Zum Inhalt der Seite

Namenlose Freiheit

Oder: Ein Amoklauf und das Leid der Hinterbliebenen Kakashi X Sakura
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

...and stay by my side. ~2.Teil~

Tach, zusammen xD Mit ein bissl*hust* Verspätung ginbt's jetzt auch ma die (versprochene) Fortsetzung .___. Und ich sage gleich ma: Die Story mutet teilweise(!) sehr...ähm...Fanservice-mäßig an, zumindest, wenn man sie mit dem Teil davor, also der Hauptstory, vergleicht...Also tut mir den Gefallen und lasst es^^"" Wer sich also das etwas triste Gefühl der Hauptstory erhalten will, sollte an dieser Stelle nicht weiterlesen...Ihr könntet enttäuscht werden x'D

...
 

Okay, die Warnung hat offenbar nicht so viel gebracht, also bitte: Feuer frei für den zweiten Teil :D
 

Einfach
 

Wenn der Tag kommt, an dem ich wieder ehrlich lachen werde, so drehe dich noch ein letztes Mal um und ergreife meine Hand.

Reiße die Hecken jenes Labyrinthes nieder, welches sich mein Leben rief, auf das ich mich nie wieder in ihm verirre und meinen Weg unwiederbringlich verliere…
 

Erbarmungslos schien die Wintersonne durch die gräulichen Jalousien und kündete damit verheißungsvoll jenes Ereignis an, wovor sich insgeheim jeder Mensch mehr fürchtete, als davor, sich in der Türschwelle eines voll besuchten Einkaufszentrums um die Weihnachtszeit übergeben zu müssen. Ein Neuanfang. Zumindest Sakura hatte dieses unbehagliche Gefühl, das ihr in der Nacht zuvor schon den Schlaf geraubt hatte, nicht verdrängen können. Mit vorsichtigen Bewegungen fühlte sich ihre Hand hinüber auf die andere Seite des Bettes, von dem sie erstaunt feststellte, dass es leer war, etwas Untypisches, dass sie in dem vergangenen halben Jahr selten erlebt hatte.

„Kakashi- Sensei?“, murmelte sie halblaut und erhielt die Antwort prompt in Form eines scheppernden Geräusches aus der Küche.

„Oh nein“, entwich es ihrer Kehle, sie ahnte, was er dort trieb. Es bereitete ihr nicht etwa ein Gefühl der Mulmigkeit, weil er sich anschickte, ein Frühstück vorzubereiten, schließlich wusste er, dass er durchaus ein passabler Koch war, sondern vielmehr die Tatsache, dass er überhaupt so früh etwas zubereitete. Vermutlich, um sie zu motivieren, ihr Energie für den Tag zu schenken, koste es, was es wolle. Es war die Hölle.

Mit einer brüsken Bewegung rollte sie sich herum, stieß zuerst mit ihrem Fuß die Wasserflasche neben ihrer Nachtkommode um und blieb schlussendlich in dem klaffenden Abgrund des einstigen, jetzt notdürftig umgebauten, Boxspringbettes hängen. Abgrund war vermutlich die einzig richtige Bezeichnung. Der Abstand zwischen den beiden Matratzen war so gewaltig, als habe ein apokalyptischer Wirbelsturm zwischen ihnen getobt, ein Abstand, der nicht einmal eine zufällige Berührung zuließ, selbst wenn man sich betont unauffällig um eine solche bemühte. Gewollt unauffällig sozusagen. Eine Romanze heraufbeschwörend. Was auch immer.

Die Situation weckte einen ungeahnten Impuls in ihr, den Impuls, wie ein kleines Kind loszuschreinen und schlussendlich wie ein nasser Sack liegen zu bleiben. Mühevoll widerstand sie dem aber doch, schaffte es irgendwie, sich aus dieser Misere zu befreien und landete auf dem unnachgiebigen Holzboden, der noch, gemasert und gezeichnet wie er war, die Beweise des letzten Krieges offenbarte. Bloß ihr Wecker offenbarte ihr etwas anderes.

„Warum um HIMMELS WILLEN haben Sie mich nicht geweckt?!“

Fluchend sprang sie auf, eilte ins Bad, wusch sich eilig und zog daraufhin die erstbesten Kleidungsstücke an, die sich ihr baten, ihre Lieblingsjeans und eine lange, enge, grün-karierte Bluse. Das kurze Haar band sie notdürftig zu einem Zopf zusammen, der sich, noch ahnte sie es nicht, im Laufe des turbulenten Tages unauffällig in seine Bestandteile auflösen würde.

„Guten Morgen, Sakura“, begrüßte Kakashi sie mit einem unverfänglichen Grinsen, ehe er sich wieder den dampfenden Pfannkuchen, die er noch in der Pfanne wieder und wieder wendete, zuwandte.

„Ob das ein guter Morgen wird, das muss sich erst noch zeigen“, antwortete sie grummelnd, als hätte sich schon eine düstere Vorahnung in ihr breit gemacht, „schließlich habe ich meinen Bus verpasst.“

Er gluckste.

„Ich nehme dich mit. Alles andere wäre doch ohnehin zu umständlich...Außerdem“, er zögerte einen Augenblick, „ Ist das doch Ehrensache, immerhin ist es dein erster Tag an einer Schule…nach gut einem halben Jahr…“

„Ja, ja. Ich hole nur meinen Abschluss nach und dann sieht mich da sowieso keiner mehr…“

Ihre Miene verfinsterte sich, niedergeschlagen ließ sie sich an dem großen Küchentisch nieder. In Wahrheit hatte sie Angst. Große Angst sogar. Obwohl es eine andere Schule sein würde, fürchtete sie sich vor dieser Atmosphäre, vor den graugelben Fluren, deren undefinierbare Farbe sie an jenes ebenso undefinierbare und unfassbare Ereignis erinnern könnten, dessen Horrorszenario noch immer ihren Gedanken beiwohnte. Der Geruch, nach Staub und Kreide, indem seit jenem Tag der Geruch von Blut klebte. Blut, Schrecken, Angst und Tot und Verlust. Die Hölle, die sich kurz auf der Erde gezeigt hatte, bestimmt und qualvoll, so abstrus, dass es schon wieder die ungeschminkte Wahrheit war.

Tränen verschleierten ihren Blick. Sasuke. Naruto. Keinen hatte sie retten können.

„Hier sind deine Pfannkuchen. Iss sie, bevor sie kalt- Hey, was ist denn los?“

Er stellte den Teller ab und beugte sich zu ihr hinab. Selbstverständlich wusste er, was mit ihr los war, natürlich war ihm bewusst, dass dieser Tag keineswegs angenehm für sie war. Aber was sollte er denn tun. Was sollte er noch tun? Sogar umgezogen waren sie gemeinsam, vielleicht nicht direkt auf ihren Wunsch hin, auch er hatte es gewollt, aber dennoch hatte er sich tief in seinem Herzen doch erhofft, dass sie gemeinsam so etwas ändern würden. Folglich waren sie gemeinsam in eine Wohnung auf dem Land gezogen, weit weg von der Stadt, raus aus der Hektik und dem allgemeinen Charakteristikum der Industrie, außerhalb von der Kanto-Region. Ihre Wohnung war wohl das personifizierte Klischee einer kleinen Residenz auf dem Land. Es war der ehemalige Wohnbereich eines umgebauten Bauernhofes, dessen Fassade noch genauso herb aussah wie es wohl auch schon zu Kriegszeiten der Fall war, und weiterhin hauptsächlich aus massigen Balken bestand, die sich auch in der Küche zeigten und dort emporragten wie der Mast eines Schiffes. Die Räume waren allesamt sehr großzügig; im Wohnzimmer führte eine schmale gewundene Treppe hinauf auf einen kleinen Dachboden, dessen Dielen bei jedem Schritt einen Ächzlaut von sich gaben wie das Respirationsgerät eines Komapatienten. Insgesamt konnte man das Ambiente wohl durchaus als angemessen und wohnlich bezeichnen, wenn auch Renovierungsarbeiten vonnöten gewesen waren, die aber so glücklicherweise zu sehr geringen Mietkosten geführt hatten, was nach einiger Zeit wiederum dazu führte, dass Kakashi die Wohnung schließlich kaufte, zwar auf heftigen Protest von Sakura hin, die sogleich versprach, wenigsten die Hälfte zu bezahlen, sobald sie mit der Schule fertig war. Aber immerhin war es nun ihr neues, fast schon trautes Heim. Lediglich das vorgesehene Schlafzimmer war zu klein für zwei Einzelbetten gewesen, sodass man sich entschieden hatte, ein Boxspringbett zu kaufen, dessen „Boxen“ seit neustem einen gehörigen Sicherheitsabstand beinhalteten, sodass es aber gerade so in dem kleinen Zimmer Platz fand. Ja, Sicherheitsabstand. Wider allen Ereignissen waren sie nicht etwa zusammen- sie pflegten ein freundschaftliches Verhältnis mit dem gewissen Maß an Distanz. Sozusagen eine WG in ungewöhnlicher Konstellation.

„Ich kann das nicht“, flüsterte sie, die Augen in ihren Händen versteckt, sodass er ihre Tränen nicht sehen konnte.

„Ich pack das nicht!“

Sakura war eigentlich eine Kämpferin. Eigentlich, das wusste er, umso überrumpelter war er von ihrer Aussage…und irgendwie auch nicht, denn dass es nicht einfach werden würde, das hatte er gewusst.

„Natürlich schaffst du das. Schau mal, ich bin doch auch da, und wenn was nicht stimmt, dann kannst du zu mir ins Büro kommen…Hm?“

Sie musterte ihn mit leerem, fast schon totem Blick.

„Wie stellen Sie sich das vor? Sie sind Lehrer und ich werde an der gleichen Schule Schülerin sein. Was glauben Sie, wie es aussehen würde, wenn wir uns quasi zu einem kleinen tête- à tête in ihrem Raum treffen? Schon problematisch genug, dass wir zusammen wohnen…!“

Kakashi seufzte. Selbstverständlich wusste er das, hatte es schon gewusst, als sie umgezogen und er eine Stelle in der einzigen Schule in der Umgebung bekommen hatte.

„Sakura…“

Seine Miene war angespannt und gequält, eine Regung seines Gesichtes, die sie kaum kannte. Die Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen zusammengezogen, seine pechschwarze Iris des gesunden Auges wurde scheinbar noch eine Spur dunkler, sodass man die Pupille kaum mehr ausmachen konnte, er fuhr sich entnervt durch sein Haar, das daraufhin noch wirrer von seinem Kopf abstand. Seine Gestik sprach die Sprache der Verzweiflung.

„Ich ziehe mich um“, murmelte er und zog sich noch im Gehen das altbekannte Rape me T-Shirt aus, welches ihm von Jahr zu Jahr tatsächlich besser stand.

Wann würden die Probleme endlich enden? Jetzt durfte er einen Menschen, der ihm wichtig geworden war, nicht einmal mehr unterstützen.
 

„Verdammtes Ding, du sollst anspringen, habe ich gesagt!“

Wütend drehte er den Schlüssel abermals um, diesmal aggressiver als zuvor, sodass es verwunderlich war, dass der Schlüsselbart nicht mit Freuden nachgab und abbrach. Der kleine, klapprige Subaru antwortete mit einem Aufstottern, kurz heulte der Motor ächzend auf, dann näherte sich der Drehzahlmesser wieder der null und der Motor erstarb ganz.

Sakura, die resigniert und zitternd neben ihm saß, würdigte ihren ehemaligen Lehrer keines Blickes, sondern zog in Erwägung, sich wieder klammheimlich in die Wohnung aufzumachen, um den Tag im Bett zu fristen, bis dieser sich erbarmen und seinem Ende nähern würde.

Ihre Finger spielten nervös an dem aufgekratzten, speckigen schwarzen Leder des Sitzes herum.

„Geld für eine Wohnung hatten Sie ja, auch die vorher war eher eine Königsresidenz als die eines arbeitslosen Beamten, aber ein neues Auto ist nicht drin? Das hier ist doch kein Auto, das ist höchstens eine bessere Pferdekutsche…!“, gab sie grummelnd zu bedenken und deutete demonstrativ auf die zerkratzten Armaturen und zerfurchten Sitze.

„Ich will nicht wissen“, fuhr sie unbeirrt fort, „was passiert, wenn Sie das Ding doch zum Laufen bekommen. Bei den verschneiten Straßen wird vermutlich sogar eine Armeisenkolonne schneller sein.“

„Langsam reicht ’s aber, ja?“, empörte sich Kakashi nun doch, dessen Geduldsfaden immer mehr zu reißen begann. Er wandte seinen Kopf kurz Richtung Fenster, nur um festzustellen, dass es wieder zu schneien begann. Sie würden niemals ankommen…

„Jetzt habe ich ihn!“, rief er plötzlich, Sakura hatte ihren Kopf wieder abwesend zur Seite gewandt, aus, er drückte das Gaspedal durch, seine Hand klammerte sich entschlossen an die Handbremse, der Motor surrte und kämpfte…aber er blieb immerhin an.

„Na es geht doch“, lachte er zufrieden und machte sich vorsichtig daran, auszuparken.

Sakura sank tiefer in den Sitz hinein. Ihre Brust fühlte sich wie zugeschnürt an, hatte sie doch gehofft, sie würden gar nicht erst losfahren, sie war nervös, ihr war schlecht…

So, wie sie damals nicht aus dieser Katastrophe hatte fliehen können, so konnte sie auch nicht vor Notwendigkeiten wie dieser fliehen, obwohl sie sich allein und gottverlassen dabei fühlte, auch wenn ihr Sensei neben ihr saß und fast schon stoisch durch die Winterlandschaft tuckerte, so war sie im Grunde ihres Herzens allein, auf sich selbst gestellt, konfrontiert mit einer Situation, die sie nicht einzuschätzen wusste.

Heimlich musterte sie ihn von der Seite, sah die verschlafene und doch wahnsinnig aufmerksame Miene seines Gesichtes, seine Augen, die umringt waren von netzartigen Fältchen, die ihm Reife verliehen, seine kantigen Kieferknochen, die irgendwie eine Spur von Brutalität verlauten ließen und zuletzt das weiche, silberfarbene Haar, welches sich über den Kragen seiner dunklen Jacke wellte. Er war so viel älter, so erwachsen, dass ihr einmal mehr bewusst wurde, wie schmerzlich allein sie war. Allein mit ihrer doch sehr kindlichen Angst, obwohl sie im kommenden Frühling bereits zwanzig werden würde.

Die Angst jetzt war einem Tier in ihr gleich, das danach lechzte, sie zu überrumpeln.

„Du schaffst das“, lächelte Kakashi, ohne den Blick von der Fahrbahn abzuwenden, musste jedoch ziemlich laut reden, da der Wagen recht haarsträubende Geräusche von sich gab.

