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Shape of my heart

Die Form meines Herzens.
von

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ACTthree.


 

Shape of my heart

ACTthree.

Beim Bordeaux bedenkt.

beim Burgunder bespricht,

beim Champagner begeht man Torheiten.

Anthelme Brillat-Savarin

Mittlerweile überraschte es Molly nicht mehr allzu sehr, mit einem dröhnenden Schädel aufzuwachen. Alles andere würde ihr unwirklich, abstrus erscheinen. Murrend linste sie aus den dunkelgrünen Kissen hervor und seufzte erleichtert auf als sie feststellte, dass sie sich in einem ihr bekannten Raum befand.

Beim zehnten Feuerwhiskey waren die Lichter in ihrem Oberstübchen endgültig erloschen. Wie sie hier her gekommen war, hatte sie nicht gekümmert und es interessierte sie jetzt ebenso wenig.

Dass es Lucius war, der neben ihr lag, war zwar nicht gerade erfreulich, doch erfasste sie ein Gefühl von Sicherheit. Zumindest war er weder Noah, noch Miles.

Noah Adams hatte sie mehr oder weniger dazu eingeladen, ihren Schmerz und ihre Wut zu betäuben. Es half, auch wenn die Heilungschancen nur von kurzer Dauer waren.

Molly bedankte sich bei ihrem brummenden Schädel. Sie wandte ebendiesen zur anderen Seite und haschte nach ihrer Uhr. Der Zeitmesser verwies auf kurz vor zehn Uhr.

Sie seufzte, auch wenn es Sonntags bis elf Uhr noch etwas Essbares gab, so hatte sie wenig Lust, sich aufzuraffen, geschweige denn, den Slytherin aufzuwecken. Zwar wäre Molly auch allein losgezogen, doch war ihr das Passwort der Schlangen unbekannt, sodass sie abermals auf ihren Begleiter angewiesen war.

Kurz stutzte sie. Sonntag?

Ein flüchtiges Grinsen legte sich auf ihre Lippen.

“So früh schon gute Laune? Da wird einem ja übel.”, krächzend gelangten seine Worte an ihre Ohren und Molly verdrehte die Augen.

“Oh, der kleine Sonnenschein ist also ein Morgenmuffel?”, schnappte sie und setzte sich auf.

Lucius hatte ihr den Rücken gekehrt und die Bettdecke über seine Schultern gezogen. Molly verzog nur missbilligend das Gesicht, doch im selben Augenblick wagte es ihr dröhnender Schädel, sich erneut in den Vordergrund zu drängen. Es kostete sie eine gewisse Anstrengung, nach den Medikamenten Ausschau zu halten, die Lucius ihr nach ihrem ersten Absturz mitgebracht hatte. Als sie jedoch nicht fündig wurde, sah sie sich einmal mehr gezwungen, das Interesse des Jungen auf sich zu ziehen. Eher rüde als vorsichtig zog es das Mädchen vor, den jungen Mann auf ihr Dilemma aufmerksam zu machen.

“Hey, Malfoy!”, begann sie und wunderte sich nicht, dass ihre Stimme belegt, aber dennoch kratzig klang. “Wo hast du diese... diese Anti-Kopfschmerz-Bomben?”

Doch der Junge reagierte nicht wie gewünscht auf ihr Anliegen. Abermals entschied sich Molly dazu, zu härteren Bandagen zu greifen.

“Hey, wo sind die Kopfschmerztabletten?”, verlangte sie erneut zu wissen und rüttelte unsanft an der freiliegenden, unbedeckten, blassen Schulter.

“Du nervst!”, war die gefauchte Antwort auf ihr Begehr.

Eine gemeine Erwiderung lag ihr bereits auf der Zunge und drängte danach, von eben dieser zu springen und suchte munter nach einem Weg in die Freiheit. Doch Molly verbot sich, so früh am Tage mit verbalen, unschönen Ausdrücken um sich zu werfen.
 

“Lucius”, es kostete sie schier unglaubliche Überwindung, ihn bei seinem Vornamen zu nennen, und noch mehr, ihn laut und verständlich genug um etwas zu bitten. “Lucius, bitte sei so gut und verrate mir, wo ich diese verdammten Tabletten finde!”

Ihre Worte hatte sie gezügelt, doch wäre beinahe die Galle bitter ihrer Kehle empor gestiegen. Tonlage und Färbung schienen ihn jedoch zu überraschen.

Murrend warf sich Lucius, unter beabsichtigtem Quietschen der Bettfedern, auf die Seite. Das weiß-blonde, beinahe silbrig schimmernde Haar war zerzaust und eigentlich hatte er in diesem Moment weniger mit einem Adonis gemein (wie sonst der Fall war, zumindest in seiner Welt), als mit einer Vogelscheuche.

Molly, ganz kluge und beherrschte Gryffindor, verbiss sich einen Kommentar des Spottes. Sie wusste, dass ihre Haarpracht jeden Morgen einer Katastrophe glich und ob er um diesen, seinen Umstand wusste, war nicht wichtig. Ihr Interesse galt dem Lindern der pochenden Schmerzen hinter ihrer Stirn.

“Ich habe doch gesagt, keinen Alkohol!”, knurrte Lucius brummend und klang nicht minder rau, kratzig und dunkel. Ein Lacher entfloh auf seine Worte hin ihren Lippen.

“Oh nein, du hast gesagt: Kein Wetttrinken!”, höhnte Molly und kam nicht umhin, ihn in seiner Affektiertheit nachzuahmen. “Wo sind die Tabletten?”

Da er sich nun ihrem knurrenden und fordernden Ton abermals ausgesetzt sah, entfloh seiner Kehle ein gedehnter Seufzer, ehe sich Lucius aufsetzte, die langen, weißen Beine aus dem Bett hob und murrend in einer Schublade des alten Sekretärs (einem Relikt aus den Zeiten seines Großvaters), nach dem Röhrchen suchte. Eher müßig trabte er, nach erfolgreichem Durchwühlen des Schreibtisches, wieder ins Bett zurück und warf dem Mädchen, noch bevor erneut die Bettdecke über sein Haupt zog, den Behälter der Tabletten zu. Ein zerknirschtes “Danke” gelang seine Ohren, ehe er den schweren Stoff der Zudecke bis zur Nasenspitze hochzog.
 

Nicht mehr lange, nicht mehr lange, einer Beschwörungsformel gleich geisterten die Worte und Silben durch ihren Kopf, während Molly im Waschraum der Mädchen ihre Erscheinung im Spiegel betrachtete. Die Zähne waren geputzt und der widerliche Geschmack der letzten Nacht somit ausgemerzt. Ihr Magen begann zu knurren und sie ertappte sich dabei, einfach aus der Tür zu spazieren, um sich an ihren Tisch und zu ihren Leuten zu setzen.

Sich selbst rügend schüttelte sie den Kopf, stützte ihre schlaffen, käsigbleichen Arme auf der Armatur des Waschbeckens ab und starrte erneut prüfend in ihr Antlitz.

“Jetzt sehe ich schon genauso krank und blass aus, wie die Schlangen. Na super!”, seufzte sie und wusch sich zum dritten Mal das Gesicht.

Sie erschrak, als plötzlich die Tür zu den Räumlichkeiten aufgestoßen wurde und eine Horde Viertklässlerinnen sie argwöhnisch beäugten. Horde? Nun, es waren drei zauberhafte Wesen, deren Erscheinen Molly etwas aus dem Konzept brachten. Unter den Mädchen befand sich keine geringe als Narzissa Black, doch diese schenkte der Gryffindor jedoch wenig, wenngleich gar keine Beachtung. Wie ein Geist schwebte sie zu einem der anderen Waschtische, die dem der Löwin gegenüber lagen. Die anderen beiden jungen Damen, deren Namen Molly auf der Zunge lagen, ihr aber dennoch nicht einfallen wollten, begaben sich jeweils links und rechts neben der Verlobten ihres Peinigers an die Tische und begannen, wie die Eisprinzessin selbst, mit ihrem Schönheitsritual.

Und wieder kam es der jungen Gryffindor so vor, als würde es Schneeflocken von der Zimmerdecke rieseln. Leise, lautlos, still und stumm flogen sie durch die Luft und fielen weich auf Haare, Schultern, Arme, Waschbecken und den Boden.

Dem sinnlosen Geplapper vierzehnjähriger Mädchen schenkte Molly wenig Aufmerksamkeit, sie waren bei weitem nicht von Interesse, doch das, was Narzissa sich erlaubte zu berichten, fiel nun doch in den Bereich der Neugierde Mollys. Endlich fielen ihr auch die Namen der anderen Mädchen ein, als Narzissa diese rügte und befahl, das Geschnatter doch etwas zu dämpfen, da sie nicht allein im Raum seien.

Marylin Drafft und Joseline Somerstone, die eine so brünett, wie die andere blond war. Beide so hochnäsig und eitel, wie es Narzissa tagein tagaus zur Schau trug und ebenso von geistiger Stärke, wie es Mädchen in diesem Alter zu eigen war. Marylin und Joseline waren, abgesehen von Körpergröße und Fülle, das genaue Abbild der Black´ischen Erbin. Die brünette Marylin, eher klein und pummelig, warf einen scheuen Blick in Mollys Richtung. Doch so schnell wie Mary den Kopf nach hinten drehte, so hastig war er wieder auf Narzissa gerichtet, deren Blick ihr weitere Aktionen dieser Art verbot und bescherten Molly im Inneren gehässige Genugtuung.

Gerade war die hagere, einer Bohnenstangen nicht unähnlich wirkende Joseline im Versuch, von den Ereignissen der gestrigen Feier zu berichten, als Narzissa ihre feinverzierte Haarbürste auf die Granitarmatur des Waschtisches heruntersausen ließ.

“Joseline Agatha Somerstone, halt endlich deinen Mund! Ich will nichts davon hören!”, keifte die blonde, blasse Gebieterin drohend und wandte sich von dem Spiegel ab. “Ich verbiete weitere Worte in der Anwesenheit dieser Person!”

Damit hatte Narzissa den Fokus auf Molly gelenkt, die gerade im Begriff war Cremedöschen, Zahn- sowie Haarbürste in das kleine Kulturtäschchen zu verstauen, welches sie vorsorglich mitgenommen hatte. Molly konnte über solch Anfälle von Blasiertheit nur den Kopfschütteln und das Grinsen, welches sich auf ihre Lippen stahl, nicht unterdrücken.

