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Dämonenblut

von

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Wie Schnee ...

1.Wie Schnee...
 

Beinahe ganz Hogwarts wurde von dicken, grauen Wolken verhüllt und die Schüler blickten missmutig aus den Fenstern ihrer Klassenzimmer. Nichtmal den verbotenen Wald konnte man an diesem diesigen November-Morgen erkennen. Die einzigen, die von der tristen Außenwelt nichts mitbekamen, waren die, die bereits in den feuchten Kerkern hockten und sich vollkommen ihrem Gebräu hingaben.

Harry rümpfte die Nase. Sein Zaubertrank würde diesmal bestimmt Nevilles in seiner Zerstörungskraft weit überlegen sein. Die grünliche, schlammige Masse stank bis zum Himmel und trotzdem zeichnete seine Lippen ein zufriedenes Lächeln, während er den Kessel beim blubbern beobachte. Nach ein paar Minuten begann der Trank wie zu erwarten überzuschäumen. Erst da sprang Harry überrascht auf und begann das Feuer abzulöschen. Neben sich hörte er Ron leise kichern, der dann auch noch flüsterte: „Träum nicht beim Rühren, er bringt dich noch um!“

Doch er schenkte ihm nicht die geringste Aufmerksamkeit, sondern blätterte geistesabwesend in einem alten Buch und schlug ab und an mal eine Seite um. Besagter Mann kümmerte sich nicht weiter um das Geschehen in seinem Klassenraum und Harry wurde das Gefühl nichts los, dass er da absichtlich so abwendend saß und in Wirklichkeit jedes getuschelte Wort und jeden verhunzten Trank in seinem Kopf abspeicherte.

„Ich glaub, du hast heute Glück“, sagte Ron leise, „Snape hat wichtigeres zu tun.“ Kurz nickte Harry seinem Freund zu, ehe er nochmal den Lehrer betrachtete, der immer noch so angestrengt in das Buch starrte. Was er da nur las… Was ihn nur so sehr faszinierte, dass er seinen so heißgeliebten Zaubertränken vollkommen ignorierte.

Grob wurde Harry aus den Gedanken gerissen, als neben ihm jemand aufschrie und allerhand Schüler zur Seite sprangen. Es gab einen entsetzlichen Knall und Nevilles Kessel wurde in die Luft gesprengt. Die bunte Suppe spritzte durch die Gegend und versaute Harry den Umhang, den er doch blitzschnell ausgezogen hatte und vorsichtshalber auf eine nahe Bank warf.

„Wah, ich hab was abbekommen“, rief Draco, einer der ihm verhassten Slytherins, der seinen Arm so weit von sich weghielt wie es ging und ängstlich seine Hand betrachte.

Dann war er da… Wie ein Schatten stand Professor Snape im Raum und griff nach Dracos Handgelenk.

„Bin ich jetzt vergiftet?“ Snapes Augen verengten sich leicht, während er die Flüssigkeit auf der Hand inspizierte. Das Urteil allerdings fiel hämisch aus, sodass Snape nur zischte: „Wasch es ab.“

Harry freute sich innerlich, denn sonst ging der Lehrer mit seinen Slytherins anders um… friedfertiger. Doch genauso schnell wie die Freude aufgetaucht war, verzog sie sich wieder. Snape lies den Arm los und streifte während des Fortgehens mit den Fingern über Dracos Schulter. Es kam ihm so vor, als wäre das die Entschuldigung für die kalten Worte.

„Longbottom!“ Der harsche Ton lies Harry aufhorchen, woraufhin er die Lippen fest zusammenpresste. Wütend näherte sich der Professor, beugte sich zwischen Neville und ihm selbst nieder und raunte, wobei er seine Abneigung nicht unterdrücken konnte: „Wie kann man den Trank nur so versauen… 30 Punkte Abzug für Gryffindor!“ Es waren nicht wirklich die Worte, die Harry innerlich erstarren ließen. Es war etwas anderes, Snapes Umhang. Leicht berührte der Stoff sein Gesicht, hüllte auch seine Schulter vollkommen ein. Vorsichtig und ungesehen griff Harry nach dem Umhang, lies einmal die Hand über das weiche Material gleiten.

