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Schutzbestie

Meine Freiheit ist der Preis für deinen Schutz
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben.

Ich danke Euch vielmals für Eure Geduld!!! Hier nun endlich, nach einigen Neuentwürfen, das nächste Kapitel. Ich hoffe Euch damit vor Weihnachten noch ein wenig Freude bereiten zu können.

Und nun bleibt mir nur noch Euch viel Spaß beim Lesen zu wünschen.

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Es tut mir sehr, sehr Leid, dass es so lange gedauert hat.
Ich hatte mich in eine Ecke reingeschrieben, aus der ich lange keinen Ausweg wusste. Hinzukam, dass mein Job viel Kreativität verbraucht, weil man dort kreativ sein muss, sonst nerven die lieben Kleinen, weil es ihnen zu langweilig ist.
Hier nun also nach mehr als einem Jahr, Asche auf mein Haupt.
Ich hoffe es gibt trotzdem noch Leute die daran Freude haben beim Lesen.
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Schutzbestie
 

Meine Freiheit ist der Preis für deinen Schutz
 

Autor: Salix
 

Disclaimer: Sämtliche Charaktere, sowie die ganze Geschichte gehören mir. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Institutionen sind rein zufällig.

Die Auszüge aus dem selbsterdachten Codex Geniorum ist nur für eine Erklärung der Wesen und bestimmter Regeln, an welche diese sich halten müssen, er kann übersprungen werden.
 

Prolog
 

Eisiger Wind rüttelte an den Zeltplanen, doch er drang nicht herein. Die Luft im Zelt war stickig und warm. Der Gestank nach altem Schweiß und wilden Tieren mischte sich, mit dem süßlichen Geruch von Popkorn. Erwartungsvolles Stimmengewirr füllte die Luft und schmerzte in den empfindlichen Ohren des Jungen.

Es kauerte sich noch enger zusammen, barg den Kopf unter den Flügeln und schlang den Schwanz enger an den Körper.

Noch verbarg ein dunkles Tuch den Käfig, welcher soeben in die Arena gebracht worden war. Das Junge schloss die Augen. Es hörte der großartigen Ansage zu und schnaubte leise.

Mit einem Ruck wurde das Tuch vom Käfig gerissen. Das Junge hörte die Menge aufschreien wie ein wildes Raubtier. Es rührte sich nicht. Eine langer Holzstab traf es am Flügel. Das Junge fauchte auf, hob die Schwinge und stieß damit an die Käfigdecke. Ein Raunen ging durch die Menge.

Langsam hob das Junge den zweiten Flügel. Es versenkte die Krallen an den Fingerspitzen seiner schlanken, mit schwarzem Pelz besetzten Hände in den Holzboden des Käfigs. Es streckte den ganzen Körper, ehe es seinen Oberkörper aufrichtete und sich der Menge präsentierte. Es wusste nur zu gut, was es erwartete, wenn es nicht mitspielte. Die leuchtend grünen Augen kniff es, wegen des grellen Lichts zusammen. Selbst sein menschlich geformtes Gesicht war mit kurzem schwarzen Pelz besetzt. Spitze Katzenohren drehten sich um jedes Geräusch einzufangen. Der gesamte Oberkörper war menschlich und ging in einen geschmeidigen Katzenunterleib über. Aus den Schultern ragten rabenschwarze Flügel.

Ein harter Stoß traf das Junge an der Brust. Erneut fauchte es, wobei es sein Raubtiergebiss zeigte. Die Zuschauer sahen die Tränen nicht, welche auf dem schwarzen Gesichtsfell im Licht der Scheinwerfer glitzerten.
 

*
 

Ein Stift raste über Papier, welches sich mit einer grausigen Szene füllte. Jedes Detail der zerfetzten Leichen in einem Armeejeep, irgendwo in einer Wüste, war genau zu erkennen. Das Bild war in seiner Genauigkeit einem Foto fast gleichzusetzen. Die Hand, welche den Stift führte war jung. Eine Kinderhand. Der Junge war sosehr ins Zeichnen vertieft, dass er nicht bemerkte wie jemand sein Zimmer betrat. Arme schlangen sich um ihn, hielten ihn.

„Hast du wieder geträumt?“

Der Junge nickte ohne aufzusehen. Eine Hand strich durch sein Haar. „Magst du einen Kakao?“

Der Junge schüttelte den Kopf. Tränen tropften auf die Zeichnung. „Warum tun Menschen das?“

„Das ist eine schwierige Frage, auf die ich keine einfache Antwort weiß und die lange Antwort ist zu allgemein.“, antwortete ihm sein Vater.

Der Junge seufzte. „Ist das eine von den Fragen, deren Antwort ich erst später verstehen werde?“

„Nein, das ist eine von den schwierigen Fragen, deren Antwort man auch später nicht unbedingt versteht.“

„Ich hasse es, so etwas zu sehen!“, stieß der Junge hervor. Sein Vater wiegte sich mit ihm, strich ihm durchs Haar und summte leise.

„Ich hasse es!“, flüsterte der Junge erneut und barg das tränenverschmierte Gesicht in dem weichen Hemd seines Vaters.
 

*
 

Codex Geniorum
 

Genius: lat. Schutzgeist. Ein ungebundener Schutzgeist o. eine ungebundene Schutzbestie wird als Genius bezeichnet, solange der G. seinen Schützling noch nicht gefunden hat und die Verbindung zu diesem eingegangen ist.
 

Genius intimus: G. i. ist die Bezeichnung für einen an seinen Schützling gebunden Schutzgeist.
 

Schutzgeist: Der Schutzgeist, auch Genius genannt, ist ein Geisterwesen, welches Magiern, Hexen, Schamanen oder Hellsehern hilfreich zur Seite steht und diese vor Gefahren der anderen Ebene, auch als Astralebene oder Geisterwelt u.ä. bezeichnet, schützt. Zumeist besteht zwischen Schutzgeist und Schützling eine angeborene magische Verbindung. Schutzgeister müssen sich beim Amt für Genii und Magi registriert sein.
 

Schutzbestie: Als Schutzbestie wird ein Genius bezeichnet, welcher eine Tiergestalt hat oder ein sogenanntes Fabelwesen ist. Besonders mächtige Schutzbestien sind zum Gestaltwandel fähig. Die Mächtigsten können kontrollieren, welchen Teil ihres Körpers und wie viel davon sie wandeln wollen. Im Hinblick auf mögliche Gestalten von Schutzbestien siehe Liste der bekannten Wesen. Ansonsten sind Schutzbestien mit Schutzgeistern gleichzusetzen.
 

Oberste Regel: Jeder Genius, ob gebunden oder nicht, ist verpflichtet einem Begabten(Magier, Hexe, Schamane, Hellseher, o. ä.) in Not zu helfen, sofern dies nicht mit den Pflichten gegenüber dem eigenen Schützling in Konflikt gerät. Bei Zuwiderhandlung ist der betreffende Schutzgeist zu bannen.
 

Zweite Regel: Ein Genius darf keinem Menschen tödlichen oder dauerhaften Schaden zufügen, es sei den sein eigenes Leben, das Leben seines Schützlings oder das Leben einer anderen Person wird durch diesen Menschen bedroht.
 

Auszüge aus dem Codex Geniorum, herausgegeben vom Amt für Genii und Magi.

Begegnungen

Begegnungen
 

Autor: Salix
 

Nathaniel
 

Nat spähte durch den Vorhang, welcher die Bühne abtrennte. Hinter der Bühne waren Tische aufgebaut, an denen die Gäste saßen und sich die Köstlichkeiten des Hauses schmecken ließen oder nur etwas tranken. Heute Abend war es voll. Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den Anderen. Vor jedem Auftritt fragte er sich, warum er das tat. Warum er sich so zur Schau stellte? Schon die Worte „zur Schau stellen“, brachten ihn dazu sich kurz und heftig zu schütteln. Andererseits, machte es sehr viel Spaß, solange er schauspielerte, oder in einem Kostüm am Tuch herumturnte. Das war in Ordnung, denn ein Kostüm war nun mal eine Maskerade, ein Versteckspiel. Die Zuschauer sahen ihn, dennoch sahen sie nicht ihn, sondern nur die Fassade und nur das, was er ihnen zeigen wollte.

Noch standen Mieke und Robert auf der Bühne und verzauberten das Publikum mit ihrer Akrobatiknummer.

Nat spähte erneut durch den Spalt im Vorhang. Die Nummer war fast vorbei. Er zog sich zurück, damit das Publikum ihn nicht bemerkte und wartete auf den Applaus.

Als Mieke und Robert an ihm vorbeikamen, klatschte er kurz geräuschlos mit ihnen ab, ehe er die Bühne betrat und sich auf seine eigene Nummer konzentrierte.

Ursprünglich war er auch ein Akrobat gewesen, doch dann hatte er das Tuch für sich entdeckt. Ein Zirkusgerät, bei dem man wirklich jeden Muskel im Körper trainierte.

Geschmeidig kletterte er an dem roten Stoff empor, knotete seinen Fuß ein und schlang sich in verschiedenen Figuren um das Tuch. Zu guter Letzt hakte er ein Bein ums Tuch, schlang sich dieses um die Hüfte und warf es über das andere Bein, so dass er in einer Schlaufe hing. Dann wickelte er es sich erneut um die Taille, hielt es fest, löste sein eines Bein und ließ sich ein Stück fallen.

Die Leute klatschen als er im Tuch nach Unten glitt, aufstand und sich verneigte. Obwohl er am liebsten rasch aus dem Scheinwerferlicht verschwunden wäre, ging er langsam von der Bühne ab.

Im Backstagebereich kehrte er zur Gardarobe zurück, dort wurde er von Marina erwartet, einer der Kellnerinnen.

„Der Chef lässt fragen, ob du Kellnern kannst. Uns fehlen heute Leute.“

Nat seufzte. „Na gut. Ich komme, sobald ich mich umgezogen habe.“

„Bis gleich.“ Sie winkte und verließ den Raum.

Ohne darauf zu achten, dass sich auch Robert und Mieke hier aufhielten, schlüpfte Nat aus dem Kostüm. Dabei entblößte er das Tattoo auf seinem Rücken. Zwei schwarze Flügel, die an seinen Schulterblättern begannen und deren Spitzen bis zu seinen Oberschenkeln reichten. Sie sahen aus, als hätte jemand die angelegten Flügel eines Raben fotografiert und dieses Foto auf seinem Rücken aufgedruckt, fast wirkten sie dreidimensional. Ihr Schwarz hatte den gleichen Ton wie Nats Haare.

Nat schlüpfte in eine schwarze Jeans und ein weißes Hemd, welches er für genau solche Fälle hier in der Garderobe deponiert hatte.

Er kellnerte nicht gerne, aber wenn es sein musste, tat er es. Wie immer, wenn er kellnerte, checkte er den Raum und nahm alles in sich auf. Ihm entging nichts um ihn herum, nicht einmal die kleinen Kobolde, welche auf den Flaschen im Regal hinter dem Tresen herumturnten. Einige, der nicht so offensichtlichen Gäste, welche ihre Schützlinge begleiteten, warfen ihm wissende Blicke zu oder bestellten bei ihm. Immer, wenn er ein Getränk vor einen scheinbar leeren Stuhl stellte, fand er, dass der Genius, welcher dort saß gänzlich unprofessionell handelte. Wer größtenteils unsichtbar war, sollte keine Aufmerksamkeit auf sich lenken, indem er etwas trank!

Der Abend verlief normal, bis er an den Tisch mit dem, offensichtlich reichen, jungen Mann kam. Zumindest saßen noch zwei muskelbepackte Männer am Tisch, welche Nat in die Kategorie „Bodyguard“ einsortierte. Daraus schloss er, dass der junge Mann reich sein musste.

Er lächelte höflich als er an den Tisch trat, zu dem er gewinkt wurde.

„Sie wünschen?“

„Noch ein Wasser, bitte.“

Der junge Mann sah nicht auf. Sein gewelltes Haar erschien im dämmrigen Licht dunkel. Sein Gesicht wurde von einer Hakennase, die an eine Cesarbüste erinnerte, dominiert. Nat brachte die Bestellung. Als er das Glas abstellen wollte, traf sein Blick den des Anderen. Die bersteinfarbenen Augen bohrten sich in seine eigenen Grünen. Der Andere schien ihn mit seinen Augen zu durchdringen.
 

Nat sah Gitterstäbe vor sich. Er erkannte sie sofort. Er hatte es geschafft sie zu zerkratzen, aber mehr nicht. Er spürte Holz unter sich. Gelächter und spöttische Rufe prasselten auf ihn nieder. Seine Hände fuhren zu seinen Ohren. Sein ganzer Körper krümmte sich zusammen. Nat schloss die Augen. „Wenn ich sie nicht sehe, sind sie auch nicht da.“, sagte er sich stumm. Diese kindliche Logik wurde von einem Klirren durchbrochen.
 

Das Klirren von zerbrechendem Glas holte ihn zurück. Er blinzelte und nahm die Hände herunter. Er war nicht mehr dort. Er war schon viele Jahre nicht mehr dort. Trotzdem huschte sein Blick durch den Raum um sich zu vergewissern. Ja, er stand im Variete „Imago“. Langsam sah er zu Boden, obwohl er ahnte, was er dort sehen würde. Vor seinen Füßen lagen Scherben und eine Wasserpfütze breitete sich aus.

„Entschuldigen Sie. Ich bringe Ihnen gleich ein Neues.“ Nat wusste nicht, wie er diese Worte herausbrachte.

Er hörte die Höflichkeitsfloskel des jungen Mannes nicht. Sie war irgendwie unwichtig. Den Weg zum Tresen bekam er nicht mit als er ihn zurücklegte. Erst mit Lappen, Feger und Kehrschaufel in der eine Hand und einem neuen Glas Wasser in der Anderen, bemerkte er, dass sein Herz heftig schlug, so als wäre er gerannt. Seine Finger krallten sich um das Tuch, ehe er sich zwang sie zu entspannen.

Er wollte nicht zu dem Typen zurück, aber er musste.

Beim Tisch stellte er zunächst das Glas vor den Kunden, dann ging er in die Knie. Als er den Lappen beiseite legte um den Handfeger zu benutzen, rieb er instinktiv mit seiner Schläfe an dem Bein des jungen Mannes entlang. Er spürte, wie dieser sich versteifte und ihn ansah. Doch Nat zwang sich, sich nur mit den Scherben zu beschäftigen. Er starrte auf die Scherben und wusste plötzlich, was er einen Moment zuvor getan hatte und warum. Ein Schauer lief über seinen Rücken. Er wollte es nicht, deswegen schwieg er. Noch war er nicht bereit sich oder gar jemand Fremden einzugestehen, was gerade geschehen war. Die Scherben auf der Kehrschaufel balancierend, kehrte er zum Tresen zurück.

„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Seiji, einer der Besitzer des „Imagos“ und zugleich Nats Ziehvater.

„Nicht so wirklich.“, gab er zu.

„Sieh zu, ob du Robert oder Mieke noch erwischst, ja?“

Nat nickte und hastete in den Bereich für die Angestellten. Zu seinem Glück, war Mieke noch da und bereit für ihn einzuspringen, auch wenn sie eigentlich nicht kellnerte.

Nat stopfte, so schnell es ging, seine Sachen in seinen Rucksack und floh aus dem „Imago“.

In seiner kleinen Wohnung ließ er den Rucksack im Flur zu Boden gleiten, hängte seine Jacke auf und tapste mit hängenden Schultern zum Sofa. Er stellte den Fernseher an, doch eigentlich nahm er nicht wahr, was gerade lief. Er starrte nur auf den Bildschirm, weil es einfacher war als nachzudenken. Er wollte nicht denken, nicht an seine Vergangenheit und schon gar nicht an die Begegnung mit diesem jungen Mann, dessen Namen er nicht einmal kannte. Als er den Fernseher schließlich ausstellte war es drei Uhr. Er zwang sich aus Verantwortungsgefühl heraus ins Bett zu gehen und schlief sogar recht schnell ein.
 

Mit einem Kaffee in der Hand, stürzte Nat, soweit dies möglich war ohne den Kaffee zu verschütten, in den Seminarraum. Gerade heute, fragte er sich, wie er sich diesen vierstündigen Kant-Lektüre-Kurs nur antun konnte, besonders, da der Kurs um acht begann. Nicht weiter auf seine Kommilitonen achtend ließ er den Rucksack von der Schulter gleiten, stellte den Kaffee ab, wobei er kleckerte, und setzte sich. Er legte Bücher und Block vor sich und nahm gähnend einen Schluck von seinem Kaffee. An dem er sich prompt verschluckte.

„Ist hier noch frei?“ Die Frage wurde freundlich gestellt.

Nat konnte nur schwach nicken und hustete, ehe er wieder Luft bekam. „Was macht der hier an der Uni? In meinem Kurs?“ Ehe er sich zurückhalten konnte, blickte er sich um und entdeckte tatsächlich die beiden Muskelprotze, die hier komplett fehl am Platze wirkten.

„Ja, der ist frei.“, krächzte er.

„Super. Ich war das letzte Mal nicht da? Wie weit sind wir?“

„Beim Raum.“

„Danke.“

Nat sah zu wie der junge Mann, den er im „Imago“ getroffen hatte, Bücher, Block und Stifte aus seiner Tasche holte.

„Ganz schön früh, wenn du Abends noch arbeitest, oder?“, versuchte sein Sitznachbar ein Gespräch in Gang zu bringen.

„Geht so.“ Nat wollte nichts mit ihm zu tun haben, gar nichts. „Kann der nicht einfach verschwinden?“

„Warst du das am Tuch?“ So schnell gab der nur leider nicht auf.

„Ja.“

„Wow.“

Nat zuckte mit den Schultern. Für ihn war das nichts Besonderes mehr. Er turnte daran, weil es ihm Spaß machte und aus dem gleichen Grund stand er auf der Bühne.

„Ich bin übrigens Angelo.“

„Angelo? Ernsthaft?“ „Wer bitte gibt seinem Sohn so einen Namen?“, fragte Nat sich, obwohl Angelo noch recht häufig vorkam. Nat musterte Angelo. Das kastanienbraune Haar, welches dessen Gesicht in weichen Wellen umrahmte, passte ja noch zu einem Engel. Die Hakennase schon nicht mehr und dem Blick von Angelos Augen wollte er nicht noch einmal begegnen, der war viel zu wissend.

„Angelo del Chiarore.“, wurde ihm ruhig geantwortet.

„Engel des Lichts, na super! Wer kam denn darauf?“, brach es aus Nat hervor.

„Meine Mutter.“

Nat schüttelte den Kopf. „Warum antwortete der mir so ernsthaft? Halt, diese Frage brauche ich mir nicht zu stellen. Wir ziehen uns gegenseitig an. Es geschieht von ganz alleine.“

Zum Glück beendete die Ankunft des Dozenten das Gespräch.

Nat malte verschlungene Kreise auf den Zettel vor sich, während ein älterer Kursteilnehmer eine sinnlose, zumindest in Nats Augen sinnlose, Diskussion über die Bedeutung eines Wortes mit dem Professor führte. Abwesend überlegte Nat, dass er selbst dem Mann schon längst gesagt hätte, welchen Blödsinn dieser redete. „Ob ich den Dozenten verwirren soll? Andererseits...“ Nat schielte zu seinem Sitznachbarn hin. „Besser nicht, das macht den nur noch mehr auf mich aufmerksamer, als bisher schon. Schließlich kennen die meisten Menschen die besonderen Eigenschaften, welche Raum und Zeit für bestimmte Personen besitzen nicht. Außerdem passt das Ganze nicht sonderlich gut zu Kants wichtigster Aussage, dass Zeit und Raum die Vorrausetzung für die menschliche Wahrnehmung sind.“

Nat seufzte. Seine Mitschrift, sofern man davon sprechen konnte, würde er später selbst nicht mehr lesen können.

Eine subtile Veränderung an Angelo richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf diesen. Der Andere saß mit leicht glasigen Augen am Tisch, doch das war es nicht, was Nat bemerkt hatte. Er musterte ihn genauer. Nur für Nat sichtbar löste sich Angelos Geist von dessen Körper. Nat blickte sich verstohlen genauer um. Angelos Geist war alleine und somit schutzlos. Er strebte gerade an einen Ort, an den ihm keiner seiner Bodyguards folgen konnte. Zu Nats Verwirrung befand sich auch kein Schutzgeist im Raum, der zu Angelo gehören zu schien. „Mist!“, fluchte er.

„Hat der wirklich noch keinen Genius intimus? Dafür ist er aber etwas alt!“, dachte Nat, doch er konnte keinen Genius entdecken, der zu Angelo gehörte. Ein kaum wahrnehmbares Knurren vibrierte in seiner Kehle. Er konnte nicht zulassen, was gerade mit Angelo geschah. Ob er wollte oder nicht, dass verbat ihm der Codex. Und anscheinend gab es nur ihn im Raum, der in diesem Fall etwas ausrichten konnte. „Na schön, jetzt errege ich also Aufmerksamkeit!“

Ohne weiter zu zögern, stieß er seinem Sitznachbarn den Ellenbogen hart in die Rippen, packte das Handgelenk dessen Geistes und zerrte ihn zurück in dessen Körper.

Angelo japste auf, sein Kopf fuhr zu Nat herum. „Was?“

Nat drückte das Handgelenk, welches er nun umklammert hielt, fester.

„Gibt es ein Problem?“, hörte Nat den Dozenten fragen.

„Ich glaube meinem Sitznachbarn ist schlecht. Ich bringe ihn eben an die frische Luft.“

Nat ließ Angelos Handgelenk los und erhob sich. Angelo folgte, ohne Nats Erklärung in Frage zu stellen. Die Leibwächter dackelten hinterdrein. Direkt hinter der Tür, ergriff Nat erneut das Handgelenk des Anderen, da dessen Geist schon wieder Anstalten machte abzuschwirren.

Schweigend verließen sie das Gebäude. „Bittet wartet in Sichtweite.“, war alles, was Angelo zu seinen Bodyguards sagte.

„Okay, was soll das?“, fauchte er dann Nat an.

„Verhindern, dass du in Schwierigkeiten gerätst. Wo ist dein Schutzgeist?“, fauchte der zurück, nur das sein Fauchen einem Raubtier ähnlicher war, als das bei einem Menschen möglich sein sollte.

Angelo funkelte Nat dennoch unbeeindruckt an und dieser musste seinen Blick senken, um nicht wieder in die Vergangenheit gerissen zu werden.

„Siehst du doch.“

„Warst du zu leichtsinnig und er ist für dich umgekommen?“, schnauzte Nat.

Angelos Blick wurde kalt. „Nein, ist er nicht. Ich hatte nie einen. Er hat mich nicht gefunden!“, zischte er.

Nat hörte die Wahrheit aus Angelos Stimme heraus und schauderte. „Wie hast du dann so lange überlebt?“, hörte er sich selbst verblüfft fragen.

„Geht dich nichts an.“

„Ach ja? Wer passt hier gerade auf dich auf?“

Angelo schnaubte. „Wieso tust du es überhaupt?“

Das fragte Nat sich auch. „Weil ich nicht anders kann. Zumindest den Codex solltest du kennen.“

Angelos Augen weiteten sich. „Du...? Und wo ist dein Schützling?“

„Bist du immer so unhöflich?“

„Warst du auch?“

„Ach, ich hab ja nur verhindert, dass du auf die andere Ebene gezogen wirst.“

„Mein Leben, mein Risiko.“

„Oh nein, ganz bestimmt nicht. Du solltest vorsichtig sein bis du deinem Schutzgeist begegnest. Hast du eine Ahnung, was diesem, dir noch unbekannten, Wesen wiederfährt, solltest du sterben?“ Nat war wirklich sauer. „Ein Begabter ohne Schutzgeist sollte Zuhause bleiben.“

„Toll, und da darf ich den Rest meines Lebens versauern, weil er mich nicht findet!“

„Willst du lieber von ´nem Geisterwesen zerfetzt werden?“

„Was kümmert es dich?“

Ja, was kümmerte es ihn, abgesehen vom Codex. Nat erstarrte, er wusste es und wollte es nicht wahr haben. Er wollte seine Freiheit nicht aufgeben. Er wollte nichts mit Angelo zu tun haben.

„Stimmt, was kümmert es mich?! Schon mal den Codex gelesen?! Die Gelegenheit scheint vorbei zu sein. Ich gehe jetzt wieder und führe mein Studium fort.“ Erst jetzt fiel Nat auf, dass er Angelo immer noch fest hielt. Als hätte er sich verbrannt, ließ er dessen Arm los und stapfte zurück in den Kursraum.

„Geht es ihrem Kommilitonen besser?“, wurde er gefragt.

„Weiß ich nicht.“, brummte Nat als er sich setzte nur um die Tür aufgehen zu hören, durch die Angelo eintrat. Nat senkte den Blick auf seinen Block. In seinem Kopf hallten die Worte: „Ich will nicht!“, beständig wieder. Den Rest des Kurses konnte er vergessen seine Gedanken kreisten nur noch um das Thema „Schutzgeist“.

Noch mehr Zusammentreffen

Disclaimer: Immer noch alles by Salix. Hinweis, da Nat für seine Zauberworte Latein benutzt, können Überschneidungen mit Zaubersprüchen aus Harry Potter vorkommen, ich versuche sie möglichst zu vermeiden. Sie ergeben sich, weil z.B. protego ich beschütze auf Latein heißt und die Zaubersprüche in Harry Potter Latein sind. Alle Konjugationsfehler im Lateinischen sind von mir und unbeabsichtigt.
 

Angelo
 

Angelo versicherte dem Dozenten, dass es ihm gut ginge. Wieder auf seinem Platz schielte er aus den Augenwinkeln zu seinem Kommilitonen. „Was für ein Genius ist der?“

Seine genauere Musterung brachte ihm die Erkenntnis, dass sein Kommilitone, dessen Namen er noch nicht kannte, ein Genius ohne Schützling war. Angelo stöhnte innerlich. „Nicht noch so einer! So wie der drauf war, wird er mich dazu überreden wollen auf meinen Genius intimus zu warten! Verdammt! Ich werde trotzdem weiter her kommen. Vorwürfe kenne ich schon von Duncan zur Genüge. Ich kann doch nicht ewig auf meinen Genius warten...

Verbitterter Genius, der Menschen misstraut, na toll! Wie wird er sich wohl weiter verhalten? Nach dem Codex muss er mir in Notsituationen helfen, aber das ist eben die Pflicht eines Genius. Hat er seinen Schützling verloren? Könnte die Vorwürfe erklären und alles verkomplizieren. Ach, Mist ich sollte mich auf den Kurs konzentrieren!“

Er musste sich zwingen, sich auf den Kurs zu konzentrieren, doch in so etwas hatte er Übung. Also hörte er dem Dozenten und der Diskussion zu. Er beantwortete sogar eine Frage des Dozenten.

Am Ende der Veranstaltung sah Angelo zu, dass er so schnell wie möglich weg kam. Obwohl es Mittag war, beschloss er in die Mensa zu gehen. Eigentlich konnte er die langen Schlangen zur Mittagszeit dort nicht ausstehen, aber nach vier Stunden Kant-Lektüre, fühlte er sich dem Verhungern nahe. Mit einem Tablett auf dem ein Teller grau-grüner Pampe, welche sich Erbsensuppe nannte, noch weiter abkühlte bewaffnete, sah er sich nach einem Tisch um. Seine Leibwächter im Schlepptau, steuerte er auf einen der langen Tische weit hinten im Raum zu, da dort noch drei Plätze frei waren.

Behutsam stellte er sein Tablett ab und ließ seine Tasche zu Boden gleiten, ehe er sich setzte.

Vorsichtig tauchte er seinen Löffel in die Pampe und betrachtete sie skeptisch. Zäh-flüssig tropfte es vom Löffel in den Teller.

„Auch wenn es grauenvoll schmeckt, kann ich dir zumindest versichern, dass es ohne Nebenwirkungen essbar ist.“, meldete sich eine sarkastische Stimme ihm gegenüber zu Wort.

Angelo blickte auf und starrte in das Gesicht des Genius.

„Nicht DU schon wieder.“

„Oh, sollte ich mir Sorgen machen, weil wir den selben Gedanken hatten?“

„Hey, ihr Tonfall...“, begann einer seiner Leibwächter.

„...ist nicht gerade freundlich, aber solange er nicht versucht zu beißen, haltet ihr euch raus.“, unterbrach Angelo ihn. Es war neu für ihn, dass jemand ihm gegenüber unhöflich war, während er direkt mit ihm sprach.

„Angst, dass ich beiße?“

„Nein.“, antwortete Angelo bestimmt. Er kannte den Codex und sein Gegenüber auch. Es war also eine leere Drohung.

„Aber habe ich dir irgendetwas getan oder bin ich dir einfach so unsympathisch?“

Aus irgendeinem Grund wollte Angelo dies unbedingt wissen und hoffte es wäre nicht letzteres. Für ersteres konnte er sich wenigstens entschuldigen und danach vielleicht eine Ebene finden um mit diesem Genius zurecht zu kommen.

Angelo betrachtete seinen Kommilitonen über den Tisch hinweg. Der Ausdruck auf dessen Gesicht war finster. Kurze Zeit schien er sogar ernsthaft über Angelos Worte nachzudenken, wobei er ihn aus weit geöffneten Augen ansah. Die grünen Augen und das leicht dreieckig geformte Gesicht erinnerten Angelo an eine Katze. Durchaus möglich, dass der junge Mann vor ihm ein Gestaltwandler war. Zumindest lag der Schluss, nach dem kurzen Einblick in dessen Vergangenheit am Abend zuvor, nahe. Wenn dies zuträfe, wettete Angelo darauf, dass er irgendetwas einer Raubkatze ähnliches war. Er hatte ja nur die Aussicht aus einem Käfig in eine vollbesetztes Zirkuszelt mitbekommen.

Der Blick der leuchtend grünen Augen traf Seinen und wurde hastig abgewandt. In dem schwarzen Haar erzeugte das Sonnenlicht blau-violette Glanzlichter. „Ob es so weich ist, wie es aussieht? Was denk ich denn da? Das geht mich nun wirklich nichts an.“ Angelo hoffte, seine kurze Unaufmerksamkeit war nicht aufgefallen.

„Weder noch. Du reizt mich einfach.“ War die langsame, nachdenklich klingende Antwort.

Angelo runzelte die Stirn. „Ich reize dich? Dir ist bewusst, dass diese Aussage zweideutig ist?“, konnte er sich nicht verkneifen zu fragen.

„Ja, und jetzt iss deine Erbsenpampe ehe sie kalt ist!“

Angelo fühlte die Temperatur des Tellers. „Sie ist schon kalt. Wie heißt du eigentlich?“

„Nat. Noch etwas eure Lordschaft?“

Angelo seufzte. Er hätte es wissen sollen. Wenn er Glück hatte, war ihm zumindest ein echter Spitzname genannt worden, wenn er Pech hatte nicht einmal das. Schutzgeister nannten äußerst ungern ihre Namen, da sie damit angreifbar wurden, allerdings nur, wenn man den gesamten Namen kannte.

„Ich trage keinen Titel.“, grummelte Angelo leise. Manchmal verfluchte er seine Familie und ihre Begabung.

„Aber dein Vater. Und du wirst ihn erben, genauso wie du ihm in das Amt des Lord Counselors of Clairvoyance folgen wirst.“

„Woher?“

„So etwas weiß man.“ Das Schnauben klang sogar leicht amüsiert. „Auch, wenn es mir erst nach unserem Gespräch eingefallen ist.“

Angelo stöhnte und schob sich einen Löffel Erbsensuppe in den Mund nur um nicht darauf antworten zu müssen. Er wollte nicht an seinen Vater denken oder an das, was alle von ihm für die Zukunft erwarteten. Wie sollte er dieses Amt je ausfüllen ohne Genius intimus? Aber daran dachte er jetzt besser nicht.

Dann verzog er das Gesicht. „Ist denen die Salztüte in den Topf gefallen?“, murrte er. Diese Suppe schmeckte nach Salz und sonst nichts.

Er bemerkte ein kleines fieses Grinsen auf Nats Gesicht. Angelo legte den Esslöffel weg und griff zum kleinen Löffel. Also nur Nachtisch heute. Doch er bereute auch diesen Versuch. Der Nachtisch schmeckte so süß, dass er das Gefühl hatte die Süße bliebe auf seiner Zunge kleben. „Nie wieder Mensa!“, schwor er sich schaudernd.

Als ein Stuhl elendig über den Boden kratzend zurückgeschoben wurde, blickte er auf. Nat hatte sich erhoben. Dessen Suppenteller war leer, ebenso das Schälchen für den Nachtisch. Er schüttelte sich, das konnte man doch nicht essen, aber anscheinend gab es Leute, die genau dies konnten.

„Besser als zu hungern. Auch wenn es mir nicht gefällt, schätze man sieht sich.“ Mit diesen Worten schlenderte Nat davon. Angelo sah ihm nach. Der Gang des Genius war so geschmeidig wie er es erwartet hatte. Und obwohl dieser wirklich nicht freundlich zu ihm gewesen war, wünschte Angelo sich er wäre noch etwas geblieben. Ein silbernes Leuchten erregte seine Aufmerksamkeit. Es war die Verbindung des Schutzgeistes. Seine Verbindung zu einem Schutzgeist. Sie führte in die Menge der Studenten, doch Angelo konnte nicht ausmachen zu wem sie führte. Er schüttelte den Kopf. Was machte er sich jetzt darüber Gedanken. Er würde es schon wissen, wenn er seinen Schutzgeist traf. So sollte es zumindest sein, laut seinem Vater.
 

Nach einem im Unicafé erstandenen Brötchen, die Erbsenpampe hatte er so zurückgehen lassen, betrat Angelo die Bibliothek.

Er wollte noch etwas für den Kantkurs nachschlagen und da er gerade eine Freistunde hatte, nutze er sie. Inzwischen wusste er wo die philosophischen Wörterbücher standen, unter anderem die „Historical Encyclopedia of Philosophy“. Die Bücher waren so eng es ging ins Regal gestopft worden. Einige befanden sich in einer Höhe, wo er gerade so noch dran kam. Genau auf diesem Regalbrett stand der Band, den er brauchte.

Angelo zog daran. Zu spät merkte er, dass er damit gleich die gesamten Bücher vom Brett zerrte.

Hastig hob er den Arm mit dem Buch. In diesem Moment wurde er an einen warmen sehnigen Körper gepresst. Bücher prasselten zu Boden und auf die Person, welche ihn schützte. Angelo fühlte sich in den Armen dieses Mannes erstaunlich sicher, sicherer als jemals zuvor. Doch die feste Umarmung hielt nur ein paar Sekunden an.

Als es vorbei war, hörte Angelo eine genervt klingende Stimme.

„Kannst du nicht mal in die Bibliothek gehen ohne Probleme zu machen?!“

Angelo seufzte. „Also davor hättest du mich nicht schützen brauchen.“, antwortete er Nat, denn es war kein anderer als dieser verflixte Genius, der ihn hielt.

Nats Antwort begann mit einem Schnauben. „Falls es dir noch nicht aufgefallen ist. Die Teile hier sind schwer genug um eine Gehirnerschütterung zu verursachen.“

„Was kein Schaden ist, vor dem ein Genius gezwungen ist mich zu schützen.“

Angelo wurde losgelassen. Er sah wie Nat das Gesicht verzog als er sich aufrichtete. Anscheinend hatten ihn einige der Wörterbücher getroffen, was mindestens Blutergüsse verursacht hatte.

„Erzähl den Blödsinn jemand anderem. Wo sind eigentlich deine Anhängsel?“

„Im Foyer.“

„Das ist nun wirklich idiotisch. Brauchst du sonst noch was oder kann ich die hier jetzt wieder einräumen?“

„Äh, ich brauch nichts mehr.“

„Gut.“

Angelo bückte sich gleichzeitig mit Nat.

„Lass das besser, bevor du noch mehr anstellst, Tollpatsch!“, zischte der. „Und am besten ich komm gleich zum Kopierer mit. Womöglich kriegst du es hin ihn zum Explodieren zu bringen!“

„DAS bestimmt nicht. Meine Begabung äußert sich nicht so.“

„Oh, wunderbar. Endlich ein kleiner Lichtblick. Kommst du?“

Angelo hastete Nat hinterher, der das Lexikon trug. Zusammen gingen sie zum Kopierraum. Wie üblich waren alle Kopierer besetzt. Sie warteten im warmen, stickigen nach Druckertinte riechenden Raum. Endlich war ein Gerät frei.

Angelo legte seine Kopierkarte ein und klappte den Deckel hoch. Er sah auf das Kopierfeld herunter.
 

Flammen leckten an riesigen Papierrollen entlang. Schwarzer Rauch quoll aus Druckmaschinen und vernebelte die Sicht. Alles war in orange flackerndes Dämmerlicht und rauchige Schatten getaucht. Schemen hetzten hustend zu den Ausgängen. Es handelte sich dabei, wohl um Menschen, war aber nicht genau zu erkennen. Er hörte das Knacken und Prasseln der Flammen, das Husten und die Schreie. Knirschend brach irgendwo weiter hinten im Raum etwas. Ein Krachen ertönte. Funken flogen und weitere Schreie mischten sich in den Lärm. Es war wie in einem Actionfilm, nur, dass dies Wirklichkeit werden würde. Und wie im Film fehlte der Geruch. Er blinzelte, hektisch, weil seine Sicht verschwamm. Er wusste einfach, dass dieses Geschehen unausweichlich war und zukünftig. Einige der huschenden, hustenden Schemen würden sterben, andere für immer versehrt werden und ein paar würden mit einer leichten Rauchvergiftung davon kommen.

Ein Mann brach schreiend unter einem schwelenden Balken zusammen.
 

Etwas traf ihn hart in die Rippen, zum zweiten Mal an diesem Tag. Er schnappte nach Luft und roch Druckerfarbe. Er würgte trocken, knallte das Buch auf das Gerät und hastete Richtung WC los. Angelo schaffte es gerade noch zum Waschbecken, bevor er sein Brötchen wieder hoch würgte.

Matt trank er danach Wasser aus dem Hahn. Es schmeckte entsetzlich süß nach der bitteren Galle. Angelo hielt den Blick auf das weiße Keramik gesenkt. Jetzt bloß nicht wieder auf eine spiegelnde Oberfläche schauen, sonst würde er die Vision erneut habe.

Die Tür ging auf.

„Ich habe den Text über die Anschauung zweimal kopiert. Du schuldest mir einen Euro.“

Anstatt zu antworten klatschte sich Angelo Wasser ins Gesicht und schüttelte sich. „Hmh.“

Sein Korb und Nats wurden neben ihm abgestellt.

„Ich bring eben die Bücher zurück.“

Angelo nickte, er schaffte es sogar den anderen schwach anzulächeln. Zumindest stellte der Genius keine nervigen Fragen, da er zu ahnen schien, was mit Angelo los war.

Angelo seufzte. Er ließ kaltes Wasser über seine Hände laufen und betrachtete es. „Was jetzt? Ich hab den Text. Ich muss so langsam wieder runter. Sie warten sicher. Ich will nicht, nicht gerade jetzt, wo sie mich nur so übertrieben vorsichtig behandeln werden. Schwacher Kreislauf, von wegen, wäre mir sogar lieber. Verdammt, ich kann nicht mal etwas tun! Diese dusselige Druckerei wird bald brennen, dass ist unvermeidlich, argh, solche Visionen hasse ich.“

Seine Finger krampften sich ineinander. Er hatte den Block dabei, jetzt brauchte er nur ein ruhiges Plätzchen um sich zu beruhigen.

Erneut wurde die Tür geöffnet. Es war ein anderer Student, der wortlos an ihm vorbeiging. Angelo betrachtete die zwei blauen Plastikkörbe zu seinen Füßen. In beiden lag ein Block, Kopien und die Wertsachen.

Wenn er es wollte, könnte er jetzt den Namen des Genius herausbekommen, doch wäre es nicht ehrlich und ein Vertrauensbruch. Es reichte Angelo schon, wenn er immer wieder Einblicke in die Vergangenheit völlig Fremder erhielt, ohne es zu wollen.

„Du siehst so aus als könntest du etwas frische Luft vertragen.“

Nat war wieder da. Angelo sah auf. Wieder wich der Genius seinem Blick aus. So war es immer, wenn Leute von seiner Begabung wussten...

Angelo seufzte: „Ja, hast Recht.“

„Komm, wir sind ganz nah beim Turm, da kann man aufs Dach.“ Nat hob einfach beide Körbe auf und ging vor. „Wieso betüddelt der mich so?“, fragte sich Angelo, folgte aber.

Die Wendeltreppe war nicht gerade angenehm für seinen noch leicht überreizten Magen. Der frische Luftzug, welcher ihn traf als Nat die Tür aufstieß, hingegen schon.

Draußen atmete Angelo auf. Er ging zum Rand der Brüstung und blickte auf das Unigelände hinab. Die Sonne schien noch immer und durch den Wind war es hier gut auszuhalten.

„Deine Leibwächter sind Idioten.“, hörte er Nat sagen.

„Wieso?“

„Sie nützen nichts gegen Wesen wie mich. Ich könnte dich hier und jetzt entführen und sie würden es nicht einmal bemerken.“

„Die Bibliothek ist mit einem Bannkreis gesichert. Hier kommt kein Geisterwesen einfach so rein.“

„Wir sind außerhalb des Bannkreises.“, wurde ihm mitgeteilt.

Beunruhigt drehte Angelo sich zu Nat um. „Oh.“

Der Genius lächelte ihn an. „Ich kriege richtig Lust deinen Leibwächtern eins reinzuwürgen.“

Angelo schauderte. Ganz schlechte Situation. Hier war niemand außer ihnen. Keine Hilfe, falls Nat ihn entführen wollte. „Und das heißt?“

„Gar nichts.“ Der Genius zuckte mit den Schultern. „Ich könnte zwar, aber ich will keinen Ärger. Du solltest besser aufpassen.“

„Du könntest was?“

„Dich packen und von hier verschwinden.“

„Dazu müsstest du fliegen.“ Die Bibliothek stand frei. Keines der anderen Unigebäude war nah genug um sie vom Dach aus zu erreichen, nun für einen Menschen zumindest.

„Na und? Vielleicht kann ich ja fliegen.“

Diese Antwort war so was von typisch Genius. Angelo schloss die Augen. „In dem Fall, dass du dich doch noch umentscheidest, sollte ich dich warnen: Mein Magen ist gerade nicht sehr stabil.“ Er wollte zeichnen, um die Bilder loszuwerden und nicht mit einem Genuis darüber spekulieren, ob er hier entführt werden könnte oder nicht. Kleidung raschelte. Angelo nahm an, dass Nat sich gesetzt hatte. Er öffnete die Augen wieder. Er hatte fast richtig getippt. Der Genuis lag mit dem Bauch auf der Brüstung des Turmes, den Kopf auf eine Hand gestützt und beobachtete ihn. Er wirkte als könne er so noch Stunden liegen bleiben.

