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Blood Painted

von

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Eternity

Ich möchte nochmal sagen, dass weder Sasuke noch Naruto die Fähigkeiten haben, die sie am Ende des Manga haben. Sie sind auf dem Stand ihres Könnens bei Sasukes Kampf gegen Itachi.

Und hört euch wirklich „My Black Dahlia“ an, das ist genau die Stimmung, die ich für dieses Kapitel haben möchte. ;)
 

I loved you – You made me hate me.

You gave me Hate, see?

It saved me.

And these Tears are deadly.
 

~ Hollywood Undead, My Black Dahlia ~
 

Kalt. Um mich herum, in mir drin, alles war atemberaubend kalt.

Die Kälte umspülte mich wie Wellen von Eis, fror die Kraft in meinen Muskeln und die Gedanken in meinem Kopf ein.

Wo war ich? Ich wusste es nicht.

Wie war ich dorthin gekommen? Ich konnte mich nicht erinnern.

Es dauerte sogar eine ganze Weile, bis mir wieder einfiel, wer ich war.

Träge schwappten mir die Gedanken durchs Hirn wie Eisschollen im arktischen Meer. Um rauszufinden wo ich war musste ich wohl die Augen öffnen. Ich hob die schmerzenden Lieder, aber es änderte sich nichts an dem, was ich sah; Alles war schwarz bis auf die weißen Flecken, die im Takt meines Blutes vor meinen Augen tanzten. Ich fragte mich, ob es so war, blind zu sein, als mir auffiel, dass ich dieses Gefühl schon kannte. Es war der Schmerz, der in letzter Zeit so oft meine Gedanken blockiert hatte, und es gab ihn nur in meinem Kopf. Ich musste nur gegen mich selbst gewinnen - Aber das war gar nicht so leicht.

Ein tiefer Atemzug brachte etwas Klarheit in mein verklebtes Bewusstsein. Endlich bemerkte ich, dass mein Gefühl, umher zu treiben, nicht nur Einbildung war. Ich befand mich tatsächlich im Wasser. Meine Beine hingen schlaff in die Tiefe, mein Gesicht trieb an der Oberfläche. Austestend drehte ich das Gesicht und zuckte unter dem Schmerz zusammen, der mir die Wirbelsäule hochfuhr. Aus Angst vor der Pein blieb ich stocksteif liegen.

Erstmal überlegen, wo ich war. Ich war durch die Stadt gelaufen, hatte irgendwas gesucht… Plötzlich erinnerte ich mich an alles, die leere Wohnung, die leeren Straßen, die Tunnel, die hätten leer sein sollen, und ich fuhr hoch. Dabei stellte ich fest, dass das Wasser nur hüfthoch und der Boden uneben war. Bedächtig trat ich mit den Füßen auf die Erhebungen, konnte jedoch nicht feststellen, was es war.

Ich schwamm in eine Richtung, weil mir das besser erschien als nichts zu tun. Eigentlich hatte ich gehofft, meine Augen würden sich an die Lichtverhältnisse gewöhnen, aber da war einfach keinerlei Licht. So stieß ich mit den Fingern an eine glitschige Mauer, bevor ich diese sah. Ich betastete den Stein und bemerkte, dass er eine Kante hatte, an der ich mich mühsam hochhievte. Mein Kopf protestierte zwar schmerzhaft, aber immerhin war ich aus dem Eiswasser draußen. Ich legte die Arme um die zitternden Beine und versuchte, nachzudenken.

Was war passiert? Ich war durch die Stadt gelaufen und dann irgendwie in den Tunneln gelandet. Eigentlich hatte ich Sasuke gesucht und dann… Meine Augen weiteten sich, als mir ein klebriger, giftiger Gedanke in den Kopf kroch.

Hatte ich ihn tatsächlich gefunden, hier unten, alle Verdächtigungen gegen ihn bestätigend?

Ich legte den Kopf an die Knie, versuchte, alle Gedanken auszublenden, aber jetzt war die mentale Blockade, mit der ich mich selbst geschützt hatte, zerbrochen. Es machte alles einen grausamen Sinn. Sasuke hatte all diese Menschen ermordet, getrieben von Wahnsinn und seiner Vergangenheit, und weil ich ihn gesehen hatte, würde ich der Nächste sein. Und ich hatte es nicht bemerkt, weil ich seine Person nie reflektiert sondern nur versucht hatte, seinen Schmerz zu lindern. Welche Monster dieser Schmerz geboren hatte, hatte ich ausgeblendet.

Ein lautes Knirschen unterbrach meine trüben Gedanken. Ich sah zu, wie ein feiner Spalt Helligkeit in der Dunkelheit sichtbar wurde, zur Seite kippte und sich verbreiterte. Milchig-grünes Licht sickerte in den Raum und blendete mich. Blinzelnd erkannte ich eine Gestalt, die sich gegen das einfallende Licht abhob. Ich sah ihr Gesicht nicht, aber alles in meinem Körper reagierte mit völliger Anspannung auf sie.

„Du bist wach.“, sagte Sasuke scheinbar erfreut.

Knurrend wie ein verletztes Tier rutschte ich rückwärts. Ich war noch nicht fähig, das volle Ausmaß seiner Taten zu erfassen, aber eine unterschwellige Abscheu kroch mir durch den Körper, genährt von den Erinnerungen an all die Toten, deren Gesichter vor meinem inneren Auge aufflackerten.

„Du brauchst keine Angst haben.“

„Ich habe keine Angst.“, antwortete ich tonlos. Alles außer diesem undefinierten Ekel in mir war leer, betäubt, als läge ich noch immer im Eiswasser. Ich hatte keine Angst davor, was er jetzt tun würde, sein Verrat war bereits so allumfassend, dass mir nichts mehr etwas anhaben konnte.

In diesem Moment war ich bereit, durch Sasukes Hand zu sterben.

„Was hast du nur getan…?“

„Das einzig mögliche.“, fauchte er und seine Augen leuchteten im Halbdunkel wie schwarze Edelsteine. Er lief auf und ab, ein nervöser Schatten vor dem Tunnel hinter ihm. Endlich erkannte ich auch, wo ich mich befand; In der Opferkammer der Uchiha. Ich schauderte, als mir aufging, dass ich auf die Knochen getreten war, die im Wasser lagen. „Du wolltest ja einfach nicht bei mir bleiben.“

„Ich hab deine Seite nie verlassen.“ Noch immer war meine Stimme tonlos, aber jetzt rappelte ich mich auf die wackligen Beine. Es war ein seltsamer Rollentausch, ihn so offensichtlich nervös zu erleben während ich mich innerlich tot fühlte. Er hatte mich eigentlich schon getötet. „Du warst es, der sich von mir abgewandt hat. Ich habe dich immer wieder gebeten, dich mir anzuvertrauen. Wir hätten etwas ändern können, wenn du nur mit mir geredet hättest…“

„Und was?“, lachte Sasuke höhnisch. „Die ganze Zeit hast du das verlangt, aber was hätte es geändert? Ich wäre eingesperrt worden und hätte dich nie wieder gesehen.“

„Schieb das nicht auf mich!“, fuhr ich ihn an wie das verstärkte Echo aus einem hohlen Körper. Ich weigerte mich, das alles auf meine Kappe zu nehmen, konnte den Gedanken nicht ertragen.

Langsam kam Sasuke auf mich zu, blieb aber stehen als er sah, dass ich zurückwich. Offenbar hatte er nicht vor, mich sofort zu töten, trotz des Wahnsinns, der ganz offensichtlich in seinen Augen flackerte.

„Es warst aber du. Nicht am Anfang… Aber du konntest mich ja nicht in Ruhe lassen. Du konntest mich ja nicht sterben lassen.“, zischte er vorwurfsvoll, den Blick erst auf den Boden gerichtet, dann den Kopf ruckartig zu mir hebend. „Du hättest ES umbringen können, dann wäre das alles nicht passiert… Aber dann mache ich das eben. Du bist einfach so ein Nichtsnutz… Aber jetzt wird alles gut. Wir werden endlich unsere Ruhe davor haben. ES wird niemanden mehr verletzen…“

Mir stellten sich die Nackenhaare auf, während ich seinem Selbstgespräch zuhörte. „Ruhe vor was genau? Was ist ´es`?“, f ragte ich vorsichtig.

„Na ES!“, platzte er heraus, die Hände in sein Haar vergraben, die Augen weit aufgerissen. „Das… Ding in mir. Ich kann es nicht mehr stoppen, Naruto… I-Ich kann einfach nicht mehr..."

„Sasuke…“ Automatisch machte ich einen halben Schritt auf ihn zu, angezogen von seiner Hilflosigkeit und der Tatsache, dass ich ihn trotz allem beschützen wollte. Ich hatte ihn die ganze Zeit vor sich selbst beschützen wollen – Und so allumfassend versagt, wie es überhaupt möglich war. „Wir können… Wir können das immer noch beenden, ok?“, sagte ich sanft und hielt ihm die Hand hin. „Wir können Hilfe für dich finden. Du musst das nicht tun. Du willst es doch offensichtlich nicht.“

„Wir?“, spuckte er höhnisch aus, als wäre das eine Beleidigung. Jetzt war er es, der von mir zurückwich. „Es gibt kein ´wir` und das gab es auch nie. Jeder von uns ist alleine bis zu seinem Tod. Erst danach sind wir frei…“ Sein Blick glitt ab zu einem Ort, den ich nicht sehen konnte, der ihn aber mit Sehnsucht zu erfüllen schien. „Es gibt keinen Grund, am Leben zu bleiben. Selbst wenn, könnten wir nicht zusammen sein. Deswegen müssen wir sterben. Verstehst du?“

Damit hatte ich schon gerechnet, deshalb erschreckte es mich nicht. Was ich dagegen beunruhigend fand war seine Besessenheit von mir, die ich bisher noch nie gesehen hatte. Er hatte auf meine Zuneigung immer so kühl reagiert, dass ich mich nicht selten gefragt hatte, ob er mich überhaupt liebte und jetzt sollte genau diese seine fehlgeleitete Liebe der Grund für so viele Tote sein? Warum hatte er sich mir nur nicht so anvertraut, bevor es zu spät war – Denn das war es jetzt, er hatte Recht. Wenn ich ihn aufhielt, würde er ins Gefängnis und die Psychiatrie kommen und wenn nicht würde ich sterben.

Letzteres erschien mir die angenehmere Lösung zu sein, denn dann wäre all der Schmerz einfach vorbei. Ich müsste nicht damit leben, Hinata und Sasuke verloren zu haben, ich müsste nicht damit leben, für den Tod so vieler verantwortlich zu sein. Es wäre einfach vorbei.

„Ich verstehe.“, ergab ich mich also ruhig in das wohl Unvermeidliche.

