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Die Seele der Zeit

Yu-Gi-Oh! Part 6
von

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Rückschlag

Rückschlag
 

Die panisch durch die Gänge irrenden Sklaven und Diener sprangen zur Seite, als ihr König an ihnen vorbei rannte. Sein Umhang bauschte sich hinter ihm, bald schnappte er nach Luft. Caesian! Es bestand kein Zweifel. Der Feind blies wieder zum Angriff. Ihm war klar gewesen, dass dieser Moment kommen würde. Er und Seto hatten auch alles Nötige in die Wege geleitet, um im Ernstfall sofort und ohne Umschweife reagieren zu können. Und dennoch hatte er gehofft, die nächste Auseinandersetzung würde auf sich warten lassen, vielleicht gar nie kommen. Noch waren die meisten der verwundeten Schattentänzer nicht so weit genesen, dass sie in die bevorstehende Schlacht eingreifen konnten. Was gewiss ein Nachteil war, denn je höher ihre Truppenstärke war, desto wahrscheinlicher war es, sich gegen Caesian zur Wehr setzen zu können. Er stürmte durch ein Portal ins Freie. In den Innenhof, wo der Clan beherbergt war. Er entdeckte Marik, Mana, Ryou und Marlic, die bereits auf ihn zugeeilt kamen – wobei Letzterer eher gemächlich ging.

„Ist es soweit?“, rief ihm Mana schon entgegen.

„Ich befürchte ja“, sagte Atemu. „Geh schnell ins Lager hinüber und sieh nach Riell und Risha, ich muss sie sofort sprechen.“

Die Hofmagierin verschwand augenblicklich.

„Ich denke, ich werde euch gar nicht erst darum bitten müssen, euch aus dieser Schlacht herauszuhalten?“, meinte er indes an seine Freunde gewandt.

Die verbliebenen Drei schüttelten synchron den Kopf.

„Wir helfen dir“, beteuerte Marik.

„Genau. Jede Hilfe wird nötig sein“, stimme Ryou zu.

Marlic gab ein „Du glaubst doch nicht, dass ich mir den Spaß entgehen lasse? Endlich wieder Action!“ von sich.

Damit war das schon einmal geklärt. Es dauerte nicht lange, dann hörte der Pharao jemanden nach ihm rufen. Als er sich umsah, entdeckte er Seto, der gemeinsam mit Yugi, Joey und Tea herüber kam. Keiro und Bakura tauchten kurz darauf auch auf.

„Majestät! Ich habe die Truppen veranlasst, sich vor den Toren zusammen zu ziehen. Einen Teil habe ich hinter den Toren behalten, für den absoluten Notfall. Die Aufstellung erfolgt wie gewöhnlich, ich denke, sie ist auch weiterhin die effektivste“, erklärte der Hohepriester gleich.

Im selben Moment kamen Riell und Risha hinzu.

„Nehmt jene unter uns, die sich körperlich an dem Kampf beteiligen können, in die Mitte der Formation. Die Bogenschützen sollten sich zu Euren auf die Mauern gesellen. Außerdem haben wir noch einige, die sich zwar kaum rühren können, aber fähig sind, ihre Ka-Bestien in den Kampf zu schicken. Gewiss sind auch diese nicht im besten Zustand, aber ich bin sicher, sie werden dem einen oder anderen Soldaten den Kopf kosten. Wir haben bereits veranlasst, dass sich alle zu den Toren begeben“, erklärte die Schattentänzerin ohne zu zögern.

Marlic zog daraufhin amüsiert eine Augenbraue in die Höhe. Wer war die denn und wo kam sie so plötzlich her? Er musste einiges verpasst haben, während er sich in den Schenken amüsiert hatte. „Ihr müsst ganz schön verzweifelt sein, Pharao, wenn ihr einen Haufen Weiber mit an die Front schickt“, kommentierte er schließlich.

Wie vom Blitz getroffen schossen die Köpfe von Mana und Risha herum. „Wie bitte?“, fragten sie im Chor. Zumindest was das betraf, schienen sie sich einig zu sein.

„Pass auf, was du sagst, du Krüppel. Ansonsten landet mein Dolch schneller in deiner Brust, als dir lieb ist!“, fauchte die Schattentänzerin.

Doch das Ebenbild Mariks gluckste nur amüsiert. „Wie niedlich. Soll ich jetzt etwa Angst haben?“

„Besser wär's!“, giftete die Andere zurück.

„Könnt ihr euch vielleicht mal am Riemen reißen? Da steht eine Armee vor der Tür!“, mischte sich auch Joey ein.

„Du kennst doch seine Art, der kann einfach nicht ernst bleiben“, kommentierte Bakura mit Nicken in Richtung Marlic. „Mach dir an dem nicht die Hände schmutzig“, fuhr er an Risha gewandt fort. „Der ist es nicht wert.“

„Ach, sind wir immer noch beleidigt?“, höhnte die andere Milleniumsseele auch schon weiter. „Hat übrigens ganz schön weh getan, das Veilchen.“

„Sei auf der Hut, oder du wirst noch viel mehr Schmerzen erleiden, Sackgesicht“, zischte der Grabräuber.

Nun war es an Risha, verwirrt drein zu blicken. „Wie? Mir sagst du, ich soll die Finger von ihm lassen und selber drohst du ihm und schlägst ihn?“

„Glaub mir, bei dem macht das keinen Spaß, der steht eher noch drauf“, winkte Bakura ungerührt ab.

„Sag mal, kennst du die Tussi etwa?“, mischte sich Marlic wieder ein.

„Und wenn schon, geht dich das irgendetwas an?“, erwiderte der Weißhaarige.

„Wie niedlich!“, höhnte die andere Milleniumsseele. „Bakura hat 'ne Freundin!“

„Sie ist nicht meine Freundin!“, fauchte der Grabräuber sofort.

„Ich bin seine Cousine, du Hohlschädel!“, fügte Risha ebenso hinzu.

Marlics Blick glitt zwischen den beiden hin und her. „Was? Sag mal, gibt’s von euch irgendwo ein Nest oder so?“

„Können wir das vielleicht später klären? Falls es euch entgangen sein sollte, vor unseren Mauern steht eine Armee!“, donnerte Seto dazwischen.

„Lasst uns zum Stadttor gehen! Wir dürfen keine Zeit verlieren!“, stimmte Atemu zu.

