht geben. Zumindest nicht das, was Ihr Euch wünscht!“, hörte sie plötzlich eine kalte Stimme sagen und Lumen zuckte zusammen. Am Kopfende ihr gegenüber konnte sie die Gestalt des Magiers ausmachen. Er hob sich nur schwach von der Dunkelheit um ihn herum ab und würde sie den Schein der Flammen nicht in seinen Augen sehen, die wie kaltes Sternenlicht glühten, hätte sie ihn nicht gesehen.

Ihr Körper versteifte sich und sie hielt den Atem an. In der Dunkelheit, die sein Zuhause war, war er noch bedrohlicher und furchterregender.

„Warum nicht? Ist es Euch so zuwider?“, fragte sie und senkte den Blick. Sie konnte das kalte Leuchten seiner Augen nicht ertragen. Für einen kurzen Moment schwieg der Magier, ehe er kalt sagte:„ Ich habe meine Gründe. Mehr braucht Ihr nicht zuwissen!“

Lumen schluckte. Seine Stimme war so endgültig und schneidend, dass ihre nächsten Fragen im Halse stecken blieben. Mehr braucht Ihr nicht zuwissen!

„Wollt Ihr nichts essen? Habt Ihr keinen Appetitt?“, sagte er und machte eine Handbewegung zu dem Essen, welches vor ihnen aufgetischt war. Lumen blickte zu den Speisen. Es duftete verlockend und diese Speisen sahen wirklich köstlich aus. Doch Lumen hatte keinen Hunger. Dass er ihr gegenüber saß und sie mit diesen kalten Augen anblickte, ließ ihr alles vergehen. So stocherte sie nur in dem Essen, welches einer der kleinen Kerle auf Tenebraes Befehl ihr dennoch aufgetragen hatte, herum und schaute teilnahmslos vor sich hin. Sie fragte sich augenblicklich, was nun ihr Vater und ihre Schwestern taten. Ob sie auch an der Tafel saßen und miteinander speisten, oder trauerten sie um sie. Immerhin mussten Wcohen, vielleicht sogar Montae vergangen sein, in denen sie nicht von ihr gehört hatten und nun das schlimmste befürchteten.

Lumen durchfuhr es dabei kalt und sie versuchte auf andere Gedanken zu kommen. Doch auf welche. Alles Gedanken, die in ihrem Kopf waren, drehten sich entweder um ihre Familie oder um ihre ungewisse Zukunft, die sie hier erwartete. Noch lange blickte sie auf ihr Essen, das immernoch keinen Hunger in ihr auslöste. Dann aber hob sie den Kopf. Das Schweigen, welches zwischen ihnen war, war unerträglich. „Warum habt Ihr mich gewählt?“, fragte sie. Einfach so. Zuerst hatte sie es sich überlegt, ob sie ihn das fragen wollte. Aber der Gedanke daran, dass sie weiterhin in Unwissenheit bleiben und er vielleicht doch etwas Böses mit ihr vorhatte, ließen sie nicht los. Sie wollte es wissen. Sie wollte es von ihm hören!

Tenebrae sah sie kurz mit einem Ausdruck an, als würde er wahrhaftig darüber nachdenken müssen und sein schweigen verheisste ihr nichts Gutes. Dann nahm er sich einen Apfel und biss hinein. Blickte dabei zu der Prinzessin und das Geräusch, als er ein Stück Apfel hinausbiss schien lauter, als das Knistern der Flammen im Kamin zu sein. Lumen rutschte nervös und unruhig auf ihrem Stuhl hinundher. Egal was er machte, egal wie er sie ansah. Sie hatte immer das Gefühl, als würde sie einem wildem Tier gegenüberstehen, das sie im nächsten Moment angreift. Als er den Bissen hinuntergeschluckt hatte, sah er sie weiterhin forschend an. „Ich dachte, es sei Euch allerlei?“, bemerkte er und nahm nun sein Weinglas, hob es an die Lippe und nahm einen kleinen Schluck. „Nein. Ist es nicht. Ich…bitte sagt mir, was war Grund, mich zuwollen!“, kam es stockend von ihr und sie rang nervös die Hände.

