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Third Chance

Harry x Severus
von

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Wer bin ich?

„Ich bin es so Leid ihn ständig belügen zu müssen.“

„Geht mir genauso, aber die Wahrheit wird er uns nicht glauben. Niemand wird sie glauben.“

„Und worauf sollen wir dann unsere Hoffnungen setzen?“

„Vielleicht findet er ja von alleine heraus, was Dumbledore getan hat.“

„Und wenn nicht?“

„Dann sind wir alle verloren.“

„Sind wir das nicht sowieso schon?“
 

***
 

„Was soll das heißen, du warst mit Luna und Malfoy spazieren?“

Ron sah Harry über den Frühstückstisch hinweg geschockt an. Das halbe, angebissene Brötchen mit Marmelade viel ihm aus der Hand und blieb mitten auf dem Tisch liegen.

„Das was es nun mal heißt“, antwortete Harry ärgerlich und trank schlecht gelaunt einen Schluck Orangensaft. „Wir haben uns lediglich unterhalten. Was ist dabei? Reg dich nicht so auf, wir sind doch mittlerweile keine Kinder mehr.“

Hermine lächelte ihm stolz entgegen, doch Rons Gesicht nahm eine ungesunde rote Färbung an.

„Das hat nichts damit zu tun, wie alt wir sind, Harry! Malfoy ist ein Todesser! Seine gesamte Familie besteht aus Todessern!“

Ärgerlich haute Harry mit seiner Faust auf dem Tisch, sodass Hermine und einige andere Gryffindor kurz erschrocken zusammenfuhren.

„Wir haben keine Beweise dafür, dass Draco Malfoy ein Todesser ist, Ron, und ich werde niemanden dafür verurteilen, was seine Eltern sind oder tun. Das habe ich bereits viel zu lange getan.“

Ron sah ihm mit hasserfüllten Augen an. „Was für Beweise brauchst du denn noch? Hast du vergessen, wie er uns die letzten sechs Jahre behandelt hat? Auf welcher Seite stehst du eigentlich?!“

„Nein, das habe ich nicht vergessen.“ Harry kniff wütend die Augen zusammen. „Aber scheinbar hast du vergessen, wie wir ihn ebenfalls die letzten sechs Jahre behandelt haben. Ich habe Draco Malfoys Hand schon mal ausgeschlagen. Vielleicht hätte er von Anfang an auf der richtigen Seite stehen können.“

„Ich glaub’s nicht“, murmelte Ron fassungslos und stürmte wütend davon. Harry nahm einen weiteren Schluck zu sich und starrte seinem besten Freund sauer hinterher. Hermine legte beistimmend ihre Hand auf Harrys.

„Das ist sehr bewundernswert von dir, Harry.“

Der Gryffindor schenkte seiner besten Freundin ein dankbares Lächeln. „Ich versuche nur, es richtig zu machen, Hermine.“
 

Als sich Harry auf seinen gewohnten Platz im Kerker-Klassenzimmer von Snape setzte, begrüßte ihn Draco, der ihm wiedermal von Snape als Tränke-Partner zugeteilt wurde, mit einem Nicken.

„Ärger im Paradies?“, fragte er und warf dabei einen kurzen auf Ron, der mit grimmiger neben Millicent Bullstrode saß und Harry in regemäßigen Abständen giftige Blicke zuwarf.

„Wie immer halt“, winkte Harry ab und versuchte den Rotschopf für den restlichen Tag geflissentlich zu ignorieren.
 

Als sich die beiden nach drei Tagen immer noch nicht vertragen hatten, platzte Hermine schließlich der Kragen.

„Ich halte das nicht mehr aus. Benehmt euch endlich eurem Alter entsprechend!“, schimpfte sie und ließ die beiden Streithähne alleine im Gemeinschaftsraum zurück.

Ron sah ihr unglücklich nach und warf einen flüchtigen Blick auf Harry, doch dieser dachte nicht daran den ersten Schritt Richtung Versöhnung zu machen. Sie saßen eine Weile stumm gegenüber bis Ron endlich über seinen Schatten sprang.

„Tut mir leid, dass ich dich letztens so angefahren habe“, nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart. Harry seufzte ergeben.

„Schon in Ordnung. Ich kann dich ja verstehen, dass du Malfoy nicht traust.“

Ron lachte schief. „Nicht trauen ist untertrieben. Pass auf, Harry, ich kann Malfoy wirklich nicht leiden, aber was du gesagt hast, über Vorurteile… Vielleicht haben wir wirklich zu schnell über ihn geurteilt, was seine Einstellung angeht. Aber persönlich kann ich ihn einfach nicht ausstehen. Aber wenn du mit ihm zurechtkommst, dann werde ich mir große Mühe geben kein Problem damit zu haben.“

Stolz blickte Harry seinen besten Freund an. „Danke, Ron. Wirklich, das bedeutet mir eine Menge!“

Ron blickte kurz wieder trotzig. „Zumindest habe ich solange kein Problem damit bis du mich mit ihm ersetzt.“

Harry lachte amüsiert auf und legte Ron brüderlich den Arm um die Schulter. „Du bist nicht zu ersetzen, Ron. Was ist, wollen wir Hermine wieder zurückholen?“

Ron nickte freudig lächelnd.

„Was läuft eigentlich zwischen euch beiden?“, fragte Harry betont nebenbei, nachdem sie das Portrait der fetten Dame durchschritten hatten.

Mit einem breiten Grinsen beobachtete der Junge-der-lebte, wie Ron rot anlief.

„Nichts, was soll da schon laufen?“

„Ach komm schon, Ron. Hältst du mich für blind?“

Kurz betrachtete Ron den Boden als wäre dort etwas interessantes zu sehen. Nach einer Weile blickte er schließlich auf und gestand: „Na gut, ich mag sie. Zufrieden?“

Harry zog Ron grinsend weiter zum Eingang der Bibliothek. „Wieso sagst du es ihr dann nicht?“

Ron wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als plötzlich Hermine hinter einem Regal zum Vorschein kam und die beiden fast über den Haufen rannte.

„Entschuldigung“, sagte sie und hielt sich kurz taumelnd an Harrys Ärmel fest. „Wem was sagen?“

Harry lachte und Ron wurde noch eine Spur röter.

„Männerangelegenheiten“, antwortete Ron nur und warf dem grinsenden Harry einen gespielt wütenden Blick zu. „Wir nur hier um dir zu sagen, dass wir uns wieder vertragen haben. Kommst du jetzt wieder mit hoch? Ich muss noch deinen Aufsatz für Geschichte abschreiben.“

Hermine strahlte ihre beiden Freunde zufrieden an, dann knuffte sie Ron frech in die Seite. „Ich lasse dich aber nicht meinen Aufsatz abschreiben.“

Harry beobachtete amüsiert das Zusammenspiel seiner beiden Freunde und beschloss, sie in nächster Zeit öfters mal alleine was zusammen machen zu lassen.
 

Am nächsten Tag – es war endlich Wochenende! – setzte sich Harry von Ron und Hermine mit der Ausrede ab, dass Luna ihn gebeten hatte, ihr etwas in Verteidigung gegen die Dunklen Künste zu erklären. Da Harry sich auch in der Wirklichkeit mit Luna verabredet hatte, würde seine kleine Notlüge den beiden kaum auffallen.

Luna saß bereits mit Draco vor dem See auf einer Picknickdecke und sah dem Gryffindor erfreut entgegen.

„Hallo, Harry“, begrüßte sie ihn und erhob sich zu einer kurzen Umarmung.

„Hallo, ihr beiden. Ich wusste gar nicht, dass du auch kommst“, sprach Harry in Richtung Draco und dieser lächelte entschuldigend.