Völlig reglos ließ ich Sasuke auf mich zukommen, unsere Blicke ineinander verhakt wie Waffen. Trotzdem war seine Hand sanft, als er sie mir um das Kinn legte. „Ich glaube nicht, dass du verstehst.“, flüsterte er traurig, dann schlug seine ganze Körpersprache um. Mit einer Kraft, die ich ihm nicht zugetraut hätte, stieß er mich an der Brust ins Wasser. „Das hast du noch nie.“ Kontrolliert stieg er ins Becken und kam auf mich zu. Ich war noch mit dem Versuch beschäftigt, die Orientierung wiederzufinden, als er mich am Kragen ein Stück hochhob. Der Hass, mit dem er mich zuerst ansah, wandelte sich langsam bis die Karikatur eines Lächelns auf seinen Lippen lag. „Willst du nicht mal versuchen zu kämpfen?“

„Wozu denn?“, fragte ich, hustend, weil er mir die Kehle zudrückte. Ohne jede Körperspannung hing ich in seinem Griff. „Du hast schon alles zerstört, wofür es sich für mich zu leben lohnte.“

Wuchtig rammte Sasuke mir die Faust in den Magen. Ich flog etwas von ihm weg, aber er packte mich an den Haaren und hielt mich über Wasser. „Die kleine Hure war kein Grund zu leben. Sie konnte ja nicht mal selbst leben.“

Er stand hinter mir, bedrohlich nah in seinem Wahnsinn, der gegen meine Gleichgültigkeit brandete wie ein Sturm an Klippen. „Ich rede nicht von Hinata, sondern von uns. Ich… Mein Gott, ich habe dich so geliebt, Sasuke… So sehr…“, gestand ich, endlich erlösende Tränen in den Augen spürend.

Er gönnte sie mir nicht, trat mich zur Strafe in den Rücken und zischte: „Du hast mich nie geliebt. Nicht so wie ich dich.“

„Weil das keine Liebe ist!“, rief ich und griff aufgebracht nach seinem Kragen. „Das ist Wahnsinn! Du hast das nicht getan, weil du mich liebst. Du hast es getan, weil du krank bist und Hilfe brauchst… Ich hätte dir helfen können, aber du hast nie gefragt! Du warst zu feige und jetzt ist es zu spät.“ Ich stockte, weil mir erst richtig bewusst wurde, dass ich die Wahrheit sagte, als ich sie aussprach: Es gab kein Zurück mehr von dem, was Sasuke getan hatte. „Nicht mal ich kann dir verzeihen. Ich hab dich geliebt und du hast mich mit deinem Hass und deiner Schwäche betrogen. Du hast uns betrogen!“

„Hast du nicht dasselbe getan?“, fragte er, wieder die kühle, überlegene Berechnung in den Augen. Sasuke legte die Hände auf meine Schultern, ließ die Finger weiter nach oben gleiten, bis er sie um meinen Hals legte. Mein Herzschlag beschleunigte sich als er mich erst sanft massierte und dann mit den Daumen gegen meinen Kehlkopf drückt. „Das wollte ich schon so lange tun…“, seufzte er tonlos und legte die Lippen auf meine.

Es war, als würde er das Leben aus mir saugen mit diesem einen letzten Kuss, den ich nicht beendete weil ich nicht konnte. Mein Körper zuckte protestierend, meine Augen fingen an zu tränen, ich legte die Hände auf seine Unterarme, aber ich wehrte mich nicht gegen ihn. Vielleicht hatte es so einfach die ganze Zeit sein müssen. Vielleicht hatte ich schon damals bei unserem ersten Kampf sterben sollen und jetzt holte sich das Schicksal endlich, was ihm zustand.

Mein Blick verschwamm bereits, nur Sasukes Augen waren noch klar und eine heftige Sehnsucht und Trauer überkamen mich bei dem Gedanken, dass ich sie nie wieder sehen würde – Und dass der letzte Ausdruck, der sie erfüllt hatte, Blutgier war. Eine einzelne Träne rollte mir über die Wange und tropfte in das kalte Wasser unter mir, sank zu den bleichen Knochen, bei denen ich auch bald liegen würde.

Sasukes Griff um meinen Hals lockerte sich ein wenig. „Du brauchst keine Angst haben. Es ist nur ein kurzer Schmerz und dann hast du für immer Frieden… Alle werden Frieden finden.“

„Wie… Wie meinst du das…?“, kam schwerfällig durch meine wunde Kehle, jedes Wort eine eigene Welle des Schmerzes.

Seine Augen flackerten auf. „Ich werde dieses Rattenloch ausräuchern, Naruto. Ich werde sie vor sich selbst beschützen.“

Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was er da sagte. „Nein…“, stöhnte ich leise und rührte mich träge in seinem Griff. Dann befreite ich mich mit einem Ruck von ihm und schupste Sasuke von mir. Das überraschte ihn wohl, sonst wäre es mir in meinem geschwächten Zustand nicht so leicht gefallen. Entsetzt vor ihm weg schwimmend rief ich: „Du kannst nicht das ganze Dorf töten!“

„Ach nein?“, fragte er, den gelangweilten Blick auf seinen Nägeln als wäre das hier ein alberner Streit zwischen uns als Paar. „Niemand kann mich aufhalten, Naruto. Niemand. Ich werde dieses Loch auf die Grundfesten niederbrennen und das ist mein gutes Recht, denn es gehört mir.“

„Du…“ Schwerfällig wuchtete ich mich auf die Umrandung des Beckens, möglichst weit weg von Sasuke, der jedoch keine Anstalten machte, mir zu folgen. Mein Hals fühlte sich an wie mit Schmirgelpapier bezogen, als ich fortfuhr: „Du hast kein Recht auf irgendein Leben außer dein eigenes.“

„Und doch hast du mir deines versprochen.“

„Ich habe dir versprochen, MIT dir zu leben.“, stöhnte ich verzweifelt, weil mir nicht klar gewesen war, wie wenig er meine Liebe, wie wenig er Liebe an sich verstanden hatte. Er glaubte, es ginge dabei um Besitz, wo doch das genaue Gegenteil der Fall war. „Ich habe dir versprochen, mein sicheres Alleinsein für unser Gemeinsamsein aufzugeben. Das ist ein Geschenk und hat nichts damit zu tun, jemandem etwas… Jemandem das Leben zu nehmen. Ich…“

Zögernd sah ich auf meine Hände, die sich in den modrigen Stein unter mir gegraben hatten. Meine vorige Lethargie war inzwischen heftigem Herzrasen gewichen, Adrenalin pumpte durch meine Adern, Todesangst pulsierte durch meinen Körper. Aber es war nicht Angst um mich, es war Angst um das Dorf. Die Todesangst ganz Konohas pulste mir durch die Venen und erfüllte mich mit einer Entschlossenheit, die meinen Blick brennen ließ, als ich ihn wieder zu Sasuke hob.

„Ich werde nicht zulassen, dass du noch mehr Menschen verletzt.“

Er lachte höhnisch. „Und wie willst du das verhindern? In ein paar Minuten wird das erste Feuer entzündet und dann wird die Stadt brennen.“

„Dann hab ich ja noch ein paar Minuten.“, zischte ich und sprang auf, um zum Ausgang zu stürzen. Ich kam nicht weit, bevor Sasuke mich eingeholt hatte und mich ins Wasser zog wie ein hungriger Kraken. Während ich mit ihm rang, wurde mir etwas bewusst.

Ich musste kämpfen.

Er würde mich nicht einfach so gehen lassen und selbst wenn, konnte man Sasuke nicht auf freiem Fuße lassen.

Er war ein Feind.

Die Erkenntnis fuhr mir wie ein Stich ins Herz, aber ich wusste, was zu tun war. Mit einem Wutschrei trat ich ihm ins Gesicht und sprang auf, als er zurücktaumelte. Ich fühlte mich noch immer schwach und wackelig auf den Beinen und stützte mich an der Wand ab, mein Blick jedoch war fest auf Sasuke gerichtet.

„Für dich wäre ich gestorben, aber nicht für… Dein Monster.“, blieb ich in seinen Worten.

Eine blutende Wunde an seiner Stirn tropfte ihm übers ganze Gesicht und seine Nase sah ein wenig schief aus, aber er beachtete die rote Flüssigkeit nicht, die um seine Augen herum zum Kinn lief. „Ich wusste es…“, sagte er leise und mit einem seltsamen Pfeifton aus der Nase. „Du hast dieses Rattenloch, dieses ´Dorf“ – Das letzte Wort spuckte er aus wie Gift – „Schon immer mehr geliebt als mich.“

„Wenigstens sind die Dorfbewohner fähig, meine Liebe zu erwidern.“

Noch kurz prallte die geballte Macht unserer Blicke aufeinander, dann wandte ich mich ab und lief den Gang runter. Dort herrschte ein grünes Zwielicht, das ich noch nie gesehen hatte. Sasuke musste es durch eine geheime Vorrichtung eingeschaltet haben. Ich hörte das Platschen seines aus dem Wasser steigenden Körpers und schwere Schritte, dann seine Stimme wie eine Totenglocke:

„Es hat keinen Sinn, sich zu verstecken – Ich werde dich finden. Ich werde sie alle finden und einzeln auslöschen. Und wenn du den letzten hast sterben sehen, bist du dran.“

Während ich lief, versuchte ich, meine Situation zu reflektieren. Im Moment konnte ich nicht kämpfen; Mein Kopf fühlte sich immer noch an wie Wackelpudding – Inzwischen vermutete ich, dass er mir wieder seine Medikamente gegeben hatte – Und meine Muskeln protestierten bereits gegen die Anstrengung des Rennens. Ich musste die anderen also warnen, wenn ich sie schon nicht beschützen konnte…

Nur, würden sie mir überhaupt glauben?

Ich sah Sakuras enttäuschtes, fast schon hasserfülltes Gesicht vor meinem inneren Auge und zuckte vor einem weiteren seelischen Schmerz zurück. Sasuke hatte sich zwischen uns gestellt, nicht nur als mein Partner, sondern auch zwischen unsere Freundschaft. Trotzdem musste ich versuchen, sie zu überzeugen. Und dazu musste ich erstmal hier raus, was gar nicht so leicht war, denn ich hatte keinerlei Orientierungshilfe und immer wieder schaffte Sasuke es, vor mir zu sein – Ich sah ihn nicht, aber ich spürte seine Anwesenheit und hörte das leise Platschen seiner Füße im Wasser.

Irgendwann blieb ich, an die Ecke eines Tunnels gepresst, stehen. Mir wurde klar, dass er mich trieb wie ein Hirtenhund seine Schafe. So konnte er mich nicht nur von den Ausgängen fernhalten, sondern mich, wenn er wollte, auch direkt zu einem der Sprengkörper lotsen, von denen er gesprochen hatte.

„Wie bist du überhaupt aus der Wohnung gekommen?“, fragte ich um mir etwas Zeit zu kaufen.

Erschreckend nah hörte ich Sasukes typisches abfälliges Schnauben. „Davon abgesehen, dass du schläfst wie ein Stein, redest du im Schlaf. Es ist so leicht, dich zu manipulieren, Naruto…“

„Die Träume…“, zischte ich. Geduckt kroch ich um die Ecke meines Verstecks und setzte gerade zu einem Sprint an, als Sasuke aus einem Tunnel trat, ein unheimlich sanftes Lächeln auf den Lippen.