Endlich setzte sich die Gruppe in Bewegung. Selbst Marlic rannte. Offenbar hatte er Angst, irgendetwas von der bevorstehenden Schlacht, die er als 'Spaß' betitelte, könne ihm entgehen. Indes wurde der Pharao immer nervöser, versuchte jedoch, dagegen anzukämpfen. In dieser Schlacht musste er weiser vorgehen, als in der letzten. Caesian würde es diesmal nicht so einfach haben, darauf konnte er Gift nehmen! Beim letzten Mal war Atemu noch geschwächt gewesen, doch inzwischen hatte er sich gut erholen können. Auch die Göttermonster würden diesmal deutlich stärker sein. Zudem wusste Mana seit der Befreiung Reshams sicher, dass es sich bei dem Wesen, das immerzu Lichtkugeln schleuderte, um eine Ka-Bestie handelte. Außerdem war ihr nun dessen Erscheinung bekannt, was es deutlich einfacher machen würde, die Kreatur festzusetzen, sobald sie sich zeigte. Denn Darla konnte diese Art von Magie nur wirken, wenn sie ihren Gegner bildlich vor Augen hatte und seinen Standort bestimmen konnte. Diesmal würde Caesian einen Tritt in den Hintern bekommen, der sich gewaschen hatte!

Endlich erreichten sie die Stadtmauer. Bogenschützen, sowohl Soldaten Ägyptens, als auch Schattentänzer, hatten sich bereits darauf positioniert. Keiner von ihnen zögerte, sie alle erklommen den Wall sofort. Oben angelangt verschlug es ihnen den Atem, obgleich sie den Anblick bereits kannten. Caesians Heer marschierte auf, endlose Reihen von Männern, die bis an die Zähne bewaffnet waren. Ein Schauer lief Atemu den Rücken hinab. Diesmal mussten sie siegen und dieser Geschichte endlich ein Ende setzen.

Der Pharao begutachtete die Aufstellung seiner Truppen. Seto hatte dieselbe veranlasst, die sie auch schon beim letzten Mal verwendet hatten. Das brachte zwar den Nachteil mit sich, dass sie dem Feind bereits bekannt war, zugleich war sie jedoch in den Augen des ägyptischen Herrschers und seiner Berater die effektivste. Zahlreiche Gegner hatten sich an ihr schon die Zähne ausgebissen und auch Caesian würde diese Erfahrung machen!

„Majestät!“, hörte er ein Rufen, stellte jedoch gleich darauf fest, dass es nicht ihm gegolten hatte. Es war Samira, die auf das weibliche Oberhaupt der Schattentänzer zugeeilt kam. „Diesmal machen wir den Kerl kaputt, nicht wahr?“

„Was machst du hier?“, bekam sie jedoch eine verdutzte Antwort von Riell.

„Na, ich kämpfe mit!“, entgegnete die Kleine, verblüfft von der Frage des Älteren.

„Ein Schlachtfeld ist aber kein Ort für Kinder“, warf Tea ein.

Man konnte sofort sehen, wie sich die Miene der Rothaarigen veränderte. „Ich bin kein Kind! Ich bin eine Schattentänzerin und ich werde ebenso kämpfen, wie alle anderen auch!“

„Das wirst du nicht … “, setzte Risha an, doch wurde zu ihrer Überraschung gleich unterbrochen.

„Aber Majestät! Ich bin stark, das habt Ihr selbst gesagt und … “

„Weil ich eine andere Aufgabe für dich und Kipino habe! Lass mich ausreden, wenn ich dir etwas zu sagen habe, verdammt!“, herrschte die blonde Schattentänzerin sie an. „Hör gefälligst zu. Wir wissen nicht, wie diese Angelegenheit ausgeht. Du gehst gemeinsam mit Kipino in den Palast und bleibst bei Vater. Wenn es Caesian gelingen sollte, in die Stadt einzudringen, dann verschwindet ihr so schnell wie möglich mit Resham von hier. Hast du mich verstanden?“

Samira sah noch einen Moment so aus, als wäre sie damit alles andere als einverstanden. Letztendlich nickte sie aber, ohne weiter zu widersprechen. „Wie Ihr wünscht, Euer Majestät“, sagte sie, dann eilte sie zu Kipino, ehe sie mit ihm in der Stadt verschwand.

„Gut, das wäre geklärt. Pharao?“, wandte sich nun Riell an den Herrscher Ägyptens. „Wärt Ihr mit dem Plan einverstanden, die Ka-Bestien meiner Schattentänzer von den Flanken der Formation her einfallen zu lassen? Wenn sie von den Seiten angreifen, können sie in meinen Augen größeren Schaden anrichten, als wenn wir sie in die Mitte der Armee setzen. So werden sie nicht von allen Seiten belagert, können sich besser wehren und einen Feind nach dem anderen ausschalten.“

Atemu nickte. „Ja, so können wir es machen. Ich hatte an eine ähnliche Taktik für unsere Ka-Bestien gedacht. Außerdem können sie sich so leichter zurück ziehen, sobald ihre Zwillingsseelen zu erschöpft sind. Damit vermeiden wir unnötige Verluste.“

„Dann lassen wir die Party mal steigen, oder?“, meldete sich Joey zu Wort. „Zeigen wir dem Typen, wer hier das Sagen hat! Rotauge, komm zu mir!“

Er reckte den Arm mit dem Diadiankh in die Höhe. Das goldene Gestell klappte aus und begann zu leuchten. Kurz darauf erschien in dem üblichen, gleißenden Schein die schwarze Riesenechse hinter dem hitzköpfigen Blondschopf. Das Maul öffnete sich zu einer Drohgebärde.

„Das ist doch noch gar nichts“, kommentierte Seto abfällig. „Weißer Drache, erscheine und sei mein Gefährte in dieser Schlacht!“

Am Himmel über der Stadt erschien noch ein weiterer Drache. Allerdings schien diese Kreatur der absolute Kontrast zu der von Joey zu sein. Der Hohepriester lächelte zufrieden, als er das Wesen ansah.

„Wird das hier jetzt ein Kräftevergleich? Ich würde sagen, da können wir mithalten, oder?“, sagte Riell mit einem Zwinkern in Richtung Risha.

