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Kain und Abel

von

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I. Akt: Die Tragödie.

A/N:

Diese Geschichte spielt zur Zeit des zweiten Teils, genauer beginnend mit dem 34. Band, bei der berühmten Szene, in der Team Kakashi unter Yamatos Leitung nach 2 ½ Jahren der Trennung das erste Mal wieder auf Sasuke trifft (Kapitel 305/306 – ich beziehe mich auch nur auf die Manga-Vorlage), folgt dann allerdings einem alternativen Storyverlauf. Da die Geschichte schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat (was soll ich machen: ich hasse es, das Geschmiere, das ich als meine Schrift zu bezeichnen pflege, abzutippen) bitte ich zu entschuldigen, dass der Plot alles andere als aktuell ist. Zu dem Zeitpunkt, an dem ich diese Geschichte zu schreiben begann, war er es noch. -_-

Da die Inneneinrichtung von Narutos Wohnung nicht ganz einheitlich ist (vor allem vom ersten zum zweiten Teil) habe ich mir dort ein paar kleine Freiheiten genommen.
 

Disclaimer: Naruto Shippūden und sämtliche darin auftretenden Charaktere gehören Kishimoto Masashi-sensei. Das Zitat am Anfang ist aus Kapitel 303 in meiner etwas eigenwilligen Übersetzung aus dem Englischen. Die Bibelzitate sind von bibelserver.com in der EU-Übersetzung.

Rating: Wie immer für alle, die lesen können.

Widmung: Meinem allerliebsten NüNsche und Gaari, die mich unwissend vor langer (sehr langer) Zeit zu dieser Fanfic inspirierte (nicht das Thema betreffend, aber zumindest vom allgemeinen Drang her, eine weitere, längere Naruto-Geschichte zu schreiben.) Schönen Gruß nach Münster!
 