Also nutzte Angelo die Gelegenheit. Er griff nach seinem Block und einem Bleistift. Er ließ sich an der Mauer zu Boden rutschen und begann zu zeichnen. Die eben gesehenen Bilder brachte er zu Papier.

„Eine Stunde ist gleich um. Hast du noch Veranstaltungen?“

Angelo schaute von seinem Block auf. Nat war nun direkt neben ihm. Er hatte nicht gehört wie der Genuis näher gekommen war. Die grünen Augen auf ihn gerichtete streckte, Nat sich.

Angelo schlug den Block zu. „Danke, für deine Geduld.“

„Ich habe nur die Sonne genossen, aber jetzt ist es langsam genug.“

„Na dann.“ Angelo nahm seinen Korb.

„Du hast keine Bücher zum Ausleihen, wie ich sehe.“

„Ja, aber...“

Angelo schrie auf als Nat ihn um die Taille packte. „Was?“

Er wurde auf die Brüstung gestellt. Erst jetzt fiel ihm die nackte Brust des anderen auf. Ein lautes Klatschen ertönte und große schwarze Schwingen öffneten sich. Angelo wurde noch enger an Nat gepresst als dieser sich von der Brüstung abstieß und „Neglegete nos.“, murmelte.

„Bist du wahnsinnig!“, kreischte Angelo. Seine Füße hingen in der Luft. Nur die Arme des Genuis hielten ihn davon ab in die Tiefe zu stürzen. Der Plastikgriff eines Korbes bohrte sich in seine Seite. Seinen Eigenen hätte er fast fallen gelassen, nun umklammerte er den Griff, dass es weh tat.

„Zappel nicht so, du bist schwer. Ich bring dich schon heil zu deinen Anhängseln.“

Der Wind rauschte um sie herum. Er hörte, einen angestrengten Tonfall in Nats Stimme. Was zum Teufel bezweckte dieser durchgeknallte Genius damit? Angelo schlang die Arme um Nats Körper, unterhalb der Schwingen, um noch etwas zu haben an dem er sich festhalten konnte. Obwohl der Genius einfach so mit ihm losgeflogen war, wusste er, dass Nat ihn festhalten würde. Wind blies ihm das Haar ins Gesicht. Sie flogen einen langsame Abwärtskurve. Niemand beachtete sie, als Angelo plötzlich wieder Boden unter den Füßen spürte. Er strauchelte und riss die Augen wieder auf, die er zuvor zugekniffen hatte. Nat hielt ihn bis er sicher stand, dann erst setzte der Genius leichtfüßig auf. Angelo starrte das Eingansportal der Bibliothek an.

„Was sollte das?“

„Wirst du schon noch sehen.“ Nat zog sich sein T-Shirt über, ohne sich darum zu kümmern, dass sie mitten auf dem Uniboulevard standen. Eine junge Frau, die direkt auf sie zu kam, machte ohne ersichtlichen Grund einen Bogen um sie.

„Und jetzt gebe ich dich deinen nutzlosen Bodyguards wieder.“

„Erst will ich eine Erklärung was der Scheiß hier sollte?“

Nat drehte sich zu ihm um. „Dir und ihnen beweisen, dass du besser geschützt werden musst.“

„Ach ja? Ganz toll. Dafür zerrst du mich von einem verdammten Turm!“

„Schrei ruhig soviel du willst. Derzeit kümmert es niemanden.“

„DU...“ Angelo wusste nicht, was er Nat als erstes an den Kopf werfen wollte. Außerdem zitterten seine Beine noch.

Er wurde mitgezerrt bis sie vor seinen Leibwächtern standen. Einer von ihnen las in einer Zeitung, auf deren Cover eine nackte Frau zu sehen war.

Angelo riss sich von Nat los und sprach sie an. „Wir gehen und dieser...“, er brach mitten in seinem Satz ab. Sein Leibwächter sah durch ihn hindurch.

„Sie bemerken dich nicht.“, erklärte Nat.

„Was hast du..?“

„Die Aufmerksamkeit, welche wir einfach durch unsere Anwesenheit erregen, aufgehoben, auch für andere Genii.“

„Mach das rückgängig!“, herrschte Angelo ihn an. „Ich bin nicht dein Spielzeug!“

„Nicht? Du präsentierst dich aber als Spielzeug für Wesen wie mich.“

„Du bist an den Codex gebunden!“

„Und? Ich habe dir nicht einen Kratzer zugefügt. Es entsteht dir auch kein Schaden durch diesen Zauber, da ich ihn wieder aufheben werde.“

„A-aber... andere Genii bekommen das...“

„Nicht unbedingt.“ Nat stellte sich vor einen der Leibwächter. „Attendite nos.“, murmelte er.

Jemand schnappte nach Luft, da es aussehen musste als wären sie aus dem Nichts erschienen. Die Leibwächter sahen sich um. Mit einem Ratsch zeriss Nat die Zeitschrift.

„Sie sind wirklich miserabel! Ihrem Schützling hätte wer-weiß-was zu stoßen können, während sie hier auf ihn gewartet haben! Wenn Sie Leibwächter sein wollen, dann bleiben Sie gefälligst bei der Person, auf die Sie aufpassen sollen!“, Seine Stimme war scharf. „Es wundert mich ernsthaft, dass die Schutzgeister seiner Familie DAS HIER zugelassen haben!“

Die Hand eines der Männer wanderte zu seinem Jackett.

„Fällt Ihnen nichts anderes ein als mich mit einer Waffe zu bedrohen, nur weil ich Ihren Job für Sie erledigt habe? Seien Sie froh, dass ich kein Entführer oder ähnliches bin. Hier haben Sie Ihren Schützling wieder und nun entschuldigen Sie mich.“

Nat rauschte an ihnen vorbei zurück in die Bibliothek.

„Wer ist der Kerl?“, fragte, der Besitzer der Zeitschrift. Sie war säuberlich in fünf Streifen zerfetzt worden, als hätte Nat Messer benutzt.

„Ein Genius, wie Duncan.“, antwortete Angelo matt.

„Ein Genius? Dürfen die so was?“

„Solange sie niemandem dauerhaften Schaden zufügen, sind sie recht frei in ihren Handlungen.“

„Wie kommen Sie überhaupt hier her. Wir haben den Eingang doch beobachtet und es heißt der Bannkreis ist einer der besten...“

„Tja, ich weiß jetzt, dass man den umgehen kann. Bringen Sie mich nach Hause.“

„Wie Sie wünschen.“

Angelo reichte es. Erst der Kant-Kurs mit der Standpauke, dann das Mittagessen, darauf die Vision und nun auch noch der Flug, dass war einfach mehr als genug für einen Tag. Er hatte keinen Nerv mehr seine Veranstaltung zu besuchen.

Erkenntnisse

Hoffe es gibt überhaupt jemanden, der das hier liest und Spaß dran hat.

Nur zum Verständnis, das Ganze spielt in einem Paralleluniversum, in London, der heutigen Zeit. Die politischen Verhältnisse sind jedoch etwas anders, besonders die zwischen England und Irland. Irland wird in dieser Geschichte Erin genannt. Ich orientiere mich bei der eirischen (also irischen) Gesellschaft an der, die dort im Mittelalter üblich war.