In dem Moment drehte sich Snape ruckartig um, fegte dabei die Brille von Harrys Nase, die scheppernd zu Boden fiel.

Stumm saß er da und blickte in Snapes Gesicht. So sehr Harry sich auch bemühte, etwas daraus lesen konnte er nicht. Es war die komplette Gleichgültigkeit, die ihm entgegengebracht wurde. Dann öffnete sich Snapes Mund, aber er schien es sich anders zu überlegen, bückte sich nur kurz und legte die Brille auf den Tisch. Wieder blickte der Lehrer auf undefinierbare Weise zu Harry.

„Reparieren werden sie es selbst können, oder?“ Einen Moment überlegte er, wollte grade bejahen, da passierte es. Das Gebräu in Harrys Kessel verselbstständigte sich und schoss nach oben, bevor es springbogenartgig auf Snape niederregnete.

Bewegungslos saß er da und traute sich kein Wort mehr zu sagen. Snapes Gesicht verfinsterte sich abrupt und er wusste, gleich folgte das, was er in letzter Zeit so oft ertragen musste. Die Augenbrauen würden leicht zucken und die schmalen Lippen für eine Moment nur einen Strich zeigen, bevor ihm böse Worte an den Kopf geknallt werden würden. Und genauso lief es ab. Etwas aus dem Konzept griff sich der Lehrer in die nun nassen, klebrigen Harre, fuhr einmal mit der Hand dadurch, um sie aus dem Gesicht zu bekommen, bevor er sich zu voller Größe aufrichte und donnerte: „Potter, sie Idiot… 17.00 Uhr… Nachsitzen und das nicht nur heute.“

Nachgiebig senke Harry den Kopf, während er beinahe ängstlich seine Brille befühlte.
 

„Harry das war vollkommen unnötig, weißt du eigentlich, was du dir damit angetan hast?“, fluchte Hermine, als sie zusammen in der großen Halle saßen. „Denk doch mal an das Quidditschspiel! Da kannst du jetzt bestimmt nicht mitmachen.“ Scharf zog Harry Luft ein, bevor er gequält zu Ron blickte. Daran hatte er wirklich nicht gedacht und sein Freund stützte beleidigt den Kopf auf den Tisch. Missmutig stocherte Harry in seinem Essen herum, bis er zögerlich sprach: „Ihr gewinnt auch so. Ginny ist mindestens genauso gut!“

„Aber das ist nicht dasselbe“, behauptete Ron. „Harry Potter im Team zu haben war immer etwas besonderes.“ Er wusste die Aussage war positiv gemeint, doch in ihm lösten die Worte eher das Gegenteil aus. Wie ein Druck der auf ihm lastete. Würde er den Schnatz fangen, würden die Leute ihm den Sieg nicht gönnen, nur die Gryffindors würden jubeln und `Harry Potter` groß Feiern, stolz darauf sein jemanden übermächtiges in ihrem Team zu haben.

Allerdings wenn sie verlieren sollten, dann wäre Harry wieder der Sündenbock. Die Berühmtheit, die es nicht mal auf die Reihe bekam ein kleines Bällchen zu verfolgen. Was er auch tat, es wäre falsch. Immer war es falsch gewesen. Je nach dem wie er handelte, so änderte sich auch Meinung der Menschen über ihn. Mal schimpften sie böse, dann stand in der Zeitung, dass er ein Held wäre. `Der Junge der lebt`, dachte Harry und verzog den Mund. Diesen Titel hatten sie ihm verpasst, obwohl er nicht mal etwas getan hatte. Ein Titel zu vergeben, nur weil man nicht gestorben ist, fand er sogar ein bisschen makaber. Doch das traute er sich nicht zu äußern. Viele Menschen fassten ihn nach wie vor mit Samthandschuhen an, da sie womöglich dachten, er könnte urplötzlich wegsterben.

