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Revival

von

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Feinde und Freunde
 

„Kllllllllllllllll“, ertönte es plötzlich neben Bryan. Das Plötzliche und Überraschende Surren riss den Jungen blitzartig aus seinen Gedanken. Er sah sich verdutzt um und musste erst feststellen was um sich herum vor sich ging. Er war gerade durch einen schmalen Torbogen getreten, als das Geräusch einsetzte. Erst als ein uniformierter Mann mit einem mehr als merkwürdig aufsehenden Gerät vor ihm stand verstand er. Ohne dass es ihm aufgefallen war, war er durch den Apparat marschiert, der an jedem Flughafen aufgestellt war, um für Sicherheit zu gewährleisten. Es dauerte etwas bis Bryan einfiel, warum er ausgerechnet bei ihm angeschlagen hatte. Er musste etwas Metallenes bei sich tragen. Er entsinnte sich, dass ein Mann in Uniform ihn vor einigen Sekunden darauf angesprochen hatte, er aber nur den Kopf geschüttelt hatte. Das war nicht damit zu erklären, dass er sich sicher war keinen metallenen Gegenstand bei sich zu tragen, sondern einfach, weil er nur seine Stimme gehört hatte und nicht ihr Anliegen. Das passierte Bryan des öffteren. Wenn er sich in seine Welt der Gedanken verbarg, rückte seine Umgebung in den Hindergrund. Fremde sahen ihn dann argwöhnisch an und hielten ihn für einen Spinner. Bekannte bezeichneten Bryan dafür umso öfters als Träumer. Und dieser Begriff passte wie die Faust aufs Auge. Wenn sich der Mann von der Security sich nicht direkt vor ihn geschoben und ihn angesprochen hätte, wäre Bryan einfach weitergegangen. Der Angestellte des Flughafens wiederholte seine Frage, ob Bryan auch sicher keinen metallenen oder gar gefährlichen Gegenstand bei sich trug. Diesmal reagierte Bryan wacher und griff in seine Hosentaschen. Sein Koffer konnte nicht der Auslöser sein, da sich dieser auf einer Art Fließband befand. Er war geröntgt und für harmlos empfunden worden. Bei dessen Besitzer sah es anders aus. Bryan konnte nichts an sich finden, bis ihm sein Hals einfiel. Er trug schon seit seiner Kindheit einen Anhänger. Man könnte denken, dass doch niemand so vergesslich sein konnte, doch Bryan war nicht schwer von Begriff sondern eben nur verträumt. Er zeigte schnell auf seinen Anhänger und der Security Mann bat ihn das Schmuckstück abzunehmen. Damit hatte Bryan schon eher ein Problem. Er nahm ihn nie ab. Selbst wenn jemand gekommen wäre, ihm mit einem Messer gedroht und gesagt hätte „ Gib mir deinen Anhänger oder du wirst es bereuen!“, hätte Bryan nicht daran gedacht. Das hatte zwei einfache Gründe. Zum einem war er stark. Nicht stark, wie ein Muskelprotz der jede einzelne Stunde damit verbrachte sich in einem Fitnessclub Mukis anzutrainieren und Liter von Milchshakes trank, sondern anders. Bryan hatte eine Stärke denen normalen Menschen verborgen war. Er hätte sich dem
 

Security Menschen widersetzen können, doch er hielt es für das beste, ruhig zu bleiben. Er nahm den Anhänger ab und setzte zwei Schritte zurück, sodass er wieder vor dem Torbogen stand. Er machte einen großen Schritt, doch diesmal blieb das Surren aus. Nicht nur Bryan war zufrieden, sondern auch der Security Mann. Dieser reichte Bryan den Anhänger, welcher ihn in Eiltempo schnappte. Dass as den Security Mann merkwürdig vorkommen könnte, interessierte Bryan nicht. Das lag an Grund Nummer Zwei. Es handelte sich um ein aufklappbares Schmuckstück. Es war eines dieser, in dessen Inneren sich Platz für zwei verschiedene Bilder finden ließ. Bryan hing sich Kette schnellstmöglich um den Hals und schritt weiter. Doch der Security Mann rief ihn abermals zurück. Bryan knurrte, da er sich provoziert fühlte. Als er jedoch sah, dass der Mann seinen Koffer in den Händen hielt, presste er seine Lippen zusammen und brachte ein knappes Dankeschön heraus. Er hasste sich für seine ständigen Träumereien, aber gleichzeitig gab es für ihn auch nichts anderes. Nein halt! Das war nicht ganz korrekt. Natürlich gab es noch etwas anderes für ihn. Dieses „Anderes“ befand sich in seiner Kette. Er klipste sie auf und überprüfte ob sich auch nicht beschädigt war. Der Anhänger war geradezu kreisförmig, bei einem Aufklappen jedoch konnte ergaben beide Hälften ein Herz. Bryan war natürlich zur Genüge damit konfrontiert worden. Einiges Jungen aus seiner alten Schule grinsten hämisch während die Mädchen es einfach nur romantisch fanden. Für Bryan hatte es eine andere Bedeutung. Die Bilder in Inneren waren – wie zu erwarten – er und das Bild eines Mädchens. Beide Bilder waren nicht besonders groß und die Zeit hatte ihrer Qualität auch nicht gut getan. Aber Bryan fand sie ok. Hätte jemand gesagt, er solle von sich und seiner Freundin ein neues Bild schießen hätte Bryan nur abgewinkt und gelächelt. Er trug die Kette seit er 10 Jahre alt war. Mit anderen Worten sein halbes Leben. Er war erst vor ein paar Tagen 18 geworden, was er mit seiner Freundin gebührend feiern wollte. Das war ein Grund warum er seine Koffer gepackt, in das nächste Flugzeug gestiegen und ohne Zwischenstopp nach London geflogen war. Aber wie gesagt, es war ein Grund. Es gab mindestens Zehn wichtigere, weswegen er seine Ferien unterbrochen hatte. Nun gut, einer war natürlich seine Freundin wiederzusehen, was schon mal ein sehr guter war. Allerdings wusste er auch, dass er nicht nur ihr in London über den Weg laufen würde.

Es war vor genau zwei Tagen als ihn Carol anrief. Wie bei jedem Anruf hatte ihr Bryan sofort das Wort abgeschnitten und ihr gesagt wie sehr er sie liebte und vermisste. Das war für Bryan fast schon ein Ritual. Es kam ihm nicht peinlich vor, den er wusste, dass Carol genauso fühlte wie er. Für gewöhnlich erwiderte sie seine Sätze, aber nicht an diesem Montag. Als er ihr Zögern bemerkte, begann sein Herz zu rasen. Noch bevor er etwas in den Hörer rufen konnte, ergriff Carol das Wort. „Mir geht es gut. Ausgezeichnet sogar.“,

beeilte sie sich zu sagen. Das erleichterte Bryan ungemein, doch er gab sich nicht zufrieden. Irgendetwas lag im Busch. „Was ist passiert?“, fragte er nun. Carol zögerte abermals. „Wie schnell kannst du zu mir kommen?“, hatte sie gefragt. Bryan erwiderte, dass er bereits in zwei Tagen bei ihr sein konnte. Ursprünglich war sein Flugticket auf nächste Woche registriert, doch er konnte es umbuchen lassen. Allerdings musste es einen Grund für Carols plötzliche Bitte geben. „Es hat nichts mit uns zu tun.“, meinte sie langsam. Jemand der das Gespräch belauscht hätte, hätte sicht verstanden was damit gemeint war. Anders Bryan. Er wartete schon einige Zeit auf so einen Anruf. Dass er jedoch von Carol kam überraschte und entsetzte ihn. Er hatte erwartet eine unbekannte Stimme zu hören, doch nun schien Carol diesen Part zu übernehmen. „Er hat dich kontaktiert?“, fragte Bryan unsicher. Carol bestätigte es langsam. Bryan knurrte. „Und ich dachte er wäre bereits verreckt.“ Carol ermahnte ihn schnell nicht so etwas zu sagen. „Er hat uns unsere Kraft und unser Leben geschenkt!“, redete sie stur auf Bryan ein. Dieser wusste das nur allzu gut. „Er war bei dir?“, fragte Bryan stotternd. „Nein“, erwiderte Carol. „Das heißt…. Nicht persönlich. Es war ein Mädchen. Sie war so alt wie ich. Vielleicht eine Spur älter, jedenfalls… „