„Tut mir leid, ich habe Luna eher zufällig getroffen. Macht dir das etwas aus, wenn ich bleibe?“

Harry schüttelte versöhnlich den Kopf. „Nein, nein, bleib nur.“ Dann fielen ihm Rons Worte von gestern ein und Harry beschloss, dass er sich bei Draco Klarheit verschaffen musste, wo dieser im Krieg wirklich stand. Damals waren James und Severus diesen Fragen zweimal aus dem Weg gegangen und es hatte für beide schrecklich geendet. Ein gewohntes Stechen kam in Harry bei diesem Gedanken hoch, doch schnell hatte er es verdrängt.

„Tut mir leid, wenn ich das jetzt so offen frage, aber auf welcher Seite stehst du wirklich, Draco?“

Der Gryffindor beobachtete angespannt jede Regung des Slytherins. Ihm fiel auf, dass Draco diese Frage sichtlich unangenehm war und er scheinbar nach den richtigen Worten suchte. Nach einer Weile antwortete Draco: „Meine Familie wird für mich immer an erster Stelle kommen. Ich würde alles tun, um sie zu beschützen. Und da Dumbledore persönlich dafür verantwortlich ist, dass vor dreißig Jahren meine Familie auseinander gerissen wurde und sie noch immer verfolgt wird, wegen etwas, wofür sie nichts kann, stehe ich natürlich nicht auf der Seite des weißen Ordens.“

Harry nickte nach einer Weile und legte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf. „Was ist damals passiert?“, fragte er neugierig, doch Draco schüttelte nur verneinend den Kopf.

„Tut mir leid, das ist privat und es weiß kaum jemand. Ich würde es gerne so beibehalten.“

Verständnisvoll nickten Harry und Luna gleichzeitig. Die Blondine hatte dem Slytherin tröstend die Hand auf die Schulter gelegt.

„Danke, dass du so ehrlich zu mir warst“, sagte Harry. Er wunderte sich über sich selbst, dass er es nicht sonderlich schockierend fand, dass Draco anscheinend wirklich auf der anderen Seite stand. Auch Draco schien über die verständnisvolle Antwort ziemlich verwirrt.

„Ich war von Anfang an zu dir ehrlich, Harry. Als ich dir meine Freundschaft angeboten habe, hatte ich gehofft, dich auf den richtigen Weg führen zu können. Ich weiß, dass du ein großer Anhänger unseres Schulleiters bist, aber der alte Mann ist nicht immer so gutmütig, wie er tut.“

Plötzlich erinnerte sich Harry wieder an den Traum, den er im Grimmauldplatz hatte und der nicht zu den Erinnerungen von James gepasst hat: In diesem Traum hatte Dumbledore kaltblütig ein Kindermädchen ermordet. Verwirrt schüttelte Harry den Kopf. Er hatte zusammen mit Sirius und Remus nach Beweisen gesucht, welche die Geschichte entweder bestätigten oder widerlegten, doch sie waren nicht fündig geworden. Doch Harry kannte Albus Dumbledore nun schon seit sechs Jahren, er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er sich so in ihm getäuscht haben sollte. Wütend setzte Harry zu einer Antwort an: „Ach, und du meinst, ihr Todesser seid gutmütiger, wenn ihr die gesamte ‚unreine‘ Zaubererschafft ausrottet und kaltblütig ermordet?“

Draco hob abwehrend die Hände und Harry konnte sehen, dass ihm genauso schwer fiel wie Harry, diese Diskussion sachlich zu führen.

„Hör zu, Harry, ich denke, es hat nicht viel Sinn darüber mit dir zu diskutieren. Dumbledore hat viele Lügen über Tom Riddle und seine Anhänger verbreitet und das Meiste, das du uns in die Schuhe schiebst, war nicht unsere Schuld. Mittlerweile leugnen wir diese Taten oftmals nicht mehr gegenüber den meisten Anhängern von Dumbledore, obwohl wir sie nicht begangen haben, weil wir bereits so viele schlechte Erfahrungen damit gemacht haben, wenn einer von uns versucht hat, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Tatsache ist, dass Dumbledore dich belügt, Harry, nicht nur dich. Aber ich will dir die Wahrheit nicht erzählen, wenn sie eh keine Chance hat, jemals von dir geglaubt zu werden. Niemand möchte das glauben, wenn das ganze Weltbild auf den Kopf gestellt wird. Aber ich habe es satt, dir ins Gesicht zu lügen, wenn du mir so direkte Fragen stellst.“ Dracos Augen sahen den Gryffindor traurig an. Harry war erstaunt darüber, wie viele Emotionen der sonst so gelassene blonde Teufel zeigen konnte. In diesem Schuljahr schien ihm Draco Malfoy wie ausgewechselt.

„Du hast Recht, irgendwie kann ich dir das nicht glauben“, antwortete Harry wahrheitsgemäß und atmete geräuschvoll aus.

„Ich glaube dir“, meldete sich plötzlich Luna zu Wort und die beiden sahen die Ravenclaw überrascht an.

„Wieso?“, fragte Draco neutral und die Blondine lächelte geheimnisvoll.

„Weil ich Dumbledore hasse.“

Mit offenem Mund sah Harry seine blonde Freundin an.

„Kannst du uns beide mal kurz entschuldigen?“, fragte der Gryffindor in Richtung Draco und zerrte Luna etwas grob beiseite, sodass sie außerhalb von Dracos Hörreichweite waren.

„Aua, du tust mir weh“, beschwerte sich Luna, doch Harry war innerlich zu aufgewühlt, um darauf einzugehen.

„Was soll das? Wenn du ihm glaubst und Dumbledore hasst, wieso bist du dann letzten Monat dem Orden beigetreten?“, fragte Harry aufgebracht und ließ Luna nicht aus den Augen.

Die Blondine verzog die Miene und sah Harry trotzig entgegen.

„Weil du im Orden bist, Harry. Ich mag dich sehr gerne und will dich einfach nur beschützen. Nur weil ich Dumbledore hasse und Draco glaube, heißt das doch noch lange nicht, dass ich ein Todesser bin! Also hör auf, mich wie einen zu behandeln!“

Lunas letzte Sätze waren wie eine Ohrfeige für Harry, doch er musste ihr im Nachhinein zustimmen, dass er genau das sofort gedacht hatte: ‚Wenn sie nicht auf der weißen Seite steht, dann muss sie automatisch auf der schwarzen Seite stehen.‘

„Tut mir Leid, Luna. Natürlich bist du keine Todesserin“, entschuldigte Harry sich kleinlaut und Luna nahm tröstend sein Gesicht zwischen ihre zarten Hände.

„Du musst ganz dringend versuchen, objektiver über dieses Thema nachzudenken, Harry. Draco hat Recht, Dumbledore ist weitaus schlimmer als du ahnen kannst und ich kann das bezeugen. Es ist verdammt wichtig, dass du verstehst, was Dumbledore dir und mir angetan hat.“

Der Gryffindor fasste sich verwirrt an den Kopf. „Was genau meinst du damit? Dumbledore hat mir nichts angetan.“

Luna sah ihm ernst an und warf einen kurzen Blick zu Draco, der gedankenverloren mit einem goldenen Schnatz spielte, den er anscheinend einstecken hatte.

„Draco hatte in noch einer Sache Recht: Man kann jemanden, der in Dumbledores Welt mit Dumbledores Ansichten aufgewachsen ist, nicht einfach erzählen, was die Wahrheit ist und dann erwarten, dass einem geglaubt wird. Die Sache ist verdammt verstrickt. Ehrlich gesagt denke ich schon mein ganzes Leben darüber nach, wie ich dir die Wahrheit sagen könnte, ohne dass du mich als Lügnerin abstempelst und nie wieder mit mir redest.“

Harry schüttelte fassungslos den Kopf. „Du bist meine Freundin, Luna! Eine sehr gute sogar! Wieso sollte ich dir nicht glauben?“

Luna überlegte kurz, wie sie ihrem schwarzhaarigen Freund ihre Sachlage erklären konnte und weil ihr nichts besseres einfiel, nahm sie das erste bei den Haaren herbeigezogene Beispiel, das ihr einfiel.