Tenebrae schaute sie noch eine Weile an, dann schien er irgendeinen Punkt über ihr zu fixieren. Dann als er sie wieder ansah, sein Gesicht blieb, wie es war.

„Ist das so wichtig?“, kam es dann von ihm.

Lumens Furcht und Nervösität schwanden für einen kurzen Moment. Wütend über die Dreistigkeit des Magiers, straffe sie ihre Schultern. Wollte ihm zeigen, dass sie sich nicht vor ihm fürchtete. „Und ob das für mich wichtig ist. Schließlich muss ich hier leben. Für den Rest meines Lebens!“, sagte sie. Tenebrae sah sie an. In seinem Gesicht war nichts zusehen, was ihr sagen konnte, was er dachte. Es war eine ausdruckslose Maske und als er sie so ansah und sie ihn, verschwand ihr kleiner Mut und machte wieder der Angst platz. Lange zeit schaute er sie so ausdruckslos an. Dann schien sich etwas in seinem Gesicht zuregen und er fragte, nicht gekränkt, so wie sie es vielleicht törichterweise gehofft hatte, sondern bitterenttäuscht, mit fester Stimme:„ Ihr tut geradeso, als sei das was Schlimmes. Habt Ihr etwa nicht das Leben im Schloss gehasst?“

Durch Lumen ging ein Ruck. Und sie sah ihn mit großen Augen an. Woher wusste er das?

Sie hatte niemals derartiges erwähnt. Weder Comitas, noch ihm. Also woher konnte er das wissen. „Wo-woher…!“, kam es ihr über die Lippen. Tenebrae lächelte. „Habt Ihr etwa soschnell vergessen, wer Euch am Geburtstag Eures Vaters, im Garten besucht hat?“, fragte er und Lumen verstand. „Ihr wart das?“

Tenebrae sagte nichts, sondern hielt sein Glas in der Hand und drehte es. Sah zu wie der Wein im Glas schwabte. „Natürlich!“

Lange schwiegen sie. Dann aber überwand Lumen ihr Erstaunen. „Warum?“

Tenebrae hob die Schultern. Nahm wieder ein Schluck. Ließ sich mit der Antwort Zeit und sah sie dann mit einem durchdringenden Blick an. „Weil ich mir meine Gäste immer gerne vorher anschaue, ehe ich sie zu mir hole!“

Gäste? Soll das heissen, dass sie nicht die erste war, die er auf sein Schloss holte?

Tenebrae schien ihre stumme Frage in ihren Augen gelesen zuhaben, denn er schüttelte den Kopf. „Nein. Ihr seit dir Erste und auch die einzige!“

Die letzten Worte hatte er so ausgesprochen, als seien sie ein Versprechen und für einen kurzen Moment schlug ihr Herz schneller. Aber dann beruhigte sie es wieder.

Nur weil er das so sagt, heisst das nicht, dass er sie auch so behandelt. Er konnte immernoch seine Meinung ändern. Ob sie sich benahm oder nicht.

„Das beanwortet aber nicht, warum. Das vorherige Betrachten eines Gastes kann ja wohl kaum der Grund dafür sein, ihn dann mit dem Leben eines geliebten Menschen zu erpressen!“, murmelte sie und schlug sogleich die Hände vor den Mund. Sie wollte diese Worte nicht aussprechen, sondern nur denken. Aber sie hatte zuspät auf ihre lose Zunge geachtet und nun war es zuspät. „Erpresst? Ich denke nicht, dass ich Euch erpresst habe. Ihr habt selbst diesen Handel angeboten. Das Leben Eures Vaters und Eurer Schwester im Tausch gegen Eure Freiheit!“, erwiederte er gelassen und Lumens Hände verkrampften sich in ihrem Schoss. Da hatte er Recht. Aber das wollte sie nicht zugeben. Er hatte sie doch zu diesem schweren Schritt geradezu gezwungen. Hatte sie als seine Gefangene genommen. Er war der Böse. Nicht sie.