Überrascht blickte sie auf; hatte er sie vielleicht aus den Augenwinkeln beobachtet?

Seine Rechte, die sich gerade nicht am Schalthebel zu schaffen machte, wanderte zu ihrem Oberschenkel, sie war verblüfft über diese Berührung, wo sie beide doch jeglichen Körperkontakt nach ihrem Techtelmechtel von vor einem halben Jahr vermieden hatten wie katholische Mönche.

Hitze stieg in ihr auf. Warum war es ihr auf einmal so unangenehm? Warum erschien ihr der Wagen plötzlich viel zu klein? Bisher hatte es ihr nie etwas ausgemacht, mit ihrem ehemaligen, oder vielleicht ihrem bald-wieder-Sensei zusammen zu sein, eher war er ihr Fels in der Brandung gewesen, der Ruhepol zu ihrem unausgeglichenen Selbst. Nun war es fast schon so, dass sie gar nicht bei ihm sein wollte, aber irgendwie wieder doch.

„Sensei“, murmelte sie.

Da war etwas zwischen ihnen, ein Prickeln in der Luft, wie Elektrizität, eine ungeahnte Spannung; elektrische Impulse, die ihre Körper austauschten. Eine verbotene Spannung.

„Sorry“, grinste er, aber es klang unecht, fast gequält.

Sakura schwieg.

„Können Sie mich nachher etwas vor der Schule rauslassen? Ich weiß nicht, ob es so gut ist, wenn ich zusammen mit einem Lehrer erscheine…sowohl für Ihren, als auch für meinen Ruf nicht…“

Der Angesprochne antwortete mit einem leicht spöttisch klingenden Lachen:

„Wir sind jetzt schon sage und schreibe zehn Minuten zu spät…Glaubst du, dass uns irgendjemand sehen wird?“

Diese Bitterkeit in seiner Stimme kannte sie nicht, hatte sie zuvor niemals gehört, nicht einmal damals, wenn er die Klasse ermahnt hatte, weil es wieder zu laut geworden war.

Die Unruhe, die sich in ihr ausbreitete, wurde stärker, fühlte sich falsch und fremd an, sie wusste, dass es nicht von der Tatsache kam, dass sie gleich in der neuen Schule ankommen würde, es lag eher an ihrem Sensei, an dem, den sie seit Jahren kannte, der ihr vertrauter sein müsste, als jeder Mensch auf der Welt, der sie vor dem Tod bewahrt und ihrem Leben kurz vor dem Abgrund einen neuen Weg offenbart hatte. Was war plötzlich los? Lag es daran, dass ihr nun zum ersten Mal bewusst wurde, dass diese Bindung zu ihm wider alle Gesetze war, weil er nach nur wenigen Augenblicken durchaus wieder ihr Lehrer sein konnte? Dass sie erst durch jene Katastrophe ermöglicht worden war, aber vorher niemals auch nur einen Platz in der Welt gefunden hätte? Das dieser Zufall, ja dieses Schicksal so absurd war, so unwahrscheinlich wie ein Lottogewinn?

„Nein, vermutlich wird uns niemand sehen…“

„Eben.“

Kurz tippte er sich gegen das Kinn und schaltete dann den Scheibenwischer eine Stufe höher, dessen abgenutztes Gummi über die Scheibe kratzte und schmierige Schlieren hinterließ.

Die Fahrt dauerte nicht mehr lange; ein, zweimal setzte der Subaru noch hustend zu einem Überholmanöver wegen mehrerer Schneepflüge an, dann rollte er auch bereits in eine breite Einfahrt, die eines Parkplatzes, ein, und kam zum Stehen.

„So“, sagte Kakashi, während er seine Krawatte, die so gar nicht zu seinem legeren Auftreten passte, richtete, „da wären wir. Du meldest dich jetzt erst in einem der Verwaltungsräume, dort bekommst du deinen Stundenplan und die Information, wo du deine Uniform abholen kannst. Es ist übrigens alles ausgeschildert, du dürftest also keine Probleme haben, dich zurechtzufinden…“

Sprach’s und war bereits ausgestiegen. Sakura selbst blieb wie versteinert sitzen und zog ihre Jacke fester um ihren Körper, die Hände umklammerten unsicher ihre Umhängetasche. Sie musste aussteigen. Sie musste es, aber sie konnte sich nicht rühren.

Derweil hatte Kakashi bereits seine Tasche aus dem Kofferraum geholt und klopfte nun gegen das Fenster.

„Sakura. Bitte steig aus…“

Er öffnete die Tür, schaute sie leicht vorwurfsvoll, leicht bemitleidend an und sie war versucht, ihn trotzig zu mustern, wie ein kleines Kind.

„Ich…komm ja.“

Ihre Muskeln waren wie eingefroren, sie stolperte, fing sich aber wieder, noch bevor Kakashi ihr im wahrsten Sinne des Wortes unter die Arme greifen konnte.

„Ich kann selber aussteigen, bin ja keine alte Oma, vielen dank auch“, zischte sie, woraufhin der Angesprochenen nur erwiderte:

„Tja, das sah aber gerade anders aus. Aber bitte, gern geschehen.“

Schweigend standen sie sich noch kurz gegenüber, Sakura ihre Umhängetasche weiterhin umklammernd, Kakashi mit lässiger Körperhaltung, die von keinerlei Unruhe zeugte, obwohl er vermutlich nervöser war, als Sakura selbst.

„Ich geh mal“, murmelte er, ließ sie einfach stehen, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Sakura war versucht, ihm nachzulaufen, sie wollte nicht alleine in dieses Gebäude gehen, die beißende Angst in ihr wurde immer aggressiver, mit jedem Schritt, den er sich von ihr entfernte. Sie fühlte sich so wahnsinnig alleingelassen. Weswegen? Was für ein Keil war da plötzlich zwischen ihnen, der ihnen die Sicht auf den anderen versperrte? Wo war dieses erfrischende Gefühl geblieben, das sie vergessen ließ, sobald er auch nur in ihrer Nähe war? Was war geschehen?

„Sakura?“

Sie schreckte auf, er hatte den Kopf halb zur Seite gewandt. Seine Stimme wurde beinahe vom Wind verschluckt.

„Hör zu. In der ersten Pause warte ich auf dich in meinem Büro, weil ich mit dir sprechen möchte. Neben dem Haupteingang findest du eine große gläserne Tafel, auf der alles steht, wo sich welche Räume befinden. Aber das erwähnte ich ja bereits...Verstanden?“

Sie glaubte sich verhört zu haben.

„Aber Sensei, das ist doch nicht-

„Ich sage dir das als Lehrperson dieser Schule. Das ist eine Anweisung, die du zu befolgen hast. Also, ich erwarte dich. Und bitte pünktlich.“

„Das sagt der Richtige“, flüsterte sie, es klang traurig, vielleicht sogar verletzt.

Unmerklich sammelten sich Tränen in ihren Augenwinkeln, die sie eilig wegwischte, froh, dass er sie nicht sehen konnte.

Er hatte ihr nur das blinde Auge zugewandt.
 

Während Kakashi allmählich die Treppe zum Haupteingang erreichte, fühlte er sich elendig. Distanz war etwas, das er schon viel früher hätte schaffen sollen, überdeutlich wurde ihm die Gefährlichkeit bewusst, der er sich und auch sie aussetzte, allein durch die Tatsache, dass sie sich näher kannten. In den vergangenen Monaten hatte er sich selbst etwas vorgemacht, hatte in der Illusion gelebt, dass sich schon alles irgendwie zum Guten entwickeln würde, dass die Probleme unbedeutend werden würden und er und auch sie wieder zur Normalität übergehen könnten. Er war ein Narr gewesen, so etwas törichtes auch nur zu denken, es war lachhaft, wo er es doch selbst stets war, der sich als vollkommenen Realist bezeichnete, der nichts mehr hasste als Träumereien.

„Es ist zum Mäuse Melken!“ ,fluchte er und verschwand in den tristen Mauern des Gebäudes.

Sakura, frierend und zitternd, blieb derweil allein am Rande des Parkplatzes stehen, unschlüssig, ob sie auch nur einen weiteren Schritt tun sollte. Schroff deutete der Betonklotz gen Himmel, zeigte anklagend auf die tief hängenden Schneewolken, als sollten sie den mächtigen Mauern weichen und der Tristesse das Zepter überlassen. Ihr Atem stieg in unregelmäßig wabernden Wölkchen auf und brachte die Schneeflocken zum Schmelzen; der alleinige Anblick weckte in ihr den Wunsch, sich selbst so verflüchtigen zu können.

Vielleicht hätte sie zum Psychiater gehen sollen, egal, wie entwürdigend es ihrer Meinung gewesen wäre. Sie war schon immer ein Mensch gewesen, der -eigentlich- noch mit jeder ach so schwierigen Situation klargekommen war. Doch jetzt wurde ihr bewusst, dass man nicht immer alles allein meistern konnte. Ganz im Gegenteil.

„Rette mich, wer kann...“

Beinahe hätte sie über ihre eigene Hilflosigkeit gelacht. Das vor ihr war ein Schulgebäude, gewöhnlich, einschläfernd, mit dösigen Menschen jeglicher Generationen, die routiniert das taten, was ihnen aufgetragen worden war. Gewalt, Rache, Mordlust? Fehlanzeige.

Immer wieder sprach sie sich leise Mut zu, tat einen Schritt, einen Zweiten. Ja, so konnte es gehen, obwohl mit jedem Meter der Wunsch nach einer Klinge größer wurde. Nur eine kleine, feine Rasierklinge, nur ein winziger Schnitt in die Haut, damit die Angst dem Schmerz weichen musste. Einmal nur noch, einmal nur noch...

„Nein. Nein, nein, nein! Ich bleibe clean, schließlich habe ich es Kakashi-Sensei versprochen!“

Die aufsteigenden Tränen erstickten sie fast, wem hatte sie denn etwas versprochen? Er hatte ihr doch deutlich gemacht, dass sie nur noch eine Zweckgemeinschaft waren, er war nie mehr für sie gewesen, hätte es nie sein dürfen. Er war die Fatahmorgana in der Wüste gewesen, die sie auf den rechten Weg gelenkt und den Mut wiedergegeben hatte, er selbst jedoch war unerreichbar.

„Ich schaffe das. Alleine.“

Mittlerweile berührten ihre Finger das kalte Metall der abgegriffenen Klinke, an der schon tausende Schüler ihren Frust ausgelassen haben mussten, indem sie mutwillig mit einem Edding Sprüche und andere Abstrusitäten auf die selbige gekritzelt hatten. Trotzdem- irgendwie war das etwas Vertrautes und zeugte auf der einen Seite zwar von einer Schülerschaft, die es mit jeglichen Regeln nicht allzu genau nahmen und auch gerne mal der Kultur des Vandalismus nachgingen und Schuleigentum beschädigten, auf der anderen Seite aber dem Begriff „Gewalt“ mit einer gewissen Scheu gegenüberstanden. Man hätte sich schließlich auch anders Luft machen können...

Sie trat ein, die Hände zitternd, die Stirn von einem feinen Film kalten Schweißes überzogen. Scharf zog sie die Luft ein, erwartend, dass ihre Lungenflügel von Klingen durchbohrt werden würden; ihr Fluchtinstinkt brachte ihre Musklen zum Zucken, feine Kontraktionen der einzelnen Fasern ihres Körpers, wie Schwingungen, die ans Tageslicht gelangen wollten.

Es roch anders in dem Gebäude. Anders, nicht gut. Die Gerüche waberten umher, Staub, Parfüm, vergammelte Salami auf den Pausenbroten, alles so typisch für eine Schule und doch so unbekannt. So viele Sinnesreize für nur ein Organ. Jeder Synästhesist wäre wohl kollabiert.

Eine schmale Tafel, eingefasst in zerkratztem Glas, brachte sie dazu, sich wieder auf ihr Vorhaben zu konzentrieren, eilig prägte sie sich den groben Plan des Gebäudes ein, dann machte sie sich auf in Richten Rektorat.

Das Ersticken bereitete ihr Sorgen, obwohl sie ruhig und kontrolliert atmete.

´Weitergehen. Nicht denken. Gehen. Es wird alles gut. In der ersten Pause siehst du deinen Sensei wieder. Alles wird gut, alles, dir wird nichts passieren, du bist hier sicher, darauf kannst du vertrauen…Genau. Vertraue, verliere deine Angst, lasse sie durch deine Hände dem Nichts entgegengleiten. Es wird vorbeigehen.´

„Hoppla! Da ist wohl jemand in Gedanken! Neu hier?“

Ein paar simple Worte von jemandem, mit dem sie zusammengestoßen war. Ohne Belang. Worte aus ein paar blassen, schmalen Lippen, darunter ein kleines Kinn, fast schon mädchenhaft. Das Haar, glatt, schwarz, ganz leicht bläulich schimmernd im Licht der Neonröhren; ein kurzer, fransiger Pony, der durch die niedrige Stirn schon wieder lang wirkte. Die Nase. Schmal, spitz. Die Augen, die Augen…

„S-Sasuke…“

Mit einem Mal wich sie zurück, ihre Schultern umklammernd und ihn musternd, als sei er der Tot höchstpersönlich.

„Wer?“, fragte der junge Mann freundlich, ein sanftmütiges Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

„Du kannst nicht so lächeln…du bist tot! Du bist tot, Sasuke!“

Zitternd ließ sie sich auf die Knie fallen, alles war wieder da, alle Bilder, jede Erinnerung, die Qualen, die Ohnmacht. Schüsse. Überall diese überlauten Schüsse, Schrei folgte auf Schrei. Diese schwarzen, kalten, berechnenden Augen. Vor ihr. Lebendig. War sie jetzt irre? Nein. Nein, das hier war real. Ihr Verstand war nie so klar wie in jenem Moment.

„Hey…Hey, du kratzt dir die Arme auf, wenn du deine Nägel so in die Haut bohrst…Verdammt, was ist denn mit dir?“

Die Fratze hatte sich vor sie gehockt, jetzt wollte er sie bestimmt mit ins Jenseits ziehen, sie quälen, leiden sehen, seine sadistischen Spielchen treiben, um seine eigenen Wünsche zu erfüllen. Die Rache, versteckte Mordlust. Unruhe. Und die Ruhe an den Fingerspitzen. Gewissheit, zu sterben. Alles, aber nicht noch einmal.

„Stirb alleine, Sasuke! Stirb doch! FASS MICH NICHT AN!“

Der Junge vor ihr blutete, sie hatte ihm wie eine Furie die Wange zerkratzt. Der rote Saft zog langsam Bahnen, hässlich und zähflüssig. Sein Gesicht ließ keine Regung zu, bis hinter ihnen eine Tür aufgerissen wurde.

