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Abschied eines Waldgeistes.

Mido auf Reisen!
von

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Gesellschaft

Vielleicht hätte ich ihm nie so kritisch gegenüber stehen dürfen. Es war ein Fehler gewesen, jemanden als etwas zu behandeln, was er nicht war. Weder als Kokiri, so wie man mich behandelte… Noch wie ein Ungetüm, so wie ich ihn behandelt hatte. Es war einer dieser Momente in den man den vollen Durchblick hatte. Und dennoch war alles wie verschleiert. Ich konnte nicht sehen, worauf Salia hinaus wollte, vielleicht wollte ich es auch nicht sehen. Dass mir dasselbe Schicksal wie ihm erlag. Vertrieben zu werden. Hätte ich ihn besser behandelt wäre es ihm vielleicht besser ergangen und er wäre gestorben, ohne böse von mir zu denken… Aber… War er gestorben?

Die Antwort blieb ungewiss.

„Doch, seit einiger Zeit… Spüre ich ihn nicht mehr.“

Sie schluckte schwer, hatte wohl einen Kloß im Hals. Ich bemerkte es an ihrer etwas kratzigen Stimme. Sie faltete die Hände in ihrem Schoß, ihre Stirn lag in Falten und sie wirkte unglaublich besorgt und traurig. So war sie immer, wenn es um Link ging, und es nervte mich auf gewisse Weise. Selbst meine Schuldgefühle, die ich vor nur wenigen Sekunden hatte, konnte ich jetzt nicht mehr nachvollziehen. Ich war wütend. Und das zu Recht. Ich wurde hier herausgeschmissen und sie machte sich nur um diesen blonden Mistkerl Sorgen? Wo war ich nur die ganzen Jahre gewesen? Link war zumindest nicht an ihrer Seite gewesen. Ich hingegen war nie von ihr gewichen und ihr immer den Rücken gestärkt. Wollte sie es mir so danken?

„Aha.“, machte ich knapp.

Mir fiel nicht ein, was ich dazu noch sagen sollte, auch, wenn ich schon wusste, dass sie sich nur noch schlechter fühlen würde, weil ich ihr nicht zeigte, wie Leid es mir für sie und ihn tat. Wie sollte es auch mein Leid sein? Mir geschah immerhin dasselbe und ich musste jetzt damit fertig werden. Ich hatte keine Zeit für jemand anderen! Auch, wenn ich das Ganze zu einem anderen Zeitpunkt in einem vollkommen neuen Licht sehen würde, war ich komplett erkaltet. Das Gesprächsthema Link war nicht gerade eine Kur für meine Nerven.

„Es interessiert dich gar nicht…“, sagte sie. „Habe ich dich eigentlich jemals interessiert? Du musst mich ja richtig hassen, so, wie du auf mich reagierst…“

Ich zog die Brauen hoch.

„Oh, für dich interessiere ich mich. Aber nicht für diesen Fatzke. Ich muss immerhin auch heute hier weg sein. Ich dachte, wir könnten unsere letzten Stunden angenehmer gestalten, aber das willst du wohl nicht.“

Salia erhob sich ruckartig. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen.

„Du hast Recht. Ich will gar nichts mehr von dir!“

Über die Schulter sah sie zu mir, als sie ruckartig losrannte und das Haus verließ, wobei ihr grünes Haar ziemlich zerzaust aussah. In ihrem Augenwinkel hatte ich eine Träne erkennen können. Normalerweise würde ich ihr nachlaufen und würde mich entschuldigen. Salia war die einzige Person, bei der mir das in den Sinn käme. Aber selbst die Idee stieß mich ab. Meine Erinnerungen an mein Zuhause ergrauten schon, bevor ich es verließ. Schon während ich meine Sachen packte, mir auffiel, dass ich keine Antworten auf meine Fragen erhalten hatte, und mein Zimmer ein letztes Mal herrichtete, vergaß ich, wie sie aussahen. Jeder Einzelne schien mir gerade so fremd.

Eigentlich hatte ich mir erhofft, mit ihrer Unterstützung das Dorf verlassen zu können. Dass sie mich zumindest vermissen würden. Als ich am Abend die Wälder verließ, wartete dort niemand auf mich. Auf Link hatte man gewartet. Zumindest Salia hatte das getan. Aber sie war nicht hier. Sie hasste mich. Ich wusste nicht, ob ich rechtens gehandelt hatte… Aber es hatte mich unsagbar wütend gemacht, dass sie kein Verständnis für meine Situation aufbrachte. Mit Sack und Pack, Schwert, Schild und Schleuder verließ ich schlurfend die Gemeinde, die einst meine Brüder und Schwestern waren. Jetzt waren sie Fremde. Und ich war ein Niemand.
 

Alleine.
 