So jung Narzissa Black auch war, so alt war ihr Benehmen, ihre Sprache und die Art, wie sich gebar. Auch Molly war einst in ihrem Alter gewesen , hatte sich jedoch weniger hochtrabend, hochnäsig und herablassend verhalten.

Zu einer Aussprache würde es wohl nie kommen und Molly war auch nicht sehr erpicht, den ersten Schritt zu tun. Noch etwas mehr als vierundzwanzig Stunden, und sie wäre befreit aus dieser Gefangenschaft. Ein Gedanke, der sie durch den Tag brachte, die Stunden verkürzte, auch wenn sie weiterhin angebunden schien.
 

Frisch gesäubert, wenngleich auch nicht putzmunter, schlich Molly zurück in Lucius' Räumlichkeiten. Noch immer lag der Eisprinz in den Federn, doch Molly scherte sich nicht um seinen Zustand, egal, wie positiv oder negativ dieser sein mochte.

“Hey, aufstehen!”, bellte sie und blickte auf das Knäuel herunter.

Als keine Regung zu erkennen war, zog sie kurzerhand an den Enden der Bettdecke und enttarnte so den Versuch des Jungen, sich noch immer schlafend zu stellen.

“Muss ich jetzt selbst auf der Toilette um mein Leben fürchten?”, knurrte Molly und bedachte Lucius mit prüfendem Blick.

“Wieso? Hat man Stinkbomben nach dir geworfen?”, wollte Lucius eher belustigt grinsend wissen.

“Deine Herzallerliebste, samt Gefolge, hat ja genauso viel zu sagen, wie du und das kotzt mich an!”, mit den Händen in den Hüften vermied es Molly jedoch, den Jungen anzusehen. Stattdessen galt ihr Interesse den Tapeten an der gegenüberliegenden Wand.

“Eifersüchtig, Liebes?”, hakte Lucius nach und klang beinahe gelangweilt und ruhig, statt amüsiert.

“Nicht mal in deinen kleinen, feuchten Träumen, Malfoy. Eure Borniertheit ist unerträglich, genauso wie die herablassende Art und die Arroganz. Mich schüttelt es vor Ekel!”, Töne des gespielten Erbrechens brachen aus dem Mund der Gryffindor hervor.

“Oh Liebes, du wiederholst dich und so, wie du dir eben Luft gemacht hast, ist das Ende ja bald abzusehen.”, wieder diese Ruhe in der Stimme, die das junge Fräulein ein ums andere Mal auf die Palme brachte.

Molly löste sich aus ihrer Haltung und griff sich japsend an die Stirn. Sie schloss die Augen und massierte mit beiden Handballen ihre erneut pochenden Schläfen. Noch immer lagen die kugelförmigen Tabletten in dem Röhrchen, denn Molly war sich bewusst, dass diese nur in Verbindung mit Nahrung einzunehmen waren.

“Könnten wir jetzt bitte etwas essen? Mein Schädel zerplatzt.”, sie wollte nicht jämmerlich oder weinerlich klingen und doch schwangen Müdigkeit und eine Spur von Schwäche in ihren Worten mit.

“Bevor du mein Zimmer versaust”, in gedehntem Ton entkamen die Worte seinem Mund, bevor sich Lucius von Neuem erhob, “drehst du dich bitte um, ich bin schüchtern!”

“Malfoy, ich habe keinen Nerv für dein kindisches Verhalten. Könntest du dich bitte einfach nur beeilen?”, die gequält hervorgebrachte Bitte ihrerseits schien Wirkung zu zeigen.

“Wehe du guckst!”, stichelte Lucius grinsend und schien es wahrlich zu genießen, dass sich Molly in einer bittenden und bettelnden Position befand.

“Du verdammter, gönnerhafter Wurm!”, knurrte die Hexe und warf ihm einen bösen und drohenden Blick zu.

Mit einem süffisant klingenden Seufzen und einem gleichmütigen Ausdruck auf dem Gesicht, griff Lucius nach dem Saum des weißen Unterhemdes und zog sich selbiges über das verstrubbelte Haupt. Molly schnalzte missbilligend mit der Zunge, verdrehte die Augen und konnte doch nicht dem Drang widerstehen, einen flüchtigen Blick zu riskieren, ehe sie sich von dem Jungen abwandte.

Nun, im Vergleich zu Arthur, der Molly, ebenso wie Lucius, um ein paar Zentimeter überragte, war der blonde Slytherin jedoch nicht so plump gebaut, wie es ihr Verlobter war. Im Gegensatz zu dem Löwen schien an Lucius´ hagerer, wenngleich auch etwas mager aussehender Gestalt kein Gramm Fett zu sein. Arme und Beine waren lang und bleich und weniger muskulös, als Molly angenommen hatte, auch die Brust war eher schmal statt breit und doch würde der Ausbund an Boshaftigkeit in ein paar Jahren gewiss noch mehr Blicke auf sich ziehen, als er zu dieser Zeit bereits tat.

Es ärgerte sie, dass dieser Junge so viel Selbstbewusstsein zur Schau trug und es so sehr zu genießen schien, dass man ihn anhimmelte. Wieder etwas, das er mit einer Verlobten gemein hatte. Ein riesiges Ego und übermäßiges Selbstbewusstsein. Doch was waren schon Ego und Selbstbewusstsein, wenn man innerlich verarmt, verhärmt, kalt und traurig war? In diesem Punkt war sie ihm und seiner Geliebten weit voraus. Ihr Feuer loderte und brannte, wärmte und schenkte Geborgenheit und Liebe. Gab Zuversicht und Vertrauen und würde für ihre Lieben jedes Hindernis überwinden.

“Ich hab gesagt du sollst nicht gucken!”, endlich hatte er es geschafft, sich etwas über den bleichen, dünnen Körper zu ziehen.

“Ich habe nicht geguckt. Es gab ja nichts!”, schoss sie unwillkürlich zurück und marschierte noch vor ihm aus dem Zimmer.
 

“Die hast du vergessen. Warst wohl doch etwas zu sehr abgelenkt, als du zugeben würdest!”, höhnte Lucius, als sich Molly neben ihn auf der Sitzbank platzierte, um zu Mittag zu essen und er ihr die schmerzlindernden Kügelchen zuschob.

“Ich war in Gedanken und es hatte, jetzt bist du sicherlich enttäuscht, absolut nichts mit dir zu tun!”, gab sie gelassen zurück, nahm jedoch mit einem gemurmelten Dank die Tabletten entgegen.

Auch wenn sie in diesem Moment das leichte, warme Gefühl verriet, das sich unmittelbar auf ihre Wangen stahl, würde sie ihm nie und nimmer diese Genugtuung geben und ihm zugestehen, dass er eine gewisse Wirkung auf sie ausübte.

Ihr Blick glitt von ihm ab und heftete sich auf die Fülle an Köstlichkeiten, die augenblicklich vor ihnen erschienen. Endlich konnte sie essen, wonach ihr der Sinn stand. Endlich hatte sie die Möglichkeit, diese lästigen, hämmernden Schmerzen aus ihrem Kopf zu vertreiben. Endlich war sie diesem Loch, dieser Schlangengrube, entkommen und endlich sah sie andere Gesichter, als stets und ständig in ein und dasselbe Antlitz starren zu müssen.

Molly griff beherzt nach Kartoffelpüree, Sauce und Braten. Verschlang gierig bereits die zweite Portion und gönnte sich, zur Feier des Tages und dem baldigen Ende ihrer Pein, einen Yorkshire-Pudding. Während sie vorzüglich und ohne Reue speiste, war es Lucius, der eher argwöhnisch ihrem Treiben zusah und nur mäßig mit seiner Gabel auf dem fast leeren Teller herum kratzte.

“Hunger, hm?”, fragte er, blickte jedoch weiterhin auf das Porzellan.

“Im Gegensatz zu dir. Hast wohl gestern über Strenge geschlagen.”, stellte Molly sachlich fest, als sie sich einen flüchtigen Blick auf seinen Teller gönnte. “Ist dir schlecht?”

Doch statt einer Antwort, entkam ihm nur ein spöttisches Schnauben. “So, wie du reinhaust, würde es mich nicht wundern, wenn man dich eines Tages durch die Gegend rollen kann.”

“Arschloch. Unsensibles Arschloch!”, fauchte Molly, blieb jedoch gefasst und löffelte den Rest ihres Puddings, ehe sie nach dem Röhrchen griff und mit fest zusammengekniffenen Augen eines der Kügelchen herunter würgte.

“Geht es dir jetzt besser?”, etwas in seiner Stimme verriet ihr, dass diese so beiläufig klingende Frage nicht halb so herzlos gemeint war, wie er ihr weismachen wollte.

Molly zog es vor, darauf nicht zu antworten. Seine Beleidigung saß trotz allem noch tief, auch wenn sie es so hatte aussehen lassen, als hätten sie seine Worte nicht getroffen. Ein “Was kümmert es dich”, schwirrte durch ihren Kopf, doch die junge Gryffindor hielt die Lippen versiegelt.
 

Es war kurz vor zwei Uhr Nachtmittags, als Molly hinter der Schlange her trabte.

“Darf ich meine Bücher holen?”, wollte sie wissen, als beide nur wenige Meter von der großen Treppe entfernt standen. “Ich muss noch einen Aufsatz schreiben.”

Eher müde als heiter richtete sie ihr Anliegen an ihn und Lucius tat es mit einem Schulterzucken ab.

Noch vor wenigen Stunden hatte er ihr untersagt, in ihren Turm zurückzukehren und nun schien ihm ihr Vorhaben nicht mehr von Belangen. Nun war es Lucius, der dem Mädchen folgte. Was auch immer ihn beschäftigte, es war Molly nicht geheuer. Oder war dies nur wieder eine seiner Launen? Schon oft hatte der junge Malfoy für Aufsehen gesorgt, wenn er plötzlich und aus heiterem Himmel seine Mitschüler mied oder ihnen Unfähigkeit vorwarf. Ähnlich einem König, deren Gunst man wohl nie erlangen würde. Doch Molly gierte gar nicht nach seiner Gunst, geschweige denn nach seiner Anerkennung und huldigen würde sie ihm erst recht nicht.