WARNUNG: Das Genre dieser Fanfic und der Titel des ersten Kapitels sollten Hinweis genug darauf sein, dass diese Geschichte ein Ereignis beinhaltet, das vermutlich nicht jedem Leser gefallen wird.
 

~~~
 

Klar und deutlich vernahm er den Namen. Nur ein kurzes Wort, lediglich ein Zischen und Klacken der Zunge, und doch in seiner Artikulation einzigartig, unverwechselbar, und auf Ewig in sein Gedächtnis gebrannt.
 

Sasuke. Sie hatten ihn gefunden.
 

Mit ungläubig geweiteten Augen blickte Naruto nach draußen, wo Sakura neben Sai im Freien auf den Gesteinstrümmern stand, die nach der Explosion den gesamten Boden bedeckten. Die Sonne schien ihr grell ins Gesicht, als sie nach oben blickte, und illuminierte deutlich die Spuren der Anstrengungen, die sie hinter sich gebracht hatten, um Sasuke endlich gegenüberzustehen.
 

Naruto keuchte. Sasuke…
 

Seine von den Strapazen wackeligen Beine ignorierend rannte er los, auf den Ausgang zu, den die Explosion in dieses Labyrinth aus Höhlen – dem gegenwärtigen Versteck Orochimarus – geschlagen hatte. Zweieinhalb Jahre war es her, dass Sasuke Konohagakure no Sato verlassen hatte. Und nun war der Zeitpunkt gekommen, da Naruto ihn aus den Fängen Orochimarus befreien würde.
 

Narutos Beine konnten sich gar nicht so schnell bewegen, wie er sie vorwärts trieb, und so stolperte er, strauchelte und schlug der Länge nach hin.
 

"Sasuke-…kun."

Unzählige Male hatte Sakura sich diesen Moment seit seinem Fortgang ausgemalt, und doch klang ihre Stimme nun überrascht, als hätte sie tief in ihrem Inneren nicht erwartet, ihn tatsächlich jemals wieder zu sehen.

Dort stand er, Uchiha Sasuke, wegen dem sie all die Mühen der vergangenen Monate auf sich genommen hatten. Sein Antlitz wirkte reifer, und die Zeichen Orochimarus in seinem Äußeren erinnerten sie schmerzlich an die lange Trennung. Hoch über ihr thronte er auf einem Felsen am Rande des Kraters und blickte ausdruckslos auf sie und Sai herab.

Ein dumpfer Aufschlag aus dem Inneren des Ganges, in dem sie Naruto und Yamato zurückgelassen hatte, drang an ihr Ohr.
 

Sai wandte seinen Kopf ein wenig – er sah Naruto auf dem Boden liegen, aufgeregt herumzappeln und sich umgehend wieder auf die Beine stemmen. Es wunderte ihn nicht, dass er erschöpft war; die Transformation zum Kyūbi hatte sein Chakra aufgezehrt, und der Gebrauch der Kagebunshin sein Übriges getan. Sasuke in diesem Wirrwarr an Tunneln zu finden hatte ihn letztenendes an den Rand seiner Kräfte getrieben.
 

Wie in Trance starrte Sakura zu Sasuke hinauf. Zweieinhalb Jahre hatte sie unter Tsunade-shishō trainiert, war erstarkt und bereit, sich allem, was sich zwischen ihr Team stellte, anzunehmen. Sie würden Sasuke zurück nach Konoha bringen, daran bestand kein Zweifel. Es würde alles wieder so werden, wie es sein sollte.

Dem Ausmaß der Explosion zufolge war auch Sasuke nicht untätig gewesen. Sie wusste nicht, ob es Angriff oder Verteidigung gewesen war, das zu diesem Ergebnis führte, doch die Kraft, die dahinter stand, war in beiden Fällen beeindruckend.

Als Naruto neben sie trat spürte sie förmlich, wie er erstarrte. Was er wohl fühlen mochte, jetzt, da der Moment des Wiedersehens gekommen war? Sie hatte es selbst gesagt: Sasuke war wie ein Bruder für ihn; sicherlich war er erleichtert, ihn unbeschadet vorzufinden. Orochimaru hatte seine zukünftige Hülle gut behandelt. Er musste vor Ungeduld fast vergehen – der Ernst, mit dem er sie an der Tenchi Brücke bekämpft hatte, war dem ein eindeutiges Zeugnis. Doch Sakura würde nicht zulassen, dass Orochimaru sich die Macht der Uchiha aneignete.
 

"Und nun Naruto… Du bist also auch gekommen. Heißt das, ich darf auch von Kakashis Anwesenheit ausgehen…?"

Sasukes Stimme war frei jeglicher Emotion, jeglicher überflüssiger Intonation, als würden die Namen, die sie formte, nichts bedeuten.

Nein, Kakashi war nicht hier, er war verletzt in Konoha geblieben; stattdessen war Yamato bei ihnen, ein Anbu, um Team Kakashi zu einer erfolgreichen Mission zu verhelfen. Um ihn zurückzubringen.