„Genau – Das waren meine Visionen. Und…“

Bevor er weiter sprechen konnte zerriss eine Explosion die Grabesstille. Ich hielt mir wegen der Druckwelle die Hände über die Ohren, während Sasuke nur nachdenklich in die Richtung blickte, aus der der Lärm kam. Der Wind zog an seinen Haren und verteilte feine Wassertropfen aus seinem bleichen Gesicht, die im diesigen Licht schwach glitzerten und ihm eine beunruhigende Schönheit verliehen. Er war eindeutig der Herr dieses Totenreichs.

Eine Sekunde später hallten Schmerzensschreie zu uns herüber wie das Wehklagen von Geistern. Entsetzten kroch mir die Kehle hoch und brach sich in einem Wutschrei los.

„Du Monster!“, brüllte ich und stürzte mich auf ihn.

Diesmal war Sasuke darauf vorbereitet und wich mir aus. Irgendwoher zog er Shuriken – Er musste sie mir gestohlen haben – Denen ich auf der kurzen Distanz zwischen uns kaum ausweichen konnte. Eine der Waffen streifte meine Wange, die andere zerriss den Ärmel meines Shirts, dann war ich auf den Knien und säbelte Sasuke die Beine weg. Mit der Hand im schmutzigen Wasser fing er den Sturz ab und federte einige Meter weg von mir.

Kurz standen wir uns abwägend gegenüber, dann stürzten wir genau im selben Moment wieder aufeinander los.

Während unseres Schlagabtauschs wurden die Schreie, die aus der Ferne zu uns hallten, immer lauter. Die Schmerzenslaute stellten mir alle Nackenhaare auf. Sasuke dagegen zeigte einen zunehmend zufriedeneren Gesichtsausdruck, bei dem ich mich ein Mal mehr fragte, was genau er getan hatte.

Vermutlich wegen der Enge verzichtete er auf größere Techniken. Ich tat dasselbe aus dem schlichten Grund, ihn nicht verletzen zu wollen. All meine Wut und Abscheu reichten nicht dazu aus, den Teil von mir zu unterdrücken, der in diesem Mann den Inhalt seines Lebens sah. Ich würde richtig kämpfen müssen, das war mir klar, aber so vieles in mir sträubte sich gegen die bloße Vorstellung.

Mit einem mentalen und körperlichen Kraftakt überwand ich die unsichtbare Barriere, die uns für einen Moment auf Abstand gehalten hatte, und stürzte mich auf Sasuke. Sein Gesicht verzog sich vor blinder Wut, deren Ziel ich nicht kannte und jetzt waren ihm die Folgen seines Handelns wohl egal, denn er formte Zeichen mit seinen Fingern. Ich kannte die Technik, die er anwenden wollte, hielt aber weiter auf ihn zu, wollte ihn aufhalten, musste es schaffen…

Aber ich war zu spät.

Flammen schlugen mir entgegen und ich riss in einem sinnlosen Urinstinkt, der nach Schutz verlangte, die Arme hoch. Heißer Wasserdampf stieg wie ein Geysir empor und nahm mir die Sicht, sodass ich nicht erkennen konnte, was als nächstes passierte. Ich nahm nur den ohrenbetäubenden Lärm war, der plötzlich im ganzen Tunnel wiederhallte. Eine heftige Druckwellte erfasste mich, schleuderte mich den Flur hinunter – Und rettete mich damit gerade noch vor der herabstürzenden Tunneldecke, die den Durchgang vollständig blockierte.

Hinter meinen geschlossenen Augen drehten sich bunte Farben in verwirrenden Mustern und ich spürte meinen Körper nicht mehr. Es war unendlich schwer, die Lieder zu heben, und als ich es tat, war die Welt verschwommen und grau. Wie betrunken hob ich Kopf und Schultern, letztere ließ ich jedoch gleich wieder sinken. Ich brauchte eindeutig noch einen Moment, um mich zu fangen.

Zwischen Staub und Nebelschwaden sah ich die Ausläufer eines Geröllhaufens wie ein schartiges Gebirge. Panik stieg mir die Kehle hoch. Ich würgte ein „Sas...", zurück in meine Lunge – Er hatte meine Sorge nicht verdient und ich konnte meine eigene Stimme sowieso nicht hören, weil irgendetwas in meinen Ohren bei der Explosion beschädigt worden war.

Träge sah ich den Krater empor, von dem immer noch Gesteinsbrocken herabrieselten. Diesmal hörte ich keine Schreie, aber es brauchte eine Weile, bis ich das mit meinem Gehörsturz in Verbindung brachte. Stattdessen sah ich das fransige Flackern des Feuers und die Schatten der Menschen, die davor in diese oder jene Richtung wankten wie verwirrte Ameisen.

Umständlich rappelte ich mich auf die Beine. Helfen. Ich musste helfen.

Ich sah mich um, suchte die beste Stelle, um aus der Grube zu klettern. Dabei verdrängte ich den Gedanken daran, dass Sasuke unter dem Schuttberg liegen könnte. Erst, als ich auf der Hälfte des Weges einen Arm sah, der unter einem Steinbrocken hervorragte, packte mich die Panik. Mit tränenverschleiertem Blick zerrte ich an dem Geröll, das sich jedoch nicht rührte. Ich heulte wütend auf und erschuf einen Schattendoppelgänger, dem genauso die Nase lief und die Finger zitterten wie mir, aber irgendwie schafften wir es, den Brocken zu entfernen. Den Heidenlärm, den der Stein verursachte, als er den Hügel hinabstürzte, bemerkte ich kaum, obwohl mich der leichte Erdrutsch ins Wanken brachte. Ich war zu konzentriert auf den Mann, den ich unter den jetzt kleineren Steinen hervorzog. Es war nicht Sasuke – Die Erleichterung, die ich darüber empfand, beschämte mich, deswegen versuchte ich noch emsiger, den Fremden auf die Beine zu bekommen. Er sah mich kurz verwirrt an, dann verdrehte er die Augen und kippte vornüber. Gerade noch konnte ich ihn fangen, wobei ich jedoch ein paar Schritte zurück in die Grube rutschte. Ich warf einen Blick in den von Rauch und Staub verhangenen Tunnel und mir wurde bewusst, dass es mehr als einen Weg hierher gab. Wenn Sasuke lebte…

So schnell es mir der rutschige Grund erlaubte, kletterte ich empor. Als ich ihn endlich ablegen konnte, wurde mein Passagier von Chaos umfangen und von Schreien, die ich nicht hören konnte. Mehrere Häuser in der Nähe des Kraters waren stark beschädigt oder brannten. Die Unverletzten versuchten unstrukturiert, die Verletzten zu bergen, wobei sie nicht selten von einem herabstürzenden Stein getroffen wurden. Ich sah mich nach jemandem um, der sich um den ohnmächtigen Mann kümmern konnte, aber alle schienen mit sich selbst beschäftigt und Shinobi oder Feuerwehrleute waren nicht zu sehen. Vermutlich waren die meisten am Ort der ersten Explosion – Oder bei einer der anderen, die sich inzwischen sicher schon ereignet hatten. Unschlüssig, was zu tun war, trug ich den Verletzten zu einem stabil aussehenden Haus, bei dem ich ihn in Sicherheit wähnte. „Ich komme gleich wieder“, versprach ich, obwohl weder er noch ich mich hören konnten. Dann lief ich durch das Getümmel auf dem Platz, auf der Suche nach jemandem, irgendjemandem, der die Situation unter Kontrolle bringen konnte.

Ich wurde von mehreren Zivilisten aufgehalten, die mich um Unterstützung baten. Nach ein paar Kommunikationsschwierigkeiten schaffte ich mit ihnen Trümmer beiseite, barg Verletzte und tat auch sonst alles, um zu helfen. Nach einer ganzen Weile kamen ein paar Kollegen, aber leider kein Iryônin, der mir mit dem Bewusstlosen aus dem Krater oder meinen Ohren hätte helfen können. Mit einigem Aufwand evakuierten wir die Gegend um den einsturzgefährdeten Bereich, aber gerade als wir dachten, in Sicherheit zu sein, erbebte die Erde erneut unter einer fernen Explosion. Ich warf mich über das Mädchen, das ich gerade weggebracht hatte, obwohl bei uns keine Gefahr bestand, von Trümmern getroffen zu werden. Andere waren nicht so glücklich; Bald nach den Entsetzensschreien hörte ich gedämpfte Schmerzenslaute überall aus der Nacht.

Wir brauchten einen Arzt, wurde mir bewusst.

Ich schob das Kind einer Frau zu, die in der Nähe stand, dann sah ich mich nach meinen Kollegen um, aber die waren nirgends zu finden. Eigentlich hatte ich sie über meinen Plan informieren wollen, doch so blieb mir nichts anderes übrig als einfach zu gehen. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch lief ich über die dunklen Straßen, durch die immer wieder verstörte Zivilisten rannten. Wenn ich einem Shinobi begegnete schickte ich ihn oder sie zu der Einsturzstelle, aber ein Iryônin war nicht darunter. Wir brauchten wirklich mehr Mitglieder in dieser Einheit.

An einer Kreuzung wurde ich von einer Gruppe Zivilisten aufgehalten, die von einigen Shinobi begleitet und vermutlich aus dem Dorf geführt wurden. Ungeduldig wartete ich bis die Leute vorbei waren, als mir ein rosaner Haarschopf unter ihnen auffiel.

„Sakura…? Sakura-chan!“, rief ich ungläubig ohne mich selbst zu hören.

Sie dagegen sah auf und kam mit offensichtlicher Erleichterung auf mich zugelaufen. Wir umarmten uns, dann sagte sie etwas mit gerunzelter Stirn. Ich deutete auf meine Ohren und zuckte die Schultern. Es dauerte einen Moment bis sie verstand, aber dann legte sie die Hände an meine Schläfen und ich spürte das vertraute Kribbeln als das grüne Chakra seine Wirkung tat.

Der Unterschied war überwältigend; Was ich vorher als leises Rauschen wahrgenommen hatte, stellte sich jetzt als allgegenwärtige Schrei-Kakophonie heraus. Es war grauenvoll. Angst lag in der Luft wie ein unangenehmer Geruch und mir stellten sich sämtliche Nackenhaare auf.

„Mein Gott…“, flüsterte ich tonlos.

„Wo warst du?“, fragte Sakura, die meine Wunden inspizierte, sie aber offenbar für nicht schlimm genug hielt, um sie zu heilen. Das war auch besser so; Sie würde ihre Kraft brauchen, um den schwer Verletzten zu helfen. „Wir hätten dich gebraucht!“

„Ich hab an der Einsturzstelle geholfen, an der ich an die Oberfläche gekommen bin… Sakura-chan, es sind die Tunnel! Er jagt die Tunnel in die Luft!“

Verwirrt blinzelnd sah sie mich an. „Wer? Welche Tunnel?“

„Sasuke! Das ist alles sein Machwerk und er missbraucht dafür die Polizeitunnel unter der ganzen Stadt. Er hat vor, das ganze Dorf zum Einsturz zu bringen – Und das schafft er auch, wenn wir ihn nicht aufhalten.“

Jetzt machte sie einen Schritt von mir zurück. „Hörst du immer noch nicht auf damit…?“

„Aber es ist die Wahrheit!“, platzte ich verzweifelt hervor. „Du hast es doch gesehen! Du hast doch die Toten und Verletzten gesehen!“

„Es war ein Attentat – Vermutlich aus Suna. Die Terroristen werden bereits gesucht. Und keiner von ihnen ist Sasuke Uchiha.“, beharrte Sakura so vehement, dass ich mich fragte, ob sie ihn nicht tatsächlich mehr liebte als ich…

Als ich ihn geliebt hatte. Ich weigerte mich, dieses Gefühl noch zuzulassen für einen Kindermörder. Für Hinatas Mörder.