„War sie eine von uns?", unterbrach Bryan sie. „Ja…“, antwortete Carol schwach. „Was hat sie genau gesagt?“, fragte Bryan weiter. Carol musste kurz überlegen, um alles genau so wiederzugeben wie ihre Besucherin es gesagt hatte. „Die Zeit der Zusammenkunft sei gekommen. Alle 6 von uns würden bald an einem Ort zusammentreffen. Ich solle dich herholen, sie und… ER wollen dich sprechen.“, erzählte sie. „Hmm.“, fiel Bryan im Moment nur ein. Dann holte er tief Luft und sprach weiter. „Er will bestimmt dass wir unsere Fähigkeiten nutzen und kämpfen. Er hat bestimmt einen Gegner mit dem er nicht persönlich fertig wird, deswegen will er uns. Falls dieses Mädchen nochmals erscheint sag ihr, dass ich auf dem Weg bin. Und dass sie dich nicht mithineinziehen soll. Egal welcher Gegner mich auch erwartet, ich werde nicht zulassen dass du verletzt oder gar getötet wirst.“, sagte Bryan so bestimmt, dass es Carol für einen Moment die Sprache verschlug. „Komm so schnell du kannst.“, hatte sie noch gesagt bevor sie auflegte. Normalerweise hätte sie ihm noch ein „Ich liebe dich“ oder ein „Pass auf dich auf“ zugeworfen, doch diesmal vergaß sie es. Auch Bryan schaffte es nicht mehr es zu sagen. Er donnerte den Hörer auf die Gabel und marschierte aufgeregt in sein Zimmer. Drei Jahre war es her seitdem er das letzte Mal mit „ihm“ gesprochen hatte. Er hatte damals gesagt. „Es ist einiges geschehen, was ich euch nicht erklären kann. Aber jetzt geht meine Kinder. Führt euer eigenes Leben, ich will euch nicht aufhalten.“ Bryan dachte er würde „ihn“ niemals wiedersehen, doch nun trat das Gegenteil ein. „Er“ würde ihn in London erwarten. Er hatte Bryan und Carol zu sich bestellt.

Bryan holte erstmal tief Luft, als sich die Schiebetür hinter ihm geschlossen hatte und er ins freie trat. Er hatte das Terminal des Flughafens hinter sich gelassen und betrat nun wieder seine alte Heimat. Bis vor drei Jahren hatte er in London gelebt. Zusammen mit Carol. Dann musste seine Familie jedoch umziehen, wogegen Bryan sich mit Händen und Füßen gewehrt hatte. Aber er musste folgen. Er und Carol telefonierten, chatteten und mailten sich so oft es ging. Bryan konnte von sich zwar nicht behaupten, dass er besonders reich war, dennoch besuchte er die Liebe seines Lebens regelmäßig. Der Junge winkte sich ein Taxi, von denen Stückweise am Flughafen-Ausgang parkten. Er schleuderte seinen Koffer auf die Rückbank bevor er selbst einstieg. Er nannte dem Fahrer die Adresse von Carol und das Taxi startete.

„Ok, Sie hatten den Milchshake und Sie Cola!“, stotterte Jas als er die Gläser vom Tablett abstellte. Eines wackelte sogar, was für Jas ein Armutszeugnis sein konnte, wenn er irgendwelche Fehler beging. Zu seiner Überraschung aber schien alles gut zu gehen. Die Gäste bedankten sie, zahlten, und gaben sogar ein Trinkgeld. Zehn Euro. Wenn die Getränke nicht schon 9 Euro 20 gekostet hätten, hätte Jas ihnen sogar noch ein Dankeschön geschenkt. So aber nickte er ihnen einfach nur zu und nahm die nächste Bestellung auf. „So werd ich nie reich.“, stöhnte er auf und wollte weiterarbeiten. Als die Tür zum Cafe jedoch aufsprang unterbrach er diese sofort wieder, und schob eine kurze Pause. „He, Kumpel hast du Lust auf einen 1A Kellner Job?“, fragte Jas mit einem aufgesetzten Lächeln. „An deinem ersten Tag hast du es dir schon überlegt?“, fragte Kevin überrascht. „Was ist den mit dem ‚Das is´n easy Job, wo man nicht viel denken muss und auch noch gut bezahlt wird’?“ Jas verdrehte die Augen. „Da wusste ich ja noch nicht, dass mich die Leute ständig um was anquatschen.“, beteuerte Jas halb ernst. Dann entdeckte er in Kevins Gesicht Unsicherheit. „Ok, was hast du angestellt?“, fragte Jas ergriff die Schultern seines Freundes und zog in außer Hörweiter der Gäste. „Also, wenn es wegen Emmas Geburtstag ist, der ist erst im Juli, also keine Sorge.“, versuchte Jas Kevin schnell zu beruhigen. Dessen Gesichtsausdruck versteifte dich jedoch nur zusätzlich. „Hast du euren Jahrestag vergessen?“, hakte Jas nach, entsinnte sich dann aber, dass seine beiden Freunde noch gar kein ganzes Jahr zusammen waren. „Ähh, Valentinstag? Weltfrauentag? Murmeltiertag? Oder ist schon wieder Weihnachten? Dann muss ich noch…“ „Jas!“, unterbrach ihn Kevin etwas aufgewühlt. „Ich hab nichts vergessen. Eher… „ Erst als ein anderer Kellner Jas ermahnte er solle weiter arbeiten, begann er Kevin zu drängen. Dieser fuhr fort. „Du kennst das sicher. Du spazierst so durch die Stadt, schaust in die Schaufenster, und plötzlich siehst du das neue Videospiel, dass du unbedingt haben willst!“ Jas verengte die Augen. „Du hast dir ein Videospiel gekauft?“ Kevin schüttelte energisch den Kopf, und griff in seine Tasche. „Das war eine Metapher, in Wirklichkeit
 