Und auch London ist nicht so, wie es hier in dieser Welt ist. Es ist nur eine grobe Orientierung. Viel Spaß beim Lesen.
 

~~~
 

Nathaniel
 

Nat kehrte in die Bibliothek zurück. Er hastete erst einmal zwischen die Regale, ohne darauf zu achten, bei welchem Themengebiet er landete.

„Das war eine selten dämliche Aktion!“, fauchte er, wobei er die Stille der Bibliothek störte und ein gezischtes „Psst!“ zu hören bekam.

Er hielt inne und legte seine Stirn an das kühle Metallregal. „Warum? Warum hab ich das getan? Klar, ich war sauer über diesen Unsinn, den sich diese Stümper geleistet haben! Aber das reicht nicht. Ich hätte ihn doch einfach in Ruhe lassen können, aber nein, ehe ich es selbst recht begreife, pass ich schon auf ihn auf!“ Nat schüttelte sich, dabei wollte er keinen Schützling. Er wollte sein eigenes Leben leben, ohne Verantwortung für jemand anderes.

„Und dann noch dieser Blödsinn! Aber jetzt regt er sich garantiert darüber auf und grübelt nicht über diese scheußliche Vision nach. Kein Wunder das Hellseher als psychisch labil gelten, wenn die öfter so etwas sehen! Hoffentlich gibt das keinen Ärger, ich hätte ihn schließlich fallen lassen können. Und eigentlich tut man so was auch nicht.“

Nat seufzte. Wenn er schon noch in der Bibliothek war, konnte er doch gleich... „Wo waren noch mal die allgemeinen Nachschlagewerke?“ Er ging zum Plan und suchte den Standort der Nachschlagewerke. Reihe um Reihe an dicken Büchern mit roten, blauen, grünen und schwarzen Einbänden füllten die Regale. Manche hatten goldene Schrift auf dem Rücken, andere weiße und einige schwarze Schrift. „Brockhaus, nein. Wo sind hier die Biografien?“

Nat musste um mehrere Regale herumlaufen bis er die Biografien entdeckte. Schließlich zog er den Band A bis C der „Important Magical Families of Europe“ aus dem Regal.

„Chiarore, Angelo del, * 24.6.19XX ist der älteste Sohn von Maria del Chiarore und Lucius Morgan del Chiarore dem Earl of Blackwater und derzeitige Lord Counselor of Clairvoyance des Parlaments von England.“, las er, mehr stand dort nicht. „Bis auf das Geburtsdatum wusste ich das schon.“

Er schlug del Chiarore nach und grummelte. „Gründerfamilie Venedigs, Glashütten auf Murano, Verbindungen zu allen begabten europäischen Adelshäusern, na klasse.“

Aber Informationen über Angelos Familie väterlicherseits fand er in dem Band nicht.

„Also probier ich’s mal unter M.“ Gesagt getan. Nat überflog den Text zur eirischen Adelsfamilie Morgan.

„Die Familie Morgan ist in Erin seit Jahrhunderten unter den Filid (gäl. Seher, Dichter, Künstler, Sg. Fili), vertreten. Sie gelten auf dem Gebiet der Hellseherei als hochbegabt, da Mitglieder der Familie häufig sowohl in die Zukunft als auch die Vergangenheit blicken können. Zudem ist es einigen von ihnen möglich ihre Gabe kontrolliert einzusetzen. Die Filid Erins stellen noch heute wichtige Ratgeber des Ri (gäl. König) von Erin und sind in Erin durch das Gesetz geschützt.

Nach der Eroberung Erins durch England ist die Familie Morgan verpflichtet dem Herrscher von England einen Lord Counselor zu stellen, da die Könige Englands zum Ardri (gäl. Hochkönig) Erins aufstiegen sind. Bis jetzt entstammen seitdem alle Lord Counselors of Clairvoyance der Familie Morgan, welche dafür Land und Titel in Erin erhalten blieb.“

Nat sah seufzend auf die Seite. Er hatte es ja geahnt, schlimmer konnte er es nicht treffen. „Hochadel, verdammt! Bloß nicht einschüchtern lassen! Immerhin war einer meiner Vorfahren das Model für die Statue in Gizé! Auch wenn ich in einem kleinen Dorf mitten in der Wüste geboren wurde, meine Vorfahren haben die Pharaonen beschützt!“, murmelte er. Na ja, mit dem Ruhm seiner Spezies war es schon eine ganze Weile vorbei und sehr lange hatte er auch nicht im Land seiner Vorfahren gelebt. Nun, sollte es mal Probleme wegen seiner mangelnden hochherrschaftlichen Abstammung geben, konnte er das immerhin anführen. Es war keine Lüge. Mitglieder seiner Familie hatten den Pharaonen als Schutzgeister gedient. Nur konnte er sich nichts dafür kaufen, die Pharaonen waren schon seit ein paar tausend Jahren passé.

„Wieso bei Ra mach ich mir darüber Gedanken? Ich tue ja so als könnte meine Abstammung mal wichtig sein! Ts, ich sollte mich besser um meinen eigen Kram kümmern! Also ab nach Hause, mich eine Stunde oder so aufs Ohr hauen und ins „Imago“! Ich muss heute Abend schließlich noch auf die Bühne. Ach ja, und Seiji will sicher, dass ich wieder übe, um in Form zu bleiben, für den Fall, dass ich meinen Schützling finde. Der Tag hat definitiv zu wenig Stunden, echt jetzt!“

Nat verdrängte, dass er besser mit Seiji über Angelo reden sollte, besonders da er ihn markiert hatte. Doch solch ein Gespräch konnte er Seiji nicht antun, nicht wenn er selbst zweifelte, was er tun wollte. Seiji trauerte immer noch um seinen Schützling, dabei war der nun schon fünf Jahre tot. Zum Glück gab Seiji sich nicht mehr die Schuld an Rics Tod, denn den hatte er nicht verhindern können. Es gab eben immer auch Dinge vor denen die Genii ihre Schützlinge nicht bewahren konnten. Ein Blutgerinnsel im Gehirn gehörte dazu, wenn der Schutzgeist keine Heilmagie besaß...

Mit einem Knall schlug Nat das Lexikon zu und stellte es zurück. Er gähnte, besser er setzte seine Überlegungen in die Tat um.

Seine Sachen waren rasch an der Garderobe abgeholt, in der Schlange davor döste er vor sich hin. Auf dem Weg zu seinem kleinen Apartment besorgte er sich eine Pizza, die er Zuhause aufwärmte und langsam verspeiste. Weil er keine Lust hatte sich umzuziehen, ringelte er sich auf dem Sofa ein und schlief eine Weile.

Das Klingeln seines Telefons riss ihn aus festem Schlaf. „Hm?“, grüßte er den Anrufer.

„Hast wohl geschlafen, was? Hi, Nat. Wir haben ein Problem. Mieke hat sich den Knöchel verstaucht. Jetzt müssen wir das Programm ändern. Komm am besten gleich vorbei.“

„Wie? Äh... in Ordnung, wann soll ich...“

„Schon vor zwei Stunden, nur keine Eile.“

Nat streckte sich. „Du bist wirklich witzig, Seiji. Wir haben noch Zeit, glaub ich.“

„Ja, drei Stunden, also hopp auf mit dir.“

„Hey, ich bin heute um sechs aufgestanden!“

„Und? Jetzt ist es Vier Uhr Nachmittag, also komm in die Hufe.“

„Und da sagt man Japaner wären so höflich.“

Seiji lachte nur. „Ich erwarte dich in fünf Minuten.“, meinte er nur und legte auf.

„Verfluchte Krähe!“, knurrte Nat ins Telefon, obwohl Seiji ihn nicht mehr hören konnte. „Fünf Minuten? Bin ich Superman oder was? Selbst, wenn ich renne wird das knapp!“

Zu seinem Glück hatte er sein Kostüm nicht aus seinem zweiten Rucksack geräumt. Nat stopfte nur noch eine Sporthose und ein T-Shirt dazu, ehe er mit dem Rucksack aus seiner Wohnung stürzte. Die Tür fiel krachend hinter ihm zu. Um schneller zu sein rutschte er auf dem Treppengeländer hinab. Die ältere Dame aus dem Erdgeschoss, mit der er geradeso einen Zusammenstoß verhinderte, schrie ihm irgendetwas von wegen „Rüppel“ hinterher, doch er achtete nicht darauf. Vor dem Haus begann er erst richtig zu rennen. Nun erst zerrte er sich die Riemen des Rucksacks über die Schultern, was im Laufen gar nicht so einfach war. Fliegen war nicht drin, er wollte sein T-Shirt nicht zerfetzen, außerdem war es zu kompliziert normale Gegenstände mitzuschleppen, wenn man auf die andere Ebene wechselte.

Nach Luft schnappend erreichte er sieben Minuten später das „Imago“.

Seiji stand in der Tür, den Blick auf seine Armbanduhr gerichtet. „Du hast dir aber Zeit gelassen. Du musst an deiner Kondition arbeiten. Nimm dir ein Wasser. Siehst aus als könntest du es brauchen.“

„Ach wirklich?“, stieß Nat nach Atem ringend hervor.

„In einem Wettrennen schlag ich dich locker und Hex erst recht.“

„Verflixte Krähe, kannst auch nur spotten!“, murrte Nat als er an Seiji vorbei das leere Varieté betrat. Der wuschelte ihm durch die verschwitzten Haare und grinste nur über Nats lahmes Fauchen. Nat holte sich ein Wasser und pflanzte sich auf den Tresen. Robert saß betreten auf einem Hocker davor.

„Also, was tun wir?“, fragte Nat.

„Nun Mieke fällt aus. Im Notfall kann ich noch andere Artisten erreichen, aber das klappt nur, wenn sie gerade Zeit haben und du weißt wie schwierig das bei guten Leuten ist.“, meinte Seiji. „Im übrigen, runter da, Miezekätzchen!“

Nat schnaubte, rutschte aber vom Tresen und nahm auf einem Barhocker Platz.

„Besser. Man könnte meinen, du hättest keinerlei Erziehung genossen.“

„Habe ich das denn?“

„Schluss mit dem Wortgeplänkel. Wir haben nicht viel Zeit. Ich dachte du könntest Mieke vertreten. Als Akrobat dürftest du gut genug sein.“

Nat starrte Seiji an. „Spinnst du?“

„Hex kann nicht. Sie muss Morgenfrüh pünktlich zur Schule.“

„Ach, und ich muss nicht in die Uni?“

„Soweit ich weiß, hast du Morgen erst am Nachmittag.“

„Ja, schon...“

„Dann ist doch alles geklärt. Probier es mal mit Robert.“

Nat schüttelte den Kopf. „Seiji, bitte... ich tret’ auf, aber nicht...“ Nat schluckte, wie sagte er das jetzt ohne Robert zu beleidigen?

„Probier es, okay?“

Nat seufzte. „Ich zieh mich um.“, murmelte er und verschwand zu den Garderoben. Die leere Wasserflasche ließ er auf dem Tresen stehen.

Umgezogen kehrte er zurück. Robert musterte ihn verwirrt, anscheinend hatte Seiji ihn nicht aufgeklärt, warum Nat so keinerlei Begeisterung aufbrachte.

Seiji hockte auf einem Barhocker. Seinen bernsteinfarbenen Augen entging nichts. „Fangt einfach mit ein paar Grundfiguren an.“, forderte er die Beiden auf.

„Ohne Dehnübungen?“, fragte Robert.

„Hast du doch schon gemacht.“, wurde ihm mitgeteilt, während Nat sich einmal ausgiebig streckte und dabei alle eine Muskeln dehnte. Es hatte Vorteile kein Mensch zu sein.

Hastig blickte Nat zu Seiji, der nickte. Er trat auf Robert zu.

„Einen Stuhl?“, fragte der.

Nat nickte nur. Er merkte wie er sich verspannte, als er seine Hände auf Roberts Unterarme legte und einen Fuß auf dessen angewinkeltes Knie stellte. Robert gab das Kommando und Nat stieg auf. Nun stand er auf Roberts Knien, steif ließ er es zu, dass sie sich auseinander lehnten.

„Ab!“, kam es Seiji. Beide gehorchten.

Nat unterdrückte ein Zittern. Er war diesem Menschen viel zu nahe. Er konnte Roberst Eigengeruch wittern. Krampfhaft schluckte er.

„Nat, das...“, Seiji brach ab als Nat heftig zusammen zuckte. Keine Sekunde später stand Seiji vor Nat. „Sieh mich an!“, befahl er, als er merkte, dass Nat den Blick gesenkt hatte. Nur langsam hob Nat den Blick. Er zitterte und wirkte als erwarte er einen Schlag.

„Verdammt!“ Wieder zuckte Nat zusammen.

„Nat?“, fragte Robert, der merkte, dass irgendetwas gar nicht stimmte.

Nat hob den Kopf und fauchte ihn über Seijis Schulter hinweg an. Robert erbleichte und stolperte zurück. Das Fauchen war nicht menschlich gewesen. Ehe er wusste wie ihm geschah wurde Nat am Handgelenk gepackt und von Seiji zu Boden gerissen, der auf ihm landete und ihn unter sich einzwängte. „Du sollst mich ansehen!“ Seijis Stimme war leise, fast sanft.

Nat starrte zu ihm hoch. Er zitterte immer noch und hatte viel zu spät auf Seiji reagiert.

„Wo bist du?“, wurde er gefragt.

„Äh? Im Imago, warum...?“, stotterte er.

„Gut. Und was hast du gerade erwartet, das geschieht?“

„Ich...“ Nat schluckte, seine Augen verengte sich. Er wandte das Gesicht ab. „Das ich bestraft werde.“, flüsterte er.

„Es tut mir Leid. Ich hatte gehofft, dass du darüber hinweg bist.“ Seiji ließ ihn los und erhob sich.

„Hinweg? Darüber? Ja, klar, sicher doch!“ Seine Finger gruben sich durch die weiche Filzmatte unter ihm.

„Es tut mir leid, dass ich mich geirrt habe. Wir werden einen anderen Ersatz finden. Denkst du, du kannst auftreten?“

„Mich vor Menschen zur Schau stellen?“ Ein Grollen war in Nats Stimme. „Heute noch? Weißt du überhaupt warum ich damit wieder angefangen habe?“

„Ja, weil das Imago mein und Rics Traum war.“ Seiji kniete sich neben ihn. „Und ich bin dir dankbar dafür.“

Nat knurrte und rollte sich von Seiji weg.

„W-was ist eigentlich...?“, hörte er Robert.

„Das geht dich nichts an, Mensch!“ Nat schnellte hoch, nur um von Seijis Hand auf seiner Schulter zurückgehalten zu werden.

„Ruhig. Er hat damit gar nichts zu tun.“

„Nein, aber es waren Menschen, die mich behandelt haben wie eine wildes Tier! Die mich wie einen der Tiger dressiert haben! Die mich ausgepeitscht habe, wenn..., wenn ich Fehler machte. Die...“ Nat musste Luft holen.

Seijis Arme legten sich um ihn. „Du bist nicht mehr dort.“

Die Worte trafen Nat wie einen Schlag. Er war nicht mehr dort. Er sackte zurück, wobei er halb auf Seiji landete, der sich mit ihm auf den Rücken fallen ließ. Eine Hand fuhr in seinen Nacken, kraulte ihn beruhigend. Angespannt lag Nat da.

„Geh, bitte. Ich kümmere mich um alles.“, hörte er Seijis Stimme in dessen Brust rumpeln. Nats Ohren drehten sich zu den Schritten zu, die ertönten als Robert den Raum verließ. Unwillkürlich hatten sich seine Ohren gewandelt, während er aufgebracht war. Erst mit dem Klappen der Tür, ließ seine Anspannung etwas nach. Seiji kraulte ihn weiter. Nat schloss die Augen und roch den gewöhnten Duft des anderen Schutzgeistes. Er ließ sich fallen. Stoff riss als er seine wahre Gestalt annahm. Seiji kraulte ihn als wäre er ein kleines Kätzchen. Nach einer ganzen Weile begann ein Schnurren in Nats Kehle zu vibrieren.

„Besser?“

„Mhm“

„Katerchen du bist schwer.“

„Mrr.“ Nat schlang seine Arme um Seijis Brust und legte den Kopf an dessen Halsbeuge zurecht.

„Soll ich dich so zu Hex hochbringen?“

„Nein.“ Ein Seufzen entwich Nat. Er konzentrierte sich um seine komplett menschliche Gestalt wieder anzunehmen. Nun richtete er sich auf und zog das zerfetzte T-Shirt aus.

„Ich geh selber hoch.“, sagte er als er aufstand.

„In Ordnung. Es wird heute spät, aber du kannst gerne bleiben.“

„Hm, ist gut. Meine Sachen,...“

„Bring ich nachher hoch. Geh schon. Hex, hat sicherlich irgendeinen Film da.“

Nat hob die Hand und ging.

Geschwisterliebe und Gefahr

Geschwisterliebe und Gefahr
 

Authors note: Nur ein kurzes Kapitel und es fiel mir echt schwer es zu schreiben. Das folgende wird wohl länger und actionreicher. Viel Spaß beim Lesen.
 

Angelo
 

Angelos Zimmertür wurde aufgerissen. „Ich glaub mein Schwein pfeift! Wie lange muss ich eigentlich noch den Babysitter für dich spielen?!“

Angelo senkte den Kopf und blickte starr auf die Kopie vor sich. Auf die, wohl eh rhetorisch gemeinte Frage, antwortete er nicht.

„Nicht nur, dass ich wegen dir immer noch jeden dritten Abend nach Hause kommen muss um Teddybär zu spielen, was schon lästig genug ist! Nein, jetzt darf ich dich auch noch täglich zur Uni begleiten! Schon mal dran gedacht, dass ich auch andere Dinge zu tun habe? Zum Beispiel mein eigenes Studium?! Verdammt noch mal, leg dir endlich einen Genius zu!“, zeterte die junge Frau, welche in sein Zimmer gestürmt war. Sie sah ihm sehr ähnlich, fast wie er in weiblich.

Angelo malte mit dem Bleistift Kreise auf seiner Kopie. „Als wenn ich mir so leicht einen Genius zu legen könnte! Wenn das möglich wäre, hätte ich schon längst einen! Aber nein, der Genius muss den Begabten finden! Und ich bin nicht einmal in der Lage meinen Genius mit meiner Gabe zu sehen.“, dachte er. Er sprach es nicht aus, schließlich wusste Bea das alles selbst, so wie sie fast alles von ihm wusste. Aber auch geduldigen Zwillingsschwestern platze irgendwann der Kragen, und Beatrice gehörte sowieso nicht zu den geduldigsten Menschen.

„Verflucht noch mal! Wir sind zwanzig! Wann hört das endlich auf, dass ich auf meinen verdammten großen Bruder aufpassen muss! Ich will auch mal einfach so weggehen können oder bei meinen Freund bleiben! Aber nein, ich muss ja Brudersitten!!!“

Angelo klatsche das Blatt Papier auf seinen Schreibtisch als es begann sich in die Luft zu erheben.

„Er kann doch nichts dafür.“, hörte er aus dem Hintergrund die samtige Stimme von Felicitas, Beas Schutzgeist, einer geflügelten Löwin, die in ihrer menschlichen Form einfach nur umwerfend sexy war.

„Manchmal glaub’ ich er will gar keinen Schutzgeist, so lange wie es schon dauert!“, zischte Bea.

Angelo hatte bis jetzt die Zähne zusammengebissen, nun drehte er sich zu den Beiden um.

„Wenn du nur gekommen bist um mich anzuschreien, dann kannst du auch gehen. Da ist die Tür!“, er deutete auf die Zimmertür. „Und hör auf meine Sachen zu zerdeppern, nur weil du dich aufregst.“, fügte er leise hinzu. Er wollte seinerseits nicht schreien, es brachte eh nichts. In einem Wortduell gewann immer Bea. Außerdem würde er damit zugeben, wie sehr ihn ihre Worte getroffen hatten.

„Ach, sonst hast du mir nichts zu sagen?“

„Nein.“

Sie stand einen Moment stocksteif da, dann drehte sie sich um und schmetterte die Tür hinter sich zu.

Es schepperte als die Kleinigkeiten, welche sich in Beas Anwesenheit erhoben hatten, zu Boden fielen. Angelo seufzte. Das war es, was ihn an Bea am meisten störte. Wenn sie sich aufregte, begannen kleine Dinge zu schweben. Die Telekinese war in der Familie ihrer Mutter eine häufige Begleiterscheinung. Beas Hellsicht mochte vielleicht bei Weitem nicht an seine heranreichen, dafür besaß sie eine erstaunlich ausgeprägte Begabung zur Telekinese. Obwohl es häufig so war, dass bei begabten Zwillingen die Gaben unterschiedlich stark ausgeprägt waren, bedeutete dies nicht unbedingt, dass die Gabe des schwächeren Zwilling wirklich schwach sein musste. Angelos Familie gehörte nicht umsonst zu den bedeutenden magischen Familien. Bea bewies diese Tatsache.

Angelo vergrub den Kopf in den Armen. Heute war einfach nicht sein Tag. Jetzt war auch noch Bea auf ihn wütend. Und außerdem fühlte er sich so verflucht hilflos. Er wusste von dem zukünftigen Druckereibrand, aber er konnte rein gar nichts tun, um diesen zu verhindern. Selbst wenn er herausgefunden hätte, welche Druckerei in welchem Land es war, der Brand würde trotz einer Warnung geschehen.

Angelo zwinkerte heftig. Seine Wangen fühlten sich verdächtig feucht an. Da sollte noch mal jemand behaupten, Männer weinten nicht. Wenn er sich so wie jetzt fühlte, dann weinte er und verfluchte seine Gabe, die so rein gar nichts half.

Gereizt wischte er sich mit dem Ärmel über die Augen. Er konnte es nicht ändern und Heulen half nicht. Mit zusammengepressten Lippen, begann er den Lexikontext zu lesen, obwohl er ihn später erneut würde lesen müssen, weil die Informationen einfach nicht bei ihm ankamen.

Er war fast froh, als es endlich Abendessen gab, auch wenn er dort den besorgten Blicken seiner Eltern und deren Genii ausgesetzt war.
 

Drei Tage später wünschte er sich, dass endlich ein neuer Leibwächter mit Genius gefunden würde. Dies dauerte, da es nur wenig Begabte gab, welche als Leinwächter arbeiteten, schließlich bestand dort die Gefahr verletzt zu werden. Den meisten Genii Intimii gefiel es überhaupt nicht, wenn ihr Schützling einer Arbeit nachging, die ihn potentiell gefährdeten, deswegen hatte sich noch niemand gefunden.

Lustlos betrat Angelo die Küche. Er wollte endlich nicht mehr ständig mit Bea den Tag verbringen müssen, denn die letzten zwei Tage waren extrem nervig gewesen.

Bea, Felicitas und er hatten einen Weg finden müssen die Veranstaltungen von drei verschiedenen Studiengängen unter einen Hut zu bekommen. Es war unmöglich gewesen, also hatte jeder ein paar seiner Seminare schwänzen müssen. Beas Stimmung befand sich mittlerweile unter dem Gefrierpunkt und Angelo durfte es ausbaden, da Felicitas Vermittlungen nichts nutzten.

An diesem Morgen beschlich ihn schon beim Anblick von Beas Lächeln Unbehagen. So lächelte sie, wenn sie jemandem etwas höchst unangenehmes mitzuteilen hatte und sich tierisch darüber amüsierte.

„Dir wird heute etwas für dich sehr wichtiges widerfahren.“, verkündete sie statt einer Begrüßung über ihre Teetasse hinweg.

Angelo schluckte. „Etwas wichtiges“, die Bezeichnung war gar nicht gut, nicht wenn ein Hellseher sie gebrauchte. Im Endeffekt war die zu machende Erfahrung meist wichtig für die Entwicklung oder den Charakter der Person, die sie betraf, doch dies hieß nicht, dass es sich dabei um eine angenehme Erfahrung handelte. Es bedeutete eher, dir wird etwas ganz schrecklich unangenehmes widerfahren, aber bleib ruhig, denn es ist gut für dich.

Der Toast, den die Köchin ihm auf den Teller legte, sah nach Beas Worten gar nicht mehr appetitlich aus. Angelos Magen krampfte sich zusammen. Er schlang seine Hände um die Tasse mit Tee, welche ihm gereicht wurde und nippte daran. Irgendwie gelang es ihm auch den Toast herunterzuwürgen, einen weiteren wehrte er energisch ab.

Felicitas blickte ihn mitleidig an, dies bestätigte ihm nur, dass Beas Worte auf eine unangenehme Erfahrung hindeuteten. In solchen Momenten wünschte er sich, er könne mit seiner Gabe seine eigene Zukunft und die ihm wichtiger Personen sehen, doch war dem nicht so. Er sah alles mögliche Zukünftige, doch alles was ihn in der Zukunft betraf, war für ihn wie hinter Nebel verborgen, es sei denn, es war in der Vergangenheit geschehen.

In Gedanken versunken, mit hängenden Schultern und geneigtem Kopf trottete er hinter Bea und Felicitas her. Die Worte seiner Schwester überschatteten sämtliche Veranstaltungen, die sie besuchten. Er hörte bei keinem Seminar, auch nicht bei seinen eigenen Seminaren, zu.

Auch zu Mittag bekam Angelo kaum das Essen herunter, da noch nichts geschehen war. Er wünschte sich, Bea hätte ihm ihre undeutliche Ankündigung verschwiegen. Ihr schien es ebenfalls Leid zu tun, ihn vorzuwarnen, den sie maulte fast nicht wie an den Tagen zuvor. Sie bezahlte ihm sogar einen Becher Mousse au Chocolat in der Mensa, den er dann stehen ließ und den sie schließlich vertilgte. Angelo hatte sich zwar geschworen, nicht mehr in der Mensa zu essen, doch brach dieser Schwur durch Beas und Felicitas Anwesenheit, denn die beiden schleiften ihn einfach in die Mensa.

Nach dem Mensabesuch strömten sie zusammen mit anderen Studenten auf den Platz zwischen den Gebäuden. Bea, Felicitas und Angelo machten sich auf den Weg zum nächsten Gebäude in dem sie eine Vorlesung besuchen wollten. Als sie genau mitten auf dem Platz standen, heulte eine Alarmsirene los. Rund um sie zuckten Menschen zusammen und sahen sich verwirrt um. Kaum jemand kannte die Bedeutung des Signals. Angelo und Bea erbleichten. Felicitas schob sich zwischen die beiden, ergriff ihre Hände und wollte sie vom Platz ziehen. Andere Genii zerrten ihre Schützlinge und jeden, der in der Nähe stand, wie verdutzt er auch Angesichts des Auftauchens von dutzender von Fabelwesen gucken mochte, zu den Gebäuden. Plötzlich waren panisch klingende Schreie zu hören. Amgelo beging den Fehler sich zu den Schreien umzudrehen, obwohl er wusste, dass die Sirene den Ausbruch eines gefährlichen Fabelwesens aus den Sondergebäuden der Universität bedeutete. Er erstarrte, als er den Manticor sah.

Der Kampf gegen den Manticor und seine unmittelbaren Folgen

Der Kampf gegen den Manticor und seine unmittelbaren Folgen
 

Authors note: So, nun wird es dramatisch. Danke für den Favo-Eintrag. Vielen Dank für die Kommentare an kurookami, deswegen geht es jetzt schnell weiter.

Danke an die Freischalter für die rasche Bearbeitung.
 

Nathaniel
 

Nat war gerade auf dem Weg in die Mensa, als die Sirene ertönte. Er zuckte zusammen. Das Geheul dröhnte in seinen empfindlichen Ohren. Erst bei der dritten Wiederholung des Signals wurde ihm bewusst, welche Bedeutung es hatte: „Gefährliches Fabelwesen frei!“

Schaudernd sah er sich um. Andere Genii begannen die Menschen zu den Gebäuden zu treiben, als wären sie Schafe. Schreie gellten in Nats Ohren. Er ballte die Hände. Ein Zittern durchlief seinen Körper. Panische Schreie zerschnitten die Luft, entfernt glaubte er Schüsse zu hören. Gereizt schüttelte er den Kopf und lauschte. Es waren keine Schüsse zu hören, nur menschliche Schreie. Erneut schweifte sein Blick über den Platz. Da, mitten auf der freien Fläche war dieser verflixte Hellseher. Das musste ja so kommen. Nat schnaubte, war ja klar gewesen, dass er den hier finden würde!

Seine gesamte Aufmerksamkeit richtete sich auf Angelo. Das Gefühl von unmittelbarer Gefahr schoss durch seinen Körper und er sah ihn, den Manticor.

Nat schluckte krampfhaft.

Das Biest hatte den Körper eines Löwen, den Kopf eines Menschen mit Raubtiergebiss und den Schwanz eines Skorpions. Krallen und Zähne waren mit Gift überzogen. Das sich auch Gift im Skorpionschwanz befand, war nur logisch. Es gab kaum ein Wesen, das gegen einen Manticor ankam, denn zu allem Überfluss waren die Biester größtenteils magieresistent.

Es hieß Sphingen wären in der Lage sie zu besiegen. Nat wusste, dass dies schon geschehen war, allerdings waren es immer mehrere mit Speeren mit versilberter Spitze bewaffnete Sphingen gewesen. Er hatte keinerlei Waffe bei sich. Waffen waren auf dem Campus verboten. Und er war der einzige Sphinx hier, soweit er es mitbekommen hatte.

Doch das alles spielte keine Rolle mehr als der Manticor auf Angelo und die beiden Frauen neben ihm zuhielt. Nat glaubte sein Herz stocken zu fühlen. Er dachte nicht nach, sondern handelte. Er wusste nur eins, er wollte nie wieder jemanden vor seinen Augen sterben sehen egal wodurch! Sein Rucksack glitt zu Boden. Er wechselte ganz kurz auf die andere Ebene um seine Kleider, die materiell waren, loszuwerden und sich zu verwandeln. Mit drei weiten Sätzen war er hinter dem Hellseher. Er legte ihm die Hände auf die Schultern, ungeachtet dessen, dass er ihn damit erschreckte. „Scutum absolutum! Protegetote!“, wisperte er und weitete den magischen Schutz somit auch auf die beiden neben Angelo aus. Er konnte nur hoffen, dass es sie wirklich gegen den Manticor schützen würde, sollte er ihn nicht besiegen können. Dann stützte er sich auf Angelos Schultern ab, sprang hoch und landete nach einem Handstandüberschlag über dessen Schultern vor dem Hellseher.

Die blonde Frau in der Mitte fauchte wie eine gereizte Löwin. Nat nahm sich kaum die Zeit darauf einzugehen. Er hatte gerade nur sein Selbstmordkommando im Sinn. „Pass auf sie auf! Um den da kümmer ich mich!“, zischte er sie an, ehe er sich in den ungleichen Kampf stürzte.

Um möglichst wenig oder hoffentlich keine Bekanntschaft mit dem Skorpionsschwanz zu schließen, machte er einen Satz zur Seite, dann stieß er sich mit seinen kräftigen Hinterpfoten ab und flog fast auf den Manticor zu. Er traf das Biest in der Seite und schlang seine Arme um es. Sein rechter Arm kam über dem Rücken zu liegen. Er krallte die Hand in das Fell. Mit der linken Hand tastete er am Hals nach der Schlagader. Er wusste, seine einzige Chance den Manticor zu besiegen, war Schnelligkeit. Einfangen konnte er das Monster nicht, also musste er versuchen es zu töten. Er wühlte mit der Hand durch das Halsfell und ließ sich auch nicht durch den Schmerz in seiner Brust ablenken, als der Manticor seine Krallen darüber zog.

Sein eigener Pelz, den er sich am ganzen Körper hatte wachsen lassen, bot ein ganz bisschen Schutz gegen die Krallen, aber nicht viel.

Endlich fühlte er das Pochen des Pulses unter den Fingerspitzen. Nat zögerte nicht, sondern grub seine eigenen Krallen durch Fell und Haut. Er zerfetzte die Ader längs, so gut er es vermochte, obwohl ihn der Manticor in den Arm biss. Als das Biest den Biss löste, stieß Nat sich von seinem Kontrahenten ab und kugelte rückwärts von ihm über die Steine weg. Dadurch entging er dem zustoßenden Skorpionsstachel um Haaresbreite. Nach der Rolle richtete er sich mühsam auf. Sein Blick lag auf dem Manticor, der auf ihn zusprang. Erneut rollte Nat fort. Das Gebrüll des Manticor übertönte für ihn alles andere. Wieder stemmte er sich hoch, bemerkte wie der Manticor stolperte, zusammenbrach, ein letzte Mal zuckte und ein Schwall Gift aus dem Stachel verspritzte. Dort, wo das Gift auftraf, begannen die Stein zu rauchen.

Nat seufzte. Seine Arme gaben nach, es gelang ihm geradeso sich auf die rechte Schulter fallen zu lassen. Er legte den Kopf auf dem Pflaster ab. Dennoch wandte er seinen Blick nicht von dem Manticor. Ein schwaches Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Selbst, wenn er jetzt sterben sollte, so hatte er doch einen Manticor besiegt, allein und ohne zusätzliche Waffen!

Eisiges Brennen breitete sich in den Wunden aus. Nat stöhnte. Ihm erschien es unendlich lang, bis Schritte auf ihn zukamen. Von weit her hörte er jemanden: „Bist du vollkommen verrückt!“, rufen. Jemand kniete sich neben ihn. Mit einmal konnte Nat das entsetzte Getuschel derjenigen wahrnehmen, die es nicht bis in die Gebäude geschafft hatten. Viele hatte noch nie einen Manticor oder eine Sphinx gesehen.

Stoff raschelte hinter ihm, dann wurde ihm eine zusammengerollte Jeansjacke unter den Kopf geschoben.

„Ist hier irgendjemand mit Auto? Wir brauchen einen Verbandskasten!“, der Mensch bei ihm klang erstaunlich ruhig, viel zu ruhig, so als stünde er unter Schock.

Nat drehte den Kopf um ihn anzusehen. Es war Angelo.

„Ganz ruhig, beweg dich besser nicht.“ Wieder raschelte es und der Hellseher hielt ein Handy in der Hand. „Ich ruf einen Krankenwagen.“

Nat starrte ihn nur aus weit aufgerissenen grünen Augen an. Ein unsicheres Lächeln lag auf den Lippen des Menschen, es sollte wohl beruhigend wirken. „Es wird alles gut.“, behauptete der Hellseher und obwohl er unsicher wirkte, glaubte Nat ihm, überließ nun anderen das Handeln.

Die junge Frau, welche Angelo so ähnlich sah, trat zu ihnen. Sie hatte Nats Kleider und dessen Rucksack dabei. „Es ist jemand einen Verbandkasten holen gegangen.“, teilte sie mit, als sie sich neben ihn kniete. Sie knüllte sein T-Shirt zusammen.

Nat fauchte, als sich ihm ihre Hand mit dem T-Shirt näherte. „Ich will nur die Blutung etwas stoppen.“, murmelte sie beruhigend, während Angelo mit der Notrufzentrale sprach.

Nat zitterte heftig. „Kontaktgift!“, fauchte er nur, obwohl er sie eigentlich anschreien wollte weg zu gehen, weil sie ein Mensch war. Seltsamerweise suchte seine unverletzte Hand die freie Hand des Hellsehers. Dessen Nähe war in Ordnung, die anderen Mensch um ihn herum verstörten Nat zunehmend.

Er sah wie der Hellseher ihn anlächelte und ihm seine Hand überließ. „Wie lautet dein Codename?“, wurde er gefragt, nachdem Angelo die üblichen Fragen wie: Was ist passiert? Wer war beteiligt? Und wo ist es passiert? beantwortet hatte.

„Nocturnus.“, krächzte Nat. Ihm war kalt und das eisige Brennen breitete sich weiter in ihm aus. Er schrie auf, als die Frau das T-Shirt gegen seine Brust drückte. Der Hellseher strich ihm sofort beruhigend über den Handrücken. „Sie stoppt nur die Blutung.“

Hastige Schritte näherten sich und etwas wurde klappernd abgestellt. Nat regte sich unruhig, weil er noch einen Menschen roch.

„Ich mach das.“, erklärte eine samtige Stimme, nach einigem Geraschel beugte sich die blonde Frau über ihn. „Ich wird deinen Arm versorgen, in Ordnung?“, ihre Stimme war ruhig und professionell.

„Ist gut.“ Sie war kein Mensch, damit war es für ihn in Ordnung.

„Angelo, wenn du mit Telefonieren fertig bist, versuch mal ihn zu beruhigen.“, bat die Blonde, während sie gekonnt Nats Arm verband.

„Äh... okay.“ Nat zwang sich nur noch auf den Hellseher zu achten und die anderen Personen auszublenden. Der junge Mann wirkte verängstigt und überfordert, trotzdem hatte er erstaunlich sicher gehandelt. Nun streckte er zögerlich die Hand aus. „Ähm..., Katzen beruhigt Nackenkraulen... äh, würde das bei dir helfen?“, fragte er Nat.

Nat musterte ihn einige Augenblicke stumm. „Ich erlaube es dir.“, sagte er schließlich. Eigentlich mochte er es nicht von Menschen berührt zu werden, doch bei Angelo war es etwas anderes. Er spürte wie sanfte Finger seinen Nacken berührten und durch das Fell dort strichen. Die sachten kreisenden Bewegungen über Nacken und Schulter ließen ihn tatsächlich ruhiger werden, obwohl Angelo ein Mensch war.

„Der Notarzt ist sicher bald da.“, murmelte Angelo beruhigend. Nat lächelte matt, jetzt blieb ihnen eh nichts weiter übrig als zu warten.

Gefunden und doch nicht glücklich

Gefunden und doch nicht glücklich
 

Angelo
 

Angelo kraulte den Nacken des Sphinx. Seine Finger strichen wieder und wieder durch das seidige, schwarze Fell, während er wartete. Sein Herz pochte noch immer schnell in seiner Brust. Sein Blick ruhte auf dem Sphinx. Er versuchte weitere, besänftigende Worte zu finden, doch sie erstarben auf seiner Zunge. Eigentlich sollte es ihm möglich sein zu sehen, ob der Sphinx überleben würde, aber dem war nicht so. Ungern hatte er seine Macht angewandt um gerade dies heraus zu finden und war gescheitert. Er hatte nur Nebel gesehen und sonst nichts. Trotzdem zwang er sich zu einem Lächeln, von dem er hoffte, dass es zuversichtlich wirkte.

Er hasste es, wenn er hilflos war so wie jetzt. Die kreisenden Bewegungen seiner Finger, beruhigten auch ihn ein ganz bisschen. Die Hand, welche der Sphinx festhielt, zog er nicht zurück. Hauptsache es half dem Verletzten, Hauptsache er beruhigte sich, damit das Blut nicht so schnell das Manticorgift in seinem Körper verteilte.

Felicitas hatte sich dünne Plastikhandschuhe übergestreift, bevor sie mit der Versorgung der Verletzungen begonnen hatte, stellte Angelo fest. Er schaute auf seine Finger um dem Sphinx nicht in die Augen zu sehen. Dadurch wollte er verhindern, dass sie beide Dinge aus der Vergangenheit des Sphinx sahen. So etwas konnte der in diesem Moment ganz bestimmt nicht gebrauchen.

Als er auf ihre Hände schaute, sah er es. Ein haardünnes Band verband sie. Einen Moment erstarrte Angelo. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein? Der Genius vor ihm, der ihm gerade das Leben gerettet hatte und möglicherweise deswegen starb, war sein Genius intimus?

Angelo schüttelte den Kopf. Auf den fragenden Blick des Sphinx’ lächelte er nur und streichelte weiter. „Sie sind bald da, ganz bestimmt.“, wisperte er, jetzt nicht mehr nur um dem Verletzten Hoffnung zu machen, nun sagte er es auch für sich.

Lautes Knattern kündigte den Rettungshubschrauber an. Die Hand des Sphinx, Angelo begann ihn in Gedanken Nocturnus zu nennen, krallte sich fast schmerzhaft um Angelos. Menschen machten hastig Platz. Ein Wimmern drang über die Lippen des Sphinx.

„Sch, es ist alles gut. Das ist nur der Notarzt. Gleich kümmert sich jemand richtig um dich. Alles wird gut.“, versuchte Angelo ihn zu beruhigen und es gelang. Der Druck um seine Hand ließ nach.

Nun ging alles ganz schnell. Die Notärztin und ihre Genia rannten zu ihnen. Nocturnus Wunden wurden vorsorglich behandelt. Die Genia, eine Frau mit weißen Haaren und einem blauen Stern auf der Stirn, legte ihre Hände auf den Körper des Sphinx. Angelo hörte, wie dieser erleichtert aufseufzte. Für einen Augenblick erblickte er das wahre Wesen der Genia, ein Einhorn. Erleichterung breitete sich in ihm aus. Einhörner konnten jede Vergiftung heilen oder zumindest dafür sorgen, dass keine Lebensgefahr mehr bestand.

Ratternd wurde die Trage gebracht.

„Sind sie sein Schützling?“, fragte die Notärztin.

„Äh... ich bin jedenfalls mit ihm verbunden, irgendwie.“, stotterte Angelo. War er der Schützling des Sphinx? So richtig sicher, war er sich da nicht. Die dünne Verbindung könnte auch eine andere Bedeutung haben.

„Dann kommen Sie mit.“, wurde ihm erklärt, während der Rettungsassistent den Sphinx auf die Trage verfrachtete. Als die Gurte befestigt werden sollte, geriet der Sphinx in Panik. Er fauchte und versuchte sich aufzurichten. Da Angelo noch seine Hand hielt, versuchte der Genius es mit dem verletzten Arm und knickte weg. Alle packten den Verletzten und hielten ihn still, was zu neuerlichem Fauchen führte.

„Hey, ganz ruhig. Sie wollen dir nur helfen. Das ist, damit du nicht während dem Flug von der Trage rutscht!“, rief Angelo, doch die Worte schienen den Sphinx nicht zu erreichen. Angelo bekam mit wie er: „Nein, nicht. Loslassen! Bitte, bitte nicht!“, hervorstieß und sich hektisch gegen jegliche Bemühungen ihn zu fixieren wehrte.

„Er darf sich nicht so aufregen! Könntest du...?“, hörte Angelo die Notärztin sagen und plötzlich sackte der Sphinx in sich zusammen. Sein Atem ging gleichmäßig nur seine geöffneten, leicht verschleierten Augen deuteten daraufhin, dass er nicht bewusstlos war, sondern nur ruhiggestellt worden war. Offensichtlich wirkte der Zauber wie ein starkes Beruhigungsmittel.

„Nehmen sie seine Sachen. Und Handys aus!“, wurde Angelo befohlen, der nur langsam nickte. Sein eigenes Handy auszuschalten war einfach, doch ob in der Tasche des Genius’ eins war wusste er nicht, außerdem hielt er immer noch die nun schlaffe Hand des Schutzgeistes.

Es war Bea, welche für ihn das Handy aus dem Rucksack des Sphinx ausschaltete und ihm dann die Sachen auflud. Angelo stolperte neben der Trage her, in den Helikopter. Dort wurde ihm ein Sitz zugewiesen und erklärt er solle sich einfach ruhig verhalten. Angelo schnallte sich umständlich an. Zerrte den Rucksack des Sphinx zwischen seine Beine, seine eigene Tasche schob er auf seinem Schoß zurecht und hielt sie mit seiner freien Hand fest. Mit der anderen Hand strich er weiter über das kurze samtige Fell auf dem Handrücken des Sphinx.

Der Rettungsassistent musterte ihn kurz, dann legte er ihm eine Decke über und drückte besänftigend Angelos Schulter. „Wir starten gleich.“

„Hm.“ Obwohl Angelos Vater ein Regierungsmitglied war, war er noch nie in einem Helikopter geflogen, doch war ihm das gerade völlig egal. Von dem Flug bekam er kaum etwas mit, da er einfach nur den Sphinx anstarrte und dessen Hand streichelte.

Beim Krankenhaus wurde er mitgezogen. Die hektische Aktivitäten um das Leben des Sphinx zu retten, schwappten als großes Wirrwarr über Angelo hinweg. Zwischendurch realisierte er mal, dass ihm die Taschen abgenommen wurden, bevor er im Behandlungsraum landete, wo die Wunden des Sphinx vernäht und endgültig versorgt wurden.

Angelo stolperte überall hin mit, schaute gezwungenermaßen zu, wie Nocturnus verarztet wurde und doch kam es ihm unwirklich vor. Obwohl er all seine Sinne involviert waren, erschien es ihm fast wie eine seiner Visionen.

Irgendwann fand er sich auf einem Stuhl neben dem Bett des Sphinx in einem Krankenzimmer wieder. Zu seinen Füßen lagen ihre Taschen. Die Kleidung des Sphinx, war in einem Schrank verstaut worden, nur das T-Shirt war nicht.

Eine indische Ärztin brachte Angelo eine Tasse mit Tee. Es war irgendein gesüßter Kräutertee.

Sie lächelte ihn an, genau wie ihre Genia, eine Naga.

„Deine Familie wurde verständig und kommt sicher demnächst. Wir haben auch seinen Ziehvater angerufen.“, teilte sie ihm mit. „Dein Genius wird sich schon erholen, über das Schlimmste ist er hinweg. Die Geräte sind hier nur zur Sicherheit.“

Angelo nahm einen Schluck Tee. „Das ging alles so schnell.“, flüsterte er. „Ich dachte, ich bin so etwas gewöhnt, aber das hier...“

Er schüttelte den Kopf und blickte auf seinen, nun richtig schlafenden, Genius hinab. Er konnte es immer noch nicht fassen.

„Es wird alles gut. Soll ich dir ein Buch oder eine Zeitschrift bringen?“

„Danke, nein.“ Angelos Blick verharrte auf dem Schlafenden. Der Körper des Genius war, schlank, sehnig sowie für einen Mann erstaunlich grazil und Angelo wusste wie geschmeidig er sich bewegen konnte. Der menschliche Oberkörper ging so in den Katzenunterleib über, dass es vollkommen natürlich wirkte. Die spitzen Katzenohren waren aufgestellt, obwohl der Sphinx schlief. Die Finger des Sphinx waren lang und schlank. An ihren Spitzen schimmerten eingezogenen Krallen, die ausgefahren circa drei bis vier Zentimeter maßen. Angelo fühlte die warme, trockene Haut der Handfläche und den seidigen Pelz auf dem Handrücken, über die er immer noch strich.

Er fragte sich abwesend, ob Bea es gewusst hatte, da sie nicht protestiert hatte, als er einfach mitgeschleift worden war.

Die Naga wusch gerade das Blut von der linken Hand des Sphinx. Sie sah auf, als sie merkte, dass er sie beobachtete. „Sphingen verabscheuen es genauso wie Katzen dreckig zu sein.“, erklärte sie leise. Angelo nickte zum Zeichen, dass er sie verstanden hatte.

Sie ließen ihn mit dem Sphinx alleine, nachdem er seinen Tee geleert hatte und die Naga mit der Säuberung fertig war.

Angelo wusste nicht wie lange er neben dem Bett gesessen hatte und stumpf auf den darin Liegenden gestarrt hatte. Er wurde dabei unterbrochen als ein asiatischer Mann den Raum betrat. Der Mann neigte kurz den Kopf. In diesem Moment erkannte ihn Angelo als einen Tengu. „Hallo, wie geht es Nat?“

„Nat?“

„Hat mein Ziehsohn sich nicht vorgestellt? Sein Codename ist Nocturnus, aber sonst nennen wir ihn Nat.“ Der Mann holte einen Stuhl und setzte sich auf die andere Seite des Bettes.

„Äh, nein... doch, wenn ich ihn nicht verwechsle.“, stammelte Angelo. „Ähm... entschuldigen Sie, die Ärzte sagen er kommt durch, aber sie sagten nicht, wie lange die Heilung brauchen wird.“

„Danke. Ich, vergaß mich vorzustellen. Ich werde Seiji Kami genannt.“, erklärte der Asiate, während er Nats linke Hand ergriff und den Arm streichelte. Auf Angelo wirkte er äußerst besorgt.

„Angelo del Chiarore.“

Das brachte Seiji dazu von Nat aufzublicken. „Der Sohn des Lord Counselor?“

Angelo nickte matt.

Der Tengu legte den Kopf schief. „Bist du sein Schützling?“