“Was ist los? Kein Gemütsumbruch? Willst du mir nicht verbieten, in den Gryffindor-Turm zugehen und womöglich mit Arthur zu reden, wenn ich auf ihn treffe?”, Molly verlangte eine Antwort, doch eher für sich selbst, um den Jungen zu enttarnen.

“Weißt du Liebes, momentan ist es mir einerlei, ob du mit dem Wiesel sprichst, oder nicht.”, klar und deutlich, wenngleich auch etwas mühselig und zäh spie Lucius die Worte aus.

“Du resignierst? Was ist los? Hat sich Narzissa entlobt oder warum bist du heute gar nicht so angriffslustig und gebieterisch?”, Molly hielt auf dem Treppenabsatz in ihren Bewegungen inne und blickte gleichgültig zu ihm herunter. Mit erhabenem Blick und einem flüchtigen Wink mit der rechten Hand in ihre Richtung, scheuchte er das Mädchen ohne eine Antwort die letzten Stufen hinauf.
 

Mit einem erleichterten Seufzen schlug Molly das Buch zu und rieb sich die Schläfen. Nachdem sie der Aufforderung Lucius´ nachkam, durch das Portrait der fetten Dame stieg und die Stufen zu ihrem Schlafsaal empor hastete, ignorierte sie Arthur und die Bemerkungen, die hinter ihr fielen. Ganz so, wie es ihr Herz anwies, stießen die Entschuldigungen des jungen Gryffindor auf taube Ohren. Sie wollte es nicht hören. Sie konnte die Ausflüchte und Bekundungen seinerseits nicht mehr ertragen und hätte beinahe vor Wut und Gram ihr Mittagessen vor Arthurs Füßen erbrochen. Noch immer rumorte es in ihrem Inneren, als sie in einem Schrank nach ihren Büchern kramte. Sobald sie aus der Tür trat und die Stufen der Wendeltreppe hinunter stieg, erwartete Arthur sie erneut. Ein mitleidiger Seufzer entkam ihren Lippen, ehe sie ihm kopfschüttelnd zu verstehen gab, dass ihr sein Betragen mehr zusetzte, als half.

Lucius wartete bereits vor dem Portrait, das ihm mit Skepsis im Blick entgegenstierte. Ohne ein Wort, ohne einen Laut von sich zu geben, folgte er ihr in Richtung Bibliothek. Er ließ sie ihren Aufsatz schreiben und strich selbst das eine ums andere Mal durch die Gänge und fischte hier und da nach einem Buch.

Während Molly ihre schmerzende Hand schüttelte und erneut die Federspitze ins Tintenfass tauchte, schien sie so in ihre Arbeit vertieft, dass sie seinen Blick gar nicht zu registrieren schien.

“Bewundernswert”, ohne von seinem Buch aufzusehen, hatte Lucius diese Bemerkung fallen lassen und Molly nahm an, dass er etwas in dem Buch stehende gemeint haben musste. “Wirklich faszinierend.”

Das Kratzen der Feder erstarb augenblicklich, als Molly von dem Pergament aufsah. Für einen flüchtigen Augenblick erstarrte sie, denn Lucius hatte den Wälzer zugeklappt. Seine Ellenbogen waren auf den Tisch gestützt und sein Kopf ruhte auf den zusammengefalteten Händen. Doch das, was sie so verwirrte, war der Blick, den er ihr zuwarf. Die Atmung war ruhig, die Gesichtszüge ebenmäßig, beinahe wie in Stein gemeißelt. Seine grauen Augen waren starr auf sie gerichtet, schienen sich kaum zu regen und folgten, wie der Blick einer Schlange, jeder ihrer Bewegungen.

“Wirklich erstaunlich.”, bemerkte Lucius erneut und erntete einen vorsichtig dreinschauenden Blick.

“Wie lange sitzt du schon so da? Und was ist erstaunlich?”, verlangte Molly zu wissen und zog fragend die Augenbrauen zusammen.

“Du hast bewundernswert und faszinierend vergessen!”, scholt er sie, doch das Grinsen in seinen Worten folgte weder eine Regung in, noch auf seinem Gesicht.

Als sie nichts erwiderte, hoben sich seine Lippen zu einem flüchtigen Lächeln. “Du, du bist bewundernswert.”

“Was soll das, Malfoy? Willst du mich anbaggern?”, Misstrauen schwang in ihrer Stimme mit.

“Mit Nichten, Liebes. Nur, bevor du falsche Schlüsse ziehst, ich finde nicht dich bewundernswert, erstaunlich oder faszinierend, nun, nicht direkt. Eher die Art und Weise wie man so sehr in einen Aufsatz versinken kann. Ich kenne nicht viele Menschen, die sich so in ein Thema verbeißen können.”, erklärte Lucius gelassen, doch in seinem Gesicht vermochte sie nicht einen Hauch von Spott oder Hohn zuerkennen.

“Und was lässt dich zu der Annahme kommen, ich könnte so etwas?”, hakte Molly nach, denn noch immer traute sie dem Gehörten nicht.

“Das, Liebes, hat mir dein Eifer verraten, deine Mimik und Gestik und die Laute, die von dir gabst, wenn du, wie ich annehme, wütend warst, weil du dich verschrieben hast oder weil ein Tintenklecks deine Schrift verunreinigt hat.”, gab er zu und intensivierte seinen Blick.

“Du muss es wirklich nicht gut gehen, wenn du so etwas sagst. Sollte das ein Kompliment werden, Malfoy?”, nun war Molly es, die einen spottenden Ton nicht verbergen konnte.

Plötzlich regte sich etwas in seinem starren Blick. Ein Funke schien durch ihn durchzugehen. Das, was bis eben noch gefasst und gefestigt war, schien nun haltlos, vage und nie da gewesen. Etwas in ihr schnürte sich zusammen und Molly konnte den Ursprung dessen nicht bestimmen. Lucius sah gekränkt aus, verletzt und hilflos. Ein Triumph, den Molly in diesem Augenblick nicht auskosten konnte. So sehr sie es auch wollte, danach gierte, es gelang ihr nicht. Ob seine Worte nun der Wahrheit entsprachen oder nicht, doch mit ihrer Reaktion schien sie das letzte Fünkchen an Frieden für immer im Keim erstickt zu haben.
 

Lucius strafte sie mit Schweigen. So, wie sie es vorgehabt hatte zu tun, war es nun er, der sie mied. Molly hatte alle Mühe, mit ihm Schritt zuhalten, sei es beim Aufbrauch und dem Verlassen der Bibliothek, oder beim Abendessen. Nicht einmal Miles konnte mit seinen Witzen etwas bewirken, denn Molly schien genauso trübsinnig zu sein, wie Lucius. Auch wenn dieser seine Demütigung hinter einer frostigen, hartherzigen Maske verbarg, Molly waren solch Aktionen verhasst.

“Prewett, was ist los? War es gestern doch zu viel?”, wollte Miles wissen, grinste und gönnte sich einen Schluck Kürbissaft.

Kaum merklich blickte Molly neben sich und wusste, dass Lucius jedes ihrer Worte mitanhören würde. Mit gespielter Freundlichkeit schwieg sie ihre Antwort aus, auch wenn der Drang nach Neuigkeiten des Abends bezüglich, mehr in ihre aufwallte, als ihr lieb war.

“Eigentlich weiß ich gar nichts mehr.”, gestand sie kleinlaut und im selben Augenblick scholt sie sich dafür, vor dem kleinen Giftgnom klein bei zugeben.

“Echt nicht? Ist ja witzig. Dann hast du also gar keine Ahnung was...”, wollte Miles beginnen, wurde aber jäh von Lucius unterbrochen.

“Miles!”, mit erhobener Stimme verbot er dem Älteren seine Ausführung zu vollenden.

“Komm schon, Malfoy, das war doch lustig!”, wollte Miles erneut den Stein ins Rollen bringen, doch der junge Mann warf ihm nur einen drohenden Blick zu. Ohne ein weiteres Wort erhob er sich von seinem Platz und rauschte davon.

“Na toll!”, knurrte Molly und warf dem Jungen zu ihrer Linken einen vorwurfsvollen Blick zu.

“Tut mir leid, Molly!”, meinte Miles kleinlaut.

“Und wo soll ich jetzt hin?”, beinahe verzweifelt krochen die Worte aus ihrem Mund.

“Du kannst bei mir bleiben, wenn du willst!”, bot Miles an, doch Molly schüttelte den Kopf und machte ebenso Anstalten, den Tisch zu verlassen, wie Lucius es getan hatte.
 

Zu Mollys Erleichterung wartete Lucius bereits vor dem Eingang zu den Kerkern auf sie.

“Was sollte diese Szene?”, aus der vorherrschenden Verzweiflung wurden augenblicklich Zorn und Unverständnis.

Lucius lehnte mit dem Rücken an der Wand und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Ihre Worte ließen ihn kalt, schienen nicht einmal zu ihm durchzudringen. Starr war sein Blick auf das gegenüberliegende Gemäuer gerichtet. Molly stützte ihre Hände in die Hüften und suchte sich einen losen Punkt an der Decke, den sie anstarren konnte.

“Dass ich deinen halbherzigen Versuch, mir ein Kompliment zu machen, so abgeschmettert habe, tut mir leid.”, zähneknirschend brachte sie die Entschuldigung hervor, die ihr eigentlich zuwider war. Molly hatte ihren Soll erfüllt, auch wenn ebenjene Worte nur schwer über ihre Lippen kamen und der Aufwand an ihrer Stärke genagt hatte.

Lucius schwieg noch immer und doch betrachtete er die junge Frau aus dem Augenwinkel heraus prüfend. Abermals richtete er seinen Blick auf die Wand gegenüber aus, ehe er die Arme sinken ließ und den Kopf schüttelte.

“Es mag sein, dass wir nicht immer ehrlich sind und gern dem entsprechen, was man uns nachsagt. Wir seien hinterlistig, verlogen und nur auf unseren Vorteil aus und manchmal entspricht das auch der Wahrheit, Molly Prewett. Aber auch, wenn man uns als Lügner und Betrüger an den Pranger stellt, muss es zwangsweise nicht den Tatsachen entsprechen.”, noch immer sah er nur den nackten, kahlen Stein, fuhr mit den Augen langsam die Fugen nach und schien ganz gebannt zu sein, ehe er kaum merklich den Blick abwandte und ihr ins Gesicht sah.