„Okay. Nehmen wir an, ich würde behaupten, Zauberer gäbe es gar nicht und in Wahrheit sitzt du schon dein ganzes Leben in einer Muggel-Irrenanstalt. Würdest du mir das glauben?“

Skeptisch hob Harry eine Augenbraue. „Nein. Das ist doch Schwachsinn!“

Luna lachte hysterisch auf und fuhr sich fahrig mit ihrer Hand durch ihre blonde Mähne. „Siehst du? Genau davon rede ich, Harry, es reicht einfach nicht aus, es dir zu sagen. Aber ich weiß, wie ich es dir zeigen kann.“

„Du meinst ein Denkarium?“

Luna schüttelte mit traurigen Augen den Kopf. „Nein, etwas viel besseres. Hör zu, bitte frage mich jetzt nicht, woher ich das weiß. Du wirst es bis morgen bestimmt von alleine verstehen. Aber diese Träume von James Potter, die du in letzter Zeit hast, sie können dir zeigen, wer Albus Dumbledore wirklich ist.“

Harrys Augen wurden groß und er konnte Panik in sich aufkommen spüren. „Woher weißt du davon?!“ Er sah wie Luna genervt die Augen zu Schlitzen verengte.

„Ich sagte doch, du sollst mich das nicht fragen. Hör mir gut zu, Harry, ich bin auf deiner Seite. Du kennst mich. Du vertraust mir doch, oder?“

Harry überlegte kurz, dann nickte er. „Ja, ich vertraue dir, Luna.“

Die Blondine schien sichtlich erleichtert. „Gut, dann hör mir genau zu: Der Grund, wieso du letztens in der Krankenstation warst, war ein Traum, richtig? Aber scheinbar bist du mit der Geschichte von James Potter noch nicht bis zum Ende vorgedrungen, sonst wärst du mit Sicherheit zu mir gekommen und hättest mit mir darüber geredet.“

Harry wollte kurz fragen, wieso sich die Blondine so sicher war, dass er zu ihr statt Ron und Hermine gegangen wäre, doch die Antwort dieser Frage war jetzt zweitrangig.

„Du musst dringend den Okklumentikschild runternehmen und dir den Rest anschauen, am besten noch heute. Wenn du willst, kann ich bei dir bleiben und solange auf dich aufpassen. Ich weiß, dass die Träume unangenehm für dich sind und was du sehen wirst, wird dich womöglich seelisch in den Abgrund reißen, doch ich bin mir sicher, du willst die Wahrheit wissen, Harry.“

Der Gryffindor war daraufhin verwirrt, doch er nickte entschlossen. „Natürlich will ich die Wahrheit wissen.“
 

Nachdem sie sich hastig von Draco verabschiedet hatten, mit den tröstenden Worten, dass sie die nächsten Tage weiter mit ihm über dieses Thema reden wollten, machten sich Luna und Harry mit schnellen Schritten auf den Weg zum Raum der Wünsche. Sie hatten beschlossen, dass dort der sicherste Raum von Hogwarts war und Luna durch den Kamin Harry auch schnellstmöglich in die Krankenstation bringen konnte, falls was aus dem Ruder lief.

Der Raum hatte sich in ein kleines gemütliches Wohnzimmer mit großem brennenden Kamin verwandelt, vor dessen Flammen eine gemütliche Sitzecke platziert war. Sie hatten sich zudem einige Conscienta-Tränke herbeigewünscht, sodass die Ravenclaw-Schülerin Harry sofort helfen konnte, nachdem er wieder aufwachen würde.

Kaum hatten die zwei Schüler sich gesetzt, umfasste Luna fürsorglich Harrys Hände und sah ihn so ernst an, dass Harry Luna nur noch schwer wiedererkannte. Es machte Harry ein wenig Angst, dass sie so ernst war, denn das entsprach überhaupt nicht ihrem gewöhnlichen Verhalten, doch auf der anderen Seite wusste Harry, dass es in der Tat sehr ernst war, was sie hier taten. Die letzten Male, in denen Harry in James scheinbare Gedankenwelt abgetaucht war, hatte er das Gefühl er würde gleich sterben, so sehr zerriss es ihn jedes Mal, und diese Schmerzen nahmen mit jedem weiteren Traum zu. Harry atmete meditativ langsam ein und wieder aus und versuchte sich geistig bestmöglich darauf vorzubereiten, was er gleich tun würde.

„Bist du soweit?“, hörte er Luna fragen und Harry nickte knapp.

Entschlossen tastete Harry nach seiner Okklumentikbarriere in seinem Kopf und riss sie mit einem Schwung herunter. Er spürte, wie seine Muskeln erschlafften und zierliche Hände liebevoll seinen Sturz dämmten, während die unterschiedlichsten Szenen auf Harry einprasselten.
 

***
 

Mit nervösem Kribbeln im Rücken löffelte James seinen Eisbecher. Lily saß ihm gegenüber und lächelte James flüchtig zu. Es war ihr erstes offizielles Date, dazu hatten sie sich ein nettes kleines Eiscafé in Hogsmead ausgesucht, doch beiden schien es offensichtlich ein wenig unangenehm.

„Ich bin eine Elbin“, platzte es so plötzlich aus Lily heraus, dass James lachen musste.

„Soll das ein Witz sein?“, fragte der Gryffindor amüsiert und Lily errötete.

„Die Sache ist mir ernst, James“, ermahnte sie ihn und sah ihn über ihren Eisbecher hinweg ungewohnt ernst an. „Mein Vater ist ein Elb, meine Mutter eine Muggelstämmige. Ich weiß nicht, ob du davon gehört hast, doch mein Volk wird von einigen Zauberern verfolgt und gejagt, deswegen habe ich noch niemandem davon erzählt“, erklärte die blonde Schönheit zögerlich und sah James ängstlich an.

James, der das sah und nur wenige Minuten brauchte, um das Gehörte zu verarbeiten, fasste schließlich ihre Hand und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.

„Ist das wirklich dein Ernst? Hey, kein Grund Angst zu kriegen. Ich werde dich niemals verraten, Lily. Danke, dass du mir so viel Vertrauen schenkst, dass du es mir erzählt hast.“

Lily sah James skeptisch an, dann atmete sie nach einer Weile erleichtert wieder aus.

„Danke, James. Ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet, dass du mir das einfach so abkaufst.“

Der Gryffindor lachte kurz, griff in seine Jackentasche und holte ein kleines Foto hervor, auf dem er gemeinsam mit Lily, Sirius, Remus und Peter vor den Toren von Hogwarts stand und in die Kamera winkte.

„Seit wir herausgefunden haben, was Remus in Wirklichkeit ist, kann mich nichts mehr so schnell schocken. Außerdem bin ich mir sicher, dass du mich wegen solchen Geschichten niemals anlügen würdest.“

Die blonde Elbin fühlte Tränen aufkommen. „Danke, James“, flüsterte sie und schniefte hastig in ein Taschentuch.

„Zusammen schaffen wir das, Lily.“
 

***
 

Es war ihr drittes Date, an dem Lily und James gemütlich Händchenhaltend am Rand es Verbotenen Waldes entlang schritten. Der Wind war ein wenig kühl, doch der Abend war für den Winter ungewöhnlich warm, sodass sie kaum froren.

Plötzlich blieb James stehen und sah Lily tief in die Augen. Ihre Gesichter kamen sich langsam näher und für einen kurzen Moment berührten sich ihre Lippen zu einem sanften, zögerlichen Kuss.

Ein Rascheln ließ sie beide erschrocken auseinander fahren. Ein wütender Severus kam aus dem Verbotenen Wald gestapft und hielt einen kleinen Korb mit scheinbar frisch gesammelten Zaubertränke-Zutaten in der Hand. Er warf den beiden einen verächtlichen Blick zu und lief an ihnen vorbei ohne sie weiter zu beachten.

Lily und James sahen dem Slytherin mit traurigen Mienen hinterher. James Herz pochte schmerzvoll, am liebsten wäre er Severus hinterher gerannt, doch er hatte damals einen Entschluss gefasst und würde nun auch zu ihm stehen. Lily währenddessen fiel der sehnsüchtige Blick auf, dem James dem Slytherin zuwarf. Die Elbin seufzte leise.