„Ich... vermute es. Da ist ein silbernes Band zwischen uns.“

„Wenn ein Band zwischen euch existiert, dann bleib bitte bei meinem Sohn bis er gesund ist und du weißt, was für ein Band es ist.“, bat Seiji.

„Wenn es ihm hilft. Er hat mein Leben gerettet, also ist es jetzt an mir ihm zu helfen.“

Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Tengu. „Diese Antwort gefällt mir.“

Jemand klopfte an den Türrahmen. „Angelo.“

Im Türrahmen stand ein schlanker rothaariger Mann, dessen Augen die gleiche außergewöhnliche Farbe wie Angelos hatten. Schräg hinter ihm wartete ein hochgewachsener Mann mit braunem Haar und Raubvogelaugen.

„Dad.“ Angelo schob den Stuhl zurück, stand auf und hielt plötzlich inne. Er wollte Nat nicht loslassen. Auch dann nicht, wenn der Sphinx wirklich dieser unverschämte Genius sein sollte, der sich ihm als Nat vorgestellt hatte. Sein Vater nahm ihm die Entscheidung ab, indem er eintrat und ihn umarmte. „Ich bin froh, dass es dir gut geht! Als Bea anrief, ist mir fast das Herz stehen geblieben. Sie ist auch hier, wie andere die den Angriff miterlebt haben, Maria ist bei ihr. Vielleicht kommen sie später her, Bea meinte es würde zu voll hier, wenn wir alle antanzen würden, deswegen bin nur ich hier.“, erklärte sein Vater.

Angelo lehnte sich in die Umarmung, schloss die Augen und atmete den besonderen Geruch seines Vaters ein. Minutenlang kostete er die Umarmung aus.

„Aber deine Arbeit?“, flüsterte er schließlich.

„War mir herzlich egal, besonders weil gerade nur Beschwerden reinkommen.“

„Der Manticor?“

„Der Manticor. Es wird erwartet, dass ich es hätte vorhersehen müssen, aber Vision kommen und gehen wie du weißt.“

„Hm.“

Lucius brachte Angelo dazu sich wieder zu setzen. Seine Hände blieben auf Angelos Schultern liegen.

„Arashi-san, es ist schön Sie einmal wieder zu sehen, auch wenn der Anlass so unerfreulich ist. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich Ihnen eine Warnung für den Jungen zukommen lassen.“

„Es ist nicht ihre Schuld, Mylord. Magische Talente sind nicht so zuverlässig, wie wir es uns immer wünschen. Außerdem, was hätte eine Warnung gebracht, wenn es sowieso geschehen wäre?“

„Sie sind sehr weise.“

Seiji schüttelte den Kopf. „Ich habe die Unzuverlässigkeit magischer Begabungen erlebt. Ric hat auch nicht alles gefunden, wonach er suchte. Sagen Sie mir, besteht zwischen den beiden der Bund?“

„Ja, tut es. Das zumindest kann ich Ihnen versichern und dir auch.“ Er drückte Angelo einen Moment an sich.

Seiji seufzte. „Es wird ihm nicht gefallen, ganz und gar nicht.“, murmelte er.

Der braunhaarige Mann zischte.

„Ignatius, du befindest dich in einem Krankenzimmer, also beherrsch dich und urteile nicht immer voreilig!“ Lucius klang streng als er mit seinem Genius sprach.

„Es ist eine Ehre einem Schützling zu dienen.“, gab der nur gelassen zurück.

„Manche Schutzgeister empfinden das nicht so und haben gute Gründe dafür.“, erwiderte Seiji ruhig.

Angelo drehte sich zum Schutzgeist seines Vaters hin. „Sei still! Du kennst ihn doch gar nicht! Du hast keine Ahnung, was er erlebt hat! Vielleicht hat er gute Gründe Menschen nicht zu mögen! Hör auf, schlecht über ihn zu reden! Er hat mir heute das Leben gerettet!“

„Das war seine Pflicht.“, war die sture Antwort.

„Die er erfüllt hat. DU wärst gegen einen Manticor nicht angekommen.“ Angelo schrie fast. Er hatte vergessen, dass Nat Ruhe brauchte. Der Sphinx regte sich schwach, schlief jedoch weiter, trotz der lauten Stimmen. Die Betäubungs- und Schmerzmittel wirkten noch.

„Sch, Angelo, es ist gut.“, murmelte Lucius.

„Nein, ist es nicht. Ist es nicht.“ Angelo merkte, wie seine Wangen feucht wurden, was ihm überhaupt nicht gefiel. Da war so viel Chaos in ihm, so viele verschiedene aufgestauten Emotionen, dass er nahe dran war zusammenzubrechen.

„Das ist keine Diskussion für ein Krankenzimmer.“, ließ sich Seiji vernehmen. „Aber um ein paar Dinge zu klären, sollten sie einige Tatsachen über Nats Vergangenheit erfahren, schließlich ist er der Genius intimus ihres Sohnes. Ric und ich haben ihn vor elf Jahren in einem Zirkus gefunden, wo er in einen Käfig gesperrt war um zu verhindern, dass er aufbricht seinen Schützling zu finden. Soweit wir erfahren konnten, wurde er dort wie ein wildes Tier behandelt und dressiert. Zusätzliche Zauber verhinderten seine Flucht. Hinzukommt, dass er im Isistal geboren wurde und das dortige Massaker an Tuareg und Sphingen miterlebt hat. Reicht das an Gründen Menschen zu fürchten und zu verabscheuen, Ignatius?“

Während seiner schärfer werdenden Worten war Seiji aufgestanden. Drohend funkelte der kleinere Asiate den anderen Genius an. Seine Worte bestätigten Angelos Vermutung, nur interessiertes es diesen nicht. Angelo war immer bleicher geworden, je mehr er über die Vergangenheit des Sphinx erfuhr. Ganz still mit geweiteten Augen saß er da. Tränen liefen ungehindert über sein Gesicht, es war so viel passiert und die Informationen überforderten ihn gerade. Er wollte etwas sagen, schreien, dass es genug sei, aber er brachte kein Wort über die Lippen. Die Arme seines Vaters schlangen sich nun um ihn. Er spürte die Wärme seines Vaters am Rücken und schmiegte sich daran.

„Es reicht! Duncan, warte bitte vor der Tür und sag einer Schwester, dass Angelo einen Baldriantee gebrauchen könnte. Arashi-san, ich danke Ihnen für diese Information, doch denke ich, dass sie im Moment für meinen Sohn zu viel sind.“

Der Kopf des Tengu ruckte zu Angelo, ein entschuldigendes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Asiaten. Seiji kramte ein Taschentuch hervor, welches er Angelo reichte, der es annahm. Duncan war dem Befehl nachgekommen.

„Entschuldige, wir sind wohl alle nervös. Erlaubst du, wenn ich noch etwas bleibe?“, bat Seiji.

„Er ist ihr Ziehsohn, natürlich können Sie bleiben.“, antwortete Angelo heiser. Er konnte, doch dem Vater seines Genius, selbst wenn es nur der Ziehvater war, verweigern jetzt bei seinem Sohn zu sein. Nachdem, was er gerade über den Sphinx erfahren hatte, konnte er es erst recht nicht.

Schweigend saßen und standen sie an dem Bett, bis die indische Ärztin und die Naga mit dem Tee kamen. Ein Blick genügte und Angelo wurde der Tee mit einem Schlafzauber serviert. Noch ehe er protestieren konnte schlief er tief und fest und wurde von seinem Vater mit einer raschen Erklärung für die Ärztin und Seiji neben Nat ins Bett verfrachtet.
 

Autors note:

Insgesamt bin ich nicht so ganz mit diesem Kapitel zufrieden, aber besser bekomme ich es grad nicht hin und die Story soll schließlich voranschreiten...

Nats Vergangenheit stand schon fest als ich begann die Story hier hochzuladen.

Die Ereignsse in Oslo erfüllen mich mit Entsetzen und Mitgefühl. Jedes mal, wenn ich von so etwas höre/lese frage ich mich, wie jemand so kaltblütig sein kann? Aber ganz ehrlich, ich will keine Antwort darauf, ich bin einfach nur fassunglos über so etwas und wünsche mir, dass solche Dinge nicht geschehen.

Salix

Krankenhaus und Nachrichten

Krankenhaus und Nachrichten
 

Authors note: Hallo mal wieder ein Kapitel in dem nicht sonderlich viel geschieht. Ich hoffe es gefällt trotzdem. Entschuldigt, dass es solange gedauert hat. Ich war die letzte Zeit anderweitig ziemlich beschäftigt.

Im Übrigen gibt es keine Circe Universität in London, ich hab sie mir ausgedacht, weil ich eine Uni für Nat und Angelo brauchte.

Ehe ich es vergesse: Danke an die Freischalter für ihre Mühen. Und vielen Dank an kuurokami und Futohiro für ihre Kommentare und die Favoriteneinträge!

Hiermit wünsche ich nun viel Spaß beim Lesen.
 

Nathaniel
 

Das Erste, was er wahrnahm, war der penetrante Geruch nach Desinfektionsmitteln. Seine Nase zuckte. Das Nächste war, dass er auf etwas Weichem lag. Dann war da noch dieses taube Gefühl in seinem Oberkörper und seinem linken Arm. Irgendjemand hielt seine Hände. Nat schnupperte. Kaum wahrnehmbar unter dem Desinfektionsmittelgestank war da Seijis Duftnote und ein anderer nur vage vertrauter Duft, menschlich aber harmlos.

Seine Ohren zuckten, nun erst bemerkte er das nervtötende Piepsen irgendeines technischen Geräts. Sein Kopf, der sich anfühlte als dümple sein Gehirn in einer klebrigen, pappigen Masse, kam nicht so schnell mit. Es dauerte eine Weile bis die Schlussfolgerung, dass er sich in einem Krankenhaus befinden musste, bei ihm ankam.

Nun fiel ihm auch auf, dass er auf dem Rücken lag und sein Bauch dadurch völlig ungeschützt war. Matt wollte er sich auf die rechte Seite drehen, doch etwas ziepte in seinem rechten Arm. Da war Metall an und in ihm. Kühle Stellen an seinem Hals wiesen ebenfalls daraufhin.

Nat öffnete die Augen. Er starrte an eine weiße Decke. Ein Zittern lief durch seinen ganzen Körper, weil seine derzeit abgestumpften magischen Sinne ihm mitteilten, dass er sich innerhalb eines Bannkreises befand. Das Zittern blieb und ihm fiel auf, dass er fror.

Er drehte schwach den Kopf zu Seiji, der ihn besorgt anlächelte.

„Hallo, Nat. Ganz ruhig. Ich bin da und passe auf euch auf.“ Seijis strich über seinen Kopf, stoppte bei den Ohren und kraulte ihn hinter den Ohren.

„Euch?“, krächzte Nat. Seine Kehle war ausgedörrt.

„Hmh. Hast du Durst.“

Nat fand es anstrengend, doch er nickte.

„Ich rufe die Ärztin.“, sagte, derjenige auf der anderen Seite des Bettes. Ein Stuhl kratzte über den Boden und seine rechte Hand wurde losgelassen.

„Bleib bitte im Raum.“

„Okay.“

Die Stimme kannte Nat. Er überlegte, warum der Hellseher hier war. Er hatte mit einem Mantikor gekämpft und dann...? Das Letzte woran er sich erinnerte, war das sanfte Gesicht einer Frau und Hände, die ihn niederrangen.

Ein schrilles Piepsen zeigte an, dass sein Puls in die Höhe geschnellt war.

„Ich glaube, jetzt brauch ich sie nicht mehr rufen.“, kommentierte der Hellseher trocken.

„Nathaniel. Es ist alles gut. Vertrau mir... bitte.“

Nats Blick ruhte auf Seijis Gesicht, der Tengu wirkte müde und da war noch etwas. Nats linke Hand krampfte sich um Seijis, obwohl es dabei in seinem Oberarm leicht schmerzhaft zog. Unbeabsichtigt fuhr er seine Krallen aus und versenkte sie in der Hand des Tengu.

„Sch, du kommst hier wieder raus, ganz bestimmt. Du bist hier, bis du gesund genug bist um entlassen zu werden, verstehst du?“

Nat seufzte, drückte Seijis Hand, was den zu einem Zischen veranlasste, und zog die Krallen ein.

Hastige Schritte auf dem Gang und ein schleifendes Geräusch kündigten die Ärztin sowie ihre Genia an. Als die Ärztin sich über Nat beugte, quetschte dieser erneut Seijis Hand mit ausgefahrenen Krallen und fauchte heiser.

Die indische Ärztin wich zurück. „Was ist denn los?“, fragte sie.

„Sch, die Ärztin ist da um dir zu helfen.“, murmelte Seiji, ehe er die Frage der Ärztin beantwortete. „Fremde Menschen machen ihn nervös besonders dann, wenn er verletzt und in einem Bannkreis eingeschlossen ist. Das müsste auch in seiner Akte stehen.“

„Oh. Ich warte vor der Tür, in Ordnung. Lakmila ist ebenfalls zur Ärztin ausgebildet.“, erklärte sie und zog sich zurück. Nat sah Seiji flehend an. Er wollte hier weg, egal wie, nur ging das nicht. Er zuckte zusammen als Angelo seine andere Hand berührte und warf den Kopf zu ihm herum. Der Hellseher lächelte ihn zögerlich an.

Die Naga, welche in ihrer wahren Form hier war, glitt heran. Sofort richtete sich Nats Aufmerksamkeit auf sie.

„Du bist hier sicher. Der Bannkreis ist nicht da um dich einzusperren, sondern um andere Schutzgeister, die keine Erlaubnis haben hier zu sein, auszusperren. Wenn du fit genug dazu wärst könntest du das Zimmer jeder Zeit verlassen.“ Unter die Stimme der Naga mischte sich ein Zischeln, was auf ihre gespaltene Zunge zurückzuführen war. „Außerdem sind dein Ziehvater und dein Schützling hier, sie geben ganz bestimmt darauf Acht, dass wir nichts tun, was schädlich für dich ist.“

Während sie sprach betrachtete sie ihn. Ihre Hand legte sich auf seine Stirn. „Hm, du bist heiß. Das Fieber ist notwendig. Wir brauchen mehr Decken, du hast Schüttelfrost, dass wird sich bald legen. Hast du Durst?“

Ihre Stimme war fast hypnotisch und zwang Nat ruhiger zu werden.

„Ja.“, krächzte er als Antwort.

„Dann besorgen wir dir etwas und eine kräftige Hühnerbrühe könnte auch nicht schaden. Iss soviel du magst und dann solltest du versuchen zu schlafen. Dein Körper verbraucht viel Kraft um zu heilen.“

Nat bezweifelte, dass er wieder einschlafen würde, weil er sich hier eingesperrt fühlte, trotz Seijis Anwesenheit. Angelo und dessen Verhalten konnte er nicht einschätzen. Zu Nats Verwunderung setzte der Hellseher sich einfach wieder an seine Seite.

Die Naga lächelte Nat an und verschwand mit der menschlichen Ärztin um Decken, Suppe und ein Glas Wasser zu holen. Die Naga legte die Decken über Nat und stellte dann das Essen auf den Tisch am Bett. Nat merkte leicht verwirrt, dass er doch tatsächlich in der Wartezeit gedöst hatte.

Seiji grinste ihn belustigt an.

Nats zog eine Braue hoch als er nach dem Glas griff, welches Seiji ihm aus der Hand nahm und an die Lippen setzte.

„Ach, ich dachte nur an deinen Stolz, der jetzt einen Knacks bekommt. Du zitterst viel zu sehr als das du alleine etwas trinken könntest ohne das Wasser zu verschütten.“, teilte der ihm mit.

Nat quittierte dies mit einem leisen Grollen tief in seiner Kehle nur leider musste er Seiji Recht geben, weswegen er es zuließ, dass dieser ihn wie ein Kleinkind fütterte. Gott war das peinlich und das auch noch vor den Augen des Hellsehers! Nat schloss die Augen. Er war so schrecklich müde, eigentlich aß er seine Teller immer leer, nur jetzt war er einfach zu müde dazu.

Mit geschlossenen Augen lauschte er darauf, wie das Geschirr weggeräumt wurde und auf das anschließende leise Gespräch zwischen Seiji und Angelo.

Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als es an der Tür klopfte.

„Hallo Seiji. Guten Tag Mr. Del Chiarore. Erlaubt ihr, dass ich hereinkomme?“, hörte er Hex fragen.

„Wer ist das?“, wollte Angelo wissen.

„Nats kleine Schwester sozusagen. Komm rein Hex.“

„Wie geht es ihm?“, erkundigte sie sich kurz darauf. Hex war eine der Wenigen, die sich so leise bewegten, dass selbst Nat sie nicht mehr hörte. Er schlug die Augen auf und blickte in ihre besorgtes Gesicht, welches von nachtschwarzem Haar mit einem Silberschimmer umgeben war.

„Ich bin nur müde. Und fühl mich leicht zerschlagen.“, antwortete Nat ihr.

„Mit anderen Worten, die Schmerzmittel wirken.“, stellte Seiji klar. „Darf ich dir meine Tochter Hien-Xi Night vorstellen, Angelo?“

„Sehr erfreut.“, murmelte der Hellseher.“

„Gleichfalls. Nenn mich ruhig Hex, das tun alle. Ich habe mich an den Reportern vorbeigeschlichen, die unten in der Lobby warten und euch die Tageszeitungen mitgebracht.“ Hex Stimme war sanft und freundlich. Sie wirkte meistens genauso asiatisch beherrscht wie Seiji.

„Reporter?“ Nat starrte Hex an. Die nun grinste und ihm die London Times vor die Nase hielt.

„Mantikor ausgebrochen! Sphinx verhindert Blutbad auf dem Campus der Circe Universität.“, las Nat und stöhnte leise auf.

„Du hast es sogar auf die Titelseite geschafft, ist doch klar das jetzt alle ein Interview wollen. Die Polizei wird dich sicher auch noch befragen. Du giltst als Held.“

Nat zwinkerte, die kleineren Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. „War nicht meine Absicht.“ Er gähnte.

„Hex, lies mal vor.“, bat Seiji.

„In Ordnung.“ Sie räusperte sich, ehe sie vorzulesen begann. „Mantiko ausgebrochen! Sphinx verhindert Blutbad auf dem Campus der Circe Universität.

Gestern Nachmittag ist ein Mantikor aus dem Sonderforschungsgebäude für magische Wesenheiten der Circe Universität entflohen. Der Mantikor tötete drei Mitarbeiter und entwich auf den Uniboulevard, welcher zur Mittagszeit voller Studenten war. Ein dort befindlicher Sphinx verwickelte das Ungetüm in einen Kampf, um einen Angriff auf fliehende Menschen zu verhindern. Durch die Ablenkung gelang es alle Studenten in Sicherheit zu bringen.

Der Mantikor wurde von dem schwerverletzten Sphinx getötet und wird derzeit von den Mitarbeitern der Universität untersucht.

Seelsorger und Psychologen betreuen die Personen, welche den Vorfall miterlebt haben. Da magische Wesen Amokläufe magischer Wesen selten sind und sie sich kaum in ihrer wahren gestalt öffentlich auf der Straße zeigen, ist diese Betreuung notwendig um den Beteiligten zu helfen das Geschehene zu verarbeiten.

Laut Krankenhausangabe, die bis Redaktionsschluss vorlag, schwebt der Sphinx nicht mehr in Lebensgefahr und es gehe ihm den Umständen entsprechend gut.

Der Sphinx hat dem Sohn des amtierenden Lord Counselors of Clairvoyance das Leben gerettet gaben, welcher an dieser Universität eingeschrieben ist.

Der Lord Counselor gab in seiner Erklärung zu, dass dies den Tatsachen ent-

sprechen und er dem Sphinx zu tiefem Dank verpflichtet sei. Des weiteren erklärte Lord Darkwater sei dieser Vorfall nicht vorhergesehen worden und die Leute sollten sich daran erinnern, dass die Visionen von Hellsehern unvoll-

ständig seien, nicht jedes Unglück vorhergesehen werde und Visionen ungerufen kämen und nicht erzwungen werden könnten. Aus diesen Gründen war es möglich, dass diese Sache nicht im Voraus bekannt war. Außerdem sprach er den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus.

Zur Zeit wird untersucht wie die Flucht des gefährlichen magischen Wesens mög-

lich war. Die Universität versichert, dass der Vorfall aufs Genaueste studiert wird um weitere Fälle dieser Art zu vermeiden.“ Hex endete und faltete die Zeitung zusammen. „Wollt ihr auch noch hören, was die Sun dazu schreibt?“

Nat hatte wieder die Augen geschlossen, während sie las nun drehte er den Kopf zur Seite.

Seiji strich ihm sacht über den Kopf und kraulte schließlich seinen Nacken. „Nicht jetzt. Ich glaube Nat schläft gleich wieder.“

„Ich schlafe NICHT!“, murrte Nat.

„Aber fast.“

„ICH döse, dass ist ein Unterschied!“

„Schlafen, dösen ist doch egal, Hauptsache du ruhst dich aus.“, war Seijis Erwiderung.

„Es ist ein Unterschied.“, beharrte Nat.

„Katzen! Die müssen immer das letzte Wort haben. Wenn du schon wieder Haar-

spaltereien von dir geben kannst befindest du dich eindeutig auf dem Weg der Besserung.“ Seiji klang fast belustigt, aber nur fast.

„Und DAS weißt du natürlich am Besten, nicht wahr?“ Nat spielte mit, wenn sich Seiji dadurch weniger Sorgen machte, war es gut.

Hex kicherte, Seiji tätschelte seinen Kopf.

„Igitt! Bin ich ein Kleinkind?“

„Nein, aber ein halber Kater.“

„Gut, dass du das weißt. Es berechtigt dich nicht dazu mich wie ein Kuscheltier zu behandeln!“

„Meinst du?“

„Ich hab Krallen...“

„Dir gehen nur die Argumente aus.“

„Selbst wenn es so wäre, hätte ich immer noch Krallen, die in Reichweite von dir sind.“

„Er ist eindeutig auf dem Weg der Besserung.“, warf Hex ein.

„Sag ich doch.“

„Wenn ihr aufhören würdet darauf herumzureiten, könnte ich vielleicht das tun, was die nette Ärztin mir empfohlen hat, nämlich mich ausruhen.“, murrte Nat ihm wurde die Diskussion langsam zu anstrengend, obwohl er es nie zugeben würde, besonders dann nicht, wenn es darum ging das letzte Wort zu behalten.

Seltsamerweise war Angelo, während der Diskussion still geblieben. Das machte Nat unruhig, schließlich hatte er schon mitbekommen, dass der Hellseher durchaus eine spitze Zunge besaß. Er schätze, dass das Verhalten des Hellsehers daraufhin deutete, dass dem die ganze Geschichte ziemlich nage gegangen war. Er tastete nach dem Hellseher und seufzte auf, als dieser seine Hand umschloss. Nat fühlte wie jemand die Decken enger um ihn stopfte, weil sie durch sein Zittern, welches nur ein bisschen zurückgegangen war, verrutscht waren. Es war schwierig gewesen seine Zähne während dem Gespräch mit Seiji am Klappern zu hindern.

„Ich hol noch ein paar Decken.“, verkündete Hex und kam ihrer Ankündigung gleich nach. Nat fragte sich vage, wie Hex das Krankenhauspersonal dazu gebracht hatte ihr Decken auszuhändigen, ohne gleich die Ärztin mitbringen zu müssen. Doch viel wichtiger war ihm, dass sie die Decken über ihn ausbreitete, fest stopfte und ihm nun endlich doch wärmer wurde. Seiji und Angelo hatten stumm gewartet und Nat hatte auch nichts mehr gesagt. Er musste vor sich selbst zugeben, dass er vielleicht doch erschöpft genug war um hier einschlafen zu können.

„Wir sind da, du bist nicht allein.“, das Flüstern des Hellsehers drang an Nats Ohr. Es klang ehrlich und versprach Sicherheit, genauso wie Seijis Kraulen und Hex Zeitungsgeraschel. Nat glitt vom Dösen ins Schlafen über.

Gegenwärtiges und Vergangenes

Gegenwärtiges und Vergangenes
 

Aurhors Note: Hier mal ein Einblick in Nats Vergangenheit. Und es wird so einiges zwischen den Beiden geklärt, zumindest vorerst. Diese Kapitel ist mal etwas länger.

Ich bedanke mich bei Kuurokami, und Futuhiro für ihre Kommentare. Zudem gilt mein Dank den Freischalter für ihre Mühe.

Und natürlich wünsche ich euch: Viel Spaß beim Lesen.
 

Angelo
 

Es erstaunte Angelo, wie viel Sorgen er sich um den Sphinx machte. Besonders störte ihn, dass er nicht wirklich aktiv etwas tun konnte, damit es Nat besser ginge. Er konnte nur hier sitzen, die Hand des Sphinx halten, oder in einem der Bücher lesen, welches Bea mit ein paar Klamotten gebracht hatte oder mit Seiji und Hex plaudern.

Die Zeit schlich dahin. Der Sphinx schlief, unruhig, aber er schlief und erholte sich.

Angelo seufzte. Er konnte es überhaupt nicht leiden so hilflos zu sein!

Es blieben noch einige Fragen, welche sie nicht angesprochen hatten als Nat wach gewesen war, da dieser deutlich sichtbar erschöpft und schwach gewesen war. Hex verabschiedete sich als die Besucherzeit zu Ende ging.

Nur ungern ließ Angelo die Hand los um in das angrenzende Bad des Zimmers zu verschwingen.

Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte blickte er hoch, in den Spiegel und erstarrte.
 

Er sah ein Tal. Gelbbraune Steine grenzten das Tal ein in denen Löcher auf Wohnhöhlen hinwiesen. Gelber Sand bedeckte den Boden. Staub wirbelte auf. Drei junge Sphingen balgten sich im Schatten einiger Dattelpalmen. Zwei hatten schwarzes Fell und Haar, das dritte Junge hatte das sandfarbene Fell und Haar eines Löwen. Lachen erfüllte die Luft. Eine Jungestimme rief etwas, was Angelo nicht verstehen konnte, ein anderer Junge antwortete. Spielerisches Fauchen erklang, dann ein leiser Schmerzenschrei, woraufhin ein schwarzer Schwanz aus dem Mund des sandfarbenen Sphinx gerissen wurde. Die drei kugelten über den Boden. Es war schwer zu sagen, wer die Oberhand hatte.

Ein lauter Knall, der von den Felsen wiederhallte, ließ die Drei inne halten. Drei grüne Augenpaare sahen sich neugierig um. Die spitzen Katzenohren der jungen Sphingen waren in die Richtung gedreht aus der das Geräuschgekommen war. Erneut knallte es. Unter das Knallen mischten sich panische Schreie.

Die Jungen hielten sich gegenseitig fest und begannen zu zittern.

Schwingen rauschten. Zwei erwachsene Sphingen, ein Mann und eine Frau landeten, wobei sie Sand aufwirbelten. Dem kurzen Wortwechseln konnte Angelo nicht folgen. Das Paar ergriff die Kinder und schwang sich in die Luft. Die drei wurden mit mahnenden Worten in eine Felshöhle gestopft, ehe die Erwachsenen davon flogen. Ganz eng kuschelten die jungen Sphingen sich in der Höhle zusammen. Irgendwoher wusste Angelo, dass es zwei Jungen und ein Mädchen waren.

Immer noch waren Schreie und das Krachen von Schüssen zu hören, nun kamen noch triumphierende Rufe hinzu.

Mit weit aufgerissenen Augen verfolgen die Kinder, wie der weiblich Sphinx in der Luft zu taumeln begann und hinab stürzte. Kurz darauf fiel auch der männliche Sphinx getroffen in die Tiefe.

Sie wimmerten und bargen die Gesichter im Fell ihrer Geschwister.

Einige Zeit später kamen, mit Gewehren bewaffnete, menschliche Männer. Sie durchkämmten das Tal systematisch und stießen auf die Höhle. Einer von ihnen konnte wohl durch den Schutzzauber um die Jungen sehen oder er war beim Tod der Erwachsenen zusammengebrochen. Die Männer legten auf die Kinder an und drückten ab. Die jungen Sphingen wurde von Geschossen getroffen. Angelo erkannte sie als Betäubungspfeile. Die Männer zerrten die bewusstlosen Kinder aus der Höhle, banden ihre Hände zusammen und steckten sie in kleine Käfige, welche sich auf zwei alten LKW befanden. Dort lagen schon andere Kinder, Menschen und Sphingen.

Planen wurden heruntergelassen, ehe die Fahrzeuge sich in Bewegung setzten fort von dem Tal.
 

Eine Hand legte sich auf Angelos Schulter. Er zuckte zusammen und fuhr herum. Hinter ihm stand Seiji. „Über das, was du da gesehen hast, solltest du mit Nat reden.“

„Wa-war das etwa...?“

„Ja, Nats Vergangenheit. Der Tag an dem das Massaker im Isistal stattfand, schätze ich. Die Männer waren nur auf die Kinder aus, alle anderen haben sie erschossen. Die Kinder wurden auf einem illegalen Markt verkauft, egal ob es Menschenkinder oder Sphingenjunge waren.“, beantwortete Seiji seine Frage.

„Wer war das bei Nat?“

„Sein Bruder Omar und seine Schwester Samira. Ric hat versucht sie zu finden, aber es gelang ihm nicht, die ganzen Jahre nicht. Entweder sie sind tot oder so gut vor einem Finder versteckt wie es nur möglich ist.“ Bedauern mischte sich in Seijis Stimme.

Angelo schluckte. „Das ist hart. Wi-wird er nicht böse, wenn er erfährt, dass ich...“ Er stockte, dass er diesen Tag gesehen hatte, dass er ihm hinterher-geschnüffelt hatte, obwohl Angelo nicht versucht hatte Nats Vergangenheit zu sehen... Dennoch er konnte sich vorstellen, dass Nat dies anders sah.

„Sicherlich wird es ihm nicht gefallen. Aber richtig wütend würde er werden, wenn du es ihm verschweigst und er es später herausfindet. Nat weiß, dass manche Aspekte der Talente nicht kontrollierbar sind, er mag es nicht, aber er weiß das.“

„Wie war das überhaupt möglich? Warum konnten die Sphingen erschossen werden? Die hätten sich doch unsichtbar machen oder auf die andere Ebene wechseln können?“

Seiji schüttelte den Kopf. „Die andere Ebene ist die Ebene des Geistes, dort kann Materielles wie Gewehrpatronen einen Schutzgeist nicht treffen, das stimmt schon. Es ist jedoch so, dass wir von der anderen Ebene aus auch nicht auf die materielle Ebene einwirken können, oder nur unter erheblichen Anstrengungen. Ein Sphinx, der auf der anderen Ebene ist kann mit seiner Wortmagie nur jemanden beeinflussen, der diese Ebene wahrnehmen kann, also einen Hellseher wie dich oder einen Geisterseher. Er kann jedoch niemanden, außer einem anderen Geist oder Geisterwesen körperlich angreifen, wenn er auf der anderen Ebene ist, außer er konzentriert sich extrem stark darauf genau dies zu tun. Doch dazu sind die wenigsten Genii in der Lage.

Und dieses Unsichtbarwerden, was Nat kann, ist nicht unfehlbar. Er lenkt die Aufmerksamkeit ab, aber um das zu können, muss er sich darauf zumindest zum Teil konzentrieren, besonders, wenn er den Zauber wirkt. Außerdem könntest du zum Beispiel den Zauber durchschauen. Ich glaube die Sphingen im Tal hatten einfach weder Zeit noch Konzentration genug übrig um so einen Zauber zu wirken, vielleicht war auch ein Hellseher unter den Angreifen, was diesen Zauber nutzlos gemacht hat. Aber ich war nicht dort, ich weiß nur, dass alle erwachsenen Sphingen dort getötet wurden und die Patronen waren versilbert. Silber bricht Zauber wie dir sicherlich bekannt ist.“, erklärte Seiji Angelo einige Dinge, die der doch schon mal gehört hatte, nur nicht direkt auf Sphingen bezogen.

Angelo nickte betroffen. Er hatte wohl das Können der Sphingen im Kampf gegen moderne Waffen überschätzt.

„Komm es gibt Abendessen.“ Die Hand immer noch auf seiner Schulter schob Seiji Angelo ins Zimmer zurück.

„Ist er wach?“, flüsterte Angelo.

Seiji schüttelte den Kopf. Leise um Nat nicht zu wecken, setzen sie sich und aßen schweigend die scheußliche Krankenhauskost. Angelo linste immer wieder von seinem Teller zu dem schlafenden Sphinx. Kein Wunder, dass der Menschen nicht mochte. Wie würden sie wohl miteinander zurecht kommen? Den halbvollen Teller schob er von sich. Kopfschüttelnd räumte der Tengu die Teller zusammen und übergab sie dem Krankenhauspersonal auf dem Flur, er sagte jedoch nichts dazu.

Angelo strich unterdessen wieder über die zu heiße Hand des Sphinx und wartete. Er lauschte auf die Geräte, an die Nat angeschlossen war.

„Woher haben die eigentlich Blut her, dass ein Sphinx verträgt?“, stellte er schließlich die Frage, die ihm schon eine ganze Weile durch den Kopf schwirrte.

„Daher, wo sie auch Tengublut haben. Wir spenden regelmäßig. Kann gut sein, dass es Nats eigenes Blut ist, was da drin ist.“ Seiji deutete auf den Infusions-beutel.

„Oh.“

„Es gibt so viele verschiedene Wesen, dass es sinnvoller ist, weil nicht alle Menschenblut vertragen.“

„Was wird, wenn er entlassen wird? Ich meine... er ist dann doch noch nicht fit genug um mich zu beschützen und Sie haben sicher auch anders zu tun. Außerdem, wenn er vor fremden Menschen Angst hat, ich meine, die Genii meiner Eltern würden mich schon schützen nur, ähm... da sind eben meine Eltern und meine Schwester auch...“, Angelo hielt inne. Er hatte bei seiner wirren Überlegung den Faden verloren.

Ein Lächeln schlich sich auf Seijis Gesicht. „Du machst dir ganz schön viele Gedanken, hm? Keine Sorge, ich bin zwar der Chef des „Imagos“, aber dann ist es jetzt eben aus Krankheitsgründen geschlossen, bis ihr meine Hilfe nicht mehr braucht. Und was die Frage anbelangt, wo Nat unterkommt, wenn er entlassen wird, sprich mit ihm drüber. Lass es ihn entscheiden, dann merkt er hoffentlich auch, dass ihr zwar miteinander verbunden seid, aber dass er immer noch seine eigenen Entscheidungen treffen kann.“

„Ist es das wovor er Angst hat?“

„Ich glaube schon. Er hasst es eingesperrt zu sein. Ich glaube er denkt, dass er durch die Verbindung zu dir seine Freiheit verliert. Das er nicht mehr selbst über sein Leben entscheiden darf.“

Angelo musterte das Gesicht des Schlafenden, nur konnte er dort kaum Emotionen ablesen, weil es fellbedeckt war. „Bei einigen Genii Intimii ist das auch so.“, murmelte Angelo, „Und das Schlimme ist, dass wir das Recht dazu haben... Mein Vater hat mir beigebracht, dass jeder Schutzgeist eine eigenständige Person ist. Wir sind verbunden und ich kann ihm Befehle erteilen, denen er gehorchen muss, dennoch kann er auch mir Befehle erteilen, denen ich gehorchen muss, damit er mich beschützen kann. In allen anderen alltäglichen Dingen werden wir uns arrangieren müssen, so dass es für beide in Ordnung ist. Und wenn das heißt, dass ich jeden Abend an dem er auftritt neben Ihnen an der Bar sitze, dann mach ich das. Er soll wegen mir nicht aufgeben, was ihm wichtig ist, aber ich möchte genau das gleiche Recht.“

„Na, dass ist doch schon ein guter Ansatz, jetzt musst du ihm das nur noch verständlich machen. Und die Zeit hast du, während er sich erholt, denke ich. Und, auch wenn du nicht gefragt hast, ja ich würde auf dich aufpassen, solange Nat auf der Bühne steht, sollte er es so wollen.“ Seiji zerwuschelte Angelos Frisur und grinste über den bösen Blick, welchen Angelo ihm daraufhin zu warf.

Ein leises Wimmern zog ihre Aufmerksamkeit auf Nat.

„Die Wirkung der Schmerzmittel lässt nach.“ Seiji erhob sich um nach der Ärztin zu rufen.

Es war wieder die Naga, welche Nat neue Schmerzmittel verabreichte, wozu sie ihn weckte. Seiji redete beruhigend auf Nat ein, dem es überhaupt nicht zu gefallen schien, dass ihm Medikamente verabreicht wurden. Angelo enthielt sich jeglichen Kommentars, dafür hielt er Nats Hand, was der sogar im Wachzustand zuließ. Danach überredete Seiji ihn Nat etwas vorzulesen, bis auch Angelo müde wurde. Als Angelo das Buch weglegte, blickte er zu Seiji. Die letzte Nacht hatte er neben Nat verbracht, ohne das dieser etwas davon mitbekommen hatte, doch jetzt?

„Oh, irgendwann musst du ihm das eh sagen, außerdem kann ich dann besser auf euch Acht geben.“, teilte der ihm nur mit. „Das ist eine Sache zwischen euch.“

„Was ist eine Sache zwischen uns?“, fragte Nat leise.

Angelos Wangen wurden heiß. Diese Schwäche war schrecklich, warum musste er sie nur haben? „Es... ähm... also es ist so,... damit ich nicht ihm Schlafen in Visionen abgleite... brauche ich... äh... muss ich, verflucht!“ Angelo fühlte sich, als dringe der Blick von Nats grünen Augen durch ihn hindurch. Er schaute erneut zu Seiji, doch der Tengu kam ihm nun nicht zur Hilfe. Angelo fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er bemerkte, dass sich Nats Augen verengt hatten.

„Was brauchst du um im Schlaf nicht in Visionen abzugleiten?“, erkundigte sich der Sphinx. Er sprach ein bisschen undeutlich, wahrscheinlich aufgrund der Schmerzmittel.

„Nun... äh...“

„Ist es so peinlich?“

„Ja, verdammt!“

„Raus damit, dann hast du es hinter dir.“ Angelo glaubte Ungeduld in der Stimme des Sphinx zu vernehmen.

„Ich... ,ich muss jemanden im Schlaf berühren, sonst gleite ich in Visionen ab.“, stieß Angelo hastig hervor.

„Meinst du mit jemanden, jemanden speziellen?“, fragte Nat nach.

„Nein, nun jemand Lebendiges, Mensch oder Schutzgeist.“

„Heißt das, du fragst gerade, ob du bei mir im Bett schlafen darfst?“

Angelo glaubte, dass sein Kopf mittlerweile so rot glühte, dass er einer Erdbeere glich. Er nickte und starrte auf den Boden zu seinen Füßen. Eine Weile herrschte Schweigen.

„Na herrlich!“, knurrte Nat, „Los zieh dich um, putz Zähne und dann leg dich halt zu mir, aber mach zu ich will weiterschlafen, wenn ich es denn kann! Und Seiji, ein Wort dazu und du wirst es für den Rest deines Lebens büßen!“

Angelo hastete mit seinen Klamotten ins Bad. Er fand der Sphinx hatte es erstaunlich gelassen aufgenommen.

„Ich habe nicht vor etwas dazu zu sagen. Aber dir ist bewusst, dass dir Körperkontakt zu deinem Schützling bei der Heilung hilft.“, drang noch zu Angelo durch den Spalt, der sich hinter ihm schließenden Tür. Angelo zog sich um, begutachtete beim Zähneputzen seine reichlich geröteten Wangen und verfluchte im Stillen, diese doch sehr lästige Eigenheit seiner Begabung. Seiji saß auf dem zweiten Bett ihm Zimmer, während Angelo mit klopfendem Herzen neben Nat, der zur Seite rutschte soweit es ging, ins Bett schlüpfte. Sie musterten sich gegenseitig, dann drehte er sich von Nat weg, da er glaubte es wäre dem Anderen lieber. Er zuckte zusammen, als sich ein Arm unter seinen Hals schob.

„Ich beiß schon nicht.“, murrte Nat an seinem Ohr, „Es ging um Berührungen im Schlaf gegen die Visionen also zier dich nicht so.“

„Ent-entschuldigung. Es...“

„Schon gut. Schlaf jetzt.“

„Aber... du magst keine Menschen und...“

„Du bist mein Schützling. Ich werd wohl damit leben müssen und jetzt lass mich endlich schlafen!“

Angelo seufzte, es gab noch eine Sache, die er loswerden musste. „Aber wenn du deswegen nicht schlafen kannst, ist das hier Blödsinn.“, sprach er seine Bedenken aus.

„Bastet steh mir bei! Mit dir hat man echt nur Scherereien! Okay, du bist ein Mensch, aber, sei mir nicht böse, ja, aber du bist so was von harmlos, da werd ich wegen dir schon nicht zur Schlaflosigkeit verdammt sein. Woher hast du überhaupt diese Bedenken?“

Angelo vergrub sein Gesicht im Kissen und war froh, dass der Sphinx ihm nicht ins Gesicht sehen konnte.

„Ich kann nicht immer kontrollieren, was ich sehe...“

„Als wäre das etwas Neues für mich.“ Nun war ein genervter Unterton in Nats Stimme.

„Hättest du die Güte mich aussprechen zu lassen, wenn ich dir etwas mitteilen möchte?“, empörte Angelo sich. Da hatte er sich dazu überwunden und nun dies. Fast erwartete er Seiji würde in dieses Gespräch eingreifen, doch der griff nicht ein, sondern sah nur schweigend zu.

„Was hast du aus meiner Vergangenheit gesehen?“, erkundigte sich Nat interessiert.

Vorsichtig, um nicht gegen die Wunden zu kommen, drehte Angelo sich dem Sphinx zu. Er studierte Nats Gesicht, nur war es genauso vergeblich wie am Nachmittag. Hilfe, wie sollte er jetzt sagen, was er gesehen hatte? Er schluckte und erwiderte den erstaunlich ruhigen Blick des Sphinx. Es war ein echt blöder Zeitpunkt um dies anzusprechen. Angelo war sauer auf sich selbst, weil er es getan hatte „Ich glaube den Tag des... den Tag als...“

Er hörte ein Seufzen. „Den Tag des Massakers?“

„Ich glaube.“

„Du und deine Geschwister ihr wurdet...“

„Dann war er das. Danke, dass du es mir gesagt hast, was du gesehen hast.“

„Dafür bedankst du dich?“

„Nun, immerhin brauche ich dir davon nichts mehr zu erzählen. Und jetzt schlaf endlich!“

Angelo drehte sich zurück und schloss die Augen. Er spürte Nats Wärme und das weiche Fell im Rücken. Eigentlich ein beruhigendes Gefühl würde er sich nicht gerade Sorgen um den Sphinx machen.

„Hey, wenn ich nicht schlafen kann, liegt es weniger an deiner Beichte als vielmehr daran hier eingesperrt zu sein.“ Nat klang als hätte er dieses Thema reichlich über. „Du bist ein Hellseher, der nicht immer kontrollieren kann, was er sieht, schön, dass bist du halt. Außerdem bist du MEIN Schützling. Nett, das du dir Sorgen machst, aber ich tue hier nur meinen Job.“

Der letzte Satz schmerzte Angelo, doch das war es nicht, was ihn aufzuregen begann.

Er löste ich von dem Sphinx, richtete sich auf und funkelte Nat an. „Ich mach mir Sorgen, weil du verletzt bist und, weil mir verdammt noch mal etwas an dir liegt! Mir egal, ob das so ist, weil du mein Genius bist oder nicht. Fakt ist, du bist verletzt, weil du mich gerettet hast, also mache ich mir Sorgen. Gut, ich bin dein Schützling, aber im Moment ist DEINE Gesundheit wichtiger und da wir nicht hier liegen können ohne miteinander zu diskutieren, geh ich jetzt zu Seiji.“

Krallen ritzten sein Handgelenk als sich Nats Hand darum schloss. „Körperkontakt beschleunigt die Heilung, also halt die Klappe, bleib hier und schlaf!“ Nun klang Nat richtig angepisst.

Angelo spürte das Zittern von Nats Hand. Der Sphinx hatte den anderen Arm über seine Augen gelegt. „Du bist anstrengend.“, murmelte er leise, was Angelo die Erschöpfung seines Genius deutlich zeigte. Die ganze Zeit über hatte der Sphinx sich bemüht keinerlei Erschöpfung zu zeigen und nun gab er sie zu, das konnte einfach nicht gut sein.

Angelo gab sich geschlagen, legte sich zurück und zog die Decke um sie. Zögerlich legte er sich so, dass sein Kinn an Nats Schulter ruhte. Der Sphinx gähnte, schob seinen Katzenschwanz über Angelos Beine und ließ es zu, dass ihre Flanken sich berührte. „Schlaf endlich.“, grummelte Nat erneut.

Angelos Herz klopfte schnell in seiner Brust.

„Meine Güte, bist du ein Brett oder was?“, murrte der Sphinx. „Dreh dich mal, so ist es unbequem!“

Nach einigem Probieren fanden sie schließlich eine Position, in der Angelo keiner Wunde zu nahe kam und, die für beide einigermaßen bequem war, dennoch war Angelo angespannt. Er lag dort und lauschte auf den Atem des Sphinx, bis dieser so ruhig und gleichmäßig ging, wie im Schlaf üblich. Allmählich ließ dieses Geräusch, sowie Nats Nähe und Wärme ihn zur Ruhe kommen.

Entlassung

Entlassung
 

Authors note: So nun melde ich mich mal wieder mit einem Kapitel. Es geschieht nichts besonderes, aber ich hoffe es gefällt trotzdem. Grummel ich muss mir mal ein anderes Ende für die Kapitel ausdenken, in den letzten pennt immer jemand am Ende ein. *grummel, aber einfallslos ist*

Ich freue mich, dass ihr die Story noch nicht aufgegeben habt. Es wird auch in nächster Zeit weiter längere Pausen geben.

Trotzdem wünsche ich viel Spaß beim Lesen!

Ich danke den Freischalter für ihre Mühe.
 

Nathaniel
 

Der nächste Tag wurde zu einer Geduldprobe für Nat. Nicht nur, dass er peinlich berührt feststellen musst, dass er sich im Schlaf eng an seinen Schützling gekuschelt hatte, auch der Rest des Vormittags verlief für ihn unerfreulich. Zunächst musste Seiji ihm im Bad helfen, dann wurde er untersucht. Die Untersuchung selbst ging ja noch, aber als er darum bat sich waschen zu dürfen, weil er stank, führte es dazu, dass die Naga ihn wie ein kleines Kind in der Wanne des Bades wusch, damit seine inzwischen zugeheilten Wunden nicht wieder aufrissen. Dabei stellte er fest, dass ihm sein Fell um die Wunden herum abrasiert worden war.

Aufgrund seiner eigenen Eitelkeit, ließ er sein, nun sauberes, Fell verschinden, danach schlief er erst einmal zwei Stunden, wodurch er vorerst der Strafpredigt der Naga entging.

Geweckt wurde er von den Polizisten, welche seine und Angelos Aussage zum Manticorfall aufnehmen wollten. Er wurde äußerst misstrauisch gefragt, ob es wirklich unbedingt nötig gewesen war den Manticor zu töten, erst nachdem Seiji und ein magisch begabter Spezialist, welcher häufiger mit der Polizei zusammenarbeitete, versicherten, dass es in diesem Fall für Nat die einzige Möglichkeit gewesen war den Manticor daran zu hindern, weitere Personen zu töten, wurde Nats Tat als „Tötung in Notwehr“ akzeptiert.

Genauso wurde Seiji zunächst nicht geglaubt, dass er ein ehemaliges FABLES-Mitglied war, bis der zuständige Personaler der FABELS dies bestätigte.

Der Besuch der Polizisten hatte Nat alles an Kraft abverlangt, was er durch den Schlaf zurückgewonnen hatte, außerdem waren ihnen die Reporter zu Nats Zimmer gefolgt. Bevor die Befragung beginnen konnte, hatte Seiji den Bann um das Krankenzimmer so abänderte, dass kein Reporter hereinkam und es auch nicht möglich war hineinzusehen oder Fotos durch die offene Tür zu machen, um für eine ausreichende Privatsphäre zu garantieren.