Nach und nach erschien eine Ka-Bestie nach der anderen. Cheron stieg mit einem Viehren in die Lüfte, ehe Anwaar ihm mit kräftigen Schlägen der goldenen und silbernen Flügel folgte. Die Feuerprinzessin und Darla erschienen nebeneinander auf der Mauer Men-nefers und umklammerten kampfbereit ihre Zepter. Der Chaosmagier von Yugi gesellte sich nur kurz darauf zu ihnen. Auch Diabound und Shadara materialisierten sich. Während sich Ersterer ebenfalls gen Himmel erhob, positionierte sich der Zerberus neben den anderen auf der Umgrenzung der Stadt, wobei er ein wütendes Knurren verlauten ließ. Shiruba und Anubis kamen ebenfalls zum Vorschein. Das blaue Feuer von Ryous vierbeiniger Kreatur flackerte unruhig, während das Biest Mariks die Knöchel knacken ließ. Zu guter Letzt rief noch Marlic seine Zwillingsseele Des Gardius herbei, die ein angriffslustiges Fauchen ausstieß.

„Dann fehle wohl nur noch ich“, murmelte Atemu, ehe er die Armee vor der Brust kreuzte. „Drache des Osiris, erhöre meinen Ruf! Folge ihm in diese Welt und sein mein Schwert in diesem Kampf! Führe Ägypten zum Sieg! Ich rufe dich, Slifer!“

Plötzlich wurde es schwarz vor Atemus Augen. Die Geräusche um ihn herum verstummten. Die Finsternis schien ihn zu umgarnen, als sie plötzlich von einem Schein durchbrochen wurde. Einem weißen Glanz, der ihn blendete. Doch er vermochte nicht, den Blick abzuwenden – zumal sich ein Bild aus dem Glühen zu schälen begann. Ein Sarkophag von reinstem Gold, über den sich eine Gestalt beugte. Langsam wandte sie sich zu Atemu um. Doch noch ehe er das Gesicht der Person erkennen könnte, verblasste der Anblick plötzlich. Es wurde verdrängt von der Aussicht auf das Schlachtfeld vor Men-nefers Toren.

Immer wieder blinzelte der Pharao. War das soeben real gewesen? Ihm kam plötzlich wieder der Falke in den Sinn, den er gesehen hatte, kurz bevor der geflügelte Drache des Ra vor einigen Tagen auf dem Schlachtfeld erschienen war. Hatten diese … Visionen eine Bedeutung?

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als ihm jemand auf die Schulter klopfte. Es war Joey.

„Alles in Ordnung, Alter?“

„Ja … Ja, mir geht es gut. Ich war nur für einen Moment in Gedanken“, erwiderte Atemu.

Der Wind war stärker geworden, der Himmel hatte sich verdunkelt. Schließlich senkte sich ein Schatten über das Land. Rote Schuppen wanden sich über das Firmament. Sie waren auf dem ewig reichenden Rücken mit zahlreichen Zacken besetzt. Flügel peitschten die Luft. Das Maul, über dem noch ein weiteres saß, öffnete sich zu einem wütenden Brüllen, das die Erde erbeben ließ. Slifer, der Himmelsdrache war hernieder gestiegen.

Die Schattentänzer gaben Laute des Erstaunens von sich. Auch ihre beiden Anführer hatten die Köpfe in den Nacken gelegt, um die Bestie genauer betrachten zu können. Auf ihren Mienen stand Ehrfurcht geschrieben, als sie das Monster, welches dem Gott Osiris zugeschrieben wurde, ansahen. Die Aura das Wesens war unglaublich stark. Es gab wohl kein einziges Ka in ihrem Clan, das sich auch nur annähernd mit diesem messen konnte.

Die Wolken lichteten sich bereits wieder und machten dem sengenden Sonnenschein Platz, als sich das göttliche Geschöpf herab senkte. Sein stechender, drohender Blick weilte auf dem feindlichen Heer. Atemu tat es ihm gleich. Sie waren bereit für die Schlacht.

Irgendwo in den feindlichen Reihen ertönte ein Horn. Schon wie beim letzten Mal löste sich ein einzelner Reiter aus der Masse an Soldaten. Als er weit genug an die Stadt heran geritten war, um verstanden zu werden, rief er die Mauer hinauf: „Seine Majestät Caesian lässt eine Nachricht an Euch überbringen, Pharao!“

„Die da wäre?“, erwiderte Atemu.

„Noch habt Ihr die Chance, Euch zu ergeben. Ihr werdet diesen Schritt nicht bereuen. Unsere Bedingungen sind einfach und gnädig. Solltet Ihr kapitulieren, wird Euch kein Leid geschehen – insofern Ihr bereit seid, uns sowohl die Relikte, als auch die drei obersten Mitglieder der Schattentänzer auszuhändigen. Ihr und Euer Volk werdet daraufhin Euer Leben behalten und es dazu nutzen, dem großen Herrscher Caesian zu dienen!“

Für einen Moment dominierte das Schweigen. Dann begann Seto plötzlich mit voller Inbrunst zu lachen. Der Gesandte des Feindes runzelte die Stirn. „Was ist so lustig, wenn ich mich erkundigen dürfte?“

Auch Atemu musste kurz schmunzeln, als er Antwort gab. „Eure Worte, Fremder! Richtet Eurem Herrn aus, dass wir diesen Kuhhandel nicht eingehen werden! Wenn er wirklich glaubt, uns niederwerfen zu können, so soll er es versuchen!“

Der Bote sah nicht überrascht aus. „Sind dies Eure letzten Worte?“

Der Pharao überlegte einen Augenblick. „Nicht ganz. Eines noch: Caesian soll sich der Tragweite eines Angriffs auf unsere Stadt bewusst sein. Wenn er es tatsächlich wagt, erneut unseren Zorn auf sich zu ziehen, so hat er keinerlei Gnade zu erwarten. Dann wird er es sein, der am Ende dieses Tages im Staub kriecht.“

Der Gesandte gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte in die hintersten Reihen des feindlichen Heeres zurück. Es dauerte nicht lange, dann erklang erneut ein Horn. Caesian hatte die Nachricht erhalten und forderte seine Männer auf, sich zum Kampf bereit zu machen.

„Die Macht des Reliktes, das man Eurem Vater nahm, war die der Regeneration, nicht wahr?“, erkundigte sich Atemu noch ein letztes Mal bei Riell.

