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Das Gegenteil vom Superhelden

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Das Gegenteil vom Superhelden
 


 

What’s today’s gossip?

I can’t be quiet for even a day.

Everybody attention please!
 

„Martin hat gesagt, dass Janette ihm erzählt hat, der Freund ihrer Schwester habe von seinem besten Freund gehört, dass er gesehen hat, wie er zu so ’nem alten Sack ins Auto gestiegen ist, nachdem der ihm ein paar Geldscheine in die Hand gedrückt hat!“
 

Mareike steht mit geweiteten Augen vor mir und fuchtelt wild mit den Armen. Leider noch nicht wild genug um mit der Hand an meine glimmende Zigarette zu stoßen und sich zu verbrennen. Vielleicht sollte ich nachhelfen. In der Stimmung wäre ich schon, nur leider steht bewegen – und wenn es auch nur der Arm ist - zurzeit leider nicht auf dem Programm. Ich hatte nämlich gerade Sport. Leichtathletik, um genau zu sein. Sprint, um es auf den Punkt zu bringen. Hundert Meter in weniger als dreizehn Sekunden? – Klar, und morgen führe ich eine funktionierende Demokratie in Afghanistan ein.
 

„Is‘ nich‘ wahr.“ Meine Begeisterung hält sich, verständlicherweise, in Grenzen. Bis auf den Aspekt, dass ich gerade auch ein paar Geldscheine gebrauchen könnte geht mir die kleine Story nämlich - galant ausgedrückt – am Arsch vorbei.
 

„Meinst du, der, du weißt schon, macht das öfter… also, professionell?“
 

Was, ‘professionell‘? Professionell in Autos steigen? Wahnsinnig professionell. Stirnrunzelnd nehme ich einen tiefen Zug von meiner Kippe und starre Mareike nur weiter fragend an.
 

„Na, “, lenkt sie schließlich ein, „als Stricher sein Taschengeld verdienen!“
 

Natürlich. Wie konnt‘ ich nur so dumm sein! Welcher neunzehnjährige, halbwegs passabel aussehende Junge geht nicht anschaffen um am Ende des Monats noch ein paar Kröten übrig zu haben.
 

Amüsiert brummend stoße ich den Rauch, den ich in meiner Lunge gehalten habe, durch die Nase aus. Die Trulla mir gegenüber scheint das als Bejahung zu sehen. Geschockt blinken mich ihre blau geschminkten Augen an. Genauer betrachtet sieht sie mit dem Lidschatten aus, als hätte man sie gerade verprügelt. Und zwar nicht zu knapp. Was ich übrigens verstehen könnte, würde man mich fragen, was man aber nicht tut, also sei das mal dahingestellt.
 

„Gott, es reicht ja nicht, dass er ein verdammter Junkie ist, jetzt ist er sogar zu einer Hure geworden.“
 

Ich ziehe erneut an meiner Zigarette und streiche dann die Asche mäßig interessiert an einem Gänseblümchen ab, das in der Ritze zwischen zwei Betonplatten auf denen ich mich niedergelassen habe, wächst. Meine Gesprächspartnerin redet derweilen munter vor sich hin.
 

„Aber, ich meine, das ist ja öfters so, dass die Abtrünnigen der Gesellschaft-“
 

„Der Pöbel!“, werfe ich probehalber ein.
 

Verdutzt hält Mareike inne. „Was?“, fragt sie.
 

„Nichts, “, murmelnd lehne ich meinen Kopf an die kühle Hauswand hinter mir, „red‘ einfach weiter.“
 

Scheiße, hab‘ ich das gerade ernsthaft gesagt?
 

„Naja, auf jeden Fall ist das ja öfters so, das solche Leute Drogen nehmen, weil sie mit ihrem Leben nicht klar kommen.“
 

Ja, das verklickert einem zumindest das Fernsehprogramm. Mal ehrlich, wir sind doch alle halbwegs angemessen aufgewachsene Menschen. Wir leben in Deutschland und nicht in einem verkommenen Vorort von Los Angeles. Berlin-Kreuzberg und Neukölln sind bestimmt in manchen Kreisen zu manchen Tageszeiten nicht immer amüsant aber im Endeffekt ist jeder selbst verantwortlich dafür, ob er mainlined, schnieft oder sich Pillen einschmeißt. Und Drogen sind weiß Gott kein Problem mehr, das nur zur Unterschicht gehört. Aber was rede ich.
 