Seiji war gereizt aus dem Zimmer stapfte um mit dem Krankenhauspersonal zu reden. Als der Tengu zurückkehrte erklärte er, dass er einen Bann um die gesamte Station für Genii gelegt hatte, damit diese nicht durch Reporter gestört oder beunruhigt würden und die Polizisten nun mit Nat sprechen dürften. Es war Seiji herzlich egal gewesen, dass Nat offiziell keinen Vormund mehr brauchte, der ihm erlaubte mit Beamten zu reden. Der Tengu hatte deutlich gemacht, dass er nicht wollte, dass Nat alleine mit den Polizisten reden musste und Nat hatte sich hartnäckig geweigert die Beamten auch nur zu begrüßen, solange Seiji nicht im Raum war. Dies hatte die Beamten ihm gegenüber nicht freundlicher gestimmt. Aber solange Nat alleine mit zwei fremden Menschen und seinem Schützling war, hatte er sich nicht sicher genug gefühlt um mit den Menschen zu reden.Beim Mittagessen schließlich kam Angelo auf das leidige Thema zu sprechen, was nach Nats Entlassung, welche für den späten Nachmittag geplant war, geschehen sollte.

Nat zog sich die Decke über den Kopf. „Muss das jetzt sein?“, fragte er seine Stimme rau vor Erschöpfung.

Angelo stellte klappernd das Tablett auf dem Tisch am Bett ab. „Ja, schließlich müssen wir planen wie wir dorthin kommen.“

Nat seufzte tief. Was war sinnvoller? Wahrscheinlich wäre es wirklich am sinnvollsten zu Angelo mitzukommen. Der Adelssitz einer alten eirischen Adelsfamilie, deren Mitglieder zu den hochgeschätzten Filid gehörten, war sicherlich mit allen möglichen Schutzbannen umgeben. Das Problem dort wäre nicht Angelos Sicherheit, sondern, ob er die Menschen dort ertragen könnte. Andererseits war seine kleine Wohnung gerade mal mit einem elementaren Schutzbann umgeben und Seiji noch mehr zur Last fallen als bisher, wollte er auch nicht. Bei diesen Überlegungen fiel ihm auf, dass er außer Angelos Schwester eigentlich noch keinen aus der Familie des Hellsehers getroffen hatte.

Warum waren die Angelo nicht besuchen gekommen? Seine Ohren zuckten unter Decke. Er drehte sich und spähte zu dem Hellseher.

„Deine Eltern... waren die eigentlich hier?“

Angelo lächelte ihn an. „Mein Vater war da, kurz nachdem du eingeliefert wurdest. Wir haben am nächsten Tag telefoniert und er sagte mir, sie hätten beschlossen, dich erst einmal nicht alle gleichzeitig zu bedrängen. Seiji hat deine Vergangenheit angedeutet, weil Duncan sich aufgeplustert hatte.“

„Wer ist Duncan.“, fragte Nat, obwohl er eher fragen wollte, ob Angelos Vater in seiner Vergangenheit geschnüffelt hatte.

„Der Genius meines Vaters. Ich kann dir Versprechen, dass Vater deine Vergangenheit nicht ohne deine Erlaubnis auskundschaftet, es sei denn er hat einige ungewollte Visionen darüber. Seiji hat genug gesagt, damit Vater versteht warum du Menschen misstraust.“

„Aber er wird doch sicher mehr über mich erfahren wollen, da ich dein Genius intimus bin.“

„Stimmt, aber er wird es von dir erfahren wollen, außerdem schnüffelt er Freunde und Verwandte nicht so aus, dass verstößt gegen unsere Ehre als Filid.“, erwiderte Angelo.

Langsam kam Nat unter der Decke hervor. Der Duft der Speisen ließ seinen Magen knurren, besonders da sein Körper viel Kraft für die Heilung verbrauchte. Die Gabel zitterte in seiner Hand als er sie aufnahm. „Auch wenn es mir nicht gefällt, bei dir bist du sicher am besten geschützt und ich bräuchte mir darum keine Gedanken machen, oder?“

„Ja, aber dort sind nicht nur meine Eltern und meine Schwester. Wir haben eine Köchin und mehrere Haushaltshilfen, einen Chauffeur, einen Butler und manchmal sind Angestellte meines Vaters da.“ Nat hörte aus Angelos Worten Unsicherheit heraus.

„Wird schon irgendwie, solange sie nicht alle gleichzeitig in das Zimmer kommen, in dem ihr mich unterbringt, dürfte es gehen. Wenn ich wieder ganz gesund bin, ist es eh weniger schlimm.“, gab Nat zu. „Ich bin schließlich normal zur Schule gegangen, hab im „Imago“ die Gäste ertragen und die Studenten in der Uni. Da werde ich auch mit mehr als einem Menschen zusammen wohnen können.“ Er führte eine Gabelvoll zum Mund.

„Soll ich Hex bitten uns zu helfen an den Reportern vorbeizukommen, ohne dass sie erkennen wer wir sind?“, erkundigte sich Seiji, der bis dahin geschwiegen hatte.

„Ist wohl besser.“

„Ich ruf sie nachher an.“

„Und wie kommen wir hier weg?“, erkundigte sich Agelo.

„Mein Wagen steht auf dem Besucherparkplatz.“, meinte Seiji nur. „Ich kann euch fahren.“

„Du bleibst nicht?“ Gerade als er die Frage stellte, merkte Nat, dass er wie ein verängstigtes Kind klang.

Seiji schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass ihr dort meine Hilfe braucht. Ich denke du bist jetzt wieder weitestgehend in der Lage Angelos Visionen zu verhindern, bis du gesund genug bist ihn dabei zu begleiten. Und in das Haus des Lord Cauncelors kommen garantiert keine ungebetenen Genii.“

Nat nickte, was Seiji sagte mochte stimmen. Er blickte auf seinen Teller und vertiefte sich ins Essen, was anstrengend genug war.
 

Am Nachmittag nach einer letzten Untersuchen mit der Ermahnung in zwei Tagen wieder zu kommen, saß Nat in einem Rollstuhl. In der Hand hielt er einen Briefumschlag mit Schmerzmitteln. Er blickte zu Hex auf. „Jetzt erklär mir bitte genau, warum du darauf bestanden hast, dass ich meine Haar offen trage?“ Er war nicht begeistert davon in dem Rollstuhl zu hocken, aber er wusste leider zu genau, dass er einfach noch zu schwach war um bis zum Auto zu laufen. Sein glattes schwarzes Haar streifte seine Schultern.

Im Zirkus hatte er einen Schnitt gehabt wie die ägyptischen Statuen, aus Trotz und um sich abzugrenzen, hatte er es nach seiner Befreiung länger wachsen lassen. Eigentlich war eine Kurzhaarfrisur für Jungen vorgeschrieben gewesen, doch Nat hatte sich nicht daran gehalten und lieber Strafarbeiten und böse Briefe an Ric riskiert, bis die Lehrer es aufgegeben hatten. Noch immer streiften die Spitzen seiner Haare den oberen Rand seiner Rückenzeichnung.

Grummelnd zupfte er den Gürtel des asiatischen Obergewandes, welches er trug, zurecht. Es war eines von Seiji Kimonooberteilen.

„Nun ja, ich dachte wir geben dich als junge Asiatin aus.“

„WAS?“ Entgeistert starrte er Hex an, die freundlich zurücklächelte.

„Seiji sieht asiatisch aus, ich sehe asiatisch aus und du bist meine Schwester, die wir zusammen mit ihrem Freund abholen.“

„Bitte, noch mal zum Mitschreiben?“, krächzte Nat.

„Wenn ich zuviel verändere wird es für mich sehr anstrengend. Deswegen möchte ich nicht zuviel verändern. Dein Trugbild ist am kompliziertesten, bei Seiji wollte ich nur die Gesichtszüge ändern und bei deinem Schützling Haarfarbe und Gesichtszüge, damit er nicht erkannt wird.“, erklärte Hex ruhig.

„Und was daran, erfordert mir das Aussehen einer Frau zu geben?“

„Na ja, sie warten auf einen Sphinx. Ich glaube kaum, dass sie einer jungen Asiatin im Rollstuhl Beachtung schenken. Selbst, wenn wir aus der Station für Genii kommen.“

„Du kannst nicht verhindern, dass sie merken, dass wir drei Genii ist.“

„Na ja, schon, aber eine Genius Familie und ein befreundeter Mensch ist nicht, worauf sie warten.“

Nat schloss die Augen. Manchmal fand er, dass Hex definitiv viel zu viele Manga las, jetzt gerade war so ein Augenblick. „Mach doch was du willst!“, knurrte er.

So wie er Hex kannte, ließ sie sich eh nicht von dieser Idee abbringen. Er schätzte sogar, sie fand das alles unglaublich lustig. Er spürte wie ihm eine Hand auf die Schulter gelegt wurde, öffnete die Augen und blickte in Angelos besorgtes Gesicht.

„Alles in Ordnung?“

„Ja, macht nur, lasst mich einfach in dem grässlichen Teil hier dösen.“

„Meinst du wirklich, dass ist eine gute Idee?“ Skepsis schwang in Angelos Stimme mit, als er Hex ansprach.

„Ja, sicher.“

„So schlecht ist sie nicht.“, warf Seiji ein und Nat stöhnte erneut. Mit Seijis Zustimmung war sein Schicksal, was dieses Thema anging, besiegelt.

Fünf Minuten später verließ eine Familie asiatischer Genii das Krankenhaus durch einen Nebeneingang. Die älteste Tochter wurde von einem Freund geschoben, während Vater und Schwester nebenher gingen.

Bei Seijis Auto angekommen, wurde Nat auf den Rücksitz verfrachtet, Angelo setzte sich direkt neben ihn und Hex brachte den Rollstuhl zurück. Kurz drauf ließ sie sich auf Angelos andere Seite nieder.

Nat öffnete das Fenster einen spaltbreit. Ihm wurde in Autos immer noch schlecht, es sei denn er war der Fahrer des Wagens.

Seiji startete den Wagen. Matt lehnte Nat seine Stirn an die Scheibe. Er wünschte sich zurück ins Bett. Der ganze Tag hatte ihn ausgelaugt. Leider hatte die Naga ihm mitgeteilt, dass er auch die nächsten Tage noch kraftlos und erschöpft sein würde, weil sein Körper sich vom Kampf mit dem Manticorgift und den Wunden erholen musste. Sie hatte ihm nicht sagen können, wie lange dieser Zustand anhielt, da sie bisher keine Erfahrungen mit Vergiftungen durch Manticora hatte.

Kurz schloss er die Augen, doch dadurch drangen Erinnerungen hoch, weswegen er hastig die Augen wieder öffnete und auf die vorbeisausenden Gebäude starrte. Die ganz Fahrt über zwang er sich nicht zu dösen und trug schweigend einen Kampf mit seinem Magen aus. Schließlich gelangten sie in das Viertel mit den Villen der Adligen. Hinter hohen Mauern, und schmiedeeisernen Gittern, verbargen sich große Gärten in denen die imposante Gebäude nur anhand ihrer Dächer zu erahnen waren.

Vor einem eisernen Tor hielt Seiji. Er stieg aus, drückte den Knopf der Gegensprechanlage und kehrte dann zurück. Das Tor öffnete sich automatisch und Seiji fuhr hindurch. Die kiesbedeckte Auffahrt war von Buchsbaumrabatten in keltischen Knoten gesäumt.

Seiji hielt den Wagen vor dem Haupteingang der Villa. Nat starrte den Bau mit seiner verschnörkelten Fassade und den stützenden Schmucksäulen einen Augenblick an, bis er die Personen auf der Treppe, die um Eingang führte, entdeckte.

Dort standen zwei Männer. Ein schlanker rothaariger Mann, der die gleichen Augen wie Angelo hatte und ein hochgewachsener braunhaariger Mann mit Raubvogelaugen. Beide traten auf das Auto zu. Seiji stieg aus und begrüßte sie höflich. Nach einem kurzen Gespräch öffnete Seiji die Tür an Nats Seite.

Nat überlegte krampfhaft, ob er versuchen sollte alleine bis ins Haus und Angelos Zimmer zu gehen.

„Erlaubt Ihr, dass ich meinen Sohn hineinbringe?“, fragte Seiji.

„Natürlich.“ Die Stimme von Angelos Vater war tief und angenehm in Nats Ohren.

„Komm, du schläfst fast. Keiner erwartet von dir jetzt schon wieder fit zu sein. Manticorgift ist ein sehr starkes Gift.“, flüsterte der Tengu.

Nats Blick war zu dem zweiten Mann gehuscht, dessen Miene stand im Widerspruch zu Seijis Worten.

„Es geht schon.“, wisperte er deshalb. Vor diesem Genius wollte er nicht schwach erscheinen. Seijis Blick wurde hart, doch er trat einen Schritt zurück. Nat setzte seine rechte Hand auf die Kieseinfahrt auf, um einiges vorsichtiger war er mit seinem linken Arm. Einen Moment glaubte er, es geschafft zu haben, obwohl sein Arm zitterte. In dem Moment als sein Arm wegknickte, war der fremde Genius da und fing ihn auf.

„In Sturheit scheinst du Angelo nicht nachzustehen.“, stellte er fest. Ein scharfer Raubvogelduft ging von ihm aus. Erstaunlich sacht half er Nat auf Seijis Arme.

„Angelo, zeig ihnen dein Zimmer. Kommt sie auch mit?“ Der fremde Genius nickte Hex zu.

„Nein, heute nicht.“, erwiderte Seiji und Hex nickte zustimmend.

Angelo kletterte aus dem Wagen. „Nat, dies ist Duncan der Genius intimus meines Vaters.“, teilte er Nathaniel mit, dem nun auffiel, dass Angelos Vater sich ihnen nicht genähert hatte.

„Darf ich dir auch meinen Vater vorstellen?“

Nat versuchte sich so gut er konnte, nicht einfach schlapp an Seiji zu lehnen. Er brachte er ein müdes Lächeln zustanden. „Guten Tag.“, murmelte er, da ein „Sehr erfreut ihre Bekanntschaft zu machen.“, erstens nicht gestimmt hätte und ihm zweitens irgendwie viel zu förmlich für diesen Anlass erschien. „Hmh.“, machte er als sein Kopf gegen Seijis Schulter sank. Er riss sich zusammen und richtete sich wieder mehr auf. „In Ordnung.“ Es war seltsam, dass Angelo ihn fragte, ob er ihm seinen Vater vorstellen dürfte, immerhin war der die berühmte Persönlichkeit und nicht Nat.

Also lief Angelo zu seinem Vater und Seiji folgte mit Nat.

„Hallo, ich bin Lucius del Chiarore.“, stellte dieser sich vor. „Ich habe dich schon einmal gesehen, aber zu dem Zeitpunkt war eine Vorstellung nicht möglich. Willkommen in unserer Familie.“

Erstaunt merkte Nat, dass Lucius Worte aufrichtig klangen.

„Am besten dein Vater bringt dich gleich ins Bett. Du siehst ziemlich erledigt aus. Ruh dich aus, beim Abendessen können wir vielleicht etwas reden, falls du dich dann in der Lage fühlst herunterzukommen.“

„Ja, danke.“, murmelte Nat nur. Er war froh, dass anscheinend erst einmal nichts weiter von ihm erwartet wurde, als das er sich erholte.

Kaum schloss Angelo die Tür seines Zimmer hinter ihnen, da sackte Nat in sich zusammen und hing schwer in Seijis Griff. Dieser legte ihn auf dem großen Bett im Zimmer ab und deckte ihn zu.

„Erhol dich gut. Ruf mich an, wenn etwas ist oder auch einfach so. Vergiss nicht, ich bin immer für dich da.“ Seijis Stimme klang ernst. Nathaniel nickte und schenkte ihm ein Lächeln, während Seiji die Decke um ihn fester stopfte.

„Ich komm dich bald besuchen. Auf Wiedersehen Angelo.“ Mit diesen Worten verließ Seiji das Zimmer.

Sein Blick ruhte auf der Tür und erst als Angelo sagte: „Ganz ruhig hier tut dir keiner etwas.“, merkte er, dass er seine Ohren angelegt hatte und seine Schwanzspitze unruhig schlug. Nat drehte sich von Angelo weg und zwang sich still zu liegen. Er hörte wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde und schließlich wie ein Stift über Papier kratzte.

Zuerst glaubte er gar nicht zur Ruhe zu kommen, doch ihm fielen dennoch die Augen zu und das Geräusch des Stiftes empfand er als angenehm. Richtig fest schlief er nicht, aber er verfiel in den Dämmerschlaf der Katzen, in welchem er seine Umgebung noch wahrnahm, sich jedoch trotzdem ausruhte.

Ein Klopfen riss ihn aus seinem Dösen. Er drehte sich der Tür zu als Angelo „Herein!“, rief.

Die Tür wurde von Angelos Schwester geöffnet. „Hi, Mum lässt fragen, ob ihr zum Abendessen runterkommt? Ach übrigens, ich bin Bea, nur wenn die Leute auf mich wütend sind nennen sie mich Beatrice, als wenn es etwas ändern würde meinen ganzen Namen auszusprechen... Und das ist Felicitas.“ Sie wies auf die blonde Frau hinter sich.

Nat fuhr sich im der rechten Hand durchs Haar und schüttelte den Kopf.

„Musst du immer mit der Tür ins Haus fallen, Bea?“, grummelte Angelo.

„Was denn? Ich war doch höflich!“ Empörung schwang in ihrer Stimme mit.

„Ja, aber er ist gerade erst aufgewacht.“

„Ach so. Willst du einen Kaffee?“, wandte sie sich an Nat.

„Bea, für Kaffee ist es jetzt etwas zu spät.“, murrte Angelo.

Nathaniel starrte Bea an, reckte sich behutsam unter der Decke, gähnte, wobei er sein Raubtiergebiss zeigte und fand seine Stimme wieder. „Danke, für das Angebot, aber ein Kaffee passt gerade nicht.“, er legte den Kopf schräg.

„Schön, kommt ihr zum Abendessen und wie darf ich dich nennen?“ Bea ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

„Nat, Nathaniel Night.“, stellte er sich vor.

Angelo wandte sich ihm zu. Es war ihm anzusehen, dass ihm ein: „Schön das ich deinen Namen auch mal erfahre.“, auf der Zunge lag.

Nat fuhr sich mit dem Handrücken durchs Gesicht. „Du erfährst ihn schon noch.“, sagte er zu Angelo, der daraufhin betreten fort blickte.

„Also Jungs, wie ist das jetzt mit dem Essen?“, Bea grinste sie an.

Nathaniel erinnerte sich an die lange Treppe zum oberen Stockwerk und die ebenso langen Flure und gestand sich ein, dass der Weg zu weit war. Ein kleines bisschen spielte dabei auch seine Furcht vor einem Treffen der gesamten Familie eine Rolle.

Doch es war Angelo der Bea antwortete. „Wir essen hier, okay?“

„Klar, wir bringen es euch hoch.“ Bea drehte sich um und Nat fiel auf, dass sie das Zimmer nicht betreten hatte, obwohl Angelo sie herein gebeten hatte. Anscheinend wussten alle von seiner „Menschenphobie“ und nahmen Rücksicht. Über ihre Gründe war er sich nicht so sicher.

„Wo ist denn das Bad?“, erkundigte er sich bei Angelo.

„Gegenüber. Brauchst du Hilfe?“

„Ich glaube nicht.“

„Ruf mich, wenn etwas ist.“

Nat blickte ihn scharf an und nickte schließlich, ehe er vorsichtig vom Bett kletterte und langsam zur Tür hinkte, die Angelo ihm zuvorkommend öffnete.

Als er aus dem Bad zurückkehrte, begegnete er Bea und Felicitas, welche mit Tabletts beladen waren. Ihm war schwindelig und er fühlte sich als hätte er einen Berg erklommen und dabei Gepäck für mehrere Tage auf dem Rücken getragen. Er stolperte hinter Bea und Felicitas ins Zimmer, hievte sich auf Angelos Bett und sackte zusammen. Er war viel zu erschöpft um sich noch darum zu scheren, dass seine Schwäche deutlich zu erkennen war.

Felicitas stellte das Tablett auf einem Hocker neben dem Bett ab. Nat roch Kochschinken, Toast und warme Milch.

„Danke.“, murmelte er.

„Kein Problem.“, erwiderte sie.

Matt beobachtete er, wie Bea das Zimmer verließ, gefolgt von Felicitas.

„Milch?“, fragte er schließlich Angelo.

„Ich denke meine Mutter ging davon aus, dass du Milch gerne magst, wie die meisten Genii mit Katzenanteilen.“, antwortete Angelo. „Schaffst du das?“ Er wirkte besorgt.

„Mhm. Guten Appetit.“ Nat griff nach einem Sandwich und biss hinein. Langsam aß er und beobachtete Angelo beim Essen. Das Schweigen zwischen ihnen war drückend.

„Vielleicht war es noch zu früh.“, brach Angelo es.

„Was war zu früh?“

„Deine Entlassung.“

Nathaniel schüttelte den Kopf. „Sie hätten mich nicht raus gelassen, wenn ich noch zu krank gewesen wäre. Das Gift hat mich einfach nur extrem geschwächt. Ich brauche Ruhe und Zeit, etwas das ich hier eher finde als dort.“

„Sicher?“

„Sicher. Hier bin ich nicht eingesperrt, zumindest fühle ich mich hier nicht eingesperrt.“ Nat leerte seine warme Milch. Zögernd fügte er hinzu. „Können wir über etwas anderes reden?“

Angelo erhob sich, sammelte die Tabletts ein, stellte sie auf den Flur und erklärte. „Könnten wir, aber ich glaube du bist gerade viel zu platt dazu. Schlaf weiter.“

Seine Besorgnis war deutlich und Nat war zu müde um zu widersprechen, also legte er sich zurecht und schloss die Augen. Einige Zeit später bekam er im Halbschlaf mit, wie Angelo zu ihm ins Bett kam und hin an sich zog. Er kuschelte sich instinktiv an seinen Schützling und glitt in richtigen Schlaf hinüber.

Neues Familienmitglied

Author's note:

Hi ihr,

danke für die lieben Kommentare an Kuurokami und Futuhiro und die Favoeinträge.

Hier kommt ein Kapitel darüber, wie Nat sich in Angelos Familie eingliedert, also nichts großartiges. Ich verspreche, dass es später wieder spannender wird. Leider bin ich noch nicht bei der Szene und es gibt noch Zeit in der Angelo und Nat sich zusammenraufen müssen. Darum wer noch Wünsche hat, was den beiden in dieser Zwischenzeit passieren könnte, kann sie mir zusenden und ich sehe, ob sie sich einbauen lassen...

Bitte, helft mir aus dem, was-soll-zwischen-fest-eingeplanten-Szenen-passieren-Tief, heraus.

Ich danke den Freischaltern für ihre Mühe.
 

Angelo
 

Angelo erwachte von einem Klopfen an seiner Tür und der plötzlichen Anspannung des Körpers neben sich. Verschlafen grummelte er: „Ja?“

Herein trat seine Mutter, sie trug ein Tablett mit frischen Brötchen, einer Kanne Kaffee und Aufschnitt. Ihre Genia folgte mit dem Geschirr.

„Guten Morgen. Ich dachte ich bringe euch das Frühstück.“

Ein leises Murren neben ihm erklang, aber mehr gab Nathaniel nicht von sich. Angelo betrachtete den Sphinx, dessen Ohren aufgerichtet waren und dessen Schwanzspitze gegen seine Waden schlug.

„Hallo Nat, ich bin Angelos Mutter Maria del Chiarore.“, stellte sie sich vor und das Tablett auf Angelos Schreibtisch ab. Es war erkennbar, das ihre Kinder ihre Nase geerbt hatten. Ihre Genia goss Kaffee in eine Tasse, gab geschäumte Milch und einen Löffel Zucker hinzu. „Hier Angelo.“

„Danke, Adriana.“ Er nahm die Tasse entgegen. „Nathaniel das ist Adriana Griffith, die Genia Intima meiner Mutter und Duncans Frau.“, erklärte er dem Sphinx.

Sie füllte gerade Kaffee in eine zweite Tasse. „Milch? Zucker?“, erkundigte sie sich bei Nat, der sie verschlafen ansah und zur Begrüßung nur ein schlappes: „Hallo.“, herausbrachte. Seine Ohren drehten sich jedem noch so kleinen Geräusch zu, er antwortete ihr leise: „Bitte beides.“

„Wie viele Löffel?“, wollte sie wissen.

Verdutzt bemerkte Angelo wie Nat errötete und die Bettdecke betrachtete. „Drei.“, flüsterte der Genius schließlich.

Adriana enthielt sich eines Kommentars und gab die gewünschte Menge Zucker in die Tasse, ehe sie diese an Nat weiterreichte. Sie lächelte den Sphinx an. „Wir sind erst spät heute Abend wieder da und waren neugierig auf dich.“ Sie zwinkerte den Jungs zu. „Viel Spaß beim Faulenzen Angelo und du erhol dich gut.“ Damit stand sie auf. Nats Blick glich dem einer Katze, die man mit Futter zu bestechen versucht und welche einem deutlich zu verstehen gibt, dass sie das Futter nur annimmt, weil sie das so will und es keineswegs bedeutet, dass man irgendwelche Ansprüche auf sie hat.

Maria grinste und zerwuschelte Nats Haare, worauf der mit einem gereizten Fauchen reagierte, was ihr Grinsen noch erweitert.

Angelo seufzte, er konnte sehen, dass seine Mutter einen Narren an Nat gefressen hatte. Sie liebte Katzen.

„Ich freue mich, dass du hier bist. Vielen Dank für die Rettung meines Sohnes, ich bin fast vor Schreck gestorben, als ich hörte, er wäre von einem Manticor angegriffen worden und im Krankenhaus.“

Nats Worte waren leise und nicht zu verstehen, zumal er nun auch noch einen Schluck Kaffee nahm. Angelo schloss daraus, dass dem Sphinx die ganze Szene peinlich war.

„Macht euch einen schönen Tag.“, wünschte Maria noch, ehe sie und Adriana gingen.

„Ist deine Mutter immer so?“, murrte Nat.

„Ja, sie ist eine typische italienische Mamma.“, gab Angelo zu.

„Heißt das, die benimmt sich immer so?“

„Nur wenn du so katzenhaft bist.“

„Hmpf.“

Angelo grinste. „Du bist gerade sehr katzenhaft.“

„Liegt an der Gestalt.“, teilte Nat ihm mit und schleckte die Crema aus seiner Tasse um dann Angelo die Zunge herauszustrecken. Angelo lachte, so könnte der Morgen öfter beginnen, überlegte er. Nur sein Genius sollte dann gesund sein. Er angelte sich zwei Brötchen und legte eins auf Nats Teller. „Lass uns frühstücken. Ach ja, welche deiner Uniunterlagen brauchst du? Hast du jemanden, der für dich mitschreiben kann?“

„Warum fragst du?“

„Dein Studium ist dir doch wichtig.“

„Ja, schon...“ Nats Stimme verklang und er hielt den Blick auf sein Brötchen gesenkt.

„Hör mal, du kannst dein Studium beenden, ich geh mit dir in die Veranstaltungen. Ich möchte meines natürlich auch gerne beenden, dazu müssen wir nur unsere Stundenpläne entsprechend umändern.“, ereiferte Angelo sich.

Der Unglaube, welcher auf Nats Gesicht zu sehen war, traf ihn. „Du bist mein Genius intimus, nicht mein Sklave!“, knurrte er. „Das du mich beschützen musst, bedeuten nicht, dass du kein eigenes Leben mehr hast. Du kannst dein Studium zuende führen oder auch nicht, ganz wie du es möchtest. Du kannst weiter im „Imago“ jobben, wenn du das willst. Wir müssen nur unsere verschieden Tätigkeiten koordinieren, damit wir beide noch Dinge tun können, welche wir gerne tun, verstehst du?“

Nach einer ganze Weile erwiderte Nat: „Ich glaube schon.“

„Gut. Möchtest du noch Kaffee?“

„Ja.“

„Bleib liegen. Ich hol dir welchen.“
 

Später am Tag, beobachtete Angelo wie Nat neben ihm die Treppe hinunterklet-terte. Der Sphinx hatte deutlich gemacht, dass er es alleine bis ins Speise-zimmer schaffen wollte, also verfolgte Angelo seine Bemühungen und ballte die Fäuste. Nat setzte zuerst seine rechte Hand auf, gefolgt von der linken Hinter-

pfote um dann hastig, die rechte Hinterpfote aufzusetzen. Sie kamen nur langsam voran. Und am Ende der Treppe brauchte Nat eine Pause, bevor er weiter ins Speisezimmer hinkte.

Inzwischen wusste Angelo, warum bei Nats Kleidung, die Seiji ihm ins Krankenhaus gebracht hatte, dünne fingerlose Handschuhe dabei gewesen waren, denn Nats Gang war der eines Vierbeiners. Nat hatte sie sich übergestreift, bevor er das Zimmer verlassen hatte. Schritt für Schritt kamen sie dem Esszimmer näher. Nats Atmen ging heftig als sie den Raum erreichten, trotzdem wies er Angelos Hilfsangebot mit einem Kopfschütteln zurück.

Alle Augen richteten sich auf sie als sie eintraten, wobei nur Lucius und Duncan zuhause waren. Mit einem halbwegs eleganten Sprung landete Nat auf einem Stuhl. Angelo nahm neben ihm Platz.

Charlotte, die Köchin, brachte die Suppe. Angelo fiel auf, wie Nats Ohren dem Geräusch ihrer Schritte folgten. Doch mehr ließ sich der Sphinx nicht anmerken. Als sie bei ihm ankam um die Suppe aufzutun, stutzte sie und murmelte: „Einen Moment.“

Verwirrt verfolgten alle, wie Charlotte in der Küche verschwand und schließlich mit einer Wasserschüssel, einem Stück Seife und einem Küchenhandtuch wiederkam.

Sie hielt Nat die Schussel, während er sich mit glühendem Gesicht die Hände wusch und ein: „Danke.“, wisperte. Die Handschuhe nahm sie ihm ab um sie bei Seite zulegen.

„Mist, sorry. Daran habe ich gar nicht gedacht.“, meinte Angelo.

„Es ist ja auch nur so, wenn ich diese Gestalt habe.“, erwiderte Nat knapp.

„Mir scheint, wir können eine neue Tischsitte einführen oder eher eine aus dem Mittelalter wieder aufleben lassen.“, klinkte sich Lucius ins Gespräch ein.

„Ich dachte du magst es nicht so feudal?“ Duncans trockene Stimme enthielt einen Hauch Amüsement.

„Nun ja, wenn es sich als sinnvoll erweist, warum nicht zu den Wurzeln zurück-kehren und vor jedem Mahl eine Schüssel zum Hände waschen reichen lassen?“, gab Lucius zurück.

Angelo fühlte wie ihm ein Stein vom Herzen kullerte. Auch wenn die Diskussion seltsam war, sein Vater wollte Nat damit integrieren. Und dadurch, dass es Pflicht für alle wurde, Nat die Verlegenheit nehmen um eine Notwendigkeit zu bitten, solange er in seiner Sphingengestalt bleiben musste.

„Also doch hochherrschaftliche Dinner, Bea wird vor Begeisterung das Geschirr zerdeppern.“, stellte Duncan fest.

„Wie auch immer. Guten Appetit.“ Lucius schien nicht gewillt die Diskussion weiter zu führen.

Größtenteils schweigend aßen sie. Angelo hatte erwartet Duncan würde Nat eine Lektion über, wie schütze ich einen Hellseher, erteilen, sobald er wieder auf ihn träfe, nur lag er damit wohl falsch. Es war Lucius der versuchte ein Gespräch in Gang zu bekommen: „Was studierst du eigentlich, Nat?“

„Philosophie und die Ars Magicae.“, wurde ihm knapp geantwortet.

„Eine anspruchsvolle Wahl. Hast du dich schon spezialisiert?“, bohrte Lucius weiter.

„Ich bin noch im Grundstudium.“, wich Nat aus.

„Papa!“, empörte sich Angelo. Solche Fragen waren immer lästig, musste sein Vater die unbedingt jetzt stellen?

Nat nahm einen Bissen von seinem Steak. Vielleicht hatte er genau diese Fragen erwartet.

„Schon gut. Ich weiß, solche Fragen finden die meisten lästig.“, gab Lucius nach.

„Wenn du es weißt, warum fragst du dann?“, grummelte Angelo. Erwachsene! Immer stellten sie solch dämliche Fragen!

„Weil ich Nat kennenlernen möchte, schließlich gehört er jetzt zu unserer Familie.“, versuchte sein Vater zu erklären.

„Ja, aber so ist das wie ein Kreuzverhör.“, murrte Angelo.

„In diesem Fall muss ich deinem Sohn recht geben.“, schaltete sich Duncan ins Gesräch ein, woraufhin ihm Angelo verdutzt ins Gesicht blickte.

„Er ist verletzt und sollte sich erholen, alle Fragen können warten bis er wieder gesund ist.“, erklärte der Genius gelassen.

„Und was dann? Ein Test oder wie?“, zischte Angelo. Das wurde ja immer besser. Erst diese lästigen Fragen zum Studium und nun, noch so etwas.

„Gar keine so schlechte Idee. Dabei würden wir mehr über seine Fähigkeiten erfahren, bevor wir mit den richtigen Übungen beginnen.“, stimmte Duncan ihm auch noch zu.

„Du spinnst, Duncan!“, fauchte Angelo. Nat zu testen war als würde Duncan, dessen Fähigkeit Angelo zu schützen in Frage stellen und das, nachdem er ihm schon einmal das Leben gerettet hatte.

„In Ordnung. Testen Sie mich ruhig.“

Angelos Kopf fuhr zu Nat herum. Der Blick des Sphinx war auf Duncan gerichtet. Er wirkte weder überrascht, noch erbost über die Idee.

„Aber...“, begann Angelo.

„Du bist deiner Familie wichtig, deswegen möchten sie wissen, ob ich dich schützen kann, außerdem sollten dein Vater und sein Genius meine Fähigkeiten kennen, da sie, soweit es mir bekannt ist, deine Ausbildung zum Filid be-

treuen.“, erklärte sein Genius ruhig.

„Wie kannst du das einfach so hinnehmen?“, wunderte Angelo sich.

Nat zuckte mit den Schultern, wobei er das Gesicht verzog. „Es ist sinnvoll und logisch nachvollziehbar. Sie müssen meine Fähigkeiten kennen, wenn sie uns beibringen wollen zusammen zuarbeiten.“

„Trotzdem...“

„Es wäre anders, wenn wir uns früher gefunden hätten, weil wir dann zusammen ausgebildet worden wären.“, Nat klang gelassen. „Jetzt ist es eben so und da ist ein Test wirklich keine schlechte Idee.“ Einen Augenblick schwieg er. „Seiji hat mich gut ausgebildet, ich bin mir sicher, mit diesem Test zurecht zu kommen.“

„Aber du...“

„Es ist für mich in Ordnung. Ich bin sogar neugierig darauf, wie ich bei einem Test durch Duncan abschneide.“

Angelo atmete tief ein. „Es stört dich nicht?“

„Kein bisschen. Ich kann es verstehen.“

„Du hast einen Manticor besiegt, reicht das nicht?“

„Dabei habe ich aber Duncan nicht meine Fähigkeiten bewiesen und darum würde es bei einem Test gehen.“

„Ich verstehe dich nicht.“

„Das brauchst du auch nicht.“, gab Nat zurück. Er drehte die Gabel in seinen Fingern, legte sie weg und verbarg sein Gähnen hinter seiner Hand.

„Ihr streitet euch als wärt ihr schon länger zusammen.“, stellte Lucius fest. „Ich glaube Nat wurde für heute genug gefordert.“

„Sehe ich auch so.“, stimmte Duncan zu, erhob sich und ging zu Nat hin. „Erlaubst du mir dir behilflich zu sein?“

„Wie sähe das aus?“

„So wie bei deinem Vater.“

„Nur bei der Treppe.“, schränkte Nat ein.

„Sag mal, seit wann habt ihr euch verbündet, ich dachte du magst ihn nicht?“ Angelo schüttelte den Kopf. Duncan benahm sich als wäre Angelo eines seiner Jungen und das, obwohl er im Krankenhaus so Pflichtversessen gewesen war.

„Du hast mir eben den Fehler in meiner Denkweise vor Augen geführt,“ gab Duncan zurück, während er Nats Handschuhe holte, „...unter anderem. Lucius hatte Gestern eine Vergangenheitsvision, über Nat.“

Nat blickte nun zu ihm auf. „Worüber genau?“

„Training im Zirkus. Ich verspreche dir etwas, hier wirst du nur bei Übungs-kämpfen Schläge einstecken müssen und keiner wird dich irgendwo einsperren.“ Duncans Stimme war ernst. Er reichte Nat die Handschuhe, der sie annahm.

„Damit kann ich leben.“

„Stures Kind.“, erklärte Duncan, ergriff Nats Taille und hob den Sphinx hoch. „Du gehörst ins Bett und solltest nicht darauf bestehen dich zu überanstrengen nur um mir etwas zu beweisen.“

Einen Augenblick glaubte Angelo, Nat würde sich gegen die Behandlung wehren, dann schlang der Sphinx seine Arme um Duncan, damit dieser ihn besser tragen konnte.

„Clive hast du nur so behandelt, wenn es ihm richtig mies ging.“, staunte Angelo.

„Clive konnte ich nur erziehen bis er zwölf war und außerdem geht es deinem Genius richtig mies.“, erwiderte Duncan.

„Bin ich ein Sack Reis oder warum, verhaltet ihr euch als könnte ich euch nicht hören?“, maulte Nat, was Duncan zum Lachen brachte.

„Wunderbar er besitzt eindeutig Widerspruchsgeist, denn braucht er in dieser Familie.“, war Duncans Kommentar dazu.

„Ach, hast du das jetzt erst bemerkt?“, wollte Angelo wissen.

„Nein, aber ich kommentiere es jetzt.“

„Hey!“, entfuhr es Nat.

„Vergiss es, wenn die beiden mit diskutieren anfangen, vergessen sie alles um sich herum,“ erklärte Lucius ihm.

„Von wegen!“, kam es unisono von Angelo und Duncan.

Lachend begleitete Lucius sie, als Duncan Nat zurück ins Bett trug.
 

Am späten Nachmittag klopfte es an die Zimmertür, als Angelo gerade dabei war den Sphinx zu zeichnen, wie er auf dem Bett ringelte. Ihm gefiel das Bild ein-

fach zu gut. Er seufzte, weil der Sphinx zusammenschrak und erwachte. Angelo legte den Block zur Seite und rief: „Herein.“, Es trat ein großer, schlanker Mann mit weißem Haar ein.

„Was gibt es denn, Liam?“, erkundigte sich der Hellseher.

„Besuch für ihren Genius.“, war die knappe Antwort, wobei er die Luft prüfend einsog. Liams Blick richtete sich auf Nat, der ihn aus großen Augen mit ange-

legten Ohren anstarrte.

„Bitte, unterlass es die Möbel zum Krallenschärfen zu verwenden.“, wandte der Butler sich an den Sphinx.

Nats Blick wurde verächtlich. „Oh, dann werde ich mich wohl mit einer Nagelfeile begnügen müssen, dabei dachte ich der antike Esstisch wäre herrlich zum Krallen-schärfen, zu schade aber auch.“, erwiderte der Sphinx mit mehr als nur einem Hauch Sarkasmus.

Angelo beobachtete, wie Liam die Nase kraus zog und Nats Erwiderung überging. „Eine Hien-Xi Night, bat darum ihren Genius sehen zu dürfen. Sie hat Sachen für ihn dabei. Soll ich sie einlassen, Master Angelo?“

„Bitte, tu das, Liam.“

Der Butler wandte sich ab und Nat nieste, bevor er demonstrativ seine Krallen betrachtete. „Sie müssten wirklich geschärft werden, ob es ihn wohl sehr auf-

regt, wenn ich das Treppengeländer dazu verwende?“, überlegte er.

Entgeistert blickte Angelo Nat an. „Das hast doch nicht wirklich vor?“

„Natürlich nicht. Ich könnte es mir nicht leisten die zerkratzen Möbel zu er-

setzen, außerdem so weit reicht meine Erziehung dann doch...“ Der Sphinx grin-

ste. „Aber seinen Gesichtsausdruck, angesichts eines zerkratzen Geländers würde ich schon gerne sehen. Nur, wenn ich daran Kratzer hinterlasse, geschieht es eher unabsichtlich. Warum hat er dich nicht in die Uni begleitet, er ist doch ein Genius?“

„Er hat sich bei der letzen wilden Jagd, den Arm gebrochen.“, gab Angelo zurück.

„Typisch, Köter.“

Angelo schüttelte den Kopf. Das konnte herrlich werden. Liam mochte Nat nicht und Nat gefiel es anscheinend den Butler zu ärgern, da gingen wohl ihre In-

stinkte mit ihnen durch.

„Lass es lieber, Liam ist ein Feenhund.“, riet er seinem Genius um Streit ihm Haus zu vermeiden.

„Das macht es gerade interessant.“, gab Nat zu verstehen.

„Typisch Katze. Liam wird seines Lebens nicht mehr froh, wenn du dich mit Felicitas verbündest.“, stellte Angelo Kopf schüttelnd fest.

„Mal sehen.“, erwiderte Nat vage.

Erneut klopfte es und Hex kam zu ihnen. „Hallo, ihr beiden. Ich hab dir Klamot-

ten, Uniunterlagen und ein paar DVDs mitgebracht.“, grüßte sie.

„Wieso respektierst du sie und Liam nicht?“, erkundigte sich Anglo interessiert. „Und warum stört dich Seiji nicht?“

Nat zuckte mit den Ohren und gähnte. „Seiji kann zuviel, außerdem hat er mich befreit. Und Hex ist ein Fuchs, das ist etwas ganz anderes.“, teilte er Angelo mit.

„Worum geht es?“, wollte Hex wissen.

„Darum, dass er unseren Butler nicht abkann.“, antworte Angelo.

„Ach, das. Er mochte Hunde noch nie. Ich hoffe euer Butler ist gutmütig.“, meinte Hex.

Angelo seufzte. „Nun, er kann sich eben nicht mit allen vertragen.“

„Wie überaus weise. Hex, gibt’s du mir mal den Rucksack und welche Filme hast du mitgebracht?“, lenkte Nat ab.

Angelo musterte Nat, der im Rucksack kramte, und die Sachen einer gründlichen In-

spektion unterzog. Der Sphinx hielt inne, hob eine Spielzeugmaus hoch und warf sie Hex zu. „Wozu, soll die bitte gut sein?“, maulte er.

„Na, falls dir langweilig ist, kannst du sie jagen.“, informierte sie ihn grinsend.

„Du hast da etwas übersehen, ich bin ein Sphinx, keine Hauskatze.“, murrte er nur, woraufhin sie kicherte und Angelo eine DVD unter die Nase hielt. „Wie wär’s lass uns die ansehen?“, schlug sie vor.

"Oh ja, die passt wie die Faust auf's Auge!", antwortete er ihr.

Nachdem das Geplänkel damit beendet worden war, lagen alle drei auf Angelos Bett und sahen sich mehrere Folgen „Tom und Jerry“ an, die Hex mitgebracht hatte.

Prüfungen

Author’s note:

Hatte ich etwas von Kreativtief und Stress gesagt? Äh, na ja... in den letzten Tagen hat sich folgendes Kapitel entwickelt, außerdem kam von Kuurokami eine Anregung. Ich hoffe es ist mir gelungen darauf einzugehen.

Meine Frage gilt trotzdem noch, weil ich immer noch nicht dort angekommen bin, wo ich hinkommen will mit der Story.

Diesmal wird es etwas actionreicher und mystisch. Ich danke für die inzwischen 6 Favoriten.

Mein Dank auch an die Freischalter, besonders, weil es diesmal ein längeres Kapitel ist.

Genug des Vorgeplänkels. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.
 

Nathaniel
 

Die nächsten Tage verbrachte Nat hauptsächlich mit Schlafen, allerdings zumeist mit wachsam aufgestellten Ohren, welche jedes Geräusch einfingen. Wenn er nicht schlief, las er in seinen Unterlagen oder lernte Angelo und dessen Familie besser kennen.

Eigentlich hätte er genug Zeit gehabt, um sich mit seiner Situation abzufinden, aber er dachte an alles mögliche nur nicht daran, außer er war gezwungen sich damit zu befassen. Sobald er sich fit genug fühlte, begann er Morgens Dehnübungen und Schattenboxen zu machen, wobei ihm Angelo kopfschüttelnd zusah, bis Nat erklärte, dass dies nicht besonderes sei. Eigentlich hatte Nat nie damit aufgehört Morgens Dehnübungen, Kampfübungen und Turnübungen zu machen, außer in den seltenen Fällen in denen er Morgens verschlafen hatte. Seit seiner Zirkuszeit war er es gewöhnt mindestens eine Stunde täglich seinen Körper zu trainieren.

Er fühlte sich einfach nicht gut, wenn er das Training ausfallen ließ, obwohl er über Seijis Trainingsmethoden maulte und so tat als wolle er nicht trainieren. Es war ihm egal, ob da noch unverarbeitete Ängste dahinter steckten, jedenfalls war es ihm wichtig, körperlich fit und in der Lage zu sein sich zu verteidigen.

Es dauerte etwa eine Woche bis er sich von dem Gift einigermaßen erholt hatte. In der Zeit begannen Lucius und Duncan schon ihm grundlegende Dinge, welche einen Hellseher betrafen beizubringen, die er nicht in der Schule oder von Seiji gelernt hatte, aber zunächst natürlich nur in der Theorie.

Nat, stellte fest, dass der Hellseher nicht so hochnäsig und arrogant war, wie er wirkte, zumindest behandelte er ihn nicht wie einer Diener, sondern wie jemand Gleichgestelltes. Er bekam auch mit, dass Angelo versuchte es ihm hier so gemütlich zu machen wie möglich und sich ernsthaft um ihn sorgte, dennoch lehnte er ihre Verbindung immer noch ab. Er wollte nicht für den Rest seines Lebens an diesen Fremden, noch war Angelo ihm fremd, obwohl sie schon einige Tage aufeinander hockten, gebunden sein.

Es störte ihn, dass er genau daran nichts ändern konnte, dabei war ihm Angelo noch nicht einmal total unsympathisch.

In seiner Erholungszeit verhinderte er Angelos Visionen, merkte jedoch, dass diese wiederkehrten und den Hellseher unruhig werden ließen. Ein oder zweimal, erlebte er mit, wie Angelo Geschehnisse in spiegelnden Oberflächen sah.

Doch in der Woche lernte Nat, dass er sich, obwohl er von der Familie des Hellseher, den Butler ausgenommen, freundlich aufgenommen wurde, in der Villa einfach nicht wohl fühlte.

Alles war edel, teuer und strahlte alten Adel aus. Dinge mit denen Nat nicht viel Erfahrung hatte und, die ihn nervös und unsicher werden ließen. Er schämte sich jedes Mal beim Essen, dass nun tatsächlich das Hände waschen aus einer Schüssel vor dem Essen eingeführt wurde. Und er kam sich wie im Restaurante vor, wenn Charlotte ihm das Essen servierte.

Zu Anfang verwechselte er die verschiedenen Gabeln und Messer und kam sich einfach nur unglaublich dumm vor. Er wusste er würde dies alles und noch viel mehr lernen müssen, weil Angelo später ein Diplomat und ein wichtiger Ratgeber der Regierung werden würde, dennoch fand er es einfach lästig sich damit befassen zu müssen.

Die Untersuchungen im Krankenhaus waren fast schon eine willkommene Flucht aus dieser fremden Umgebung.

Nachdem die Ärzte ihn für gesund erklärt hatte, beraumte Duncan den besprochenen Test an.
 

Es war ein schöner Sommernachmittag, als sie das Trainingscenter in der Nähe aufsuchten.

Die beiden Genii intimii begleiteten ihre Schützlinge in menschlicher Gestalt. Nat war froh darüber, dass es ihn nun nicht mehr anstrengte seine menschliche Gestalt beizubehalten.

Seiji hatte Nat seine Trainingsklamotten gebracht, welche aus einem besonderen Stoff bestanden, der eine Verwandlung der Genii mitmachte. In diese schlüpfte Nat nun, wobei er Angelo ihm zusah. Er wusste, dass Angelo den Test für unnötig hielt, doch Nat wollte diesen ihn. Zum Einen hatte er nie gegen einen Greif gekämpft und war gespannt darauf, wie Duncan kämpfte, zum Anderen wusste er, dass der Übungskampf Duncan eine Gelegenheit geben würde sein Können einzu-schätzen. Da Duncan von nun an seine Ausbildung, darin einen Hellseher zu schützen, übernehmen würde, musste dieser einen Einblick in Nats Können erhalten.