„Was zum Henker ist denn hier los?!“

Man riss sie von ihm weg, abrupt und bestimmend, beim Aufstehen stolperte sie. Tränen begannen, ihren Blick zu verschleiern, sie wollte sie fortwischen, aber an ihren Händen klebte Blut, das allmählich verkrustete. Sie würgte.

„Ich bringe sie jetzt erstmal fort von hier. Sai, geh du ins Krankenzimmer. Denk daran, die Wunden zu desinfizieren.“

„Ja. Und bringen Sie dieses Mädchen bitte wieder zu Verstand…Die ist ja gemeingefährlich…!“

„Ich werde mein Möglichstes tun…“
 

Er hatte bereits Übung darin, sie auf seinen Armen zu tragen, wodurch ihm die Situation aber keineswegs behaglicher erschien. Wie an jenem Tag hatte sie jetzt aufgehört zu weinen, war aber genauso aufgewühlt wie zuvor; immer wieder beschwor sie ihre Kopflosigkeit, wusste sie doch selbst nicht, was da in sie gefahren war, als plötzlich dieser Sai, wie er wohl hieß, vor ihr saß und sie mit jenen totgeglaubten Augen ansah. Es war eine Übersprungshandlung, vermischt mit allen negativen Gefühlen des zurückgebliebenen Traumas, das wusste sie. Aber das Bedauern konnte sie nicht in Worte fassen. Da war nur Schwärze vor ihrem geistigen Auge gewesen, Angst, Trauer und abgrundtiefe Wut. Hass. Schmerz, hervorgerufen durch Erinnerungen. Sie hatte das liebliche Gesicht eines fremden Jungen zerkratzt.

„Er sah ihm so ähnlich“, flüsterte sie, als Kakashi sie auf einem kleinen, ausgefransten Sofa in seinem Büro absetzte. Der Raum war klein und eng, überall stapelten sich Bücher über Bücher, Unterlagen türmten sich auf einem alten Holztisch, der, zusammen mit einem recht neuen Computer und zahlreichen Büroutensilien, wohl als Schreibtisch fungierte.

„Ich weiß“, erwiderte der Angesprochene flüsternd und wandte seinen Blick ab, schaute, als suchte er irgendetwas, aus dem einzigen Fenster. Er zögerte.

„Es kann so nicht weitergehen, Sakura. Du willst dir nicht helfen lassen, ich darf es nicht einmal, doch bitte sage mir, was muss denn noch geschehen? Du musst loslassen, und ja, ich weiß, was du sagen wirst, ich muss es auch, aber wie? Wie? Wir können nicht ewig zusammen bleiben, ich kann dich nicht jedes Mal vor so Dummheiten wie eben dieser bewahren. Es war ein Glück, ein gottverdammtes Glück, dass ich ausgerechnet in diesem Klassenraum Unterricht hatte. Es geht nicht…“

Seine Stimme zitterte leicht. Vorsichtig lehnte er seine Stirn gegen das kühle Glas des Fensters und seufzte tief.

„Sensei“, auch ihre Stimme drohte zu brechen, „warum haben Sie mich dann überhaupt gerettet damals? Seien wir doch mal ehrlich: Es war von Anfang an problematisch, Sie wussten, wo es enden würde oder könnte. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir nicht mehr zurück können.“

Die Klarheit ihrer Gedanken verblüffte ihn. Gerade eben noch war sie wie weggetreten gewesen, hätte beinahe das Gesicht eines fremden Jungen zerstört, nur, weil dieser dem Uchiha ähnlich sah und nun…Wahnsinn und Genialität gingen wohl doch irgendwie Hand in Hand.

Ich habe mich verantwortlich gefühlt, schließlich war es meine Aufgabe. Und dann? Wir haben uns wieder getroffen, du warst mir so unbekannt und doch so…nah. Dein lauter Atem. Das Bedauern in deiner zittrigen Stimme; Bedauern, das mit deinen Tränen einherging. Weißt du, wie ich mich gefühlt habe, Sakura? Weißt du, was ich in jener Nacht gefühlt habe? Mehr noch: Wie ich mich gefühlt habe, was mein Herz eingeschnürt hat?
 

„…schuldig...“
 

Stumm blickte sie ihn an.

„Schuldig. Sie haben sich schuldig gefühlt meinetwegen“, stellte sie mit monotoner, endgültiger Stimme fest.

Abermals stieg ein Seufzer seine Kehle empor und ließ seinen Brustkorb erzittern.

„Ja. Als ich dich wiedertraf, war das so. Es war feige von mir, nach dem…Massaker keinen Kontakt aufgenommen zu haben, du hättest sicherlich jemanden gebraucht, mit dem du dich hättest austauschen können, schließlich sind wir gemeinsam geflüchtet...“

Sie stutzte. Gemeinsam geflüchtet? Er hatte sie gerettet. Was für eine alberne Bescheidenheit.

„Aber ich wollte nur vergessen. Mit allem abschließen, was ja auch, mein Gott, ich fange gleich an, hysterisch zu lachen, hervorragend funktioniert hat“, er pausierte kurz,

„Doch das war ja nicht deine Frage. Die Wahrheit ist, dass ich kein Held bin. In vielerlei Hinsicht nicht“, er pochte kurz mit den Fingerknochen gegen die Sheibe,

„Sakura“

Jetzt blickte er sie an, als sei sie ein kleines Kind, dem man die Welt erklären müsse,

„Es war lediglich meine Pflicht. Du warst und bist wieder meine Schutzbefohlene. Außerdem…Ich bin kein Kapitän, der das sinkende Schiff verlässt, ohne sich vergewissert zu haben, dass er sein „Soll“ erfüllt hat, dass er die gerettet hat, die auf ihn vertraut haben, ohne ihn zu kennen.“

Ohne ihn zu kennen. Vertrauen.

Als hätte er sie geschrieen, hallten diese Worte in ihrem Kopf wider.
 

„Geht das denn? Kann man einem Menschen vertrauen, ohne ihn auch nur zu kennen?“

Tränen, von denen sie nicht wusste, woher sie rührten, sammelten sich in ihren Augenwinkeln, warum war ihr so dermaßen zum Weinen zu Mute, obwohl das, was er ausdrücken wollte, nichts Schlechtes war?

„Wenn man sich dieser Person in irgendeiner Weise nah fühlt, und ich meine damit das rein subjektive Empfinden, dann ja.“

Die Wahrheit überrollte sie, vielleicht wusste er es ja nicht. Aber er hatte damit exakt ihre Gefühle ausgesprochen, das Vertrauen, die Verbundenheit…
 

„Ich glaube, auf irgendeine kranke Art und Weise beginne ich gerade, mich in Sie zu verlieben…“

„Du liebst mich nicht, genauso wenig, wie ich dich liebe. Du empfindest Glück, weil da jemand ist, der so fühlt wie du.“
 

Nein.

Es stimmte nur teilweise.
 

Diese Worte damals waren nicht aus einer Laune heraus entstanden. Jetzt verstand sie es, jetzt verstand sie sich selbst. Dieser einfache Satz, den sie ihm zugeflüstert hatte, waren ihre Gefühle der letzten Jahre, seit sie ihn kannte, sie hatten bloß in ihr geschlummert, darauf gewartet, wie eine unheilbare Krankheit auszubrechen. Diese Nähe, dieses Vertrauen, das Gefühl der Geborgenheit, die Sicherheit, beschützt zu werden…Das war schon immer einfach da gewesen, wenn auch so verborgen, dass nicht einmal sie selbst auch nur den Hauch einer Ahnung gehabt hatte. Nur so hatte sie den Amoklauf überleben können. Weil ihre Liebe zu ihm sie dazu gebracht hatte, ihm bedingungslos zu vertrauen.

Nur aus diesem Grund war sie noch am Leben.
 

„Es ist wahr. So geht es nicht. So kann es niemals weitergehen, Kakashi- Sensei!“

Es war wie ein Schuss, der die Stille eines friedlichen Waldes durchbrach, als die Tür ins Schloss fiel, der Nachhall war so gewaltig, dass ihre Schritte sofort verklangen. Kakashi aber blieb stehen, unfähig, sich zu rühren, unfähig, das Zerwürfnis zwischen ihnen, welches ihm allmählich den Atem raubte, zu begreifen.

Alles was er fühlte, war entsetzliche Leere und Angst, die Person verloren zu haben, die ihm als einzige noch geblieben war.

Sakura Haruno.

Seine Schülerin.

Sie war fort.

„Elendiger DRECK!“

Die Hand zu einer Faust geballt schlug er auf die schmale Fensterbank und eine Ecke des Steins brach heraus. Seine Hand war gegen eine Kante des Fensterrahmens gekommen, die Knochen bluteten. Er ließ die Finger knacken. Besser. Viel besser. Er fühlte sich seltsam befreit.

Dann brach er, vollkommen unmännlich, in Tränen aus.
 

„Raum 502. Einmal hier um die Ecke, dann rechts direkt den Flur entlang, erste Tür links. Okay?“

„Danke. Wie heißt der Lehrer noch gleich?“

„Tenzo Yamato.“

„Gut. Werde ich mir merken.“

Damit trat sie hektischen Schrittes aus der Tür und eilte in die Richtung, die man ihr genannt hatte. Eine Ausrede. Sie brauchte eine Ausrede, wo sie die ganze Zeit über gewesen war. Oder vielleicht hatte dieser Sai auch schon geplaudert, erzählt, sie sei eine hysterische Ziege, traumatisiert obendrein, die unschuldigen Mitschülern die Gesichter zerkratzte, wenn man ihr helfen wollte. Ein Wolf im Schafspelz. Ein Gansterrapper im Kostüm von Lady Di.

Dabei konnte sie doch nichts dafür.

„Entschuldigen Sie, dass ich so spät hier hereinplatze…Ich bin neu an die Schule gekommen, Haruno Sakura mein Name. Es gab noch einiges zu klären.“

„Kein Problem“, lächelte der Lehrer, es musste wohl der besagte Yamato sein, und wies auf einen freien Platz. Umständlich den Kopf bewegend folgte sie seinem Blick und schaute in zwei pechschwarze Augen, die sie neugierig musterten, unter ihnen, auf der Wange, klebte ein breites, gepolstertes Pflaster. Ausgerechnet.

„Du kannst neben Sai sitzen, solange sein Banknachbar krank ist.“

Sie nickte bloß und stakste wie paralysiert zu dem einzigen freien Platz hinüber, darauf wartend, dass ihre Beine ihr wie bei einem angeschossenen Hund den Dienst versagten. Nichts geschah. Am liebsten wäre sie gestorben, das kalte Grauen erfasste sie, sie musste an Kakashi denken. Ihren Retter. Ihren Vertrauten, Mitbewohner, Freund, Seelenverwandten. Ihren Lehrer. Letzteres wog am schwersten, schon in der nächsten Stunde würde sie ihn haben, in Chemie, mal wieder, sie hatte es nicht glauben können, als sie bei dem Direktor zuvor ihren Stundenplan abgeholt hatte. Es war verflucht, dabei wollte sie doch nichts sehnlicher, als ihm aus dem Weg gehen, ihn vergessen, es war so unmöglich, so unmöglich…

„Brauchst du ein Taschentuch?“

Erst, als Sai sie mit seinen dunklen Augen musterte, sie konnte keine Spur von Boshaftigkeit in ihnen erkennen, nicht mal einen kleinen Schimmer, bemerkte sie, dass sie still weinte, die Tränen flossen einfach, als seien ihre Augen Wunden, die zu eitern begannen.

Dankbar nahm sie das Taschentuch entgegen, bedacht darauf, keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

„Ich kenne deine Geschichte. Na ja, teilweise. Ich bin von der Schülervertretung und wurde gerade von Yamato- Sensei über dich informiert, das ist sozusagen Tradition bei uns, dass die Vertretung auch als Kummerkasten fungiert, daher kenne ich ziemlich viele Leidensgeschichten…Also…Ich bin dir nicht böse, wegen vorhin falls du das denkst. Und das ist doch schon ein Grund, weswegen ich es wissen musste, oder?“

Sie nickte stumm.

„Woher weiß Sensei Yamato davon?“

Sie wurde zunehmend nervöser und bekam das Gefühl, dass alle Welt über sie Bescheid wusste, es war ein unangenehmes Gefühl, plötzlich spürte sie die Augenpaare in ihrem Nacken, die in ihr Hirn blicken wollten.

„Sensei Hatake hat mit ihm vertraulich darüber gesprochen. Sie verstehen sich gut.“

So? Warum hatte er dann nie darüber erzählt, warum hatte er nicht mit ihr darüber geredet, oder sie zumindest um Erlaubnis gefragt? Galle stieg in ihr hoch, Übelkeit schürte ihre Kehle zu.

„Ruhe bitte dahinten.“

Damit war ihre kurze Konversation beendet und Sai wandte sich wieder seinen Notizen zu und begann, von der Tafel abzuschreiben. Die Nahrungskette des schematischen Biokreislaufes.

‚So etwas sollte man für die verschiedenen Menschentypen auch mal anfertigen’, dachte sie zornig und kämpfte noch immer mit den Tränen und der schubweise auftretenden Übelkeit.

Krampfhaft versuchte sie, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, wollte etwas von dem alten Arbeitseifer wieder aufleben lassen, der damals so typisch für sie gewesen war und den sie auch selbst zu schätzen wusste. Doch, es war zu erwarten gewesen, es funktionierte nicht, ihr Kopf war tonnenschwer, als würde sie mehrere Bücher auf ihm balancieren. Zwischen den wirren Gedankenfetzen immer wieder das Gesicht von Kakashi, seine ungleichen Augen, die soviel Tiefe aufwiesen, seine Lippen, Himmel, seine Lippen; ihr wurde heiß, als sie an jene Nacht in seiner alten Wohnung zurückdachte, der Sturm, der vor den Fensterläden getobt hatte, sie beide von der Welt und den Sorgen isolierte und ihnen zum ersten Mal seit langem wieder Ruhe schenkte. Wie er sie geküsste hatte, wie verzweifelt, wie-

„Sakura...Sakura, wir sollen das Buch aufschlagen, das Kapitel 9. Sakura?“

„Äh, ja...?“

Mechanisch wandte sie den Kopf zu ihrem Banknachbarn, der sie verwirrt musterte.

Sie begann ihn ebenfalls zu mustern, versuchte ihn zu fokussieren, um sich endgültig von ihren Gedanken loszueisen.

So ähnlich war er Sasuke nun auch wieder nicht, im ersten Moment, ja, wenn man dann aber ein zweites Mal hinschaute...In ihrer Panikattacke hatte sie ihn leicht für den Uchiha halten können- Glücklicherweise war diese aber ebenso schnell verflogen, wie sie gekommen war, ganz dem Typus des Trauma entsprechend. Jedenfalls begannen die Unterschiede zu Sasuke schon bei Kleinigkeiten, wie sich beispielweise seine Lippen bewegten, die im Übrigen wesentlich voller wirkten, wie er den Kopf neigte und sein mehr braunes als schwarzes Haar zum Wippen brachte oder auch, wie sich das Licht in seinen Augen spiegelte. Kurz und gut: Er sah ihm ähnlich- aber er war nicht wie er.