„Klar, bestimmt prügelt ihn sein Vater, der wahrscheinlich auch seine Mutter auf den Strich schickt, falls die überhaupt noch lebt.“
 

Angespannt zieht Mareike die Luft zischend durch die Zähne ein, während sie sich, ihren Designerklamotten zum trotz, an der Hauswand herab rutschen lässt und neben mir auf dem harten Boden Platz nimmt.
 

„Meinst du echt?“
 

Ich rolle mit den Augen, schließe sie dann und drücke meinen Kopf fester an den Rauputz hinter mir.
 

„Mhm.“
 

Oh man, womit hab ich das eigentlich verdient? Hab ich je jegliches Interesse an den Gerüchten um ihn gezeigt? Soweit mein Gehirn involviert ist, kann ich diese Frage getrost verneinen, aber warum bitteschön, bekomme ich dann immer alles brühwarm erzählt? Ich bin eigentlich nicht gerade der, der zu den Obercoolen gehört. Anstelle des Basketballteams leite ich nämlich die Netzwerk-AG und bin sogar im Matheclub. Eigentlich bin ich der geborene Loser. Nur leider ist das Leben kein amerikanischer Highschool-Film. Wäre es einer, hätte ich jetzt wohl meine Ruhe.
 

Es ist gerade Mittagspause und ich Trottel habe es tatsächlich gewagt mich mit einem Kaffee und einer klitzekleinen Zigarette nach draußen in die Hitze zu wagen, als sie auftauchte. Ich hatte gerade ein schattiges Plätzchen gefunden, der MP3-Player war aus der Hosentasche gekramt, das Kabel entwirrt, sprich: alles war einsatzbereit. Leider kam das kleine Speichermedium aber gar nicht dazu sein Können unter Beweis zu stellen. Klar, was will man auch Musik hören, wenn man neue Stories von ihm erfahren kann.
 

Aaron Grebner. Keiner hat ihn je besonders beachtet, er wurde nicht gehänselt oder verprügelt, war aber nicht gerade der Typ, den jeder als besten Freund haben wollte. Kurz gesagt: er war da, er war Durchschnitt, nichts Besseres, nichts Schlechteres. Er war das, was ich gerade gerne wäre. Tja, bis er dann nach den Sommerferien zwischen der elften und der zwölften Jahrgangsstufe total verändert wiederkam. Seine kurzen, glatten blonden Haare waren gewachsen. Mittlerweile reichen sie ihm bis zur Schulter. Und er hat sie schwarz gefärbt. In der Schule trägt er sie meist zu einem Zopf nach hinten gebunden. Dazu kommt seine Brille mit dickem schwarzem Rand. Seine Klamotten sind meist weiß, grau oder auch schwarz und elegant gehalten. Er ist wohl nicht so der sportliche Typ.
 

Kurz gesagt: Er sieht einfach zum Anbeißen aus mit seiner schlanken, hochgewachsenen Statur und seiner geheimnisvollen Art. Auf einmal wollte jeder mit ihm befreundet sein und ihn kennen lernen. Es ging sogar soweit, dass das Gerücht aufkam er hätte einen Werbevertrag mit Lacoste. Monatelang wälzten sämtliche Mädchen – sehr zu meinem Leidwesen aber auch Jungs – die ‘Instyle‘, ‘Cosmopolitan‘ und ähnliche Magazine nach Hinweisen. Aber was war? – Genau, Pustekuchen. Natürlich waren alles nur Hirngespinste. Aaron schien der ganze Hype um seine Person nicht zu stören. Er ignorierte konsequent alles und jeden. Und als es dann auch der Letzte eingesehen hatte, dass man bei ihm auf Granit beißt, begann das böse Gerede.
 