Wie er nun war, wer er nun war, dass wusste Harry kaum. Außer das er lebte, wie sein Titel verriet, wurde sein Charakter durch die Meldungen des Tagespropheten geformt und verändert. Immer wieder…

Das Ron und Hermine bereits aufgestanden waren, um zum Quidditschfeld zu gehen, da Ron noch trainieren wollte, hatte er bloß am Rande mitbekommen. In letzter Zeit beschäftigten sich die beiden sowieso mehr mit sich selbst und Harry fühlte sich zurückgestellt.

Traurig machte sich Harry auf den Weg zum Gemeinschaftsraum. Bevor er Nachsitzen musste, kramte er noch ein Zaubertrankbuch hinaus und begann sich mental darauf vorzubereiten, obwohl es bei seinem `unglaublichen` Geschick für Mischungen nicht wirklich helfen würde.

Harry lächelte in sich hinein, während er sich die Bilder von Tränken und Elixieren ansah. Eins hatte sich all die Jahre nicht verändert und das würde für immer so bleiben. Harry konnte sogar zustimmen, denn was die Zaubertränke anging, da war er komplett untalentiert. All die Jahre, die er schon in Hogwarts verbrachte, wurde ihm das auf mieseste Art und Weise klargemacht. Es war nichts besonderes… eine solche Schwäche. Aber es war etwas, was ihn ausmachte. Ein kleiner Teils seiner selbst.

Mit einem mal bekam er ein ungutes Gefühl. Anstand es der Person zu danken, die sie alle Jahre gleich behandelte, sich nicht von der Meinung der Presse beeinflussen lies, hatte er Professor Snape auch noch mit seinem Trank verunstaltet. Eigentlich hätte er Danke sagen sollen. Aber während er daran dachte, zog sich in Harry alles zusammen.

`Danke dafür, dass sie mich immer beschimpfen, weil ich so schlecht in Zaubertränken bin.` Das konnte er doch unmöglich sagen, Snape würde ihn ja sofort Einweisen lassen, um ihn endgültig loszuwerden. Aber eins wusste Harry, es tat gut… jedes mal aufgrund eines misslungen Trankes beinahe tyrannisiert zu werden. Denn jedes mal versicherte es ihm… er war noch er selbst.
 

Am späten Nachmittag machte er sich dann auf in die Kerker, um wie verordnet Nachzusitzen. Ein paar mal blieb er stehen, bevor er die Treppe hinabstieg. Von weitem erkannte er das Quidditschfeld auf dem die Spieler bereits durch die Lüfte rauschten, um sich aufzuwärmen. Ein wenig wehmütig trennte er sich von dem Anblick und schlich schon bald durch die dunklen Kerkergänge. Als hätte es nicht schlimmer kommen können, begegnete er Malfoy mit Besen in der Hand, der auch noch verächtlich sagte: „Verlaufen Potter? Ach ich vergaß, du kannst dein Team ja heute gar nicht beim Verlieren unterstützen!“

Mit zusammengepressten Fäusten, da er sich nicht von ihm provozieren lassen wollte, lief Harry weiter, bis zum Büro von Professor Snape, wo er doch sehr ins straucheln geriet und sich überwinden musste anzuklopfen.

Keine Sekunde später stand die Tür offen und Harry zuckte zusammen.

„Komm rein“, sagte zu seiner Überraschung nicht die eisigen Stimme des Professors, sondern Neville, der ihm ängstlich Eintritt gewährte. Leicht verwirrt presste Harry die Augen zusammen, während er Neville musterte. Dieser flüsterte: „Das ist meine Strafarbeit… euch reinlassen. Da kann man nichts falsch machen, hat er gesagt.“

Wie ein edler Herr saß Professor Snape an seinem Schreibstich und lies sich zurück in den Stuhl fallen, während er gelangweilt auf eine Uhr blickte.

„Potter, 2 Minuten zu spät“, kommentierte Snape knapp und hielt Harry ein Blatt entgegen.