Wie dem auch sei, ich sah ein, dass ich nicht erwarten durfte, Sakura zu überzeugen, wenn sie Sasuke nicht selbst eine der Bomben hochjagen sah. Da das eher unwahrscheinlich war, musste ich eben umdisponieren.

„Ist jetzt auch egal ob du mir glaubst. An der Einsturzstelle gab es Verletzte, kannst du kommen und helfen?“

Zwar war sie noch immer misstrauisch, mitkommen tat sie aber dennoch. Während wir liefen erklärte sie mir, dass die jüngeren Shinobi versuchten, die Menschen aus ihren Häusern zu bringen, während die älteren mit der Suche nach den sogenannten Attentätern beschäftigt waren. Dass sie dabei nichts finden würden, weil der eine Terrorist unterirdisch agierte, wollte Sakura nicht hören, aber immerhin tat man etwas. Kurz darauf kehrten wir zum Krater zurück, an dem sich inzwischen kaum noch Menschen aufhielten. Hier und da lief noch eine verwirrte Gestalt herum, aber wir sammelten sie ein und bildeten eine kleine Gruppe um den Mann der in den Tunnel gefallen war.

„Er ist schon sehr schwach…“, sagte sie besorgt, als sie die Hände auf seine Brust legte, trotzdem versuchte Sakura, ihn zu heilen.

Ich behielt den Blick nervös auf das Einsturzloch gerichtet. Natürlich wusste ich es nicht sicher, aber ich glaubte nicht, dass Sasuke gestorben war. Er wütete in den Eingeweiden der Stadt wie eine schlimme Krankheit und niemand hielt ihn auf weil niemand von ihm wusste oder an ihn glauben wollte. Niemand außer mir.

Jetzt musterte ich die verstörten, verängstigten Menschen, die sich aneinander klammerten wie kleine Kinder. Und sie vertrauten auf uns, Sakura und mich, dass wir sie in Sicherheit bringen würden. Nur würden sie keine Sicherheit, kein zu Hause mehr haben, wenn wir Sasuke einfach tun ließen, was ihm gefiel. Er würde Konoha auslöschen, wenn er konnte, und wenn er damit fertig war würde er jeden Bewohner jagen bis keiner mehr übrig war. Er trug so viel Hass in sich und hatte beschlossen, diesen am Dorf auszulassen…

Meine Gedanken wurden unterbrochen, als der Mann aufwachte und, gepeinigt und verängstigt von seinen Schmerzen, aufschrie. Es war ein animalisches Urgeräusch, das jeder Menschlichkeit entbehrte und auch sein Blick, der zwischen Sakura und den Umstehenden hin und her flackerte, war wie der eines in die Enge getriebenen Tieres. Die Iryônin strich ihm mit glühenden Fingern zärtlich über die Wange und flüsterte beruhigende Worte, die langsam die Schreie verebben ließen. Die fiebrigen Augen des Mannes fixierten jetzt nur noch sie wie einen Engel in der Nacht und er zitterte. Ob vor Angst oder Schmerz war nicht zu sagen.

In der Ferne war eine neuerliche Explosion zu hören und als ich aufsah glaubte ich für einen Moment, die Morgenröte über den Häusern hervorziehen zu sehen, doch dann wurde mir klar, dass der Schein von Feuer kam. Inzwischen stand wohl die halbe Stadt in Flammen.

„Wir müssen hier raus.“, zischte ich an Sakura gewandt.

„Ich weiß… Aber die meisten Straßen sind unpassierbar wegen der Löcher oder der Feuer. Vor allem mit so vielen Verletzten oder Kindern.“

„Hier bleiben können wir aber genauso wenig.“, knurrte ich und zog mir den Mann über den Rücken, bevor ich aufstand. „Wir können es hier raus schaffen, aber wir müssen zusammenhalten. Sakura-chan und ich finden einen Weg für euch, aber ihr müsst eine Gruppe bleiben, denn alleine lauft ihr Gefahr, in eine der Gruben zu fallen, aus der ihr euch nicht mehr befreien könnt. Jeder, dem nichts passiert ist, nimmt jetzt einen Verwundeten oder ein Kind und stützt ihn oder sie… Los! Wir haben nicht viel Zeit!“

Kurz sahen die Leute sich skeptisch an, doch als Sakura aufstand und ein kleines Mädchen an der Hand nahm, folgten sie ihrem Beispiel und ordneten sich in einer lockeren Gruppe. Ich begutachtete das Ergebnis, dann lief ich an der Spitze los in Richtung Stadtrand.

Um uns herum herrschte Chaos und Zerstörung; Häuser brannten oder waren eingestürzt, ab und zu sah man einen Toten auf dem Weg liegen. Es wiederstrebte mir sehr, sie zurück zu lassen, aber es war wichtiger, die Lebenden zu retten. Um die Opfer würden wir uns später gemeinsam kümmern. Kurz nach unserem Aufbruch kamen wir bereits an ein Hindernis; Ein riesiger, schwelender Krater, dessen Ränder ausfransten wie eine eiternde Wunde. Das grüne Licht, das noch immer durch die Tunnel schimmerte, flackerte inzwischen und jedes Mal, wenn es für einen Moment verlosch, meinte ich, eine Gestalt aus der Dunkelheit auf uns zuwanken zu sehen.

Schluckend sah ich mich um, aber zu beiden Seiten waren Häuserwände – Und die sahen noch nicht mal besonders stabil aus. Sakura und ich hätten die Wände erklimmen und uns so retten können, den Zivilisten war das natürlich nicht möglich.

„Und jetzt, du großer Anführer?“, fragte eine offensichtlich verängstigte Frau, als wir nicht sofort weiter liefen. „Wir hätten da bleiben und auf Hilfe warten sollen statt auf ein paar Kinder…“

„Schluss jetzt.“, unterbrach Sakura sie mit einem vernichtenden Blick. „Wir gehen durch das Haus da. Auf der anderen Seite gibt es bestimmt ein Fenster.“

Froh über ihre Rationalität schenkte ich ihr ein Lächeln, doch dann gebot ich den anderen zu warten um zu prüfen, ob es tatsächlich einen Ausgang gab und ob der Weg sicher war. Als das sichergestellt war lotste ich die Gruppe durch das Gebäude und half allen durch das Fenster zu klettern. Es gab eine kleine Rangelei, doch die wurde von einem geblafften Befehl seitens Sakuras rasch unterbunden; Sie würde mit Sicherheit keine Panik in ihren Reihen aufkommen lassen.

Endlich war auch der letzte aus dem Haus und wir konnten unsere Reise fortsetzten. Noch drei Mal mussten wir ähnliche Umwege gehen und ein Mal musste ich eine Mauer mit dem Rasengan einreißen, bevor wir endlich in der Nähe der Mauer einer weiteren Gruppe Flüchtlinge begegneten, die von Shinobis eskortiert wurden. Wir besprachen uns mit den Kollegen, dann gingen wir auf das Stadttor zu, an dem immer wieder einige Leute eintröpfelten… Viel zu wenige im Vergleich zu den Tausenden, die in Konoha lebten. Unter ihnen herrschte Panik und Verwirrung und manche verstanden nicht, warum sie gehen mussten. Inzwischen kursierten neben Sakuras Erklärung, es handelte sich um ein Attentat aus Suna, auch noch Gerüchte über Erdbeben, Bandenkriege oder die weit harmlosere Erklärung es wäre ein außer Kontrolle geratener Kinderstreich.

Mir erschien es vorerst nicht so wichtig, was die Leute glaubten, solange sie die Stadt verließen, in der sie umgebracht worden wären wie die Schafe auf der Schlachtbank. Sobald wir unsere Gruppe in Sicherheit wussten, machten Sakura, ich und die beiden Shinobi, denen wir begegnet waren, uns auf die Suche nach Tsunade. Sie befand sich ganz in der Nähe der Stadtmauer und organisierte sowohl Rettungstrupps, als auch Antiterroreinheit und die medizinische Versorgung der Verletzten. Im Schein ihrer brennenden Stadt sah sie bedrohlich aus, wie eine rachsüchtige Kriegsgöttin, und wir zögerten alle einen Moment, bevor wir ihr uns näherten.

„Hokage-sama.“, begrüßte Sakura sie und wir verneigten uns alle kurz. „Wo können wir…?“

„Baa-chan, es ist Sasuke!“, unterbrach ich die Frage. Alle starrten mich an, zu verwirrt, um mich zu unterbrechen, was ich nutzte, um fortzufahren: „Er ist vollkommen verrückt geworden und will die ganze Stadt abbrennen… Hat gemeint, das wäre das Beste für alle oder so. Wir müssen ihn aufhalten!“

Tsunade warf ihrer Schülerin einen skeptischen Blick zu. „Wir haben jetzt keine Zeit für…“

„Ich habe mit ihm gekämpft, bevor all das losgegangen ist, in den Tunneln der Uchiha. Er nutzt sie, um sich ungesehen zu bewegen, und an den Ausgängen hat er die Sprengsätze deponiert. Wenn du mir nicht glaubst, prüf eine Karte mit den Ausgängen und den Explosionsorten. Du wirst sehen, dass ich Recht habe.“

Noch bevor die Hokage etwas sagen konnte, hatte ein Shinobi sowohl eine Karte der Stadt als auch eine des Tunnelsystems herbeigeschafft. Eigentlich hatte Tsunade letztere nutzen wollen, um schneller Zivilisten zu evakuieren, aber als sie meine These überprüfte und sah, dass das stimmte, verwarf sie diese Pläne.

„Holt alle Trupps zurück, die in den Untergrund geschickt worden sind. Sie könnten jede Sekunde auf eine Landmiene treten.“, befahl sie ruhig und einige Kollegen verschwanden rasend schnell in der Nacht. Mich sah Tsunade streng an. „Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme.“

Ich nickte unbeteiligt. Mir war es egal, wieso sie die Kollegen rettete, solange sie es tat. „Wie viele Menschen sind noch in der Stadt?“

„Wir wissen nicht, ob noch an anderen Stellen Leute sind, aber wenn wir von denen ausgehen, die sich hier versammelt haben… Bestimmt zwei Drittel der Bewohner.“, endete sie erschöpft und strich mit dem Finger über die Karte. „Es dauert alles sehr lange, weil die Leute in Panik sind. Viele Shinobi, die eine Gruppe evakuiert haben, sagten, die Leute seien ihnen Scharenweise wieder davongelaufen sobald eine neue Explosion zu hören war. Außerdem wollen viele ihre Häuser gar nicht erst verlassen.“

„Dann müssen wir sie dazu zwingen!“, rief ich entsetzt von der Vorstellung, dass die Leute in ihrem eigenen Heim lebendig begraben werden sollten.