„Du bist noch nicht über ihn hinweg, oder?“, fragte sie leise und beobachtete, wie James ertappt zusammenzuckte.

„Nein, bin ich nicht. Tut mir leid, Lily“, gestand der Schwarzhaarige und blickte beschämt auf den Boden.

„Es muss dir nicht leid tun“, flüsterte Lily und fing den Blick des Gryffindors auf. „Sei ehrlich zu mir, hast du gerade bei dem Kuss etwas für mich empfunden?“

Ein verzweifelter Ausdruck schlich sich in James Gesicht und er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch seine Stimme versagte. Lily nahm das mit einem kläglichen Lächeln zur Kenntnis.

„Verstehe“, sagte sie schließlich, drehte sich um und wich ein paar Schritte zurück.

James wollte sie aufhalten, doch seine Hand griff kraftlos ins Leere. „Ich wollte dich nicht verletzen, Lily. Ich mag dich wirklich!“

Die blonde Elbin drehte sich zu ihm um und im hellen Mondschein konnte James erkennen, dass kleine Tränen in ihren Augen schwammen.

„Entschuldigung, ich will eigentlich nicht weinen“, entschuldigte sich die Gryffindor-Schülerin und tupfte sich energisch die Tränen aus den Augen. „Aber ich habe auch nichts empfunden, James.“

Der Schwarzhaarige sah seine Freundin eine Weile unschlüssig an. „Und wieso weinst du dann?“

Lily trat wieder an ihn heran und zog ihn zu einer Ansammlung größerer Steine, auf die sie sich setzen konnten.

„Ich habe mit meinem Vater ein Abkommen geschlossen“, fing die Blondine an zu erklären und James hörte ihr still und aufmerksam zu. „Er war von Anfang an dagegen gewesen, mich nach Hogwarts zu schicken, doch meine Mutter konnte ihn dazu überreden, indem sie ihn davon überzeugte, dass ich eine magische Ausbildung brauche. Daraufhin hat mein Vater allerdings durchgesetzt, dass ich nach meinem Abschluss wieder zurückkehren muss und mich dann vorerst in der Welt der Elben versteckt werde.“

James blickte sie geschockt an und erneut rannen kleine Tränen der Elbin über die Wangen. „Aber ich will nicht von hier weg, James. Ich habe hier so viele Leute gefunden, die mir was bedeuten! Ich dachte, wenn wir zwei vielleicht eine Beziehung hätten, dann…“

Sie redete nicht zu Ende, doch James konnte sich denken, wie der Satz endete.

„Heißt das, du darfst hierbleiben, wenn du einen Freund hast?“

Lily nickte kläglich und James sprang entschlossen auf. Er beugte sich zu Lily runter und wischte ihr mit seinem Daumen liebevoll die Tränen aus dem Gesicht.

„Wo ist dann das Problem? Mittlerweile denken sowieso schon alle, dass wir zusammen sind.“

Schockiert blickte ihn Lily an. „Nein, das kann ich nicht machen! Du verdienst jemanden, den du wirklich liebst! Und der dich genauso sehr liebt!“

James blickte verletzt auf den Boden. „Diese Person habe ich bereits für immer verloren, Lily. Außerdem liebe ich dich wirklich. Vielleicht nicht auf dieselbe Art, wie ich Severus geliebt habe, aber ich bin bereits glücklich, wenn du bei mir bist! Du bist alles, was mir bleibt, Lily. Ich kann dich nicht auch noch verlieren.“

Die Elbin fiel ihm schluchzend um den Hals. „Ich liebe dich auch, James!“
 

***
 

Stillschweigend saßen sich Lily Evans und James Potter gegenüber am Gryffindortisch.

„Hey, ihr beiden Turteltäubchen, was ist los? Ihr seht aus als wäre ich gestorben.“

Ein grinsender Sirius setzte sich hinzu und klopfte James begrüßend auf die Schulter. Der junge Potter schenkte seinem besten Freund ein schiefes Lächeln.

„Du bist eindeutig zu nervig um tot zu sein“, witzelte er und erntete einen kurzen Lacher von Peter, der sich nun ebenfalls setzte.

„Tja, das ist das letzte Mal, dass wir alle hier zusammen sitzen und frühstücken“, sagte Peter wehleidig und schnappte sich ein Brötchen.

Sirius winkte leichtfertig ab.

„Ach was, das ist nicht das Ende der Welt, Leute. Im Gegenteil: Stell dir nur vor, was wir jetzt alles machen können!“

James ließ Sirius in seinen anderen Sphären schweben und blickte stattdessen zu seiner neuen Freundin. Er und Lily waren nun seit einem halben Jahr zusammen – na ja, zumindest taten sie so. Sie verstanden sich wirklich gut und hatten es zu Anfang auch nochmals versucht, sich auf anderer Ebene näher zu kommen, doch James war noch immer nicht über Severus hinweg. Lily gegenüber hatte er zugegeben, dass er wahrscheinlich nie komplett über diese Trennung hinweg kommen würde.

Heute war ihr letzter Schultag. James hatte so viele glückliche Erinnerungen an dieses Schloss. Er warf einen kurzen Blick zum Slytherintisch und suchte ihn nach Severus ab. Ihre Blicke trafen sich kurz, doch James blickte schnell wieder weg. Sein Herz pochte schmerzhaft.

„Ich liebe dich, James“, sagte Lily plötzlich und legte ihre Hand auf die seine.

James war Lily dankbar für die Unterstützung. Lily bemerkte des Öfteren, wenn es James nicht gut ging und erstaunlicher Weise fand sie jedes Mal die richtigen Worte, um ihn aufzumuntern und in ihm verloren geglaubte Kräfte zu wecken.

„Ich liebe dich auch, Lil“, antwortete er und schenkte ihr ein Lächeln.

„Igitt, nicht am Tisch!“, ging nun Sirius mit gespielt angeekelter Miene dazwischen. Peter und Remus grinsten amüsiert in ihren Orangensaft.
 

***
 

Der Tag war schwül und James Kleidung klebte an ihm wie festgezaubert. Als er den Konferenzraum des Phönixordens betrat, waren bereits alle herbeigerufenen Mitglieder anwesend.

„James, schön, dass du es so kurzfristig noch geschafft hast“, begrüßte ihn Dumbledore und wies ihn auf seinen Platz. Albus erhob sich und stellte sich ans Rednerpult.

„Jetzt, wo alle da sind, würde ich gerne anfangen. Voldemort hat wieder zugeschlagen: Sein Ziele waren diesmal die Häuser der Familien Knightley, Dudgens und Liston. Soweit wir wissen gibt es keine Überlebenden, doch natürlich möchte ich mich persönlich davon überzeugen. Wir werden wie üblich Vierer-Teams bilden.“

„Was für ein Zufall, dass Snivellus nichts davon wusste, was?“, wisperte Sirius, der rechts von James saß, seinem besten Freund zu.

James blickte düster drein, während er zu dem ehemaligen Slytherin blickte, der in sicherer Entfernung am anderen Ende des Raumes saß und Dumbledore weiter zuhörte. Als dieser spürte, dass man ihn anstarrte, sah er auf. Seine Miene verfinsterte sich schlagartig, als er sah, wer ihn beobachtete und so schnell wie er aufgesehen hatte, sah er bereits ignorierend wieder weg.

In James brodelten wie gewohnt die unterdrückten Gefühle. Er verfluchte sich dafür, dass er offensichtlich noch immer dermaßen viel für den Schwarzhaarigen empfand. Unterbewusst registrierte er, dass Dumbledores Ansprache bereits ein Ende gefunden hatte. Ohne weiter darüber nachzudenken, stand er geräuschvoll auf und schritt in die Mitte des Raumes. Alle Augenpaare waren auf ihn gerichtet.