“Das, was ich dir vorhin gesagt habe, war weder gelogen, noch geschmeichelt. Ich habe nur festgestellt und beurteilt. Und wie ich bereits gesagt habe, kenne ich nur wenige Leute, die jene Fähigkeit haben, mit solch einer Leidenschaft Dinge anzugehen, sich darin zu verlieren und dem Resultat, ob nun gut oder schlecht, so stark gegenüber zu treten. Das, Molly Prewett, hat mich fasziniert, mich begeistert, mir imponiert, weil ich selbst dazu nicht in der Lage bin. Ich denke und handle rational, ohne Gefühl, wie du es jetzt wahrscheinlich am liebsten ausdrücken würdest. Ich denke gradlinig, klar und strukturiert. Ich bin dennoch weder herz- noch gefühllos, auch wenn du mir diese Empfindungen nicht zugestehst.”, mit diesen Worten schritt er auf sie zu, doch Molly blieb regungslos.

Noch immer galt ihr Interesse der Gewölbedecke. Kurz fuhr sie vor Schreck zusammen, als sie ihren Blick wieder nach vorn ausrichtete und sich seine Statur vor ihr aufbaute. Ihr Gesicht zierte Trotz, obwohl sie seine Worte gehört und als ihre Genugtuung abgetan hatte. Doch etwas erschreckte sie in diesem Moment mehr, als sie für möglich gehalten hätte. Vor ihr ragte Lucius in seiner ganzen Größe auf und blickte zu ihr herunter.
 

Ein erschreckender Gedanke, der ihr dennoch nicht fremd war, regte sich plötzlich erneut und schien alles durcheinander zu bringen. Es war nicht die Art, wie er zu ihr gesprochen hatte, es waren nicht die Worte, die von seinen Lippen herrührten. Es war der Blick, sein Blick, der noch immer auf sie gerichtet war.

Auf sie, auf Molly.

Sie war Molly.

Ein Gedanke, der sich mehr und mehr in ihrem Kopf zu manifestieren begann um dann, ganz plötzlich, zu zerbrechen, in tauschend Stücke, in tausend Scherben, in tausend Farben und abertausenden Formen:

Ein Kind, ein kleiner Junge, dem seine Hormone einen Streich spielten und der sich einbildete, der Herr der Schlangen zu sein! Anziehend? Er? Lucius Malfoy?Lächerlich!

Doch war es denn so abwegig, wenn man gegen seine eignen Prinzipien anzukämpfen versuchte?

Wenn man der Versuchung erlag und dem Begehrten, dem so sehr Gewollten, dem Verzehrenden, nachgab?
 

Ihr Atem ging schwer, Molly bemühte sich um innere Ruhe und Gefasstheit. Plötzlich schien das Mädchen nicht mehr fähig, einen vernünftigen Gedanken zu spinnen. All jene Versuche, all die Optionen, die ihre blieben, waren fort.Es war nicht mehr da, nichts Greifbares, für das es lohnte, zu kämpfen.Das Einzige, was in ihrer Nähe war, war so absurd, wie verwirrend.

“Tu das nicht!”, warnte sie, doch die Drohung verlor sich, ebenso wie sie, in den grauen Augen des Jungen. “Komm mir nicht zu nahe!”

Doch ihre gedrohte Warnung kam zu spät, denn ein höhnisches Lächeln umspielte seine Lippen.

“Ich bin dir schon so nah, Molly Prewtt, zu nah.”, betonte er ihre Lage.

“Du bist gefährlich!”, knurrte sie, doch klang es eher nach einem mädchenhaften Gurren. Er stimmte ihren Worten mit einem brummenden Knurren zu, ehe er ihr Gesicht in seine Hände nahm.

“Mag sein, aber ich spiele gern mit dem Feuer.”, mehr brauchte er nicht zu sagen, mehr hätte ihr magerer, mickeriger Verstand sowieso nicht aufnehmen, geschweige denn verarbeiten können.

Seine Worte zurrten und zerrten an ihrem Herzen, trübten ihr Urteilsvermögen und errangen letztendlich die Oberhand. Der Mund, der stets Hohn und Spott für andere übrig hatte, der so viele Gemeinheiten, Intrigen und so viel Boshaftes ausspie, der Mund, der eine andere geküsst und weiß Gott noch andere Dinge getan hatte, lag nun weich und warm auf ihren Lippen.
 

“Bei allen Zauberern und Hexen, wie konnte ich nur!”, sich selbst verurteilend stapfte Molly in dem Zimmer auf und ab, während Lucius auf der Bettkante verharrte, die Hände unter dem Kinn faltete und die Ellenbogen auf die Knie stützte.

Das amüsierte Lächeln auf seinen Lippen galt nicht dem Triumph, den er errungen hatte, auch wenn dies bis vor einigen Stunden noch sein innigstes Begehren gewesen sein mochte. Ihn erfreute auch nicht, dass sich das Mädchen grämte, scholt, rügte und verurteilte. Diesen Wesenszug ihrerseits begegnete er mit Unverständnis und einer gewissen Abscheu.

Er hatte sie geküsst, weil er es wollte.

Hätte sie ihn zurückgestoßen, ihn, womöglich, geschlagen, dann hätte er sich mit einer fadenscheinigen Ausrede herausreden können. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, sie wieder milde zustimmen, auch wenn Molly Prewett sich nicht so leicht hätte täuschen lassen. Doch er hatte sie geküsst, weil er dem Drang nicht hatte widerstehen wollen. Nicht, weil es ein Sieg für ihn bedeutet hätte. Nicht, weil es ihn reizte, von anderen Lippen zu kosten, obwohl letzterer Gedanke nicht gänzlich der Unwahrheit gleichkam. Er küsste sie aus freien Stücken und ebenjene Sehnsucht würde nicht den Worten gerecht werden können. Sie würde ihn missverstehen, ihn von sich stoßen, ihm mehr Falschheit vorwerfen, als sie es ohnehin schon tat. Das gekränkte Mädchen, die traurige Gryffindor, das sture Fräulein.

“Hasst du mich jetzt? Ja, das tust du, ich sehe es dir doch an. Du brauchst dich nicht zu verurteilen. Du nicht, aber ich weiß, dass du mich verurteilst, weil du der Meinung bist, dass ich das von langer Hand geplant hätte, nicht wahr?”, noch immer verharrte Lucius in der sitzenden Position, schien mit den Gedanken aber weit abzuschweifen. Molly hielt in ihren Bewegungen inne. Kurz leistete er sich einen Blick und sah seine Worte bestätigt.

“Also schön, Molly Prewett. Ja, du hast Recht.”, warum sollte er dem Versuch erliegen, sich zu rechtfertigen oder zu verteidigen? Beides schien ihm sinnlos.

“Womit? Ich habe nichts gesagt!”, schoss sie in bissigem Ton zurück.

“Wie wahr, Molly Prewett, wie wahr. Und doch hat dich dein Blick verraten. Molly, wir beide wissen, wie man von mir denkt, was du von mir denkst.”, wieder blickte er sie an und für einen kurzen Augenblick, schien sie seine Worte anzuzweifeln, in Frage zu stellen.

“Es war doch nur ein Kuss.”, sagte er leise. Molly schwieg, wandte den Kopf von links nach rechts und begutachtete abermals die Einrichtung des Zimmers.

“Was ist mit Bereits vergebene Schlangen beschmutzen ihr eigenes Nest nicht?”, bei ihren Worten blickte Lucius auf.

“Ist auch so!”, beharrte er und ein gerechtfertigtes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. “Nur dass dieses Nest noch nicht befleckt worden ist.”

“Ich verkaufe nicht mein Seele!”, konterte Molly und schien für einen flüchtigen Augenblick verwirrt und verstört.

“Oh Liebes, das sollst du auch gar nicht! Aber es könnte ja sein, dass du die eine, wichtige Chance verpasst.”, riet er ihr und betrachtete das Mienenspiel auf ihrem Gesicht.

“Die da wäre?”, wollte sie wissen und wägte im Geheimen ab, ob sie seine Antwort wirklich hören wollte, oder lieber der Taubheit den Vorzug gab.

“Willst du wirklich den Rest deines Lebens mit nur einem Kerl schlafen?”, Lucius hatte sich erhoben und trat einen Schritt auf sie zu.

Beinahe hielt er ihr schon seine Wange hin, da in ihm der Verdacht keimte, sie würde sich abermals wie eine Furie auf ihn stürzen. Dieser Gedanke und die Hoffnung, dass Molly dem womöglich nachging, ließen bereits leichte Schauer über seinen Rücken kriechen.

“Sagte der vierzehnjährige Junge, der noch grün hinter den Ohren ist!”, fauchte das Kätzchen, das beinahe schon eine stolze Löwin war, ganz nach seinen Erwartungen.

Lucius schwieg seine Erwiderung aus. Sollte dieses Mädchen doch denken, was es wollte! Sollte sie sich doch weiterhin selbst nur Närrin machen und einem Jungen den Vorzug geben, der sie so tief ins Unglück gestürzt hatte. Sollte sie doch lieben, wen sie wollte.

“Dein eigenes Glück hängt also vom Alter des Mannes ab, ja? Wie erbärmlich.”, der Liebreiz in der Stimme, wich abrupt einer eisigen Kälte. Ein enttäuschter Seufzer entkam seinen Lippen, ehe Lucius den Kopf schüttelte und Anstalten machte, das Zimmer zu verlassen.

“Was bringt es dir, wenn wir miteinander schlafen, Lucius Malfoy?”, drohend und angespannt richtete sie die Frage an ihn. “Was bringt dir der Sex mit einer Frau, die du nicht liebst, lieben kannst oder willst? Welchen Sinn soll das alles haben? Sex nur der Befriedigung wegen? Wegen dem erhabenen, aufsteigenden Gefühl?”