„Aber Ihr…!“, wollte sie sagen, aber ihre Stimme versagte. „Was ich?“, fragte er und seine Stimme wurde zu einem Knurren. Lumen schluckte augenblicklich und sie zog den Kopf zwischen seine Schultern. „Was wolltet Ihr sagen?“

Lumen wagte es weder ihn anzusehen, noch sich zurühren. Mit einem Male sah sie in ihm wieder das wilde Raubtier. Dennoch brachte sie es über sich, die Worte, die ihr ebenoch durch den Kopf gegangen waren, auszusprechen. „Aber Ihr wart es doch, der das Ganze erst verursacht habt. Hättet Ihr nicht meinen Vater solch einen Handel unterbreitet, dann…!“

Tenebrae lachte kalt. „Merkt Ihr denn nicht, wie Ihr Euch um Kopf und Kragen redet!“, bemerkte er und da sah Lumen ihn wieder an. Dass sie wahrlich unsinniges zeug redet, wusste sie insgeheim. Aber es graute ihr davor, dass der Magier im Recht war.

„Ich bin kein Mensch, der aus reiner Nächstenliebe hilft und alles hat seinen Preis. Euer Vater war bereit, diesen Preis zuzahlen. Seid wütend auf ihn. Oder hasst mich weiterhin für etwas, worum Ihr mich gebeten habt. Aber vergesst eines nicht: Ihr habt Euer Leben im Palast gehasst und Ihr wolltet entfliehen!“

Lumen kniff die Augen zu, bei seinen Worten, bis sie schmerzten und presste die Lippen zu einem blassem Strich zusammen. Und wieder wurde ihr klar, dass er Recht hatte. Ja, sie hatte es gehasst. Wollte aus diesen Gemäuern, die zwar genug Platz boten, sie aber dennoch erdrückten, entkommen. Ein Leben führen, wie jeder andere auch. Aber jetzt wo sie in diesem dunklen Gemäuer gefangen war, wollte sie es wieder haben. „Ja, schon aber…ich…!“

„Dann solltet Ihr mir dankbar sein, dass ich Euch daraus geholt habe!“, sagte er, schneident wie ein Schwert. Als seien seine Absicht berechtigt gewesen. Ihre letzten Worte hatte er nicht gehört.

Lumen warf ihm einen schmerzlichen aber auch einen wütenden Blick zu. Das war der Gipfel. Es reichte ihm anscheinend nicht, dass er sein Ziel erreicht hatte und sie sich freiwillig ihm ausgeliefert hatte. Nein, anscheinend musste er wirklich noch denken, dass er alles Recht der Welt hatte. Das er…

Lumens Wut erstickte die Gedanken, die ihr durch den Kopf wirbelten, im Keim. Bis sie an nichts mehr denen konnte, außer an ihre Wut und an ihren Hass, den sie auf ihn verspürte.

Erst bedroht und erpresst er meinen Vater und jetzt tut er so, als sei er der strahlende Held, dachte sie voller Groll. Das ist wirklich das allerletzte.

Beides, Wut und Hass, schaukelten sich gegenseitig immer höher, bis sie ihren Höhnepunkt erreicht hatten und Lumen nicht anders konnte, als diesen freien Lauf zu geben.

Schwungvoll stand sie auf, sodass der Stuhl fast nach hinten umgefallen wäre und schlug die Handflächen auf den Tisch. Das Geschirr klirrte leise. Doch dies ließ Tenebrae nicht aus der Ruhe bringen. Er sah sie nur mit hochgezogenen Brauen an. Nippte an seinem Glas, bis er es ausgetrunken hatte und stellte es schließlich ab. Lumen sah ihn noch eine Weile an. Als er immernoch nichts sagte und ihre Wut noch mehr wuchs, dass es fast schon unmöglich war, sodass sie diese bald nicht mehr unter Kontrolle halten konnte, wandte sie sich ab und ging zur Tür. Ohne ein weiteres Wort.