Dieser nickte. „Ja. Ein großer Vorteil für ihn – aber zugleich auch ein Nachteil. Erinnert Ihr Euch? Sie mögen sich nun wesentlich schneller wieder erheben können, wenn wir sie in den Staub stoßen, und beinahe unmöglich zu töten sein, doch sie sind jetzt verwundbar gegenüber Feuer. Denn was zu Staub zerfällt, kann nicht mehr zusammen gesetzt werden. Darauf müssen wir bauen. Es ist der einzige Weg, sie loszuwerden.“

„Ich habe unsere Bogenschützen mit genügend Öl und Fackeln ausgestattet. Wenn wir nun noch die Ka-Bestien hinzu nehmen, die das hitzige Element ihr Eigen nennen, so werden wir ihn schlagen“, erklärte Seto.

„Feuer ist zum Glück eine Ressource, die man nur schwer aufbrauchen kann. Das kann nur zu unserem Vorteil sein!“, mischte sich Joey mit überzeugtem Unterton ein. „Du wirst sehen, Alter. Am Ende des Tages sitzt du wieder in Ruhe auf deinem Thron und wir schmeißen eine fette Party!“

„So ähnlich hast du beim letzten Mal wahrscheinlich auch schon daher geredet. Und was kam dabei heraus?“, kommentierte Bakura abfällig.

„Kannst du vielleicht auch irgendetwas positiv sehen?“, entgegnete Mana daraufhin gereizt. „Wenn wir schon mit solchen Gedanken in eine Schlacht ziehen, können wir auch gleich kapitulieren!“

„Von aufgeben war keine Rede“, erwiderte der Grabräuber. „Lediglich davon, dass Wheeler seine große Klappe ein wenig zügeln sollte. Er tut ja gerade so, als habe er schon an zahlreichen Fronten gestanden.“

„Und sowas ausgerechnet aus deinem Mund?“, fauchte der Blondschopf sofort.

„Könnt ihr das Gemotze vielleicht mal lassen? Ihr verderbt diese wunderbar bedrohliche Atmosphäre!“, kam es nun von Marlic.

„Ihr haltet einfach alle die Schnauze, verstanden?“, donnerte Seto, ehe er den Truppenführern vor der Stadtmauer ein Zeichen gab, die eigenen Männer ebenfalls in Bereitschaft zu versetzen. Rufe wurden über dem Schlachtfeld laut. Speere wurden erhoben, Schwerter gezückt. Pferde viehrten aufgeregt. Bogenschützen legten ihre Pfeile an die Sehnen der Bögen. Einige tauchten sie zuvor bereits in Öl, sodass sie schnell entzündet werden konnten. Streitwagen nahmen ihre Positionen ein. Auch die restlichen Schattentänzer riefen ihre Zwillingsseelen herbei und ließen sie unterhalb der Mauer verharren. Jeder Mann spannte sich an, ebenso die Ka-Bestien, die auf den Mauern saßen oder über der Szenerie schwebten. Erneut erklangen Hörner von beiden Seiten des Feldes.

„Und ich habe irgendwann einmal die Spielflächen bei Duelmonsters als Schlachtfelder betrachtet“, murmelte Yugi. „Jetzt ist mir erst recht klar, dass man beides nicht ansatzweise vergleichen kann.“

„Ruhig Blut, Partner“, antwortete Atemu. „Diesmal wird er sich an uns die Zähne ausbeißen. Und wenn ich ihn töten muss, dann werde ich es ohne zu zögern tun.“

Der Kleinere musterte den Pharao von der Seite. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken. Aber er wusste, dass er das Denken aus seiner Zeit, was Töten betraf, nicht in diesen Sphären anwenden konnte. Zwar war das alte Ägypten vergleichsweise sehr zivilisiert, aber dennoch waren die Sitten hier anders als im 21. Jahrhundert.

„Es ist soweit“, wurde er schließlich von Setos Stimme aus den Gedanken gerissen. Die Luft über der Stadt schien regelrecht zu vibrieren. Das Brüllen der Soldaten Caesians schallte bis zu ihnen hinüber. Dann setzte sich die unendlich erscheinende Masse aus Menschen mit einem Ruck in Bewegung.

„Für Ägypten! Zum Angriff!“, schrie Atemu.

Auch seine Soldaten lösten sich mit einem Mal aus ihrer vermeintlichen Starre. Lanzenträger stürmten voran, dicht gefolgt von den Schwertkämpfern, die von den Streitwagen flankiert wurden. Die Ka-Bestien des Clans warteten im Schatten der Mauer, bis die ägyptischen Soldaten ein gutes Stück voran gekommen waren, dann stürmten sie auf ein Zeichen Riells hinterher. Sie preschten an den Seiten der ägyptischen Armee vorbei und machten sich bereit, Caesians Männer von den Flanken der Formation her auseinander zu nehmen. Sekunden, die wie eine Ewigkeit erschienen, zogen dahin, dann prallten die Truppen aufeinander. Schreie gellten über das Land. Die Lanzenträger in der vordersten Reihe stachen auf jedes Ziel ein, das ihnen vor die blanken Enden der Waffen lief. Sogleich gab es an dieser Stelle auf beiden Seiten die ersten Verluste. Schwerter und Beile prallten aufeinander und wurden wieder empor gerissen. Die Streitwagen galoppierten voran und ihre Lenker rissen die ersten Feinde nieder. Zur selben Zeit wurden sie von den Ka-Bestien der Schattentänzer überholt, die in die Flanken der feindlichen Formation einfielen und augenblicklich die ersten Krieger niederwarfen. Die Bogenschützen spannten die Sehnen ihrer Waffen an.

„Noch nicht!“, rief Seto. „Lasst den Feind noch näher heran kommen!“

„Aber für uns ist es an der Zeit“, entgegnete Risha. „Cheron! Vorwärts!“

„Ruf ihn sofort zurück! Noch habe ich keinen Befehl zum Angriff gegeben!“, fuhr sie der Hohepriester prompt an.