James blickte sich suchend um. Als er erneut Severus Blick kreuzte, verengten sich seine Augen kurz vor Wut – auf sich selbst. Schließlich fand er die Gesuchte. Mit sanften Druck zog er Lily, die bereits vor ihm eingetroffen war, zu sich in die Mitte des Raumes. Dann kniete er sich vor ihr auf den Boden und zog einen Ring aus der Tasche.

„Willst du mich heiraten, Lily Evans?“
 

***
 

„Was sollte das, James?“

Lily war zickig als sie an diesem Abend zu ihrer gemeinsamen Wohnung nach Hause kamen. Der Auftrag des Ordens hatte sie nicht lange beschäftigt, war aber ernüchternd gewesen: Keine Überlebenden, nur Mord und Todschlag. Die Zahl der Opfer dieses Krieges stieg ins Unermessliche und jedes Ordensmitglied nahm es auf individuelle Art und Weise mit. Scheinbar versuchte James die Trauer und Einsamkeit in seinem Herzen durch eine gefälschte Hochzeit zu kompensieren. Lily pulsierte vor Wut.

„Was meinst du?“

„Komm mir nicht mit ‚Was meinst du‘! Du weißt genau was ich meine!“

Sie hielt ihm fuchtelnd ihre Hand entgegen, deren Ringfinger nun ein schlichter, funkelnder Ring mit einem kleine Saphir verzierte.

„Du hättest nicht ‚Ja‘ sagen müssen“, erwiderte James nur knapp und presste beleidigt die Lippen aufeinander.

„Nicht Ja sagen? Bist du verrückt? Der ganze Orden hat uns zugesehen!“

James grinste unbeholfen.

„Ich habe mit bekommen, wie du dich gestern mit deinem Vater unterhalten hast.“

Betreten sah Lily auf den Boden.

„Das war kein Grund, mich zu fragen ob ich dich heirate.“

„Doch, wenn ich dadurch verhindern kann, dass dein Vater dich mir wegnimmt, dann schon!“

James zog seine Verlobte in eine innige Umarmung.

„Ich liebe dich, Lily. Du bist mir so verdammt wichtig. Die Sache mit Severus macht mich immer noch fertig, aber du bist immer für mich da und gibst mir die Kraft durch den Tag zu gehen. Ich brauche dich, Lil. Du ahnst ja gar nicht wie sehr!“

Lily lächelte gegen James Brust und genoss es, im Arm gehalten zu werden. Die Wut war plötzlich wie weggeblasen. Nach einiger Zeit löste sie sich und sah James tief in die Augen.

„Eine Bedingung habe ich aber, wenn wir wirklich heiraten.“

Aufmerksam sah James Lily an.

„Ich will ein Kind mit dir.“
 

***
 

Brabbelnd streckte der kleine Harry die Hände nach seinem Vater aus. Lily und James beobachteten ihren kleinen Sohn verzückt.

„Ja, komm zu Papa, mein Kleiner“, sagte James und nahm Harry liebevoll hoch.

Lily wollte ihrem Ehemann gerade das Fläschchen reichen, als plötzlich vom Erdgeschoss ein lauter Knall ertönte. Sofort verstand James die Situation.

„Verdammt, wir wurden verraten! Hier, nimm Harry, Lily. Lauf!“

„Laufen? Aber wieso denn?“, sprach eine bekannte, ältere Stimme.

Die kleine Familie fuhr erschrocken herum. Als James den Sprecher erkannte, ließ er erleichtert den Zauberstab sinken.

„Albus, du bist es nur. Du hast uns zu Tode erschreckt!“

Der Schulleiter lächelnde entschuldigend und breitete väterlich seine Hände aus.

„Tut mir leid, dass ich so plötzlich in euer Heim eindringe. Ich habe über eure Bitte vor einigen Tagen nachgedacht und bin zu einem Ergebnis gekommen.“

Plötzlich schrillten in James einige Alarmglocken los. Es gab keinen Grund für Albus in ihr Haus einzubrechen, um mit ihnen über ihre Bitte, aus dem Orden auszutreten, damit sie sich aus dem Krieg heraushalten zu konnten solange Harry noch so klein war, zu reden.

„Das Ergebnis wäre?“, fragte James mit zusammengebissenen Zähnen und schob Lily, die Harry auf dem Arm hatte, vorsichtshalber Richtung Ausgang.

Dumbledore beobachte dies und lachte ungewohnt kalt auf.

„Du enttäuschst mich, James. Ich war immer für dich da, habe mich um dein Wohl gesorgt. Deine Mutter ist nur Dank meiner Kräfte so lange am Leben geblieben. Und nach all dem kommst du zu mir und sagst mir, dass du dich aus dem Krieg heraushalten willst?“

Ein kleiner zehnjähriger Severus Snape erschien vor James geistigen Auge. Er schrie: ‚Verdammt, ich wusste nicht, dass du auch zu Dumbledores Marionetten gehörst. Er manipuliert jeden, der so dumm ist, ihm zu folgen.‘

Eine nie zuvor gefühlte Übelkeit stieg plötzlich in James auf.

„Lauf, Lily!“, keuchte er. Noch nie zuvor hatte er sich in seinem Leben dermaßen verraten gefühlt.

Dumbledore lachte kalt und zog seinen Zauberstab.

Avada Kedavra

„NEIN!“, schrie James, doch es ertönte bereits ein dumpfer Schlag und Lily kam mit erstarrten Augen auf dem Boden auf. „Du Bastard!“

Doch obwohl James ein begabter Duellant war, war er Albus Dumbledore nicht gewachsen. Sein Zauberstab flog ihm aus der Hand und landete unnütz in der Ecke. Babygeschrei war zu hören und James hatte plötzlich nur noch Gedanken für seinen Sohn. Rettend schmiss er sich über ihn und dessen tote Mutter, die ihn noch immer in ihren leblosen Armen hielt.

Dumbledore lächelte herzallerliebst.

„Du hast dir wirklich eine süße kleine Familie aufgebaut, James. Aber ich kann es nicht zulassen, dass du dein dreckiges Blut an unschuldige Kinder weitergibst. Tritt beiseite.“

Als James sich nicht von der Stelle rührte, winkte Dumbledore kurz mit seinem Zauberstab und James krachte mit voller Wucht gegen die Wand. Bilderrahmen zerbarsten und hinterließen tiefe Schrammen in James Rücken. Er wollte zu seinem Sohn rennen, doch er konnte sich nicht bewegen. Dumbledore hatte ihn magisch festgenagelt.

Dumbledore zischte erneut einige Worte und als ein zweiter jadegrüner Blitz das Zimmer aufhellte und ein kleines lebloses Bündel übrig ließ, schrie James verzweifelt auf. Noch nie in seinem Leben hatte er eine solch tiefe Verzweiflung und Wut gefühlt als Dumbledore mit zufriedenem Grinsen auf ihn zuschritt.

„Ach Jamie“, seufzte er und strich James gespielt väterlich durch die Haare. James konnte mittlerweile keinen Finger rühren. Tiefe Übelkeit kam erneut in ihm auf, doch selbst übergeben konnte er nicht. Dumbledore sah seiner kläglichen Abwehr belustigt zu. „Was soll ich bloß mit dir machen? Umbringen? Nein, das wäre zu schade. Du bist so ein talentierter Kämpfer, ich schätze dir fehlt einfach nur die richtige Motivation, richtig?“

Dumbledore hatte eine Scherbe aufgehoben und strich damit nachdenklich über James Gesicht. Blut quoll aus den kleinen Schnittwunden, doch James biss sich auf die Zunge und gab keinen Schmerzenslaut von sich.

„Das ist es: Motivation. Du wirst mein ergebenster Kämpfer sein, mein Lieber. Du kriegst von mir eine zweite Chance, wie wäre das?“, brabbelte der Schulleiter kryptisch vor sich hin und lächelte unheimlich.

Ein erneuter Wink mit dem Zauberstab erfolgte und James konnte plötzlich spüren, dass er zumindest die Kiefer wieder bewegen konnte. Dumbledore war derweil einige Schritte zurückgetreten.