Die Abenddämmerung färbte das Land düster, es wurde dunkel und ich war verlassen und einsam. Ich verlor meinen Weg vor den Augen und mein Ziel ebenso. Einmal komplett neu anfangen. Ein neues Leben aufbauen. Als 11jähriger. Es war nicht das, was man sich als einen Traum oder besonders angenehm vorstellte, aber ich nahm mir vor, dass ich zumindest diese Nacht überleben würde. Ein kleines Ziel, mit dem man beginnen sollte. Ich wusste nicht, wohin ich sollte, was ich tat oder – am schlimmsten – wer ich war. Ich war ein weißes Blatt Papier. Ich hatte keinen Namen und keine Herkunft. Ich würde „der in den grünen Klamotten“ sein. Falls ich denn jemals andere Lebewesen finden würde, die mich nicht töten wollen würden. Meine erste Nacht außerhalb des Waldes. Nur per Zufall hatte ich eine Höhle gefunden, in die ich hinunter klettern konnte und in der ich sicher war. Meine Reise würde ich zu Tagesanbruch fortsetzen. So hatte ich zumindest den Hauch einer Chance, irgendwohin zu finden. Schlafen würde ich trotzdem nicht. Erst in der nächsten Ortschaft, die ein Bett für mich aufwies, würde ich Ruhe finden. Alles, was ich zur Erhellung der Höhle bei mir führte, war eine Fackel, die nicht mehr lange brannte. Ich drückte den Stock in den Boden, dass er stand, bevor ich in meinem Rucksack kramte. Ich war dazu gekommen, etwas zu Trinken mitzunehmen und einige Kräuterbonbons. Das war zwar nicht viel, aber es sollte mich die Nacht wach halten. Gesellschaft konnte ich mir abschminken. Notdürftig hatte ich das Laken von meinem Bett gerissen und mitgenommen. Es sollte mich wohlmöglich warm halten. Ich legte mich also unweit der Fackel zur Ruhe, nur, um zu dösen. Schlaf war zu gefährlich.

Ich musste planen.

Eine Strategie musste her.

Mit „am Tag reisen“ kam man nicht besonders weit.

Der Deku Baum hatte mir oft Geschichten erzählt, darüber, dass es noch andere Orte als den Wald gäbe, wo sie lagen und wofür sie berühmt waren. Nur wenig hatte ich mir merken können, aber ich erinnerte mich an eine Stadt namens Kakariko. Sie lag wohl nordöstlich von hier und war einen Tagesmarsch entfernt. Wenn man nicht trödelte. Morgen würde ein harter Tag werden. Wenn ich dort ankam, was würde ich dort vorfinden? Der Deku Baum war alt und wohlmöglich waren seine Informationen nicht die Aktuellsten. Alles, was ich tun konnte, war darauf zu vertrauen. Mehr hatte ich nicht…

Ich hatte zehn Bonbons und eine Feldflasche Wasser – Im Gegenzug dazu standen knappe 24 Stunden. Selbst die kleinste Mahlzeit musste also eingeteilt werden und ich durfte mich nicht verausgaben. Ich kam zu dem Ergebnis, dass ich, wenn ich nur döste, heute Nacht zwei Bonbons, und am nächsten Tag Acht essen würde. Die Flasche musste ich mir gut aufteilen. Ich hatte keine andere Wahl.

So schloss ich die Augen, um in einen „kontrollierten Schlaf“ zu fallen. Es gelang mir ganz gut, bis ich ein Summen wahrnahm…
 

„Mir ist… so schlecht…“

Wie von alleine öffnete ich die Augen und fand eine hell erleuchtete Höhle vor. Das lag nicht nur daran, dass ich wohl nicht ganz so kontrolliert geschlafen hatte, da der Morgen hereinbrach, sondern auch daran, dass ich Gesellschaft hatte. „Was ist nur passiert? Wo bin ich hier…?“ Ich richtete mich auf und sah auf Merle hinab, die auf dem Höhlenboden lag und etwas schwach mit den Flügeln schlug, sich allerdings nicht erheben konnte. Schließlich spürte ich, wie sie meinen Blick erwiderte. Ich streckte meine Hand nach ihr aus und hielt sie in den Handflächen.

„Alles okay bei dir?“, fragte ich sie.

Dieses kleine, leuchtende Feelein würde wohl meine einzige Gesellschaft sein, die ich den Rest meines Lebens noch genießen durfte, also musste ich mich gut um sie kümmern. Eigentlich war sie auch gar nicht so übel. Ich beobachtete sie, woraufhin sie mir zustimmte.

„Wir sind schon in der Steppe. Ich habe mir überlegt, dass wir nach Kakariko wandern.“, informierte ich sie. Sie lag still da. Wohlmöglich musste man sie erstmal ordentlich wecken. Ich nahm meine Feldflasche an mich und feuchtete meine Fingerspitzen an, woraufhin ich sie sachte berührte, sie mit ein paar Tropfen Wasser benetzte. Schon ging es ihr besser und sie konnte sich sogar in die Luft aufraffen.

„Danke. Ja. Das halte ich für eine gute Idee. Ist nicht weit weg… Eine sehr schöne, kleine Stadt.“

Ich zögerte und fragte schließlich: „Warst du schon mal dort?“.

„Kleiner, es gibt keinen Ort, an dem ich nicht war.“

Sie schüttelte sich und ich wusste nicht, was ich seltsamer finden sollte. Dass sie mich als klein betitelte, dass sie sich schüttelte, oder, dass sie schon so viel von der Welt, in der wir lebten gesehen hatte. Ein Positives hatte es aber… Wenigstens kannte sich einer von uns hier aus.

Ich grinste.

„Na dann, super. Machen wir uns gleich auf den Weg.“
 

Hätte ich gewusst, was mich auf dem Weg erwartete, hätte ich das wohl nicht so leichtfertig gesagt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -x-NAni-x-
2011-08-31T20:23:14+00:00 31.08.2011 22:23
wiedermal ein geniales kapitel :D
du schreibst so schön ;)


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