Plötzlich langte Sai über den Tisch und für einen berauschenden Augenblick glaubte sie, er würde sie küssen wollen, stattdessen aber schlug er für sie das Buch auf.

„Bitteschön.“

„D-danke.“

Beschämt ließ sie einige ihrer Ponysträhnen ins Gesicht fallen, damit er die Röte in ihrem Gesicht nicht sah. Auf eine absurde Art und Weise war sie enttäuscht, sie hatte gewollt, dass er sie küsste, in der Hoffnung, es hätte sie von ihrem eigentlichen Problem abgebracht.

„Bin ich eigentlich völlig bescheuert?“, flüsterte sie sich selbst zu und schon schlichen sich auch schon wieder Wut, Verzweiflung und Sehnsucht an, die ihr Inneres erzittern ließen wie die Blüte einer Blume im Wind. Sie ließ ihre Gedanken treiben, weit fort aus ihrem Körper, dem muffigen Klassenraum, der Schule. Weit fort. Weit fort...Frei...Ungebunden...Wieso passierte ihr das alles? Was war das, das Schicksal? Ein kleines blaues Männchen, das auf der Seele saß und sie lenkte und vorprogrammierte? Obwohl sich doch die Wissenschaftler so heftig gegen den Begriff „Seele“ sträubten, wo er doch nur eine Ausrede für all die Narren waren, die die Chemischen Prozesse der Rückkopplungssysteme, die unsere Taten beeinflussten, nicht verstanden und es nie würden? Was war das Schicksal, was die Seele, der Geist, das Universum? Was war sie selbst? Was das Leben?

Es gongte, ein viel zu schriller Ton für so eine dösige Schule. Es war, als wache sie auf, spürte ihre Hände wieder, die nervös an dem Gurt ihrer Tasche herumspielten, mal wieder. Wann hatte sie die Tasche eigentlich mitgenommen?

„Wir haben jetzt Chemie, du kannst also direkt sitzen bleiben“, lächelte Sai, als sie im Begriff war, aufzustehen.

„Oh. Okay.“

Da war sie wieder, die wohlvertraute Übelkeit.

„Sensei Kakashi und du, ihr wohnt zusammen, richtig?“

Soviel wusste er also schon und obwohl er sozusagen Vertrauensschüler war, störte es sie gewaltig.

„Das geht dich nichts an“, zischte sie unbeabsichtigt giftig, woraufhin Sai abwehrend die Hände in die Höhe reckte.

„Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich dachte nur, du könntest jemanden brauchen, dem du vertrauen kannst. Gerade“, er deutete grinsend auf das Pflaster auf seiner blassen Wange, „nach dieser Aktion hier.“

„Das war eine Übersprunghandlung, ich war nicht ganz bei mir, was mir übrigens außerordentlich Leid tut.“

„Ich weiß.“

Ich weiß. Beinahe hätte sie hämisch gelacht, tat dann aber so, als müsste sie husten.

Das Gleiche hatte Kakashi auch gesagt, in jener Nacht, als könne er sie einfach durchschauen. Nun. Vielleicht konnte er das ja auch. Vielleicht konnte das ja jeder. Und vielleicht war sie einfach zu schlicht gestrickt.

Und dann, als hielte die Welt den Atem an, veränderte sich die Luft, die Teilchen flogen schneller durch den Raum, prallten heftiger denn je aneinander, man konnte beinahe das Knistern hören. Beinahe. Sie konnte nicht mehr atmen, ihre Lungenflügel verweigerten den Dienst, verzweifelt bohrte sie ihre Nägel in die Handfläche, bis sie warmes Blut spürte und der Schmerz sie Rauschen in den Ohren vernehmen ließ. Er trat ein, den Körper gerade haltend, nur das Kinn würdevoll nach unten geneigt. Sie kannte diese göttliche Ausstrahlung nicht, die er jetzt als Lehrer an den Tag legte, auch, als er lediglich ein halbherziges „Guten Morgen“ murmelte. Diese Macht. Dieser durchdringende Blick. Diese lächerlich lässige Eleganz. Als wöge sie nichts ließ er seine Tasche auf das Pult knallen und es war augenblicklich still in der Klasse und jeder holte, wie folgsame Lämmer, seine Mappe hervor, ohne auch nur einen Mucks von sich zu geben. So ruhig war es damals nie in seinen Kursen gewesen. Niemals. Die Atmosphäre war immer irgendwie herzlich, offen und warm gewesen, nie so angespannt, kalt und distanziert wie jetzt. Wann war er so geworden? Und warum hatte sie es nie bemerkt? Flüchtig ließ er den Blick über die Reihen gleiten und überprüfte die Anwesenheit und geschockt stellte Sakura fest, dass er bei ihren Augen länger hängen blieb. So intensiv, als wollte er ihr etwas sagen, was er verbal nicht aussprechen konnte. Etwas schrie in ihm. Etwas. Sie schaute rasch in eine andere Richtung, die Wangen gerötet, die Augen voll Tränen, die Kehle zugeschnürt.

Sai piekte sie in die Seite, sodass sie hysterisch zu lachen begann und die Tränen wie Sturzbäche über ihre Wangen, hinab zu ihrem Kinn, liefen. Es war totenstill, alles starrte sie halb mitleidig, halb verachtend an.

„Sai verdammt“, knurrte sie, aber er war eher ein Gurgeln einer verdurstenden Hyäne.

„Was glotzt ihr denn so? Ist ja wohl meine Sache, wenn es mir scheiße geht!“

Nur noch wenige Sekunden, dann würde sie die Fassung verlieren. Endgültig.

„Haruno-san“, wandte sich nun auch Kakashi an sie, „da du offenbar nicht gedenkst etwas sinnvolles zum Unterricht beizutragen, wie wäre es, wenn du uns den Begriff Bindungsenergie einmal näher erläutern würdest? Dies ist zwar ein kleiner Exkurs in die Physik, aber zwingend nötig, um unser neues Thema beginnen zu können. Also?“

Seine Stimme war undefinierbar, es schwangen gleichzeitig so viele verschiedene Nuancen mit, dass sie es kaum sagen konnte. Überkorrekte Distanzierung? Mitleid? Sehnsucht? Verzweiflung? Er klang so gestelzt, so hilflos, es tat ihr fast Leid. Langsam wagte sie einen flüchtigen Blick in seine ungleichen Augen und es war, als träfe sie der Schlag: Sie waren so abgrundtief dunkel, wie die Gewässer einer Grotte, trüb, matt, das Licht absorbierend, unergründlich. Der Schmerz, der in ihnen lag, war so unermesslich groß, am liebsten wäre sie aufgestanden und hätte ihn umarmt, so eklig er sich ihr gegenüber auch gerade aufführte, es tat ihr einfach nur unendlich weh, ihn so zu sehen und ihn doch nicht durch seine stolze Maske, die er sich errichtet hatte, anschauen zu können.

„Ja, natürlich, ich werde es erläutern, schließlich haben wir das auf meiner alten Schule bereits besprochen.“

Kakashi lächelte nicht.

Sie sammelte ihre Gedanken. Jetzt bloß nicht weinen, stark sein.

„Beschleunigt man zwei Kerne so stark, so werden sie immer schwerer und die Geschwindigkeit, also die Energie, wird selbst zur Masse.“

Sie schluckte. Einfach reden, nicht denken. Auf Autopilot stellen. Irgendwo vor ihr fiel ein Füller auf den Boden, ein metallisches Klimpern auf dem Boden.

„Bei einer Verbindung von zwei Kernen käme es eigentlich zu einer Abstoßung. Aber bei der Verbindung selbst wird die Energie, die zur Masse geworden ist frei, sodass eine neue, stärkere Energie entstehen kann, die die Kerne zusammenhält. Die Bindungsenergie…“

Unauffällig wischte sie sich über die Augen. Sein Blick war weicher geworden und sie las etwas in seiner Mine: Angst. Sehnsucht. Seine vehemente Zurückhaltung machte sie beinahe ungehalten.

„Und was folgt aus dieser Theorie?“

‚Dass ich auch ein positiv geladener Kern bin und du auch, Kakashi-Sensei. Wir stoßen uns gegenseitig ab, bis uns irgendwer, irgendetwas schubst, wir zusammenfinden und dann für immer zusammenbleiben. Und dann, zusammen, sind auch unsere Probleme leichter, sie werden zu nichts, wie die Bindungsenergie. Ich habe es begriffen, hörst du? Niemals kann ich mich mehr von dir lösen. Mein Schicksal ist am Ende mit mir, weil ich nicht mehr zurück kann. Hörst du das? Bitte, sag es mir…’

„Daraus folgt, dass das neu entstandene Teilchen etwas weniger liegt, als beide einzelnen zusammen; sie sind gemeinsam in einen energieärmeren Zustand übergegangen.“

„Exakt.“

‚Ja. Ich möchte auch, dass Ruhe einkehrt. Sie mich an. Sieh mich an. Was siehst du? Wen siehst du?’

Stolpernd stand sie auf, ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals, stürzte der Tür entgegen. Erstaunendes Murmeln um sie herum. Ruhe, als er sie harsch zurechtwies. Ihre dumpfen Schritte auf dem Linoleumboden. Stille. Angst. Der Schmerz in der Brust.

Sie war draußen, auf dem Hof, allein. Noch immer spürte sie seine raue Hand, die sie hatte zurückhalten wollen. Seine flüsternde, zittrige Stimme. ‚Sakura.’ Und dann dieser Blick dabei, diese ungehaltene Sehnsucht, ein Gefühl, das ihn von innen zerfraß. Ja, sie hatte es deutlich gesehen, das Verderbnis in seinen Augen. ‚Ich habe Yamato davon erzählt, weil ich mit jemandem reden MUSSTE. Versteh doch. Diese Situation ist auch für mich nicht einfach’, hatten sie gesprochen. Ja, ja, sie verstand, wo sie ihm doch nicht böse sein konnte, vielmehr war sie wütend auf sich selbst, weil sie ihn so sehr liebte und es erst so spät begriff, zu spät.

Der kalte Wind küsste ihr Gesicht und vereinzelte Schneeflocken begannen ihr Haar zu schmücken, sodass es wie Seide glänzte. Ihre Hände zitterten, diesmal hatte sie keine Handtasche, an der sie sich festhalten konnte. Sollte sich doch jemand anderes darum kümmern. Ohne Ziel wanderte ihr Blick umher, sie ließ ihre Augen das strahlende Weiß der Natur aufnehmen, sie wurde Teil des grellen Nichts, das sie schmerzhaft umringte und von dem Begriff der Normalität abschottete. Erfrieren wollte sie, nichts mehr fühlen, sondern einfach…einfach…erstarren. Erstarren. Oder zu Licht werden, zu dem einzig Existierenden, das nicht alterte, für das die Zeit keine Rolle spielte, konstant war. Zeitlos, schnell, nicht greifbar, ewig. Göttlich.

„Sakura.“

Mechanisch und langsam neigte sie ihren Kopf zu der Stimme hin, jedoch immer noch zu schnell für eine Person, die fluchtartig den Klassenraum verlassen hatte.

„Sai.“

Leise trat er näher, den knirschenden Schnee unter den Füßen ignorierend, schwer atmend, die Haare vom Laufen verwegen zerzaust.

„Sakura, du kannst doch nicht einfach-“

„Glaubst du, dass Gott das Licht ist? Sowohl physikalisch als auch religiöse Vorstellungen würde diese Vorstellung vereinen…“

Ein einziges Fragezeichen prangte erhaben auf seinem engelsgleichen Gesicht.

„Wir sind Buddhisten, dessen bist du dir schon bewusst?“

„Ich mein ja nur. Außerdem finde ich diese Gottesvorstellung des kapitalistischen Westens gar nicht so verkehrt. Wir feiern ja auch Weihnachten.“

„Was ist wirklich mit dir los, Sakura?“

Er schaute sie an, ganz tief in die Augen, sie musste ihren Blick abwenden, weil sie das Gefühl hatte, er durchschaute sie, schaute auf den Grund ihrer Seele, wie ein U-Boot den Meeresgrund erleuchtet.

„Ich liebe K- Hatake-Sensei“, gab sie unverblümt preis, ohne ihren Kopf auch nur zu ihm zu wenden, „du weißt doch ohnehin schon alles aus meinem erbärmlichen Leben. Da kannst du auch das wissen.“

„Yamato hat es mir einfach erzählt, kurz nach unserer Begenung. Das war ein saublöder Zufall, ehrlich. Ich habe nicht nachgebohrt.“

„Mann, das weiß ich doch!“, schrie sie und sprang auf, bemüht, ihre Verzweiflung und den bedrohlich schäumenden Zorn in Schach zu halten. Sai konnte nichts antworten, jedes einzelne Wort wäre eine Lüge gewesen und hätte die Tatsache, dass er durchaus verstehen konnte, was sie empfand, nicht ausdrücken können, wäre dem nicht gerecht geworden.

„Es ist alles so verkorkst. Ich will nicht mehr, Sai, ich will nicht mehr. Ich wollte von Anfang an nicht zur Schule, nicht nach all dem, was passiert ist. Und trotzdem hatte ich keine Wahl, allein schon wegen ihm! Ich will nicht mehr. ICH WILL EINFACH NICHT MEHR!“

Der letzte Satz ließ keine menschliche Stimme erkennen, lediglich ein Fauchen, bestialisch, ohne zu bestimmende Tonlage, einem Raubtier gleich, das um sein Leben kämpfte. Passenderweise knickten ihre Knie weg, in allerletzter Sekunde fing Sai sie auf, ehe sie auf den kalten, verschneiten Boden gesunken wäre.

„Warum hast du eigentlich keine Jacke mitgenommen, Dummchen? Wenn man schon flüchtet, dann sollte man das auch mit Bedacht tun.“

Mit zwei knappen Bewegungen hatte er sich aus seiner Jacke geschält und diese ihr umgehangen.

„Rede nicht mit mir, als sei ich ein kleines Kind.“

„Auch nicht, um dich aufzuheitern?“

„Auch dann nicht.“

Dennoch lächelte sie schwach und vergrub ihre zu gefrieren beginnenden Hände in Sais Pullover; ein wohliger Schauer durchrieselte sie sanft, das gleiche Gefühl, wie wenn die im Sommer Spaghettieis aß, angenehm und doch erfrischend. Vielleicht hatte sie in diesem Moment einen neuen und zugleich einzigen Freund gewonnen, der sich ihrer annehmen wollte und bereit war, ihr über ihre Vergangenheit hinwegzuhelfen. Ja, sie würde es sogar zulassen wollen, allein aus dem Grund, weil sie sich ihm so furchtbar verbunden fühlte.