„Dafür sind wir zu wenige und das Gebiet zu groß. Sobald man sie aus den Augen lässt, laufen viele der Zivilisten davon wie kopflose Hühner…“, knurrte Tsunade wütend.

Sakura hatte die ganze Zeit geschwiegen doch jetzt trat sie wieder näher. „Es wäre ja nicht so schlimm, wenn sie wenigstens zum Stadtrand fliehen würden – Dann könnte man sie praktisch unterwegs einsammeln… Aber sie laufen zum Zentrum von Konoha, habe ich Recht?“

Tsunade nickte. „Ja, zum Hokage-Felsen. Aber…“

„Es ist mir aufgefallen wegen der Orte der Explosionen.“, erklärte meine Freundin und fuhr mit dem Finger die markierten Gebiete nach – Wobei sie einen genauen Kreis um das Stadttor zog. „Sie werden systematisch in die Mitte des Dorfes getrieben. Und je enger der Kreis gezogen ist, desto schwieriger wird es sein, wieder rauszukommen. Bis Konoha nur noch ein riesiges Grab ist.“

„Mein Gott.“, flüsterte irgendjemand fassungslos.

Ich hob den Blick und sah zu dem gigantischen Felsmassiv, das in der Ferne von vereinzelten Feuern beleuchtet wurde. Gespenstische Schatten tanzten um die Gesichter unserer Staatsoberhäupter, die in Sasukes Augen alle so grundlegend gescheitert waren.

Mit einem Schlag kam mir die Erkenntnis und ich wirbelte zu den Frauen herum. „Er wird das Monument in die Luft jagen!“, platze ich heraus, den Finger auf den Berg gerichtet. „Wenn die Überlebenden sich darunter versammeln, wird Sasuke die Hokage-Köpfe sprengen, sodass alle darunter begraben werden.“

„Was…?“, fragte Sakura tonlos.

Tsunade machte eine abschneidende Geste. „Jetzt reicht es. Das wäre nicht möglich.“

„Du weißt nicht, wozu er fähig ist.“, wiedersprach ist leise und ernst. „Das hat er in den letzten Monaten vor uns allen geheim gehalten und ich glaube, diese Symbolik wäre genau das, was er sich ausdenken würde. Er… Sasuke HASST Konoha, das musst du verstehen. Er hasst uns alle so sehr für das, was ihm angetan wurde und das will er auslöschen. Bis in die Grundfesten.“

Die beiden Frauen starrten mich entsetzt an. Ungläubig. Sasuke hatte es geschafft, sie zu blenden mit seinem kleinen Theaterspiel. Sie würden mir nicht glauben, wurde mir klar, und ich machte einen halben Schritt zurück. Sicher würden sie die Leute retten, die versuchten, sich in den Stadtkern zu flüchten, aber sie würden mir nicht helfen, den Untergrund nach dem Attentäter zu durchsuchen.

Ich war alleine.

Mit einem Schlag drehte ich auf der Stelle um und rannte los. Ich hörte jemanden meinen Namen rufen und Schritte, die mir folgten, aber ich blieb nicht stehen und schließlich verlor mein Verfolger den Anschluss. Nachdem ich ihr eröffnet hatte, wie gefährlich die Tunnel waren, würde Tsunade nur versuchen, mich von meinem Plan abzuhalten, deshalb sagte ich lieber gar nicht, was ich vorhatte. In der Stadt kam ich an einer Gruppe Flüchtlinge vorbei, deren Wächter mir etwas zuriefen, aber auch sie ignorierte ich. Ich lief vorbei an zerstörten Häusern und Straßen und wusste, dass nichts mehr so sein würde wie früher. Eine heftige Wut erfasste mich beim Anblick der Ruinen meiner Heimat und ich schwor mir, dass Sasuke dafür zahlen würde.

Ohne die Zivilisten musste ich nicht durch die zerstörten Straßen laufen, sondern konnte den schnelleren Weg über die Dächer der noch nicht beschädigten Häuser nehmen. Davon gab es nicht mehr viele so nah an der Stadtmauer, wie ich feststellte, als ich mir auf einem Dachfirst einen Überblick verschaffte. Um mich herum war ein Meer aus brennenden Häusern zu sehen, um die Rauch und Asche waberte wie Nebel. In einiger Entfernung stürzte gerade ein Gebäude ein.

Ich wandte mich ab. Je schneller ich das beendete, desto besser.

Nur; Was sollte dieses „Ende“ sein? Was würde mit Sasuke passieren?

Ich schob das lauernde Grauen, das diesem Gedanken innewohnte, beiseite und machte mich wieder auf den Weg. Mit einer Lösung für das Problem würde ich mich befassen, wenn ich dessen Ursache gefunden hatte.

Bevor ich irgendetwas suchen konnte, musste ich kurz nach Hause – Ich brauchte die Karte der Tunnel, sonst würde ich im Untergrund herumirren, bis ich zufällig in eine von Sasukes Bomben lief. Für eine Weile befürchtete ich, das Haus mit unserer Wohnung wäre auch bereits dem Erdboden gleichgemacht worden, aber zu meiner Überraschung war unser Viertel unberührt von der sonst allgegenwärtigen Zerstörung. Obwohl Sasuke es offensichtlich Ernst damit meinte, die Stadt auszulöschen, schreckte er wohl davor zurück, dieses letzte Stück Heimat aufzugeben.

Ich dagegen schreckte davor zurück, die Wohnung zu betreten. Sie war voll mit Erinnerungen, die sich jetzt allesamt als Lügen herausstellten. Er hatte mich getäuscht und hintergangen und die Feststellung brannte wie Säure in meiner Kehle, als ich hastig durch die Zimmer stolperte, um die Karte zu finden. Obwohl ich hier mehrere Monate gewohnt hatte, obwohl das hier mein zu Hause gewesen war, fühlte ich mich jetzt wie ein unbefugter Eindringling. So schnell ich konnte und ohne irgendetwas bewusst anzusehen kramte ich in dem Chaos auf meinem Schreibtisch, bis ich die Karte und einen Kompass gefunden hatte, dann verließ ich fluchtartig die Wohnung.

Fluchtartig – Ein ironisches Wort, wenn man in ein Kriegsgebiet rannte. Ich nahm den Geruch von Verbranntem – War es Holz oder Fleisch, das brannte? – Kaum noch wahr, als ich durch das Treppenhaus aus dem Haus stolperte, über die Straße lief und über den Zaun in den Park gegenüber der Wohnung kletterte. Zum wiederholten Male durchsuchte ich das Unterholz nach dem Eingang zu dem Tunnelsystem. Überdeutlich sah ich Sasukes verlogenes Gesicht vor mir, als er mich vor nicht allzu langer Zeit oder vor Jahrzehnten zusammen mit Sakura aus dem Gebüsch gepflückt hatte. Es war eine Lüge… Alles waren Lügen…

Vor Zorn schlug ich auf das eingravierte Zeichen der Uchiha, als ich den Tunneleingang endlich fand. Dabei schlug ich mir die Hand auf, während der Stein sich unberührt von meinen Bemühungen zeigte. Fast wie Sasuke.

Frustriert erschuf ich einen Doppelgänger, erzeugte mit dessen Hilfe das Rasengan und sprengte ein Loch in den falschen Gullideckel. Rauch stieg aus der Dunkelheit empor und ich hörte die Reste des Deckels ins Wasser platschen. Schon einen Moment später folgte ich ihnen. Der Tunnel war noch immer erhellt von dem trüben grünen Licht, obwohl es jetzt an einigen Stellen flackerte oder ganz ausgefallen war.

Mit dem zuvor besorgten Kompass machte ich mich auf den Weg ins Ungewisse. Die Dunkelheit leckte hinter jeder der kaputten Laternen hervor, aber viel bedrohlicher waren meine eigenen Gedanken. Ich wollte nicht über das Ziel meiner Reise nachdenken, sondern einfach laufen. Weglaufen, danach sehnte sich mein ganzes, von Entsetzen zerfressenes Wesen. Aber der Kompass und die immer wieder hörbaren Explosionen hielten mich auf Kurs – Bis die Geräusche schließlich aufhörten.

Zuerst merkte ich es gar nicht; Man hört Stille nicht, bis sie einem entweder die Ohren zerfetzt oder unterbrochen wird. Aber dann wurde das Fehlen jedweder Geräusche so ohrenbetäubend, dass ich es nicht mehr überhören konnte. Die Stille machte mich nervös – Sie fühlte sich an wie die gestaute Luft vor einem Sturm. Irgendetwas Großes würde bald passieren und ich gab meinem Fluchtinstinkt weit genug nach, um schneller zu laufen. Flucht nach vorne, das war schon immer mein Ding gewesen.

Trotz der Orientierungshilfen, der Karte und dem Kompass, war es nicht leicht, sich hier unten zu Recht zu finden. Noch schwieriger war es, einen Ausgang zu finden, da ich am Hokage-Plateau nur den Tunnel zu Hinatas Todesstätte kannte und die hatte ich bei meinem Ausbruch sehr gründlich zerstört. Wie sehr ich Sasuke dadurch in die Karten gespielt hatte, wurde mir erst jetzt bewusst.

Trotz dutzender Hinweise, die es gerade in letzter Zeit gegeben hatte, hatte ich ihn hundertprozentig von Michelangelo getrennt. Ich hatte eher an meinem eigenen Verstand gezweifelt als den Gedanken zuzulassen, dass der Mann, den ich liebte, ein Mörder sein könnte. Das war wohl die ultimative Form der Redensart „Liebe macht blind“, aber dieser Gedanke nahm nicht ein Milligramm der gewaltigen Schuld von meinen Schultern. Wenn ich die Zeichen früher gesehen hätte, hätte ich Sasuke helfen, vieles verhindern können…

Ich schüttelte den Kopf und sah auf den Kompass, um mich zu orientieren. Alles „Was wäre wenn“ war nutzlos, denn so war es eben nicht gekommen. Obwohl ich das ganz genau wusste, drängten sich mir solche Überlegungen immer wieder auf, während ich weiter durch die scheinbar endlosen Tunnel lief und mit jedem Meter wuchs meine Wut auf Sasuke.

Er hätte alles haben können; Ich hätte ihm die verdammte Welt zu Füßen gelegt, aber das hatte ihm nicht genügt.

Wie viel einfacher es doch war, zu hassen, als enttäuscht zu sein. Mein Zorn trug mich durch die Dunkelheit, bis zu einem der Aufgänge, der sich jedoch nicht öffnen ließ. Sasuke hatte ihn verschlossen, genauso wie alle anderen in der Stadt, bis er der alleinige Herr seines unterirdischen Königreichs war.

Mit mehr Kraft als nötig trieb ich ein Loch in die Grenzen dieses Todeslandes.

Ich ignorierte die Steinklumpen, die mir ins Gesicht fielen, und kletterte in die Nacht, die an den Rändern glühte wie ein Schwelbrand. Hier, in der Nähe der Felsköpfe, waren die meisten Häuser noch unversehrt, aber hinter deren Dächern sah man die Brände und der starke Wind, der eingesetzt hatte, seit ich im Untergrund verschwunden war, brachte den Brandgeruch auch in diese trügerisch friedliche Gegend.