Die Schattentänzerin sah ihn an, als wünsche sie ihm die Pest an den Hals. „Bist du bescheuert? Wenn sich die beiden Armeen erst einmal vermischt haben, wird es vor allem für die Kreaturen in der Luft schwierig, nur den Feind zu treffen!“

„Dem stimme ich zu“, schaltete sich Atemu schnell ein, ehe Seto erneut zu einer Erwiderung ansetzen konnte. „Ka-Bestien vorwärts!“

„Feuer frei!“, rief Tea scheinbar voller Tatendrang, doch ihre Stimme strafte sie Lügen. Dennoch folgte ihre Kreatur diesen Worten gleich. Das Zepter der Feuerprinzessin wirbelte durch die Luft, dann schossen die ersten flammenden Bälle über das Schlachtfeld. Dann sprang sie gekonnt von der Mauer herab, um sich in die Schlacht zu stürzen. Es dauerte nicht lange, dann schlossen sich bereits die nächsten Bestien an. Cheron begann ein brennendes Bombardement aus der Luft. Rotauge, Anwaar, Diabound und der weiße Drache schossen ebenfalls über der Wüste dahin und ließen eine Salve von Angriffen auf den Gegner niedergehen. Shiruba, Anubis, Des Gardius und Shadara sprangen mit flinken Sätzen von der Mauer herab, preschten durch die Reihen der eigenen Soldaten und stürzten sich schließlich auf Caesians Soldaten. Vor allem Ryous Ka-Bestie erwies sich herbei als nützlich, da er aus direkter Nähe ein gutes Dutzend Soldaten auf einmal in Flammen aufgehen ließ. Unterstützt wurde das Quartett bei seinem Bodenangriff von Darla und dem Chaosmagier, die ihre Kräfte bündelten, um größeren Schaden anzurichten. Auch Slifer blieb nicht untätig. Die gewaltige Echse setzte sich mit einem Schrei, der dem eines Adlers glich, in Bewegung. Die gleißenden Angriffe des göttlichen Geschöpfs hinterließen Schneisen der Verwüstung im Wüstensand. Seto hatte sich derweil eine andere Verwendung für die Bogenschützen überlegt. Er ließ sie nun doch feuern. Ihr Ziel waren dabei allerdings die Soldaten Caesians, die bereits verwundet waren und so einfach zu treffen waren. Sinn des Ganzen war, den Feind unschädlich zu machen, ehe die Saat des Chnum ihre regenerierende Wirkung entfalten konnte.

„Wo ist dieses Biest?“, murmelte Mana. „Warum hält er es zurück?“

„Du meinst seine Zwillingsseele?“, erkundigte sich Atemu, nahm den Blick jedoch nicht vom Gefecht.

„Ja, genau“, erwiderte die Hofmagierin. „Wenn sie auch nur kurz in Erscheinung treten würde, wäre es Darla diesmal vielleicht möglich, sie festzusetzen. Wir brauchen lediglich einen Anhaltspunkt, auch wenn er noch so schnell vorüber zieht. Seit Reshams Rettung wissen wir immerhin, womit wir es zu tun haben.“

„Könnte es nicht sein, dass er sie genau deshalb nicht heraus lässt?“, überlegte der Pharao. „Sagen wir es so, ich bin nicht traurig darüber, dass diese Kreatur bleibt, wo auch immer sie ist.“

„Traurig bin ich ebenso wenig. Besorgt wäre der passendere Begriff. Sie könnte überall sein“, gab Mana zu bedenken.

Atemu ließ die Augen aufmerksam über das Schlachtfeld gleiten. In diesem Punkt hatte die Hofmagierin absolut recht. Sie wussten weder ob, noch wann sich Caesians Ka-Bestie zeigen würde. Er konnte nur hoffen, dass ihnen im schlimmsten Fall genügend Zeit blieb, um das Geschöpf auszuschalten, ehe es Schaden anrichten konnte. Denn sie hatten bereits gesehen, wozu es fähig war.

Eine Salve von Pfeilen schoss von der Mauer auf das feindliche Heer nieder. Zahlreiche Männer gingen sofort in Flammen auf. Doch der Angriff blieb nicht unerwidert. Dieselben Geschosse, jedoch nicht brennend, stoben aus Caesians Reihen empor.

„Runter und an die Mauer!“, rief Atemu und duckte sich gerade noch rechtzeitig, um einem Pfeil zu entgegen, der über ihm vorbei zuckte. Ein verwundeter Schattentänzer war nicht schnell genug, doch sein Leben wurde dennoch gerettet – durch Risha, die ihn geistesgegenwärtig durch einen Hechtsprung zu Boden riss.

„Cheron!“, brüllte sie. „Kümmere dich um die Schützen, rasch!“

Der Pegasus änderte sofort seinen Kurs über dem Schlachtfeld. Seine Flügel flammten kurz auf, dann schossen zwei glühende Sicheln auf die Reihen des Feindes hinab.
 

Caesian beobachtete die Schlacht ungerührt. Wer glaubte dieser Pharao eigentlich zu sein? Ja, ihm eilte der Ruf voraus, dass er der Auserwählte der Götter sei. Doch er war nur einer ihrer Diener. Er, Caesian, hielt die Macht der Gottheiten selbst in Händen! Zufrieden betrachtete er Chnums Saat, Seths Zepter und Nephthys Tränen. Am Ende des Tages würde er seine Sammlung weiter vervollständigen können, da war er sich sicher. Zwar war sein Angriff in der Ruine gescheitert, da er dort kein Artefakt hatte finden können, doch er erinnerte sich an den Überfall auf den Clan. Die Tochter des Oberhaupts trug eines mit sich – den Dolch des Anubis, so viel war sicher. Und wer wusste schon, ob das wirklich das einzige Relikt war? Vielleicht stieß er in Men-nefer ja auf eine richtige Goldgrube? Und damit meinte er gewiss nicht die Schätze des Pharao …

Er ließ den Blick prüfend über das Feld schweifen. Die Saat des Chnum erwies sich wahrlich als nützlich. Vor allem in Kombination mit den Tränen der Nephthys. Während das eine Relikt dafür sorgte, dass seine Männer nicht sterben konnten, bewirkte das andere, dass durchtrennte Sehnen und geschundene Leiber zu alter Frische zurückkehrten. Er schmunzelte ob der Versuche der Ägypter. Ja, durch die Saat wurden die Soldaten verwundbarer gegenüber Feuer. Trotzdem war das Relikt des Gottes, der häufig als Rind dargestellt wurde, nützlich, regenerierte seine Macht doch alle Wunden, die nicht von Feuer verursacht wurden. Sie konnten nicht gewinnen. Caesian würde sich an ihren fassungslosen, verzweifelten Gesichtern ergötzen. Zugleich würde er diesen verdammten Clan demütigen. Er grinste und rief einen seiner Kommandanten herbei. Es wurde Zeit, diese Auseinandersetzung ein wenig voran zu treiben. Er hatte noch ein Ass im Ärmel. Offenbar hielten ihn seine Gegner für vollkommen auf den Kopf gefallen, das schloss er aus ihrer Taktik. Sie schienen nicht wahrhaben zu wollen, wozu er jetzt, da er drei Relikte sein eigen nannte, fähig war.