“Was hat dir der Sex gebracht, Molly Prewett. Was hat es dir gebracht, mit einem Jungen zu schlafen, der dich so behandelt? Der dich einfach so versetzt? So leicht ersetzt und dich so sehr verletzt, dass du aus lauter Gram und Kummer weder ein, noch aus weißt? Was bringt dir deine Sturheit, dein Trotz, wenn du austauschbar bist? Wenn all deine Liebe, deine Empfindungen nicht mehr gebraucht werden?”, Schweigen trat auf seine Worte hin ein. Der verbale Hieb in ihre Magenrube saß tief. Molly schien so überrumpelt von seiner Erzählung, dass ihr der Mund offenstehen blieb. Doch auch Lucius hielt in seinem Tun, das Zimmer zu verlassen, inne.

“Dass du der Auffassung bist, ich wäre nicht fähig, jemanden zu lieben, enttäuscht mich.”, sein Blick war kalt und starr auf sie geheftet. Molly schluckte schwer und fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut.

“Ich frage dich noch ein Mal: Was nützt es dir, wenn du mit mir schläfst, außer einem weiteren Sieg, einem Triumph, wenn nicht für dein Haus, dann für dich selbst? Hast du nicht jemanden? Jemanden, den du respektierst und vielleicht sogar liebst?”, eher schwach brachen die Worte aus ihrem Mund hervor.

“Wem ich Respekt zolle, ist das eine. Wann ich einen Sieg oder einen Triumph auskoste ebenso. Doch wen ich liebe, und das ist das andere, darüber entscheide ich noch immer allein!”, stellte Lucius klar.

“Aber traue dir nicht über den Weg! Was gibt mir Sicherheit und das Versprechen, dass, wenn ich es auch nur in Betracht ziehen würde, nicht Morgen bereits ganz Hogwarts Bescheid weiß? Kannst du mir versprechen, mir die Sicherheit und Zustimmung geben, dass alles, was in diesem Zimmer vor sich geht, auch hier bleibt? Wie soll ich dir glauben können, dass nicht irgendein Zauber hier in diesem Raum umherschwirrt und sich die Schule...”, mehr Gedanken rasten durch ihren kleinen, kümmerlichen Kopf, überstiegen ihren sonst so gelobten, messerscharfen Verstand. Dass er das weißblonde Haupt schüttelte, registrierte sie kaum.

“Wie konnte ich nur so leichtgläubig sein?”, in Mollys Schädel schwirrte und hämmerte es unaufhörlich. “Du bist ein Lügner und Heuchler und diesen Titel hast du dir und deinen Aktionen zu verdanken, Lucius Malfoy!”

Silencio”, mit diesem Wort tauchte er den Raum in Stille.

Colloportus”, damit verschloss er die Zimmertür, sodass nicht einmal ein “Alohomora” das Schloß entriegeln konnte.

Incendio minimar lunaris”, kleine Lichter, die aussahen wie winzige Halbmonde, sprangen aus dem zur Decke gerichteten Zauberstab, und erleuchteten hier und da den Raum, sodass dieser in schummeriges Glühen getaucht wurde.

Muffliato”, ein jedes Gehör, das außerhalb dieser Zimmerwände an der Tür vorüberging, erfasste ein merkwürdiges, undefinierbares Brummen.

“Beweis genug?”, sein Blick war erhaben und schien vor Aufregung zu knistern. Molly holte unter einem schweren Seufzer Luft, schloss für einen flüchtigen Moment die Augen und schien ihre Tat und resultierenden Folgen bereits zu bereuen.

“Keine schwülstige Musik! Und bitte, kein Brunftgeschrei und kein “Wie war ich?”!”, knurrte sie.

Lucius´ Lippen zierte ein schiefes Grinsen, ehe er die Augen niederschlug und in geschmeidigen, ruhigen und beherrschten Bewegungen auf sie zu schritt.
 

Der Kuss, den er ihr vor den Kerkern gab, war nichts im Vergleich zu dem, was er in diesem Augenblick zuteilwerden ließ. Das Flüchtige Zusammentreffen zweier Menschen, die nichts miteinander verband und doch hatte es dieser Bengel verstanden, ihr den Boden unter den Füßen wegzureißen. Es war ein jämmerlicher Vorgeschmack auf das, was noch folgte und die Verlockung, die er versprach.

Schande über sie, dass sie sich so bereitwillig dem hingab, was zuvor nur einer je hatte berühren dürfen. Nur einem Mann hatte sie erlaubt, sie auf und in dieser Art und Weise zu halten, zu spüren und den Tönen zu lauschen, die von ihren Lippen herrührten. Von jenen Lippen zu kosten, die nun so herrlich prickelten, und so nach dem gierten, was sie so lang schon vermisst hatten.

So, wie ihre Lippen unter seinen Berührungen erschauderten, so zitterte auch ihr Körper bereits unter seinem Mund, seinen Händen und den gierigen, verschlingenden Blicken.

“Schlaf´ nur ein Mal mit mir. Verbring´ nur eine Nacht mit mir zusammen.”, murmelte er an ihrem Hals. Mollys Atem ging schwer, doch ihr Herz schlug und hämmerte wild in ihrer Brust. Hitze war ihr in die Wangen gekrochen, züngelte sich verlangend über Hals, Nacken, Schultern, Arme. Lucius hielt sie mit einer Hand an den Hüften in festem Griff, während die andere Hand über ihren Rücken strich und das Mädchen so fordernd gegen ihn presste.

“Ich bin seit drei Nächten hier.”, presste sie unter zusammengebissenen Zähnen hervor, während sich Molly bemühte, ihm nicht den Erfolg zu gönnen und preiszugeben, wie schwach und doch wohl sie sich fühlte. Erneut verteilte er zarte, flüchtige Küsse auf ihrer warmen Haut, während er sich an der Säule ihres Halses empor schob, um sich abermals dem Geschmack ihrer Lippen zu vergewissern.

“Siehst du, wie viel Zeit wir verschwendet haben?”, knurrte Lucius und nagte zaghaft an ihrer Unterlippe.

“Oh, verdammt!”, entfloh es Molly plötzlich und sie löste sich den wohlig-weichen Lippen und dem Gefühl von Genuss, das sie hatte erschaudern lassen.

“Was? Machst du jetzt einen Rückzieher?”, der perplexe Ausdruck auf seinem Gesicht, wollte nicht so recht zu seinem forschen Ton passen.

“Was? Nein! Nein, ich... ich...”, Mollys Blick huschte von einer Ecke des Zimmers, zur anderen. Sie biss sich auf rot-leuchtenden, feuchten, geschwollenen Lippen und vermied es, in Lucius´ Richtung zu sehen. Auf ihre Stammelei hin gelang es ihm nicht, einen Laut von sich zu geben, stattdessen schüttelte er fahrig den Kopf und gestikulierte Unverständnis mit beiden Händen.

“Das ist doch Irrsinn!”, Mollys Gesicht zierten Qual und Gewissensbisse.

“Ja, allerdings!”, stimmte Lucius mit Trotz und verletztem Stolz in der Stimme zu.

“Ich kann das nicht! Nicht so.”, versuchte Molly zu erklären und erntete nur eine erhobene Augenbraue als Antwort.

“Seltsam, bis eben sah das aber noch ganz anders aus!”, sein Blick glitt über ihr Gesicht und suchte in ihren Worten nach einer Regung, die ihn auf einen Fehler aufmerksam machte.

“Das ist es ja. Es dauert mir zu lange.”, erklärte Molly und die Röte, die nun ihre Wangen umspielte, hatte nichts mit dem zutun, was beide zuvor veranstaltet hatten.

“Zu lange?”, hakte er nach, als könne er sich keinen Reim auf ihre Worte machen.

“Ja.”, bestätigte sie mit einem Schulterzucken. “Es liegt an mir, ich bin zu impulsiv, zu hitzig. Und Arthur, er...”

“War zu langsam?”, versuchte er ihren Satz zu beenden.

“Er hat ewig gebraucht, wenn wir dann... nun.”, trotz ihre selbstsicheren Auftretens schien dieses Thema für Molly von eher heikler Natur zu sein.

“Liebes, tu dir selbst etwas Gutes, und erwähne diesen Namen nicht in meiner Gegenwart! Denk nicht einmal daran, weder an ihn, noch an das, was auch immer ihr hattet.” so beruhigend er auch klingen wollte, es kam eher einem Befehl gleich. “Schließ einfach die Augen und lass mich nur machen.”

Auf seine Worte hin, schlich sich ein vorsichtiges, aber dennoch bejahendes Lächeln auf ihre Lippen.
 

Es war alles andere als leicht für Molly, so einfach von dem zulassen, das ihr bekannt war und nun so plötzlich dem zu begegnen, das ihr Neues eröffnete. Die wenigen Nächte, die sie mit Arthur verbracht hatte, erschienen ihr eher umständlich als erfreulich. Doch was sie durch ihn erfuhr, hatte ihm offenbar genügt. Während Arthur meist selig schlafend neben ihr ruhte, lag Molly meist noch wach und zerbrach sich den Kopf darüber, was sie falsch gemacht hatte und ob es für den Rest ihres Lebens nun so ein sollte.

Wie konnte man von Erfüllung sprechen, wenn sie dieser nie begegnet war? Was sollte Lust bedeuten, wenn einem ebenjenes Gefühl so eiskalt vorenthalten wurde? Warum sollte man die Umarmung des anderen als schön und vertraulich empfinden, wenn man nur knappe Berührungen und kurze Küsse als befriedigend kennen gelernt hatte?

Umso mehr erschauderte Molly, als es Lucius erneut verstand, sie mit seinen Küssen zum Schweben zubringen. Hitze und Feuer strömten durch ihre Adern, schienen sie zu versengen. Sie lechzte nach seinen Händen auf ihrer Haut. Willkommene Kühle, die dem Brennen jedoch nie würde Einhalt gebieten können. Die störenden Stoffreste verschwanden und es war Molly egal, auf welche Art und Weise dies geschehen war. Was sie wollte, war Linderung für die Schmerzen, das Stillen der Ängste in ihrem Inneren und das Gefühl, auszubrechen und sich gehen zu lassen.

Versengende Küsse, verbrennende Berührungen, zarte Schmelze und tosende Orkane jagten durch ihren Körper. Er hatte ihr die Wahl gelassen, sich aus ihrem Gefängnis zu befreien und doch schien er Meister der Schlüssel zu sein, die ihre Ketten verschlossen hielten. Sie hatte die Chance zu gehen, hatte ebenjene vertan, mehrmals bereits und doch lag sie nun in seinem Bett.