Ich lief weg von dem fernen Chaos, auf die Hokage-Köpfe zu. Unterwegs traf ich noch erschreckend viele Zivilisten, denen ich im Vorbeilaufen riet, so nah wie möglich zum Stadtrand zu fliehen. Dort würden sie von Shinobi aufgesammelt werden, hoffte ich – Sofern sie nicht in eine der noch immer zahlreichen Explosionen liefen, die noch immer regelmäßig zu hören waren.

Wie viele von ihnen würden sich retten können? Und wohin würden sie zurückkehren, wenn all das vorbei war? Die Stadt war eine einzige Ruine.

Ich kam auf den Platz vor dem Felsmassiv, an dessen Fuß das Hokage-Anwesen lag und meine Schritte verlangsamten sich, als ich zu dem gigantischen Abbild meines Vaters aufblickte. Das war eigentlich alles, was ich noch von ihm hatte, mal von dem Monster in meinem Körper abgesehen… Und auch das wollte Sasuke mir nehmen.

„Hättest du es geschafft, Mom aufzuhalten, wenn sie eine Gefahr für das Dorf gewesen wäre, Dad…?“, fragte ich den Stein, dann wandte ich mich der Einöde zu, in der meine letzte Auseinandersetzung mit Sasuke stattfinden sollte.

Irgendwo hier würde einer von uns sterben.

„Sasuke!“, brüllte ich in die Stille, die nicht in eine Großstadt gehörte. Ich wusste, dass er hier war, aber während ich langsam den Platz überquerte hielt er sich verborgten. Vielleicht, dachte ich, bereitet er gerade das große Finale seines Terrortheaters vor. Aber noch war es nicht so weit, wie ich feststellte, als ich im auffrischenden Wind den Kopf hob; Er stand auf dem Dach des Hokage-Anwesens, hatte die Arme verschränkt als wäre das Gebäude sein Schloss, und beobachtete mich völlig ungerührt.

Ich blieb mitten auf dem Platz stehen. Er hätte es mit einem gezielten Schlag beenden können, wenn er das alles nicht als riesengroße Show geplant hätte. Er war so eine Dramaqueen, sogar noch ganz zum Schluss.

„Du kannst sie nicht retten.“, erklärte er als ihm klar wurde, dass ich das Gespräch nicht eröffnen würde. Er setzte sich auf den Rand des Daches und überschlug die Beine, gerade als ob wir in unserem Wohnzimmer wären und nicht inmitten unserer von ihm beinahe zerstörten Heimat. „Du hast es das letzte halbe Jahr versucht und bist immer wieder gescheitert.“

„Vielleicht lag das daran, dass ich nicht wusste, wer mein Gegner ist…“ Ich versuchte ein sarkastisches Lächeln, aber mein Gesicht war wie eingefroren von der Monstrosität des Anblicks des Mannes den ich geliebt hatte, mit dem ich mein Leben hatte teilen wollen, in der von ihm verursachten Zerstörung. So sah seine Seele aus und ich Narr hatte allen Ernstes geglaubt, ich hätte ihn retten können

Ich straffte die Schultern und ging wieder auf ihn zu. „Aber jetzt ist Schluss mit dem Schattenboxen. Lass uns das zu Ende bringen.“

„Ja… Nach dem Ende kann sich nichts mehr verändern.“, sagte er so leise, dass ich ihn kaum verstand, dann ließ er sich mit einer fließenden Bewegung vom Dach fallen. Völlig lautlos landete Sasuke auf dem Pflaster und als er sich erhob, ließ er den Nacken kreisen wie vor einem Übungskampf unter Freunden. Sein eigentlich hübsches Lächeln war einer Fratze gleich, entstellt durch das getrocknete Blut und seine gebrochene Nase. „Wenn wir tot sind, werden wir für immer zusammen sein.“

Ich war so schockiert, dass mich Sasukes Fußstoß in die Magengrube ohne jede Gegenwehr über den halben Platz fegte. Taumelnd rappelte ich mich auf, den Arm an den Bauch gedrückt, und presste schmerzhaft hervor: „Verstehst… Verstehst du nicht, dass du alles kaputt gemacht hast? Du hast uns zerstört… Und ich lasse nicht zu, dass du meinem zu Hause dasselbe antust.“

Meine Wut wurde von meinen Tränen halb erstickt, trotzdem warf ich mich mit der Kraft der Verzweiflung auf Sasuke. Er blockte meinen Schlag knapp vor seinem Gesicht und presste sein ganzes Gewicht gegen meines. „ICH hätte dein zu Hause sein sollen.“, knurrte er und schleuderte uns auseinander.

Ich landete in einiger Entfernung auf den Beinen und öffnete meine Beintasche, um ein Shuriken daraus zu ziehen. Die kleine Waffe sah lächerlich aus im Vergleich zu Sasukes gezücktem Schwert, um dessen Klinge kreischendes Chakra pulste. Dessen ungeachtet warf ich mich ihm entgegen, schreiend, weil meine Waffe stumm war.

Es dauerte nicht lange, bis sie brach und ich mit einem Hechtsprung in eine Seitengasse flüchten musste, wo ich für einen Moment verschnaufte und versuchte, mir eine Strategie zu überlegen. Leider war ich darin noch nie sonderlich gut gewesen, sodass ich noch keine Idee hatte, als ich kurze Zeit später Sasukes Schritte auf der staubigen Straße hörte. Ich presste mich in einen Hauseingang und sah erneut hoch zu den Hokageköpfen.

Zwar hatte ich noch einige Shuriken, aber so würde ich nichts erreichen. Ich hatte mich dazu entschieden, zu kämpfen, also musste ich das jetzt auch tun. Ich atmete tief durch, dann formte ich die Fingerzeichen für einen Schattendoppelgänger. Wir sahen uns prüfend an, nickten uns zu und bildeten das Rasengan.

Ich sprang aus meinem Versteck… Und fand mich in der verwaisten Gasse wieder.

Vorsichtig querte ich die Straße und prüfte den Platz, aber auch der war verlassen. Obwohl niemand zu sehen war, schien die Luft von elektrischer Spannung zu flirren. Über mir brauten sich Gewitterwolken zusammen – Es würde wohl bald anfangen zu regnen. Mit einigem Unbehagen ließ ich die Hand sinken und die Kunst verpuffen. Sasuke hatte ernsthaft versucht, mich zu töten, da würde er nicht so ohne weiteres verschwinden. Genau in dem Moment sah ich wegen eines knirschenden Geräusches hoch zu dem vom Feuer indirekt beleuchteten Felsmassiv.

Ganz oben, kaum mehr zu sehen in der Ferne, stand Sasuke auf dem Kopf des zweiten Hokage. Während wir gekämpft hatten, hatte ich es völlig vergessen, aber der Anblick von ihm dort oben rief mir wieder ins Gedächtnis, was er vorhatte; Das Monument unserer Staatsoberhäupter zerstören. Im Moment war zwar niemand zu sehen, aber es waren sicherlich noch Zivilisten in der Nähe, die von einem solchen Erdrutsch lebendig begraben worden wären…

Ich sah mich um, sprang auf den nächsten Dachfirst und von dort aus weiter in Sasukes Richtung. Irgendwo in der Nähe war ein Schrei zu hören, aber ich sah mich nicht um, alle meine Sinne waren auf diesen Mann, diesen Wahnsinnigen konzentriert, dessen Blick melancholisch über die Zerstörung wanderte, die er ausgelöst hatte. Erst, als ich auf dem Kopf des Ersten stand, sah er auf.

„Warum kämpfst du überhaupt für diese Leute?“, fragte er gelangweilt. „Sie haben dir nicht geglaubt, obwohl du dein Leben für sie aufs Spiel gesetzt hast…“

„Das macht sie nicht zu schlechten Menschen. Und es gibt DIR nicht das Recht, sie… Uns unserer Heimat zu berauben.“ Als er nichts erwiderte, fletschte ich die Zähne. „Du hättest einfach gehen können, Sasuke! Du hättest frei sein können.“

Ein sarkastisches Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Ich hätte nicht ohne dich gehen können und du wärest nie mit mir gekommen… Du hast mich an dieses Loch gebunden… Aber es gibt so etwas wie Freiheit und Glück gar nicht für Menschen. Unsere ganze widerliche Rasse ist dazu programmiert, sich selbst zu hassen und alle anderen noch mehr. Und wenn jemand es wagt, doch Freude zu finden – Sagen wir, in einem anderen Menschen – Wird derjenige am allermeisten gehasst werden.

Weil sie zu gut für ihn ist. Weil er sie nicht wirklich versteht. Weil sie das „falsche“ Geschlecht lieben…

Lügen. All diese Pseudoargumente sind Lügen, die aus dem Neid derer geboren wurden, die nicht so viel Glück hatten. Es gibt diese Lügen nur, um jedes kleine bisschen Seelenfrieden zu zerstören, dass irgendjemand außer ihnen selbst gefunden haben könnte.

Aber in einem sind diese ekelhaften Kreaturen verbunden: Ihrer Angst vor dem Tod. Sie lässt sie daran denken, dass sie gleich sind – Oder ist das „Dorf“ nicht zusammengerückt, als es bedroht wurde? Haben sie sich jetzt nicht zusammengerottet wie die Karnickel in den Löchern, da ihre Stadt brennt? Naruto, ich werde ihnen dieses Gefühl dauerhaft schenken. Ich werde sie im Tod vereinen.“, endete Sasuke seine Ansprache.

„Die Menschen rücken in der Not näher zusammen, um ihre Heimat und ihre Familien zu beschützen. Weil das das wichtigste ist, das wir haben.“, knurrte ich und hob kampfbereit die Hände. Auch Sasuke duckte sich, aber noch griff ich nicht an. „Und eins noch: Du irrst dich. Ich wäre mit dir gegangen. Ich hätte alles für dich getan.“

„Lügner.“, seufzte er und hob die Hand wie ein Gott, der ein Urteil spricht. Wie um seine Worte zu untermalen war ein ohrenbetäubendes Donnergrollen zu hören, dann löste sich ein gleißend helles Monster aus den bedrohlichen Wolken und stürzte sich in die Tiefe.

Ich duckte mich, doch der Angriff richtete sich nicht auf mich, sondern schlug in das Feldmassiv direkt über dem Kopf des vierten Hokage ein, der noch im selben Moment in die Tiefe rutschte. Fassungslos sah ich zu, wie das Gesicht des ehemaligen Staatsoberhaupts in die Tiefe stürzte und dabei das Denkmal seines Vorgängers mit sich riss. Dabei streifte die Gerölllawine auch den Kopf, auf dem ich stand. Dieser hielt zwar noch, gab aber beunruhigende Laute von sich. Ich musste hilflos mit ansehen, wie das Gestein sich über Häuser und Gärten in der Nähe des Plateaus ergoss. Niemand, der sich dort unten aufgehalten hatte, konnte überlebt haben.