„Ich werde niemals je wieder für dich kämpfen! Du hast meine Familie getötet!“, schrie James wütend und versuchte sich erneut vergeblich zu befreien.

Dumbledore strahlte ihn erfreut an. „Ja, genau von dieser Art Motivation rede ich! Das ist perfekt!“

Er versiegelte erneut James Kiefer und trat wieder näher.

„Wie wäre es, wenn ich dich das Leben deines Sohnes leben lasse? Harry Potter, der einzige Überlebende beim Angriff auf die treue Ordensfamilie. Seine Eltern? Getötet von dem bösen, bösen Voldemort.“

James Augen weiteten sich geschockt. Dumbledore lachte.

„Das ist perfekt. Du kannst noch einmal komplett von vorne anfangen: Die richtigen Freunde, die richtige Erziehung, die richtige Portion Hass.“

Der Schulleiter richtete den Zauberstaub auf James und sprach einen Zauberspruch. James schrie aus dem ganzen Laib und spürte, wie sein Körper anfing zu schrumpfen.

Als die Verwandlung vollendet war löste Dumbledore den Zauber, sodass James sich wieder bewegen konnte, doch mehr als ein hilfloses Zappeln brachte er nicht mehr zustande. Er wollte schreien, doch seinem Mund entwich nur noch Babygeschrei.

Albus beugte sich zu ihm runter und lächelte ihn gespielt väterlich an.

„Hallo, kleiner Harry“, sprach er und murmelte noch einige weitere Zauber, die sein Aussehen und Gedächtnis beeinflussen.

Das nächste, woran sich der kleine Harry erinnerte, war, wie eine knochige Frau ihn hochhob und dabei so weit wie möglich von sich weghielt.

„Vernon?!“, krisch sie und Harry zuckte bei ihrer schrillen Stimme zusammen. „Wieso liegt ein Baby vor unserer Haustür?“
 

***
 

Harry erwachte mit einem lauten Röcheln. Seine Lunge versuchte vergeblich nach Luft zu schnappen und obwohl Harry heftig ein- und ausatmete, hatte er das Gefühl er würde jeden Moment ersticken. Ein säuerlicher Geschmack breitete sich in seinem Mund aus und ihm wurde klar, dass er sich soeben übergeben hatte.

Er spürte zarte Hände, die ihm über den Rücken streichelten. Wütend wollte er sich aus der Umarmung befreien und fing an, blind um sich zu schlagen. Grausame Bilder schossen durch seinen Kopf, welcher der Informationsflut kaum standhalten konnte. Tiefe Hass- und Trauergefühle bohrten sich schmerzhaft in sein Herz, sodass Harry nicht mehr wusste, ob es viel zu schnell oder zu langsam schlug. Er fühlte sich gewaltsam in die verschiedensten Richtungen gezerrt und schrie vor Schmerz aus Leib und Seele.

Er fühlte sich kraftlos und suchte verzweifelt Halt. Er fiel direkt in die Arme einer Person und er wollte sich von ihr befreien, doch er war zu schwach. Er spürte, wie sie ihm mit einem Stück Stoff den Schweiß von der Stirn wischte und wie sie ihm schließlich eine Phiole an die Lippen hielt.

„Du musst das schlucken, bitte“, hörte er eine weibliche Stimme verzweifelt flüstern und mehr aus Reflex gehorchte Harry. Er öffnete seine Lippen und ließ sich langsam die Flüssigkeit einflößen.

Das Gefühlschaos ebbte nur sehr langsam ab und noch immer hatte Harry das Gefühl, er schwebte zwischen Himmel und Hölle. Es prasselten die unterschiedlichsten Gedanken und Gefühle auf Harry ein, die er kaum zuordnen konnte. Es war als würde sich sein gesamtes Leben gleichzeitig in seinem Kopf erneut abspielen. Alle Empfindungen und die Gedanken, die er gehabt hatte, durchströmten ihn auf einen Schlag.

Keine der vorigen Träume hatten solch ein Chaos in dem Gryffindor hinterlassen und noch nie in seinem Leben hatte sich Harry so verraten gefühlt. Die Verzweiflung zerriss ihn und Harry hätte in diesem Moment alles dafür getan, dass dieser Schmerz endlich aufhören würde. Er ballte seine Hände zu Fäusten, um verzweifelt den Schmerz umzulenken, und spürte, dass jemand ihm eine weitere Phiole in die Hände gedrückt hatte. Ohne darüber nachzudenken entkorkte Harry sie mit zitternden Händen und trank sie komplett aus.

Erst jetzt begann Harry zu registrieren, dass er im Raum der Wünsche war. Seine Augen, die endlich wieder anfingen die Umgebung wahrzunehmen, huschten unruhig im Raum umher und trafen schließlich auf ein besorgtes blaues Augenpaar.

Luna schob sich verzweifelt zu Harry und redete energisch auf ihn ein, doch der Gryffindor schien sie nicht zu hören. Seine Augen sahen sie kurz an, doch sein Geist war scheinbar mit anderen Gedanken beschäftigt. Sie startete einen erneuten Versuch, Harry in ihre Arme zu ziehen und diesmal schien der Schwarzhaarige sich nicht mehr dagegen zu wehren.

„Schhh, es wird alles gut“, flüsterte sie ihm immer wieder ins Ohr und versuchte, ihm so viel Trost zu spenden, wie sie konnte, indem sie ihre beruhigende Magie fließen ließ, doch der Gryffindor lag nur zitternd vor Schmerz in ihren Händen und schien nicht wahrzunehmen, dass ihm viele dicke Tränen über die Wange rannen.

Luna wog kurz die Vor- und Nachteile ab, dann fischte sie aus ihrer Hosentasche entschlossen eine dritte Phiole Conscienta-Trank. Es kostete sie diesmal kaum Mühe, Harry dazu zu überreden, den Inhalt zu schlucken.

Harry spürte, wie eine kühle Flüssigkeit seine Kehle runter rann und plötzlich war aller Schmerz weg. Alles, was Harry plötzlich noch fühlte, war grausame, kalte Leere. Er sah hoch und erblickte Lunas verweintes Gesicht, doch auch bei diesem Anblick fühlte Harry nichts, obwohl ihm sein Verstand sagte, dass er seine Hand heben müsste und der Ravenclaw-Schülerin Trost spenden müsse. Er fühlte sich allein und obwohl im Kamin neben ihnen leuchtend rote Flammen flackerten, war ihm plötzlich kalt.

„Kannst du aufstehen? Wir müssen dich in die Krankenstation bringen“, schniefte Luna und versuchte vergeblich, Harry in eine stehende Position zu bewegen.

Der Gryffindor beobachtete die Blondine dabei, doch die gewohnte Welle der Zuneigung für sie überkam ihn nicht. Es blieb ihm nur noch gefühlslose Leere. Harry wollte auf sich sauer sein, doch selbst das konnte er nicht. Ihm war plötzlich alles nur noch gleichgültig.

Er sah stumm zu, wie Luna begann zu fluchen, doch ihm war es egal, ob er hier saß oder sie in den Krankenflügel begleitete.

Wütend, und weil Luna nicht mehr weiter wusste, verpasste sie Harry eine leichte Ohrfeige, doch selbst darauf reagiert der Gryffindor nicht mehr. Er sah sie nur aus großen, leeren Augen an; in ihnen war keinerlei Regung mehr erkennbar.

„Verdammt!“, schrie sie wütend und lief unruhig im Zimmer hin und her, bis sie schließlich eine Entscheidung fasste. „Bleib hier sitzen, Harry. Ich bin gleich wieder da“, flüsterte sie ihm leise zu und sah ihm dabei tief in die Augen, doch Harry reagierte nicht.

Harry verstand Lunas Worte klar und deutlich, doch obwohl seine Erinnerungen einen kleinen Impuls in ihm weckten zu antworten, war die gähnende Leere und Gleichgültigkeit in Harrys Herzen größer. Stumm und gelangweilt sah er ihr hinterher, wie sie Pulver in die Flammen warf, die daraufhin grün aufleuchteten. Sie warf ihm einen letzten verzweifelten Blick zu und dann verschwand sie.