Jemand habe Aaron am Wochenende in der nahe liegenden Großstadt aus einer Schwulenbar, eng umschlungen mit einem Typ im Anzug kommen sehen. Er selbst habe nur ein hauchdünnes, durchsichtiges Hemd an gehabt, habe Kontaktlinsen getragen und habe seine Haare lockig auf seine Schultern fallen lassen. Er habe ausgesehen wie eine billige Schlampe, die es ziemlich nötig hatte.
 

Danach wurde das Geschwätz immer schlimmer.
 

Aaron sei eine Ewigkeit in einer Kabine auf dem Herrenklo gewesen und als der nächste hinein wollte, habe es verdächtig nach Hasch gerochen.
 

Das nächste Mal hat es dann nicht nur gerochen, sondern jemand habe eine Einmalspritze im Abfalleimer liegen sehen.
 

Die Schulleitung habe seine Eltern zu einem Gespräch einberufen, weil sich Aaron gegenüber dem jungen Referendar anzüglich geäußert haben solle.
 

Thomas, der Kapitän der Fußballmannschaft, behauptete irgendwann sogar, Aaron habe ihm in der Umkleide ein mehr als eindeutiges Angebot gemacht. Und er beteuerte mehrmals, dass er wirklich nichts gegen Homosexuelle habe, trotzdem ist Aaron an dem Tag, an dem das Gerücht aufkam mit ein paar Haaren weniger nach Hause gegangen, da Thomas’ Freundin in der Pause ausgerastet ist und ihn angefallen hat. Scheint ziemlich dreckig gewesen zu sein. Sie hat gekratzt, gebissen und gekreischt.
 

Auf jeden Fall ist der neue Schulstar ganz schnell zum Buhmann geworden.
 

Bei mir jedoch nicht. Ich wurde von Gerücht zu Gerücht mehr und mehr von ihm angezogen. Ja, ich war fasziniert und wollte heraus finden, was hinter seiner Fassade steckt. Uhm, und – zugegeben - das Bild von ihm mit leicht gewellten, offenen Haaren, dazu einem Hauch von Nichts auf dem Körper ließ mich nicht mehr los und machte mich zusehends wuschiger. Ich musste ihn einfach so sehen.
 

Also fuhr ich, das Wochenende darauf mit dem Zug in die Stadt und verbrachte den ganzen Abend und die halbe Nacht damit, vor gewissen Szenebars auf und ab zu laufen. Das einzige, was ich damit erreichte war, dass mich ein alter Sack anmachte, dem ich am Ende sogar wegen seiner aufdringlichen Art mit der Faust ins Gesicht schlug. Außer ein paar Frostbeulen hatte mir die Aktion damals rein gar nichts gebracht. Zu dieser Zeit stand der Frühling gerade noch in den Startlöchern und es war schweinekalt draußen. Die einzige Alternative, die mir somit blieb, war, ihn in der Schule anzusprechen. Aber wie kommt es denn bitte, wenn man jahrelang in der Parallelklasse ist und nach sieben Jahren dann ankommt und ihn fragt, ob er die Ritziger genauso doof findet wie man selbst? Dann kann man sich ja gleich noch beiläufig erkunden, ob er wirklich schwul ist und Bock hat, einem am Wochenende ein paar heiße Träume zu erfüllen. – Also bitte.
 

„Leute! Leute!“
 

Ich werde grob aus meinen Gedanken gerissen, als Max, ein Junge aus meinem Physikleistungskurs, schreiend auf uns zugerannt kommt.
 

Mareike und ich heben gleichzeitig die Köpfe, schauen ihn abwartend an, während er die letzten paar Schritte macht und dann keuchend die Hände auf die Knie stützt und nach Luft schnappt. Kaum, dass er halbwegs Sauerstoff in seine Lungen gepumpt hat, hält er uns kreischend sein Handy unter die Nase. „Seht euch das an! Seht euch das an!“
 

Stirnrunzelnd wandert mein Blick von Max hochrotem Gesicht zu dem Display seines Mobiltelephons.
 

Wow, ich erkenne spontan gesagt… Nichts.
 