Auf keinen Fall wollte sie noch länger mit diesem grässlichen Mann in einem Raum sein. Als sie die Hände auf die Türgriffe legte und diese drehen wollte, um die Türen zu öffnen, sagte der Magier endlich:„ Wenn Ihr gehen wollt, wartet einen Moment!“

Doch Lumen dachte nicht daran. Was auch immer er von ihr wollte, ihr war es egal. Er sollte gleich am besten von ihr fern bleiben.

Vor Wut immernoch brodelnt und entschlossen zu gehen und vorallem von dem Wunsch erfüllt, von ihm wegzukommen, riss sie die Türen auf und trat hinaus auf den dunklen Gang. In ihrer Wut hatte sie dabei allerdings die Dunkelheit und vor allem die Schatten, die diesen erfüllten, vergessen.

Immernoch schimpfend und erbost über diesen Magier, der es wagte, sich als Held zubetrachten, schritt sie den Flur entlang und wusste schon bald nicht mehr, in welche Richtung sie musste, um in ihr Zimmer zugelangen. Sie musste schon Minuten gelaufen sein, als sie ihren Fehler endlich bemerkte und stehenblieb. Jetzt wo sie so allein dastand. In der Dunkelheit, beschlich Lumen ein Gefühl des Ungehagens und sie wünschte sich nun, doch auf ihn gehört zu haben. Doch nun war es zuspät. Sie war einfach losgelaufen ohne auf ihren Weg zu achten und müsste nun sehen, wie sie zurückkam. Aber wie?

Sie kannte sich in diesem Schloss nicht aus. Alles sah so gleich aus. Die Einzigen, der ihr helfen konnten, waren Comitas und der Magier. Comitas!

Er war ihre einzige Rettung. Den Magier würde sie nicht bitten. „Comitas!“, rief sie und ihre Stimme verlor sich in der Dunkelheit, wie sie es selber war. „Comitas!“

Nichts! Kein kleiner Kerl namens Comitas kam aus der Dunkelheit auf sie zu, um ihr zuhelfen. Lumen schluckte und schaute um sich. Die Wände, schienen sich meterweit hochzustrecken und ganz oben war es noch dunkler, als es hier unten war und Lumen wollte sich nicht vorstellen, was für schreckliche Kreaturen da noch auf sie lauern würden. Hilflos schaute sie sich um und versuchte sich zuberuhigen. „Ich werde einfach zurückgehen. Dann werde ich sehen, wolang ich muss!“, redete sie sich ein und drehte sich um.

Um den Gang zurückzulaufen. Aber dann blieb sie stehen. Mit einemal schien der Gang meterlang zu sein und machte nicht den Eindruck irgendwohin zu führen. Ihr Mut sank und sie fragte sich, ob sie wirklich durch diesen Gang gehen sollte. Wer weiss was sie erwartete. Aber hierbleiben in diesem einen Gang konnte sie auch nicht. Vorsichtig setzte sie einen Fuss vor den anderen und schaute sich immer wieder um. Versuchte etwas zuentdecken, was diesen Ungeheuern glich. Doch alles war dunkel und so konnte sie nichts sehen. Verängstigt und mit zitternen Knien ging sie weiter. Versucht sich daran zuerinnern, wo sie hergekommen war. Doch jeder Gang sah aus, wie der andere. Sie glichen wie denen eines Labyrinths. Ein Labyrinth der Dunkelheit, ging es ihr durch den Kopf und sie schauderte. „Nur weiter. Nicht die Schatten beachten!“, sagte sie sich immer wieder, wie ein Gebet und ging weiter.