Oder wussten sie etwa noch gar nicht, dass man die Kräfte der Artefakte auch mit einander kombinieren konnte?
 

„Majestät! Bei den Göttern, seht doch nur!“

Panisch machte der Bogenschütze auf den Mauern Men-nefers auf einen feindlichen Krieger aufmerksam. Gerade eben war sein Leib in Flammen aufgegangen und er war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Doch nun war er dabei, sich wieder aufzurappeln. Seto starrte an der Seite Atemus auf den Mann hinab. Dann bahnte sich seine Wut einen Weg.

„Was soll das? Habt Ihr nicht gesagt, die Saat des Chnum wirke nicht bei Feuer?“, donnerte über den Schlachtlärm hinweg.

Das Opfer seines Ausbruchs waren offensichtlich Riell und seine Schwester. Der Schattentänzer sah ebenso verwundert wie erschrocken drein und suchte nach einer Lösung. Was hatte er übersehen? Risha kam ihm schließlich zuvor.

„Die Tränen der Nephthys! Anscheinend ist die Kraft der Artefakte doch untereinander kombinierbar. Er muss die beiden Relikte gemeinsam nutzen! Er ist wohl von allen guten Geistern verlassen!“, rief sie entsetzt. „Wir müssen sofort etwas tun, ehe das Auswirkungen haben wird!“

„Ihr behauptet, Ihr wüsstet alles über diese Gegenstände und habt die Möglichkeit außer Acht gelassen, dass er sie zugleich einsetzen könnte?“, brüllte der Hohepriester weiterhin.

„Das haben wir nie gesagt!“, erwiderte Riell ebenso aggressiv. „Ich habe Euch von vorne herein erklärt, dass auch wir nicht alle Geheimnisse um die Relikte gelüftet haben. Weil wir sie nicht selbst gebrauchen. Woher sollen wir dann derlei Wissen haben? Außerdem war mir von Anfang an klar, dass dieser Kerl größenwahnsinnig ist, aber dass er soweit geht, zwei Relikte zur selben Zeit zu gebrauchen, hätte selbst ich nicht zu träumen gewagt!“

„Welche Auswirkungen kann es haben, wenn er beide zugleich anwendet?“, schaltete sich nun auch Atemu in das hitzige Gespräch ein.

„Ihr wisst, was ein Gegenstand alleine anrichten kann. Wenn zwei zugleich benutzt werden, verdoppelt sich der Schaden für unsere Welt. So wie es aussieht, heilt außerdem die Saat des Chnum alle Wunden, außer Verbrennungen. Diese könnten seine Untergebenen theoretisch töten, doch die Tränen der Nephthys verhindern, dass sie sterben“, erklärte Risha schnell.

„Dann müssen wir sofort etwas unternehmen! Slifer!“, schrie Atemu. „Direkter Angriff auf Caesian, schnell!“

„Wir helfen dir!“, entgegnete Yugi sogleich. „Chaosmagier! Schließe dich Slifer an! Wir müssen unseren Gegner aufhalten!“

Zustimmende Gesten und Worte kamen auch vom Rest der Truppe. Bald lösten sich ihre Ka-Bestien aus dem Gewirr der Kämpfenden und suchten sich Wege an den Seiten des Schlachtfeldes, um zu ihrem Ziel vordringen zu können. Die anderen folgten ihnen in der Luft, wobei sie immer wieder Pfeilen ausweichen mussten.

„Darla soll sich zurückhalten“, informierte Mana den Pharao. „Sollte sich Caesians Bestie zeigen, so werden wir versuchen, sie festzusetzen.“

Atemu gab nur ein zustimmendes Nicken von sich. Seine Augen hafteten auf dem Punkt, den ihre Zwillingsseelen soeben ansteuerten. Ein ungutes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. Er hatte schon einmal versucht, den Feind direkt an der Wurzel zu packen. Doch nicht einmal der Angriff des geflügelten Drachen des Ra hatte ihm etwas anhaben können. Er konnte nur hoffen, dass er und seine Freunde nicht geradewegs in eine Falle tappten.

Schließlich war es soweit und die Ka-Bestien erreichten ihr Ziel. Die Leibwächter und Soldaten Caesians versuchten zwar, sie von einem weiteren Vordringen abzuhalten, doch vergeblich. Gerade Shiruba mit seiner dicken Haut, der Waffen so leicht nichts anhaben konnten, mähte einen Mann nach dem anderen nieder. Dann sahen sie sich Caesian gegenüber.

„Angriff!“, brüllte Atemu, obgleich ihm klar war, dass ihn die Kreaturen auf diese Entfernung unmöglich hören konnten. Doch seine Gedankenverbindung zu Slifer genügte völlig.

Der gewaltige Drache öffnete sein oberes Maul und formte eine Kugel aus Blitzen, die schon nach kurzer Zeit immer größer wurde. Auch die anderen Wesen begannen mit der Attacke. Eine nach der anderen schoss von ihrem Urheber davon und sauste Caesian entgegen. Die Monster konnten genau erkennen, dass dem Mann die Angst ins Gesicht geschrieben stand. Doch nur für einen winzigen Augenblick, dann verschwand seine Gestalt im Tosen der Angriffe. Sand wirbelte in einer gigantischen Wolke auf und schleuderte in alle Richtungen davon. Die Erde erzitterte unter der Kraft, die die Ka-Bestien freigesetzt hatten. Für einen Moment schienen die Soldaten wie erstarrt. Alle blickten wir gebannt auf die Stelle, an der soeben noch Caesian auf seinem Pferd gethront hatte. Eine Stille, die im Angesicht der Schlacht beinahe grotesk wirkte, breitete sich aus. Nur langsam lichtete sich der Staub – und ließ Atemu und seine Gefährten erstarren.

Noch immer saß Caesian im Sattel seines Hengstes. Über den Kopf reckte er das Zepter des Seth. Wahnsinniges Gelächter entstieg seiner Kehle. Der Ausdruck auf seinem Gesicht unterstrich dieses noch. Offenbar war dasselbe wie beim letzten Mal geschehen. Er hatte sich mit Hilfe des Artefakts vor den Angriffen der Bestien gerettet. Der Sand hatte ihn vor jeglichem Schaden bewahrt.

„Das darf nicht wahr sein! Ich meine … in der letzten Schlacht hat er einzig die Attacke des geflügelten Drachen des Ra abschmettern müssen! Aber wie kann es sein, dass unsere Monster gemeinsam angreifen, und er kommt ohne einen einzigen Kratzer davon?“, rief Tea völlig erschrocken aus.