All die Abscheu schien wie weggewischt. All der Gram schien weggeküsst. All der Zorn, die Wut, der Schmerz gingen mit ihr, mit den zarten Tönen, herrührend von ihren Lippen und der Hitze ihrer selbst unwillkürlich unter. Lucius hielt sie, verankerte das Geschöpf unter sich in Laken und Kissen. Genoss ihren Duft, ihren Geschmack, ihr Feuer und die Laute, die einzig und allein für ihn bestimmt waren. Fast traute er sich nicht, sie zu berühren. Er haderte mit sich und schien sein Vorhaben in Zweifel zu ziehen. Doch noch ehe er einen Gedanken an solch Absurditäten verschwenden konnte, holte sie ihn zu sich und zerstreute seine Bedenken, scheuchte diese hässlichen Ängste davon und bewies ihm, dass das, was sie taten, richtig war, so verwerflich es auch sein mochte.
 

Der Morgen graute bereits, als Lucius die Zauber aufhob. Das schwache, grünliche Licht der Sonne, das getrübt wurde durch den schwarzen See, schob dem Vergangenen und dem Vergehen der letzten Nacht einen Riegel vor. Als Molly ermattet in die Kissen zurücksank, verwies der auf dem Beistelltisch liegende Zeitmesser auf kurz vor halb elf Uhr und nun mahnte die große Pendeluhr im Slytherin-Gemeinschaftsraum, zum baldigen Aufstehen.

Ein letztes Mal noch, legte er sich zu ihr, fuhr mit seiner Hand über die kühle, mit Sommersprossen bedeckte Haut ihres Rückens und die schmalen Schulter. Rückte zum letzten Male zu ihr auf, glitt mit Nase und Lippen über ihren halbbedeckten Körper. Atmete und kostete ein letztes Mal von ihr, ehe sie sich murrend die Bettdecke über die Schulter zog.

Er ließ sie gewähren, würde sie nicht zwingen, aus ihren Gewohnheiten oder jeweiligem Drang auszubrechen. Sollte sie schlafen, wenigstens die letzten Stunden, ehe sie womöglich nur noch ein letztes Mal zurückkommen würde.

Als Molly die Augen aufschlug, stand Lucius mit dem Rücken zu ihr und band sich die Krawatte.

Sie biss sich auf die Lippen. Ein wohliges Kribbeln setzte ein und erneute Röte schossen ihr in die Wangen. Sie verhüllte ihren entblößten Körper mit der Decke und griff nach der Armbanduhr.

„Es ist erst kurz nach sechs.“, eher verständnislos und fragend entkamen die Worte ihrem Mund, denn Molly schien wenig angetan von der Idee, so zeitig aufstehen zu müssen.

„Es ist Montag, Liebes. Und so sehr du das Wochenende auch genossen hast, wenn die Pflicht ruft dann... hey!“, Lucius hatte sich zu ihr umgedreht und mit seiner plumpen Erklärung begonnen, als Molly nach einem der Kopfkissen griff und es ihm entgegen schleuderte, woraufhin ihm ein protestierender Laut entfloh.

„So läuft das also, ja? Erst vögeln und dann machst du dich aus dem Staub?“, mit einer hochgezogenen Augenbraue trug sie ihre Anklage vor.

„Es ist Montag, Liebes. Unterricht. Außerdem, hast du mir aufgetragen, weder Musik zu spielen, noch herumzubrüllen wie ein Berserker oder zu fragen, ob ich gut war. Nun, ich habe nichts der Gleichen getan und nun kommt meine Regelung ins Spiel. Ich halte nichts von Kuscheln, von Liebesschwüren und dergleichen.“, erklärte er und pfefferte das Kissen zurück in ihre Richtung.

„Oh, toll. Rein, raus und weg?“, fauchte sie und aus der Schamesröte auf ihren Wangen wurde beißender Zorn.

„Nicht unbedingt, nur dieses ewige aneinander-Geklammere nervt mich.“, stellte Lucius klar. „Wir sehen uns beim Frühstück.“

„Wo willst du hin?“, verlangte Molly zu wissen und schien überrascht, dass er sich in Aufbruchstimmung befand und Anstalten machte, sie allein zu lassen.

„An deiner Stelle, würde ich mich beeilen, denn die Mädchen hier sind schon früh genug auf, um ihrem Äußeren den letzten Schliff zu geben. Wenn du also Gedränge vermeiden willst, würde ich langsam mal aus dem Bett steigen!“, riet er ihr und seinem Rat kam sie unter murrenden Lauten nach.
 

Sowie sie das Zimmer erneut betrat, saß Lucius auf dem Bett und machte einen grübelnden Eindruck.

„Gewissensbisse?“, nun war es Molly, die die letzten Knöpfe der Bluse schloss und die rot-goldene Krawatte um ihren Hals schlang.

„Nicht, wenn du auch keine hast.“, gab er zurück und beobachtete sie bei ihrer Tätigkeit. „Nicht mehr lange, Liebes, dann...“

„Sei still!“, forderte sie und schob den Knoten der Krawatte an seinen rechtmäßigen Platz. „Ich will davon nichts wissen!“

Molly selbst schien etwas erschrocken über ihre Reaktion, umso mehr überraschte sie seine Nachsichtigkeit. Lucius antwortete ihr, indem er schwieg.

„Muss ich mich jetzt auf Spott einstellen, wenn ich neben dir herlaufe?“, Nüchternheit schwang in ihren Worten mit.

„Warum solltest du? Ich habe dir das Versprechen gegeben, dass alles, was hier drinnen passiert, auch hier bleibt. Nur die Zauber habe ich, nachdem du selig eingeschlafen bist, von den Wänden genommen.“, damit endete Lucius seine Erklärung. Molly schien verblüfft und biss sich abermals auf die Lippen, deren Schwellung allmählich abgeklungen waren.

„Lass das, Liebes!“, forderte er mit milder Stimme. „Wäre doch schade drum!“

Sein Blick verriet ihr, dass ihm ihre Aktion nicht zusagte.
 

Nicht nur die Erinnerungen an die letzte Nacht trieben Molly dazu, unruhig auf ihrem Platz herum zu rutschen. Eine gewisse Vorfreude darauf, ihresgleichen wieder zu sehen, jagte ein wohlig-warmes Kribbeln durch ihren Körper. Endlich würde sie für ein paar Stunden ihrem Martyrium entkommen. Und doch, wenn ihr Blick zur Seite huschte, schmerzte etwas in ihr, ein unbekannter Impuls, dessen Ursprung sie nicht bestimmen konnte. Eher mühselig biss von ihrem Brot ab, trank in langsamen Zügen den Kürbissaft und belächelte nur zögernd die Späße, die Miles neben ihr zum besten gab.

„Alles in Ordnung? Du bist heute so komisch, Prewett.“, schloss Miles und beäugte seine Tischnachbarin kritisch. Molly hatte soeben die Tasse an ihre Lippen gehoben, blickte zu dem Jungen neben sich und nickte.

„Alles okay.“, echote sie in den Becher und ihre Stimme klang hohl und dumpf nach.

„Du bist bestimmt froh, uns bald los zu sein, oder?“, wollte Miles wissen und erntete nur ein Schulterzucken.

„Es war eher eine Erfahrung, die mein Leben sehr bereichert hat.“, die gut gewählten Worte ließen selbst Lucius anerkennend eine Augenbraue heben, auch wenn er sein Gesicht hinter dem Tagespropheten verbarg.
 

Molly bemühte sich, den Fragen, die auf sie nieder prasselten, mit abwehrenden Händen und flüchtigen Antworten beizukommen. Wie oft sie an diesem Vormittag bereits ihre lahmen Erklärungen und Ausflüchte hatte vorbringen müssen, vermochte sie kaum mehr zu zählen.

„Wie ihr seht, lebe ich noch!“, hatte sie mit einem Lächeln auf den Lippen gemeint.

Sie mied Arthur, so gut es ihr möglich war, und das wahr wahrlich nicht leicht, denn abgesehen von ein paar vereinzelten Stunden, hatten beide ein und dieselben Fächer belegt. Wie froh war Molly, als es endlich zum Mittagessen läutete und sie so mit für wenige Minuten den neugierigen Blicken entkam. Sie saß bereits auf ihrem Platz, als Lucius mit seinen Kameraden an den Tisch trat. Sie schwieg und er tat es ihr gleich. Still wurde das Mittagessen eingenommen, ehe sich Molly auf den Nachmittagsunterricht vorbereitete.

Lucius meinte, dass er bis drei Uhr Unterricht habe und Molly hatte es mit einem knappen Schulterzucken quittiert. Ihr erging es jedoch nicht anders. Denn auch ihr Stundenplan quoll wie gewohnt aus allen Nähten, von den Hausaufgaben ganz zu schweigen. Deshalb erklärte sie ihm, dass sie den Nachmittag in der Bibliothek verbringen würde und er sie irgendwann, wenn ihm danach war, abholen könne. Molly wusste nicht, wie lange sie bereits zwischen den Bücherstapeln hockte, als sie Lucius´ genervten Seufzer vernahm.

„Verbarrikadierst du dich mit Absicht?“, fauchte er und ließ sich auf den Stuhl ihr gegenüber fallen.

„Schieb die Bücher einfach beiseite.“, meinte sie, ohne von ihrem Schriftstück aufzusehen.

„Du scheinst gar nicht aufgeregt zu sein.“, stellte Lucius fest, als er den Blick über sie gleiten ließ.

„Warum sollte ich?“, wollte sie wissen und schlug in einem Buch nach der richtigen Antwort, wie er vermutete.

„Nun ja, in nicht einmal weniger als sechs Stunden bist wieder ein freier Mensch.“, entkam es ihm gedehnt und seine Worte ließen den bekannten Ernst vermissen. Molly sah auf, zog es jedoch vor, nicht auf seine Anspielungen anzuspringen. Stattdessen wandte sie sich wieder ihrem Schreiben.

„Arthur hat mich gefragt, wann ich wieder eine Gryffindor sein würde und ob er mich abholen solle.“, entgegnete sie ohne jegliche Gefühlsregung in der Stimme. Nun war es Lucius, der abwartete, schwieg und zur Seite blickte, als wolle er nichts davon hören. Nach einer Weile dann, die ihr unendlich lang vor kam, rang sich Lucius zu einer Frage durch.