„Klasse Maximilian! Hast du das ganz alleine gemacht?“
 

„Nein man, schau genau hin!“ Genervt mit den Augen rollend schiebt er mir das kleine Ding noch näher ins Gesicht. „Das ist Aaron, Mensch! Aaron mit seinem Freund!“
 

Mareike neben mir reißt ihm keuchend das Handy aus der Hand.
 

„Oh Gott, “, seufzt sie, „meinst du nicht, das ist eher einer seiner Freier?“
 

„Nee.“ Max schüttelt seinen Kopf. „Guck mal wie vertraut die sich umarmen. Das ist bestimmt sein Macker.“
 

Tatsächlich kann man, mit etwas Phantasie, zwei Personen auf dem Photo ausmachen. Der Hauptbestandteil des Bildes bleiben zwar die Blätter einer Hecke, aber das sei mal dahingestellt. Und einer der beiden könnte in der Tat Aaron sein. Wenn man genau hinschaut meint man, sein Gesicht auf der Schulter des anderen zu erkennen. Aarons potentieller ’Stecher‘ steht mit dem Rücken zum Photographen. Man sieht nur, dass er in etwa genauso groß ist wie Aaron, in etwa die gleiche Statur hat, ein dunkles T-Shirt und ein Baseballcap trägt.
 

„Also echt, wenn das kein präzises Photo ist, dann weiß ich auch nicht weiter“, gebe ich meinen Senf dazu.
 

„Jetzt halt doch mal die Klappe, man!“, faucht mich Max gleich darauf an. „Wir müssen herausfinden wer das ist!“
 

Mareike neben mir nickt begeistert und ist sofort Feuer und Flamme für ihre neue Mission.
 

„Genau! Ich würde sagen, er sieht noch ziemlich jung aus. Zwischen siebzehn und fünfundzwanzig oder so. Und er hat kurze Haare, zumindest schauen keine unter der Kappe hervor.“
 

„Wahnsinn. Ein Junge mit kurzen Haaren. Das grenzt den Kreis der Verdächtigen ja gleich immens ein!“
 

Max und Mareike seufzen gleichzeitig lang gezogen auf.
 

„Jonas, du wirst echt von Tag zu Tag kontraproduktiver.“
 

Ich zucke nur mit den Schultern. Kommt vor. Meine beiden Gegenüber jedoch scheinen vollkommen in ihrem Element zu sein.
 

„Woher hast du das Photo?“, will sie von Max wissen.
 

„Von so einem Siebtklässler. Die kleinen Blagen waren wohl in der zweiten Pause heimlich rauchen und haben sich vom Schulgelände in den kleinen Park auf der LGS geschlichen. Dort haben sie die beiden dann wohl gesehen.“
 

„Und die haben ihn nicht erkannt?“
 

„Nein. Die Sonne hat angeblich zu sehr geblendet.“
 

Grunzend schüttle ich meinen Kopf. „Ja, das würde die Qualität des Bildes erklären.“
 

Mareike stößt mir ihren Ellenbogen in die Seite und funkelt mich böse an. „Kannst du bitte aufhören zu stänkern? – Danke. Wir verfolgen hier nämlich gerade eine heiße Spur.“
 

Ich muss mir fest auf die Unterlippe beißen um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Eine heiße Spur. Ja, Gil Grissom von C.S.I wäre grün vor Neid.
 

„Warum wollt ihr eigentlich wissen wer das ist?“, versuche ich mich diesmal produktiver. „Ich meine, schlecht sieht Aaron ja nicht gerade aus. Da ist es doch nicht sonderlich abwegig, dass er einen Freund oder eine Freundin hat.“
 

Meine Bemühungen etwas zum Gespräch beizutragen ernten nur abfälliges Schnauben.
 

„Wir haben ja nur Mitleid mit dem armen Kerl“, klärt mich Max auf.
 

„Genau“, pflichtet ihm die Trulla besserwisserisch bei. „Ich meine, sein Freund schläft für Geld mit anderen Männern. Irgendwer muss sich ja darum kümmern, dass er das erfährt.“
 

Ja, und das seid natürlich ihr. Ist klar.
 