Immer noch stand er an der Tür neben Neville und betrachte das Szenario. Vor Snapes Pult waren wie in einem Klassenzimmer kleine Tische aufgestellt an denen verschiedenen Schüler saßen und still an etwas schrieben. Bereits von weitem fiel ihm auf das Snapes Haare noch genauso verklebt waren, wie heute morgen, als sich sein Trank über ihn ergossen hatte. Mechanisch schritt er vor, nahm das Blatt entlegen und setzte sich an einem Platz in der vorderen Reihe ganz rechts an die, wie er fand, schleimige Wand, an der sich Regalbretter mit glibbrigen Kreaturen in Einmachgläsern erstreckten. Doch bei weitem schlimmer trafen ihn die Fragen auf dem Zettel, die gestellt wurden. Nie hatte er etwas von einer Zynazblüte oder einem Pfroffeltoff gehört.

Die Zeit verging seltsam langsam und Harry musste immer wieder an das Quidditschspiel denken. Die würden jetzt Spaß haben… Vor allem Gryffindor gegen Slytherin, darauf hatte er selbst solange gewartet, um es seinem Lieblingsfeind Draco zu zeigen. Demotiviert beantworte der die Fragen, die er konnte. Dann verlor der Zettel seine Aufmerksamkeit und Harry inspizierte lieber die krüppeligen Kreaturen in den Gläsern. Was das nur für Dinger waren… Er stellte fest, dass sie sogar Augen besaßen, die oft nur als schwarze Punkt auszumachen waren. Ein Gräuliches war vollkommen eingerollt und Harry tippte gegen das Glas, um zu schauen, ob sich da etwas tat oder sich die Kreatur wenigstens durch das schwingende Wasser drehen würde.

„Finger weg, Potter“, grollte Snape und Harry, der sich umdrehte, wich zurück, als der Professor nur noch eine handbreit entfernt vor seinem Gesicht stand, während er sich bedrohlich über den Tisch beugte.

„Ich wollte -“

„Keine Ausreden, Potter“, schnaufte Snape, bevor er das Glas beinah zärtlich weiter zurück in das Regal schob und dann nach Harrys Blatt griff. Eine Augenbraue hebend sprach Snape, wobei er einen Mundwinkel anzog: „Da hat aber jemand mal wieder Ahnung. Sagen sie mal, ist es so schwierig sich während des Zaubertrank-Unterrichts zu konzentrieren? Durch ihr undiszipliniertes Verhalten verringern sie die minimale Chance von Gryffindor auf einen Sieg in Quidditsch um einiges.“ Harrys Kehle schnürte sich zusammen, besonders da sich der Lehrer vermutlich absichtlich durch die Haare fuhr, um der Katastrophe seines Trankes Ausdruck zu verleihen, und dann in einem für ihn viel zu netten Ton sagte: „Packen sie zusammen, den Sieg der Slytherins lasse ich mir ungern wegen ihrer Unkenntnis im Umgang mit Zauberränke entgehen.“ Erwartungsvolle Blicke wurden ihm zugeworfen, so dass er nicht nur an Harry gerichtet anfügte: „Sie alle, raus hier! Und Potter? Man sagt sie wären flink, dass Spiel beginnt erst in 10 Minuten.“
 

Wie von der Tarantel gestochen hetzte Harry hinauf in den Gemeinschaftsraum, um an seinen Besen zu gelangen. Wenn Snape nicht gelogen hatte, dann könnte er es noch schaffen. Das war seine Chance ihm zu Beweisen, dass er kein Versager wäre. Es kam ihm so vor, als hätte ihn Snape förmlich herausgefordert. Und diesmal würde er ihn nicht enttäuschen, wie vielleicht in Zaubertränke, sondern zeigen was er konnte. Und nicht nur Snape, auch Draco konnte sein blaues Wunder erleben. Schnell lief er den holprigen Weg zum Quidditschfeld hinab. Von weitem hörte er sie schon Jubeln und dachte sie hätten bereits begonnen. Aber es waren nur die Slytherins die Kunststückchen in der Luft zeigten.

Heimlich versuchte sich Harry in die Kabine seiner Mannschaft zu schleichen, blieb aber nicht lange unentdeckt.

„Mensch, da bist du ja!“, rief Ron, „Hat Snape dich doch noch laufen gelassen?“

„Ja“, sagte Harry nur und lächelte aufgezwungen.