„Und?“, es wunderte sie, dass er in Erwägung zog, Atem für dieses mickerige Wort zu verschwenden

„Ich habe ihm gesagt, dass ich seine Hilfe weder brauche, noch will.“, abermals sah sie von dem Pergament auf und legte die Schreibfeder beiseite. Kurz begegnete er ihrem Blick, ehe er die Hände auf die Knie schlug.

„Bist du hier fertig?“, verlangte er zu wissen, wartete geduldig auf ein Nicken ihrerseits, ehe er den ersten der vielen Stapel in die Hände nahm, um nach und nach die Wälzer und Buchbände in die Regale zu verstauen. Sowie er den letzten Stoß davon trug, rollte sie die letzte Pergamentrolle zusammen, schloss das Tintenfass und suchte ihre restlich Schreibutensilien zusammen.
 

Ebenso wie das Frühstück und das Mittagessen, gestaltete sich das Abendbrot eher Wortkarg, denn die neue Woche hatte den jungen Geistern bereits mehr zugesetzt, als recht war, und schon jetzt sehnten einige den Freitag herbei. Protestierendes, lautes Gemurmel und Gemurre war von allen Seiten der Großen Halle zu hören, doch die Lehrkräfte schienen bester Laune zu sein.

Doch selbst Miles McKinnley hatte den Kopf auf die Arme gelegt und war nicht sonderlich erpicht darauf, dass man ihn ansprach. Molly verzog das Gesicht und schien etwas ratlos, bis sie den Kopf zu Lucius wandte, der nun mildes Schütteln des weiß-blonden Hauptes für den Älteren übrig hatte.

„Du beschwerst dich gar nicht?“, mit einem Anflug von Kränkelei in der Stimme hob Miles den Kopf und blickte unter großen Augen zu Molly auf, die annahm, er spiele auf die Fülle an Aufgaben an, die man ihnen aufgetragen hatte.

„Ich bin genügsam.“, entgegnete sie knapp.

„Eine Streberin.“, maulte Miles und versank abermals in die Deckung seiner Arme.

Lucius´ Lippen verzogen sich zu einem flüchtigen Grinsen, ehe er den Rest des Kürbissaftes austrank und sich von seinem Platz erhob. Kurz stupste er gegen Mollys Schulter um ihr zu signalisieren, dass er aufbruchbereit sei, und die junge Hexe nahm die Gelegenheit wahr, sich ebenfalls aus dem Staub zu machen und der deprimierende Stimmung am Slytherin-Haustisch zu entkommen.
 

„Hey Malfoy“, versuchte Molly das Wort an ihn zu richten, und Lucius, der wie gewohnt voraus schritt, stoppte in seinen geschmeidigen Bewegungen.

„Malfoy?“, er wandte sich zu ihr um und hob fragend eine Augenbraue, „Gestern, Liebes, hat das aber noch ganz anders geklungen.“

Nun war es Molly, die stehen geblieben war, aber emotionslos dreinblickte. Sie schwieg ihre Erwiderung aus, stattdessen fuhr sie mit ihrem angebrochenem Anliegen fort.

„Was ist Samstagnacht passiert, dass du Miles des Mund verbietest und Narzissa mich und dich mit noch mehr Abneigung straft?“

Kurz stutzte er, schien jedoch nach den richtigen Worten zu fischen.

„Warum interessiert dich das?“, fragte er ohne Umschweife zurück.

„Warum sollte es das nicht? Da ich nichts mehr davon weiß, wäre ich dir sehr verbunden, wenn du meine Wissenslücken füllen würdest!“

„Wäre ja nicht das erste Mal, hm?“, murmelte Lucius, doch Molly verstand ihn und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Gut, ich sag´s dir, aber nicht hier!“, zischte er drohend und blickte sich um. Beide standen vor der Treppe, die zu den Kerkern und Küchen führte. Mit einem energischen Nicken gebot er ihr, ihm zu folgen.
 

Wieder öffnete Lucius die Tür zu seinen Räumlichkeiten. Als Molly nach ihm eintrat, ließ er Tür mit Schwung ins Schloss fallen. Er setzte sich auf die Kante des Bettes, knetete kurz die Hände im Schoß, ehe er sich nach hinten sinken ließ und den dunklen Baldachin in Augenschein nahm. Geräuschvoll holte er Luft und fuhr mit den Händen über sein Gesicht.

„Ich warte!“, erinnerte sie ihn, doch Lucius gab ihrem Drängen erst nach ein paar stillen Minuten nach. Sie stand vor ihm, die Arme vor der Brust verschränkt und blickte prüfend zu ihm herunter.

„Eigentlich ist nichts Spektakuläres passiert, aber vielleicht solltest du deine Grenzen ausloten, statt sie ständig zu überschreiten.“, schlug er vor, klang jedoch eher nach einem Prediger, als nach einem Jungen.

„Hör auf mir auszuweichen!“, knurrte Molly und stieß mit dem Fuß gegen seine Beine, noch über die Bettkante hinaus ragten.

„Nun, Narzissa kann die Art und Weise meines Handelns nicht nachvollziehen. Sie ist sehr schnell eifersüchtig, rechthaberisch, eitel...“, begann Lucius gedehnt.

„Ist mir bekannt!“, fiel Molly in seine Rede ein, doch dieser quittierte ihren Lapsus, mit einem schiefen Lächeln, als mit einem tadelnden Blick.

„Es war ihr nicht Recht, dass ich dich in den Gemeinschaftsraum und zu der Party mitgenommen hatte.“, erklärte er.

„Ist mir ebenfalls bekannt.“, schoss Molly zurück.

„Ah, dann hat Miles also wieder mal seine Klappe nicht halten können?!“, seine Worte kamen eher einer Feststellung, als einer Frage, gleich.

„Euer Auftritt war ja nicht gerade unauffällig! Selbst ein Wildfremder hätte sofort bemerkt, was an diesem Bild nicht stimmt.“, erläuterte Molly.

„Nun, du siehst, selbst unsere Harmonie ist bei weitem nicht so ausgeprägt, wie man annimmt.“, fügte Lucius hinzu.

„Und dann?“, Ungeduld schwang in ihrer Stimme mit.

„Verprügelt hast du niemanden, wenn dich das beruhigt. Trotzdem hatte ich Mühe, dich von der Feierlichkeit wegzubekommen.“, sagte er mit milder Stimme, beinahe so, als wäre es nichts gewesen.

„Inwiefern?“, leichter Argwohn zierte ihre Miene.

„Du solltest wirklich lernen, deine Gefühle zu kontrollieren! Denn du hast Noah die Ohren vollgeheult. Merlin sei Dank war der genauso betrunken wie du und der Rest. Aber als du dann deinen Kopf auf Miles´ Schoß gelegt hattest, war es auch für mich an der Zeit, den Spielverderber zu mimen.“, aus dem schiefen Lächeln, wurde ein breites Grinsen. Molly sah ihn prüfend an, als traue sie seinen Worten nicht.

„Ach, ich habe vergessen zu erwähnen, dass du, unter Tränen natürlich, geschimpft hast wie eine Furie und, als ich dich dann endlich hier her geschafft hatte, mir um den Hals gefallen bist und beteuert hast, wie sehr du mich lieben würdest?“, ließ der junge Mann die Bombe beiläufig klingend platzen.

„Erzähl keinen Drachenmist, Malfoy!“, zischte Molly nun. „Als wenn ich dir um den Hals gefallen wäre!“

Lucius genoss die Stille, die sich auf ihre eigenen Worte hin in dem Zimmer ausbreitete. Ihr Hirn ratterte, doch der Versuch, sich an irgendetwas zu erinnern, misslang ihr.

„Ich glaube dir kein Wort!“, knurrte sie und erneute Wut brodelte langsam in ihrem Inneren.

„Nun, ich war noch nicht fertig“, provozierte Lucius plötzlich und unterbrach das Mädchen in ihrer Schimpftirade. „Ein Missgeschick meinerseits war es wohl, das Narzissas Laune noch mehr zum Kochen brachte.“

„Was für ein Missgeschick?“, verlangte die junge Frau zu wissen.

„Nun, als ich dich hier her brachte, in deinem Zustand völliger Unzurechnungsfähigkeit, und du dich zum wiederholten Male an mich geklammert hast, ist ihr wohl das beteuern deiner Gefühle zu Ohren gekommen.“, stellte Lucius in den Raum.

„Red´... doch nicht so einen Schwachsinn!“, knurrte Molly, als könne sie ihre und seine Taten weder als Wahrheit, noch als Lüge entlarven. Noch immer hatte sie ihr Gesicht zu einer ungläubigen Miene verzogen und ihr Kopf wandte sich beinahe ruckartig von der einen, zur anderen Seite. Nun war es Lucius, dem das Grinsen abhanden gekommen war, stattdessen machte er einen so ernsten Eindruck, den nicht einmal er, als König im Bluffen, hätte vortäuschen können. Sein Schauspiel hatte ein Ende. All das gehässige, böse und stichelnde Gelächter verschwand.

„Warst du deshalb so seltsam? Weil ich dir in einem Zustand völliger Unzurechnungsfähigkeit, wie du es nanntest, gesagt habe, ich würde dich lieben?“, Unverständnis hatte ihre Stimme aufgewühlt.

„Nun, aus dem Ausspruch „Betrunkene und Kinder sagen stets die Wahrheit“ hatte ich meine nötigen Schlüsse gezogen.“, gestand er und spürte, dass seine Antwort kläglich und unerträglich klang.

„Sei nicht albern!“, meinte Molly unter vehementem Schütteln der roten Locken.

„Warum kannst du nicht einfach akzeptieren, was passiert ist. Hat gestern doch auch funktioniert!“, donnerte er nun und Molly blieb für einen kleinen Augenblick die Luft weg. Wie ein kleines Kind, dass man gerügt hatte, blickte Molly schuldbewusst zur Seite. Sie konnte sich keinen Reim auf seine heftige Reaktion machen und schob es auf die ihr bekannte Launenhaftigkeit, die ihm anhaftete und nachgesagt wurde.

„Du redest wirres Zeug!“, sagte sie leise und schüttelte abermals den Kopf.
 