„Dieser Irre ist stärker, als wir dachten“, gab Risha Zähne knirschend zu.

„Wir dürfen nicht so schnell aufgeben!“, schrie Mana, denn der Kampflärm auf dem Schlachtfeld hatte erneut eingesetzt.

„Sie hat recht!“, stimmte Seto zu. „Weißer Drache, Lichtblitz!“

Die Kreatur fackelte nicht lange. Brüllend schlug sie mit den Flügeln, um eine bessere Position für ihren Angriff zu erreichen. Doch Caesian zuckte noch nicht einmal mit der Wimper. Stattdessen grinste er weiterhin siegessicher, als er das Zepter durch die Luft schwang. Sand wirbelte auf, verband sich zu einer regelrechten Woge und schoss dem Weißen Drachen entgegen. Nur einen Augenaufschlag später schrie die Bestie, als sie durch die Luft geschleudert wurde und krachend zu Boden stürzte. Seto krümmte sich synchron mit seiner Zwillingsseele zusammen, als der Schmerz ihre Leiber durchzuckte. Die anderen Ka-Bestien zögerten keine Sekunde. Sie stürzten vor, dem feindlichen Herrscher entgegen. Doch auch sie blieben erfolglos. Eine nach der anderen bekam die Macht des Zepter zu spüren, landete im glühenden Wüstensand. Selbst Slifers Angriff mit gleißenden Blitzen drang nicht annähernd bis zu Caesian vor.

Atemu griff sich an den Oberarm, als auch seine Kreatur von einer Woge aus Sand in die Seite getroffen wurde und in der Luft taumelte. Der Feind selbst mochte keine Bedrohung für die Monster darstellen. Aber die Macht, die er in Händen hielt sehr wohl. Die Macht der Götter … Es musste irgendeine Möglichkeit geben, ihn zu vernichten! Nicht nur um Men-nefers Willen, sondern auch für den Fortbestand der gesamten Welt. Doch sie konnten ihn nicht einmal direkt angreifen. Wie, im Namen der Götter, sollten sie ihm dann auch nur ein Haar krümmen?

„Ruft die Ka-Bestien zurück! Sie können gegen ihn selbst nichts ausrichten!“, befahl Atemu schließlich.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er plötzlich einen Schatten auf der Mauer wahrnahm. Was war das? Er sah nach oben, nur im nächsten Moment erschrocken die Augen aufzureißen. Dort über ihm, mitten in der Luft, schwebte eine Gestalt. Ihr ganzer Körper wurde von einem schwarzen Umhang verhüllt. Lediglich die Hände waren zu sehen. Sie wirkten knochig und endeten in langen, krallenartigen Fingernägeln.

„Atemu, was … ?“, hatte sich Mana gerade erkundigen wollen, da folgte sie seinem Blick. Schlagartig wurde sie blass. „Seine Ka-Bestie!“

Auch die anderen rissen nun ruckartig die Köpfe herum. Doch da war es bereits zu spät. Schon gingen die ersten glühenden Kugeln auf sie nieder. Eine davon steuerte direkt auf Mana zu. Doch sie sollte nicht die junge Magierin treffen. Plötzlich tauchte Darla wie aus dem Nichts auf und warf sich dazwischen. Ein gellender Schrei, dann wurde die Ka-Bestie von der Attacke durch die Luft geschleudert und krachte unterhalb der Mauer auf die Straße. Die Steine, die den Grund bedeckt hatten, splitterten ob der Wucht des Aufpralls. Auch Mana wurde von den Füßen gerissen. Atemu reagierte zwar noch, doch die Finger der Magierin entglitten ihm, ehe er sie richtig greifen konnte. Sie schrie erschrocken auf, dann stürzte sie in die Tiefe. Auch der Pharao brüllte vor Angst, als seine Kindheitsfreundin auf dem harten Boden der Stadt aufkam und reglos liegen blieb. Sofort eilte ein umstehender Soldat auf sie zu. Auch einige Bürger kamen rasch herbei – schon seit die Schlacht begonnen hatte, hielt sich eine hartnäckige Menge in den Gassen auf, die bereit war, auch mit Mistgabeln gegen den Feind zu ziehen.

„Nein! Mana!“, rief Atemu, dessen Stimme ein von Angst erfülltes Kreischen war.

Sekunden, die sich wie Stunden anfühlten, vergingen, in denen sich die junge Frau nicht rührte. Das Herz pochte schnell in der Brust des Königs, während er fassungslos auf die Stelle starrte, an der sie lag. Nein … es durfte nicht sein … Die Geräusche um ihn herum begannen zu verblassen. Auch vernahm er nicht die aufgeregten, teils gar panischen Rufe seiner Freunde und Mitstreiter, die ihren Ka-Bestien Befehle erteilten. Er war wie von einem Schleier aus Stille umgeben – der erst riss, als sich Mana plötzlich bewegte.

Sein Herz setzte einen bangen Moment lang aus, wohl in der Furcht, er könne es sich nur eingebildet haben. Doch das war nicht der Fall. Tatsächlich versuchte die junge Magierin stöhnend, sich aufzurichten, bis sie schließlich auf alle Viere kam.

„Mana!“, rief Atemu ihr augenblicklich zu, dessen Sinne nun auch wahrnahmen, dass sich die Schlacht fortsetzte. Dennoch schenkte er dem noch keine Beachtung. Er musste wissen, wie es um sie stand!

„Alles in Ordnung!“, erwiderte sie so laut, wie möglich. „Oder okay, wie ihr immer sagt. Hab mir wohl nur ein paar Rippen gebrochen … “, fügte sie mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht hinzu. „Ich bin gleich wieder da.“

„Nein, bleib unten! In deinem Zustand kannst du nicht mehr kämpfen! Und keine Widerrede!“, setzte Atemu nach, als er ihr deutlich ansah, dass sie widersprechen wollte. Sie nickte schließlich und ließ sich von einem Soldaten auf die Beine helfen. Er stützte sie und brachte sie von dem Unglücksort weg, damit sie versorgt werden konnte.

Der Pharao sprang er wieder auf und wandte sich um.

„Runter von der Mauer!“

Der Mark erschütternde Schrei Joeys ließ ihn aufschrecken – und direkt wieder erstarren. Noch mehr der glühenden Kugeln schossen vom Firmament herab und suchten ihr Ziel in der Stadtmauer Men-nefers – der Mauer, auf der sie alle standen. Das Bersten von Stein zerschnitt die Luft, ein Krachen, das mit keinem Geräusch der Welt vergleichbar war. Staub wirbelte auf, als sich die Felsen lösten, zersprangen und sie alle den Halt unter ihren Füßen verloren.
 