habe ich…“, stotterte er und zog ein kleines, schwarzes Kästchen heraus. „Ach du Scheisse!“, rief Jas laut auf, da er sich denken konnte was sich darin befand. Einige Gäste starrten empört zu den beiden Jungen. Jas presste die Lippen zusammen und deutete beschwörend auf das Kästchen. „Ok! Da sind sicher Ohrringe drin! Was solltest du Emma den auch sonst schenken?“, versuchte er sich von seiner eigenen Idee abzubringen. Kevin sah sich nach allen Seiten um, als wollte er dass niemand mitbekam was sich in seinem Kästchen befand. Vorsichtig und langsam öffnete er sein Mitbringsel. Etwas zu langsam für Jas Geschmack. Im Inneren offenbarte sich das, was Jas befürchtet hatte. „Ach du Scheisse!“, stöhnte Jas abermals auf. Wieder räusperten sich einige Gäste. Auch der Kellner wollte wieder ansetzen, doch Jas ließ ihn nicht zu Wort kommen. Entschuldige, ich brauch noch einen Moment. Mein Freund fühlt sich nicht gut.“, erklärte er und sah dann wieder zu Kevin. „War klar, dass du so reagieren würdest.“, seufzte dieser. Jas nahm seine rechte Hand und klappte das Kästchen wieder zu. „Wir machen’s so, ich habe einfach nichts gesehen.“, schlug er vor. Doch damit schien Kevin nicht einverstanden. „Jas, ich brauche deinen Rat als Freund!“ Jas dachte nach bevor er weitersprach. „Kevin, das da drin ist ein Ring und kein Videospiel! Man geht nicht an einem Schaufenster vorbei, sieht einen Ring und denkt ‚Den muss ich haben’.“ Kevin verstand seinen Freund ja, dieser ihn scheinbar nicht. „Ich hab es mir gründlich überlegt!“, behaarte er. Jas zweifelte daran. „Wann? Als du vor dem Schaufenster standest und dich zwischen dem 3 Karat und dem 4 Karat entschieden hast? Wie viel Jahre seid ihr jetzt zusammen? Oder warte… waren’s Monate?“ Jas wollte seinen Freund zwar nicht verletzten, doch als Freund sah er es ebenfalls als seine Pflicht an Kevin noch mal alles vor Augen zu führen. Und zwar als – quasi – Unbeteiligter. Kevin verstand Jas zwar, jedoch wusste dieser nicht, welche ‚Differenzen’ er und Emma bereits hatten. Er hätte Jas am Liebsten von seiner Vergangenheit erzählt, damit dieser auch alle Fakten kannte, doch er hatte sich bewusst dagegen entschieden. „Ok, ok! Ich vertraue dir, dass du weißt was du tust.“, schien Jas nun doch noch seinen Segen zu geben. „Du wirst sehen, es ist keine so große Sache wie du denkst. Was soll schon schief gehen?“, fragte Kevin locker. Jas setzte an etwas zu sagen, doch Kevin kam ihm zuvor. „Außer, dass sie Nein, sagt.“, beeilte er sich zu sagen. „Dann ist ja alles gut.“, meinte Jas und beendete seine Pause. Kevin zögerte etwas, bis er noch etwas sagte. „Sie wird doch nicht Nein sagen, oder?“ Jas entkam ein Grinsen. „Keine Ahnung, aber du kennst sie doch inzwischen doch besser als ich, nicht wahr?“, meinte er mit einem versteckten Hinweis. Kevin dachte angestrengt nach. Wenn selbst sein bester Kumpel seine Entscheidung führ verfrüht hielt, was konnte dann Emma von ihm denken? Ein Blick auf seine Armbanduhr verriet, dass es bereits zehn Minuten nach Zwei war. In einer
 

halben Stunde war Kevin mit Emma verabredet. Er beschloss noch einige Zeit über sein Vorhaben nachzudenken und schob das kleine Kästchen wieder ein. Er wollte sich noch von Jas verabschieden, doch dieser hatte alle Hände voll zu tun. Er nickte seinem Kumpel nur kurz zu und verließ das Café.
 

Das Taxi hielt am Ende der Straße. Bryan wartete einen Moment, bevor er Ausstieg. Natürlich, er war mehrmals im Jahr hier, doch diesmal beschlich ihn ein merkwürdiges Gefühl. Er bezahlte die Fahrt und stieg aus. Bis zu Carols Haus waren es nur wenige Schritte. Er war diese Schritte bereits oft gegangen. Es war eine Straße, die einer Zeichnung oder einem Buch entspringen konnte. Jedes der mindestens zweistöckigen, großen Häuser besaß riesige Gärten. Kaum eine Stelle war nicht von Gras oder Blumen bedeckt. Selbst der Gehsteig sah frisch gekehrt aus und obwohl es Herbst war, lag kein Laub darauf. Bryan war sich sicher, dass diese Straße bereits einen Preis bewohnen haben musste. Er erinnerte sich an einen Nachbarn Carols, dem das ganze besonders wichtig war. Ob dieser aber noch in der Straße wohnte, oder fortgezogen war wusste er nicht. Er war schnell vor Carols Haus angekommen. Auf dem ersten Blick schien nichts verändert. Carol lebte mit ihren Eltern in dem alten, aber rustikalen Gebäude. Ein Steg aus Betonfließen führte bis zur Haustür. Carol hatte erzähl, dass sie Besuch von einem Mädchen gehabt hatte. Dieses musste denselben Weg beschritten haben wie Bryan jetzt. Vorsichtig läutete er an der Haustür. Er erwartete eine fröhliche, aber dennoch unsichere Carol. Die Tür wurde sofort aufgerissen und seine Freundin fiel ihm in die Arme. Bryan schien sich unnötig Gedanken gemacht zu haben. „Das Flugzeug ist vor 40 Minuten gelandet! Du hättest bereits vor Zehn Minuten hier sein sollen!“, schimpfte sie auf eine gespielte Art. „Ist… alles ok?“, fragte Bryan nun. Carol zögerte kurz und löste die Umarmung. Sie ergriff Bryans hand und führte ihn ins Haus. „Du machst dir sorgen wegen unserem „Schöpfer“, nicht wahr?“, hinterfragte sie. Bryan nickt besorgt. Und das nicht zu Unrecht. Warum wurden er und Carol plötzlich von ihm kontaktiert? Sie hatten ungenommen er wäre bereits lange Zeit tot. Carol schien es gut zu gehen. „Das Mädchen war noch mal da. Ich hab ihr erzählt, dass du kommst, und sie meinte, dass wir uns wegen nichts Gedanken machen sollten. Unser ‚Schöpfer’ würde auf uns aufpassen. Sie will…“, zögerte Carol nun. Bryan wollte aber alles hören und bat sie weiter zu sprechen. „Sie will…, dass wir zu ihm gehen.“, erklärte sie. Bryan nickte. „Zu der Stelle, an der wir früher immer waren?“, wollte es der Junge genau wissen. Carol bestätigte es ihm. Dennoch wusste Bryan, dass Carol noch mehr wusste, aber nicht damit herausrücken wollte. „Was hat sie noch gesagt? Und wer war sie überhaupt?“ Carol seufzte. „Sie ist eine von uns, da
 

bin ich mir ziemlich sicher. Sie sagte, du müsstest erst geprüft werden, bevor du wieder zu ihm kannst.“ Bryan schien Carol bedrückt gemacht zu haben, was er ja eigentlich verhindern wollte. Er wurde zornig. „Was soll das heißen? Erst will er unbedingt, dass ich komme, und jetzt will er mich nicht einmal empfangen? Und was ist das für ein Auftrag?“ Carol versuchte weiter zu erzählen. Er sagte, es ginge um einen Feind. Du solltest erst beweisen, wie stark du bist.“ Bryan verstand seinen ‚Schöpfer’ nicht. Er selbst hatte ihm seine heutige Stärke verliehen, wozu war ein Test nötig? „Und wer ist dieser Feind?“ Carol beeilte sich nun etwas aus einer Schublade zu holen. Scheinbar hatte ihre Besucherin ein Bild dagelassen. Sie überreichte es Bryan und der starrte es an. Es war ein Junge, wahrscheinlich im gleichen Alter wie Bryan. Er kannte ihn nicht, trotzdem behagte ihm die Sache nicht besonders. Am meisten wunderten ihn die Augen seines Ziels. Es war zwar nur ein Foto, aber irgendwie schienen sie alles über den Jungen zu verraten. „Wer ist das?“, fragte er nun. „Sie hat einen Namen genannt, allerdings dürfte das nicht sein richtiger sein. Er lautet Hapi.“ Bryan stockte. Er kannte den Namensgeber. „Dann trägt er wohl ein Amulett.“, kombinierte er. Carol nahm es an. „Das Mädchen sagte außerdem, es wäre ein altes Bild. Drei, vielleicht Vier Jahre alt. Dennoch dürfte er sich nicht groß verändert haben. Sie meinte er sei ein guter Kämpfer und ein Feind unseres ‚Schöpfers’. Und sie sagte, dass…. Dass du ihn vorerst nicht töten sollst. Nur angreifen und seine Stärke austesten.“, gab Carol alles wieder, was ihr erzählt wurde. Bryan wurde davon nicht unbedingt schlauer. Er wusste, dass er viel mit seinem ‚Schöpfer’ zu besprechen hatte, doch dies konnte er scheinbar nur wenn er zuerst diesen Auftrag erledigte. Aber warum sollte er ihn nicht gleich ausschalten, wenn er so ein gefährlicher Feind war? Er war sich sicher diesem Gegner gewachsen zu sein. Als Carol sagte, sie wolle mitkommen schüttelte Bryan energisch den Kopf. Niemals würde er zulassen, dass seine Freundin sich in Gefahr begab. Gut, sie besaß dieselben Fähigkeiten wie er, aber dennoch, wollte er sie keinem Risiko aussetzen. „Ich nehme an, sie sagte auch wo ich ihn finde?“, wollte Bryan Details. Carol nickte. „Du kannst ihn an einem für ihn unbekannten Ort angreifen. Keiner von euch wird einen Vorteil haben.“ Bryan ballte seine Fäuste. Er würde diese Mission erfüllen, hören was sein ‚Schöpfer’ wollte und ihn dann bitten ihn und Carol für immer in Ruhe zu lassen.
 