Überraschender Weise war das schon irgendwie der Fall, seit sie ihm das Gesicht zerkratzt hatte, wenn sie ehrlich war, obwohl sie nicht ganz bei Sinnen gewesen war. Ein Trauma. Ja.

„Danke, Sai. Danke. Wir kennen uns erst seit ein paar Minuten und schon bin ich dir zum Dank verpflichtet…“

„Es wir alles gut werden, das verspreche ich dir“, erstreckte ihr die Hand hin, „du fährst jetzt erstmal mit dem nächsten Bus nach Hause, ich hol deine Tasche und melde dich ab. Und heute Abend redest du mit deinem Hauslehrer“, er grinste über seine eigenen Bemerkung, „Deal?“

„Deal.“

Eine halbe Stunde später fuhr sie, ihr Inneres nicht mehr ganz so aufgekratzt, mit dem nächsten Bus, die Straßen waren nun auch geräumt worden, zurück und klammerte sich an einen kleinen Zettel, auf dem Sais Handynummer, für Notfälle, wie er scherzhaft gesagt hatte, stand, wodurch sie sich, den Beweis ja schließlich in ihrer Linken haltend, irgendwie verstanden fühlte. Als sie zurückblicke, erschien ihr das Schulgebäude auch gar nicht so verflucht, wie es den Anschein gemacht hatte, nur, wenn sie an Kakashi dachte, der noch einige Stunden dort unterrichten würde, bis er nach Hause kam, zog sich ihr Magen schmerzlich zusammen. Erst recht dann, als sie bemerkte, dass er aus einem Fenster auf sie herabschaute, aus dem Klassenraum, aus dem sie rausgerannt war; seinen Blick direkt in den davonfahrenden Bus gerichtet, mit ihr als Fahrgast. Wie lange hatte er sie oder auch sie und Sai schon beobachtet…?
 

Das Blut war doch erst getrocknet, noch eine Wunde, diesmal an der Handinnenfläche, durfte er sich nicht erlauben, die Schüler hatten zuvor schon so neugierig geschaut, sich fragend, wen er wohl zusammengeschlagen hatte, er, der selbstsichere, starke Kakashi Hatake. Seine Verletzungen deuteten doch auf Schwäche hin, er konnte weder seine Gefühle, noch seinen Geist zügeln. Eine Zigarette hätte er jetzt brauchen können, nur eine winzige Zigarette, damit er wieder klar denken konnte, um diese verfahrene Situation zu begreifen, dieses „Ich will dir helfen, kann aber nicht; du kannst dir helfen lassen, willst aber nicht.“ Er verstand es nicht, es war zu verwirrend. Sich zusammenreißend löste er seine Hand wieder von der Kante der Fensterbank, die Kerben deutlich spürend. Ein für sie wildfremder junger Mann schaffte es, ihr Herz zu öffnen, doch er, der sie gefühlte Dekaden kannte, vermochte es nicht. Unsagbare Nähe schaffte Distanz, vielleicht war es auch Angst, Angst davor, verstanden zu werden? Verstanden von jemandem, mit dem man reden konnte wie mit sich selbst? Keine Ahnung.

Bedacht langsam, um die Schüler nicht aus ihren Gedankengängen zu reißen, während sie die von ihm aufgetragenen Aufgaben bewältigten, öffnete er das Fenster. Und jetzt ausspucken. Sich nach vorne beugen und nach unten rotzen wie ein verzogener Elfjähriger. Die Galle hochwürgen und dann raus damit, hätte etwas Befreiendes. Sein Blick huschte über die Bänke, niemand nahm Notiz von ihm oder es wagte sich keiner, ihn anzublicken. Sollte er? Einmal nach Luft schnappen und dann weg damit? Er nahm einen tiefen Zug und jetzt, eins zwei…Und gegenüber, schaute von den angrenzenden Gebäuden jemand, hielt sich jemand auf dem Schulhof auf? Irgendwo unter den schmächtigen Bäumchen, an dem Klohäuschen? Nein. Also noch mal…

„Sensei, ist Ihnen vielleicht nicht gut, Sie schauen so gequält, und wenn ich ehrlich bin, ist ihre Haltung, so halb über dem Fenster hängend, nicht gerade die Natürlichste.“

Zwei schwarze Knopfaugen glubschten ihn neugierig von der hinteren Bank aus an, verhaltenes Kichern folgte, verstummte aber augenblicklich, als er sich aufrichtete.

Dann brach er in Gelächter aus, schallend und hysterisch, den Schülern damit umso mehr das Gruseln lehrend. Kurz danach stahl er sich nach draußen, unter dem Vorwand, etwas Kopieren zu müssen, rauchte aber in Wahrheit erst einmal eine Zigarette, um sich danach im Direktorat krankzumelden.

Ohne Hast ging er noch kurz zu seinem Büro, um die Klassenarbeit, die er eigentlich in der übernächsten Stunde hatte schreiben wollen, so mit Erläuterungen vorzubereiten, dass er sie getrost einem Kollegen übergeben konnte. Doch das Papier, von dem er glaubte, es bei seinen Unterlagen liegen zu haben, war nicht da.

Nicht. Da.

Er, der vorhin noch so absurd ruhig geworden war, wurde hektisch, fast panisch. Korrektheit, Pünktlichkeit und solche Tugenden waren nie seine Stärke gewesen, solange man bedachte, dass er, seit er seinen Beruf an dieser Schule fortsetzte, sich eines Besseren bemühte, um den Schülern wenigstens einen strengen Mann mit Richtlinien vorzuspielen. Wie sehr er dieses gespielte Ich, das er sich da angelacht hatte, doch hasste.

Die Wahrheit war einfach wie planlos: Die Arbeit hatte er schlicht nicht vorbereitet, so musste es sein.

„Tja, dann werde ich improvisieren“, sprach’ s und griff nach dem dicken, zerfledderten Gedichtband in seinem Regal. Konnte ihm ja egal sein, was seine Schüler da interpretierten. Die wenigsten mochten es, ebenso sehr wie sie es konnten. Also egal. Erst neulich hatte er Mondnacht von Eichendorff durchgenommen und hatte einmal mehr Einblick in die stupiden Gedankengänge der Schülerschaft bekommen, als sie nicht aufhörten zu fragen, ob Eichendorff vielleicht Dealer gewesen sei, schließlich spräche er von einer „Seele die Nach Hause fliegt“, was ja ein Widerspruch in sich sei, denn eine vom Körper losgelöste Seele könne ja gar nicht allein irgendwohin zurückfinden, so ganz ohne übergeordnetes Gehirn. Zumal das Zuhause einer Seele ja ganz klar der Körper selbst sei. Daraufhin hatten sie dann geschlossen, dass Eichendorff mit Drogen gehandelt haben musste und halluzinierte, während er dieses Gedicht schrieb. Dass sie dabei nicht das Gedicht, sondern regelrecht den Autor interpretierten, schien ihnen nicht mal aufzufallen.

Selbst nach mehrfachem Betonen, dass dies ja lediglich metaphorisch gemeint sei, hatte sich die Annahme der Schüler wie ein Buschfeuer verbreitet und er, der ja jede Situation so toll unter Kontrolle hatte, konnte nur bitter mit dem Kopf schütteln. Also konnte er jetzt getrost irgendetwas auswählen und hinterher schauen, was sie aus ihren Hirngespinsten herausgearbeitet hatten.

Den Zufall entscheiden lassend, klappte er das schwere Buch mit seinen langen Fingern irgendwo gegen Ende auf und las folgendes:
 

Geheime Liebe
 

Unbeglückt muss ich durchs Leben gehen,

Meine Rechte sind nicht anerkannt;

Aus der Liebe schönem Reich verbannt,

Muss ich dennoch stets ihr Schönstes sehen!

Nicht die schwache Zunge darf's gestehen,

Nicht der Blick verstohlen zugesandt,

Was sich eigen hat das Herz ernannt,

Nicht im Seufzer darf's der Brust entwehen!

Tröstung such' ich bei der fremden Nacht,

Wenn der leere lange Tag vergangen,

Ihr vertrau' ich mein geheim Verlangen;

Ist in Tränen meine Nacht durchwacht,

Und der lange leere Tag kommt wieder,

Still ins Herz steigt meine Liebe nieder.
 

Clemens Brentano
 

Für einen Moment standen seine Gedanken still und man konnte fast das Klicken der Synapsen hören, als diese ihre Arbeit wieder aufnahmen und sein Gehirn zum Denken brachten. Das heißt das, was er dachte, waren wirre Fetzen, die keinen Sinn ergaben, und selbst wenn sie es für einen kleinen Augenblick taten, so wurde dieser Sinn wieder zerschlagen wie zerbrechende Schneeflocken. Erst sah er Rin vor seinem geistigen Auge, lachend, den Blick verführerisch auf ihn gerichtet, sich aber beständig von ihm entfernend. Dann Leere, vielleicht Form gewordene Trauer, schwarzes, trockenes Blut. Schließlich seine alte, dann die neue Wohnung. Die Küche. Das beengende Schlafzimmer. Winter. Schnee. Kälte, erfrorene Gefühle. Dann wieder Leere.

Sakura.

Ihr Gesicht blieb.
 


 

Gemächlich ruckelte der Subaru über die Landstraße, die schneebedeckte Landschaft zog in einem milchigen Flirren an ihm vorbei, hin und wieder spritzte der Schneematsch an den Seiten der Räder weg und hinterließ für entgegenkommende Fahrer einige unschöne, dreckige Pfützen, die aussahen, wie frisch aus einem Moor geschöpft. Warum konnte diese Karre nicht schneller fahren? Vertieft in seine Gedanken, die vor allem, er konnte es sich nicht erklären, um Sakura kreisten, schreckte er plötzlich auf, als sich sein Handy in seiner Gesäßtasche bemerkbar machte. Wann zum Kuckuck hatte er dort hineingesteckt? Er fluchte leise, als er sich mit einer akrobatischen Verrenkung leicht von seinem Sitz erhob und den Hintern in die Höhe reckte und ein Lastwagenfahrer hinter ihm zu hupen begann, weil Kakashi rapide vom Gas runtergegangen war. Dann aber hatte er es geschafft und ging ran.

„Ja?“

„Kakashi, warum hast du dich krankmelden lassen?“

Tenzo. Und er fiel gleich mit der Tür ins Haus.

„Weil die Teletubbies Selbstmord begehen wollen.“

„Bitte?“

„Mann, ist doch egal, ist ja wohl meine Sache, meinst du nicht?“

Schweigen am anderen Ende der Leitung. Der Hatake war ohnehin schon ein Nervenbündel, warum also sollte er jetzt seinem Kollegen auch noch eine Rechenschaft schuldig sein? Alles hatte sich geändert, einfach alles, er hatte ein Gespür für die Geschehnisse um ihn herum bekommen, seit Sasukes Attentat.

„Sakura ist auch nach Hause gegangen…“

Kakashi schnaubte.

„Was willst du damit andeuten?“

„Dass du in der Klemme steckst. Und dass ich an deiner Stelle zurückkommen würde, so sieht es aus.“

„Tenzo. Komm bitte auf den Punkt. Ich fahre gerade auf der Landstraße, welche im Übrigen vereist ist und der LKW-Fahrer hinter mir sieht auch nicht glücklich aus, weil ich so langsam fahre. Bitte.“

„Ja.“ Pause. „Kakashi, was glaubst du, warum sie dich als Sakuras Lehrer bestimmt haben?“

Der Angesprochene überlegte eine Weile, in seinem Hinterkopf formte sich eine Ahnung, die er allerdings nicht aussprach und antwortete daher lapidar:

„Aus Zufall? Weil sie mir vertrauen, dass ich auf Sakura aufpassen würde? Es ist doch logisch, schließlich würde ich nichts wagen, was meinem Ruf als vor allem neuer Lehrer an unserer Schule schaden würde, schließlich bin ich erst seit Beginn des Schuljahres hier.“

„Kakashi“, allmählich konnte er seinen Namen nicht mehr hören, „du bist nicht dumm. Glaubst du das wirklich?“

Diesmal war es der Hatake, der schwieg. Er konnte Tenzo nicht länger hinhalten, sie mussten auf den Punkt kommen.

„Nein.Weil es gegen die japanische Bürokratie ist, dass ich als ihr Lehrer abkommandiert wurde. Das macht mich stutzig, denn Lehrermangel herrscht auch nicht, sodass es nicht anders funktioniert hätte.“

„Genau. Sie wollen dich damit testen. Sie wollen wissen, was ihr für eine Beziehung, sofern man das im weitesten Sinne so nennen kann, führt. Eben weil du neu bist, besteht kein Anlass, dir zu trauen, und dann spielt es keine Rolle, ob das, was beschlossen wird, in Ordnung geht, von Staats Seiten. In ihren Augen ist es am notwendigsten, Sakura in keinen Konflikt zwischen Privatleben und Schule geraten zu lassen, sollte eure Beziehung ausufern.“

Eben diese Gedanken hatte der Silberhaarige auch gehabt, sich nur nicht getraut, sie anzusprechen.

„Ja, möglich, die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering. Doch sie kennen meine Geschichte. Und es ist und bleibt, du sagtest es ja selbst, rechtswidrig. Ich dürfte gar nicht ihr Lehrer sein, weil ich, sozusagen, ihre Familie bin, wenn auch ein schlechter Ersatz.“

Wieder antwortete sein Gesprächspartner nicht direkt, was Kakshi beinahe fuchsteufelswild gemacht hätte, schon während er sprach hatte er Mühe, gefasst zu bleiben. Der Groll hing in seiner Kehle und drohte ihn mit seinen heißen Fluten, die in immer kürzer werdenden Intervallen durch seinen Körper schwappten, zu ersticken.

„Natürlich. Erinnerst du dich allerdings an nur eine Situation, in der ein Gesetz Menschen davon abgehalten hat, zu erreichen, was sie wünschen? In diesem Fall meine ich das Erreichen von Sicherheit für eine Schülerin, diese muss in erster Linie gewährleistet sein. Dafür müssen sie so schnell und sicher wie möglich an Informationen kommen und das geht nun mal am besten, wenn du und Sakura euch häufig seht. In so Situationen macht man Fehler. Es ist ein Prüfstein. Bist du undiszipliniert genug, um Alltag und Schulleben zu vermischen, ist das ein Suspendierungsgrund. Der Ruf der Schule ist wichtig.“

Tenzos Stimme klang gepresst, als sei ihm das, worüber er sich zu sprechen gezwungen sah, zuwider.

„Ihre Sicherheit?“, Kakashis Stimme wurde lauter als nötig; beinahe hätte er sich selbst vor dem dunklen Unterton seiner Stimme erschreckt, der in seinem Kehlkopf grollte und drohte, einem wütenden Tier gleich, noch aggressiver zu werden, „Diese ist ja wohl gewährleistet, verdammt!“

Kurz vernahm er ein Knacken in der Leitung, Tenzo hatte sich den Hörer wohl einige Zentimeter vom Ohr weggehalten.