Harry, der nun nicht mehr von seinen Gedanken abgelenkt wurde, saß nur ruhig auf dem Boden und starrte gedankenverloren an die Decke. Ein Geräusch von flackernden Flammen und Schritten einige Zeit später machten ihm klar, dass er nicht mehr allein war, doch er drehte sich nicht um, da es ihm egal war, wer gekommen war.

„Potter, sieh mich an“, hörte er eine schneidende Stimme schreien und er brauchte nicht lange, um sie Severus Snape zuzuordnen, doch er reagierte nicht darauf.

Harry spürte, wie er unsanft am Arm gepackt und auf die Beine gezerrt wurde, allerdings drang der Schmerz nicht bis zu seinem Geist vor. Harry spürte nichts und auch als Snape ihm direkt besorgt in die Augen blickte, blieb Harrys Herz leer und kalt.

„Krankenflügel“, rief Snape hektisch als er mit Harry in den Kamin stieg. Die Krankenschwester kam ihm bereits panisch entgegengelaufen.

„Was ist passiert? Oh mein Gott, ist das Mr. Potter?“, fragte Poppy panisch und half Severus, Harry auf ein Krankenbett zu hieven. Der Gryffindor wehrte sich nicht und ließ alles stumm mit sich geschehen. Ein weiteres Knacken bedeutete den beiden Erwachsenen, dass nun auch Luna hinterhergekommen war.

„Erklären Sie, was passiert ist, Miss Lovegood“, wies Severus in strengem Tonfall an und sah, wie Luna bleich wurde. Sie starrte besorgt auf Harry und fixierte anschließend Severus und Poppy.

„Harry und ich wollten uns im Raum der Wünsche treffen. Als ich ihn vor einer viertel Stunde gefunden habe, schien er gerade von einem sehr, sehr heftigen Alptraum aufgewacht zu sein“, log Luna ohne mit der Wimper zu zucken, doch ihr Blick schweifte immer wieder besorgt zu dem schwarzhaarigen Gryffindor, der gefühlslos an die Decke starrte. „Seine Reaktionen waren so heftig, dass ich ihm drei Conscienta-Tränke verabreichen musste, um ihn vor sich selbst zu schützen.“

Poppy atmete zischend ein und Severus schritt wütend auf die Ravenclaw-Schülerin zu.

Drei?! Sind Sie verrückt?“, schrie er sie an und Luna war plötzlich sehr froh darum, dass Madame Pomfrey noch hier war, denn ansonsten war sie sich nicht sicher, was Snape vor lauter Wut mit ihr im Affekt angestellt hätte.

Der Hauslehrer von Slytherin spießte Luna mit wütenden Blicken auf und versuchte mit aller Gewalt nicht die Beherrschung zu verlieren. „Bereits zwei Tränke innerhalb von drei Tagen können für den Anwender gefährlich sein. Haben Sie auch nur die leiseste Ahnung, was das für Konsequenzen haben könnte, jemandem drei Tränke innerhalb von einer viertel Stunde zu verabreichen?!“

Die Ravenclaw-Schülerin sah beschämt zu Boden und würde am liebsten darin versinken. Doch ein kleines bisschen Wut kam in ihr hoch. „Natürlich kenne ich die Konsequenzen“, antwortete sie patzig, doch sie sah Severus nicht dabei an. „Die Gefühlsleere kann ihn in den Suizid treiben, das weiß ich! Aber Harry war davor wesentlich labiler!“

Poppy und Severus sahen sie nur geschockt an, doch mit einem wirschen Handzeichen von Snape, ließen sie dieses Thema fallen. Was auch immer Harrys Problem gewesen war, es war zunächst unwichtig, denn zuerst mussten sie den Gryffindor wieder in Ordnung bringen.

Jedoch gab es keinen Gegentrank für den Conscienta, sodass Severus und Poppy eine Weile ratlos überlegten, was sie tun sollen.

„Wenn wir den Trank nicht aus seinem Blutkreislauf kriegen, wird er womöglich nie wieder etwas fühlen können“, entfuhr es Poppy verzweifelt und Luna konnte deutlich sehen, dass Severus ein schnippischer Kommentar auf der Zunge lag, den er sich jedoch verkniff.

Mit lautlosen Schritten näherte sich Luna dem Gryffindor, der sich bis jetzt noch keinen Millimeter bewegt hatte, und strich ihm zärtlich über die Stirn.

„Ich kann die Tränke neutralisieren“, sagte sie ruhig, doch ihr Blick blieb auf Harry geheftet.

Severus und Poppy fuhren hastig zu ihr herum.

„Machen Sie sich nicht lächerlich, Miss Lovegood. Conscienta-Tränke kann man nicht so einfach neutralisieren“, entfuhr es Severus wütend, sodass Luna nun zu ihm aufsah.

„Ich habe auch nicht behauptet, dass es einfach ist. Allerdings denke ich nicht, dass es ratsam ist, sofort alle drei Tränke zu neutralisieren. Ich würde vorschlagen zuerst den letzten aus seinem Blut herauszuholen und wenn es ihm morgen besser geht, kümmern wir uns Schritt für Schritt um die restlichen beiden.“

Die beiden Erwachsenen sahen sie nur stumm an und Luna konnte Severus ansehen, dass er ihre Worte lediglich für einen misslungenen, schlechten Scherz hielt, doch Poppy nickte begeistert.

„Wenn Sie Mr. Potter helfen können, dann tun Sie es, Miss Lovegood“, wies sie Luna an. Severus wollte widersprechen, doch eine Handbewegung von Poppy brachte ihm zum Schweigen. „Das hier ist meine Krankenstation, Severus. Ich gebe hier die Anweisungen, auch wenn ich Ihren Rat oftmals zu schätzen weiß.“

Luna sah kurz zu Harry, dann wieder zu den anderen.

„Ich will dazu mit ihm alleine sein“, wies sie an. Severus marschierte ohne ein weiteres Wort zu sagen aus dem Raum, während er etwas unverständliches in seinen imaginären Bart murmelte, und Poppy folgte ihm nur zögernd. „Ich hoffe, Sie kriegen das wirklich hin“, sagte sie noch zu Luna ehe sie durch ihre Bürotür aus dem Krankenzimmer verschwand.

Kaum waren sie alleine, sammelte Luna ihren Geist und fing an, eine komplizierte Zauberformel zu murmeln. Harry drehte sich gleichgültig zu ihr um und sah ihr dabei zu, wie sie konzentriert die Augen geschlossen hatte und seltsame Worte aus ihrem Mund drangen, deren Bedeutung er nicht verstand. Nachdem sie geendet hatte, umgab sie plötzlich ein helles Licht und Harry sah zu, wie sich ihre äußere Gestalt änderte. Ihre Haare wurden länger und ihr Gesicht ein wenig weicher.

Der verhängnisvolle Traum schoss durch Harrys Kopf und plötzlich erkannte er sie.

„Lily“, stellte er sachlich fest ohne etwas dabei zu spüren. Sein Geist rief Erinnerungen in ihm hervor, in denen er Lily über alles geliebt hatte, doch sein Herz erreichten diese Gefühle nicht mehr. Schlagartig ahnte Harry auf einmal, dass etwas ganz und gar nicht mit ihm stimmte. Er wollte darüber traurig sein, doch auch diese Trauer wurde geschluckt, sodass er sie nur gleichgültig ansehen konnte.

Lily sah ihn traurig an und strich ihm wieder sanft über seine Stirn.

„Es wird alles wieder gut“, flüsterte sie leise und gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn.

Ein warmes Kribbeln durchfuhr Harry und ein Gefühl nach dem anderen erreichte plötzlich wieder sein Herz. Das Erste, was Harry spürte, war so tiefe Freude, dass er die Tränen nicht verhindern konnte, selbst wenn er es gewollt hatte.