Schweigen trat ein. Lucius hatte die Augen geschlossen, als hätte er sich selbst ins Exil geschickt und Molly stand noch immer betrübt vor ihm und begriff nicht. Sie kam sich dumm vor, so dumm, einfältig und närrisch. Warum sollte gerade jemand wie Lucius Malfoy, so etwas wie wahre Gefühle entwickeln? Dieses Bild wollte einfach nicht in ihren Kopf. All die Worte, die Anspielungen, die so unachtsam aus seinem Mund gekommen waren, konnten doch nicht der Wahrheit entsprechen.

Das, was sie gestern geteilt hatten, war jedoch nicht „einfach so“ geschehen. Die Verbindung, die sie zu ihm geknüpft hatte, war in diesem Augenblick so wirklich und ihr willkommen, dass jegliche Skepsis, jedes Wanken ihres Herzens in diesem Moment nie existiert hatten. Es machte ihr Angst. Sie fürchtete sich vor ihren Gefühlen und den Resultaten, die aus dieser Liaison entstanden.

Es würde nicht funktionieren., ein Gedanke, der sie erschreckte. Etwas tobte in ihrem Inneren. Ein Kampf, dessen Ende bereits feststand. Ein elendes, zähes und langwieriges hin und her. Ein ständiges Mühen. Ein Zurren und Zerren, an Herzen und Empfindungen.

Lucius zuckte kaum merklich zusammen, als es Molly vorzog, sich neben ihn zu setzen. Ihr Gesicht verbarg sie hinter ihren Händen, als wollte sie weder ihn, noch sich selbst sehen, sondern alles ausblenden, was sie so verletzte, verwirrte und womöglich bereits zu übereilten Handlungen getrieben hatte. Nun war sie es, die hörbar und schwer Luft holte, ehe sich Molly nach hinten fallen ließ und Kopf an Kopf neben Lucius auf den grünen Laken lag. Langsam nahm Molly die Hände vom Gesicht, hielt jedoch die Augen geschlossen aus Angst vor dem, das sie erwartete, wenn sie die Lider hob. Ihre Arme lagen neben ihrem Körper und es kostete sie mehr Kraft, als ihr lieb war, sich nicht zu regen.

Ein kleiner Seufzer entkam ihren Lippen, als etwas Warmes spürte, das sich in ihre Hand legte. Ein Zittern wallte in ihr auf, als sie sich dazu entschied, neben sich zu blicken. Lucius hielt ihre Hand in seiner, hatte die Augen, ebenso wie sie zuvor, geschlossen und doch verrieten ihn die gehobenen Mundwinkel.

„Wie lange willst du hier liegen?“, fragte er flüsternd.

„Ewig!“, entkam es ihr schnell, doch es war nicht der Moment, sich für vorschnelles, unüberlegtes Handeln zu rügen. Gesagt war gesagt und zurücknehmen wollen würde sie ihre Worte nicht.
 

“Hey, es ist eine Minute nach zwölf. Willst du nicht langsam mal in deinen Turm zurück?”, meinte Lucius, drehte seinen Kopf in ihre Richtung und begann, sachte gegen ihre Schulter zu stupsen. Molly schien verwirrt, als sie die Augen aufschlug. Dumpf hatte sie seine Worte aufgenommen, schien ihn aber nicht verstanden zu haben.

„Lass das! Hör auf damit!“, neckte er, als er ihren irritierten Blick bemerkte, doch ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Molly biss sich auf die Lippen und machte einen verkniffenen Eindruck.

“Willst du nicht endlich gehen?”, drängte er erneut, doch schwang in seiner Stimme nicht genügend Nachdruck mit.

“Willst du denn, dass ich gehe?”, wollte die junge Frau wissen und scholt sich in diesem Moment für ihre eigene Dummheit.

“Wenn ich die Wahl hätte, so wie du? Nein!”, gab Lucius leichthin zu und versuchte, den Kopf zu schütteln.

Nein?... Molly stutze und wagte es nur langsam, das Wort an ihn zurichten.

“Möchtest du, dass ich bleibe?”

“Meinst du denn, dass du dir dabei etwas abbrichst, wenn du es tust?”, fragte er und fasste nach einer ihrer Locken, “Einen Fingernagel vielleicht?”

Ihr Blick war starr auf sein Gesicht gerichtet, hörbar zog sie Luft in ihre Lungen.

“Nein, ein simpler Fingernagel wäre das Mindeste, das brechen könnte. Damit würde ich leben können.”, meinte Molly mit fester Stimme und reiflicher Überlegung.

“Und womit würdest du nicht leben können?”, forderte Lucius zu wissen und wickelte das rotschimmernde Löckchen um seinen Finger.

“Wenn mein Herz bricht. Wenn du mein Herz brichst”, gab sie zu und unterdrückte das Toben in ihrem Inneren. Wie konnte sie nur? Mit welchem Zauber hatte man sie belegt, dass sie plötzlich von etwas zusprechen begann?

“Ich? Dein Herz brechen? Niemals, Liebes. Und ich denke, dass du weißt, das ich dazu gar nicht fähig bin.”, ein kurzes, flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht. Molly stieß einen schnaubenden Laut aus und schüttelte knapp ihr Haupt, sodass ihre roten Locken nur sachte umher schwangen.

“Du glaubst mir nicht?”, die Stimme Lucius wurde plötzlich kalt. Das Mädchen hielt in ihren Bewegungen inne.

“Natürlich nicht. Du bist ein Slytherin, du weißt nicht, was du willst. Außerdem bist du doch bereits verlobt.”, entkam es ihr. Die sturmgrauen Augen der jungen Schlange verengten sich für einen kurzen Augenblick. Ein Grinsen legte sich auf seine Gesichtszüge, doch dann gefroren seine Worte zu einem Eisklumpen.

“Verlobungen”, meinte er langsam, mit Bedacht und Ruhe, “sind lösbar.”

Mit diesen Worten setzte er sich auf, zog sie zu sich empor und griff mit beiden Händen nach ihrem Gesicht. Der verzehrende Kuss, der auf seine Worte hin folgte, war eine willkommene Betäubung für ihr, vor Verzweiflung tobendes, Inneres. Molly wehrte sich nicht, sondern genoss das Treiben und ergab sich ihm abermals. Sie hatte sich von niemand anderen küssen lassen, abgesehen von Arthur und hatte nicht vor, etwas daran zu ändern. Doch unter den gegebenen Umständen, war es ihr mehr als Recht, dass es doch jemanden gab, dem sie erlaubte, ihre Lippen zu berühren.

“Ob ich möchte, dass du gehst? Nein! Ich will, dass du bleibst!”, flüsterte er gegen ihren Mund und wieder ertappte sich Molly dabei, den womöglich größten Fehler ihres Lebens zu begehen.
 

“Nicht zu glauben, dass jemand wie du es schafft, meine Welt, binnen drei Tagen, so durcheinander zubringen!”, knurrte Lucius, als seine Finger über ihre erhitzte und noch leicht benetzte Haut fuhren.

“Dasselbe könnte ich auch von dir behaupten!”, murrte sie, unterdrückte ein Kichern, als seine Hände erneut über ihren Bauch glitten und er zarte Küsse darauf verteilte. “Aber... das wird nicht funktionieren.”

Ein frustrieter Seufzer entkam ihren roten, glänzenden und so herrlich geschwollenen Lippen, und er konnte dem Drang, sie erneut zu küssen, nicht widerstehen. Als er von ihr abließ, begegnete er ihrem furchtsamen Blick und wirkte ebenso getroffen wie sie.

“Nein, wird es nicht!”, stimmte er zu, fuhr mit seinen Händen letztes Mal über ihr Gesicht, legte ein letztes Mal noch seine Lippen auf ihre und atmete ein aller letztes Mal ihren Duft ein, ehe er sie gehen ließ.

“Beeil dich, sie warten schon!”, drängte Lucius, als er Mollys Vorhaben, sich so langsam wie nur irgend möglich anzukleiden, mit seinem Befehl zerschlug.

“Ich hasse dich!”, fauchte sie zurück, doch das Zittern in Stimme und ihren Bewegungen verriet sie.

“Nun, Liebes, ganz wie es dir beliebt.”, mit einem Grinsen im Gesicht trat er auf sie zu, schlang seine Arme um ihre Körpermitte und drückte seufzend einen Kuss in die Mulde ihres Nackens.

“Du wirst sie heiraten!”, bellte Molly und doch klang es eher nach gequälter Verzweiflung.

“Verurteilst du mich?”, wollte er wissen und atmete tief durch. Molly löste sich aus seiner Umarmung, wagte es nicht, ihn anzusehen und griff nach dem kleinen Köfferchen zu ihren Füßen.

“Ich muss packen!”, knurrte sie, griff nach den restlichen, noch fehlenden Kleidern, zog sich jene, die nicht in dem Koffer landeten, über und zwang sich nun, endlich in das Gesicht ihres Gegenübers zu blicken.

“Du hast mich verändert.”, meinte Lucius und griff nach der freien Hand, die schlaff an ihrem Körper herunter baumelte.

“Nein, habe ich nicht!”, erwiderte sie gedehnt und zwang sich zu einem Lächeln.

Lucius ließ von ihr ab, gab sie frei. Keine Lippen mehr, die er kosten konnte, keine Berührungen mehr, die beiden so willkommen waren und keine Wortgefechte, die ihre Gemüter so erhitzten.
 

Jene Nächte blieben unter Verschluss, niemand erfuhr je eine Silbe, ein Wort. Tage würden vergehen, Jahre verstereichen. Kriege würden geführt und Kinder geboren werden. Menschen, die man liebte, würden diese Welt verlassen und doch würden jene Stunden mehr sein, als bloße Erinnerungen.
 

The End.
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  EsistJuli
2012-07-31T22:01:15+00:00 01.08.2012 00:01
Ich find die Story absolut süß.
Was ich noch toller fänd: schreib doch noch einen kleinen Epilog, vllt, dass die 2 sich als Erwachsene nochmal begegnen. Fänd ich super spannend!
Das Paaring ist ungewöhnlich und trotzd wundervoll :)
Danke für die schöne Geschichte :)
Von:  PoS
2012-04-29T13:07:17+00:00 29.04.2012 15:07
Liebste Tortenfee, das war köstlich. Anders als erwartet und erhofft, jedoch nicht minder phantastisch. Ich danke Dir von Herzen für diese schöne Gesichte.
PoS


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