„Zum Glück, Ginny hat riesige Angst gegen Malfoy antreten zu müssen. Du weißt, er ist der Sucher.“ Nickend schlüpfte Harry in sein Outfit und schaffte es grade die Handschuhe zu schließen, bevor sich die Türe öffnete und sie einfliegen mussten.

Sobald er den Kontakt zum Erdboden verlor, den Wind in den Harren spürte, fühlte Harry sich frei. Weit oben in den Lüften kreiste er immer wieder um das Feld und bereitete sich schon darauf vor jeden Moment in den Sturzflug gehen zu müssen. Dann ging es los, die Bälle wurden freigelassen und schwirrten empor. In dem Getümmel konnte Harry dem Schnatz nicht mehr ausmachen und drehte weiter seine Runden über den Tribünen hinweg. Auf der gegenüberliegenden Seite tat Draco dasselbe. Schemenhaft sah er ihn mit seinem grünen Umhang umherfliegen.

Ein lautes Schäppern, da hinter ihm ein Klatscher in die Tribünen knallte. Wütend winkten die Leute, er solle gefälligst auf dem Spielfeld bleiben. Harry gehorchte und glitt knapp über den Rasen, um nicht in die Wurfbahn der Jäger zu geraten. Kaum rauschte er hinter den Torsäulen entlang, bemerkte er das goldene Bällchen und streckte die Hand aus.

In dem Moment nahm Harry einen gewaltigen Schmerz am Rücken weh, geriet ins wanken und klammerte sich ans einem Besen fest. Draco hatte fest nach ihm getreten. Wie ein Irrer raste er ihm hinterher, dass wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Mutig dränge er den verhassten Slytherin ab und rauschte wieder dem Schnatz nach. Dann bemerkte er, wie sich Draco hinten an seinem Besen festhielt, aber darum konnte er sich nicht kümmern. Wieder ein Schlag. Diesmal gegen Harrys Kopf. Ihm reichte es, wütend versuchte er Draco vom Besen zu stoßen, während sie weiter über den Rasen rasten. Kaum hatte dieser ihn wieder eingeholt, bohrte der ihm seine Faust in die Rippen und Harry wurde schwindlig. Das goldenen Bällchen konnte er nicht mehr ausmachen.

So war das nicht geplant gewesen, diesmal wollte er ehrlich gewinnen und dann so was. Dabei hatte Professor Snape ihn sogar eher gehen lassen. Und jetzt hatte er alle enttäuscht. In seiner Wut dachte Harry nach. Snape war es wahrscheinlich nur recht, dass Draco ihn so angegangen war. Ein letzter heftiger Stoß, Harry fiel vom Besen, überschlug sich während er noch etliche Meter über den Boden ratschte, bevor er bewegungslos liegen blieb.
 

Müde blinzelte Harry und erkannte die weiße Decke des Krankenflügels. Aber da war noch etwas anderes. Leicht lehnte er den Kopf nach rechts und erhaschte nur einen kurzen Blick auf die dunkle Person, die sich sofort abwandte und an das neben ihm stehende Bett stellte.

„Das wirst du bezahlen“, hörte er Dracos Stimme neben sich hetzen und Harry schloss lieber wieder die Augen, wollte sich jetzt nicht damit beschäftigen. Dann passierte es. Er nahm noch etwas anderes wahr, eine weitere Stimme, die leise raunte: „Draco genug.“ Wieder stand der dunkle Mann vor ihm und endlich erkannte Harry Professor Snape, welcher seltsam auf ihn nieder sah. „Das Fieber ist wieder gesunken“, kommentierte er an die Krankenschwester gewandt, griff nach einem Fläschchen, was er Harry entgegenhielt. „Trinken sie das, Potter. Dann geht es ihnen besser.“ Zögerlich richtete er sich auf, schloss nochmal die Augen, um sicher zu gehen, dass es sich um keinen Traum handelte. „Wird's bald?“ Damit er sich nicht weiter aufregte, streckte Harry die Hand aus und trank schnell aus, wonach er hüstelnd empor blickte. „Etwas bitter, hmm?“ Ohne Antwort lies sich Harry zurück ins Bett fallen und Snape erwähnte: „Die Nacht brauchen sie hier nicht verbringen. Ihre Rippen sind nur geprellt.“

Vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen, sagte Harry leise: „Danke, Sir.“ Die Augenbrauen des Professors zogen sich zusammen, während er ihn zerknirscht betatschte, bevor sein Blick auf den Trank fiel. „Denken sie bloß nicht, ich -“

„Das mein ich nicht“, sagte Harry rasch und griff nach dem Umhang von Snape. Wieder fühlte er den weichen Stoff, der die große Statur fast vollkommen verhüllte. Eigentlich sollte dieser gar nicht zu ihm passen, zu dem immerharten Professor. Harry erwartet fast eine ernste, fiese Meine, aber als er erneut das Gesicht von Snape anschaute, erstarrte dieser urplötzlich. Beinahe ängstlich verengte er die Augenlider, drehte den Kopf ausweichend zur Seite, bevor er wie in Zeitlupe einen Schritt zurück machte. Harry lies den Umhang nicht los und Snape starrte auf das festgehaltene Material, wirkte unsicher, zuckte ein paar mal mit der rechten Hand.

Es jagte Harry einen Schauer über den Rücken, als der Lehrer seine eiskalten Finger zögerlich auf Harrys Hand legte und diese aus dem Umhang löste. Er hörte wie Snape nach Luft schnappte, bevor er den Arm wie einen Stein fallen lies. Perplex zog Harry die Hand unter die Decke und umfasste sie fest. Eins seltsames ihm bisher unbekanntes Gefühl machte sich in Harry breit, der seinen Blick nicht mehr von Snape nehmen konnte.

Verwirrt fasste sich dieser an den Kopf und wankte für einen Moment, wonach er mit seltsam weicher Stimme flüsterte: „Potter, was haben sie getan?“

Überrascht sagte er schnell: „Nichts, Professor, ist ihnen schlecht?“

„Schon gut“, raunte er nur noch, bevor er wie ein Schatten aus dem Krankenflügel huschte.
 

Neben ihm lag immer noch Draco, der sich Harry nach Snapes Flucht zudrehte und auch nur mit den Schultern zuckte. Dann wollte er wissen: „Sag's mir, wie hast du dem Angst gemacht? Er hat sich ganz komisch angehört.“

Doch das konnte er nicht sagen. Es war Harry peinlich zuzugeben, sich aus einem ihm selbst nicht ersichtliche Grund an Snapes Umhang geklammert zuhaben. Hatte ihn das so schockiert, dass er seine harte Fassade nicht aufrecht erhalten konnte? Missmutig betatschte Harry seine Hand. Ganz warm, obwohl die Finger des Lehrers eiskalt waren. Mit einem Seufzen legte Harry sie ans Gesicht, bis er schließlich wieder wegdämmerte.

Nicht lange, dann rüttelte jemand an seiner Schulter und Harrys Herz begann wild zu klopfen. Als er dann jedoch die Augen öffnete und Ron ausmachte, war er sogar leicht enttäuscht.

„Was ziehst denn für'n Gesicht“, sagte Ron und warf Harry seinen Umhang aufs Bett. „Sie sagen, du kannst zurück in den Gemeinschaftsraum, wenn du willst.“

Schnell zog sich Harry den schwarzen Mantel über und folgte Ron noch etwas benommen aus dem Krankenflügel. 2 mal wurde er auf den Korridoren umgerannt, die Mädchen wirkten mindestens so durcheinander wie er selbst. Ron erklärte nicht grade begeistert: „Sie haben eben bekannt geben, dass wieder ein Weihnachtsball veranstaltet wird. Wie damals.“

„Das nicht auch noch“, jammerte Harry, denn er sah sich und Ron schon wieder alleine da stehen. Angekommen im Gryffindor Gemeinschaftsraum, nickte Harry den anderen nur kurz zu, bevor er sich gleich wieder ins Bett legte. Der Kopf tat doch noch weh. Ein wenig tatschte er daran herum, bis sein Blick zu dem geöffneten Fenster glitt.