Jas hatte einem alten Ehepaar gerade zwei Tassen Capuccino gebracht, als er von seinem Chef gerufen wurde. Dieser überlegte kurz, wie er sich ausdrücken sollte. „Jas du… du warst heutige wirklich fleißig. Warum machst nicht Schluss?“, fragte er sanft. Jas sah ihn an. „Mit anderen Worten ich bin gefeuert.“, entgegnete er. Sein Gegenüber schnaufte. „So würde ich es
 

nicht ausdrücken, aber….ja!“ Jas hatte so etwas bereits kommen sehen, dankte seinem Ex-Chef jedoch für die Chance. Dann fiel ihm etwas ein. Er hatte sich Kevin gegenüber nicht gerade loyal verhalten. Er war mit einem großen Anliegen an ihn herangetreten und er hatte ihm nicht wirklich geholfen. Was war wenn Kevin nicht auf ihn hörte und Emma gerade bat ihn zu heiraten? Jas verbannte den Gedanken aus seinem Kopf. So würde nichtmal Kevin agieren. Wobei…. . Er hatte auch den Ring spontan gekauft, vielleicht unternahm er gerade wirklich etwas Dummes. Jas konnte sich nicht sicher sein und wollte seinen Freund einholen. Kevin hatte ihm am Morgen vor der Uni erzählt, dass er mit Emma in der Stadt verabredet war. Jas konnte jetzt nur noch laufen, um ihn einzuholen. Vielleicht sorgte er sich völlig umsonst, doch bei Kevin wusste er, konnte man sie nie sicher sein. Er verließ das Café und versucht seinen Freund einzuholen.
 

Aber auch Kevin hatte ein hohes Tempo drauf. Er hatte Emma einmal warten lassen, und beschlossen es nicht wieder zu tun. Er wollte unter keinen Umständen ihrem Zorn erliegen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er es noch rechtzeitig schaffen konnte. So sah zumindest der Plan aus. Er bog gerade in eine Gasse ein und übersah den Jungen vor ihm. Der Zusammenstoß war unvermeidlich. Der Junge krachte zu Boden. Kevin konnte sich zwar aufrecht halten, war aber zuerst verwirrt. Er entschuldigte sich und wollte weiter. Dann dachte er aber darüber nach dem Jungen zu helfen. Aber was würde Emma sagen? Würde sie es für eine Ausrede halten, oder ihm Recht geben, dass man anderen helfen sollte? Kevin entschloss sich dem Jungen hochzuhelfen. Dieser ergriff Kevin Hand und zog sich hoch. Dabei sah Kevin das erste Mal seine Augen. Er ließ die Hand wieder los. Er wusste nicht warum, aber die Augen seines Gegenübers verrieten, dass er ihn kannte. Kevin wusste jedoch nicht, dass er den Jungen schon mal irgendwo gesehen hatte. „Wer… wer bist du?“, wich Kevin für einen Moment zurück. Sein Gegenüber begann zu lächeln. „Du bist Hilfsbereit, freundlich und scheinst wenig Geduld zu haben. Nun sehen wir mal wie du kämpfen kannst.“, meinte er lässig. Kevin wusste sofort, dass er einen Gegner vor sich hatte. Er wich noch mehr Schritte zurück, doch der Angreifer ließ seine Hand in seine Richtung fahren und ….. stach zu. Er erwischte zwar nicht Kevin, dafür aber eine Straßenlampe. Zu Kevins Entsetzen schien die Hand seines Angreifers plötzlich scharf wie ein Diamant geworden zu sein. Der Pfahl der Laterne war durchtrennt und der obere Teil stürzte auf den Boden. Kevin wusste, dass er in Schwierigkeiten steckte. Er hatte sein Amulett vor vier Monaten seinem alten Lehrer Adrian zurückgegeben. Nun war schutzlos. Dennoch beschloss er Mut zu zeigen. „Nenne mir deinen Namen!“, verlangte er. Der Angreifer schien nichts dagegen zu haben ihm einiges über ihn zu
 

verraten. „Du kannst mich Bryan nennen, von mir aus auch Haroëris.“, entgegnete er. Kevin betrachtete Bryan unsicher. Er erkannte zwar eine Kette um seinen Hals, dennoch konnte es sich dabei nicht um ein Amulett handeln. „Das reicht mir noch nicht! WAS bist du? Du trägst kein Amulett, woher nimmst du deine Stärke?“ Kevin wusste nicht woher er den Mut in dieser Situation nahm. Bryan schien unbeeindruckt. „Ich brauche kein Amulett um zu kämpfen. Du anscheinend schon, oder… trägst du zum Schluss gar keines?“, fragte er nun etwas siegessicherer. Was sollte Kevin darauf antworten? Wenn er bejahte würde Bryan sicher sofort auf ihn stürzen. Wenn er behauptete er hätte es noch, würde sein Gegner ihn erst recht attackieren. Kevin dachte an Flucht. Aber wohin? Er wusste, dass die Menschen, die ihre Kraft von den alten Göttern bezogen übermenschliche Kräfte besaßen. Selbst wenn dieser Bryan kein Amulett trug, hatte er seine Stärke bereits bewiesen. Was wollte er von Kevin? Schickte ihn gar jemand? Oder wollte er einfach einen Amulettträger angreifen um seine Stärke zu erproben? Wenn zweiteres der Fall war, gab es einen Ausweg. Kevin hatte nicht wirklich etwas zu verlieren, also ließ er verläuten, dass er kein Amulett besaß. Bryan stutzte für den ersten Moment. „Man sagte, dein Name wäre Hapi.“, erzählte er. Kevin ballte die Fäuste. „Deine Informationen sind falsch.“ Das sagte er einerseits um den Gegner nicht zu viel zu verraten, andererseits wollte er diesen Namen nicht mehr hören. Er war nicht mehr Hapi, sondern Kevin. Hapi starb im Kampf gegen Bata, und das war auch gut so. Niemals würde er mehr in Erscheinung treten. Niemals! Bryan schien zu überlegen was er tun sollte. „Zugegeben, meine Informationen sind wirklich lausig.“, antwortete er. Kevin reichte es. „Und wer hat dich geschickt?“, fragte er fordernd. „Niemand.“, meinte Bryan, was Kevin auf die Palme brachte, da Bryan ja erst vorhin etwas anderes gesagt hatte. Er wusste nicht ob er verrückt, oder einfach nur dumm war. Er ballte seine Faust und schlug Bryan mitten ins Gesicht. Dieser hatte tatsächlich nicht mit einem Angriff gerechnet. Er wollte zurückschlagen, bis er sich an Carols Worte erinnerte. Er sollte Kevin nicht töten, sondern nur testen. Dann geschah etwas Unvorhergesehenes. Jemand tauchte hinter Kevin auf. „He, Mann super, dass ich dich noch erwische!“, rief Jas nun. Kevin wurde bleich. Sein Freund war nämlich noch schutzloser als er selbst. Bryan beschloss in die Final-Phase seines Tests einzutreten. Es kam Jas vor als stünde er in einem Comic, als Bryan plötzlich über Kevin hinwegsprang. Er sprang vielleicht drei Meter Hoch. Jas glaubte nicht, was er sah. Bryan landete hinter ihm und setzte ihm seine Hand an den Hals. Jas wusste nichts über deren Schärfe, und wollte sich wehren. Dann spürte er einen Schnitt an seiner Kehle. Augenblicklich verharrte er in seiner Position. „Was… geht hier vor?“, stammelte er. „Las ihn gehen!“, schrie Kevin seinen neuen Feind an. Bryan hatte zum Glück nicht vor Jas