„Wir legen uns am Samstag Nachmittag alle drei zusammen vor seinem Haus auf die Lauer! Bis dahin müssten wir die Adresse ja rausbekommen haben. Und wenn die beiden wirklich zusammen sind, wird sein Stecher schon irgendwann auftauchen, oder er trifft sich irgendwo mit ihm“, fasst Mareike schließlich den Plan.
 

„Samstag kann ich nicht“, werfe ich sogleich ein.
 

Mareike schaut mich überrascht an. „Warum? Das Schuljahr ist doch eh bald rum und so einer wie du geht doch bestimmt nicht in seiner Freizeit arbeiten.“
 

Gekonnt ignoriere ich ihre Anschuldigung bezüglich meiner Person und fahre unbeirrt fort: „Ich habe Satan und Hannibal versprochen, samstags mit ihnen Scharade zu spielen.“
 

„Satan und Hannibal?“ fragt Max mit zusammengezogenen Augenbrauen, was bei seinem leichten Übergewicht und daher rührendem extrem rundem Gesicht, wirklich komisch aussieht.
 

„Meine Goldhamster“, kläre ich ihn auf.

„Ah ja…“

Ich grinse. Langsam halten sie mich wohl für total bescheuert, aber das soll mir nur recht sein. Geschickt fingere ich eine neue Zigarette aus der zerknautschten Packung in meiner Hosentasche meiner tief sitzenden Bermuda und zünde sie mir an, während sich Mareike an Max wendet. „Naja, wenn Jonas… verhindert ist, gehen wir eben alleine.“

Der andere nickt zustimmend. „Okay, is‘ mir recht. Aber sag mal, hilft Bastis Mutter noch im Sekretariat aus? Vielleicht kann er uns Aarons Adresse besorgen?“
 

„Ah!“ Auf einmal ist Mareike ganz aus dem Häuschen. Mit funkelnden Augen rutscht sie auf ihrem Hosenboden näher an Max heran. Insgesamt sieht es so aus als würde sie den Versuch starten ihm um den Hals zu fallen. „Stimmt ja, das hätte ich beinahe vergessen! So könnten wir doch auch schon am Freita-“
 

Urplötzlich bricht sie ab und ich hebe, von der plötzlich herrschenden Stille überrascht, den Kopf. Mein Blick fliegt zwischen den beiden hin und her, bis ich auf die Idee komme in die Richtung zu sehen, in die beide starren, als hätten sie einen Geist gesehen.
 

Wenige Meter von uns entfernt geht Aaron. Er kommt praktisch direkt auf uns zu, was eigentlich nicht verwunderlich ist, schließlich hat er wahrscheinlich heute auch Nachmittagsunterricht und dies ist nun mal der einzige Weg um durch den Haupteingang in die Schule zu kommen.
 

Er sieht fantastisch aus. Aaron trägt ein weißes oversized T-Shirt mit einem komischen Aufdruck, ein helles Tuch, modisch auf seinen breiten Schultern drapiert und dazu kommt eine verdammt enge, verdammt heiße, schwarze Jeans. Seine Haare hat er nur locker im Nacken zusammengebunden, weshalb sich ein paar Haarsträhnen gelöst haben und jetzt dezent sein markantes, jedoch gleichzeitig sehr sanft wirkendes Gesicht umrahmen. Am liebsten möchte ich ihm gerade sein Oberteil vom Körper reißen, ihm die unverschämt sexy Hose bis in die Knie schieben und … naja, ihm meine tiefe Zuneigung zeigen. Ich lass es bleiben. Nicht gerade aus Rücksicht vor Mareike und Maximilian, eher aus Respekt vor Aaron und vor allem aus Respekt vor meinem von zu viel sportlichem Einsatz geschunden Körper. Oh ja, Selbstmitleid ist schon was Tolles. Als Aaron uns langsam näher kommt erkenne ich ein selbstgefälliges Schmunzeln, das seine schönen Lippen umspielt. Ach, sieh an. Da hat einer aber gewaltig Spaß an dem vielen Gerede. Als er wenige Meter hinter Max an uns vorbeigeht, mustere ich interessiert sein Profil, doch kaum dass er uns passiert hat, kleben meine Augen an seinem Hintern.
 