„Entschuldige“, seufzte der Hatake, „Gomennasai. Dass ich beobachtet werde, war mir bewusst. Und trotzdem. Was ich mich jetzt allerdings frage- und fass es bitte nicht falsch auf- inwiefern hast du damit zu tun?“

Der Braunhaarige am anderen Ende der Leitung antwortete schnell, vielleicht zu schnell:

„Erstens bist du mein Freund. Zweitens –und bei Buddah, reiß mir nicht den Kopf ab-, habe ich Sai auf Sakura angesetzt. Du weißt, er gehört zur Schülervertretung und hatte ohnehin ein Recht zu erfahren, was mit deiner Mitbewohnerin los ist. Zumal sie ihm unschön das Gesicht zerkratzt hat.“

Kakashi wollte etwas Sarkastisches erwidern, schluckte es aber und redete sich ein, Tenzos Idee war eine gute, vielleicht war sie das tatsächlich.

„Du willst uns helfen“, stellte er nüchtern fest und fühlte sich wie ein pädophiler Schwerverbrecher, der mit seinem Komplizen sprach, der ihn decken wollte.

„Vor allem will ich sie vor Gerede schützen. Die Schulleitung legt es mit diesem Vorgehen ja eher auf Getratsche an, von wegen “er unterrichtet sie UND sie wohnen zusammen“, zumindest, falls letzteres rauskommen sollte. Nicht, dass sie plötzlich „Schlampe des Lehrers“ genannt wird. Außerdem gewinnt sie mit Sai einen zuverlässigen Freund und Vertrauten.“

„Das klingt, als wolltest du die beiden verkuppeln.“

„Wäre das denn das Schlechteste?“

Ja. Wäre es.

„Lassen wir die Zeit die Dinge regeln. Tenzo, ich muss auflegen, ich habe gerade die Ausfahrt verpasst, an der ich rausgemusst hätte. Also dann. Und danke.“

Sein gemurmeltes „Danke“ war der blanke Hohn, am liebsten wäre er unbehelligt geblieben und wenigstens glücklich in sein Verderben gerannt.

Ohne eine Antwort abzuwarten, legte er auf, sein Entschluss stand ohnehin fest. Er musste dem Irrsinn ein Ende bereiten, bevor er ihm ein Ende bereitete.
 

Da stand er nun, von einem Bein auf das andere tänzelnd, damit ihm das Fleisch unter der Haut nicht wegfror. Lange war er noch durch Tokio gefahren, sich von einem Kaffee zum nächsten trollend, nur, um nicht nach Hause zu müssen, zu Sakura, die ihm, schon durch die bloße Anwesenheit innerhalb seiner Gedanken, einen Stich in die Magengrube versetzte.

Jetzt war es bereits dunkel und die Tatsache, dass er kein Licht hinter den Rollläden erkennen konnte, ließ ihn annehmen, sie schliefe. Die Nacht war so abgrundtief schwarz, die Lichter der nächstgelegenen Stadt strahlten hohnvoll und trotzig gegen die Dunkelheit an und das künstliche Licht ließ Strahlen gen Himmel emporwachsen, die bedrohlich wirkten wie Dolche, die das erhabene Schwarz vernichten wollten. Der Schnee reflektierte es matt und schuf einen unwirklichen Kontrast zwischen Himmel und Erde, der der Umgebung das Flair eines Stummfilms verlieh. Ihm schauderte. Er würde noch verrückt, wenn er länger in der Kälte blieb; er glaubte sogar, seinen Atem nicht mehr sehen zu können, so kalt war ihm.

Vielleicht wäre Erfrieren gar nicht mal das Schlimmste, man schlief ein, die Gedanken wurden träge und belanglos, während sich die Kälte durch die Nervenbahnen und Adern fraß und das Blut zum Stillstand brachte. Er ließ die Finger knacken, sodass der Schorf über den Wunden zu bröckeln begann. Was für ein Unsinn! Um sich zu beruhigen, wiederholte er immer und immer wieder das Gedicht von Bretano in seinem Kopf; er würde es noch brauchen, ganz sicher so gar. Und das war auch leider die einzige Versicherung die er im Moment besaß. Sein Plan stand. Alles was er brauchte, war Mut. Dann schloss er die schwere Tür auf und machte sich auf den Weg nach oben in seine Wohnung.
 

„Hm?“

Sie rollte sich herum, doch um sie herum war nur Schwärze, die die sich nähernde Silhouette unerkennbar machte und die Geräusche von Schritten wie die von Geistern erschienen ließ.

„Schlaf weiter.“

Die Stimme, tief und rau, hallte an den Wänden wider und sie glaubte fast, sie käme aus allen Richtungen, lullte sie ein, doch sie kämpfte entschieden gegen den Schlaf an, der gierig die Klauen nach ihr ausstreckte.

Zu ihrer Linken vernahm sie ein dumpfes Knarren, Kakashi musste sich wohl hingelegt haben.

„Wo waren Sie?“, flüsterte sie in die Stille hinein. Das „Sie“ klang vollkommen falsch und zu befremdlich für eine solche Situation, die wohl eher in einer Schnulze Platz gefunden hätte.

Keine Antwort, nur ein resignierendes Ausatmen.

„Ist das wichtig?“

Ja…War es das? Sie antwortete nichts, zu sehr schmerzte sie Distanz zwischen ihnen, die sich wie eine elendige Backsteinmauer Stein für Stein zwischen ihnen aufgebaut hatte, dass sie jetzt so hoch war, dass man sie nicht mehr überqueren konnte, ohne sich ernsthaft zu verletzen. An dem heutigen, helllichten Tag war sie noch naiv genug gewesen, zu glauben, alles würde sich zum Guten wenden, Kakashi würde nach Hause kommen, sie in die Arme schließen und alles war vergessen. Aber alles war wieder hochgekommen, schon am Morgen. Hochgewürgt waren die Erinnerungen und blieben ihr in der Kehle stecken, nahmen ihr die Luft, die Fähigkeit, klare Entschlüsse zu fassen. Es gab. Kein. Zurück. Die Vergangenheit war etwas, das man nicht fortschaffen konnte, man konnte sich nicht lösen von ihr, sie hatte Widerhaken. Sie prägte und formte ungewollt die Gegenwart, das Selbst und war gleichzeitig der ewige Keil zwischen ihr und –sie konnte es nicht wahrhaben- ihrem Lehrer. Auch in diesem Punkt waren sie von der vergangenen Zeit eingeholt worden. Sie mussten beide vergessen, mit der Situation leben, irgendetwas tun. Den Stillstand gab es nicht. Nie.

Die Hände in den Schoß legen hatte ihr in der letzten Zeit, seit sie zusammen wohnten, nichts gebracht, es hatte das Unabwendbare nur aufgeschoben und sie in trügerische Sicherheit gehüllt.

Der Körper schwer und unbeweglich, rollte sie sich bis zu der Kante des Bettes, die Kakashis am nächsten war. Vorsichtig tastete sie nach seiner Matratze, schätzte den Abstand ab, den sie zu überwinden hatte. Ob er sie runterschubsen würde? Nein, nein, sie erinnerte sich an seinen Blick im Klassenzimmer. Das würde er nicht tun, das nicht. Er war keines Falls gefühlskalt, auch wenn er manchmal vorgab, es zu sein. Ungelenk reckte sie ein Bein hinüber und blieb reglos liegen, als sie bemerkte, wie weit weg er von ihr lag. Egal. Sie schwang auch das andere Bein hinüber und nutzte den Schwung, um auch ihren Oberkörper auf die andere Seite zu bekommen. Die Matratze gab mit einem bestialischen Ächzen nach und sollte der Hatake bereits geschlafen haben, so war er jetzt unter Garantie wieder wach, ließ es sich allerdings nicht anmerken. In ihrer Kehle stieg ein beengendes Gefühl hoch, das ihren Oberkörper und die Lungen, das Zwerchfell verkrampfen ließ. Zuerst glaubte sie, ersticken zu müssen, bis sie realisierte, dass sie kurz vor einem Lachkrampf stand. Was wollte sie eigentlich mit dieser Aktion bezwecken? Ihren Lehrer um Verzeihung bitten, auch wenn sie nicht einmal wusste, wofür sie sich entschuldigen musste? Ihn verführen, egal, wie dämlich sie sich dabei anstellte? Über ihn herfallen? Ersticken?

Falsch. Ich will deine Nähe spüren, du verfluchter Idiot von Pädagoge. Dich um den Verstand bringen. Ich bin nicht blöd, Kakashi Hatake. Glaubst du, mir ist dein Blick im Klassenzimmer entgangen, als du mich am Gehen hindern wolltest? Glaubst du das wirklich? Denkst du, ich bin schwer von Begriff, nur weil ich vierzehn Jahre jünger bin als du? Es stimmt, wir beide sind über den Tod von jenen, die wir einst geliebt haben, nicht hinweg, noch nicht ganz. Doch ich habe heute etwas begriffen. Komm schon. Ich zeig dir, was ich begriffen habe.

Bah. So diabolisch waren ihre Gedankengänge selten, so verzweifelt.

Vorsichtig rückte sie näher zu ihm und erwartete eigentlich, sein Körper wäre warm, doch stattdessen war er so kalt wie…ein Fisch. Wo war er den ganzen Tag gewesen?

Langsam ließ sie ihre zarten Finger unter den Stoff seines T-Shirts gleiten und fuhr die Wölbung seiner Wirbelsäule nach. Dabei zitterten ihre Hände wie Espenlaub, oder aber…war er es, der so zitterte?

Sanft wanderte ihre Rechte bis hinauf zu seinem Nacken, streichelte ihn, sodass sich das seidige Haar, wie das Fell eines jungen Hundes, wie von selbst um ihre Finger wand. Ein Seufzer, von dem er glaubte, sie habe ihn nicht gehört, entwich seiner Kehle. Ja. Sie hatte ihn fast da, wo sie ihn haben wollte, jetzt musste sie sich nur noch ein Stück näher zu ihm legen, dem Schicksal überlassen, was geschah. Frei, entfesselt. Gedankenlos, wie in jener Nacht.

Schmerzhaft und hart schlug ihr Herz gegen den schmalen Brustkorb, wie von Sinnen fühlte sie sich, genau so, als sie auch Sai angegriffen hatte, sie war ein Tier, ja, ein Tier, das den Körper bei der Jagd um Beute freigab und den Instinkten freies Geleit gab. Durch den kurzen traumatischen Moment hatte sie sich wirr und danach nur elendig und leer gefühlt, doch jetzt war alles so unfassbar deutlich und sie wusste: Danach, was auch immer dieses „danach“ war, würde sie sich so fühlen, wie vor all den Katastrophen, als sie noch in ihrer fadenscheinigen heilen Welt gelebt hatte. Erfüllt. Sie winselte leise.

„Nicht, Sakura“, wisperte er heiser und mit einer unglaublich rauen Stimme, die sein Verlangen nach ihr preisgab. Seine Vernunft trieb sie in den Wahnsinn. Verkehrte Welt, erst war sie diejenige gewesen, die ihn zurückgewiesen hatte, als er ihr helfen wollte und jetzt…

„Wieso denn nicht, Sensei?“, kicherte sie höhnisch. Jegliche Regeln und Richtlinien, Gesetze, auf die sie immer so viel gegeben hatte, waren ihr auf einmal so fern.

„Wer kein Gesetz achtet, ist ebenso mächtig, als wer kein Gesetz hat-“

„Odoardo aus „Emilia Galotti“, fünfter Aufzug, vierter Auftritt. Versuch nicht, mich mit meinen eigenen Waffen zu schlagen“, grollte Kakashi düster und rang noch immer mit seiner Beherrschung, sich nicht umzudrehen und sie in seine Arme zu schließen.

„Würde ich nie.“

„Quatschkopf.“

„Ich liebe Sie.“

„Schlaf jetzt, um unser beider Wohl.“

Stille.

„Sensei?“

Sakura wartete eine mögliche Reaktion gar nicht erst ab,

„Die Zeiten haben sich geändert.“

Er beachtete sie nicht weiter. Sie hatte versagt.
 

Am nächsten Morgen wachte sie auf, fühlte sich wie eine Säuferin, die erst wieder ihre Orientierung zurückerlangen musste. Die Augenlider waren schwer von einer salzigen Kruste, die sie überzog. Hatte sie geweint? Sie wusste es nicht mehr. In ihrem Kopf befand sich nichts als Leere, wirre Emotionen, die als Kopfschmerz von innen gegen ihre Schädeldecke drückten und das Summen in ihren Ohren wollte sie nur langsam verlassen. Erst nach und nach plätscherten die Erinnerungen des vorhergehenden Tages wieder in ihr Gehirn, flossen zähflüssig dahin, sodass sie sie mit einer Deutlichkeit sah, die ihr bisher unbekannt gewesen war. Das Chaos, das dieser Schultag angerichtet hatte. Die undeutbaren Gefühle. Sai, der arme Kerl. Ihre eigene Kopflosigkeit und zu guter Letzt Kakashis elende Vernunft. Es war zu viel auf einmal passiert, das sich nicht verdauen ließ. Apropos...Wann hatte sie das letzte Mal etwas gegessen? Und hätte sie nicht heute eigentlich wieder in diese Lernhölle, die sich „Schule“ rief, gemusst? Ihr Sensei war jedenfalls vor einiger Zeit aufgestanden...Ob er in der Küche saß?

Bedacht langsam erhob sie sich von Kakashis viel zu harten Matratze, sie lag gerade so an dessen Kante, verwundert, dass er sie nicht in ihr eigenes Bett geschickt hatte. Kakashi...Ein letztes Mal, ihr Schädel wog ohnehin viel zu viel, als dass sie ihn ohne Bedenken hätte vollständig heben können, vergrub sie ihr Gesicht in seinem Kissen und atmete einen Duft ein, der ihre Sinne benebelte und ein Kribbeln auf ihrer Kopfhaut verursachte, wie der Wind, wenn er im Herbst über ihr Haar pfiff. So musste sich fliegen anfühlen, die Gedanken frei und träumerisch, ja fast sehnsüchtig und aufbegehrend gegen alles, was einem zuwider war. Der Geruch, der auf sie schwappte und sie berauschte konnte mit nichts verglichen werden, nicht mir Eiswasser, nicht mit Menthol, nicht einmal mit dem herben Geruch eines Waldes nach einem Sommerregen. Viele Heldinnen aus ihren Schnulzenromanen machten Vergleiche solcher Art, aber für sie gab es diesen nicht, diesen sagenumwobenen Vergleich. Es war viel eher so, als rieche sie einen Duft, der nur für sie allein bestimmt war; den auch nur sie riechen konnte.