etwas anzutun. Er wollte nur Kevins Reaktion testen. Dieser brauchte im Augenblick einen Einfall. Und er bekam einen. Er war zwar verrückt, aber dieser Bryan schien es lediglich auf ihn abgesehen zu haben. Der stürmte mit einem Kampfschrei auf Jas zu, hinter dem noch immer Bryan stand. Kevin tat so, als würde er Jas völlig ignorieren. Ganz schwach war der Junge natürlich nicht. Auch ohne Amulett wusste er, wie man kämpfte. Und Bryan schien tatsächlich auf den Bluff hereinzufallen. Er dachte wohl, Jas wäre ihm völlig gleichgültig und entbehrlich. Bryan machte einen Satz zurück und stieß Jas gleichzeitig nach vorne. Dieser landete in Kevins Armen. Schnell schob er sich vor Jas, um zu verhindern, dass Bryan ihn wieder als Schild nutzen konnte. „Verdammt, Kevin wer ist der Kerl? Jumpman?“, schien Jas auch in dieser Gefahrensituation seine Nerven zu behalten. Kevin fand jedoch keine Zeit für Erklärungen. Er rechnete damit, dass Bryan wieder angriff. Doch dieser agierte anders. Er ließ beide Hände sinken und drehte sich um. Scheinbar wollte er gehen. Jeder andere wäre glücklich gewesen und hätte ihn ziehen lassen. Anders Kevin. Er wollte Gewissheit. „Verdammt, wer hat dich geschickt?“, brüllte er ihm nach. Bryan hielt an. Er beschloss ihm noch diese eine Frage zu beantworten. „Du kennst ihn. Scheinbar hasst du ihn und er dich. Meines Wissens seid ihr bereits lange Feinde, und da du nicht errätst wer es ist, nehme ich an, dass du viele Feinde hast. Für jemanden ohne Amulett oder anderen Fähigkeiten ist das schlecht. Merk dir das. Der nächste Gegner wird dich ohne Zögern töten. Und vielleicht werden ich dieser Gegner sein.“, redete Bryan und setzte seinen Weg fort. Für Kevin hatte er ihm nichts Neues erzählt. Fast nichts. Wer hasste ihn dermaßen, dass er ihm diesen Verrückten auf den Hals hetzte? Kevin hatte wirklich angenommen er habe keine Feinde mehr. Er wollte Bryan nach, doch Jas hielt ihn zurück. „Es ist gut!“, ermahnte er ihn. Er wusste zwar nicht was vor sich ging, aber er hatte Bryan sofort als gefährlich eingestuft. Beide Jungen waren so fertig, dass sie sich einfach auf den Straßenboden setzten. „Willst du… mir das erklären?“, kam die unausweichliche Frage von Jas. Kevin wusste aber nicht wie er es ihm beibringen sollte. Er bat ihn mit seinem Anliegen noch zu warten, bis er festgestellt hatte, ob es Emma auch gut ging. Jas war damit einverstanden. Das Mädchen wartete noch immer im Restaurant. Zuerst stand sie wütend auf, doch als sie Jas und dessen bedrücktes Gesicht sah, hielt sie inne. Trotz vieler Unterbrechungen, berichtete Kevin von dem Zwischenfall. Emma wurde kreidebleich. Als Jas bemerkte, dass selbst Emma mehr wusste als er, verlangte er antworten. Kevin und Emma versprachen ihm diese zu geben. Allerdings nicht an diesem Ort. Alle drei wollten sich am Abend wieder treffen. Dann in Kevins Wohnung.
 


 

Carol riss sofort die Tür auf, als sie Bryan auf ihr Haus zumarschieren sah.

Der Junge entdeckte den Missmut in den Augen seiner Freundin und wollte sie schnellstmöglich beruhigen. „Es ist alles glattgelaufen. Er Kerl wusste nicht mal wie man kämpft.“, sagte er lässig. Carol schien die Tatsache, dass Bryan unbeschadet zu ihr zurückgekommen war gleichgültig zu sein. Oder war sie gar über etwas anderes beunruhigt? „Ich glaube du wurdest beobachtet. Vorhin hat jemand angerufen. Ich bin mir sicher, dass es sich um dieses eine Mädchen handelt.“, erzählte sie. Bryan schluckte. Das ging schnell. „Und was hat sie zu dir gesagt?“, fragte der Junge obwohl er es sich denken konnte. „Wir sollen kommen.“, meinte Carol nun ganz ruhig. Bryan nickte. Das hatte er sich gedacht. Die Frage war nur was ihr ‚Schöpfer’ von ihnen wollte. Das war ihm noch unklar. Wahrscheinlich irgendeine Mission, soviel stand fest. Aber wie würde diese aussehen? Bryan und Carol wussten wo sie ihren ‚Schöpfer’ finden konnten. Vor allem Bryan wollte unverzüglich mit ihm sprechen. Er überlegte ob er Carol mitnehmen sollte oder nicht entschied aber schließlich dafür. Es war der Ausdrückliche Wunsch seines Erschaffers und er wollte nicht widersprechen. Dieser würde Carol schon nichts antun.
 