Ich kann nicht sagen, was mich reitet als ich die Zigarette aus meinem Mundwinkel nehme und ihm laut und deutlich hinterher rufe: „Hey Grebner! Geiler Arsch!“
 

Er bleibt stehen, wartet kurz und dreht sich zu mir um. Ich erwarte eigentlich, dass er ausrastet und mir Prügel androht. In die Tat umsetzen könnte er es, wenn man sich seine dünne Statur anschaut, sowieso nicht. Stattdessen blitzen mich seine Augen verschmitzt an.
 

„Dreißig Eier und er gehört dir.“
 

Mein Grinsen wird breiter, bevor ich mich beeile ihm zu antworten: „Hab‘ leider nur zwei. Freundschaftspreis?“
 

Jetzt muss er tatsächlich leise lachen.
 

„Hätt’ste wohl gern, was? Tut mir leid, aber in diesen Zeiten ist das Geschäft echt kein Zuckerlecken mehr. Wirtschaftskrise und so, du weißt bestimmt wovon ich rede. Die Leute haben so viel Stress mit ihrer Arbeit, die bekämen gar keinen mehr hoch, selbst wenn sie wollten.“
 

Ich nicke verständnisvoll. „Gut, dass ich noch Schüler bin.“
 

Amüsiert lächelt er mich noch einmal an, zwinkert mir dann frech zu und dreht mir wieder den Rücken zu.
 

„Ja, zum Glück.“
 

Ich habe gerade wohl ein ziemlich dummes Grinsen im Gesicht kleben, aber was soll’s. Gott, ich steh auf ihn. Mit einem riesen Hochgefühl im Bauch hebe ich meine Hand an meinen Mund um einen Zug von meiner Zigarette zu nehmen, nur um festzustellen, dass sie sich bereits ganz ohne meine Hilfe fertig geraucht hat. Doch im Moment ist mir das gerade sowas von egal. Ich schnippe den Glimmstängel einfach von mir, während ich ihm immer noch hinterher starre.
 

„…onas? Jonas, verdammt!“
 

„Mhm?“
 

„Scheiße Alter, was war das?“, fährt mich Max ziemlich harsch an.
 

Ich zucke nur mit den Schultern und wäge ab, ob ich in den wenigen Minuten die noch von unserer Mittagspause verbleiben noch eine dritte Zigarette rauchen soll.
 

Mareike schnappt nach Luft. „Du hast mit ihm geflirtet, Jonas! Geflirtet!“
 

Ich entscheide mich gegen die Kippen. „Quatsch nicht.“
 

Mühsam erhebe ich mich vom Boden, schnappe mir meinen Rucksack und lasse die beiden einfach sitzen. Unterricht geht immerhin vor. Und ich hab jetzt noch zwei überaus interessante Stunden… Ja, was hab ich jetzt eigentlich?
 

___
 

Als ich um halb vier endlich das Schulgebäude verlasse bin ich müde und genervt. Also genervter als ich ohnehin von Natur aus sowieso schon immer bin. Warum muss auch der dumme – und meiner Meinung nach sowieso überflüssige - Elternbeirat zu dieser Jahreszeit beschließen, die Spendengelder in einen neuen Serverraum zu investieren? Wissen die überhaupt welche Hitze so ein klitzekleines Serverchen in einem noch viel miniwizi-kliziekleinerem Raum produziert? Und wer darf den ganzen neuen Mist verkabeln und einstellen? Dingdingdingding! Die richtige Antwort ist: Ich und meine AG. Ich meine, ich mach das ja wirklich gerne. Also Computer-Kram und so. Aber doch nicht bei dreißig Grad im Schatten nach einem acht Stunden Schultag. Doch wir Schüler werden ja sowieso nie nach unserer Meinung gefragt. Es wird uns zwar eingetrichtert; selbstständiges Denken, freie Meinungsäußerung, aber wenn es darauf ankommt…
 

Ich will jetzt nur noch unter die Dusche und ins Bett.
 