Es dauerte nicht lange, bis die Schatten auf die umherirrende Prinzessin aufmerksam wurden und die ersten auf sie zu krochen. Sie beobachteten sie aus ihren dunklen Augen und flüsterten. „Seht nur. Sie ist allein. Dann können wir sie uns holen. Wie ihr Fleisch wohl schmeckt? Sicher sehr köstlich. Zart und fein!“, whisperten sie gefährlich und kicherten. Lumen wollte sie anschreien, dass sie verschwinden sollen. Doch vor lauter Angst brachte sie keinen Laut von sich. Ihre Schritte wurden schneller, bis sie rannte. Atemlos blieb sie stehen und blickte sich um. Rief nochmals nach Comitas. In der Hoffnung er würde doch noch kommen.

Doch diese Hoffnung zerschlug sich schnell. Nur die Schatten waren da. Überall um sie herum. Belauerten sie immernoch und rotteten sich zusammen. Um sich auf sie zustürzen. Lumen konnte es deutlich sehen. Trotz der Dunkelheit und sie presste sich an die Wand, wich jedoch zurück, als ein Schattenarm nach ihr griff. Die Schatten lachten. Lumen blickte zu ihnen hoch und versuchte noch einmal das klägliche Bisschen Mut zusammen zunehmen. „Bleibt mir vom Leib!“, kam es ängstlich zwischen ihren Zähnen hervorgepresst und sie glaubte ein schadenfrohes, höhnisches Lachen zuhören. Den Schatten amüsierte es, dass sie vor Angst bibberte. Um sie noch mehr zu ängstigen, streckten sie die Klauen nach ihr aus und kicherten, als die Prinzessin entsetzt zurückwich und sich noch mehr fürchtete. Sie genossen dieses Spiel.

Lumen wollte schreien. Doch ihr versagte die Stimme. Zu groß war die Angst und sie sank in die Knie. „Lasst mich doch in Ruhe!“, wimmerte sie. Die Schatten lachten wieder. Einer davon auf sie zu. Er hatte die Gestalt eines Wolfes. Nur war dieser weitaus größer, als ein normales Tier und seine Augen glühten feurigrot. Knurrend und sich mit der spitzen Zunge über die Lefzen leckend, kam er langsam auf sie zu. Blieb dicht vor ihr stehen und Lumen schlug der Atem des Monsters ins Gesicht. Er roch widerlich nach Tod und Verwesung. Raubte ihr den Atem. Übelkeit stieg in ihr hoch. Lumen musste ein Würgen unterdrücken. Versuchte den Kopf abzuwenden, um nicht weiterhin in dieses grässliche Gesicht des Ungeheuers zusehen. Doch die dunklen Augen des Schattenwolfes hielten die ihrigen gefangen und sie konnte sich nicht rühren, je mehr und je länger sie in diese blickte. Ein eisiges Gefühl der Leere, erst klein und kaum spürbar, wuchs in ihr, wurde immer größer, bis es sie ganz erfüllte und sie lähmte. Starr und mit leerem Blick, als wäre sie schon längst tot, hockte sie da und blickte es an. Mit einem zu friedenem Knurren, dass es die Prinzessin nun in seinen Bann gezogen hatte, senkte es den Kopf und öffnete sein Maul. Wollte seine scharfen Zähne in ihr Gesicht schlagen und sie dann verschlingen. „Retro!“, bellte plötzlich eine Stimme und eine Kugel aus blauem Licht tauchte vor Lumen auf. Der Wolf wich zurück. Knurrte. Wütend das man ihm um sein Esen betrogen hatte. Doch er wagte es nicht, sich dem Magier entgegen zustellen, der mit grimmiger und gebieterischer Miene hervortrat und die Lichtkugel etwas näher an die Schatten hielt, die zischend und knurrend zurückwichen. Ich sagte, zurück mich Euch!“, rief der Magier und die Kugel wurde größer. Die letzten Dchatten verkochen sich, bis nur noch er und die Prinzessin allein blieben. Lumen sackte in sich zusammen. Die Dunkelheit, in die sie geblickt hatte, war so tief gewesen wie der Abgrund, der in die Hölle führte und das Nichts, dass sie dort erblickt hatte, hatte ihr fast den Verstand geraubt. Die Ohnmacht war dagegen die reinste Gnade. Comitas eilte auf die ohnmächtige Prinzessin zu und stützte sie. „Armes Mädchen. In die absolute Dunkelheit sie geblickt hat. Verstand das nicht verkraftet hat!“, sagte er besorgt. „Dummes Ding!“, erwiederte Tenebrae und wies den kleinen Kerl barsch an:„ Schaff sie mit den anderen in ihr Zimmer!“