Kleine weiße Flocken flogen in den Raum und setzten sich auf die Fensterbank. Der erst Schnee in diesem Winter. Harry stand auf und wischte vorsichtig die matschige Schicht weg, um sich dann auf die Fensterbank zu setzen und draußen dem Schneetreiben zuzusehen. Wie friedlich alles aussah. Sobald die Welt von diesem Weiß überzogen wurde, wirkte sie sogleich friedlicher. Der See begann wohl auch schon zu gefrieren. Harry hoffte, dass der Schnee bis Weihnachten liegen blieben würde. Seufzend lehnte er sich nach hinten an die Wand und lies sich den Schnee ins Gesicht blasen. Wie er da so saß, musste er wieder an Professor Snape denken. Für ihn war es unerträglich mitzubekommen, wie sein Körper reagierte, wenn er sich ihn auch nur eine Sekunde lang vorstellte. Ihn durchzuckte eine unangenehme Kälte, wenn er sich die fiesen Sprüche in den Kopf rief oder auch nur sein abwertendes `Potter`.

Dabei, davon war Harry immer ausgegangen, könnte kein Mensch so abweisend sein. Die raue Stimme, das düstere Aussehen und dennoch fühlte Harry seit einiger Zeit etwas, wenn er mit seiner Art konfrontiert wurde, mit ihm aneinander geriet.

Am liebsten würde Harry den eisigen, undurchdringbaren Nebel verscheuchen, welcher Snape immer und überall hin zu folgen schien. Was er dahinter finden würde?

So wie er im Krankenflügel regiert hatte, so anders, Harry tat es weh daran zu denken, wie Snape von irgendwas berührt schien.

Für einen Moment zog Harry einen abstrusen Vergleich:

So wie der Schnee ihm bei jeder Wehe grob ins Gesicht fegte und die Haut immer wieder zum Schmerzen brachte, so war es auch mit dem Professor. Er war genauso unterkühlt und schien nichts anders als verletzen zu können. Während er müde lächelte, formte Harry mit den Händen eine Schale und hielt sie aus den Fenster. Wenn der Schnee dort rein rieselte… irgendwann würde er tauen, sich lösen. Er würde schmelzen und ein lebensnotwendiges Element bilden.

Und dieses, das wusste Harry, durfte er nicht so einfach zwischen seinen Fingern hindurch rinnen lassen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yakuen
2011-09-07T08:12:42+00:00 07.09.2011 10:12
Hi,

bei der FF tut sich im Moment wohl auch nichts mehr, dabei würde ich gern lesen wie es nun weiter geht.

Das erste Kapitel fand ich nicht schlecht, obwohl das Ende etwas kitisch war, aber das sieht jeder anders.
Hab mich auch gefragt mit wem tratscht Harry oben im Schlafsaal und lässt diesen dann einfach links liegen, um aus dem Fenster zusehen?

Allerdings war es echt süß, wie Harry Snapes Umhang festgehalten hat oder wie er dessen Mantel zum ersten Mal berühert hat. xD

lg
Arias

Ps: Ich hoffe die FF geht noch weiter!
Von:  Enisegu
2011-08-19T11:50:51+00:00 19.08.2011 13:50
Wie soll ich anfangen? Ich wollte keine anderen Beiträge zud em WB lesen, bevor meine Geschichte fertig ist, hab es aber hier verpasst in die Beschreibung zu gucken und einfach angefangen zu lesen. Naja, Dummheit.

Und ich muss sagen es gefällt mir ausgesprochen gut!
Ich hoffe da kommt bald mehr!
Ds Ende war ein wenig kitschig, aber ok. ^.~'
Zwischendrin sind mir ein paar Tippfehler aufgefallen und ein, zwei unnötige Wortdopplungen. Wenn du willst, dann such ich sie noch raus, wenn nicht, dann nicht.

Meine Lieblingsstelle bisher war die erste Mantelberührung und Nevilles Türöffner-Dienst. :)

Ich freu mich über jede neue Geschichte im WB und hoffe, wie gesagt, dass du bald neue Zeilen lieferst. :D

LG das Eni ^.^/))


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