Der fünfzehnminütige Fußmarsch bis ich endlich vor der Haustür stehe, kühlt mich zwar nicht gerade von der physischen Temperatur her ab, aber wenigstens von der psychischen. Meine schlechte Laune hat sich unleugbar gebessert.
 

Als dann auch schon gleich nach dem ersten Klingeln die Haustür geöffnet wird und mir ein freundliches ’Hey‘ entgegenweht, ist sie sogar komplett verflogen. Ich komme gerade noch dazu über die Türschwelle zu treten und meinen Rucksack von meinen Schultern gleiten zu lassen, da presst sich sein Mund auch schon fest auf meinen.
 

„Und?“, keuchend löst er unseren Kuss, schlingt seine langen, dünnen Beine um meine Hüfen, während ich uns in sein Zimmer bugsiere. „Was gibt’s Neues über mich?“
 

„Du hast einen Macker“, berichte ich ihm grinsend. „Wohl irgendsoein Typ mit kurzen Haaren und ’nem schwarzen Basecap.“
 

„Mhm“, schnurrt er als ich ihn vorsichtig auf seinem Bett ablege. Ein sanftes Lächeln huscht über sein Gesicht, als er mir meine Mütze abstreift und mir über meine kurzen, dunkelbraunen Millimeterhaare streicht. Währenddessen knabbere ich leicht an seinem Kieferknochen entlang zu seinem Ohrläppchen und beiße, die silbernen Ohrringe ignorierend, verspielt hinein.
 

Er keucht leise auf. Seine Hände fühlen fahrig meinen Rücken hinab und schlüpfen schließlich unter mein blaues T-Shirt. „Wer sagen sie, ist es?“
 

Ein raues Lachen verlässt meine Kehle. Fest presse ich meine Lenden gegen seine und entlocke ihm ein weiteres süßes Seufzen.
 

„Sie haben sowas von keine Ahnung.“
 


 

Because you’re cool cool – Yes, I am cool cool.

I also enjoy it - yeah, could be fun.

xo

Gossipman
 

Ende
 

Anmerkung:

Lyricausschnitte am

Anfang & Ende: G-Dragon - Gossip Man



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Karma
2011-09-03T21:14:00+00:00 03.09.2011 23:14
Also mit dem Ende hätte ich absolut nicht gerechnet.
*lach*
Aber es ist herrlich. Einfach perfekt passend.
XD

Nur kann ich mich absolut nicht entscheiden, wen ich jetzt lieber mag: Jonas (ich mag den Namen; den hat einer meiner eigenen Charas auch) oder Aaron. Jaja, Stricher und so ... Gerüchte sind doch was Herrliches. Ich kann einfach nicht aufhören zu grinsen.

Mehr davon?

Karma
Von:  Khaosprinzessin
2011-04-05T15:36:20+00:00 05.04.2011 17:36
klasse geschichte! gefällt mir richtig gut! diese ironie ist einfach traumhaft! endlich mal jemand, der genauso redet und denkt wie ich^^

see ya in hell, beast
Von:  Luinaldawen
2011-03-22T21:01:24+00:00 22.03.2011 22:01
Erster Gedanke: Wow!
Die Geschichte an sich hat mir schon super gefallen, du hast einen ganz tollen, flüssigen Schreibstil und dein Hauptcharakter rockt! XD Aber das Ende hat mich einfach nur umgehauen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass die beiden ein Paar sind.
Eine vollkommen gelungene One-Shot, großes Lob!
Von: haki-pata
2011-03-22T19:59:03+00:00 22.03.2011 20:59
Zur Ergänzung:
FAVO!!!
Von: haki-pata
2011-03-22T19:58:38+00:00 22.03.2011 20:58
Leider bin ich mit literarischen Fremdwörtern nicht so bewandert. Ich schreib einfach mal:
Ich liebe es.
Und ich grinse immer noch.

Von:  _haiiro_
2011-03-22T19:21:18+00:00 22.03.2011 20:21
Das ende is lustig XDD hätte ich jez echt nich erwartet
G-Dragon is geil :D


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