„Sehr wohl, Herr!“, sagte er und rief nach seinen Artgenossen. Flink wie die Wiesel eilten sie herbei und mühten sich ab, die bewusstlose Prinzessin in ihr Gemach zu bringen. Tenebrae sah ihnen nach und schüttelte den Kopf. Was hatte sich dieses unvernünftige Ding nur dabei gedacht, einfach so aus dem Zimmer zugehen und seinen Geschöpfen in die Arme zulaufen. Zuerst hatte er darauf gewartet, dass sie wieder in das Zimmer kommt. Doch als sie immer noch fortwar, stand er auf und trat in den Flur hinaus. Die Schatten hielten sich zurück. Sie würden ihm nichts tun. Ihrem Herren und Meister. Nur bei der Prinzessin war er sich nicht so sicher. Er hatte es ihr gesagt. Solange sie bei ihm, in der Nähe war, würden die Schatten sie nicht anfassen. Und er war sehr deutlich gewesen. Das sie dennoch in die Dunkelheit gelaufen war, anstatt auf ihn zu hören und zuwarten, dass er sie auf ihr Zimmer geleitete, bereitete ihm Kopfzerbrechen. Hatte dieses Mädchen nicht gelernt zu gehorchen, fragte er sich.

Comitas hatte mit seinen Brüdern die ohnmächtige Prinzessin auf ihr Gemach gebracht und ins Bett gelegt. Vorsichtig zog der Decke über sie und schaute sie noch einmal mit sorgenvoller Miene an. Dann wandte er sich um und verließ als letzter das Zimmer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Pamuya_
2015-11-07T09:30:20+00:00 07.11.2015 10:30
Au Mann, ich wusste doch, dass dieser Magier etwas mit den Schatten zu tun hat! Umsonst tummeln die sich nicht in seinem Schloss herum. Dieser Fallacia könnte ich glatt eine knallen, so ein gehäsiges Miststück. Ich kann mir schon vorstellen, dass diese unsere Lumen das Leben zur Hölle machen wird. Wenn sie jetzt schon so mies über sie spricht. Zum Glück hat die Prinzessin Comitas.
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
07.11.2015 12:56
Jeder braucht einen Freund egal in welcher Situation man ist^^
Antwort von:  Pamuya_
07.11.2015 13:13
Stimmt und das übernimmt der liebe Comitas. :)
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
07.11.2015 13:17
Grins*
Von:  Hidan_1975
2015-09-12T21:49:20+00:00 12.09.2015 23:49
Dieser niedliche Comitas erinnert mich mit seinem Aussehen an einen Troll bei Harry Potter und von der Sprache her an den grünen Yoda von Star Wars.

Top kann ich nur sagen.
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
13.09.2015 09:22
Naja doopy war für mich die ideale Besetzung für den kleinen comitas
Von: Kaori-Kuroi88
2011-08-06T17:55:24+00:00 06.08.2011 19:55
ALso diesen kappittel war mit abstand das beste bisher..
schreib so weiter und ich habe bald nichts mher auszusetzten ^^
selbst Tenebrae bekommst du langsam kühl und beherrscht hin.
Nur ich hätte ihn nicht die prinzessin " retten " ich hätte Comitas geschickt, also nur ihn.
aber ansonsten einen daumen hoch ^^


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