Sasuke zeigte keinerlei Reaktion. Er redete über Bünde und den Hass, der alles war, was er noch kannte, ohne eine Regung seiner Gesichtszüge. Sich seiner Überlegenheit sicher blickte er von oben auf die Gruppe hinab und schien unendlich gelangweilt von dem Gespräch. Was interessierten ihn ihre Beweggründe, er fühlte schon lange nichts mehr für sie oder irgendeinen anderen Menschen auf der Welt. Alles, was ihm geblieben war, war seine Stärke und seine Rache. Mehr brauchte er nicht.
 

Sie waren ihm egal.

Sie waren nicht mehr wert als ein Stück des Drecks unter seinen Füßen, auf dem er herumtrat, wie ihm beliebte.
 

Naruto zuckte nicht einmal, als Sasuke zu ihm hinunter sprang. Er wollte es nicht hören… Kein Wort von dem, was Sasuke sagte; es waren alles Lügen, er war eine Lüge… Das war doch nicht der Sasuke, den er einst zu kennen glaubte.

Naruto war wie gelähmt, als Sasuke sein Kusanagi zog und ihm wie beiläufig mitteilte, dass er ihn jetzt töten würde. War er, Naruto, denn wirklich so schwach? Konnte er denn gar nichts tun? Nichts, als ohne Hoffnung dazustehen und hier und jetzt, im Augenblick des Versagens, das Richten seines Freundes über ihn zu erwarten…?
 

"Kukuku, ist das deine Art, unseren Besuch zu empfangen, Sasuke-kun?"

Sakura schreckte auf, mit ihrem Blick der Stimme folgend. Sie würde sie überall erkennen… Orochimaru. Er stand rechts von ihnen, auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges, den sie gekommen waren. An den nackten Stein gelehnt und mit vor der Brust verschränkten Armen schien er die Szene schon eine Weile zu beobachten. Er wirkte über alle Maßen amüsiert.

"Sasuke-kun, warum bittest du deine Freunde nicht herein auf einen gemütlichen Plausch und eine Tasse Tee?"

"Halte dich hier raus, das ist meine Sache."

Ein weiterer Ninja trat unter den überraschten Blicken Team Kakashis, die eben selbigen gefesselt am Eingang des Unterschlupfs zurückgelassen hatten, neben Orochimaru und funkelte Sasuke durch seine Brille hindurch wütend an.

"Der Junge weiß einfach nicht, wo sein Platz ist."

"Lass ihn, Kabuto" meinte Orochimaru nur mit einem spöttischen Grinsen, ehe er sich leichten Schrittes der Gruppe näherte.

"Brauchst du hier noch lange, Sasuke-kun?"

Sakura, Sai und Yamato griffen gleichzeitig nach ihren Waffen, als der Sannin an ihnen vorüberlief. Sasuke starrte ihm finster entgegen und hob demonstrativ sein Chokutō, sein Kusanagi, an Narutos Genick, einen Arm um seine Schulter gelegt, um den Jungen an Ort und Stelle zu halten. Naruto schaute Sasuke mit schreckensgeweiteten Augen an: Wollte er ihn wirklich umbringen? Nur aus einer Laune heraus?
 

In Sakura schrie alles danach, es nicht so weit kommen lassen zu dürfen; zur Not würde sie den nötigen Verstand in Sasuke hineinprügeln, um ihm zu zeigen, was für einen unglaublich großen Fehler er soeben im Begriff war, zu begehen. Die Kunoichi ballte ihre rechte Hand zur Faust, hoffte, sie würde schnell genug sein und Naruto rechtzeitig ausweichen, und zielte direkt auf Sasukes Kinn. Naruto versuchte, sich loszureißen, als er Sakura auf sie zustürmen sah, und erhaschte noch die Silhouette Orochimarus aus den Augenwinkeln von der anderen Seite her, ehe Sakuras Schlag dicht an seinem Kopf vorbeistreifend ihr Ziel traf und Sasuke gegen eine der umliegenden Felswände geschleudert wurde. Naruto, der sich nicht mehr ganz aus Sasukes Griff hatte befreien können, wurde ein Stück mit- und zu Boden gerissen. Er spürte, wie jemand über ihn stolperte, konnte aber nichts erkennen, da sich nach seinem und Sasukes Aufschlag eine dichte Staubwolke über den Trümmern bildete. Die feinen, trockenen Gesteinspartikel brannten in seiner Kehle und bereiteten ihm einen Hustenkrampf, während er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, doch dann gefror er mitten in der Bewegung – ein Schrei, schrill und laut, zerriss das Chaos um ihn herum und jagte ihm einen Schauer über den Rücken.

Naruto rappelte sich auf, krümmte sich noch einmal unter einem halb erstickten Hustenanfall und tastete sich dann fast Blind vom Staub in seinen Augen in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Er spürte eine Bewegung hinter sich und wurde den Bruchteil einer Sekunde später noch einmal zu Boden geschlagen; ein Schatten rannte an ihm vorbei und traf auf einen anderen, und langsam legte sich der aufgewirbelte Dreck und ermöglichte Naruto, sich einen Überblick zu verschaffen. Der erste Schatten war Kabuto gewesen, der gerade wieder von Yamato mit dessen Mokuton no Jutsu gefangen genommen und unbeweglich gemacht wurde.