Das Kirin hatte ganze Arbeit geleistet, und über uns brodelten die Wolken immer noch, als warteten sie nur auf einen Wink Sasukes, um ihr grausiges Werk zu vollenden. Dazu würde ich es nicht kommen lassen, schwor ich mir, und sprang mit einem Schrei auf Sasuke zu. Gerade noch rechtzeitig, wie sich herausstellte, denn in dem Moment geriet das Monument des zweiten Hokage, auf dem ich gestanden hatte, ins Wanken und rutschte seinen Amtskollegen hinterher in die Tiefe.

Sasuke schien mein Angriff wenig zu beeindrucken. Er rümpfte nur die schiefe Nase und wehrte meine Schläge ab. Unsere Angriffe wurden immer wuchtiger, bis schließlich eine Kunst, ich wusste nicht, ob es seine oder meine gewesen war, das poröse Gestein über uns zum Bröckeln brachte. Wir strauchelten beide über die Gerölllawine, die uns mit sich ins Dorf riss. Der Malstrom aus Schotter trug uns unaufhaltsam in die Tiefe, weg voneinander, wie auf Treibholz auf einem reißenden Fluss. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Sasuke von einem Felsblock zum nächsten sprang, doch dann stolperte ich und musste mich auf mich selbst konzentrieren. Auf allen vieren Kroch ich vorwärts und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, aber es half nichts; Da waren immer neue Hindernisse, Dreck zerbröselte zwischen meinen Fingern und ich fand kein Gleichgewicht. So kämpfte ich, um an der Oberfläche zu bleiben, bis vor mir ein unüberwindbares Hindernis auftauchte – Die steinerne Nase eines Kage.

Ich versuchte, nach rechts davon zu krabbeln, doch schon war das große Geröllstück über mir und ich konnte mich nur noch verzweifelt am Nasenloch festklammern, während meine Beine darunter gezogen wurden wie unter eine Eisscholle. Mit zitternden Muskeln zog ich mich immer wieder hoch, aber die Beine konnte ich inzwischen nicht mehr gebrauchen – Ich steckte bis zur Hüfte im Schutt. Vermutlich wäre ich begraben worden, wenn die Lawine nicht langsamer geworden und schließlich zum Stillstand gekommen wäre.

Nach dem Höllenlärm, den die Gesteinsmassen gemacht hatten, lag eine staubige, geisterhafte Stille über der Umgebung, die nur unterbrochen wurde vom Geräusch meiner Bemühungen, mich zu befreien. Und dann vom leisen Klappern sich nähernder Schritte, die Kiesel lostraten. Einige Bröckchen kullerten zu mir und ich konnte sie mehr schlecht als Recht mit den Armen abfangen.

Ich sah an der Nase hoch und blickte in Sasukes spöttisches Gesicht. „Ich habe dir gesagt, dass es keinen Sinn hat.“, flüsterte er und zog langsam sein Katana.

Aber ich hatte noch nicht aufgegeben. Ich würde nicht so leicht sterben, und für ihn schon gar nicht. Noch bevor er sein Schwert heben konnte, formte ich die Fingerzeichen für Schattendoppelgänger, die sich mit dem Mut der Verzweiflung auf Sasuke stürzten, während drei Klone versuchten, mir unter dem Felsbrocken hervor zu helfen. Ich sah die kurzen Erinnerungen der Doppelgänger vor meinen Augen aufblitzen, wenn sie zerplatzten:

Sasuke, der das Schwert hob.

Sasuke im Sprung.

Sasuke mit grimmig verzogenem Gesicht unter einem ganzen Haufen meiner Abbilder.

Wir vier zwangen uns zu einem enormen Kraftakt, mit dem wir die Hokage-Nase ein paar Zentimeter hochheben konnten, aber ich stellte fest, dass ich kaum die Kraft hatte, um mich darunter hervor zu ziehen. Meine Beine waren natürlich nicht zu gebrauchen; Sie waren völlig zertrümmert. So kroch ich weg und die Klone ließen den Felsbrocken sofort zurück auf den Boden fallen. Ähnlich dem Stein sank ich auf den Boden; Meine untere Körperhälfte pulsierte von einem Schmerz der mich fast blind machte. Ich spürte, wie sich einige Doppelgänger auflösten, ohne getroffen worden zu sein, weil ich sie nicht mehr mit Kraft versorgen konnte.

Die anderen schickten mir in immer schnelleren Abständen Bilder von Sasuke beim Kämpfen.

Und dann sah ich, wie einer von ihnen Sasukes Hand traf und ihm die Waffe aus der Hand trat. Zeitgleich hörte ich das metallene Klappern, als das Schwert in der Nähe auf dem Boden landete. Gedankenverloren hob ich sie auf, meine Hand zitterte, aber ich schaffte es, die Klinge zu heben und sie zu betrachten.

Sie hatte so viele Menschen getötet, dass Sasuke einfach nicht mehr hatte aufhören können. Ob er jetzt besessen war oder die Waffe, ich konnte es nicht sagen, aber so viel Blut konnte einfach nicht spurenlos an einem vorbei gehen…

Mitten in meine Gedanken sah ich die Erinnerung des letzten Klons: Er zerplatzte, als Sasuke auf seinen Kopf sprang, um über die Felsnase zu gelangen. Im selben Moment sah ich meinen echten Gegner auf mich zustürmen und ich war überzeugt, jetzt wäre es vorbei mit mir und Konoha und allen seinen Bewohnern. Ich konnte mich nicht rühren, nichts tun…

Da wurde mir plötzlich das Schwert in meinen Händen bewusst. Grimmig packte ich das Heft fester und stierte in Sasukes Augen, die wie in Zeitlupe auf mich zu zuschweben schienen. Das alles dauerte keine zwei Sekunden, doch es kam mir vor als verginge eine Ewigkeit zwischen dem Moment, als Sasuke realisierte, dass er wortwörtlich ins offene Messer rannte, bis zu seiner Erkenntnis, dass es zu spät war, um etwas daran zu ändern.

Und dann spürte ich einen heftigen Ruck auf mir, der mich vor Schmerz fast ohnmächtig werden ließ. Gequält stöhnte ich auf und das erste, das ich erblickte, als meine Augen wieder den Dienst aufnahmen, war ein Wust schwarzer Haare, hinter denen es ominös glitzerte. Ich blinzelte die Haare weg und sah, was da so glänzte.

Die Spitze von Sasukes Schwert spiegelte blutrot die Morgensonne.

Blut… Sasukes Blut…

Ein Keuchen riss mich aus meiner Schockstarre und ich spürte, wie sich der Körper auf mir rührte, doch die Waffe in seinem Bauch hielt ihn von allzu großen Verrenkungen ab. Ein Zittern lief durch seine Glieder und etwas Warmes, Breiiges tröpfelte auf meine Schulter. Er erbrach Blut aus seiner zerstörten Lunge, vermutete ich. Ich wusste nicht, was ich tun sollte: Ich war zu schwach, um Sasuke von mir runter zu rollen und inzwischen spürte ich warmes Blut durch mein Shirt sickern. Sasuke gab ein Röcheln von sich und unter all dem Schmerz wallte Entsetzen in mir auf.

Ich wollte nicht Schuld an seinem Tod sein. Bitte nicht, bitte nicht auch noch er…

Als hätte er mein stummes Flehen gehört, ging ein Ruck durch Sasukes Körper, er stützte sich schwer auf die Unterarme und kippte sofort kraftlos zur Seite. Dabei rutsche er von mir runter und ein Stück das Geröllfeld. Automatisch griff ich nach seinem Arm, was aber nur dazu führte, dass ich mitgezogen wurde und pulsierender Schmerz meine Beine hochjagte. Loslassen tat ich trotzdem nicht.

„Wa…Warum konntest du nicht einfach aufhören…?“, keuchte ich gepeinigt und nicht wirklich mit einer Antwort rechnend. „Du Bastard…“

Als er zur Antwort hustete, drehte ich mühsam das Gesicht zu Sasuke – Und sah perplex, dass er lächelte. „Immerhin ist es jetzt vorbei… So oder so.“ Sein eigenes Schwert, das aus seinem Rücken hervorragte und ihn in seitlicher Position hielt, strahlte eine schreckliche Endgültigkeit aus, als er das sagte.

Ich drückte seinen Arm fester. „Nein. Die anderen kommen bestimmt bald, wenn sie sicher sind, dass kein neuer Erdrutsch losgeht, und dann…“

„Was dann, Naruto?“ Sasukes Stimme klang angestrengt, aber lang nicht mehr so besessen wie vorhin. Es war, als würde der Wahnsinn mit seinem Blut aus ihm fließen. Und da war so viel Blut, überall… „Sie haben keine Wahl. Und selbst wenn… Würde es nicht aufhören…“

„Was sagst du da? Natürlich würdest du aufhören! Du brauchst einfach Hilfe und dann…“

Aber als er mich mit sanftem, traurigem Blick ansah und langsam den Kopf schüttelte, verstummte ich.

„Es sitzt zu tief drin. Ich hab wirklich versucht, aufzuhören. Wirklich. Für dich.“, fügte er nach kurzem Zögern hinzu und verschob die Hand so, dass meine Finger zwischen seine rutschten.

Mein erster Impuls war, mich zu entziehen; Er war ein Mörder, er hatte sich entschieden, auf welcher Seite er stehen wollte. Doch dann erkannte ich, dass der Mann, der da gerade neben mir starb, nicht derselbe war, gegen den ich vor ein paar Minuten – Oder Stunden? – So erbittert gekämpft hatte. Vielleicht war es wirklich, wie er sagte, und eine Art Bestie hatte jedes Mal Besitz von ihm ergriffen, wenn er diese furchtbaren Taten begangen hatte. Ich würde es nie mit Sicherheit erfahren.

„Letztendlich… Hast du mich doch vor mir selbst gerettet.“ Sasukes Stimme war nur noch ein träges Flüstern und er hatte offenbar Mühe, die Augen offen zu halten. Er hustete und Blutklümpchen spritzten auf die Steine neben seinem Gesicht. Vor Entsetzen schaffte ich es nicht, das Gesicht abzuwenden, als er weiter sprach: „D-Du wolltest es nicht so, aber ich glaube, es ist am besten für alle… Für dich. Ohne mich. Ich war nicht stark genug… Danke. Danke für alles.“

„Hör auf damit!“, keifte ich plötzlich, die Finger fest um seine geklammert. „Hör auf, dich zu verabschieden! Sie holen uns gleich und dann wird alles wieder gut. Alles wird gut, hast du verstanden?!“

Erneut lachte er ein ersticktes Lachen und jetzt gab er den Kampf gegen seine Augenlieder auf, indem er sie schloss. „Du bist so ein Idiot, Naruto…“

„Und du erst.“, schnauzte ich mit zittriger Stimme zurück, aber er antwortete nicht mehr.

„Sasuke…?“

Er sagte nichts und meine Augen fingen an zu brennen.

„Das ist nicht lustig, Teme!“

Seine Hand in meiner wurde schlaff und es schüttelte mich am ganzen Leib, als die Tränen mit unglaublicher Wucht aus mir hervorbrachen.