Mit leicht klopfendem Herzen betrat er die, für sie reservierte, Übungshalle. Dort warteten Lucius, Duncan und Seiji, der es sich nicht hatte nehmen lassen, dem Test beizuwohnen, sobald er davon erfahren hatte.

Aus Gewohnheit verbeugte Nat sich vor Seiji. So hatten ihre Übungskämpfe immer angefangen.

Er folgte Angelo zum anderen Ende der Halle, wo der Hellseher sich miesmutig in einen markierten Kreis stellte. Lucius tat auf der anderen Hallenseite das Gleiche. Seiji stellte sich an die Mittellinie, er würde den Schiedsrichter machen. Auf sein Zeichen hin, legte Nat Angelo die Hände auf die Schulter. „Scutum absolutum! Protegete!“, murmelte er, wobei er sich diesmal Zeit nahm den Schild aufzubauen, ehe er vor Angelo trat und Lucius Angriff erwartete. Solange es nicht nötig war, würde er sich nicht verwandeln. Schon in den Tagen zuvor hatte er Angelo über Duncans Können ausgefragt und dann Bücher über Greife aus der Bibliothek der Villa geholt und durchgeblättert. Schließlich hatte er diesmal das Glück sich auf seinen Gegner vorbereiten zu können.

Dennoch zuckte er heftig zusammen als auf Duncans Handbewegung hin ein Feuerstrahl auf ihn zuschoss. Er hatte gerade noch Zeit „Exstingito!“ zu rufen, bevor das Feuer ihn versengen konnte. Auf seinen Befehl hin, erlosch das Feuer. Lauwarme Luft schwappte über Nat hinweg, der gerade noch rechtzeitig die Arme hoch bekam, um sich vor dem Hieb eines harten Schnabels zu schützen. Der Greif hatte die Zeit, in der Nat mit dem Feuer beschäftigt gewesen war, genutzt sich zu verwandeln und die Entfernung zu überbrücken.

Der Schnabel fuhr in Nats Arm, er schrie auf. Fauchend wich er einem Klauen-schlag aus, blieb aber vor Angelo. „Rigescito!“, zischte er den braun-goldenen Greif an und hoffte der Zauber würde eine Weile halten.

Durch seinen Zauber plumste der plötzlich erstarrte Greif aus der Luft. Nat verwandelte sich. Klatschend öffneten sich seine schwarzen Flügel und er stürzte sich auf den bewegungslosen Greif nur um rückwärts zu kugeln als dieser den Zauber abschüttelte und mit dem Schnabel nach ihm hieb. „Succeto mihi!“, zwang er Duncan sogleich einen neuen Zauber auf, um ihn von Angelo fort-

zubekommen, stieß sich ab und flog zur Hallendecke.

Er war selbst erstaunt wie leicht es war Duncan zu verzaubern, allerdings hielten seine Zauber immer nur ein paar Sekunden, doch reicht es um den Greif abzulenken. Duncan folgte ihm in die Luft. Hastig wich Nat einem neuen Feuerball aus den Duncan nach ihm warf. Er konnte und wollte nicht jeden davon zum Er-

löschen bringen und zum Glück war die Halle mit Bannsprüchen gesichert, die jegliche Magie erlöschen ließ, ehe sie diese beschädigte.

Dummerweise gelang es Duncan dadurch über ihn zu gelangen. Nat spürte wie die Adlerklauen auf ihn zukamen. Es gelang ihm beide zu ergreifen, nur leider besaß der Greif noch einen scharfen Schnabel. Ohne nachzudenken, nutzte er Duncans Schwung gegen diesen und zerrte ihn über seinen Kopf nach unten. Da der Greif größer war als Nat, kam diesem die Schwerkraft etwas zu Hilfe. Als er Duncan losließ trudelte dieser in die Tiefe, schaffte es aber sich zu fangen, bevor er auf dem Boden aufschlug, wahrscheinlich nutzte er die Kunst des Schwebens, welche jeder flugfähige Genius besaß.

Eine ganze Weile jagten sie sich kreuz und quer durch die Luft in der Halle. Einmal entkam Nat einem Feuerzauber nur knapp indem er in der Luft einen Salto vollführte, da Duncan diesen in seine Flugbahn geschickt hatte.

Entsetzt bemerkte Nat, wie ihn allmählich seine Kraft verließ, als sein Flügel-

schlag ins Stocken geriet. Er sackte kurz ab, in diesem Moment war Duncan über ihm und zwang ihn zu Boden. Adlerklauen fixierten seine Flügel. Nat ließ sie verschwinden, drehte sich unter dem Körper über ihm und zog seine Krallen durch das Brustgefieder des Greifes. Er atmete keuchend und konnte nicht verhindern, das Duncan seinen Arm einfing.

Wäre dies kein Übungskampf, wäre nun der Moment indem Nat seinen gefährlichsten Zauber einsetzen müsste. Ein Zauber, den er noch nie gegen ein anderes Lebewesen angewandt hatte, aber gegen Übungspuppen.

„Schluss!“, hörte er Seiji rufen. Duncans Griff löste sich und Nat sankt schnaufend auf den Boden.

„Was hättest du in einem echten Kampf jetzt getan?,“ fragte der Greif.

„Dich zerstört.“, stieß Nat keuchend hervor. Duncan wandte sich Seiji zu.

„Hätte er?“

„Wahrscheinlich.“

„Beweise es.“, befahl Duncan.

„Okay.“, seufzte Nat. Er wusste, der Zauber würde ihm für diesen Tag den Rest geben. Noch hatte er seine alte Kondition nicht wieder. Er beobachtete, wie Seiji eine der Übungspuppen holte. Nat atmete tief ein. „Rumpi!“, stieß er hervor und schleuderte seine letzte Kraft auf die Holzpuppe. Seiji duckte sich in weiser Voraussicht, Lucius und Angelo taten es ihm automatisch gleich. Anscheinend warnte sie ihr Talent.

Duncan riss seinen Flügel vor sein Gesicht als die Übungspuppe in mehrere Stücke zersprang, als würde sie von innen heraus explodieren. Nat hatte sich, kaum hatte der Zauber seine Lippen verlassen, fallen gelassen und den Kopf in den Armen vergraben. Er stöhnte auf als ein hölzerner Arm auf ihm landete. Duncan bekam den Torso ab und Seiji wich einem Holzbein aus. Der Kopf prallte von dem Schild ab, welche Nat um Angelo errichtet hatte.

„Eindrucksvoll.“, murmelte der Greif als er seinen Flügel senkte. „Das hätte mich wahrscheinlich umgebracht, wenn du es auf mich gerichtet hättest.“

„Mhm.“, machte Nat nur. Er schloss die Augen. Er mochte den Zauber nicht, weil er viel Kraft verlangte. Er hatte ihn nur gelernt um in einer Notsituation nicht derjenige zu sein, der unterlag.

Duncan schüttelte Holzstaub aus seinen Federn. Angelo ging neben Nat in die Knie und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich hoffe den musst du nie gegen ein Lebewesen einsetzen.“, sagte er.

„Ich auch.“, krächzte Nat und lächelte matt.

„Unentschieden, gegen einen Greif. Das war ziemlich gut, aber du bist eindeutig noch nicht wieder völlig fit.“, stellte Seiji fest.

„An den Zaubern werden wir noch feilen und an anderen Sachen auch, aber du bist erstaunlich weit, wenn ich deine Geschichte bedenke.“

Nat drehte sich auf die Seite und blickte Duncan an. „So sehr ich es auch da gehasst habe, die Zeit im Zirkus war nicht völlig verschwendet. Meine Gelenkig-

keit und die akrobatischen Tricks sind etwas, womit die wenigsten Rechnen, selbst wenn sie wissen, dass Sphingen Wortmagier sind.“, erklärte er Duncan, der ihm zu seiner Verwunderung das Haar zerzauste.

„Igitt! Warum tun das alle Leute!“, beschwerte er sich.

„Weil du niedlich bist.“, antwortete Seiji.

„Na toll! Ich mag es aber nicht!“

Angelo kicherte. „Freu dich doch darüber, dass du gemocht wirst.“

Nat schüttelte sich, strich mit einer Hand durch sein Haar und nieste.

„Oh, Klasse Holzstaub. Ich muss mich dringend waschen!“

„Das müssen wir alle, nach deiner Demonstration. Und wir beide müssen unsere Wunden verbinden.“, gab Duncan zurück. „Ach ja, es gibt da eine kleine Wohnung in der Nähe der Uni, die dir und Angelo gefallen könnte.“

Nat riss die Augen auf. „Was bitte?“

„Da du dich in der Villa nicht wohlfühlst, haben wir beschlossen euch zu er-

lauben in eine eigene Wohnung zu ziehen, sollte das Ergebnis des Test mir gefallen.“, erwiderte Duncan. „Natürlich nur, wenn Angelo auch damit einverstanden ist, heißt das.“

Nat blickte von Duncan zu Lucius, der nur nickte und dann zu Angelo, der genauso überrascht wirkte, wie er sich fühlte.

„Wenn die Wohnung in Ordnung ist, machen wir das. Ausziehen, meine ich.“, beant-wortete der Hellseher Nats unausgesprochene Frage. „Wie es scheint bin ich der Einzige, der nicht eingestaubt ist. Dein Schild ist echt klasse. Komm ich helf’ dir in die Dusche und mit deinem Arm.“

Nat knurrte ihn an, ließ sich aber von Angelo auf die Beine ziehen. „Als wenn das nötig wäre.“

„Du siehst jedenfalls völlig fertig aus.“

„Bin ich auch.“

„Na, da ich eh mitkommen muss kann ich dir auch helfen.“, stellte Angelo klar.

„Na gut, du darfst mich verbinden und mir den Rücken sowie die Flügel waschen.“, erlaubte Nat ihm gnädig. „Da komm ich alleine nur ran, wenn ich mich halb ver-

renke.“

„Wie war das mit deiner Gelenkigkeit?“, fragte Angelo auf dem Weg in die Umkleide.

„Ach sei still und vergiss das Shampoo nicht.“, gab Nat zurück.

Angelo lachte, sammelte Handtücher, Verbandszeug und Waschzeug ein, bevor sie zusammen in den Duschraum gingen.
 

Zu Nats Verwirrung, nach seinem ausgiebigen Nachmittagsschlaf, war der Tag damit nicht gelaufen. Vor dem Abendessen teilte Lucius Angelo mit, dass dessen Initiationsprüfung in dieser Nacht stattfinden würde.

Die Folge war, dass der hibbelige Hellseher und Nat fasten mussten. Kurz vor Sonnenuntergang kam dann die rituelle Reinigung dran.

Irgendwie war Nat froh, dass sie beide von Lucius auf diese Prüfung vorbereitet worden waren und er zumindest eine Ahnung hatte, was nun auf sie zu kam.

Schweigend schlüpfte er in die, bereitgelegte Kleidung. Eine indigoblaue enge Hose, eine indigoblaue Tunika und schwarze Fingerhandschuhe. Ein langes indigo-blaues Tuch schlang er sich um die Schultern, es war eigentlich ein Tagelmust, aber heute durfte und wollte er ihn nicht richtig anlegen. Er musste sein Ge-

sicht zeigen, es wäre den Druiden gegenüber nicht angemessen mit verhülltem Gesicht vor sie zu treten. Sämtliche Kleidung bestand aus dem besonderen Stoff und war nur für diesen Anlass gefertigt worden.

Nat nahm seine komplette wahre Gestalt an mit Katzenunterleib, Flügeln, Katzen-

ohren und Krallen, weil es so erwartet wurde. Kurz war er versucht sein Fell über den ganzen Körper wachsen zu lassen, ließ es dann jedoch, weil es unhöflich gewesen wäre.

Schweigend beobachtete er Angelo wie dieser nach der Waschung in eine weite, weiße Robe schlüpfte. Um seinen Hals hing ein Kupferamulett, es war ein Kreis um den sich ein keltischer Dreierknoten schlang, das eirische Symbol der Filid.

Mit dieser Prüfung und Angelos hoffentlich darauf folgenden Initiation zum Fili würde er sozusagen offiziell zu dessen Genius Intimus werden.

Nats Krallen kratzten über den Boden. Er sträubte sich innerlich gegen die Prüfung, nur es würde gar nichts bringen dies anzusprechen. Er war Angelos Genius Intimus und es war Angelos vorgegebener Weg Fili zu werden um später Regierungsratgeber zu werden.

Nat seufzte, damit standen ihm selbst kaum noch Möglichkeiten für ein späteres Berufsleben, abgesehen davon Genius Intimus zu sein, offen. Er könnte Angelos Sekretär werden, das war Duncan für Lucius, oder nur als Genius Intimus fungieren und diverse Hobbys haben... nur nicht allzu viele und zu exotische.

Er presste sich eine Hand gegen die Schläfe. Warum musste sein Schützling Angelo sein? Hätte es nicht jemand ganz normales auch getan? Jemand, der nicht aus einer Adelsfamilie mit festgefahrener Rolle stammte?

Das hier war ein Käfig. Keiner aus Metall, Holz und Magie, den man öffnen konnte, sondern einer aus Magie- und Blutsbande, der sich nicht lösen ließ.

Eine Hand legte sich in seinen Nacken und er wurde sanft gekrault. Nat blickte zu Angelo auf.

„Es tut mir Leid.“, wisperte der Hellseher.

Nat schüttelte den Kopf. „Fili wirst du, was du später tust weiß ich nicht genau, aber es ist sinnvoll ein Fili zu werden, die gelten zumindest in einigen Ländern als unantastbar.“, knurrte er den Hellseher an, wobei er nur vernünftige Überlegungen zuließ und ihm gegenüber zugab.

Er glaubte zu ahnen, welche Frage Angelo noch auf der Zunge brannte, schließlich würde es das Band dadurch gestärkt. Es würgte ihn dennoch, jetzt war wohl der Zeitpunkt dafür gekommen, ob es ihm nun gefiel oder nicht. Einige Hellseher konnten sehen, wenn ein Genius Intimus seinem Schützling nicht seinen ganzen Namen genannt hatte. Es war ein Zeichen fehlenden Vertrauens, denn ein Genius durfte allein bestimmen, wem er seinen Namen nannte und dadurch Macht über sich verlieh.

„Mein Name lautet... Mein ganzer Name ist...“ Nats Stimme war rau, kaum zu verstehen und er brach ab, weil er es nicht übers Herz brachte, dafür kannte er Angelo einfach noch viel zu wenig.

„Es ist in Ordnung. Du musst das jetzt nicht tun. Sag ihn mir, wenn du dich dazu bereit fühlst und sollte es nie so weit sein, dann ist es so. Es würde mich zwar sehr freuen, wenn du mir irgendwann soweit vertraust, aber es ist deine Entscheidung wann und, ob du ihn mir überhaupt jemals nennst.“ Der Hellseher ging in die Hocke, seine Hände legten sich auf Nats Schultern und er drückte ihn an sich. „Es ist in Ordnung so, Nathaniel.“

Einen Moment strichen Angelos Hände unter den Flügel längs über Nats Rücken. Es war Nat der sich von Angelo löste. Es fühlte sich so unvertraut und fremd und komisch an, von dem Hellseher in den Arm genommen zu werden. Er war noch nicht bereit sich von Angelo streicheln zu lassen, so wie seine innere Schmusekatze es bei Seiji zuließ.

Und er war definitiv noch nicht bereit ihm seinen gesamten Namen zu nennen, auch wenn es für Angelos Ansehen besser wäre, bevor dieser die Initiationsprüfung ablegte. Eine knappe Woche war einfach zu kurz für ihn um Angelo schon soweit zu vertrauen, als er verletzt war, war es eine Ausnahme gewesen. Er konnte mit Angelo albern und sogar einen Nachmittag lang über Belangloses oder Lieblings-bücher reden, nur tieferes war noch nicht so richtig drin.

Nat richtete seinen Blick auf Angelo, dessen Herzschlag verriet, dass er keineswegs so ruhig war wie er sich gab. „Du schaffst die Prüfung schon. Es dort ja nicht um unsere Zusammenarbeit, sondern um das, was du seit deiner Kindheit gelernt hast.“, ermunterte er den Hellseher, bevor sie in den Garten traten.

Das Gras raschelte unter Angelos bloßen Füßen, während Nats Schritt katzenhaft leise war. Langsam und gemessen schritten sie zu dem Eichenhain im hinteren Teil des parkartigen Gartens der Villa. Dort, so war Nat erzählt worden, befand sich ein kleiner geheiligter Hain mit einer Quelle. Lauer Sommerwind brachte die Blätter über ihnen zum Rauschen, während der Vollmond langsam aufging.

Auf der Lichtung bei der Quelle erwarteten drei Druiden sie mit ihren Genii Intimii. Einer von ihnen war Lucius, die anderen waren Nat unbekannt. Es waren zwei Frauen, auf deren Stirn ein in sich verschlungenes Pentagramm, welches sich um einen Kreis wand, bläulich schimmerte. Eine von ihnen war eine kleine alte Frau mit silbernen Locken, die andere Druidin war in der Mitte ihres Leben mit glatten rotem Haar, welches sie zusammengebunden hatte.

Nat konnte Farben sehen, obwohl nur der Vollmond sie beleuchtete. Selbst die Quelle wurde nicht extra beleuchtet, noch nicht einmal Fackeln oder Kerzen gab es. Die Prüfung würde nur unterm Schein des Mondes stattfinden, doch dies schien keinen der Anwesenden zu stören.

Auf Lucius Stirn erkannte Nat einen um einen Kreis gewundenen keltischen Dreier-knoten. Das Zeichen der Druiden, das keltische Pentagramm trug er als Silber-amulett um den Hals.

An Genii waren, neben Duncan, eine hochgewachsene Frau mit runzeliger Haut und eichengrünem Haar, sowie eine Frau mit rabenschwarzem Haar, welche ähnlich wie Seiji roch anwesend. Nat schätze, dass es sich um eine Dryade und einen Rabengeist handelte.

Er ließ sich an Angelos Seite nieder, sein Blick wachsam auf die Umgebung gerichtet. Er war sich nicht bewusst, das er dabei wie eine aufrecht sitzende Sphinxstatue wirkte, genauso erhaben und geheimnisvoll.

Die rituellen Fragen, welche nicht an ihn gerichtet waren, rauschten über Nat hinweg. Fragen, zu Ehre, Pflicht und Gehorsam den Regeln der Druiden gegenüber. Nat musste nur einmal bestätigen, dass er Angelos Genius Intimus war.

Als die Befragung beendet war, spiegelte sich der Mond in der sanft sprudelnden Quelle. Nat ging neben Angelo zur Quelle als dieser Wasser in eine silberne Schale füllte. Schweigend legte er sich neben seinem Schützling nieder, als dieser sich im Schneidersitz vor die Schale setzte. Angelo wurde das Bild eines etwa zehnjährigen blonden Jungen gereicht.

Die Wortführerin, Nat ging davon aus, dass sie so etwas wie eine Oberdruidin war, befahl Angelo: „Finde heraus, was mit dem Jungen geschehen ist. Seine Mutter hat ihn Gestern als vermisst gemeldet.“

Nat sah wie Angelo schluckte, ehe er den Kopf neigte, in einen gleichmäßigen Atemrhythmus verfiel und auf das Wasser in der Schale blickte. Nat, der wie die Sphinxstatue von Gizé hingegossen neben ihm lag, schaute ebenfalls auf die spiegelnde Wasseroberfläche.

Anders als bei Angelos spontanen Visionen war nicht sofort ein Bild zu sehen. Farbschlieren bildeten sich auf der Wasseroberfläche und formten schließlich Bilder wie in einem Film. Die Bilder waren für Nat sichtbar, aber im Gegensatz zu dem Hellseher konnte er die Geräusche, welche in der Vision auch vorkamen, nicht hören. Es reichte ihm auch schon die Bilder zusehen.
 

Der Junge vom Foto kauerte in einer verdreckten Küche, die Arme schützend um seinen Körper geschlungen, während die Schläge und Tritte eines offensichtlich irgendwie berauschten Mannes auf ihn niederprasselten. Während er auf das Kind einprügelte, schrie der Mann es an.
 

Auch die Worte des Mannes hörte Nat nicht, er sah nur die Mundbewegungen, dennoch hallte das klatschende Geräusch von Fleisch auf Fleisch und schrille Kinderschreie in seinen Ohren wieder. Ohne es wirklich zu merken, legte er seine Ohren an. Sein Katzenschwanz schwoll auf das doppelte seiner normalen Dicke und seine Krallen bohrten sich in die weiche Erde unter seinen Händen. Ein tiefes Grollen vibrierte in seiner Kehle. Aber weder er noch Angelo konnten etwas für diesen Jungen tun, das was Angelo sah war schon geschehen.

Nats Zeitgefühl ließ ihm Stich, so dass er nicht sagen konnte, wie lange es dauerte bis das Kind beängstigend still auf dem versifften Boden lag. Angelo blinzelte und die Szene wechselte.
 

Der Mann holte die Kinderleiche aus dem Kofferraum eines alten, roten Fords um sie nahe bei einem Stauwehr in einen großen Fluss zu werfen. Die Leiche trieb eine Weile oben bis sie schließlich von den Wirbeln unter Wasser gezogen wurde.
 

Hastig glitt Nats Blick, den er bewusst von den Szenen im Wasser losreißen musste, zu Angelos Gesicht. Die Augen des Hellsehers waren geweitet und er war bleich geworden. Die Anspannung seiner Kiefermuskeln verriet seine Wut, dennoch oder eher gerade deswegen war der Hellseher konzentriert bei der Sache.

Nat spürte wie seine Finger in die Erde, die er mit den Krallen durchbohrt hat-

te, glitten. Er senkte seinen Blick auf den mit Eichenlaub bedeckten Erdboden und zwang sich ruhig zu atmen. Ihm wahr als röche er den Gestank von Exkre-

menten, Blut und einigem anderen. Er hustete als wäre seine Kehle ausgedörrt. Jetzt war nicht die richtige Zeit um an Nezzar und Nadir zu denken, er sollte sich besser auf Angelo sowie das Hier und Jetzt konzentrieren.

„Wo befindet sich sein Mörder jetzt?“, fragte die alte Druiden, welche die Prüfung leitete. Nat vermutete, dass er nicht mitbekommen hatte, wie Angelo erzählt hatte, was mit dem Kind geschehen war. Prüfend musterte er den Hell-

seher, der trotz der Fragen nicht aus seiner Trance oder wie auch immer der Zustand nun genau zu bezeichnen war, aufgewacht war.

Neue Bilder formten sich in der Schale.
 

Der Mann von zuvor saß lachend in einer Bar. Er und ein paar andere Männer hatten Karten in der Hand. Eine Flasche Whiskey stand auf dem Tisch. Ein bären ähnlicher Mann schlug dem kleineren Mann mit mausgrauem Haar kameradschaftlich auf die Schulter.
 

„Kannst du uns genau sagen welche Bar das ist?“, hörte Nat die Frage an Angelo.

„Nein, tut mir Leid, sie befinden sich in der Bar. Ich könnte sie später aufmalen, genauso wie eine Phantomzeichnung des Mannes.“, antwortete dieser mit langsamer ruhiger Stimme. „Oder warten, bis er die Bar verlässt und dann sehen ob er nach Hause geht.“

„Tu bitte letzteres.“, wurde Angelo gebeten.

Für Nat zog sich die Zeit wie Kaugummi in die Länge, bis der feucht-fröhliche Haufen aus dem Lokal torkelte. In der Zwischenzeit hatte er sich immer wieder und wieder gewünscht losziehen zu können und den Kerl zu zerfetzen, obwohl er damit den Codex bräche. Er hatte sich ausgemalt ihn nicht nur zu zerfetzen, sondern langsam und bewusst grausam zu Tode zu ängstigten, bevor er ihn dann endlich tötete. Er würde es nicht tun, weil er die Strafe dafür fürchtete, nun vielleicht würde er es doch tun, wenn er diesem Kerl in diesem Moment direkt gegenüber stünde.

Andererseits war der Kerl es nicht wert dafür den Rest seines eigenen Lebens in eine mit Bannsiegeln versehene Wohnung gesperrt zu werden zusammen mit Angelo, der dann von dort aus sein Leben würde regeln müssen.

Nat schüttelte sich immer noch angespannt. Es war eine Erleichterung, als Angelo Straßenname, Hausnummer und die Wohnungsschild sah. Endlich wurde dem Hellseher eine letzte Aufgabe erteilt.

„Sag mir, ob wie das Urteil gegen ihn ausfällt.“, lautete sie. Das der Mann nun, nachdem ein Hellseher, wie Angelo und Lucius seine Tat beobachtet hatte und sein momentaner Aufenthaltsort bekannt war, verhaftet und angeklagt würde war selbstverständlich.
 

Der Richter in seiner magentafarbenen Robe schlug mit dem Hammer auf das Pult vor sich. Im Saal legte sich die Aufregung. Ruhig sprach der Richter. Eine ver-

härmt aussehende Frau schluchzte auf und barg das Gesicht in den Händen. Der Ver-

urteilte saß steinern als ginge ihn das alles nicht an auf seinen Stuhl. Sein An-

walt war aufgesprungen und schrie den Anwalt der Kläger an, welcher genauso kon-

terte. Das Bild verschwamm
 

„Zehn Jahre, auf Bewährung, wegen Kindesmisshandlung und Totschlags unter Drogen- und Alkoholeinfluss. So wenig, nur wegen Anerkennung der verminderte Schuldfähigkeit!“, spie Angelo aus.

Nat zitterte, auch ihm war das zu wenig, aber so war die Justiz. Der Boden unter einen Händen war aufgewühlt. An seinen Krallen hingen getrocknete Eichenblätter. Der Wind strich kühl über sein Gesicht, innerlich war Nat zu Eis erstarrt. Er schrak hoch als sich Angelos Hand auf seinen Schulter legte. Ein Fauchen entwich seinen Lippen, doch Angelo zog die Hand nicht zurück, sondern begann langsam über die Stoffbedeckte Schulter zu streichen in unruhigen Kreisen. Nat ließ ihn gewähren, während er den Glückwünschen der Druiden lauschte, welche Angelo nun in ihren Kreis aufnahmen, da er nicht nur die siebenjährige Lehrzeit hinter sich, sondern endlich auch seinen Genius Intimus hatte.

Nat nieste bei dem intensiven Waidgeruch, als die Druidin mit dem Rabengeist an Angelo herantrat und ihm hochkonzentriert das Symbol der Seher auf die Stirn zeichnete. Das Zeichen würde, nur sichtbar sein, wenn es nötig war das Angelo sich als Druide und Seher ausweisen musste, wenn er es wünschte, oder wenn er den Schutz des Zeichens brauchte.

Angelo schob sein Amulett über den Kopf, nun brauchte er dieses nicht mehr. Es hatte ihn als Novize zum Fili ausgewiesen. Er reichte es der alten Druidin, welche ihm ein Silberamulett des um dem Kreis geschlungene keltische Pentagramms umhängte. Das Zeichen der Druiden, welches ein Seher nicht aufgemalt bekam, sondern stattdessen als Amulett trug, wenn er zugleich zu den Druiden zählten.

Damit war Angelo in den Kreis der Drui und der Fili aufgenommen worden, doch Nat interessierte das gerade nicht so sehr. Auf dem Rückweg zum Haus presste er seine bebende Flanke an Angelos Bein, sein Katzenschwanz schwang dabei unentwegt hin und her. Nach einer Feier über die geglückten Prüfungen war ihm überhaupt nicht.
 

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Im Anschluss noch ein paar Wortbedeutungen, der von Nat benutzten Zauberwörter:

Scutum absoltum – Vollkommenes Schild

Protegete – Sei beschützt!

Exstingito – Erlösche!

Rigescito – Erstarre!

Succeto mihi – Folge mir!

Rumpi – Zerspringe!

Im Übrigen könnte Nat auch englische Worte benutzen, aber es ist besser eine Sprache zu nutzen, die er nicht ständig im Alltag braucht um sich bewusst zu sein, dass er zaubern will. Der Grund dafür ist unangenehmen Unfälle zu vermeiden und, dass er so seinen Willen bewusst einsetzen kann, damit die Worte wahr werden.

Zum zweiten Teil des Kapitels Angelo ist nun mal Hellseher und viele seiner Visionen sind nicht schön. Kindesmisshandlung und Kindestötung ist etwas Schreckliches und die Strafen dafür finde ich oft zu niedrig, auch dann wenn verminderte Schuldfähigkeit, wegen Alkohol oder Drogen gilt, schließlich wird ein Leben ausgelöscht, dass gerade erst angefangen hat!

Diesmal kann Angelo zumindest ein bisschen tun, nur ist auch das nicht immer der Fall, aus verschiedenen Gründen. Einer ist, dass er sich im Rahmen der Gesetze bewegen muss, an die er und auch die anderen in besonderem Maße gebunden sind, weil es sich um Genii und Druiden handelt.

Nachwirkungen

Nachwirkungen
 

Authors note: Sorry für die lange Pause. Das Kapitel ließ sich bitten. Nun hier ist es. Hoffe es klärt ein paar Fragen, auch wenn es die Story nicht so sehr voran bringt. Danke für eure Geduld und euer Interesse.
 

Angelo
 

Nats Körper drückte sich warm an Angelos Bein, er konnte das Zittern des Sphinx spüren, während er neben ihm herging.

Liam öffnete auf Lucius Klingeln die Tür. Kurz darauf hing Bea an ihrem Bruder.

„Herzlichen Glückwunsch!“, rief sie übermütig. Er fühlte Nats Zurückweichen und Zusammenzucken. Irgendetwas war nicht in Ordnung. In den letzten Tagen war Nat auf Distanz gegangen, je gesünder er wurde. Anscheinend war er nur anhänglich, wenn es ihm schlecht ging oder, wenn er jemanden wirklich gut kannte. Aus Nats Verhalten schloss Angelo, dass es seinem Genius gerade nicht gut ging, aus welchen Gründen auch immer, wahrscheinlich hatte es etwas mit den Visionen zu tun.

Er schob Bea vor sich. „Da gibt es nichts zu beglückwünschen.“, grummelte er. Es klang abweisend und barscher als gewollt. Er schüttelte den Kopf und drehte sich von Bea weg.

„War die Prüfung so leicht? Ich meine bereit warst du ja schon lange...“

„Bea, bitte.“, seufzte er. Er wollte nicht über die Prüfung reden und freuen über sein Bestehen konnte er sich auch nicht. Eine Prüfung zu bestehen, indem man einem Mord zusah, war nun wirklich nicht gerade toll.

„Liam, bring Angelo einen Johanniskrauttee und einen Katzeminzetee für Nat, nachdem du die Gästen zu ihren Zimmern geführt hast.“, ließ sich Lucius vernehmen.

„Sehrwohl.“, Liam verneigte sich. Mit einem „Folgen sie mir bitte.“, führte er die Druidinnen und ihre Geniae fort.

Lucius zog Angelo in eine Umarmung, doch der sträubte sich dagegen. Er konnte sich jetzt nicht von seinem Vater trösten lassen. Sein Blick glitt zu Nat, der nun neben der Treppe hockte, das Gesicht so steinern wie eine Statue.

„Wir gehen hoch. Es ist schließlich spät.“

„Waren die Visionen so unangenehm?“, fragte Bea nach.

„Ja, wie spät ist es jetzt?“

„Viertel nach zwei.“

„Dann geh ins Bett, du hast Morgen Uni.“

„Mama, wollte dich auch noch sehen.“

„Hm. Wir sind...“, Angelo hielt inne, ihm war etwas eingefallen. „...sag ihr, sie kann auch Morgen mit mir reden. Komm mit, Nat.“ Zielstrebig schritt Angelo durch die Eingangshalle. Als er bei der Tür angekommen war, war Nat wieder neben ihm. Ein genervter und zugleich verwirrter Blick streifte Angelo, doch er führte Nat nur schweigend zum Trainingsraum.

Der Trainingsraum, war ein großer Raum in dem es dünne Bodenmatten, eine dicke Weichbodenmatte und eine Sprossenwand gab. Ein großer Lumpensack hing von der Decke. Er wies deutliche Kratzspuren auf. Hier in diesem Raum trainierten Duncan, Adriana und Felicitas, wenn sie nicht zu einem der Trainingscenter gehen wollten.

„Und was soll ich hier?“, fragte Nat tonlos.

„Tob dich aus.“

„Wie bitte?“ Der Sphinx funkelte Angelo an. „Wie kommst du darauf, dass ich mich austoben muss?“

Angelo musterte ihn kurz, bevor er antwortete. „Seit den Visionen verhältst du dich merkwürdig und na ja, ich glaube du bist wütend. Ich bin wütend, ich weiß, dass ich nur noch eine Aussage machen kann. Wütend bin ich trotzdem, aber im Gegensatz zu dir bin ich eher an solche Visionen gewöhnt, also dachte ich...“, Angelos Stimme verklang. Ihm war bekannt, dass Duncan nach manchen von Lucius Visionen hierher kam um sich abzureagieren. Er war davon ausgegangen, dass Nat vielleicht etwas ähnliches tun wollte.

Der Sphinx schüttelte sich. „Ich hasse solche Typen.“, stellte er ziemlich zusammenhangslos fest. Langsam schritt er auf den Lumpensack zu und verwandelte sich. Interessiert beobachtete Angelo wie sein Genius zum Menschen wurde, allerdings nicht gänzlich. Er hatte immer noch Katzenohren, welche er angelegt hatte und sein Katzenschwanz peitschte unruhig. Mit einem Ratsch riss Stoff. Nats Bewegung war so schnell gewesen, dass Angelo sie kaum gesehen hatte. Aus dem Geräusch schloss Angelo, dass Nat auch noch seine Krallen behalten hatte. Fasziniert sah er zu, wie dieser nun auf den Lumpensack einschlug und eintrat. Seine Bewegungen waren nicht so schnell und präzise wie am Vormittag, was auf seine Erschöpfung schließen ließ, dennoch zeugten sie von der natürliche Eleganz einer Raubkatze.

Als es circa eine Viertelstunde später klopfte, fuhr Nat fauchend herum. „Wahrscheinlich Liam.“, beeilte Angelo sich ihm mitzuteilen und öffnete die Tür. Er sollte Recht behalten. Liam brachte ein Tablett mit dem Kräutertee und ein paar Keksen. Auf Nats noch immer gereiztes Fauchen hin drückte der Butler Angelo das Tablett in die Hand und schloss die Tür.

Angelo ließ sich mit dem Tablett auf der Weichbodenmatte nieder. Er musterte die Tassen darauf und stutzte. „Ähm, ich schätze, die ist für dich.“, murmelte er.

Nat trat neben ihn, ließ sich auf die Matte fallen, rümpfte die Nase und nahm die Hello-Kitty-Tasse vom Tablett.

„Ich wusste gar nicht, dass hier im Haus so etwas existiert.“, stellte der Sphinx fest.

Angelo starrte auf den Boden zu seinen Füßen. „Sie ist neu, glaube ich. Ich habe sie noch nie gesehen und... weder Bea noch Felicitas hatten je eine Hello-Kitty-Phase.“, flüsterte er.

„Dann unterschätzt der Köter mich aber gewaltig. Hello-Kitty, also wirklich!”, Nat schnaubte, schnupperte am Tee und seufzte erfreut. Schweigen tranken sie nach und nach ihren Tee. Die Ohren des Sphinx lagen nun nicht mehr am Kopf an, sondern waren in Angelos Richtung gedreht. Ihm schien es als warte Nat auf irgendetwas. Angelo nahm sich einen Keks und biss hinein.

„Jetzt stell deine Fragen endlich?“, wurde er von der Seite angeknurrt.

„Möchtest du sie denn beantworten?“, erkundigte sich Angelo ruhig.

„Nein, aber hab ich eine andere Wahl?“

„Ja, hast du. Du brauchst mir nichts zu erzählen. Du kannst mir auch einfach nicht antworten, aber solange ich nicht frage, ist das nicht nötig.“, antworte Angelo. Er seufzte. Was hielt Nat von ihm, natürlich hatte er eine Wahl! Sein Genius musste ihm nichts erzählen, was er nicht erzählen wollte.

„Warum fragst du nicht?“, wolle Nat dennoch wissen und blickte in seine Tasse.

„Habe ich denn das Recht zu fragen oder Antworten zu erzwingen? Ich denke nicht. Ich merke, dass dich die Visionen aufgewühlt haben, wenn du mir erzählen möchtest warum, höre ich zu. Aber wie du schon sagtest, wir kennen uns noch nicht lange und nicht gut, wie sollte ich da eine Vertrauensperson für dich sein?“, Angelos Stimme klang nachdenklich.

Klappernd stellte Nat seine leere Tasse auf dem Boden ab. Er ließ sich seitlich auf die Matte sinken, drehte sich auf den Rücken und starrte zur Decke hinauf.

Angelo knabberte seinen Keks auf und griff sich einen weiteren.

„Eigentlich möchte ich weder darüber reden noch daran denken.“, hörte er den Sphinx flüstern.

„Dann red nicht drüber.“, gab Angelo trocken zurück.

„Möchtest du es denn nicht wissen?“

„Möchte ich es wissen? Ich möchte dich kennen lernen, aber dazu muss ich nicht jede schmerzliche Kleinigkeit aus deiner Vergangenheit kennen, glaube ich.“

„Stimmt.“ Nat gähnte, rollte sich zur Seite, zog Angelo neben sich, und kuschelte sich an ihn ein Arm lag über Angelos Brust.

„Hey! Du kannst froh sein, dass meine Tasse schon leer war, sonst hättest du jetzt eine Teedusche abbekommen.“, empörte der Hellseher sich, gespielt übertrieben.

„Da hatte ich dann wohl Glück.“, kam es von Nat, der die Augen schloss.

Angelo ließ die Tasse von der Matte rollen. „Was wird das?“

„Weiß nicht genau.“, brummte Nat nur.

Daraufhin schwieg Angelo und blieb einfach liegen. Nats Nähe war angenehm. Er betrachtete das Gesicht des Sphinx, der einfach mit geschlossenen Augen still neben ihm lag. Nach einer Weile glaubte er, wegen des gleichmäßigen Atmens, dass Nat schliefe.

Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, schmiegte Angelo sich enger an seinen Genius. Wenn er solche Visionen gehabt hatte, verfluchte er seine Gabe. Er konnte nichts mehr tun um das geschehene Leid zu verhindern und dann ausgerechnet auch noch ein Kind. Er konnte nicht für den Jungen tun, gar nichts. Wozu war seine Gabe da gut, wenn er nichts tun konnte?

Wäre es nicht Nat, der neben ihm lag, er hätte es sich erlaubt seine Trauer freien Lauf zu lassen, doch so blinzelte er nur hektisch.

Er wurde näher an Nat gezogen und eine Hand fuhr sacht über seinen Rücken.

„Entschuldige.“, wisperte er, da er annahm Nat irgendwie geweckt zu haben.

„Ich hoffe nur du hast ´nen guten Psychiater, wenn du ständig nur solchen Mist siehst.“, hörte er Nats Stimme in der ein Schnurren mitschwang, welches wohl von Nat kam um ihn zu beruhigen.

Angelo konnte nicht anders, er schnaubte nur. „Was denkst du denn? Natürlich, werden Vater und ich psychologisch betreut, genauso wie Feuerwehrmänner oder Polizisten! Was ist mit dir, wirst du jemanden brauchen?“

„Nein, ...ich, ähm... ich bin nicht mehr in Behandlung..., aber wenn ich denke, ich brauche es, kann ich sicher zu Doktor Singh gehen.“, antwortete Nat zögerlich, er hörte sich verdutzt an, so als wundere es ihn, dass Angelo deswegen an ihn dachte.

„Du warst... klar, warst du, verstehe.“ Angelo hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt, bei Nats Vergangenheit war es nur logisch, das der Sphinx psychologisch betreut worden war.

„Eigentlich nicht so klar. Ric und Seiji meinten es wäre nötig und haben mich zu Doktor Singh geschleift. Ich mochte sie und wollte die beiden nicht enttäuschen und irgendwie hat es auch geholfen... aber ich red nicht gern drüber.“

„Verständlich. Entschuldige, dass ich so...“

„Schon gut.“ Nat drückte ihn noch enger an sich. „Dafür bin ich wohl jetzt auch da... Kuscheltier.“ Angelo hörte ihn seufzten, woraufhin er sich von Nat zu lösen versuchte, was ihm nicht gelang. Der Sphinx hielt ihn zu fest. „Solange es nicht ständig ist.“, hörte Angelo ihn, „Und ich bestimmen darf, wann es genug ist oder ich nicht will, geht es schon. Warum wurde ich für diese Prüfung eigentlich nicht wirklich gebraucht? Wird der Genius Intimus eines Druiden keiner Prüfung unterzogen?“ Anscheinend hatte sein Genius nicht geschlafen, sondern gegrübelt.

„Du warst nicht in der Prüfung einbezogen, weil es darum ging meine Fähigkeiten als Seher zu testen und nur darum. Außerdem, wäre es schwer eine Prüfung durchzuführen, wenn die Prüfer nicht folgen können, deswegen war es nur Wassersehen und nicht die Seelenreise durch Zeit und Raum. Vom Genius Intimus eines Seher wird einfach angenommen, dass er in der Lage ist den Seher zu schützen. Wahrscheinlich wird deine Fähigkeit dazu noch während der Übungsstunden getestet, aber zur Initiationsprüfung gehört es nicht, weil es dort nur um die Fähigkeiten des Sehers oder Druiden geht. Außerdem wurdest du doch von Duncan geprüft.“

„Aha, das ist komisch.“

„Ist halt so.“, murmelte Angelo. „Lass uns ins Bett gehen.“ Er fügte nicht an, dass er noch eine ganze Weile zum Einschlafen brauchen würde.

„Bin ich zu faul für. Die Matte ist doch bequem, oder ist dir kalt?“

Angelo schüttelte den Kopf kalt war ihm nicht, so nah wie er Nat gerade war, auch er schloss die Augen.
 

Er kauerte sich so eng es ging zusammen. Seine eine Hand hielt Samiras, die andere umklammerte Omars. Der Lastwagen kam mit einem holprigen Ruck zum Stehen, wodurch die Käfige ins Rutschen gerieten. Der Lärm war ohrenbetäubend, für ihn. Schmerzhaft prallte er mit der Seite gegen das Gitter. Draußen wurden die Stimmen ihrer Entführer laut. Die Plane wurde hochgeklappt. Unter rauem Gelächter zog einer der Männer Nadir vom Wagen und stieß ihn vor sich her, damit er das Wasser von der Wasserstelle für sie trug. Der schmächtige Junge stolperte zitternd vor dem Mann her.

Nezzar fauchte und rüttelte an seinem Käfiggitter, brachten sie doch gerade seinen Schützling fort.

Nezzar und Nadir hatten sich erst vor ein paar Monaten gefunden, sie waren nur vier Jahre älter als er und seine Geschwister.

Entfernt waren unterdrückte Laute zu hören die er nicht einordnen konnte und auch nicht erkennen wollte. Kurz darauf gerieten ihre Entführer in Bewegung. „Fangt diesen kleinen Bastard!“, hörte er sie rufen.

Nadir lief weg, ohne Nezzar, das war doch nicht möglich? Warum tat er so etwas?

Weit kam Nadir nicht, er sah, wie sie den strampelnden Jungen zum Platz vor den Wagen zerrten.

„Seht gut her, was geschieht, wenn ihr abhauen wollt!“, schrie sie der Anführer an.

Plötzlich waren die Männer über Nadir und prügelten auf den Jungen ein, selbst als er noch am Boden lag.

„Nadir, nein, Nadir!“, kreischte Nezzar neben ihm. Sein Käfig geriet ins Schwanken so sehr, versuchte er zu seinem Schützling zu gelangen.

„Stopf ihm mal jemand das Maul! Einen Wahnsinnigen können wir nicht brauchen!“, befahl der Anführer. Einer der Männer löste sich aus dem Pulk um den wimmernden Jungen, der nach Nezzar rief. Er trat an den Wagen heran, hob sein Gewehr und drückte ab.

Der Knall ließ alle zusammenzucken, Blut spritze und blieb auf Fell und Haut kleben. Nezzar schrie auf und sank zusammen. Der Mann öffnete den Käfig , zog ihn heraus und schleifte den toten jungen Sphinx etwas vom Lager fort. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen beobachtete er, wie die Männer irgendwann von Nadir abließen, der wie eine zerbrochene Puppe im Sand lag. Blut versickerte unter ihm in den Boden, seine geöffneten Augen blickten ins nichts. Nadir und Nezzar waren tot, einfach so.

Er wollte schreien, er wollte weinen, er wollte irgendetwas tun, doch er konnte sich nicht einmal bewegen. Wimmern füllte seine Ohren, sein eigenes und das der anderen.
 

Ein gereiztes Fauchen ließ Angelo hochschrecken. Er schüttelte sich und sah sich um.

Nat neben ihm lag äußerst gespannt da, seine Aufmerksamkeit war auf die Tür gerichtet, in der Liam stand.

„Entschuldigt, dass ich euch geweckt habe. Ich wollte hier nur aufräumen.“, sagte der Butler.

Angelo ergriff Nats Oberarm. „Kein Grund zur Sorge.“, murmelte er.

Der Sphinx wandte sich ihm zu und knurrte: „Halt dich gefälligst aus meinen Träumen raus!“

„Tut mir Leid, das kann ich nicht.“, seufzte Angelo.

„Fuck!“, fluchte Nat, „Und du glotz mich nicht so an!“, zischte er an Liam gewandt. Blitzschnell war er auf den Beinen, wobei er die Hello-Kitty-Tasse umstieß, ehe er am Butler vorbei den Raum verließ.

Kopfschüttelnd trat dieser ein. „Alles in Ordnung, Master Angelo?“

„Geht so.“ Angelo schüttelte sich. Jetzt wusste er, was seinem Genius in der Nacht so zugesetzt hatte. Es gefiel ihm gar nicht.

„Der Termin für die Wohnungsbesichtigung ist heute um 15Uhr, ihr habt noch zwei Stunden.“, teilte Liam ihm mit.

„Dieses Semester können wir vergessen.“, stellte Angelo nicht ganz zum Thema passend, fest. Die Fehlzeiten in den Seminaren, war so langsam nicht mehr aufzuholen. Sich streckend verließ er den Trainingsraum und ging nach Oben. Das Wasserrauschen aus dem Bad, teilte ihm mit, dass Nat unter der Dusche verschwunden war, denn Felicitas und Bea hatte an diesem Tag schon Vormittags Seminare.

Angelo nutzte die Zeit um etwas für Nat vorzubereiten. Als sein Genius immer noch missmutig aussehend ins Zimmer kam, erwartete ihn eine verhüllte Leinwand.

„Ich wollte dir das schon vor einer Weile geben... ich hoffe es gefällt dir.“ Angelo zog das Tuch weg. Das Bild auf der Leinwand zeigte eine Sphingenfamilie mit zwei Erwachsenen und drei Jungen, die vor einer geräumigen Höhle in der Sonne ruhten. Wobei sich die drei Jungen, zwei mit schwarzem Fell eines mit lohfarbenem Fell, unter den wachsamen Augen der Eltern balgten. Angelo hatte das Bild vor ein paar Jahren gemalt, weil es immer wieder und wieder in seinen Träumen aufgetaucht war.

„I-ich dachte, vielleicht... ich weiß nicht, ob du Bilder hast, deswegen...“, stotterte er und verfluchte sich innerlich dafür.

Der Blick des Sphinx klebte an dem Bild. „Wann hast du...?“

„Vor drei oder vier Jahren, mir fiel es vor kurzem wieder ein und na ja...“

„Lass mich bitte allein.“, krächzte Nat und Angelo flüchtete nun seinerseits ins Bad. Es war also doch eine dumme Idee gewesen, aber Nat besaß sicherlich keinerlei Bilder mehr von seiner Familie, also hatte er angenommen, er könnte ihm damit eine Freude machen.

„Ich bin so dumm!“, stöhnte Angelo und schlug mit der Faust gegen die Kacheln der Wand. Jetzt hatte er seinen Genius noch mehr durcheinander gebracht, anstatt ihm etwas Gutes zu tun, wie er es eigentlich vorgehabt hatte, was für ein Start in den Tag.