"Alles in Ordnung?" rief ihm der Anbu über die Schulter zu. Naruto machte einen erstickten, zustimmenden Laut und sah sich nach Sasuke um, der durch die Wucht von Sakuras Schlag bis zu dem Felsen geschleudert worden war, auf dem er einige Augenblicke zuvor noch gestanden hatte. Er stand auch jetzt schon wieder aufrecht, von Orochimaru am linken Arm nach oben gezogen, und sein Gesicht zeigte eine Gefühlsregung, die nach ihrer vorherigen Konversation nicht von ihm zu erwarten gewesen war.

Es war ein Ausdruck aufkommenden Terrors, mit dem er hinabblickte auf seine Füße, zu denen eine schmale Gestalt lag, auf die noch der letzte herabregnende Gesteinsstaub fiel. Sie lag eigenartig verdreht halb auf dem Rücken, den Kopf ihm zugewandt, sodass Naruto das Blut sehen konnte, das aus ihrem Mundwinkel lief. Ihre Hand umklammerte die gebogene Klinge eines Katana, das auf Höhe des Herzens bis zur Hälfte ihren Brustkorb durchbohrte und dessen geschliffene, helle Seite im Sonnenlicht das Blut, das aus der Wunde rann, widerspiegelte, sodass sie rötlich schimmerte. Die Gestalt regte sich nicht.
 

Naruto merkte nicht, wie er aufschrie, doch Sasukes Kopf schnellte hoch, als das Gebrüll durch dessen vernebelten Verstand drang und fast schon animalische Züge annahm. Mit dem gleichen Terror wie zuvor ins Gesicht geschrieben sah Sasuke zu dem anderen, der, den Mund noch immer zu einem nun stummen Schrei geöffnet, unbewegt auf den reglosen Körper starrte, sich der Geschehnisse um ihn herum überhaupt nicht bewusst.

Yamato, von Narutos Schrei abgelenkt, vergaß für einen Moment, dass er Kabuto in seiner Gewalt hatte, was dieser dazu nutzte, sich aus der Umklammerung der Holzstehlen zu befreien. Sein Chakra no Mesu – die Fähigkeit, sein Chakra zu einer skalpellgleichen Klinge zu formen – zerschnitt die hölzernen Fesseln, woraufhin sich der Teil, der noch mit Yamatos Händen verbunden war, langsam auflöste. Kabuto schüttelte den letzten Rest seiner Fesseln ab und zog in derselben Bewegung ein Kunai, das er auf seinen Gegner warf. Yamato musste sich halb verrenken, um ob des geringen Abstandes seine vitalen Körperpunkte zu schützen, doch war dies schon gar nicht mehr nötig, da in diesem Moment ein Shuriken von links her geflogen kam und das Kunai aus der Bahn prellte. Yamato war derweil durch seinen ungeschickten Versuch, auszuweichen, aus dem Gleichgewicht geraten und fiel nun hintenüber.

Eine schwarzgekleidete Person kam aus der gleichen Richtung wie das Shuriken gelaufen und stellte sich schützend vor ihn, an ihrer Seite ein bizarres weißes Gebilde, das durch seine verschnörkelten Konturen als die Zeichnung eines großen Hundes auszumachen war und sprungbereit auf den Befehl seines Herren wartete. Sai, Schriftrolle und Pinsel noch in Händen, brauchte nicht mehr als einen kurzen Wink, um seine Schöpfung zum Angriff aufzufordern.

Der Hund sprang auf Kabuto zu, der für einen Moment unentschlossen schien, was er tun sollte, sich dann jedoch für einen Gegenangriff entschied, dem Hund mit einem Tritt begegnete und gleich darauf auf Sai zustürmte. Das Tier jedoch stieß sich sofort wieder vom Boden ab, sobald er sicher auf ihm gelandet war, und kollidierte mit der Schulter voran mit Kabutos Rücken. Ein überraschter Aufschrei verdeutlichte dessen Annahme, die lebendig gewordene Zeichnung würde mehr als einen kräftigen Schlag nicht überstehen, und Sai setzte mit einem selbstsicheren Lächeln den Pinsel erneut aufs Papier. Kraft seines Kekkei Genkai gesellte sich ein Raubvogel mit scharfen Klauen zu dem Hund, doch sein Lächeln gefror unwillkürlich, als in diesem Moment ein unglaublich mächtiges Chakra seine Sinne überflutete. Sai wandte sich zu Yamato um, der in der Zwischenzeit wieder auf die Beine gekommen war, und sah mit Beunruhigung in dessen schreckensgeweitete Augen. Sai sträubte sich, sich der Quelle der ihm mittlerweile wohl vertrauten Aura zuzuwenden, die jede Faser seines Körpers zu durchdringen schien und selbst seinen Verstand einnahm, wie eine unsichtbare Kraft, die jeden seiner Gedanken zum Halt brachte und nur einen Instinkttrieb zurückließ: Die Flucht. Wüsste seine Ne-Ausbildung nicht jede Art von Affekt-Verhalten zu unterdrücken wäre er diesem Reflex vielleicht sogar gefolgt.