„Sasuke, nein, nein, nein…“

Ich wusste später nicht, wie ich es geschafft hatte, meinen halb gelähmten Körper herumzurollen und zu ihm zu kriechen, aber kurz darauf schloss ich ihn in die Arme und schluchzte in seine Halsbeuge, die nicht mehr vertraut roch sondern nach Blut und Einsamkeit.
 

Im Zimmer war es hell und warm und draußen tollten lachend einige Kinder durch das Herbstlaub.

So einen Anblick hatte man lang nicht gesehen und er stimmte mich melancholisch. Etwas mehr als ein Jahr war es her, dass das Ende begonnen hatte… Gerade mal ein Jahr.

Ich sah mich nicht um, als die Tür aufging und jemand sich zögerlich näherte, war aber nicht überrascht, als Sakura mich ansprach: „Hallo, Naruto.“

Als ich nichts sagte, hörte ich ein klackendes Geräusch, dann kam sie langsam näher und stellte sich neben mich, um mit mir die Kinder zu beobachten. Sie scherten sich nicht um die inzwischen beinahe abgeschlossenen Wiederaufbaumaßnahmen um sie herum und ihnen war auch nicht schmerzlich das Fehlen der Felsmonumente am Rand unseres Sichtfeldes bewusst. Vermutlich hatten sie glücklicherweise in der Katastrophe noch nicht mal jemanden verloren.

Ich beneidete sie so wahnsinnig, dass ich mich dafür schämte.

„Ich habe dir Kuchen mitgebracht. Er ist auch von den anderen.“, erklärte sie. „Du hast Geburtstag, das… Das weißt du, oder?“

Ich nickte, ohne etwas zu dieser schrecklich trivialen Tatsache zu sagen.

„Wie lang willst du noch hier bleiben?“, durchbrach Sakura nach einer ganzen Weile das Schweigen.

Ich zuckte die Schultern.

Sie seufzte tief und sah mich traurig an. „Naruto, deine Beine sind geheilt. Tsunade-sama kann keinen körperlichen Grund erkennen, aus dem du noch nicht wieder laufen können solltest. Also muss es doch psychisch sein, oder? Wenn du… Wenn du dir nur helfen lassen würdest…“

Ich verkrampfte die Hände um den Stoff meines Krankenhemdes, als ich: „Nein.“, zischte. Nicht zum ersten Mal, wohlgemerkt.

„Aber so kann es doch gar nicht besser werden.“, rief sie verzweifelt. "Du vergräbst dich hier in deinem Selbsthass, aber das bringt doch niemandem etwas…“

„Und was bringt es, wenn ich wieder laufen kann?“, fauchte ich und sprang mit einem Ruck aus dem Rollstuhl hoch. Dabei stützte ich mich schwer auf das Fensterbrett, aber meine Beine zitterten und gaben bereits nach ein paar Sekunden nach, sodass ich flach auf dem Boden aufschlug. „Macht das irgendjemanden wieder lebendig, Sakura? Hah? HAH?!“

Sakura, die sich zu mir gekniet hatte, um mir aufzuhelfen, zuckte erschrocken zurück. Sie sah zu, wie ich mich mühselig in eine sitzende Position hievte, dann flüsterte sie: „Aber es bringt ihn auch nicht zurück, wenn du es nicht tust…“

Den Blick starr auf die andere Seite des Zimmers geheftet zuckte ich zusammen. Sie hatte Recht. Nichts, das ich tat oder nicht tat, würde irgendetwas an dem ändern, was im Sommer passiert war. Nichts konnte etwas an meinem allumfassenden Versagen ändern.

Ich starrte auf meine Hände, dann barg ich das Gesicht darin und schüttelte den Kopf. „Ich… Vermisse ihn so. Trotz allem, egal, was er getan hat…“ Sakura war näher gerutscht und hatte den Arm um mich geschlungen, streichelte mir verständnisvoll durch das zottelige Haar und ich schüttete aus, was ich so lange in mein Herz gesperrt hatte. „Ich vermisse ihn und ich schäme mich dafür. Er hat so viele getötet, so viel Leid verursacht. Er verdient das gar nicht, und trotzdem… Trotzdem…“

„Wir können eben nicht aussuchen, was wir fühlen.“, erwiderte sie sanft. Sie streichelte mir über die Wangen, dann zwang sie mich, das Kinn zu heben und sie anzusehen. „Und trotzdem warst du so stark, Naruto. Du hast getan, was du tun musstest, obwohl es für dich am allerschwersten war. Sasuke… Er hat uns alle hinters Licht geführt und obwohl du am meisten Grund hattest, dich von ihm blenden zu lassen, hast du ihn durchschaut und so viele Leben gerettet. Naruto, du bist ein Held.“

Ich sah sie lange an, dankbar für ihre Worte, obwohl ich sie nicht ganz glauben konnte.

Ich hatte die Wahl gehabt, Sasuke zu töten oder das Schwert zu senken, und ich hatte mich bewusst für den Mord entschieden. In dem Moment war ich so grimmig-entschlossen gewesen, so von Hass zerfressen, dass es mir nichts ausgemacht hatte, einen Menschen zu schlachten wie ein Tier. Einen Menschen, von dem ich mir nicht sicher war, was ich für ihn empfand. Ich hatte ihn so sehr geliebt, das verschwand nicht einfach – Ganz egal, wie verabscheuungswürdig seine Taten gewesen waren, ein kleiner Funke der Gefühle war zurückgeblieben und fraß sich jetzt quälend langsam durch mein Herz.

Außerdem hätte ich ihn schon viel früher durchschauen müssen. Dann hätte ich ihm vielleicht sogar helfen können, auf jeden Fall aber die Zerstörung des halben Dorfes verhindern können. Ein Held hätte nicht solange blind daneben gesessen, während sein Partner die Auslöschung einer ganzen Nation plante. Und selbst, wenn ich ihn letztlich aufgehalten hatte und dadurch tatsächlich ein Held sein sollte, wie schrecklich hoch war der Preis dafür?

Und war ich wirklich bereit gewesen, ihn zu bezahlen?
 

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Oh mein Gott.

OH-MEIN-GOTT, es ist fertig, ich kann es gar nicht fassen! xD

Das Projekt hat mich jetzt fast ein Viertel meines Lebens begleitet und irgendwie macht es mich traurig, dass es jetzt vorbei ist, aber es erleichtert mich auch ungemein. Gerade dieses letzte Kapitel ist mir sehr schwer gefallen; Zum einen wegen eben dieser Zwiespältigen Gefühle, es gar nicht beenden zu wollen, zum anderen aber auch, weil ich nicht so geübt darin bin, Kampfszenen zu schreiben und das hier sehr wichtig war.

Ich habe mich verflucht, mir dieses Ende ausgesucht zu haben, aber Sasukes Tod war von Anfang an so geplant. Wie bereits jemand in einem Kommentar von vor einigen Kapiteln gemutmaßt hat, gab es meiner Meinung nach keine Möglichkeit, das Ganze noch positiv zu beenden: Selbst wenn Sasuke geschnappt worden wäre, wäre er ins Gefängnis gekommen, ausgebrochen oder dort gestorben, denke ich.

Dieses „Im Schotter liegen nach dem Kampf“ habe ich an das Ende des Manga angelehnt, wenn auch nur sehr leicht. Ich mag es, kleine Referenzen aus dem Original einzubauen. ^^

Was haltet ihr davon?

Falls noch Fragen offen sind, immer her damit!
 

Insgesamt ist „Blood Painted“ eine Versagensgeschichte auf ganzer Linie geworden;

Naruto hat versagt, Sasuke und alle anderen zu beschützen. Sasuke hat versagt, sich selbst zu besiegen. Sakura konnte sich nicht von ihrer Fixierung auf Sasuke lösen und Hinata hat es nicht geschafft, ihr Leben alleine auf die Reihe zu bekommen…

Als mir das aufgefallen ist – Denn es war nicht von Anfang an so geplant; Die Story hat irgendwann ein Eigenleben entwickelt xD – Hat es mich irgendwie deprimiert aber jetzt… ist es eben so. ^^
 

Abschließend möchte ich mich nochmal für die ganzen Lieben Kommentare, die vielen Abos und die Lange treue trotz der Teilweise übermäßig langen Wartezeiten bedanken. Ihr wart wundervoll und ohne euch hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft, Blood Painted fertig zu stellen. Vielen, vielen Dank!
 

Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn ihr in eines meiner neuen Projekte reinschauen würdet und man sich mal wieder lesen würde.

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/344604/?js_back=1

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Ansonsten… Nochmal vielen Dank und bis bald!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Engelslicht
2015-12-15T13:29:14+00:00 15.12.2015 14:29
hallooo ~
ich mag es nicht wenn es traurig endet... trotzdem hat mir die ganze ff sehr gut gefallen... auch das ende! Obwohl ich mir sicher war, dass es sehr traurig wird, musste ich einfach weiter lesen! ^^
Ich werde wohl auch deine anderen ff's lesen :3
lG Engelslicht ♥
Antwort von:  RedRidingHoodie
15.12.2015 22:31
Hallo und vielen Dank für den Kommentar. :3
Jaa, das Ende war wie gesagt genau so von Anfang an geplant. ^^° Freut mich, dass es dir trotzdem gefallen hat, und wenn man sich mal wieder ließt
Von:  deathengel2
2015-10-11T13:04:04+00:00 11.10.2015 15:04
Hallo hallo :)
Also ich habe die ganze ff innerhalb einer Woche oder so gelesen und sie ist wirklich super obwohl ich zwischendurch bisschen verwirrt war als du den Schreibstil geändert hattest. Hmmh gut das Ende ist mir fast zu traurig >.< mir persönlich wäre es lieber wenn die zwei zusammen geblieben wären aber das ging wohl einfach nicht wenn man logisch denkt :P ich fand es ziemlich süß wie sasuke gegen Ende doch seine Gefühle wirklich aussprach, die sexazene in der er immer wieder ich liebe dich sagt war einfach der Wahnsinn xD hmmh gut ich glaube das wars dann von meiner Seite.
Glg deathengel2
Antwort von:  RedRidingHoodie
11.10.2015 15:13
Aw danke für deinen Kommentar. Ich freu mich sehr, weil ich mir, nachdem niemand reagiert hat, schon dachte, dass das Kapitel nicht gefallen hat xD° Allerdings mag ich es so, wie es ist, und wie du sagtest; Es ist die Logischste Konsequenz aus dem, was bis dahin passiert ist. Ich weiß auch nicht, ob Naruto noch mit Sasuke hätte zusammen sein können, nachdem er wusste, was er getan hat. Immerhin hat er Hinata getötet, die Naruto ja liebt (Ich hoffe, das ist herausgekommen; Er liebt sowohl Sasuke als auch Hinata…)
Meinst du mit "Änderung des Stils" das Kapitel, in dem nur so Bruchstücke gezeigt wurden, oder ein genereller Wechsel des Stils? Weil die Story sich ja sehr, sehr lang gezogen hat und es sich in vier Jahren wohl leider nicht verhindern ließ, dass der Schreibstil sich ändert xD°

Jedenfalls nochmal vielen, vielen Dank für den Kommentar.
lG


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