Wohnungsbesichtigung und Aussagen

Authors note: So endlich geht es weiter. Ursprünglich wollte ich euch als Entschädigung ein langes Kapitel gönnen, aber da die Fertigstellung wieder dauern würde habe ich aus dem langen Kapitel zwei gemacht, was gut geht, weil es eh sehr unterschiedliche Szenen sind. Hier also als kleines Schmankerl ein wenig Alltag von Angelo und Nat. Ach ja, da ich wenig Ahnung von Polizeiarbeit habe, ist die Szene hauptsöächlich aus Krimi- und Fernsehserienwissen zusammengesponen, wie ich es mir halt vorstelle eine Aussage zu machen. Ich wünsche allen viel Spaß beim Lesen. Danke an die Freischalter für ihre Mühen.
 

Nathaniel
 

So wirklich wusste Nat nicht, wie er nun mit Angelo umgehen sollte. Das Geschenk des Hellsehers hatte ihn komplett überrumpelt. Bevor er sich von dem Bild löste und zum Frühstück hinunterging, wischte er sich hastig über das Gesicht. Er hoffte nur, seine Augen wären nicht gerötet.

Zum Glück sprach Angelo ihn, während des hastigen Frühstücks, nicht weiter auf das Bild an. Schweigend begleitete Nat Angelo hinaus. Er sagte nicht einmal etwas dazu, dass sie mit einem Mercedes von einem Chauffeur zu der Wohnung von der Duncan gesprochen hatte, gebracht wurden. Irgendwie war es logisch, das Angelo mit dem Chauffeur durch die Gegend kutschiert wurde. Aber wenn er genauer überlegte, musste Nat zugeben, dass ein Hellseher am Steuer eines Autos einfach eine zu große Gefahr darstellte. Wahrscheinlich gehörten Hellseher sogar zu den Personen, denen es nicht erlaubt war den Führerschein zu machen, zu ihrer und zur Sicherheit aller anderen Verkehrsteilnehmer. Nat schauderte als er sich vorstellte Angelo oder Lucius hätten am Steuer eines Autos eine Vision. Das würde nur zu einem Unfall führen, falls der Genius Intimus nicht rechtzeitig eingriff, aber der konnte nun auch nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Seine Überlegungen lenkten ihn die Fahrt über genug ab, um seine Übelkeit nicht zu bemerkten.

Die Wohnungsbesichtigung verlief ruhig und höflich, wobei sich die Wohnung als sehr schön geräumig und sonnig erwies.

Kopfschüttelnd folgte Nat Angelo aus der gerade besichtigten Wohnung. Seiner Ansicht nach war die zu groß und zu teuer, während sie Angelo wohl passend erschien. Er hatte sich geschlagen gegeben, als der Hellseher ihm erklärt, dass er sich bei einer kleineren Wohnung, damit abfinden müsste, dass es in ihrem Arbeitszimmer nach Farben stank.

Er musste die Miete ja nicht bezahlen und ein eigenes Arbeitszimmer, war ihm lieber als Farbgestank und jemand, der die ganze Zeit mit im Zimmer saß, wenn er an Fachtexten schrieb. Jemand der ihm dabei gefühlt ständig über die Schulter guckte und nachprüfte, was er gerade tat, konnte er gar nicht ab.

Also würde es wohl, diese Wohnung werden.

Sie befand sich in einem alten Gebäude, das wahrscheinlich früher eine Kaufmannsvilla oder so gewesen war. Vier Zimmer fand Nat übertrieben, aber ein Schlafzimmer, zwei Arbeitszimmer und ein Wohnzimmer, waren schon irgendwie nötig. Wobei Nat auch auf das Wohnzimmer verzichtet hätte und Gäste in der Küche bewirtet hätte.

Eins war auf jeden Fall noch dringend an der Wohnung zu verbessern, die Schutzbanne!

„Tja, und wie machen wir das mit dem Renovieren oder magst du raufaserweiße Wände?“, erkundigte sich Angelo bei ihm.

„Selbst, tapezieren ist doch nicht schwer.“, grummelte Nat.

„Äh, wenn du meinst, sollte das nicht doch lieber ein Maler...“

„Quatsch, tapezieren kann ich. Hex und Seiji helfen sicher auch, da braucht man doch keinen Maler! Apropos Seiji, der könnte auch gleich einen neuen Schutzbann für die Wohnung kreieren, wenn deine Familie damit einverstanden ist...“

Nat bemerkte, wie sich ein Lächeln auf Angelos Lippen legte. „Der Schutzbann eines FABELS-Bannmagiers, selbst wenn er nicht mehr für die tätig ist, reicht ihnen garantiert. Und du fühlst dich damit sicherlich besser, weil du Seijis Können vertraust.“

So hatte Nat es nicht ausdrücken wollen, aber Angelo hatte Recht. Er nickte nur. „Und was jetzt?“

„Jetzt machen wir unsere Aussagen, dann haben wir es hinter uns. Hast du eigentlich einen Anzug?“

„Wofür?“, fragte Nat skeptisch nach.

„Na ja, ähm... heute Abend gibt es eine Feier, weil ich doch jetzt... ist so ein halboffizielles Ding.“, stammelte Angelo.

„Gehört wohl dazu, wenn man zur Highsociety zählt.“, murrte Nat, „Ich glaub unter den Klamotten für die Maß genommen wurden, war auch ein Anzug... Nur, muss ich da echt im Anzug hin?“

„Nicht unbedingt. Was möchtest du denn tragen?“

„Was ähnliches wie Gestern.“

„Dürfte gehen. Es ist doch die traditionelle Kleidung deines Volkes, nicht?“

„Hm.“, machte Nat nur, während er zu Angelo auf den Rücksitz des Mercedes kletterte, mit dem der Chauffeur sie hergebracht hatte. Es mochte die traditionelle Kleidung sein, aber eigentlich hatte Nat so etwas außer am Vortag kaum noch getragen, seit er in England war. Gleich als erstes öffnete er das Fenster des Autos einen Spalt breit. Angelo nannte derweil die Adresse, zu der sie wollte.

Nat blickte aus dem Fenster und schwieg. Halboffizielle Party, was musste er sich nun bitte darunter vorstellen?

„Sag bloß es gibt auch eine Pressemeldung über deinen neuen Status.“, scherzte er.

„Ja, natürlich.“, antworte Angelo gelassen.

Nat schluckte. „Heißt das, es wird auch noch eine verflixte Pressekonferenz geben?“, krächzte er. Wo war er da nur rein geraten, indem er Angelos Genius Intimus wurde?

„Nein, aber nur weil Vater und Duncan darum baten. Aber ein Interview mit einem befreundeten Journalisten mussten sie zustimmen, sonst dichtet die Presse sich sonst was zu recht.“, erklärte Angelo ihm.

Nat ballte die Fäuste. „Du bist doch nur der Sohn eines Parlamentsmitgliedes.“, flüsterte er matt.

„Jetzt noch. Ich bin der Erbe meines Vaters und seiner Position, wie du mir mal selbst an den Kopf geworfen hast. Bea kann das nicht, ihr Talent ist anders.“, informierte Angelo ihn.

Nat sackte auf dem Sitz zusammen, Presserummel und Gespräche mit berühmten Leuten, oh Bastet hab Erbarmen!

Er wurde aus seinem Selbstmitleid gerissen, als der Wagen vor einem Gebäude hielt, dass er nur zu gut kannte. Dort war im Erdgeschoss ein Polizeipräsidium untergebracht, aber alle Räume darüber wurden von den FABELS genutzt. Nat war mit Seiji und Ric oft hier gewesen.

„Ach du je.“, murmelte er.

„Ist was?“, hakte Angelo nach.

„Nein, nein, es ist nichts.“, antwortete er, als er ausstieg und Angelo hinein begleitete. Der Hellseher nannte den Grund ihres Besuches am Infotresen, wobei Nat nicht genauer zuhörte, weil er von dem Mann, der zuvor mit dem Beamten gesprochen hatte, mit einem Schlag auf die Schulter begrüßt wurde.

„Was machst du denn hier, Kleiner?“, fragte der Mann, es war ein schlanker, hochgewachsener Asiate.

„Hallo Minos, ich begleite meinen Schützling, siehst du doch.“ Ausgerechnet Minos oder eher Mikoto, wie er eigentlich genannt wurde, musste er hier begegnen.

„Ich unterbreche nur ungern, aber wir können jetzt unsere Aussagen machen.“, unterbrach Angelo doch.

„Ich begleite euch. Ist sicherlich ganz nützlich.“, grinste Minos.

„Es hat nichts mit Genii zu tun, außer das ich eine Aussage machen muss.“, gab Nat zu bedenken.

„Ich führ Euch zum Büro und dann sehen wir weiter. Entschuldigt meine Unhöflichkeit, ich vergaß mich vorzustellen. Ich werde Hiroto Mikoto genannt.“, stellte Minos sich Angelo vor.

„Das ist echt nicht nötig.“, beschwerte Nat sich.

„Denkst du ich lasse mir von Seiji vorwerfen, ich hätte nicht auf dich geachtet, wenn du schon mal hier bist. Du weißt doch, wen ich einmal unter meine Fittiche genommen habe auf den passe ich auch...“

„Du hast keine Fittiche! Und ich bin kein Kind mehr, Minos!“ So ganz hatte Nat Minos sein Versteckspiel nie verziehen, obwohl er wusste, dass es notwendig gewesen war.

Angelo blickte von Nat zu Minos als handele es sich um ein verbales Tennismatsch.

„Minos war ein Arbeitskollege von Seiji.“, informierte Nat ihn, während sie einen Flur mit scheußlich minzgrünen Wänden längs gingen. Es roch nach Automatenkaffee und Putzmittel.

„Soviel hab ich schon erraten.“, murmelte der Hellseher.

„Außerdem...“

„... hat er sich im Zirkus um mich gekümmert, wo er als verdeckter Ermittler war.“, vollendete Nat Minos angefangenen Satz und wich dessen Hand aus, als Minos ihn wuscheln wollte. „Wag es ja nicht!“

Minos grinste und öffnete ihnen eine Tür. „Guten Tag, Inspektor Graham. Ich bringe ihnen Angelo del Chiarore und seinen Schutzgeist Nocturnus. Sie wollen hier eine Aussage machen.“, grüßte er den Beamten im Raum, der von seinem Bildschirm aussah.

„Treten sie doch bitte ein.“, bat Inspektor Graham sie herein. Das Haar des Beamten war braun mit grauen Strähnen darin. Er war hochgewachsen und muskulös. Nat folgte Angelo zum Schreibtisch, wobei sein Blick kurz durch den Raum glitt. Er entdeckte den Schutzbann um den Raum. Inspektor Graham bat sie Platz nehmen, erläuterte was bei einer Aussage zu beachten war und stellte das Aufnahmegerät an. Nat musterte Angelo, der bleich war. Ohne Nachzudenken legte er dem Hellseher eine Hand auf die Schulter, woraufhin dieser in verblüfft ansah. „Ist etwas?“, fragte Angelo ihn und Nat schüttelte den Kopf. Was sollte er denn jetzt sagen? Hastig nahm er die Hand weg. Ihm viel Inspektor Grahams irritierter Blick auf. Nat legte seine Hände auf den Knien ab und erwiderte den Blick des Beamten trotzig. Den ging es nichts an, wie unsicher Angelo und er im Umgang miteinander waren!

„Soweit ich verstanden habe sind sie hier um eine Aussage gegen John Hamilton zu machen, richtig?“, wandte Inspektor Graham sich an Angelo, der das Foto des Jungen aus seiner Jackentasche zog.

„Ja, deswegen bin ich hier.“, antwortete Angelo ruhig, aber mit leicht gepresster Stimme.

Nat saß schweigend daneben, während der Inspektor Angelo genau über die Gründe, Umstände und Inhalte der Visionen ausfragte. Nach einer Weile traute er es sich doch, Angelo wieder die Hand auf die Schulter zu legen. Der Hellseher wirkte so unglücklich, dass er ihm etwas Halt geben wollte. Angelo warf ihm ein schwaches Lächeln zu und beantwortete weiter die Fragen. Schließlich wandte Graham sich an Nat.

„Nocturnus, können Sie als sein Schutzgeist bestätigen, dass Mr. Del Chiarore diese Visionen hatte?“, wollte er von Nat wissen.

„Das kann ich. Angelos Beschreibungen entsprechen dem, was ich in seiner Wasserschale sehen konnte. Zu dem, was er angibt gehört zu haben, kann ich nichts sagen, da es mir nicht möglich war es zu hören. Ich habe nur die Bilder seiner Visionen gesehen, mehr nicht.“, war Nats trockene Antwort.

„In Ordnung, damit ist ihre Aussage zu Protokoll genommen. Wir werden Ihnen eine Abschrift zur Unterschrift zuschicken. Sollte es zu einem Prozess kommen, melden wir uns bei Ihnen. Allerdings müssen wir Sie bitten, bei einer Gegenüberstellung mit dem Festgenommen, zu verifizieren, dass es sich bei diesem um den Mann handelt, welchen Sie in ihren Visionen gesehen haben.“, teilte Inspektor Graham ihnen mit. Angelo nickte nur knapp. Nat schluckte, seine Finger krampften sich um Angelos Schulter, dem ein „Au!“, entschlüpfte. Nat ließ ihn sofort los.

„Alles okay?“, hörte er Minos fragen, der an der Tür stehend im Raum geblieben war, nachdem sowohl Inspektor Graham als auch Angelo es ihm erlaubt hatten zu bleiben.

„Ja.“, antworteten Nat und Angelo gleichzeitig.

„Hm.“ Minos trat näher und musterte Nat. „Kannst du dich bei einer Gegenüberstellung beherrschen?“, fragte er ihn geradeheraus.

„Was wollen sie damit andeuten Mr. Hiroto?“, wollte Graham wissen.

„Einen Augenblick. Ich erkläre es Ihnen gleich. Also, kannst du?“ Minos blieb auf Nat konzentriert, der nun seine Finger in seinem Gürtel verhakte.

„Ich werde ihm nichts tun. Es ist es nicht wert für so jemanden eingesperrt zu werden!“, beantwortete Nat ihm seine Frage, wobei in seiner Stimme unterdrückte Wut mitschwang.

„Davon gehe ich aus. Seiji ist schließlich ein hervorragender Lehrmeister. Meine Formulierung war nicht ganz sauber. Ich muss anders fragen. Bist du in der Lage eine Gegenüberstellung mit einem möglichen Kindsmörder zu verkraften?“

Nat musste den Blick senken. Minos ruhiger Blick zwang ihn geradezu die Wahrheit zu sagen. „Ich weiß es nicht.“, gab er zu. „Die Visionen haben Erinnerungen wachgerufen.“ Kaum hatte er das gesagt, fluchte Minos farbenfroh. Angelo trat näher an Nat heran, hob die Hand und drückte ihm kurz die Schulter.

„Was ist hier eigentlich los?“, verlangte Inspektor Graham nach einer Erklärung.

„Ich bin ein Sphinx aus dem Isis-Tal, wie Mr. Hiroto bestätigen kann, da er zu der Einheit gehörte, welche mich fand. Und ich habe schon vor Angelos Visionen gesehen, wie Kinder getötet wurden.“, erklärte Nat seltsam gelassen. Inspektor Graham musterte ihn nun von Kopf bis Fuß. „Das erklärt, wohl auch warum Sie erst jetzt bei Ihrem Schützling sind, wie?“, grummelte er.

„Ja, tut es.“, murmelte Nat.

„Mr. Del Chiarore muss die Gegenüberstellung machen.“, seufzte Graham. „Sonst ist seine Aussage hinfällig.“

Nat nickte. „Es wird schon irgendwie gehen.“, meinte er.

„Ich bleibe dabei.“, fügte Minos hinzu.

„Ich hasse komplizierte Fälle. Kann ich nicht einmal einen einfachen Fall haben.“, murrte der Inspektor fast unhörbar, außer für Nats und Minos Ohren. Minos verdrehte die Augen und zwinkerte Nat zu. „Wehe Sie kippen mir auch noch um oder verzaubern den Gefangenen!“, knurrte Inspektor Graham Nat an als er aufstand. Mit einem „Kommen Sie“, verließ er den Raum.

Minos gab ein Schnauben von sich. Er schob Nat und Angelo zur Tür. „Bringen wir es besser schnell hinter uns.“, schlug er dabei vor. Wieder gingen sie den scheußlichen Flur entlang. Der Raum, den sie schließlich betraten, hatte vergitterte Fenster. Es war ein Schreibtisch darin und mehrere Stühle. An der Wand, mit Blick zur Tür, stand der kleine Mann mit mausgrauem Haar aus den Visionen. Er wurde von zwei Beamten eingerahmt, die ihn beide um Haupteslänge überragten. Er trug Handschellen. Bei seinem Anblick begann Nat unwillkürlich zu knurren. Minos Hände legten sich auf seine Schultern.

„Ist das der Mann aus ihren Visionen?“, erkundigte Inspektor Graham sich.

„Ja, das ist er.“, antwortete Angelo rasch.

„Sind Sie ganz sicher?“, wurde einmal nach gefragt.

„Ganz sicher. Wäre er es nicht würde mein Schutzgeist nicht so reagieren.“, stellte Angelo fest.

„Und Sie stimmen der Aussage Ihres Schützlings zu, Nocturnus?“, wollte Graham wissen.

„Ja, das ist der Mörder!“, fauchte Nat. Bei seinem Ton wich der Gefangene bis zu Wand zurück. Nat beachtete das nicht, sondern packte Angelos Handgelenkt, drehte sich mit ihm um und zog ihn hinter sich her auf den Flur. Minos ließ das zu und folgte ihnen. „Möchtet ihr einen Kaffee?“, bot er den beiden an, während Nat mit Angelo durch den Flur stürmte.

„Nein, der kommt nur wieder hoch!“, war Nats patzige Antwort. Erst vor dem Gebäude hielt er an und atmete tief ein.

„Am liebsten würde ich dem tausend Flüche auf den Hals hetzen!“, zischte er.

„Ich auch, aber dazu sind wir beide zu vernünftig Ich glaube du solltest deinen Schützling langsam loslassen.“ Minos Stimme war besänftigend.

Nat seufzte. Er ließ Angelo los und murmelte: „Tschuldigung!“

Angelo rieb sich das Handgelenk. „Schon okay. Gibt es irgendetwas, dass du jetzt tun willst, bevor der ganze Rummel losgeht?“

„Mit Seiji Kakao trinken, oder so was ähnliches.“, überlegte Nat.

„Gut, dann machen wir das.“, stimmte Angelo zu.

„Wie viel Zeit haben wir denn eigentlich dafür?“, wollte Nat wissen.

„Etwa anderthalb Stunden.“, erfuhr er von Angelo.

„Hört sich gut an. Ihr scheint mich also nicht mehr zu brauchen. Mach’s gut, Kleiner und lass dich nicht zu viel ärgern.“, warf Minos ein, hob grüßend die Hand und kehrte ins Gebäude zurück.

Festlichkeit mit Überraschungen

Authors note: Entstanden für Futuhiro!

Meine Güte dein Wunsch war ganz schön schwierig umzusetzen. Ich hoffe es gefällt dir, was ich draus gemacht habe.

Da das folgende Kapitel ursprünglich zum letzten dazugehören sollte, ist es wieder aus Nats Sicht geschrieben.

Für die kleine Geschichte in der Geschichte dienten mir indianische Märchen als Vorbild. Es ist selbstausgedacht und kein Zitat. Mir ist keines bekannt, das auf diese Art das Vorhandensein von Sternen und dem Mond erklärt.
 

Nathaniel
 

Seiji war es gelungen Nat wieder aufzuheitern. Der Tengu hatte sich Zeit für Nat und Angelo genommen. Im Endeffekt hatte es bedeutet, das sie am Tresen im „Imago“ gesessen hatten und mit Seiji geredet hatten, während dieser alles für den Abend vorbereitete. Noch war Nat nicht wieder für Auftritte eingeplant, aber Angelo hatte sich deutlich dafür ausgesprochen, dass Nat auch weiterhin hier auftrat, wenn er dies wollte.

Bei einer Tasse Kakao in einer ruhigen Minuten, hatte Seiji sich bereit erklärt den Schutzbann für die neue Wohnung zu erstellen und beim Umzug zu helfen. Hex war auch gleich zum Tapezieren mit eingeplant worden. Die Zeit bei Seiji und Hex hatte Nat geholfen sein inneres Gleichgewicht wieder zu finden.

Er hatte zwar immer noch keinerlei Lust auf eine Party der Highsociety, aber er würde es irgendwie durchstehen. Er fragte sich allerdings was Seijis und Hexs Grinsen zu bedeuten hatte, welches die beiden ausgetauschten, als er ihnen von der Feierlichkeit erzählt hatte.
 

Seufzend schlüpfte Nat in seine Kleidung. Eine schwarze weiche Hose und eine indigoblaue Tunika mit Schlitze an der Seite, die mit einer schwarzen Schärpe gegürtet wurde. Zuletzt wickelte er sich den Tagelmust um und diesmal achtete er darauf, dass sein Gesicht bis auf die Augen verdeckt war. Er hatte keinerlei Lust irgendwelchen reichen und wahrscheinlich bedeutenden Leuten, die ihm größtenteils völlig unbekannt waren, sein Gesicht zu zeigen.

„Spielst du Ninja?“, erkundigte sich der Hellseher, der aus dem Nebenzimmer zu ihm trat.

„Nein, Berberkrieger.“, informierte Nat ihn, wobei er ihn musterte.

Angelo trug einen rostbraunen Anzug zu einem cremefarbenen Hemd. Statt einer Krawatte hatte der Hellseher ein weiches dunkelgrünes Tuch umgebunden.

„Es steht dir ja, nur macht es dich gänzlich unkenntlich.“, stellte Angelo fest.

„Genau das war beabsichtigt.“

„Dir ist schon klar, dass dein Gesicht sowieso irgendwann bekannt wird, einfach nur deswegen, weil du bei mir bist?“

„Ja, aber es muss nicht heute sein!“

„Stimmt.“ Angelo fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Du magst es nicht von vielen Menschen angesehen zu werden, oder?“

„Ich hasse es zur Schau gestellt zu werden. Nichts anderes ist das heute Abend.“, seufzte Nat.

„So könnte man es nennen. Was ich nicht verstehe ist, wieso trittst du dann bei Seiji auf?“

Nat schnaubte. „Weil das ‚Imago’ Seijis und Rics Traum war, für ihre Zeit nach den FABELS. Außerdem erkennen mich die Zuschauer da nicht wirklich. Nenn es eine Schocktherapie, wenn du willst.“

Ein Grinsen breitete sich auf Angelos Gesicht aus.

„Was?“, fauchte Nat.

„Entschuldige aber, du bist wirklich richtig katzenhaft niedlich!“

„Nicht DU auch noch. Was habe ich getan, dass mich alle niedlich finden?“, stöhnte Nat.

„Nichts besonderes, gerade das macht dich so niedlich.“

Nat fauchte wie eine Katze und stolzierte zur Tür. Lieber stellte er sich einer Meute unbekannter Menschen als einer Diskussion über seine Niedlichkeit. Hinter ihm brach Angelo in Gelächter aus. Nat zuckte mit den Schultern. Wenn er Angelos Verhalten richtig deutete, war seine Reaktion schon wieder niedlich gewesen, verdammt!

Kurz darauf standen sie im Festsaal der Villa. Nat hielt sich dicht bei Angelo und beobachtete die festlichgekleideten Leute. Wie er es erwartete hatte, steckte die Mehrzahl der Damen in, mehr oder mindern schönen, Abendkleidern und sämtliche Herren trugen Anzüge. Angeheuertes Dienstpersonal lief mit Tabletts herum auf denen Sektgläser standen. Ein Büffet war an einer Wand des Saales aufgebaut. Es gab sogar eine richtige Band, die Tanzmusik spielte und überall standen schickgekleidete Leute, die sich unterhielten.

„So was ist also eine halboffizielle Party, ja?“, murrte Nat leise, als schon wieder ein Anzugtyp mit Frau im pinkem Ballkleid auf sie zusteuerte.

„Ja, überlass einfach weiter mir das Reden, in Ordnung?“

Nat nickte nur. Er fand es bewundernswert wie Angelo es schaffte mit vielen nichtssagenden Worten mit verschiedenen Leuten über seinen neuen Status zu plaudern. Vor allem schaffte der Hellseher es, den Leute scheinbar etwas über seinen neuen Genius zu erzählen, ohne dabei wirklich etwas über Nat preiszugeben. Nat blieb halb hinter Angelo stehen und drehte ein Sektglas mit Orangensaft in der Hand, aus dem er noch keinen einzigen Schluck genommen hatte. Diese ständigen Fragen zu seiner Person führten dazu, dass ihm leicht flau im Magen war.

Als der Typ auch noch begann Angelo nach Nats „Stammbaum“ zu fragen, wurde es dem Sphinx langsam zu viel. „Entschuldigen Sie, aber Angelo hat es nicht nötig mit dem Stammbaum seines Schutzgeistes anzugeben. Ich bin sein Genius Intimus und kein überzüchtetes Schoßtier!“, schaltete er sich in das Gespräch ein, woraufhin wenigstens die Frau leicht betreten zur Seite blickte.

Der Mann starrte ihn an und meinte dann an Angelo gewandt. „Sie sollten ihm Manieren beibringen.“

„Im Gegensatz zu ihnen hat er Manieren. Nocturnus ist mein geschätzter Genius Intimus und wie er selbst sagte kein Schoßtier. Er ist ein Individuum mit ähnlichen Bürgerrechten wie Sie auch, deswegen würde ich es sehr zu schätzen wissen, wenn Sie ihn auch so behandeln. Und jetzt entschuldigen sie uns.“ Nat konnte aus Angelos Stimme Wut heraushören. Der Hellseher stürmte fast zum Büffet, wo er einen Teller mit irgendwelchen Kleinigkeiten voll häufte.

„Dämliche Ignoranten.“, grummelte der Hellseher, bevor er Nat riet: „Du solltest auch etwas essen.“

Nat schüttelte den Kopf. Ihm war ganz und gar nicht nach Essen zu Mute. Sein Blick glitt stattdessen über die Leute im Saal. Er verschüttete ein wenig Saft, als er die neuesten Gäste bemerkte. Neben Seiji, in einem festlichen Kimono, entdeckte er Hex in einem roten Chinadress.

„Bei Bastet, was machen...?!“, entfuhr es ihm.

Angelo sah zum ihm und folgte dann seinem Blick. „Ich schätze Vater hat sie eingeladen.“, antwortete er Nat. Hex steuerte zielsicher auf sie zu. Sie knickste vor Nat. „Damenwahl.“, behauptete sie frech. „Ich weiß, dass es unhöflich ist, aber sonst würdest du nie mit mir tanzen.“

„Was daran liegt, dass ich nicht tanzen kann.“, gab Nat trocken zurück, „Außerdem sollte ich bei Angelo bleiben.“, fügte Nat noch hinzu.

„Das ist nicht nötig, du merkst es, wenn ich dich brauche.“, warf Angelo ein.

„Und ich kann für dich solange auf ihn aufpassen.“, teilte Seiji Nat mit.

„Ich kann trotzdem nicht tanzen!“, wisperte Nat aufgebracht.

„Doch, wenn ich sie um eine Rock’n Roll-Nummer bitte, kannst du. Die Schritte hab ich dir gezeigt, Akrobatikfiguren sind auch drin, also.“, stellte Hex vergnügt fest.

„Aber doch nicht hier! Bei so etwas!“, entsetzte Nat sich.

„Warum nicht? Betrachte es einfach als eine Art Auftritt.“, schlug Hex mit unschuldigem Augenaufschlag vor.

„Angelo.“, flehte Nat und wandte sich Hilfe suchend an seinen Schützling.

„Es ließe sich arrangieren und wäre nicht völlig unpassend.“, erklärte der freundlich lächelnd.

Skeptisch betrachtete Nat ihn. „Irgendwie glaube ich dir das nicht so ganz, obwohl du wegen der beiden Greife hier nicht lügen kannst.“

„Also ich finde die Idee klasse!“, meldete sich Bea, die zu ihnen hinzugetreten war. „Ich sag es gleich mal den Musikern.“

„Nicht nötig.“, lehnte Hex ab. „Eigentlich habe ich eh nicht damit gerechnet, dass er mit mir tanzt.“

„Das wäre sehr unhöflich.“, stellte Bea fest.

„Ach, ich hatte eigentlich sowieso etwas anderes im Sinn.“, gab Hex zu.

„Ich fürchte das Schlimmste. Was hast du eigentlich im Sinn?“, fragte Nat leise nach.

„Nun, uns wurde erlaubt hier aufzutreten, wenn wir dich dazu überreden können. Die Kostüme haben wir mit.“, erklärte Hex zuckersüß lächelnd. „Das ist doch die Gelegenheit deinem Schützling zur bestandenen Prüfung etwas besonderes zu zeigen.“

Nat sah zu Seiji. „Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich das mitmache? Vor all diesen Leuten?“

„Mit Maske, sodass du nicht erkannt wirst.“, grinste der nur. „Die Nummer mit dem Sternenkater.“

Nathaniel blickte von Seiji, zur unschuldig lächelnden Hex, zu Bea die ihn mit leuchtenden Augen ansah und schließlich zum sehr interessiert wirkenden Angelo.

„Grmpf“, machte er, immerhin wäre es eine Möglichkeit sich bei Angelo für das Bild zu bedanken. „Na gut. Aber du achtest auf deinen Bruder! Wir brauchen Seiji nämlich dafür.“, knurrte er Beatrice an.

„Klar, passen wir auf dein Engelchen auf. Darin haben wir Übung, nicht wahr Felicitas?“, versicherte die ihm prompt.

Felicitas nickte nur bestätigend.

Nachdem dies geklärt war, ließ Nat sich von Hex mitziehen. Sie brachte ihn in einen Nebenraum, wo die Kostüme untergebracht worden waren. Nat holte sich sein Kostüm. „Sag mal Seiji, wie habt ihr das hier überhaupt hingekriegt?“

„Hex schlug es vor, als uns die Einladung übergeben wurde und ich habe es dann mit Lord Darkwater abgesprochen.“, antwortete der. „Solche Auftritte sind für Feste dieser Art nicht ganz ungewöhnlich.“

„Glaub ich ja, aber warum zum Henker mache ich jetzt dabei mit?“, grummelte Nat.

„Also, dass musst du schon selbst wissen.“, gab Seiji nur zurück.

„Hmpf.“ Nat zog sich um. Das Kostüm bestand aus schwarzem Stretchstoff, auf dem einzelne Schmucksteine glitzerten. An Hand- und Fußgelenken, war es mit schwarzem Kunstfell besetzt. Komplettiert wurde es durch eine Ledermaske, welche ein Katzengesicht darstellte. Ein Katzenschwanz gehörte nicht zu dem Kostüm. Er war nicht nötig, schließlich war Nat ein Gestaltwandler, der auch nur einzelne Körperteile wandeln konnte.

„Also auf ins Gefecht.“, mit diesen Worten zog sich Nat die Maske über das Gesicht.

Seiji trug ebenfalls schwarzen Stretch, aber bei ihm waren Federn auf dem Kostüm befestigt. Seine Maske war die eines schwarzen Vogels und er hatte nun seine eigenen Flügel.

Hex hingegen war ganz in Weiß und Silber gewandet. Sie stellte in der Nummer die Mondfüchsin dar, natürlich ebenfalls mit dem eigenen wuscheligen Fuchsschwanz ausgestattet.

Leise vor sich hin murrend schritt Nat lautlos zur Saaltür. Es war Seiji, der den Saal als erster betrat. Kurz darauf hörte Nat, wie Angelos Vater Unterhaltungskünstler ankündigte und darum bat, die Tanzfläche freizugeben. Darauf folgte das Tappen vieler Füße als die Leute der Bitte nachkamen. Sphärische Musik erklang, dann setzte Seijis Stimme vom Band abgespielt ein. „Einst als das Universum noch jung war, lebten die Geister noch beim Träumer in der Himmelswelt. Alles war geregelt, wie es sein sollte. Am Tag leuchte die Sonne strahlend vom Himmel herab und tauchte die Welt in Licht. In der Nacht hingegen war es noch richtig dunkel. Es gab weder Sterne noch den Mond. Darüber war der Hüter des nächtlichen Himmels der Nachtrabe traurig. Schon seit vielen Nächten saß er nur herum, blickte auf die dunkle Welt und seufzte.“

Auf sein Stichwort hin schlüpfte Nat in seiner Rolle als Sternenkater durch, die nur angelehnte, Tür in den Saal. Er schlich auf Seiji als Nachtrabe zu, wobei er sich lautlos und ohne jemanden zu berühren durch die Menge schlängelte. Schließlich war er hinter dem Nachtraben im beleuchteten Bereich der Tanzfläche. Bei einem kurzem Blick zur Saaldecke, auf seinem Weg zu Seiji, hatte er herausgefunden, dass an der Saaldecke Scheinwerfer hingen, wohl für ähnliche Gelegenheiten. Ganz bewusst einen lautlosen Schritt nach dem anderen setzend und seinen Blick nur auf Seiji richtend, bewegte er sich auf diesen zu. Seiji saß in der Mitte der freien Fläche und schaute zu Boden, wobei er demonstrativ immer wieder laut seufzte.

Ein paar Schritte von Seiji entfernt blieb Nat stehen, verharrte und sprang dann, wie eine Katze auf ihre Beute, auf Seiji. Gekonnt kugelten sie übereinander, woraus sich ein kleiner Showkampf mit akrobatischen Elementen entwickelte. So wich Seiji mal mit einem Flickflak aus oder Nat wurde von ihm zu einem Salto in die Luft geschleudert. Nach ein paar Minuten sanken sie mit den Rücken aneinandergelehnt scheinbar erschöpft zu Boden.

„Was guckst du so bedröppelt, alter Freund?“, fragte Nat laut genug, dass er im Saal zu verstehen war.

„Ach, weißt du Katerchen. Es ist hier immer so dunkel, jede Nacht. Nicht ein einziger Funken erhellt den Himmel. Nur am Tag da leuchtet es so grell, dass man schier blind davon wird. Aber, wenn ich den Himmel hüte herrscht nur Dunkelheit. Ist ein wenig Licht denn zuviel verlangt?“, erwiderte Seiji.

„Warum fragst du Schwester Sonne nicht, ob sie dir etwas von ihrem Licht abgibt?“, erkundigte Nat sich.

„Die Nacht muss dunkel sein, da darf es kein Licht geben, erklärte sie mir.“, gab Seiji zur Antwort.

„Warte auf mich. Ich werde sehen, was ich für dich tun kann.“, versprach Nat, erhob sich und schlich davon. Auf seinem Weg aus dem beleuchteten Bereich traf er auf Hex, die voller Eleganz hereinglitt. Nach einer kurzen Begrüßung entwickelte sich zwischen ihnen beiden zu Musik ein akrobatischer Tanz. Nat hob Hex in verschiedene Hebefiguren und zuletzt hielt er sie auf einem ausgestrecktem Arm an der Hüfte über seinen Kopf, sie stützte sich mit einer auf seiner Schulter ab. In dieser Figur bildete Hex Körper ein X schräg über Nats Kopf. Als er sie wieder zu Boden gestellt hatte, erkundigte sie sich nach seinem wohin und versprach dann dem Nachtraben Gesellschaft zu leisten bis er wiederkäme. Während Nat zwischen den Zuschauern verschwand turnte Hex ein wenig mit Seiji, nachdem sie ihn scheinbar dazuüberredet hatte.

Bei einem abrupten Wechsel der Musik stürmte Nat auf die Bühne zurück. Er überschlug sich und rollte sich vor Seijis Füßen ab. Nun glitzerten auf seinem schwarzen Anzug Lichtpunkte.

„Entschuldige Nachtrabe, Schwester Sonne entdeckte mich als ich etwas von ihrer Glut stibitzte und jagte mich davon. Bei meiner Flucht öffnete sich das Gefäß und die Funken setzten sich in meinem Fell fest. Ich habe es leider nicht geschafft dir Licht zu bringen.“, teilte er Seiji mit trauriger Stimme mit.

„Sei nicht traurig, Sternenkater. Ich gehe los und bringe uns etwa Licht von Schwester Sonne.“, beruhigte Hex ihn und glitt davon.

Nun war es an Seiji den bedrückten Sternenkater aufzuheitern. Er das führte zu ein paar Figuren an deren Ende Nat auf den Händen des stehenden Seijis einen Handstand machte, ins Hohlkreuz ging und seine Füße kurz über seinem Kopf hielt. Nachdem er zurück in einen richtigen Handstand gegangen war, kippte er zur Seit und landete neben Seiji auf den Füßen, genau indem Moment in dem Hex zurück auf die Bühne glitt. Sie hatte eine Illusion um sich gewoben, die es so aussehen ließe als leuchte sie matt mit einem bläulich-weißem Schimmer.

„Nachtrabe, Schwester Sonne hat mir etwas von ihrem Licht abgeben unter der Bedingung, dass ich ihr einmal im Monat eine Nacht lang Gesellschaft leiste.“, teilte sie den beiden mit. Erst herzte Seiji sie, dann wirbelte Nat sie in einer Rock’n Rollfigur um seinen Körper. Zum Schluss ergriffen sie beide kurz vorm Knöchel am Bein und hoben sie hoch, wobei sie einen Spagat ging und sich im Hohlkreuz zurücklehnte. Die drei verharrten kurz in der Figur als Hex Beine je auf einer Schulter von Nat und Seiji ruhten und beide sie noch zur Sicherheit fest hielten.

Licht und Musik erloschen. „So kam es, dass die Sterne und der Mond die Nacht erhellten um dem Nachtraben eine Freude zu bereiten.“, schloss Seijis Stimme die Geschichte, welche sie mit ihrer Nummer erzählt hatten.

Das Licht im Saal flammte wieder auf. Die drei verneigten sich Hand in Hand und verließen unter dem Applaus der Gäste den Saal.

Wieder in ihrer Festkleidung kehrte sie zu Angelo, Bea und Felicitas zurück. Duncan und Lucius hatten sich zu ihnen dazugesellt.

Liam trat mit einem Tablett auf dem drei Glas Wasser stand auf sie zu. Mit einem höflichen Lächeln nahmen die drei Artisten das Getränk entgegen. Nur Nats Lächeln war jetzt nicht mehr zu sehen, trug er doch wieder den Tagelmust.

„Das war beeindruckend.“, meldete Lucius sich zu Wort.

Nat zuckte mit den Schultern schaffte es irgendwie von seinem Wasser zu trinken ohne dabei sein Gesicht zu zeigen und überließ es Hex und Seiji zu antworten.

Hex kicherte geziert und meinte, „Vielen Danke, Mylord. Wir geben uns Mühe unser Publikum zu beeindrucken, obwohl nur Nat derjenige von ist, der dafür richtig ausgebildet ist.“

Ein leise Knurren entschlüpfte Nat. Er wurde nicht gerne an seine „Ausbildung“ erinnert.

„Es war auch so schon spektakulär genug.“, sagte Duncan trocken.

Bea grinste begeistert. „Es war einfach toll! So gut wie ihr seid muss ich unbedingt mal eine richtige Vorstellung bei euch besuchen.“, wandte Bea sich an Seiji, der bescheiden den Kopf neigte. „Ich hoffe euch bei uns begrüßen zu können.“, erwiderte der Tengu höflich.

„Nun immerhin gibt es jetzt etwas anderes Bemerkenswertes über diese Feier zu erzählen, als nur mein Genius Intimus.“, erklärte Angelo. „Danke für diese schöne Überraschung.“ Dabei blickte er Nat direkt an und der Sphinx ahnte, dass Angelo wohl „Danke, dass du das für mich getan hast.“, meinte, aber es hier in der relativen Öffentlichkeit der Feier nicht aussprach. „Beim Büffet gibt s auch Pfefferminztee, den magst du doch.“, lockte der Hellseher Nat von ihren ins Gespräch vertieften Familien fort.

Mit einem Pfeffermiztee versorgt, gelang es Nat sogar doch noch eine Kleinigkeit zu essen. Obwohl er erst dagegen war, so hatte die Zirkusnummer mit Seiji und Hex dazugeführt, dass er wieder mehr er selbst war. Zumindest gelang es ihm nun das ganze festliche Spektakel als einen weiteren Teil einer Nummer zu sehen und seinen Teil dazu beizutragen, solange wie das Fest dauerte. Er war sogar froh über Seijis und Hexs Anwesenheit. Sie waren seine Familie, die ihm Halt gaben und mit denen er sehr viel durchstehen konnte.

Unerwartetes

Die Tage nach dem Fest gingen in einem Wirbel aus Aktivität fast unter. Angelo und Nat arbeiteten einen neuen Stundenplan für die Universität aus, bei dem beide nicht zu kurz kamen. Dies bedeutete, dass sie nachdem sie sich auf einen Stundenplan geeinigt hatten, das Ganze mit den Professoren und Dozenten abklären mussten. Ein wenig half ihnen dabei, dass Nats Einsatz gegen den Mantikor ihm einen Sympathiebonus verschaffte, sobald sie die Angelegenheit erklärten.

Irgendwie war Angelo ganz froh, dass Nat sich noch nicht so ganz entschieden hatte, ob er im „Imago“ weiterhin auftreten wollte, da er nicht sehen konnte, wie Nats Training auch noch in ihre ausgefüllten Tage passen sollte.

Bis jetzt hatten sie abends noch häufig Verabredungen mit Lucius und Duncan zum Üben. Die ersten Sitzungen waren eher ein Austesten von Nats Fähigkeiten gewesen. An diesem Abend war es anders.

Wie die letzten Male auch saßen sich die Vier auf Sitzkissen im Übungsraum der Villa gegenüber. Duncan schwieg, während Lucius seinen Sohn und Nat eine Weile genau musterte.

„Nun ich glaube inzwischen haben Duncan und ich herausgefunden, was ihr beide am meisten üben müsst. In euren jeweiligen Fähigkeiten seid ihr hervorragend ausgebildet. Die Basics bezüglich eines Hellsehers und, was der Genius Intimus dahingehend beachten sollte, sind wir auch durchgegangen. Sie sind auch nicht weiter schwierig. Kommen wir also zu eurem Handycap. Ihr agiert nicht als Team. Ihr verhaltet euch nicht wie ein Team, etwas, dass in einer guten Schutzgeist und Schützling Beziehung ganz alltäglich ist. Und eure Bindung ist immer noch sehr schwach. Die Aufgaben, die ihr noch zu meistern habt, sind also eure Bindung zu stärken und eure Teamfähigkeit zu verbessern. Dafür ist Vertrauen die Grundlage und hier liegt, soweit ich das sehen kann euer Problem. Deswegen werden wir von nun an hauptsächlich Vertrauensübungen mit euch durchführen. Ansonsten werdet ihr einander weiter kennenlernen und den Alltag meistern müssen. Da führt kein Weg daran vorbei. Keine einfache Sache sich aneinander zu gewöhnen und es wird Zeit brauchen.“

Angelo blickte bei den Worten seines Vaters zu Nat, der den Boden vor sich intensiv zu mustern schien.

„aus diesem Grund haben wir heute eine Vertrauensübung für euch.“, fügte Duncan hinzu. „Etwas ganz simples. Ihr werdet euch gegenseitig durch den Raum führen, wobei derjenige, der geführt wird, die Augen geschlossen haben soll, die ganze Zeit.“

Ein leises Seufzen entwich Nat bei diesen Worten. „Zuerst lässt du dich von Nat führen.“, ordnete Lucius an. Angelo nickte, bevor er sich erhob. Er schloss die Augen und wartete auf Nat. Er konnte hören, wie Nat aufstand sich zu ihm drehte und ihm eine Hand auf die Schulter legte. Mit leiser Stimme lotste Nat ihn durch den Raum, wobei Angelo diese Übung nicht schwer vorkam. Erst als sie die Plätze tauschten, merkte er, warum sein Vater diese Übung vorgeschlagen hatte. Nat versteifte sich unter seiner Berührung und musste immer wieder daran erinnert werden die Augen zu schließen. Dem Hellseher fiel auf, wie Nat erleichtert ausatmete als Lucius die Übungsstunde beendete. „Übt das weiter, auch ruhig mal zwischen durch, wenn ihr alleine in einem Raum seid.“, forderte Duncan von ihnen. Angelo konnte sehen wie Nat Duncan nur schweigend anfunkelte.

„Das wird schon.“ Versuchte Lucius sie aufzumuntern, der ihnen zum Abschied zunickte.

Angelo war froh, dass sie für heute die Übungsstunde hinter sich hatten und nun zum Baumarkt aufbrechen konnten, wo sie Materialien zum Renovieren besorgen wollten.
 

Angelo staunte, über die unerwarteten Ausmaße des Baumarktes. Zwar hatte er schon hin und wieder Unfälle vorhergesehen, die beim Renovieren geschahen, aber selbst hatte er noch nie renovieren müssen. Einen Baumarkt hatte er bis jetzt noch nicht betreten. Es war als führte Nat ihn in eine völlig neue Welt ein, obwohl es sich nur um das handelte, was für den Großteil der Menschen zu ihrer Realität dazuzählte.

Es fing schon mit dem einfachen Gang durch den Baumarkt, auf der Suche nach Wandfarbe, Tapeten und Kleister, an. Das Malerwerkzeug würde Seiji ihnen leihen. Angelos Augen glitten über die meterhohen und ewiglangen Metallregale mit allem, was das Herz eines Heimwerkers höher schlagen ließ. Wozu brauchte man lange Bretter? Wie viele verschiedene Schrauben es doch gab. Und welche der Wandfarbensorten war jetzt die Richtige? Immer verwirrter schritt er neben Nat her, welcher zielstrebig auf einen Tresen in einem breiteren Gang zusteuerte. Dort gab es einen Ständer mit farbigen Pappkarten. Angelo legte den Kopf schräg als Nat ihm erklärte, dass auf diesen Karten zu sehen war, welche Wandfarben man sich in diesem Baumarkt fertig anmischen lassen konnte.

„Äh, und jetzt?“, fragte Angelo unsicher.

„Überlegen wir welche Farbe wir in, welchem Zimmer haben wollen oder, ob wir doch lieber tapezieren.“, gab Nat gelassen zurück.

„Und warum machen wir das jetzt? Müssen wir nicht unsere Sachen erst rüberbringen?“

„Nein. Renovieren geht besser, solange noch keine Möbel in der Wohnung sind. Und meine Miete für diesen Monat hab ich eh schon bezahlt, da können wir die auch noch ne Weile drin lassen.“

„Okay.“ Angelo zuckte mit den Schultern. Er hatte wirklich kaum Ahnung, was bei einem Umzug so zu tun war und schon gar nicht, welche Reihenfolge da sinnvoll war.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich bezüglich der Farben einig waren. Nat schnaubte belustigt als er Angelo schließlich erlaubte auf die Wohnzimmerwand einen keltischen Lebensbaum zu malen, weil Angelo erklärte, dass er schon immer mal ein Bild auf eine Zimmerwand hatte malen wollen. Es stellte sich außerdem heraus, dass sie in diesem Baumarkt nicht alle Farben für alle Zimmer finden würden.

Auf dem Weg zur Kasse kamen sie bis zu dem Gang mit Arbeitsplatten. Mit einem: „Ach, die brauchen wir ja auch noch, lass uns doch schon mal gucken!“, schob Nat den Einkaufswagen in diesen Gang. Angelo folgte ihm nur wie ein Entchen und betrachtete die verschiedenen meist zwei Meter langen Platten. Da gab es Fichten-, Buchen-, Eichen-, Birken-, Helvea- und sogar Teakholzplatten, plus die üblichen laminierte Platten. Der Hellseher musterte die Platten und kam sich vollkommen überfordert vor, welche war denn nun für ihre Küche richtig?

„Sag mal, denkst du die könnten wir uns leisten?“, erkundigte sich Nat bei ihm, wobei er auf eine Arbeitsplatte aus Hirnholz deutete. Angelos Blick huschte daraufhin über verschiedene Preisschilderhinweg, bis er begriff, warum Nat gefragt hatte. Die Platte war teuerer als andere, aber nicht so teuer, wie beispielsweise die aus Teak. „Ja, können wir. Aber wieso willst du gerade die?“

„Ach, Hirnholz ist haltbarer als andersrum gesägtes Holz.“, antwortete Nat nur.

„Doofe Frage, aber was ist Hirnholz?“

„Das ist keine besondere Holzart. Hirnholz kannst du aus allen Holzarten machen. Das heißt einfach nur, dass das Holz nicht mit der Faserrichtung geschnitten ist, sondern aus Klötzchen besteht, die aus den Scheiben der Stämme gesägt wurden. Siehst du, hier kann man die Jahresringe erkennen und bei den anderen Platten nicht.“, klärte Nat ihn auf.

