Der Baum und das gewisse Extra
TOCK...TOCK...TOCK...
Immer wieder rannte es gegen den Baum. Durch die fehlenden Arme sah es dabei bald aus wie ein kleiner Fellball.
Nach ein paar Minuten stieß ein weiteres Geschöpf dazu. Es sah überwältigend elegant aus, stolzierte wie eine Löwin durch die Ebene. Die braune Mähne wurde dabei immer wieder vom Wind durchwühlt.
"Heiv?" ,fragte die hübsche Katze, mit Drachenschwanz behutsam, "Ist alles in Ordnung? Was wird das?"
Das kleine Fellbüschel drehte sich zu ihr um und strahlte über das ganze Gesicht.
"Rahi! Wie schön, dass du da bist! Schau!" Heiv deutete mit dem Kopf in die Baumkrone.
Dort hing, umringt von tausenden Blättern in verschiedenen Grüntönen, ein saftiger, roter Apfel. Heiv konnte die funkelnden Augen nicht mehr verstecken.
"Sieht er nicht köstlich aus?!"
Rahi hingegen konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
"Ja, da hast du Recht. Deshalb springst du also die ganze Zeit gegen diesen Baum?!"
- "Ja! Aber er fällt einfach nicht herunter." Traurig starrte es hinauf zum Apfel.
Die Freundin ging kurz in sich. "Mh..." auch sie blickte nun den Baum an und dachte angestrengt nach. Plötzlich stellte sie sich euphorisch auf.
"Natürlich! Ich habe eine wunderbare Idee!"
Heiv sprang aufgeregt auf der Stelle.
"Ich nehme einfach etwas Anlauf und springe dann mit all meiner Kraft gegen den Baum!"
Heiv blieb stehen und bewegte sich nicht. Für einen kurzen Moment war absolute Stille.
Ein dicker Schweißtropf war nun auf dem Kopf des Kleinen zu sehen und die Herzchenfühler knickten enttäuscht nach unten.
"Aber das habe ich doch auch schon versucht?!"
Rahi winkte genervt ab.
"Das ist doch nicht das Gleiche, Heiv! Ich bin doch viel schneller und kräftiger, als du."
Elegant trabte die Löwin einige Meter davon.
"Lass mich nur machen! ACHTUNG! PlATZ DA!"
Sie nahm gewaltigen Anlauf und sprang mit voller Wucht gegen den Baum.
Dieser wackelte stark, doch mehr geschah nicht.
Rahi und Heiv starrten erwartungsvoll nach oben.
"..."
Langsam drehte sich Heivs Kopf herum, um Rahi mit einem fordernden Blick zu mustern.
Diese Aktion wurde allerdings vereitelt, denn plötzlich stürzte ein kleiner Ast vom Baum und traf Heiv mitten auf den Kopf.
Es dauerte nur wenige Sekunden bis sich dort eine dicke Beule zeigte.
Es entbrannte ein Streit, der einige andere Tiere anlockte.
Darunter auch die gemeinsame Freundin der Beiden: Moimoi.
Die zierliche Löwin beobachtete das Schauspiel für einige Minuten, doch bald wurde es ihr zu bunt.
"RUHE!"
Geschockt und mit aufgestelltem Fell drehten sich die Köpfe der Streithähne zu ihr herum.
Moimoi blieb unbeeindruckt und fragte Warum sie sich so sehr streiten würden.
Hastig erzählte Heiv von seinen Versuchen, den Apfel vom Baum zu holen und auch von dem Vorfall mit dem Ast. Rahi protestierte lauthals und schon wieder begannen die Sticheleien der Beiden.
Erneut war Moimoi dazu gezwungen einzugreifen.
"Das bringt doch keinen weiter, ihr Zwei! Lasst uns überlegen, wie man an diesen leckeren Apfel rankommen kann, statt unsere Energien in einem Streit zu verschwenden. Denkt doch nur an den köstlichen Apfelkuchen, den wir backen könnten. Immerhin ist das unser Lieblingsessen. Ist es euch das nicht Wert?"
Ertappt senkten Heiv und Rahi ihre Köpfe.
"Ja...da hast du Recht,Moimoi. Hast du irgendeine Idee?"
Erwartungsvoll beobachteten die beiden ihre Freundin beim nachdenken.
Moimoi war mit Abstand die Cleverste hier und sie genoss grenzenloses Vertrauen in ihre Vorschläge.
"Mhhh...", hörte man immer wieder aus ihrer Richtung, "Ich denke ich habe eine Idee. Und zwar..."
Sie steckten die Köpfe zusammen und besprachen die weiteren Schritte.
Erfreut hüpfte Heiv an den Baumstamm und wartete voller Vorfreude auf die beiden Mädchen.
Rahi stellte sich dicht an den Stamm, legte sich dann dort in das Gras und nickte Heiv bestätigend zu.
Heiv stieg vorsichtig auf Rahis Rücken. Als es dann einigermaßen fest stand, streckte es Moimoi die Hand hin.
Moimoi lächelte ihn freundlich an, nahm dankend die Hand und kletterte behutsam an Rahi und heiv hinauf.
"Seid ihr bereit da oben?" - "Ja, Rahi!"
Ganz langsam stemmte sich Rahi auf ihre Pfoten und drückte sich somit langsam hoch. Heiv und Moimoi kamen dadurch immer näher an den Apfel heran, sodass es bald nicht mehr schwierig war nach ihm zu greifen.
"Hab ihn!", rief Moimoi erfreut.
"Gut. Achtung, es geht wieder runter!"
So vorsichtig wie sie die Beiden hoch brachte, kam Rahi auch wieder herunter.
Heiv und Moimoi sprangen von ihr herunter und Moimoi wedelte glücklich mit dem Apfel herum.
"Wir haben ihn! Wir haben ihn! Wir haben-haben-haben ihn!"
Sie tänzelte gut gelaunt um Heiv herum, der auch sofort mitmachte.
Lachend beobachtete Rahi die Beiden bei ihrem Tänzchen.
Plötzlich vernahm man nur noch ein "*KNURPS*".
Alle drei verloren in Sekundenschnelle sämtliche Farbe.
Ein kleiner Braunbär saß mit leuchtenden Augen hinter Moimoi und verschlang den Apfel in einem Stück.
Dankend nickte er den Dreien zu und machte sich weiter auf den Weg zum nahegelegenen Wasserloch.
Die drei Freunde ließen sich auf ihre Hintern fallen und versuchten diesen Augenblick zu verarbeiten.
Nach einer gefühlten Ewigkeit lachte Rahi gequält auf.
"Naja. Immerhin haben wir gelernt, dass man viele Dinge gemeinsam besser hinbekommt!"