Warum musste alles, aber auch ausnahmslos alles in ihrem Leben so kompliziert sein?

Gerade glaubte sie nach jener Katastrophe wieder etwas Ruhe gefunden zu haben und jetzt, mit einem einzigen Tag, wurde alles wieder zerstört, was sie sich so mühevoll aufgebaut hatte. Ihre Freundschaft mit ihrem Hauslehrer, wie Sai so schön gesagt hatte, ach Sai, die Erinnerungen, die sie zumindest ab und zu zu vertreiben verstanden hatte...Und jetzt? Jetzt lag alles wieder in Trümmern wie vor einem halben Jahr, als ihr Leben auswegsloser nicht hätte sein können. Nur ein halbes Jahr...Was war das schon? Hatte sie wirklich geglaubt, dass ein so kurzer Zeitraum alles ändern könnte? Gut, der Amoklauf war genau gesagt schon eineinhalb Jahre her, doch verglichen mit gut oder fast zwanzig Lebensjahren, die sie nun hinter sich hatte, war das erschreckend wenig. Der Schmerz dafür glimmte noch immer in ihrem Herzen, dort, wo auch die Liebe zu Kakashi vor sich hin schwelte. Ging das überhaupt? War der Mensch überhaupt zu ehrlichem Fühlen in der Lage, wo er doch betonte, dass man mit dem Herzen fühlen sollte, das Organ, welches alle, ausnahmslos alle, Gefühle schuf? Liebe wie Gleichgültigkeit gleichermaßen? Heftigeres Surren in ihrem Schädel. Aufstehen. Essen. Wie unproduktiv.

Schon als ihre Füße den unnachgiebigen Holzboden berührten und die Kälte sich um ihre Knöchel hinauf zu ihrem Körper schlängelte, wusste sie, dass er fort war. Die Leere war nicht zu leugnen; die Stille fühlte sich verkehrt und trügerisch an, legte sich wie ein Wattebausch auf ihre Ohren. Diese Ruhe sang ein leises Lied, das dem eines Trauerspiels glich. In seine Schränke sehen musste sie nicht, auch war ihr sofort klar, dass er alles da gelassen hatte und nur das Nötigste mitgenommen hatte, um irgendwo, Buddah wusste wo, neu anfangen zu können. Ja. Für Erwachsene war das wohl einfach, man ging einfach, ziel- und planlos, irgendwas würde sich schon finden. Nur sie konnte nicht weg, sie ging zur Schule, hatte nicht einmal einen Ausbildungsplatz.

„Du bist so feige, Kakashi Hatake, du bist so feige! Wovor läufst du denn weg? Bin ich dir lästig geworden? Bin ich das? Ein nervtötendes Insekt?“

Jeder Mensch wäre zusammengebrochen und hätte Rotz und Wasser geheult, doch Sakura fühlte sich ruhig, zu ruhig. Nachdenken, nur nachdenken. NOCH glaubte sie nicht, dass er für immer fort war. Da war noch etwas, das spürte sie.

Aber solche wichtigen Gedanken ließen sich nicht mit leerem Magen erörtern, überhaupt war sie so keinesfalls zum Handeln fähig. Ihr Handy umklammernd, zu Not würde sie eben Sai einmal anrufen, schlich sie in die Küche wie ein Einbrecher, den die Ruhe nervös machte. Ohne Kakashi fühlte sie sich fehl am Platz, fast wie ein Eindringling.

Unruhig ließ sie ihre Augen umherwandern, suchte nach etwas und nichts, fokussierte, ordnete ihre Gedanken. Dieses Vorhaben wurde von einem Augenblick auf den anderen allerdings zerschlagen, als sie ein schmales Kuvert erblickte, das auf der Kaffeemaschine thronte, daneben lag ein schweres Buch, besser gesagt ein Trümmer, so dick war er, den sie doch irgendwoher kannte…

‚Bestimmt hat er einen Abschiedsbrief geschrieben…Na ja, als Deutschlehrer wird er bestimmt auch die richtigen einlullenden Worte gefunden haben…’

Zitternd und doch resignierend, die Unterlippe zum Trotz vorgeschoben, öffnete sie den Umschlag.
 

S. 452
 

Mehr stand da nicht. Kein Gesülze, keine Entschuldigung, kein Abschiedsgruß. Nur diese dämliche Seitenzahl. Misstrauisch begutachtete sie das Buch genauer. Ein Gedichtband, aha. Mit Literatur aus aller Welt vollgestopft, über und über mit Notizen versehen. Mit Notizen? Dann hatte er diesen Band also für Schularbeiten verwendet und ließ ihn jetzt hier, obwohl er doch zweifelsohne neu anfangen wollte? Entweder das, was sie auf der besagten Seite finden würde, war äußerst wichtig oder aber…Nein, eilig wischte sie diesen Gedanken beiseite und fingerte an den Seiten herum.

Da war es doch. Clemens Bretano. Sie hielt die Luft an.

„Und der lange leere Tag kommt wieder, still ins Herz steigt meine Liebe nieder“, wisperte sie mit zitternden Lippen die letzten Zeilen. Sie hatte es gewusst, aber jetzt hielt sie ihren Beweis in den Händen. Er liebte sie ebenso, wider allen Gesetzten und wenn sie diesem Gedicht Glauben schenken durfte nicht erst seit gestern, womöglich hatte er es schon lange vor ihr gespürt. Aber Moment! Vielleicht wollte er nicht neu anfangen. Vielleicht wollte er sich nicheinmal- Himmel, nein, doch nicht ein Mann wie Kakashi, der zu sehr an seinem Leben hing. War es nicht möglich, dass er von ihr gefunden werden wollte? War dieses Gedicht nicht eher eine Herausforderung, ein Appell an sie? War das möglich? Wollte er ihr damit signalisieren „Wenn du mich wirklich liebst, dann wirst du das begreifen, mich suchen, finden, andernfalls bin ich für immer weg, werde dir nie mehr über den Weg laufen…“

„Langsam, nur die Ruhe“, ermahnte sie sich.

„Er hat seine Sachen, einschließlich des Gedichtbands, zurückgelassen. Das beweist nichts. Anhaltspunkte. Ich brauche Anhaltspunkte!“

Von einem Moment auf den anderen pochte das Adrenalin schmerzhaft durch ihren nüchternen Magen, ein Feuer, dass sie zu zerfressen drohte

„Sein Auto!“, ihre Stimme kiekte leicht, sie lief zur Tür, nein, sie wollte nur zur Garage, abschließen war unnötig, behände schwang sie sich über das Geländer und landete ein Stockwerk tiefer, nichts als ihr Nachthemd am Leib. Gelenkig war sie schon immer gewesen und auch nicht unsportlich. Alles ging plötzlich so schnell. Ihre nackten Füße auf dem gefrorenen Asphalt. Garage. Öffnen. Einatmen. Ausatmen. Ruhe. Auto. Auto! Da. Das Nummernschild, nein, brauchte sie nicht prüfen, es gab auf der ganzen Welt wohl nur einen einzigen so vergammelten Subaru. Er-will-gesucht-werden-er-will-gesucht-werden-er-will-gesucht-

„Fräulein? Ach, Harono-san, Sie sind’s. Was machen Sie denn hier?“

Der Mann mit der Halbglatze, der ein Stockwerk über ihnen wohnte, grinste sie mit freundlicher Verwirrung an und schielte unentwegt auf ihre eher spärlich vorhandene Oberweite. Er traute dem Wahnsinn in ihren Augen nicht ganz, denn er machte prompt einen Schritt zurück, als sie sich ihm näherte, um die Garage zu schließen.

Sie schenkte ihm im Vorbeigehen nur ein triumphierendes Lächeln, welches von äußerster Gewissheit zeugte.
 

Es war keine halbe Stunde vergangen, da befand sie sich schon ,ohne Führer- oder Fahrzeugschein, auf einer breiten Straße, übervoll vom alltäglichen Arbeitsverkehr, Richtung Tokio und saß sich beim Sitzen auf dem unbequemen Polster des Subaru den Hintern wund. Nervös kaute sie auf ihrem Kaugummi herum und nahm rasch einen Schluck ihrer Kimura- Limonade, als sie bemerkte, dass der Verkehr immer zäher dahinfloss und schließlich zum Erliegen kam. Sie nutzte die Gelegenheit, um abermals eine Kurzmitteilung an Kakashi loszuschicken, da Anrufe bisher vergebens gewesen waren, besann sich aber eines Besseren, noch bevor sie das zweite Mal bestätigen konnte, die „Nachricht wirklich zu versenden“. Es brachte ja doch nichts. Stattdessen erblickte sie eine SMS von Sai. Das überraschte sie nicht- er wollte wohl wissen, wo sie und Kakashi waren. Kurzentschlossen rief sie zurück.

„Sai? Ich bin’s, Sakura. Kannst du sprechen?“

„Ja, aber mach’s bitte kurz, die Pause ist gleich rum.“

Zögern.

„Wo bist du überhaupt?“

„Ich…also…Ich fahre Richtung Tokio.“

„Mit dem Zug? Um die Uhrzeit? Der muss doch überfüllt sein!“

„Ja…nein. Ich fahre mit Senseis Auto. Er ist weg, verschwunden, hat mir nur ein paar Zeilen eines Gedichtes dagelassen. Ich glaube, er will, dass ich ihn finde…“

Sai stöhnte auf, es hätte aber auch der Wind auf dem Pausenhof sein können.

„Du redest wirr, aber weist du, ich will keine Details wissen“, er lachte heiser,

„Außerdem…das ist schon sehr derb an den Haaren herbeigezogen, findest du nicht? Abgesehen von der Tatsache, dass ich meinen Allerwertesten verwette, dass du keinen Führerschein besitzt.“

„Unwichtig“, antwortete sie motzig, um ihre zitternde Stimme zu vertuschen, die zu brechen drohte wie ein morscher Baumstumpf, gegen den immer wieder getreten wurde.

„Weißt du denn wenigstens, wo du ihn finden kannst, wenn du schon nach Tokio fährst“, lenkte Sai ein.

Das kleine Wörtchen „wohin“ echote in ihrem Schädel wie der übermächtige Kopfschmerz, gegen den sie seit dem Aufstehen bestimmt ankämpfte und verursachte ihr Magenschmerzen. Hinter ihr hupte jemand, um sie zum Weiterfahren zu drängen, das Geräusch war klar und hell, so anders als ihre Gedanken.

„Ich, ähm…Ja, also weit ist er bestimmt nicht gekommen…“

„Du hast keinen Schimmer, oder?“

„Nein.“

Aus der Leitung kam diesmal ein Laut, den sie ganz eindeutig als amüsiertes Lachen identifizieren konnte.

„Keine Angst. Du fährst jetzt auf einen Rastplatz, erzählst mir alles haarklein und dann verrate ich dir, wie du vorgehen kannst. Ich denke, ich weiß auch schon wie…“

Es dauerte keine zehn Minuten, da rollte der Subaru auch schon auf einen Rastplatz, der zwar nicht unbedingt sauber war, doch durchaus seinen Zweck erfüllte, wenn man von einer Gruppe junger Männer absah, die sich etwas abseits hinter einigen mageren Bäumchen erleichterten.

„So einfach?“

Sie starrte eine offenbar seit Anfang des Winters zerfallende Mauer an, auf der Werbeplakate für Hightechtoiletten klebten und fragte sich, wieso der Mensch das unnötigste Zeug entwickelte, es nur für wirklich wichtige Probleme, und sei es nur der Liebeskummer, keine Lösung gab.

„So einfach.“
 


 

Eisige Kälte schlich zusammen mit dem nächtlichen Nebel um die Häuser, während sich die blinden Scheinwerfer der Autos hilflos einen Weg durch das Dunkel suchten; Schneematsch spritzte schmatzend an den Seiten der Räder weg und blieb auf der dünnen Schicht des Neuschnees liegen wie vergiftete Ratten. Unruhig wippten ihre Ponysträhnen im Takt ihrer Schritte, voller Erwartung und Angst, dass die Dinge anders sein würden, als sie es sich erhoffte. Es war wie an jenem Tag- nur das Gewitter, das ihre Schluchzer tröstend mit seinem dumpfen Grollen verschluckt hatte, fehlte, ebenso die Schwere der warmen Luft. Der Enthusiasmus schwand mit jedem Schritt, den sie tat, als nähme er Mut und Zuversicht mit sich. Es war eine einzige Achterbahnfahrt der Gefühle, am Morgen ihrer Schulbesuchs noch schwach und ängstlich, dann resignierend, trotzig, wieder verzweifelt, allem überdrüssig und schließlich wieder gefährlich überzeugt davon, dass sie etwas ändern konnte, wenn sie es wollte. War es so, wenn man langsam aber sicher irre wurde? Wurde man dann Opfer des eigenen Geistes, der einen vor lauter Emotionen durchschüttelte und sich an alles zu klammern versuchte, was nach Hoffnung und Rettung aussah?

Als sie vor einem Schaufenster ankam, blickte sie hinein, betrachtete aber nicht die Verkaufsartikel, sondern begutachtete eingehend ihr Gesicht.

„Wer bist du? Was ist dein Ziel? Warum handelst du so, wie du handelst?“, flüsterte sie in die Stille hinein und erschreckte sich vor dem Klang ihrer eigenen Stimme, die viel zu stumpf klang. Ich finde ihn, ich finde ihn ganz bestimmt. Sai hat das auch gesagt und ich möchte ihm glauben. Wenn ich nur bei ihm sein kann, dann werde ich wieder wissen, warum es sich lohnt zu kämpfen.

Die feinen Narben an ihren Armen prickelten ganz heiß und mit der Hitze kehrte auch langsam die Zuversicht zurück. Der am Rande Tokios gelegene Stadtteil lag schweigend vor ihr, betrauerte die glückliche Vergangenheit und schuf Platz für die Zukunft.

Als sie um die nächste Häuserecke bog, flackerten die Laternen auf, um ihr den Weg zu bereiten und schufen im Nebel ein wirres Spiel verschiedenster Grautöne, hier und da erhellt von dem reflektierenden Licht der Schneeflocken, die lautlos durch die Luft tanzten. Für einen Moment stützte sie ihre Hand gegen eine mit Graffiti besprühte Hauswand, stützte sich ab, um die Kulisse in sich aufzusaugen, erst dann schritt sie weiter, den Mantel enger um sich ziehend. Der nächste Häuserblock würde ihr Schicksal sein.

Mit dem hinter der Wolkendecke hervorlugenden Mond trat auch sie die letzten Schritte, dann hatte sie ihr Ziel erreicht.