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Da bin ich wieder. Ich weiß, der neue Upload hat lange gedauert, aber manchmal gibt es eben wichtigere Dinge im Leben.

Jetzt ist der ganze Stress aber erst einmal vorüber und ich kann mich wieder der Schreiberei widmen.

Ich hoffe, mir sind in der Zwischenzeit nicht alle Leser abgesprungen.
 

Gruß, Sechmet



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Rowanna
2016-04-08T01:13:05+00:00 08.04.2016 03:13
Die Schlacht übertrifft an Bedrohlichkeit noch einmal die erste. Langsam wird mir wirklich schleierhaft, wie das gut gehen soll. Soldaten, die man einfach nicht töten kann und die sogar einfach regenerieren, wenn man ihnen keine Verletzungen mit Feuer zufügt. Nun, bei allen guten Geschichten fragt man sich als Leser ja, wie um Himmels Willen die Helden das schaffen sollen. Also ich bin definitiv gespannt. Atemu, Yugi und ihre Freunde stehen auf alle Fälle vor ihrer größten Herausforderung ;)
Von: abgemeldet
2012-08-09T19:58:19+00:00 09.08.2012 21:58
Manno man, habe ich Marlic in den letzten Kapitels vermisst. Seine Sprüche sind so genial und auch in diesem Kapitel haben sie mir gefallen. Marlic und sein Action ^^. Jedenfalls wird er seine Meinung ändern und das sicher am Ende des Kapitels, oder?
Aber sag mal, ignorieren sich Bakura und Keiro, oder was? Sie kommen zwar zusammen aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass zwischen den beiden immer noch was ist.

Auch wenn die Stimmung wegen dem bevorstehendem Kampf angespannt ist, schaffen es unsere Freunde immer wieder vom Thema abzukommen ^^. Naja, vom Thema ehe nicht, sondern vom Ernst des Kampfes. Caesian steht mit seiner Armee vor den Toren Men-nefers und gegen wen kämpfen sie? Gegen sich selbst ^^! Und wen haben wir es zu bedanken? Natürlich Marlic, deswegen ich liebe ihn! Ohne ihn wäre es irgendwie zu ernst. Man kann sagen, dass er die Stimmung unbeabsichtigt gelockert hat.
Auch Bakura und Risha waren genial. Man kann in diesem Kapitel irgendwie erkennen, dass sich die beiden gut verstehen, zwar auf einer ganz anderen Art, aber sie verstehen sich, oder?
Jedenfalls hat Marlic es auch geschafft, dass sich unsere beiden ägyptischen Mädels sich mal einig sind, was natürlich selten oder kaum passiert.
Aber zum Glück gibt es Seto, der es geregelt kriegt, dass alle sich wie auf das wesentliche konzentrieren.

Jetzt aber zum wichtigen Teil: dem Kampf! Naja, ehe vor dem Kampf, wie unsere Freunde ihr K-Bestien rufen. Auch da versuchen sie zu zeigen, wer der stärkere unter ihnen ist ^^. Doch was ich mich frage ist, was hat die Vision auf sich, die Atemu sah? Ich weiß, dass es von dir beabsichtigt wurde, aber trotzdem. Was hat das nur zu bedeuten? Du hast es irgendwie drauf mich in den Wahnsinn zu treiben. Ich will es wissen!!! Jedenfalls konnte ich es mir so richtig vorstellen wegen deiner Beschreibung. Sie ist wie immer so schön und detailreich. Es ist auch interessant zu sehen, wie Yugi über Atemus Worte zum Töten steht. Da konnte man schon den Unterschied zwischen den beiden erkennen. Beide sind sanft und verständnisvoll, aber Atemu kann auch anders sein! Das haben wir auch schon oft gesehen. (Manchmal frage ich mich, ob es überhaupt geht, dass es so jemand wie Yugi gibt, es erscheint mir manchmal zu unrealistisch, aber so ist Anime halt. Ich mag Yugi trotzdem.)
Der Kampf war toll erzählt, ich konnte so richtig in die Köpfe unsere Freunde sehen, wie nervös sie sind (naja, bei Marlic mehr Freude als Nervösität), aber auch später verzweifelt, da die Attacken gegen Caesian keine Wirkung zeigen. Es ist aber auch schön in die Gedanken und Gefühle von Caesian hineinzuschauen. Auch spüre ich irgendwie die vollen Kräfte der Relikt, die mir einen Schauer über den Rücken jagen. Ich hoffe mal, dass unsere Freunde endlich mal Erfolg haben und nicht nur Rückschläge. O.K… Die Rettung von Resham war erfolgreich, aber trotzdem… Sag mal, hat das Relikt, die um Keiros Hals hängt, eine große Rolle im Laufe der Geschichte/ FF?

So, jetzt komme ich zu meiner Lieblingsstelle in diesem Kapitel und zwar wo man erkennen konnte, wie wichtig Mana für Atemu ist!!! *kreisch* *quitsch* Ich weiß, Mana ist verletzt und für Atemu war die Welt für kurze Zeigt stehen geblieben, aber na und? Ich liebe es, wenn unser Pharaolein sich große Sorgen um Mana macht. O.K. das klang jetzt kaltherzig, aber ich konnte nicht anders. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich mich nicht sehr darum gekümmert, dass Mana tot sein konnte, sondern, dass sie es geschafft hat Atemu vom Kampf abzulenken. Aber das schien wohl der Fehler zu sein, der Atemu wohl zu Verhängnis brachte. Er achtete nicht auf dem Kampf und schon bricht die Mauer zusammen. Ich hoffe es geht ihnen gut, schreib schnell weiter!!! Ich hasse solche Enden so sehr, da meine Sucht nach der Geschichte umso größer wird *heul*. Die Stelle, wo Mana mit den Rippen sagt, gefällt mir irgendwie. Aber sag mal, wie kommst du darauf, dass Atemu das mal gesagt hat?

Naja, das reicht jetzt allmählich. Ich freue mich jetzt schon auf das neue Kapitel. Ich kann es erst am Montag oder Dienstag lesen, da ich ja weg bin, aber auf ein Kommi dafür kannst du dich verlassen.
Grüße
3sakuraharuno3



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