Angelo betrachtete die Platten genauer. „Brauchen wir mehr als eine?“, fragte er dann.

„Ja, weil die hier kürzer sind als die anderen, bräuchten wir mindestens zwei.“

„Hm, wenn ich das richtig sehe, sind die Klötzchen aus denen die Platte besteht unterschiedlich groß.“

„Echt?“ Nat beugte sich vor. „Hm, ob da auch Platten mit gleich großen Klötzchen gibt?“ Der Sphinx murmelte etwas und die Platten erhoben sich vom Stapel in die Luft, wo sie nebeneinander schweben blieben.

„Hey, was machen Sie da?“, erklang eine aufgebrachte Stimme.

Angelo zuckte zusammen und drehte sich um. Auch Nat fuhr herum. „Die Platten ansehen.“, knurrte er. „Was denn sonst?“

„Also, so geht das jawohl nicht! Da stößt man sich ja den Kopf an!“, schimpfte der Baumarktmitarbeiter auf sie ein, obwohl die Platten über den Stapeln schwebten und nicht über dem Gang.

„Aber wir stören doch niemanden damit.“, wandte Angelo ein.

„Wenn Sie die Platten ansehen wollen, legen Sie sie gefälligst auf die anderen Stapel und gucken so!“, wurden sie scharf zurecht gewiesen.

Angelo sah zu Nat herüber, bei dem inzwischen ein Schweißfilm auf der Stirn anzeigte, dass er das Gewicht der Platten mit seiner Magie hielt und es nicht so leicht war, wie es aussah.

„Descendete retro de struem!“*, befahl der Sphinx mit leicht gepresster Stimme.

Langsam kehrten die Platten zu ihrem Stapel zurück und stapelten sich darauf. Der Baumarktmitarbeiter war inzwischen schon weitergeeilt. „Was für ein Pedant, hier ist nirgendwo ein Schild: Zaubern verboten!“, grummelte Nat. „Lass uns gehen, der hat mir die Laune verdorben!“

„Wie du meinst. Ich verstehe auch nicht, was der hatte.“, murmelte Angelo einlenkend, ihm fiel erst jetzt auf, dass ihn zwei weitere Baumarktbesucher groß anstarrten. War zaubern in der Öffentlichkeit wirklich so ungewöhnlich? Aber wenn dem so wäre, hätte Nat doch sicherlich nicht gezaubert, oder?

Mit ein paar Eimern weißer Farbe, je einem Eimer grüner und silberner Farbe, Abdeckfolie und Kreppband verließen sie den Laden. Angelo bemerkte immer wieder verdutzte Blicke aus den Augenwinkeln als Nat und ihr Chauffeur die Wandfarbe im Kofferraum der Limousine verstauten.

„Habt ihr kein unauffälligeres Auto?“, maulte Nat vor sich hin.

„Hm, weiß nicht? Jack, haben wir ein unauffälligeres Auto?“, gab Angelo die Frage an den Chauffeur weiter.

„Für weitere Baumarktbesuche könnten wir den Mercedes nehmen.“, erwiderte der Chauffeur ruhig.

„Bitte, lass uns das machen!“, flehte Nat.

„Okay, von mir aus.“, nahm Angelo den Vorschlag an. „Sag mal, was brauchen wir eigentlich noch alles?“, wollte er wissen als sie saßen.

„Du meinst außer Farbe, Pinsel, Farbrollen, Leitern, Abdeckfolie und Kreppband?“ Nat überlegte. „Umzugkartons für unsere Sachen, Werkzeug kriegen wir von Seiji, schließlich werden wir wohl einige Möbel auseinander bauen müssen.“

„Müssen wir?“

„Anders kriegen wir das Bett sicher nicht die Treppe rauf und auch den Leuten von einem Umzugsunternehmen gelingt das nicht.“, gab Nat nur trocken zurück.

„Wie du meinst.“, seufzte Angelo, „Und du willst wirklich jetzt noch streichen, es ist schon sieben?“

„Ja, sonst haben wir ja keine Zeit dazu und heute ist Ruhetag im Imago.“

„Oje.“, murmelte Angelo. Es war schon seltsam, wenn es um das Renoviere ging übernahm Nat wie selbstverständlich die Führung. Sein Genius hatte ihn genötigt, Kleider einzupacken, denen Farbflecken nichts ausmachten, bleibende Farbflecken. Nun zumindest besaß Angelo solche Kleidung, er hatte die Sachen mitgenommen, die er trug, wenn er seine Bilder malte. Vor dem Haus warteten Seiji, Hex, Bea und Felicitas. Angelos Schwester erklärte ihre Anwesenheit damit, dass sie sich dieses Spektakel doch nicht entgehen lassen konnte.

Relativ bald stellte Angelo fest, dass eine Wand anstreichen wenig mit Bilder malen zu tun hatte. Die Abdeckfolie wurde vorsorglich von Seiji und Nat ausgebreitet, weil es so schneller ging. Kurz darauf schwebten Nat und Seiji unter der Decke und strichen. Seiji kümmerte sich um die Kanten, während Nat die Fläche in der Luft liegend bearbeitete. Angelo starrte zu seinem Genius hinauf, irgendwie hatte das etwas surreales. Er wurde in seinen Überlegungen unterbrochen als Hex ihm eine Farbrolle in die Hand drückte. „Komm lass uns mit den Wänden weiter machen.“, schlug sie vor.

„Aber ich hab noch nie...“, wandte er ein.

„Achte einfach darauf, dass du die ganze Fläche mit Farbe bedeckst, dir keine Farbe an der Wand runterläuft und Tropfen bildet. Das kriegst du schon hin, deine Leinwände streichst du doch auch vor!“, riet sie ihm.

Angelo nickte und machte sich ans Werk. Bea und Felicitas sorgten dafür, dass kein Farbfleck auf Fußleisten, Fenstern, Fensterbrettern oder der Türleibung festtrocknete, indem sie diese gleich abwischten.

Zwei Stunden später ließ Angelo sich auf den Boden sinken. Sein Magen knurrte und ihm taten die Arme weh, aber die Wände waren nun einigermaßen gleichmäßig gestrichen.

„Habt ihr auch Hunger?“, erkundigte Seiji sich von der Zimmertür her. Er und Nat hatten auch noch die Decken der anderen Räume gestrichen.

„Ja, haben wir. Wie findest du unser Werk?“, antwortete Hex ihm.

„Sieht gut aus. Ich hab um die Ecke eine Imbissbude gesehen. Irgendwelche Wünsche?“

„Einen Döner!“, Hex Antwort war sehr bestimmt.

„Irgendwas, Hauptsache essbar.“, murmelte Angelo.

„Geht klar. Bin gleich zurück. Was zu Trinken haben wir ja schon hier.“ Seiji winkte und verschwand im Flur.

Angelo säuberte die Farbrolle, bevor er mit Hex zusammen ins Wohnzimmer ging. Dort saßen seine Schwester, Felicitas und Nat auf dem Boden. Sie hatten den Teppich, welchen der Vormieter gelegt hatte noch nicht rausgerissen. So war es wenigstens ein wenig bequemer, da sie noch keine Stühle in der Wohnung hatten, von einer funktionierenden Küche ganz zu Schweigen. Nat trank gerade aus einer Flasche Mineralwasser.

„Und für welche der Wände hast du dich entschieden?“, fragte sein Genius ihn unvermittelt.

„Die hinter dir, wenn es dich nicht stört?“, antworte Angelo auf die Wohnzimmerwand deutend.

„Wovon sprecht ihr?“, wollte Bea wissen.

„Auf welche Wand ich ein Bild malen darf.“, erklärte Angelo ihr lächelnd.

„Ach so. Da wird wohl ein Traum wahr.“, grinste sie.

Er nickte nur.

„Kindskopf.“, stellte sie fest.

Angelo streckte ihr die Zunge raus. Er hörte Felicitas kichern. Nat schüttelte nur den Kopf, stellte die Wasserflasche beiseite und streckte sich ausgiebig. Hex hatte nur ruhig dabei gesessen.

Plötzlich drehten alle drei Genii den Kopf zum Flur. Angelo und Bea folgte ihren Blicken.

„Bin wieder da!“, rief Seiji. Er trug mehrere Plastiktüten ins Zimmer, die er verteilte. „Ich hab dir auch Fisch and Chips mitgebracht, wie Nat.“, teilte er Angelo mit.

Vorsichtig nahm Angelo eine Papiertüte entgegen. Er betrachtete das Essen darin. Es roch nach Fisch. Auf Pommes lagen mehrere frittierte Fischstücke und eine helle Soße war darüber gegossen. „Da bin ich ja mal gespannt.“, murmelte er. Skeptisch probierte er ein Fischstückchen. Gewöhnungsbedürftig, aber nicht schlecht, stellte er fest.

„Magst du das nicht?“, erkundigte sich Seiji höflich.

„Ich kenne es nur nicht, aber es schmeckt.“

„Du kennst kein Fish and Chips?“ Aus Nats Stimme war Erstaunen herauszuhören.

Angelo hob den Kopf und blickte seinen Genius an. „Ja, kenne ich nicht.“

„Warst du nie nach der Schule Fast Food essen?“, kam es verwundert von Hex, die gerade ihren Döner aus der Tüte holte.

„Nein.“, mehr wollte Angelo dazu nicht sagen.

„Er ist nicht nur Schule gegangen.“, erklärte Bea, woraufhin sie sich einen gereizten Blick ihres Bruders einfing. „Er hatte Hausunterricht von Privatlehrern.“

„Und du nicht?“ Nats Stimme war leise, so als war er sich nicht sicher, ob er die Antwort hören wollte. Angelo betrachtete das Gesicht seines Genius, der seinen Blick erstaunlich ernst erwiderte.

„Nein, ich bin zur Schule gegangen. Angelo konnte das nicht, weil er...“

„Bea!“, fuhr Angelo ihr scharf dazwischen. Er wollte nicht, dass Nat das wusste. Nat hatte Panik davor eingesperrt zu sein. Nat musste nicht wissen, wie lange er in einem goldenen Käfig gelebt hatte, weil er keinen Genius Intimus besessen hatte. Irgendwie war er zwar immer noch wütend auf Nat, weil der ihn nicht früher gefunden hatte, aber der hatte schließlich auch seine Gründe gehabt, versuchte Angelo sich selbst zu überzeugen.

Doch sie ließ sich natürlich nicht von ihm aufhalten, wie so oft.

„Weil er keinen Genius Intimus besaß!“, vervollständige sie ungerührt ihre Antwort. „Darum durfte er das Haus nie ohne einen aus der Familie oder Liam verlassen, bis er volljährig war. Danach hat Dad ihm Bodyguards mitgegeben, weil er unbedingt allein raus wollte.“

Schweigen breitete sich im Zimmer aus. Angelo beobachtete wie Nat bleich wurde. Anscheinend hatte dieser nie darüber nachgedacht, was für Konsequenzen es gehabt hatte, dass er nicht nach seinem Schützling gesucht hatte.

„Das war unnötig!“, zischte Angelo seine Schwester an.

„Ach ja? Ich weiß wie sehr du gelitten hast, weil er dich nicht gefunden hat! Er hatte eine Pflicht und er war lang genug frei um dich zu suchen! Ich hab mich informiert, weißt du? Er hätte dich schon vor Jahren finden können!“, sie redete sich in Rage.

Ein Rascheln verriet ihm, das ihr Talent sich mal wieder verselbstständigte. Abwesend fragte er sich, warum Seiji zu dieser Szene schwieg. Er sah von seiner Schwester zu Nat, dessen Finger sich um die Fish and Chips Tüte krallten und der in sich zusammengesunken war, fast als erwarte er Schläge. Der Blick des Sphinx war gesenkt. Angelo atmete tief ein. „Das ist trotzdem eine Sache zwischen ihm und mir.“, sagte er leise.

„Bist du nicht wütend, weil er so lange nichts getan hat. Er ist seit elf Jahren frei, verdammt noch mal!“ Beas Stimme schraubte sich in die Höhe. Nat sank noch mehr in sich zusammen.

Angelo schloss kurz die Augen. Er wollte sich jetzt nicht streiten, weder mit Bea noch mit Nat.

„Ich schlage vor, ihr beide geht jetzt in Nats Wohnung und klärt diese Angelegenheit in aller Ruhe miteinander.“ Seijis ruhige Stimme füllte den Raum. „Wir anderen räumen hier auf und ich bringe euch die Schlüssel nachher vorbei.“

Als Bea daraufhin schwieg, atmete Angelo erleichtert auf. Anscheinend erkannte seine temperamentvolle Schwester Seijis Autorität an. Langsam verschloss er seine Fish and Chips Tüte. Sein Hunger war ihm abhanden gekommen. „Die könnt ihr mitnehmen, für später.“, sagte Seiji sanft. Mit der Tüte in der Hand erhob sich Angelo. Nat kam ebenfalls auf die Füße. Mit leiser Stimme verabschiedete sein Genius Intimus sich von den Anwesenden, bevor sie zusammen die Wohnung verließen.

Ein drückendes Schweigen lastete auf Angelo, während er neben Nat die Straße längs ging. Ihm war bewusst, dass ihr Problem kein Thema war, welches man auf der Straße besprach, aber Nats Schweigen weckte Zweifeln in ihm. Das Verhalten des Sphinx ließ darauf schließen, dass Nat sich seiner eigentlichen Pflicht als Schutzgeist bewusst gewesen war und diese dennoch ignoriert hatte. Es schmerzte zu erkennen, dass Nat ihn ablehnte oder lehnte Nat nur den eigenen Status als Genius Intimus ab? Doch in ihrem Fall ließ sich das nicht einfach trennen, oder doch? Angelo bekam kaum mit als Nat um eine Ecke bog, hastig folgte er ihm. Vor einem alten hohen Backseingebäude hielt Nat, kramte einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür. Angelo betrat einen engen Hausflur, der zu einer Treppe mit einem geschwungenen Holzgeländer führte, die Nat nun hinauf stieg. Erst unterm Dach hielt Nat wieder an um die Wohnungstür aufzuschließen.

„Zieh bitte die Schuhe aus und setzt dich schon mal in das Wohnzimmer. Hier links. Ich koche uns einen Tee.“, waren die ersten Worte, die Nat an ihn richtete, seit sie ihre zukünftige Wohnung verlassen hatte. Angelo fiel auf, dass Nat ihn nicht in seiner Wohnung Willkommen geheißen hatte, so wie er ihn auch nie mit hoch gebeten hatte, wenn sie Sachen von Nat geholt hatten.

Der Hellseher kam Nats Bitte nach. Das Wohnzimmer war ein großer Raum, an fast allen Wände befanden sich gefüllte Bücherregalen. Nur an einer Wand stand das Sofa einem Regal zugewandt, in welchem sich ein Fernseher befand. Der Couchtisch vor dem Sofa war winzig, insgesamt war die Möblierung des Raumes so angeordnet, dass in der Mitte des Raumes viel freier Platz blieb. Angelo setzte sich auf das Sofa nah an die Kante. Sein Blick glitt über die Bücherregale, während er auf Nats Rückkehr wartete. Vor den Büchern, lagen Geduldsspiele. Ein Zauberwürfel leuchtete bunt vor einem Buch mit schwarzem Einband. Die Menge an Rätselbüchern, zwischen Roman, Krimis und Fachliteratur im Regal war auffällig. Der Anblick des Bücherregals verdeutlichte Angelo nur zum wiederholten Mal, dass er seinen Genius Intimus eigentlich kaum kannte.

Er hörte Nat in der Küche rumoren, wohin der mit ihren Fish and Chips Tüten verschwunden war. Von seinem Platz aus versuchte Angelo die Buchtitel zu entziffern. Irgendwie empfand er es als Eindringen in Nats Privatsphäre, wenn er aufstände und die Bücher aus der Nähe ansähe. „Your Memory.“, konnte er auf einem Buchrücken lesen.

Nat kehrte mit einem Tablett ins Zimmer zurück. Der Sphinx stellte einen dunkelblauem Becher vor Angelo ab auf dem „It’s bigger on the inside...“ stand und goss heißen Pfefferminztee ein. Pfefferminztee war wohl die Antwort auf jeglichen Stress bei Nat. Angelo hob den Becher hoch, schnupperte daran und musterte Nat, der sich ihm gegenüber auf ein Kissen auf dem Boden gesetzt hatte. Wieder senkte sich dieses unangenehme Schweigen über sie, bis Nat es mit der Frage, „Bist du gar nicht wütend auf mich?“, brach.

„Ein wenig schon.“, gab Angelo ehrlich zu, „Ich war wütender auf dich, bevor ich dich traf. Bin ich jetzt wütend? Ich weiß es nicht. Eigentlich ging es mir doch gut. Ich hatte nur nicht so viele Freiheiten wie du, aber es war immer jemand für mich da, wenn ich Probleme hatte.“

„Aber du hattest nicht die Freiheit, die du hättest haben können.“ Das war Nats Stimme, rau und tonlos.

Angelo seufzte. „Ja, hatte ich nicht. Aber du hattest die Zeit, die du brauchtest, um dich ein wenig von deinen Erlebnissen zu erholen.“

„Ich...“Nat stockte. „Ich hatte nie vor nach dir zu suchen. Ich wollte meine Freiheit nicht aufgeben.“, gestand er kaum hörbar.

„Obwohl du den Codex kennst?“, hakte Angelo nach.

Ein Nicken war die Antwort. Angelo war sich sicher leichten Trotz im Blick des Sphinx zu erkennen. Er starrte Nat fassungslos an, schließlich brachte er hervor: „Warum?“

Der Sphinx blickte in seine Tasse, seine Stimme war sehr leise. „Weil ich die Genius Intimus Verbindung hasse.“

Angelo stellte seine Tasse nicht ab, weil seine Hand zu sehr zitterte. „Ich kann dir nicht folgen.“

„Ich...“ Nat fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Ich konnte einfach nicht nach dir suchen. Es war ein wenig wie diese Blockade, die manche Leute haben, wenn sie einen Handstand machen sollen. Sie kommen nicht in den Handstand, weil ihre Furcht vor dem Überkippen sie daran hindert genug Schwung zu nehmen, um zum Stehen im Handstand zu kommen und egal, wie oft sie es probieren, es passiert immer wieder das Gleiche.“

„Du meinst eine psychische Blockade. Aber das hat nichts mit unserer Situation zu tun.“, erwiderte Angelo.

„Doch irgendwie schon. Wie erklär ich das bloß...“, Nat stockte. „Als ich befreit wurde konnte ich das Band fast gar nicht mehr spüren und ich... ich habe nicht einmal drüber nachgedacht, dass dort draußen mein Schützling auf mich wartet, zu Anfang. Ich wollte nichts mit diesem Band zu tun haben. Ich wollte es nicht mehr spüren können, nicht mehr haben. Ich hab gar nicht so weit gedacht, um es mit einer anderen Person in Verbindung zu bringen. Ich wollte nichts damit zu tun haben, weil es nur Schmerz bedeutete, für mich.“

Angelo runzelte die Stirn. Den ersten Teil der Erklärung konnte er noch nachvollziehen, das kannte er von anderen traumatisierten Personen, aber den zweiten Teil. „Was meinst du mit nur Schmerz?“

Nats Kopf ruckte hoch und er fauchte Angelo an. „Was denkst du denn, das passiert, wenn man der Verbindung nicht folgt! Erst kribbelte es, dann wird es stärker, bis man das Gefühl hat der ganze Körper brennt von innen und man nur noch diesem Ruf folgen will, damit es aufhört!“ Der Sphinx stockte. „Es tut mir Leid. Ich wäre gekommen, aber ich war eingesperrt und ohne Minos... ich glaub nicht, dass ich die Zeit, bis sie einen Bannzauberer geholt haben, der die Verbindung abschwächte, ausgehalten hätte, nicht ohne Minos.“

„Ist okay, danke, ich glaube ich hab es verstanden. Also bist du jetzt hier, weil wir uns getroffen haben und es deine Pflicht ist.“

„So in etwa und, weil ich niemanden sterben sehen konnte, ganz besonders nicht dich.“, gab der Sphinx zu.

Angelo seufzte. „Und ich hatte gehofft...“

„Was?“

„Ach, vergiss es. Kinderträume.“

„Angelo.“

Angelo sah auf und blickte in Nats grüne Augen, die dieser auf ihn gerichtet hatte. „Hm.“, machte er nur resigniert.

„Nathaniel Harmachis el Sharif Night ist mein voller Name.“ Nats Stimme war ruhig nur ein leises Zittern darin verriet ihn.

Angelos Augen weiteten sich. Er konnte Nat nur anstarren, warum nannte er ihm jetzt seinen Namen?
 


 

* „Descendete retro de struem!“ lat. sollte: „Senkt euch auf den Stapel zurück!“ bedeuten. Falls jemand in Latein besser ist, bitte ich um Korrektur. S.

Freunde

Nathaniel
 

Nats Blick ruhte auf Angelo, während er ihm seinen Namen nannte. Auf dem Gesicht des Hellsehers spiegelten sich Überraschung gefolgt von Freude wieder. Nur einen Moment konnte Nat das strahlende Lächeln auf Angelos Gesicht sehen, ehe er sich unversehens in einer festen Umarmung wiederfand.

„Danke, für dein Vertrauen“, wisperte der Hellseher an Nats Ohr. Zuerst versteifte Nat sich, dann schlang er stumm die Arme um Angelo. Er wollte nichts mehr sagen und hoffte, Angelo würde verstehen, warum er ihm gerade jetzt seinen Namen genannt hatte.

Es dauert nicht lange und er wand sich in Angelos fester Umklammerung, woraufhin er hastig losgelassen wurde. „Tschuldige...“, murmelte Angelo.

„Schon gut, lass uns essen.“ Nat kramte die Tüten mit den Fish’n Chips heraus. So brauchte er Angelo nicht weiter ansehen. Seine Finger zitterten leicht als er sich ein Fischstückchen aus der Tüte angelte. Er biss hinein und schauderte, es war laukalt. „Mist!“

„Was ist?“, fragte Angelo.

„Es ist kalt geworden. Kalte Pommes schmecken nicht und aufwärmen kann man sie auch nicht, dabei werden sie nur knochentrocken,“ erläuterte er Angelo.

„Und jetzt?“

„Um die Ecke ist auch ein Imbiss. Lass uns da hin.“, schlug er vor. Jetzt mit Angelo hier alleine in seiner Wohnung zu sein, war unangenehm. Es fühlte sich nicht richtig an, noch nicht. Lieber wäre er jetzt von Leuten umgeben, weswegen er den Vorschlag machte.

Angelo hatte allerdings Einwände dagegen: „Aber Seiji wollte uns doch die Schlüssel vorbeibringen!“

„Kein Problem.“ Nat sprang auf, legte die Fish’n Chipstüte auf den Couchtisch und lief in sein Schlaf- und Arbeitszimmer. Er kehrte mit Notizblock und Stift zurück. Auf den Zettel kritzelte er „Sind kurz was Essen.“ „Seiji hat einen Zweischlüssel, er kann hier auf uns warten oder einfach nur die Schlüssel hier lassen.“

„Reicht das?“

„Sicher. Außerdem haben wir unsere Handys dabei. Komm.“ Er packte Angelo am Handgelenk und zog ihn hoch. Er war wohl doch noch nicht bereit Angelo wirklich in sein Heim zu lassen. Er führte ihn in den Flur, wo er ihn losließ, damit sie sich die Schuhe anziehen konnten. Nat klebte den Zettel an die Wohnungstür. Selbstklebende Notizzettel waren doch etwas Praktisches, dachte er dabei. Während sie die Treppe runtergingen, sprach er nicht mit Angelo. Ein rascher Seitenblick zeigte ihm, dass es richtig gewesen war dem Hellseher seinen Namen zu nennen, denn auf dessen Lippen lag ein seliges Lächeln. Und auch für ihn hatte es etwas geändert. Ihre Verbindung war stärker geworden. Nat konnte einen Hauch Freude spüren, die von Angelo ausging.

Draußen war es inzwischen dunkel geworden und Angelos Verhalten, ließ Nat vermuten, dass Angelo auch nicht oft alleine, na fast alleine, abends draußen gewesen war. Die Straßenlaternen glühten noch leicht orange. Geparkte Autos warfen schummrige Schatten und Hauseingänge waren dunkle Löcher geworden. Der Imbiss war nur zwei Straßen weiter. Halt ein üblicher Imbiss mit verschiedenen Speisen von Döner über Felafel zu Börek.

Nats Blick glitt automatisch über die auf der Straße Anwesenden, doch von denen ging keine Gefahr aus. Angelo war nahe an ihn herangerückt und schien unsicher. Lautes Lachen schallte aus dem Geschäft zu ihnen heraus.

„Mal sehen, was dir gefallen könnte,“ meinte Nat, hielt vor der, an der Außenwand hängenden, Karte und musterte sie genauer als sonst. Er kam allerdings nicht mehr dazu Angelo einen Vorschlag zu machen, da sich ihnen jemand von hinten näherte. Nat fuhr herum, grinste, fing sich einen Knuff gegen die Schulter ein und murrte wortlos.

„Sag mal, was sollte der Stunt an der Uni? Bist du lebensmüde oder was?“ Der Ankömmling starrte ihn von oben herab aus braunen Augen an. Wie so häufig trug Abdul seine schwarz-rote Motorradkluft. Sein ebenfalls schwarzes Haar war zu einem langen Pferdeschwanz gebunden. Er war immer noch zwei Köpfe größer als Nat. „Und wer ist der feine Pinkel, den du da angeschleppt hast? Er sieht verschreckt aus. Spielst du jetzt Aufpasser für reiche Schnösel?“

Nat drehte den Kopf kurz zu Angelo, der zwar tatsächlich eingeschüchtert aussah, dessen Augen aber bei den Beleidigungen wütend zu funkeln begannen. Nun, wer nicht zur Schule gegangen war, der hatte auch keine Erfahrung mit Leuten wie Abdul. Außerdem konnte sich Nat ganz gut vorstellen, was für unangenehme Visionen Angelo wohl schon von Bikern gehabt haben könnte. Das dürfte jemanden in Motorradkluft, der seinen Schutzgeist anmotze nun nicht gerade vertrauenserweckend erscheinen lassen. Besser gleich die Situation klären, entschied Nat.

„Angelo, das hier ist Abdul, der ältere Bruder meines besten Freundes. Abdul, dieser reiche Schnösel, wie du ihn nanntest, ist Angelo del Chiarore mein Schützling!“, stellte er die Beiden einander vor. Abduls Miene war im ersten Moment befriedigend perplex, ehe er sich fing.

„Hi.“, damit streckte Abdul Angelo die Hand hin, welche der ein wenig zaghaft ergriff. „Kemal, sagte was von Schützling, deswegen warst du ja auch nicht zu erreichen. Aber trotzdem, wehe du raufst dich noch einmal alleine mit so einem Vieh! Dann gibt’s Ärger, kapiert?“

Nat zuckte nur mit den Schultern. „Ich konnte doch nicht zulassen, wie Leute vor meinen Augen getötet würden. Mir fiel auf die Schnelle nix Besseres ein.“

„Das nächste Mal, wehe es gibt eins, lässt du dir von anderen helfen!“

Nat schnaubte. „Dann wäre Angelo jetzt tot!“

„Ja, und so warst du nur halbtot. Hattest du eigentlich erwartet zu überleben?“ Jetzt schrie Abdul doch. Und Nat gestand sich ein, dass sein Freund das Recht dazu hatte.

„Es...“

Abdul legte ihm die Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf. „Nächstes Mal schreist du zumindest nach Unterstützung, wenn du dich schon auf einen Mantikor stürzt, verstanden?“

Nat nickte und verdrehte die Augen als Abdul ihm den Kopf tätschelte.

„Braves Kätzchen!“

„Hufe runter oder ich kratze!“

„Eindeutig wieder fit. Kratzbürstig wie immer. Wolltet ihr etwas Bestimmtes essen?“

„Wir waren noch am Aussuchen.“, murrte Nat.

„Dann sag ich Kemal, dass er euch ein Spezialmenü zusammenstellen soll.“

„Äh, wieso?“

„Er jobbt jetzt hier und ich auch,“ grinste Abdul nur.

„Weißt du, ihr braucht mich nicht zu päppeln.“

Daraufhin wurde er von Oben bis Unten genau gemustert. „Doch.“, war alles, was Abdul sagte, ehe er um die Ecke Richtung Hintereingang verschwand.

„Äh, war das geplant?“, wollte Angelo leise wissen.

„Das? Ganz sicher nicht. Ich wusste ja nicht einmal, dass die Beiden jetzt hier arbeiten. Schockiert?“

„Das du Freunde hast, ein wenig.“ Angelo grinste ihn doch tatsächlich frech an und betrat nun den Imbiss. Grummelnd folgte Nat ihm. Hinter dem Tresen stand eine junge Frau, die sie angrinste. Die Tür des Imbisses hatte offengestanden und durch die Glassscheibe zur Straße hin hatte sie sicherlich das Geschehene beobachten können. Nats und Abduls Treffen war ja nicht gerade leise verlaufen.

„Guten Abend. Sucht euch einen Platz, für eure Bestellung wird schon gesorgt.“, teilte sie ihnen mit einem Zwinkern mit.

„Danke, glaub ich,“ grummelte Nat, was die Frau nur noch mehr zum Grinsen brachte. Rasch suchte er einen Platz für sie. Er fand einen passenden Tisch an der Wand, von dem aus man den ganzen Raum betrachten konnte und auch den Eingang sah. Nat strebte darauf zu und zog einen Stuhl für Angelo zurück. Er selbst ließ sich auf den anderen Stuhl plumpsen als Angelo saß.

„Das war also einer deiner Freunde.“, stellte Angelo fest.

„War?“

„Im allgemeinen Sinn. Es gibt keine Gründe sich Sorgen um ihn zu machen.“

„Gut. Abdul ist nett. Harte Schale, weicher Kern. Ich bin so was wie ein kleiner Bruder für ihn.“, fügte Nat hinzu, um Angelos Bedenken zu zerstreuen, was sich als unnötig erwies.

„Wenn er mit dir befreundet ist, muss er nett und geduldig sein.“

„Wieso?“

„Du bist zu scheu und misstrauisch, um dein Vertrauen an einen Mistkerl zu verschwenden.“

Nat schnaubte gereizt, gerade weil Angelos Bemerkung ins Schwarze getroffen hatte. Im Hintergrund hörte er eine lautstarke Diskussion aus der Küche.

„Spezialmenü auf Kosten des Hauses, nur weil er ein Freund ist? Das zahlt ihr aber aus eigener Tasche!“

„Sei nicht so, Sara. Du sagtest doch mal, du wolltest dich bei demjenigen erkenntlich zeigen, der den Mantikor am Weitermorden gehindert hat.“

„Lenk nicht ab, Abdul.“

„Tue ich nicht. Geh raus und frag ihn oder besser seinen Begleiter danach. Nat’s Gehör ist gut genug, um uns hier zu verstehen. Aber sein Begleiter ist ein menschlicher Hellseher, bei solchen Sachen lügen die nicht.“

„Du spinnst, nur um das da nicht bezahlen zu müssen.“

Noch während die Diskussion lief, trat Kemal aus der Küche und kam mit einem Tablett zu ihrem Tisch. Über seiner schwarzen Jeans trug er eine schwarze Schürze. Ein weißes T-Shirt vervollständigte sein Outfit. Wie sein Bruder war er hochgewachsen, schlank, schwarzhaarig mit hellbrauner Haut und dunkelbraunen Augen. Nur hatte er kurze Locken, statt glatten Haaren. Er stellte das Tablett ab und gab Nat dann eine leichte Kopfnuss, welche der Sphinx über sich ergehen ließ. „Man meldet sich bei Freunden, merk es dir endlich,“ knurrte er, ehe er sich an Angelo wandte, „Guten Abend, du bist also sein Schützling. Freut mich dich kennenzulernen.“

„Guten Abend. Ja, das bin ich jetzt wohl.“ Angelo lächelte. Er hielt Kemal die Hand nur hin und überließ es diesem zu wählen, ob er sie ergreifen wollte. Als sich ihre Hände berührten, blitzte vor Nat ein Bild von sich selbst als Kind auf, wie er auf den Wäschestangen in einem Hinterhof einen Handstand machte. Ein unterdrücktes Prusten kam aus Angelos Mund. Kemal runzelte die Stirn. Nat rollte mit den Augen. „Er hat was aus unserer Kindheit gesehen, um genau zu seinen, meinen Handstand auf den Wäschestangen. Ich wusste nicht, dass dich das so beeindruckt hat.“, klärte Nat ihn auf.

„Das wundert dich. Es hat uns alle beeindruckt. Passiert so etwas öfter?“

Angelo nickte. „Ja, tut mir Leid. Ich gehe mit solchen Informationen vertraulich um.“

„Na, dann. Aber nun mal zu etwas Wichtigerem. Ich will doch schwer hoffen, dass du Nat nicht den Kontakt zu seinen Freunden verbietest!“

„Kemal!“, fuhr Nat auf.

Kemal legte ihm einen Hand auf die Schulter. „Nein, ich werde mich nicht zurückhalten, nur weil er dein Schützling ist. Also, verbietest du ihm den Kontakt zu seinen Freunden?“, fuhr Kemal ernst fort.

Nat bemerkte wie sich Angelo kerzengerade aufrichtete. „Natürlich nicht!“

„Gut. Du hättest uns nämlich auch nicht davon abhalten können.“

„Will ich eh nicht. Ich freue mich, dass er Freunde hat und möchte, dass er sich mit euch trifft, auch wenn ihr nun, wohl meine Anwesenheit akzeptieren müsst.“

„Ich wird dich an deine Worte erinnert. Guten Appetit.“ Kemal nickte Nat zu und ging zu seiner Arbeit zurück. Nat rümpfte die Nase. Musste Kemal immer so dreist sein? Er durchbohrte den Rücken seines Freundes mit seinem Starren, bis dieser in der Küche außer Sichtweite war. „Die haben heute beide ihre Manieren Zuhause vergessen,“ schnaubte er.

Angelo lachte. „War doch gar nicht so schlimm. Du bist ihnen wichtig, sie haben sich Sorgen gemacht und du hast dich anscheinend nicht oft genug bei ihnen gemeldet.“

„Hmpf. Hex hat ihnen doch alles brühwarm erzählt, wozu hätte ich das noch mal tun müssen?“

Angelo seufzte. „An deinen Social Skills müssen wir noch arbeiten, wie’s aussieht. Was ist das denn nun alles hier?“ Nat erkannte den Versuch vom Thema abzulenken und ließ es zu. Ruhig nannte er Angelo die Namen der Speisen auf den zwei Tellern und erklärte ihm auch, was sich dahinter verbarg. Als ihm von Angelo dann ein Felafel vor die Nase gehalten wurde, bleckte er erst die Zähne, bevor er hineinbiss. Das Lächeln auf dem Gesicht des Hellsehers, zeigte deutlich, dass der wusste, was es bedeutete, wenn Nat ihm aus der Hand fraß.

Nat lehnte sich in seinem Stuhl zurück und kaute genüsslich. Es tat verdammt gut hier zu sein. Obwohl es peinlich gewesen war, wie Abdulha und Kemal sich vor und gegenüber Angelo verhalten hatten, tat es doch gut. Sicher es hatte auch sonst oft längere Zeiten gegeben, in denen sie sich nicht gesehen hatten, aber diese Letzte war anders gewesen. Angelo hatte also kein Problem mit den Beiden und würde ihm erlauben sie zu sehen. Er schluckte den Bissen. „Jetzt probier schon, vorgekostet ist es doch nun.“

Angelos Schnauben gefiel ihm. Der Hellseher war zu gut erzogen, um ihm in der Öffentlichkeit die Zunge herauszustrecken, aber Nat war sich sicher, wären sie allein gewesen, hätte Angelo genau das getan.

Schritten kamen auf sie zu, ein wenig zögerlich, aber auch so, dass er sich sicher war, dass die Person gereizt war. Er drehte sich um. Eine ältere Frau, mit grauen Haarknoten und sehr dunkelbraunen Augen musterte ihn. „Guten Abend.“, sie räusperte sich, „Stimmt es, dass Sie mit dem Mantikor an der Universität gekämpft haben?“

Nat seufzte. Das musste Sara sein. „Abend. Die Frage sollte ihnen Angelo besser beantworten. Ich habe Ihr Gespräch in der Küche gehört.“

Angelo sah von ihm zu der Frau und zurück. Nat ermunterte ihn mit einem leichten Nicken. Obwohl ihre Miene andeutete, dass es ihr nicht recht war, dass er dieses Gespräch mitgehört hatte, war ihr anzusehen, dass sie auf der Antwort bestehen würde.

„Guten Abend. Ja, es stimmt. Er hat mit dem Mantikor gekämpft. Warum fragen Sie?“

„Meine Mitarbeiter behaupten das.“

„Die beiden haben Recht, doch das eben war nicht der eigentliche Grund für Ihre Frage.“

Die Frau nickte, sie drehte den Zipfel ihrer Schürze in der Hand. „Meine Nichte studiert dort. Sie war an dem Tag auf dem Campus.“ Ihr Blickt irrte kurz zur Seite ab, dann begann sie zu lächeln, entschlossen, als hätte sie eine Entscheidung gefällt. „Essen und Getränke gehen aufs Haus.“

„Das ist nicht nötig.“, platze es aus Net heraus. Er wollte keine Sonderbehandlung, nicht dafür.

„Ich bestehe darauf. Lassen Sie es sich schmecken.“ Die Frau wandte sich ab und kehrte zur Küche zurück. In der Küchentür stand Abdul und zeigte Nat einen gehobenen Daumen. Nat deutete ihm ein „Ich seh’ dich an“ und Abdul würde wissen, dass es auch „Und darüber sprechen wir noch!“ bedeutete. Doch der winkte ihm nur kackfrech zu. Nat hörte das Tuscheln der Gäste am Nebentisch, die das Gespräch mit Sara mitbekommen haben mussten. Jetzt reichte es ihm. Er stand auf, schnappe sich beide Teller und steuerte den Tresen an.

„Entschuldigung, könnten wir das bitte einpacken lassen. Danke.“

Die junge Frau nahm die Teller entgegen. Ihr Blick war nun anders als vorher, neugieriger. Angelo kam zu Nat herüber. „Was...?“

„Die Blicke.“, flüsterte der Sphinx.

„Verstehe. Ob ich wohl etwas von diesem Apfelstrudel da haben könnte...“

„Klar.“ Nat nahm das eingepackte Essen von Kemal entgegen, der ihm auf seine Bitte hin auch noch ein Stück Apfelstrudel mitgab. Kemal griff, als er ihm die Sachen gab, mit der anderen Hand über den Tresen, packte Nats Unterarm und drückte kurz zu. Nat antwortete mit einem gezwungenen Lächeln. Kemal seufzte. „Sorry.“

„Schon okay, ich meld mich.“

„Vergiss es nicht wieder.“

„Bestimmt nicht, dafür sorgt Angelo schon!“

Sie verließen den Imbiss. Draußen einige Schritte entfernt atmete Nat auf.

„Du magst Aufmerksamkeit echt nicht, selbst nett gemeinte,“ stellte Angelo laut fest.

„Ja, auch nicht solche.“

„Heut läuft irgendwie alles schief.“

„Gibt so Tage. Lass uns zurück. Seiji ist sicher schon da und wartet auf uns.“

„Nat, denkst du, wir kommen heute noch mal dazu ungestört etwas zu essen?“

„Ich schmeiß Seiji einfach raus, sollte er zu sehr nerven.“

„Wirklich?“

„Ich werde mir zumindest Mühe geben.“

„Ich verlass mich drauf.“

Diesmal war es an Nat zu Lachen, als sie sich aufmachten zurück in seine Wohnung zu gehen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Sorry, das die beiden so oft den Ort wechseln. Da war wohl jemand ein wenig unruhig. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (37)
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Von:  KuroMikan
2015-08-27T17:35:10+00:00 27.08.2015 19:35
Hey :)
Ich muss zugeben ich musste den faden erst wieder finden ^^* aber ein sehr gutes Kapitel ;)
Freu mich schon drauf wies weiter geht
Von: Futuhiro
2015-08-20T19:07:43+00:00 20.08.2015 21:07
Wuhuuuu, es geht weiter. ^^
Und ich hab auch sofort wieder in die Story reingefunden. Ist das letzte Kapitel wirklich schon so lange her?

Also ich hatte auf den letzten paar Zeilen so den Eindruck, Angelo und Nat wachsen langsam aber sicher immer mehr zusammen. Ohne es selber zu merken. Aber Nat´s Freunde mag ich nicht. Ungehobelte Typen. >__> Ich glaube, mit solchen Freunden braucht man auch keine Feinde mehr. Die blamieren einen ja in aller Öffentlichkeit. Da hätte ich an Angelos Stelle aber doch nochmal innegehalten und kurz überlegt, ob ich Nat den Umgang wirklich nicht untersagen will.

Ich bin sicher, die Nichte der Imbiss-Betreiberin spielt noch eine Rolle. Grundlos wurde die wohl nicht erwähnt. *mutmaß*

Hmmmm ... ich hätte gern nen längeren / tiefsinnigeren Kommentar dagelassen, zur Feier des Tages. Aber irgendwie passiert in dem Imbiss nicht wirklich viel neues, außer daß sie diskutieren, ob es aufs Haus geht oder nicht. ^^°
Ich frag mich gerade, ob Nat eigentlich auch Musik macht. Katzen sind doch immer recht musikalisch. (Keine Ahnung, wie ich jetzt auf diesen Gedanken komme ...)
Antwort von:  Salix
20.08.2015 23:54
Danke, für den Kommentar. Dieses Kapitel war für mich viel zu wieder reinkommen und mal sehen, so schlimm sind die beiden eigentlich nicht. Das war aber ihr erstes Treffen mit Nat nach der Mantikor-Sache und sie haben sich wirklich Sorgen um ihn gemacht.
Im nächsten Kapitel kommt wohl Neues.
LG
Von: Futuhiro
2013-12-25T20:16:45+00:00 25.12.2013 21:16
Ich bin platt ...
Du hattest mir ja "nur ein ruhiges Umzugskapitel" angekündigt. Ich hatte nicht erwartet, daß es so eskaliert. War Nat echt schon seit 11 Jahren frei? Wie alt ist er denn jetzt eigentlich?

Diese Seite der Medaille hatte ich zugegebenermaßen auch noch nicht bedacht, wie Angelo eigentlich die ganze Zeit klargekommen ist. (Meine eigene Genius-Story kommt mir gerade so oberflächlich vor. Q_Q )
Also ich finde es super, daß die beiden so ehrlich miteinander sind und Nat wirklich zugibt, daß er die Verbindung nicht will. Allerdings frage ich mich, wie sich das jetzt auf alles weitere auswirkt. (Vertrauens-Übungen adé ...) Sie können ja wohl schlecht sagen <Nagut, dann lass uns getrennte Wegen gehen.>

Ein geniales, sehr tiefsinniges Kapitel, ich bin begeistert. Hoffentlich geht das bald weiter. Ich frage mich ja inzwischen, worauf die gesamte Story am Ende überhaupt mal hinauslaufen soll. Eigentlich gibt es ja meist einen "Endgegner", den es gemeinsam zu besiegen gilt, oder ein "großes Problem", das es mit vereinten Kräften zu lösen gilt - keines von beiden zeichnet sich bisher in der Handlung ab.
Nun interessiert es mich aber doch: Wieso hat Nat so viel Rätsel- und Tüfftel-Zeugs bei sich rumstehen?
Von:  KuroMikan
2013-12-25T12:42:14+00:00 25.12.2013 13:42
endlich ein neues kapitel!! jippy ^^
war echt schwer wieder rein zu kommen nach so langer zeit aber macht ja nichts :)
ein echt klasse kapitel^^

Von:  Ribka-is-Mori
2013-12-22T18:39:33+00:00 22.12.2013 19:39
yaaaaaaaaay endlich ein neues kapi, vielen dank dafür <3

war jetzt n bisi schwer für mich, mich wieder einzufinfen, aber habs geschafft ;)
süß zu lesen wie die 2 einkaufen und angelo absolut überfordert mit dem einfachsten ist xD hach ich mag ihn^^
nate dagegen ist ganz schutzgeist wie ich finde. toll fand ich wie du zeigst das magie nicht alltäglich ist, war ne coole stelle und wg dem latein: wird schon passen, kann eh nur fachbegriffe ;)

angelos schwester mag ich iwi einfach net... aber jetzt zeigt sie das ihr, ihr bruder wichtig ist. schade nur das nate das mitanhören musste...
schließlich kann man den sphinx echt verstehn! schon allein wg den schmerzen... und er hat ja auch ein schlechtes gewissen, also verzeih ihm angelo!

was mich besonders geplättet hat, war das nate seinem schützling wirklich seinen vollen namen genannt hat. wenn das nicht mal ein vertrauensbeweis ist... angelo kann stolz auf seinen genius sein! ich glaube das ist ein guter anfang...
auch wenn die vertrauensübung ja wirklich alles andere als gut verlaufen ist... die beiden müssen sich mal anstrengen! und ein team werden!!

ich bin schon sehr aufs nächste kapi gespannt!!
tolles weihnachtsgeschenk *-*

wünsche dir schöne weihnachten & einen guten rutsch in 2014 :D

Volya
Von:  Ribka-is-Mori
2013-02-25T19:13:27+00:00 25.02.2013 20:13
haaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaallo~ :D

oh man ich bin so hin und weg!! *schwärm* hab deine tolle ff gestern so rein zufällig gefunden und fast non stop durchgelesen!! xDD von 22-4 uhr gestern und grade noch die letzten 2 kapis^^ und ich will mehr, viiiiiiiiiel mehr!! Q.Q

nate is mein absoluter liebing!! so toll wie er sich um angelo kümmert und das wo er das gar nicht will ;D und die beziehung zwischen den beiden... einfach nur toll, ich finds hammer wie du es langsam mit den 2en angehst und echt, noch kein einziges kapi war langweiig!!
schlimm, was nate passiert ist und da ich was ähnliches erlebt hab kann ich ihn wirklich verstehen...
hach dieses katzenhafte an ihm... eristja sowas von mega niedlich!!!!! *kyaaa~*
und grattu angelo zur bestandenen prüfung^^ (an meine dabei nicht mal denken will x.x)

oh man... mit dieser gummi-tasta geht ein richtig ausführiches und tolles kommi einfach net... gomen^^''

biiiiiiiiiiiiiiiiitte biiiiiiiiiiiiiiiitte biiiiiiiiiiiiiiitte schreib ganz schnell weiter *schnüff* ich bin regelrecht süchtig!!

lg Wlka
*ein nate-plüschi haben will*
Von: abgemeldet
2012-04-07T13:44:20+00:00 07.04.2012 15:44
Sehr süß, die Vorstellung konnte man sich gut ausmalen.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob mit Nat mit Tagelmust wirklich gefällt, aber das ist wohl Gewöhnungssache ;)

Hex kann ich mir als Mondfüchsin ganz in weiß sehr gut vorstellen^^
Hab beinah Lust bekommen sie mal so zu malen :3
Von: Futuhiro
2012-03-31T17:44:11+00:00 31.03.2012 19:44
Wahuuuuuuu, wie cool! *mega-freu*
Das Kapitel ist toll geworden, danke schön! ^^
Ich finde die Geschichte, die sie da akrobatisch dargestellt haben, wirklich schön (zumal nur tolle Tiere drin vorkommen). Und Nat´s Unmut ist auch gut rübergekommen. Ich kann mir zwar unter seinen Klamotten nichts wirkliches vorstellen, aber die Sache mit dem verdeckten Gesicht war irgendwie witzig und passte super zu Nat.
Ich fand auch die Sache mit dem Stammbaum gut gemacht. (Womit wir wieder bei Menschenrechten sind, nehme ich an. ^^)

Kurzum, ich bin begeistert! Und danke für die Widmung.
Von:  KuroMikan
2012-02-28T18:01:52+00:00 28.02.2012 19:01
Echt ne super ff!!! freu mich aufs nächste kapi ^^
tut mir leid dass ich jetz nich zu jedem kapitel nen kommi schreib aber ich denke du wirst es nachvollziehen können, da ich se in einem zug gelesen hab ^.^
freu mich wirklich wenns weiter geht !!! :)
Von: abgemeldet
2012-02-27T20:06:27+00:00 27.02.2012 21:06
Ich fand das Kapitel auch gut.
Mich hat im Gegensatz zu Futuhiro gewundert, dass es bei der Gegenüberstellung nur eine Person gab, normaler Weise werden doch (zumindest in den Serien, wie du ja erwähnt hast) mehrere Leute (meist 5) nebeneinander gestellt und der Zeuge muss denrichtigen auswählen...

Ist aber ja auch vielleicht nicht sehr realistisch...ich musste einmal einen Täter identifizieren und hab nur eine recht dicke Mappe mit Portraitfotos in die Hand gedrückt bekommen...

Die Stimmung war wirklich gut und ich wüsste gerne was Minos ist...^^ Zumindest offenbar nichts mit Flügeln...


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