Geschwisterliebe
 

Bryan bestellte ein Taxi für die beiden, da ihr Ziel weit enternd lag. Es lag am anderen Ende von London in einem kleinen Dorf, wo die Zeit scheinbar stillgestanden war. Die beiden hatten erwartet abgeholt zu werden, doch wurden sie eines besseren belehrt. Bryan begab sich ohne zögern auf den Weg, den er zuletzt vor drei Jahren beschritten hatte. Es war ein seltsames Gefühl, zumalen er nicht erwartet hatte jemals wieder hier zu sein. Sie enternden sich etwas von dem Dorf und schlenderten auf einen Hügel zu, auf dem sich ein wunderschönes Plateau befand. Die Natur schien sich hier selbst zu pflegen. Nur ein unschönes Wehikel ragte aus der Erde. Auf einer Erhöhung ragte eine Höhle heraus. Bei genauerem Hinsehen konnte man feststellen, dass sie von Menschenhand angelegt worden war und scheinbar ein alter Bergwerksstollen war. Gearbeitet wurde darin schon lange nicht mehr. Wenn sich jemand verstecken wollte, war hier der beste Ort dafür. Der einzige Platz auf der Welt an dem man verschwinden und niemals gefunden werden konnte. „Dann lass uns mal reingehen.“, meinte Bryan tapfer, doch Carol hielt seine Hand zurück. Bryan hielt inne. Dann lächelte er. Es passiert uns schon nichts.“, versprach er. Bryans Gelassenheit beruhigte auch Carol. Oder tat er nur so cool? Dann wagten sich beide vorsichtig in das Innere. Den Weg kannten sie noch auswendig. Bald waren sie tief genug im Stollen, um ihren Schöpfer zu sehn. Am Ende wurden die Gänge Raumartig. Der letzte war der größte und beherbergte einen Bewohner. Für Bryan und Carol war es immer unlogisch gewesen, warum ihr Erschaffer nicht einfach in einem der schicken Häuschen im Dorf lebte, sondern die Kälte und die Einsamkeit bevorzog. Dazu kam das der Raum nur spärlich eingerichtet war. Tische, Stühle, Schränke, mit Nahrung und ein Bett. Und darin schlief jemand. „Wie damals.“, musste Bryan schon fast grinsen. Doch irgendwie hatte sich ihr Schöpfer verändert. Er war irgendwie magerer und sogar größer geworden. Die beiden Besucher zweifelten nun zum ersten Mal, dass es sich wirklich um den handelte, für den er sich ausgab. Dann erklang ein Stöhnen. Schwerfällig erhob sie Gestalt. Sie stützte sich mit den Händen am Bettpfosten ab und stand auf. Bryan hatte zwar überlegt ihm zu helfen, doch er war unsicherer als vorher. Ihr Schöpfer schien etwas zu brauchen, um die beiden Neuankömmlinge zu identifizieren. Das lag nicht zuletzt an seiner Maske. Sie war weiß und bedeckte das ganze Gesicht. Hätte er sie abgenommen hätte Bryan erkannt ob es sich bei ihm wirklich um den richtigen handelte. „Bryan. Carol. Nein! Haroëris und Harmerti. Das sind eure richtigen Namen.“, begann er zu sprechen. Bryan erinnert sich zwar nur
 

noch dunkel an seine Stimme, wusste aber gleich dass es nicht ihr Schöpfer war. Unentschlossen sah er den Fremden an. Dieser reagierte sofort. „Verzeihung, es ist drei Jahre her. Damals kanntet ihr lediglich meinen alten Körper. Ich vergaß dies zu erwähnen. Harmachis scheint das auch nicht preisgegeben zu haben.“ Bryan wusste dass der Fremde das Mädchen meinte, dass Carol besucht hatte. Sie war also tatsächlich eine von ihnen. Ihr Schöpfer hatte all seinen Kindern Namen von alten ägyptischen Kriegern gegeben. Bryan fand diese Namen dämlich und unnötig, wollte seinen Erschaffer aber nicht verärgern. Aber war er es wirklich. Er hatte seinen beiden Kindern vor langer Zeit erzählt, dass er hin – und wieder seinen Körper wechseln musste, wenn der alte krank oder verletzt war. War das in der Zwischenzeit eingetreten? Bryan und Carol mussten es vermuten, besonders da der Fremde vieles über die zwei wusste. Sie beschlossen ihn zu behandeln wie sie es damals getan hatten. Kühl, aber untergeben. „Schön Euch wiederzusehen.“, begann Bryan. „Ich habe Euren Auftrag erfüllt, war das alles?“, schien er das Gespräch vorantreiben zu wollen. Ihr Schöpfer lachte auf. „Ach kommt schon! Ihr seit meine Kinder, tut nicht so als würdet ihr mich das erste mal sehn. Was habt ihr in der Zwischenzeit getrieben?“, fragte freundschaftlich. Bryan und Carol wussten nicht, was sie ihm alles verraten sollten und konnten. „Warum… sollten wir nach der langen Zeit wieder hierher?“, blieb Bryan dennoch hart. Damit verfinsterte sich aber auch die Stimme ihres ‚Vaters’. „Also gut, kommen wir zur Sache. Ich sagte euch damals, zwar dass ihr euer eigenes Leben führen könnt, doch nun sind neue Feinde aufgetaucht.“, erklärte er. Bryan wurde stutzig. „Feinde wie dieser Hapi? Ich habe gegen ihn gekämpft, er besaß nichtmal ein Amulett.“, redete Bryan auf seinen Schöpfer ein. Dieser nickte langsam. „Nur zu diesem Zeitpunkt nicht. In Wirklichkeit ist Hapi, oder Kevin wie er sich nennt einer der stärksten Krieger die ich kenne. Er wird bald zu seiner alten Form zurückkehren. Dann wirst du ihn nicht mehr testen, sondern töten.“, provezeite er. Bryan schluckte. „Warum habe ihn dann nicht gleich beseitigt?“, verlangte er zu wissen. Carol blieb stumm hinter ihm. „Er und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit. Ich wollte wissen wie stark er in dieser langen Zeit geworden ist. In dieser Zeit hat er Götter getötet. Und Verrückte, die sich für Götter hielten. Unterschätze ihn nicht. Ich habe euch zurückgerufen, damit ihr euch seiner annimmt. Er ist der einzige der meinen Plan stoppen kann.“, säuselte ihr Schöpfer. „Plan?“, fragte Carol nun verwirrt. Ihr Schöpfer setzte sich wieder auf sein Bett. „Ich kann euch noch nichts Genaueres sagen. Je weniger ihr wisst, umso sicherer seid ihr. Aber eines verrate ich euch. Ihr seid nicht die einzigen die ich gerufen habe. Ihr tragt in euch die Seele eines alten Kriegers. Bryan du beherbergst das Vermächtnis von Haroëris, der Krieger der Erde. Du, Carol trägst die Seele
 

von Harmerti, dem Krieger des Windes in dir. Ich weiß ich habe euch diese Geschichte zigmal erzählt, doch nun findet sie auch Anwendung. Es gab sechs Krieger, die sich nach Göttern getauft hatten. Sie waren die stärksten Ägyptens. Deswegen verlieh ihnen Ra eine besondere Kraft und machte sie zu seinen Leibwächtern. Nachdem Ra von Horus getötet wurde, verschwand auch die Kraft der sechs Krieger. Ihre Essenz ruht seither in den Elementen, die sie repräsentieren. Ich habe diese Essenzen gesammelt und euch eingepflanzt. Mir verdankt ihr eure Fähigkeiten. Haroëris , die Erde. Harmerti der Wind. Außer euch werden auch meine anderen Kinder zu uns stoßen, die ihr noch nicht kennengelernt habt. Harmachis, der Krieger des Lichts, hatte dich Carol aufgesucht und dich wieder unter meine Dienste gestellt. Zusammen werdet ihr noch Harpre das Wasser und Harendotes das Feuer finden. Wenn alle sechs komplett sind, wird mein Plan aufgehen.“, berichtete er. Während Carol kaum Worte fand, reagierte Bryan taffer. „Sie haben nur fünf aufgezählt. Was ist mit dem sechsten? Wer ist er?“ Diese Frage löste bei ihrem Vater schallendes Gelächter aus. Schnell bekam er sich wieder ein. „Entschuldigt meinen Ausbruch. Es ist nur… ich kenne den sechsten bereits. Allerdings dürfte es lange dauern, bis er bereit ist zu uns zu stoßen. Suchen wir erstmal das Wasser und das Feuer. Harmachis hat bereits einen Plan entworfen, wie wir die beiden finden können. Haro…. Entschuldige. Bryan du kümmerst dich derweil um unser Problem.“, gab er seine Instruktionen. „Nein!", kam nun ein lauter Aufschrei von Bryan. Damit hatte sein Schöpfer nicht gerechnet. Genauso wenig wie Bryan selbst. Er wusste nicht warum er plötzlich so mutig war, doch er konnte es sich denken. Der Grund war Carol. „Es ist unnötig, dass Carol in Gefahr gebracht wird. Ich erledige Eure Aufgabe selbst.“, verkündete er. Dann herrschte eine kurze Zeit Stille. Carol wollte schon etwas sagen, doch ihr Vater schob sich dazwischen. Mein Junge, ich verstehe was in dir vorgeht. Aber jeder von Euch muss seinen Teil beitragen. Ich verspreche dir jedoch, dass ich Carol nicht in den Kampf schicke. Ob du es glaubst oder nicht. Ich liebe meine Tochter genauso wie du. Oder zumindest beinahe.“, sagte er streng. Das wirkte. Bryan hatte ihm gegenüber sofort wieder Respekt gewonnen. „Also los Bryan! Finde unseren Feind und beseitige ihn.“, befahl ihr Vater nun in einem herrischen Ton.