Sie schien heller als die anderen, wenn man unter ihr stand, konnte man das Gesicht einer Person nicht erfassen, so auch jetzt nicht. Aber er sah wunderhübsch aus, obwohl das künstliche Licht ihn älter wirken ließ, vielleicht so alt, wie ein Vierunddreißigjähriger eigentlich auszusehen hatte. Das Glimmen der Zigarette hob sich mit seinem warmen Schimmer ab; er selbst verschmolz mit der verschneiten Stadt. Sein blütenweißes Hemd unter der dunklen Jacke und sein silberfarbenes Haar verliehen ihm ein Antlitz, das von Reinheit zeugte und keinen Hinweis darauf verlauten ließ, was er alles mitgemacht hatte. ‚Wie ein Engel’, dachte sie, ‚wie ein Engel. Mein Schutzengel. Oder ein makelloser Dämon.’ Sie verbot sich ein Kichern, obwohl sie so froh war, dass ihr alles hätte egal sein müssen.

Kakashi stand dort, unter der Laterne, wo sie sich wiedergetroffen hatten, wo alles begonnen und irgendwie, irgendetwas auch geendet hatte.

Mit wenigen Schritten war sie bei ihm und auch er trat aus dem Schatten hervor, sodass sie sein Gesicht sehen konnte, so hübsch, so wunderhübsch, mit dem kantigen, und doch anmutigen Kiefer, der männlichen und doch formvollendeten Nase, die Lippen, zwar blass und schmal von der Kälte aber doch so weich und dann die Augen, die Augen-

„Ich vergehe schon vor Einsamkeit.“

Sein Kichern in ihren Ohren war so ungeheuer warm, so befreiend.

„Sai hat miserable Arbeit geleistet, er hätte früher mit dir sprechen sollen“, fügte er nach einer Weile hinzu, legte den Kopf schief wie ein junger Hund und musterte Sakura, die mit einem verdatterten Blick antwortete, dann aber zu lachen begann, so sehr zu lachen begann, wie sie es schon lange nicht mehr getan hatte. Und sie wollte auch nicht aufhören.

„Du…du…Nee, ich glaube das jetzt nicht“, sie wischte sich die Lachtränen fort, „du, ich meine Sie haben das geplant? Zusammen mit Sai, weil der mir den Tipp geben sollte, wo Sie sind? Mann, bin ich blöd, dass ich das nicht kapiert habe!“

Mit der flachen Hand schlug sie sich gegen die Stirn, hin- und hergerissen von einer übermächtigen Freude und zur gleichen Zeit bestürzt über ihre eigene Dummheit und ihren Hang zum Drama; plötzlich setzte sich die Situation wie ein Puzzle vor ihren Augen zusammen. Womöglich hatte er gar mit Yamato gesprochen, womöglich hatte er das alles bereits nach ihrem Blackout geplant, vielleicht hatte ihn diese bescheuerte Situation, die eine so heftige Konfrontation mit der Vergangenheit war, begreiflich gemacht, dass sich etwas ändern musste.

Forschend und herausfordernd blickte sie ihm tief in die Augen und betrachtete ihr eigenes Spiegelbild, wurde plötzlich wieder ernst, die Befangenheit machte ihre Kehle eng. Er war nah genug, damit sie den rötlichen Rand um seine Narbe herum erkennen konnte, nah genug, um seinen Atem auf ihren Lippen spüren zu können. Sie begann zu zittern.

„Komm her“, flüsterte er, zog sie an seine breite, warme Brust und schlang mit einem einzigen Handgriff seine Jacke so um sie, dass er sie gerade noch anbehalten konnte, „letztes Mal durfte ich ja nicht einmal deinen Oberarm anfassen.“

‚Mach mit deiner Unsicherheit nicht alles kaputt’, dachte sie, ‚zerstöre mit zu vielen Worten bitte nicht den Augenblick.’

Erschrocken stellte er fest, wie nicht nur er selbst, sondern auch die Welt just in diesem Augenblick den Atem anhielt. Und obwohl da so viel Ungesagtes zwischen ihnen war, hätte die Distanz nicht geringer sein können, nicht vertrauter. Nach Rins Tod hatte er es nicht für möglich gehalten, sich einem Menschen noch einmal so hingeben zu können, ihn so nah spüren zu können, bis es ihm den Verstand raubte, so wie seine Schülerin ihm jetzt den Verstand raubte.

Vorsichtig, abwägend, ob sie ihn überhaupt gewähren lassen würde, küsste er sie zuerst auf ihr Köpfchen und ließ seine Lippen dann sanft weiter zu ihrer Stirn wandern.

„Kakashi“, flüsterte sie, doch wider Willen rannen ihr die Tränen über das errötete Gesicht.

Hilflos klammerte sie sich an seine Schultern, bis sie schließlich eine Hand in seinem wärmenden Haar vergrub und ihn so zwang, sich weiter zu ihr hinabzubeugen. Sie spürte seinen warmen Blick auf ihr, schaffte es aber nicht, diesen zu erwidern und schloss stattdessen die Augen. Das Bild ihres geliebten Sasuke, welches sie über all die Zeit begleitet hatte, wie eingebannt in ihre Netzhaut, verblasste allmählich, sie kniff die Augen fester zusammen, doch halten konnte sie es nicht länger. Das „Band“ war endgültig zerfallen.

Kakashi fühlte sich ähnlich hilflos, das Gefühl, wieder klar sehen, denken und fühlen zu können, berauschte ihn, machte ihn mutig genug, um die Zweifel fortschaffen zu können, die ihn als Lehrer der Haruno marterten.

Vorsichtig legte er seine Lippen an ihre Wange, damit er ihre stillen Tränen fortküssen konnte, nur um sich dabei zu ertappen, wie er selbst zu zittern begann, als er das salzige Nass schmecken konnte. Behutsam zog er sie noch enger an sich, dachte ‚Himmel, was will ich sie’, während sich in seinem Hinterkopf tückisch die Frage nach dem „Wann“ einschlich, nämlich wann das zwischen ihnen eigentlich wirklich begonnen hatte. Dennoch vertrieb er den Gedanken, denn er war sicher, wenn er auf dieses „wann“ stoßen würde, dann stünde alles in Frage, was er zuvor mit Rin erlebt hatte und das wollte er tunlichst vermeiden. Schmerz war der Begriff, der der Vergangenheit angehören sollte.

Seine Lippen waren nunmehr noch eine Handbreit von den ihrigen entfernt, sodass sie überdeutlich seinen heißen Atem spürte, bis er ihre Nase kitzelte und sie unweigerlich ganz leicht, es hätte genauso gut der Wind sein können, zu kichern begann. Und obwohl der Hatake nur zu gern weiter ihr plötzlich so glattes, sorgloses Gesicht betrachtet hätte, nahm er ihr Gesicht behutsam, als sei es aus Porzellan, in seine großen Hände und streichelte mit seinem Daumen kurz über ihre vollen Lippen, ehe er sie zärtlich küsste. Sein Kuss war so intensiv, so sanft und doch wieder so forsch und tief, dass das feine Kribbeln in ihrer Magengrube binnen einer Sekunde entflammte und durch ihren Körper wallte.

Ihr Lehrer. Hätte man ihr das vor drei Jahren prophezeit, so hätte sie angefangen zu lachen.

Aber Gefühle waren grenzenlos, magisch, kraftvoll und ohne Regeln, das wusste sie jetzt, Gleiches galt auch für den Hass, der Sasuke ins Verderben getrieben hatte.

Als sie sich für einen Augenblick voneinander lösten, zwang sie sich, Luft zu holen, obwohl ihr rasendes Herz ihr genau dieses Vorhaben gänzlich erschwerte. ‚Hat er damals eigentlich auch schon so verwegen und’, sie schaffte es kaum, den wirren Gedanken zu vollenden, ‚sexy ausgesehen?’

„Nicht ganz. Damals war ich ja ausschließlich dein Lehrer. Ich wage zu bezweifeln, dass du darauf geachtet hast.“

Ehe er sich über ihre gemurmelten Gedanken lustig machen konnte, war sie es, die zur Tat schritt und ihn mit einem leidenschaftlichen Kuss zum Schweigen brachte. Zwischen mehreren gedämpften Seufzern flüsterte er, plötzlich wieder ernst:

„Ich liebe dich. Ich liebe dich so, Sakura.“

„Mehr als alles“, fügte er nach einer Weile hinzu, den Kopf neigend, sodass sie behutsam seine Nacken kraulen konnte.

„Ist in Tränen meine Nacht durchwacht,

Und der lange leere Tag kommt wieder,

Still ins Herz steigt meine Liebe nieder“ flüsterte sie und kuschelte sich an seine Brust, den warmen Duft einsaugend, der sie so betörend umhüllte.

„Du hast es dir gemerkt.“

„Wenn Sie…ach nein…wenn DU wüsstest was ich mir alles merke, was du sagst und tust…Du würdest mich einweisen lassen.“

„Nimmermehr“, flüsterte er, „ das zeigt mir doch nur, dass du wenigstens ansatzweise so fühlst wie ich. Damit bin ich zufrieden“, antwortete er in einem warmen und vielleicht auch leicht selbstgefälligem Tonfall, doch es gefiel ihr. Sogleich umarmte er sie etwas fester, besitzergreifender und sie begann, über seinen kräftigen Oberkörper zu streicheln und bemerkte, wie es bei jeder Berührung kurz zusammenzuckte, vor allem, wenn sie sich seinem unregelmäßig und hart pochendem Herzen, aber vor allem der Narbe, näherte. Er hatte sein ganzes Leben lang so leiden müssen, sie mochte sich kaum ausmalen, wie oft er nachts geweint haben musste, wenn es ihm dreckig ging. Warum? Wenn einer das Glück verdient hatte, dann ja wohl er.

„Ich liebe dich doch auch“, wisperte sie.

So standen sie da, lebendig in der erfrorenen Welt. Keiner von beiden konnte sagen, ob ihre Liebe bis zum Tod währen würde, doch es war wünschenswert und fühlte sich so richtig an wie nie zuvor, also lag die Vorstellung nahe, war schon fast gewiss.

Noch in derselben Nacht packten sie ihre Sachen und ließen das Land der aufgehenden Sonne hinter sich, um frei zu sein, frei von der Vergangenheit und den Schranken, die ihre Beziehung verboten.

Schon bald würden sie durch fremde Länder ziehen, den Durst nach Unabhängigkeit stillen und ohne es wirklich geplant zu haben, würde Sakura auf ihre eigentlich so verhasste Familie treffen, mit der sie nun endlich Gelegenheit bekommen würde, sich auszusprechen.

Doch das ist eine völlig andere Geschichte.
 

Das war's :D Na ja, ich persönlich mag den ersten Teil wesentlich lieber -_- Ich hab ohne Storyline geschrieben und iwie...war mir das ne Lehre und ich werde es so schnell nicht wieder tun xD Ich hoffe trotzdem, dass ihr die Story wenigsten etwas mögt .__.*lieb guck* Ist nat nicht ganz so ernst zu nehmen wie Teil eins.

Was das Ende angeht: Ich liebe offene Enden. Die Story mit der Familie wäre wohl noch ein Kapitel für sich, aber hier ist erstma Schluss^^ Vllt habt ihr ja Lust, die Geschichte mit dem Treffen zu schreiben? Wenn ja, sagt Bescheid~ Freuen würde es mich ^//^ (Ich wäre auch zu nem Collab bereit)

Jupp, man liest sich. Als nächstes plane ich nen Death Note OS, mal sehen, ob ich die schneller gescribbelt bekomme ;P

Bye, bye!

P.s.: Ich weiß, die Szene am Ende is derbe schmalzig ö.ö Aber ich wollte es so :3

P.p.s.: (<- schreibt man das so?)Die Kimura- Limo, die Sakura trinkt, gibt's wirklich und sie schmeckt wahnsinnig lecker *q*~



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Meyumi
2016-03-03T14:59:02+00:00 03.03.2016 15:59
Hi :)
also ich hab das erste kapitel jetzt schon zum zweiten mal gelesen *zu meinem kommi von vor 3 jahren schiel* und habe erst mittendrin bemerkt, dass ich das schonmal gelesen hatte x3 aber es ist einfach eine hammer FF und ich mussts einfach nochmal lesen. und dann stelle ich fest, dass es eine fortsetzung gibt <33 (die hab ich glaub beim ersten mal nicht gelesen und ich weiß einfach nicht wieso o.ô?!?!?!) und die fand ich mindestens genauso gut wie kapitel 1 !! bisle mehr selbstvertrauen wenn ich bitten darf! :D der teil ist dir super gelungen echt, ich konnte nicht aufhören zu lesen und ich habe ständig gegrinst und richtig mitgefiebert ob es denn nun was wird oder nicht zwischen den beiden D: zu meiner beruhigung hab ich dann das ende gelesn. es ist zwar leicht kitschig, was aber total gut dazu passt, weil du kakashi trotzdem...ja wie sag ich das jetzt, ehm...*worte such* eben wie kakashi hast wirken lassen^^ und das war das was mich dazu gebracht hat deine FF zu lieben *-* er ist irgendwie immer noch so wie man ihn au der serie kennt <3
und das yamato-sensei noch dabei war fand ich auch tollig ^-^
gaaaanz liebe grüße und ich hoffe ich kann noch mehr solcher FFs von dir lesen :)

Miku_Vocaloid
Von:  solty004
2013-01-07T10:48:29+00:00 07.01.2013 11:48
Hey,
habe erst vor kurzen den ersten Teil deiner Kakashi und Sakura Story in deckt und fand sie super. Denn sie ist sehr viel Gefühls betont durch die Verzweiflung, den Schmerz, Hass und tiefe Zuneigung zu einander.

Den zweiten Teil ist auch so Gefühls betont. Auch durch den Schmerz, Angst, selbst Zweifel und auch diese tiefen Gefühle oder besser gesagt die Liebe! Ich finde du hast es sehr gut zum Ausdruck gebracht, das gefällt mir persönlich sehr gut.

Du solltest noch einen Teil schreiben zum Abschluss. Denn ich mag sehr so alters Unterschied Storys, weil ich auch in einer Lebe. Bei uns sind es nämlich 16 Jahre.

Freu mich mehr von dir zu lesen.

LG Solty

Von:  narutoistcool
2013-01-06T06:01:06+00:00 06.01.2013 07:01
Wohaa Q.Q wunder schön beschrieben...
Aber thihi für das Ende musst du Teil 3 schreiben,
das würde so passen x)
Es ist eine wunderschöne Geschichte. Wie du das alles beschrieben hast
Die Gefühle, der Amoklauf, einfach perfeckt.
Und es ist absolut nicht schnulzig..!
Mach weiter und bitte bitte schreib Teil 3 :DD

LG Narutoistcool
Von:  Kleines-Engelschen
2013-01-04T21:54:41+00:00 04.01.2013 22:54
also ich finde den zweiten teil toll und auch sehr passend.
du hast die einzelnen gefühle und geschehnisse sehr gut rübergebracht. schreib doch noch einen dritten teil :P
mach auf jeden fall weiter so!

greetz


Zurück