Das Chakra des Fuchsungeheuers hatte sich schon sichtbar und wie eine Hülle um Narutos Körper gelegt. In wenigen Sekunden war der Fortschritt seiner Transformation bis zum Stadium des dritten Schwanzes vorangeschritten und schien noch lange nicht halt zu machen. Sai wusste, dass es längst zu spät war, noch zu dem Jungen durchzudringen, doch er wünschte sich in diesem Moment nichts dringender, als die voranschreitende Zerstörung von Narutos Körper und Seele aufzuhalten. Er hatte die Auswirkungen der Wandlung auf der Tenchi Brücke noch gut in Erinnerung, und es war ihm ein Rätsel, wie Kyūbi nach dem dortigen Kampf noch immer eine solche Macht verströmen konnte. Die Legende, nach der sein Chakra unerschöpflich war, schien sich hier zu bewahrheiten.
 

Wie hatte Naruto es nur zulassen können, nach dem, was zuvor geschehen war, noch einmal die Kontrolle zu verlieren? Hatte er denn nicht die Konsequenzen bedacht?

Natürlich nicht. Sein Verstand musste beim Anblick des toten Mädchens einfach ausgesetzt haben.

Es war eine gefährliche Sache, dieser Bund der drei Ninja von Team 7. Solch Leid, das er hervorbrachte… Und diese unermessliche Macht…
 

Sasuke hatte Mühe, die Eindrücke der letzten doch nur wenigen Augenblicke zu verarbeiten. Zu viel war zu schnell in zu wenig Zeit geschehen, überschwemmte gnadenlos seinen Verstand und führte ihm unbarmherzig seine Schwäche vor Augen.

So sehr er auch trainiert, so sehr er sich auch das Gegenteil eingebildet hatte – hier und jetzt zeigte sich, wie schwach er doch war. Er hatte nichts an innerer Kraft hinzugewonnen in den letzten zweieinhalb Jahren sondern eher noch an früherer Stärke verloren. Das, was ihn einst schier unbesiegbar machte, ihn antrieb, hatte er aufgegeben, zusammen mit seiner Freiheit, um sich komplett von einem anderen abhängig zu machen; eine Entscheidung, die er ein paar Jahre zuvor noch verachtet hätte. Er hatte versucht, sämtliche Gefühle – die Emotionen, die ihn all die Jahre gestört, die er als Fehler angesehen hatte – abzutöten und nur noch diesem einen Ziel entgegenzublicken. Er hatte nicht erkannt, wie blind er doch gewesen war. Und nun stand er vor den Trümmern seiner Vergangenheit, vor den Scherben einer einst so überwältigenden Verbindung.

Sakura regte sich nicht mehr. Kusanagi hatte ihre Existenz ausgelöscht, noch ehe das Mädchen überhaupt verstanden hatte, was ihr angetan worden war. Seinetwegen. Blindlings war Sasuke seinem Ehrgeiz gefolgt, überwältigt von seinen Rachegelüsten, hatte alle betrogen, denen er etwas bedeutet hatte, ihr Vertrauen missbraucht, ohne Rücksicht auf Verluste – und es war ihm egal gewesen. Die anderen waren ihm egal gewesen.

Jetzt war es der Glaube an seine eigene Stärke, der ihm abhanden gekommen war. Was er hier und jetzt empfand ließ sein Weltbild vollkommen zusammenbrechen. Das, was sie erreicht hatten, angetrieben von dem Wunsch, ihm zu helfen…

Diese Narren. Törichte Narren… Was war es nur, das ihnen diese Kraft verlieh? Das Naruto zu diesem Monster werden ließ?

Die Erkenntnis entsetze ihn, mehr, als er jemals erwartet hätte: Er hatte Angst. Angst vor dem, dem er da gegenüberstand. Angst vor dem, was es aus Naruto machte. Angst vor dem, was Naruto antrieb. Er verstand nicht…
 

Sasukes Blick glitt über die Hände des leblosen Mädchens zu seinen Füßen, die sich im Augenblick des Todes um die blanke Klinge Kusanagis krallten und aus deren Wunden, an denen die Schneide ins Fleisch geschnitten hatte, dünne Rinnsale dunkelroten Blutes lief.

Er betrachtete die helle Haut, im grellen Sonnenlicht ergrauend, je länger der Körper seiner Seele beraubt war. Das trocknende Blut, sich langsam braun färbend, je länger es den Adern und Venen entzogen ward. Die roten Lippen, die mehr und mehr blau wirkten, je länger das Herz nicht mehr zu schlagen vermochte.

Der Mensch war im Tode so hässlich…
 

In Sasuke brach etwas. Je stärker das ungeheuerliche Chakra wurde, das seinen Verstand außer Kraft zu setzen drohte, desto weiter driftete er in eine wunderbar empfindungslose Welt in den Tiefen seines Bewusstseins.
 

Und dann brach die Hölle los.



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