„Lily!“, freute sich Harry und klammerte sich verzweifelt an die blonde Frau, die ihn tröstend in den Armen hielt.

Erneut spielte sich in Harrys Geist eine alte Erinnerung ab.
 

***
 

„Was könnt ihr Elben eigentlich so?“ Fasziniert grinste James seine Ehefrau an und streichelte gedankenverloren über ihren schwangeren Bauch.

„Ich dachte schon du würdest nie fragen“, lachte Lily und schüttelte ihre blonden Haare. „Das ist ja schon fast peinlich, dass mein eigener Ehemann keine Ahnung von dem Volk der Elben hat!“

James hatte den Anstand zu erröten.

„Tja, ich darf dir nicht sonderlich viel erzählen. Wir Elben versuchen unsere Geheimnisse zu schützen und haben daher einige strenge Gesetze. Aber ich kann zum Beispiel nicht auf die herkömmliche Art sterben.“

James sah Lily mit großen Augen an. Lily fuhr kichernd fort: „Na ja, die Unverzeilichen haben keine tödliche Wirkung auf mich. Aber wie man mich töten kann, kann ich dir leider nicht verraten. Sonst muss ich dich töten.“ Ihre himmelblauen Augen zwinkerten ihm amüsiert zu.
 

***
 

„Du bist es wirklich, oder?“, flüsterte Harry unter Tränen und klammerte sich verzweifelt an sie. Lily nickte nur und gab ihm erneut einen sanften Kuss auf die Stirn.

Ein erneuter warmer Schauer lief ihm den Rücken herunter und plötzlich war die Trauer in seinem Herzen so groß, dass er kurzzeitig vergaß, wie man atmete.

Die ganze Zeit blieb Lily bei ihm und hielt ihn fest und tröstend im Arm.

Der Schwarzhaarige dachte an seinen Sohn, den er verloren hatte, dann an seine Ehefrau, die vor seinen Augen gestorben war. Ein verzweifelter Blick zu Lily rief ihm in Erinnerung, dass sie nicht wirklich gestorben war, doch die Trauer umklammerte ihn und ließ ihn nicht mehr los.

„Bin ich wirklich James?“, krächzte der Gryffindor mit kratziger Stimme. Er spürte, dass Lilys Umarmung noch ein wenig fester wurde und sah, wie ihr kleine Tränen über die Wange rannen.

„Ja“, flüsterte sie und küsste ihn erneut auf die Stirn.

Die Trauer wurde abgelöst durch immense Wut, sodass er im ersten Impuls Lily von sich stoßen wollte, doch sein Verstand schien wieder richtig zu arbeiten, sodass er den Reflex unterdrücken konnte und sie stattdessen ebenfalls in den Arm nahm.

„Was ist mit mir passiert, Lily?“, flüsterte er entsetzt und dachte über den Traum nach. Er war siebzehn Jahre mit dem Gedanken aufgewachsen, Harry Potter zu sein, der Sohn von Lily und James Potter. Doch plötzlich schien sich die Erde rückwärts zu drehen, denn nichts war mehr so, wie es sein sollte. Das Leben von Harry Potter war die größte Lüge, die James jemals untergekommen war.

Lily weinte und James konnte spüren, wie ihr zierlicher Körper bebte. Er wollte sie über den Rücken streicheln, doch erneut stieg die Wut in ihm hoch, sodass James die Zähne zusammenbiss und mit aller Macht versuchte sich zusammenzureißen.

Lily hatte sich derweil aus seiner Umarmung befreit und sah ihn mit verquollenen Augen an. Sie strich ihm zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und streichelte ihm sachte über den Rücken. „Du bist nicht alleine, James. Ich werde für immer bei dir sein“, wisperte sie und bettete erschöpft ihren Kopf auf seiner Schulter. James sah zu, wie ihr Körper sich langsam wieder in Luna Lovegood zurückverwandelte.

„Ich habe so viele Fragen“, sprach James laut aus, was er dachte. Kraftlos richtete sich Lily auf und sah ihm tief in die Augen.

„Ich weiß, James. Aber nicht heute. Erst musst du wieder auf die Beine kommen.“

Der Gryffindor nickte verstehend und ließ sich erschöpft in das Kissen sinken. Er spürte, wie Lily nach seiner Hand griff und sie festhielt. Es dauerte nicht lange bis James in einen unruhigen Schlaf glitt.
 

***
 

To Be Continued…
 

So, ich hoffe wie immer, dass es euch gefallen hat und dass jetzt ein paar Fragen geklärt sind. Ab jetzt geht es auch endlich in der Gegenwart voran ^.^
 

Ich hätte da mal eine Frage an euch: Hat es euch bisher gestört, wenn ich so viele Wörter kursiv schreibe? Ich bin mir nicht sicher, ob ich das als ‚sauberen‘ Schreibstil werten soll…
 

Bis zum nächsten Mal ^___^

Liebe Grüße



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Legoory
2012-08-27T22:08:14+00:00 28.08.2012 00:08
Ich hatte stellenweise Gänsehaut und kleinere Ausraster...
Auf der einen Seite beeindruckt mich die Geschichte, auf der anderen überlege ich mir fieberhaft, wie man auf so eine Idee kommt?!
Wahnsinn, es gibt gar keinen Harry, es war immer James...
Von:  Haeufchen
2012-04-15T20:14:09+00:00 15.04.2012 22:14
Vermutlich wäre das jetzt der Moment, wo ich sonst immer FFs beende.
Weil es mir einfach zu suspekt is...
Aber...
Dein Schreibstil und die Story sin so fesselnd!
Von:  Salatgurke
2011-12-10T21:26:08+00:00 10.12.2011 22:26
Boah, allein die Idee ist voll cool
auf so was wäre ich nie gekommen ^^
lese auf jeden Fall weiter!
Von:  brandzess
2011-10-29T00:06:24+00:00 29.10.2011 02:06
dadadadam *dramatische musik*
was für eine dramatische wendung :D
oh wenn Severus das wüsste *seufz* ich füchrte er wird noch eine weile unwissend bleiben *snif* der arme!
nur lily soll James/Harry nicht so in beschlag nehmen! also eigentlich hab ich nichst gegen sie aber ich finde aus irgendeinem grund immer alle grundsätzlich unsympathisch die Harry und Severus glück im weg stehen^^'''' auch wenn Lily das bestimmt nicht tun würde.....naja sie war mit ihm verheiratet und hatte ein kind also! da war was tiefes zwischen beiden und deswegen ist sie ein kleiner störfaktor >.<
Severus muss unbedingt nachhacken wie es dazu gekommen ist und James/Harry muss diesmal das richtige tun und Severus die warheit sagen! ist etwas verwirrend......was ist der 'Junge-der-lebt' jetzt mehr? James oder Harry? bin mal gespannt!
Von:  sasa56
2011-09-12T21:14:18+00:00 12.09.2011 23:14
super kapitel
freu mich aufs neue ´kapitel
lg
sasa56
Von:  Tomasu
2011-09-10T09:08:49+00:00 10.09.2011 11:08
Das Kapitel hat sehr viel Tiefe, die mich erstaunt und zum nachdenken und heulen gebracht hat.
Lily ist Luna und James ist Harry.
Aber der kleine Harry, hat er das glück gehabt die lebenskraft seiner Mutter zu erben, oder musste Lily die ganzen Jahre alleine mit dem Verlust ihres Kindes und ihres Freundes leben?

Tomasu

p.s. mit dem kursiven liest es sich leichter, weil man schneller sieht was gemeint ist.
Von:  Omama63
2011-09-10T07:33:46+00:00 10.09.2011 09:33
Erster!!!!!!!!!!
Wieder ein super Kapitel.
Das ist ja noch viel schlimmer, als ich dachte. Harry ist Tot und James muss als Harry leben. Der Alte Sack hat ja einen grauenvollen Humor.
Bin schon gespannt, was Severus dazu sagt, wenn er es erfährt und wie es weiter geht.
Danke für die ENS.
Mich stören deine kursiven Wörter nicht.


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