Der Plan sah ursprünglich so aus, dass Kevin sofort zu seiner Wohnung fuhr, nachdem er an der Uni alles geregelt hatte. Nach dem Zwischenfall hatte Emma ihm geraten sich ein paar Tage auszuspannen, doch Kevin lehnte ab. Seine Freundin saß mit Jas sicher schon bei ihm zu Hause und er würde sich verspäten. Er war noch einen halben Kilometer von seiner Wohnung enternd, als er in eine Seitenstraße einbog. Plötzlich bremste er. Was war das für ein Gefühl? Er konnte es sich einbilden doch er spürte eine Kraft. Er stieg aus und sah sich um. Dann erblickte er sie. Eine Gestalt stand zirka 10 Meter von
 

ihm enternd. Da es inzwischen dunkel war, konnte er sie nicht erkennen. Wer war sie? Etwa wieder dieser Bryan? Kevin bettete dass dies nicht der Fall war. Die Gestalt näherte sich ihm. Zur Sicherheit bereitete sich Kevin vor entweder, zu kämpfen, oder abzuhauen. Noch immer war die Gestalt vom Schwarz der Nacht unkenntlich. Kevin hatte die Scheinwerfer seines Wagens angelassen. Diese strahlten nun den Unterkörper des Unbekannten an. Auf den ersten Blick konnte Kevin feststellen, dass es sich um ein Mädchen handelte. Doch war sie auch ungefährlich? Das seltsame Gefühl hatte Kevin immer noch nicht verlassen. Je näher das Mädchen an ihn herankam, desto mehr konnte er dank der Scheinwerfer von ihr sehen. Gleich stand sie ihm Auge um Auge gegenüber. Warum hatte Kevin plötzlich das Gefühl, dass er sie kannte? Nun beleuchteten die Scheinwerfer das Gesicht des Mädchens. Kevin brauchte etwas. Dann setzte er geschockt ein paar Schritte zurück. Sein Herzschlag verdreifachte sich. Er hatte mit vielen Personen gerechnet, die plötzlich in der Nacht vor ihm auftauchten, aber nicht mit ihr. Das Mädchen trug kurze, schwarze Haare, eine grüne Weste und eine Jeans. Obwohl es eine kalte Nacht war, schien sie nicht zu frieren. Sie presste ein kleines Paket an ihre Brust. Kevin hatte nicht erwartet sie noch einmal wieder zusehen. Und schon gar nicht an diesem Ort. Zuletzt war er ihr vor vier Monaten begegnet, als er in seine alte Heimat fuhr. Zusammen mit Emma hatte er das alte Kloster aufgesucht, in dem er in seiner Kindheit gewohnt hatte. Damals schien sie ihn nicht erkannt zu haben. Warum war sie dann gekommen? Vor Kevin stand seine Schwester. Seine Schwester, von der immer dachte, dass er sie verloren hatte. Sie wollte etwas sagen, hielt dann aber inne. Weder sie noch Kevin konnten etwas sagen. Dann schien sich das Mädchen doch zusammen zu reißen. „Du… du bist doch mein Bruder, oder?“, rief sie, obwohl sie direkt vor ihm stand. Kevin brachte zuerst nur ein Nicken heraus. „Und du bist… meine Schwester...“, stammelte er. Über das Gesicht des Mädchens huschte ein fröhliches Lächeln. „Du hast mich besucht.“, schaffte sie es ohne Unterbrechung zu sagen. „Ja… das hab ich. Ich wollte nach dir sehn.“, erzählte er. Seine Schwester wusste wer er war. Hatte sie ihn damals erkannt? Oder hatte sie es von jemand anderem erfahren? „Warum… jetzt?“, schien ihr diese Frage auf der Zunge zu liegen. Kevin wusste nicht, was er antworten sollte. Er hätte eine Woche gebraucht um ihr alles zu berichten was ihm passiert war. Angefangen von seiner Entführung durch Mandulis, seine ‚Ausbildung’ bei Baal, seiner Arbeit bei Bata, von Kuk und seiner ganzen restlichen Situation. Er entschied sich eine einfachere Antwort zu geben. „Ich konnte nicht. Ich kann dir nicht erklären wieso, also frag bitte nicht weiter nach.“, bat er sie. Er wollte nicht, dass sie wusste was er in den vielen Jahren getrieben hatte. Seine Schwester zeigte sich Verständnisvoll. „Du… kamst mir so bekannt vor. Du warst bei Adrian
 

und ich hab ihn gefragt wer du seiest. Er wollte es nicht sagen, aber ich habe ihn doch noch dazu gebracht. Als er sagte, dass du mein Bruder wärst, sah ich meinen Verdacht bestätigt. Warum… bist du gegangen ohne etwas zu sagen?“, hakte sie nach. Kevin versuchte lockerer zu werden. „Ich… du sahst so glücklich aus… mit deiner Tochter. Ich wollte dich nicht belasten.“, versuchte er zu erklären. Zum ersten Mal musste das Mädchen grinsen. „Du Dummerchen. Ich habe mich natürlich sehr gefreut als ich die Wahrheit erfahren habe. Übrigens… deine Nichte heißt Joan.“, verriet sie. Kevin sah ihr in die Augen. „Das kam wirklich überraschend für mich. Wer ist den der… also der…“, stotterte er. Seine Schwester half ihm weiter. „Du erinnerst dich an Ethan?“, fragte sie kurz. Nun konnte auch Kevin lächeln. Ethan war damals nämlich sein bester Freund. Dann setzte sich das Mädchen in Bewegung und öffnete dir Tür zum Beifahrersitz. Ohne etwas zu sagen stieg sie ein. Kevin folgte ihrem Beispiel. „Wie ich sehe, haben wir eine Menge zu besprechen.“, sagte sie. Kevin war derselben Meinung. Er startete den Wagen und fuhr los. Er war so in Gedanken, dass er höllisch aufpassen musste, um jeden Unfall zu vermeiden. Bis zu seiner Wohnung war es nicht mehr weit.
 

Hilfesuchend blickte Emma immer wieder zur Tür. Kevin hatte sie angerufen und ihr mitgeteilt, dass er sich verspäten würde. Doch nun war er bereits eine halbe Stunde überfällig und Emma begann sich zu sorgen. Jas war als erstes eingetroffen. Er stand einfach vor der Tür, als Emma eingetroffen war. Einerseits plagte ihn die Neugier, andererseits seine Unwissenheit. Seine Verletzung am Hals war nicht so schlimm gewesen. Dennoch hatte er sie desinfiziert und ein Pflaster darübergeklebt. Emma hatte aufgeschlossen und ihn auf Kevins Eintreffen vertröstet. Obwohl sich dieser verspätete, hatte Emma darauf bestanden nichts ohne dessen Einverständnis zu erzählen. Jas versuchte diese Tatsache zu respektieren. Zu den heutigen Ereignissen konnte Emma natürlich auch nichts beisteuern. Sie wusste nicht wer der Angreifer sein könnte. Auch Kevin hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Das Beunruhigende war, dass dieser ‚Bryan’ jedoch ihn kennen musste. Das hieß er würde wieder auftauchen. Doch was würde beim nächsten Mal geschehen. „Ich weiß, du willst mir ohne Kevin nichts erzählen, und da ich vermute, dass er weder von einer mutierten Spinne gebissen, oder sich in ein grünes Riesenmonster verwandeln kann, spekuliere ich, dass er A, entweder ein Alien ist, oder B, das ganze etwas mit Magie zu tun haben muss.“, versuchte Jas das Schweigen zu unterbrechen. Emma sah ihn kurz an und antwortete dann „B kommt schon hin.“ „Ok, danke. Und Sorry wegen dem Alien. Aber du musst zugeben, dass das bei ihm gar nicht so abwegig klingt.“, versuchte er die Stimmung aufzuhellen. Diese Bemühung erübrigte sich, als kurz darauf
 

das erlösende Klingeln der Haustür ertönte. Emma eilte sofort hin, bis ihr einfiel, dass Kevin einen Schlüssel besaß. Warum klingelte er dann und schloss nicht einfach auf. Wollte er die beiden vielleicht vorwarnen. Selbst wenn nun dieser Bryan vor der Tür stand, Emma war nicht mehr zu halten. Sie riss die Tür auf und blickte in Kevins Augen. Erleichtert atmete sie auf. „Komm rein, ergriff sie seine rechte Schulter. Dann stutzte sie. Hinter Kevin stand jemand. Ein Mädchen, mit kurzen, schwarzen Haaren, das sie verlegen anstarrte. Emma wusste, dass sie sie kannte, konnte sie aber zuerst nicht zuordnen. „Ist das Kevin?“, fragte Jas im Wohnzimmer. Kevin wusste nicht recht was er sagen sollte. „Ich fürchte es wird heute eine lange Nacht werden.“, begann er und bat seine Schwester hinein. Zusammen betraten die drei das Wohnzimmer, welches Emma seinerzeit für Kevin eingerichtet hatte. Nun entdeckte auch Jas die beiden Neuankömmlinge. Er stellte Kevin kurz in den Hintergrund und begutachtete das Mädchen. Irgendwie hatte es eine Ähnlichkeit mit seinem Kumpel. „Hi, ich bin Jas.“, reichte er ihr die Hand. Das Mädchen sah kurz zu Kevin, reichte Jas dann aber die Hand. „Und du bist?“, wollte er in Erfahrung bringen. Kevin wollte für seine Schwester antworten, doch diese schien nun locker geworden zu sein. „Ich bin Claire.“, antwortete sie. Verdutzt sah sie Kevin an. Seine Schwester hatte ihren zweiten Vornamen genannt, aber warum? Claire sah die Verwirrung ihres Bruder und antwortete schnell. Eigentlich ist es mein zweiter Name, aber ich fand ihn immer schon etwas cooler. Im Kloster nennen mich übrigens auch alle so. Das war nach deiner Zeit.“, erklärte sie. Emma musterte die Fremde genau. Sie spürte eine Verbindung zwischen den beiden. Dann ging ihr ein Licht auf. „Moment! Bist du etwa Kevins Schwester?“, schien sie das Mädchen, dass nur wenige Jahre jünger als sie selbst war, wiedererkannt zu haben. Jas hob überrascht die Augenbrauen. „Wie? Was? Du bist ernsthaft Kevins Schwester? Er hat dich nie erwähnt.“, erzählte er. Danach überdachte er seine Worte nochmals. Vielleicht war es Kevin gar nicht recht, dass er so was sagte. „Das gehört wohl auch in die Geschichte, die ich dir erzählen wollte. Die… ich euch beiden jetzt wohl erzählen muss.“, begann er. Alle vier setzten sich aufs gemütliche Sofa. Emma hatte Cola hingestellt, doch alle waren zu aufgeregt um zu trinken. „Was machst du hier?“, fragte Emma nun. Danach kam es ihr etwas unhöflich vor. Doch Claire schien sich der Situation anzupassen. „Ich wollte Kevin einfach wieder sehen. Als ihr beiden damals ins Kloster gekommen seit, hatte ich so ein Gefühl. Ich wusste erst als du weg warst, dass du mein Bruder warst. Ich konnte mich nur noch schwer an die erinnern. Eine Zeit lang dachte ich sogar du wärst tot.“, gab sie zu. Kevin verstand sie. „Um ehrlich zu sein… dasselbe dachte ich von dir. Was… ist

damals passiert als ich weg war?“, fragte er. Claire musste einige Sekunden überlegen. „Ich hatte damals ja diesen Unfall. Ich lag einige Wochen im
 

Koma und als ich aufwachte brauchte ich fast ein Jahr bis ich wieder vollkommen genesen war. Adrian hat mir damals erzählt, dass du von einem Tag auf den anderen verschwunden wärst. Du hättest nichtmal einen Zettel dagelassen. Ich… hatte wirklich Angst um dich, noch mehr als um mich. Die nächsten Jahre bin ich in die Schule gegangen und habe mich von Adrian und den anderen Nonnen ausbilden lassen. Du fragst dich sicher warum ich dann eine Tochter habe. Das ist eine witzige Geschichte. Ich war…“ „Auszeit!“, unterbrach sie Jas. „Du hast eine Tochter?“, hinterfragte er. Während Kevin und Emma das wenig verwunderlich vorkam, schien Jas das zu interessieren. Claire versuchte ihm unverzüglich zu antworten. „Ja… Ethan und ich haben uns wirklich geliebt. Und dann ist Joan auf die Welt gekommen.“, erzählte sie aus ihrer Vergangenheit. „Wie geht’s dem alten Ethan?“, wagte sich nun auch Kevin etwas zu fragen. Nun blickte Claire etwas bedrückter drein. „Ich weiß es nicht. Er hat von Joan nicht viel mitbekommen. Er hat auf einmal davon gesprochen nach Amerika zu gehen und etwas aus sich zu machen.“ Nun platzte Kevin der Kragen. „Dieser Miese ….. Wenn ich bedenke, dass er mein bester Freund war, als ich klein war.“ „Menschen verändern sich.“, sagte Emma kurz. Kevin war sich nicht sicher, ob sie damit wirklich Ethan gemeint hatte. „Wir haben damals viel gestritten. Wenn er von Joan gewusst hätte, wäre er mit Sicherheit zurückgekommen. Ich habe auch versucht ihn zu kontaktieren, aber es misslang.“ „Apropos kontaktieren. Wie hast du Kevin gefunden?“, mischte sich Emma ein. Claire stieß ihre Finger in die Couch. „Ich musste etwas suchen, aber schließlich habe ich ihn gefunden. Und es war auch gut so… nicht wahr?“, wandte sie sich an ihren Bruder. Dieser nickte sofort. „Aber natürlich. Es freut mich riesig, dass du da bist. Das ist ein riesen Glück. In letzter Zeit habe ich wohl nur Glück.“, sah er schnell zu Emma. Diese musste lächeln. „Außer dass dich jemand umbringen wollte. Uns beide genauer gesagt.“, konnte sich Jas nun nichtmeht zurückhalten. Kevin entschuldigte sich dafür, dass er ihn hatte warten lassen. Nun setzte er zu seiner Erzählung an. „Es ist für euch schwer zu verstehen, aber es ist wahr. Claire, ich verrate dir warum ich seinerseits verschwunden bin. Und Jas, du erfährst die volle Wahrheit über mich. Und warum ich mich, als wir uns kennenlernten oft seltsam benommen habe und öfters verschwunden bin.“ Jas nickte zaghaft. „Ich dachte… das lag daran, dass du und Emma die Uni Pausen nutzen wolltet, um…“ „Jas.“, rief Emma empört. Jas wusste, dass er etwas Falsches in dieser Situation gesagt hatte, doch er konnte eben nicht über seinen Schatten springen. Dann sah Kevin zu Claire. „Ich habe mir damals große Sorgen um dich gemacht. Ich dachte du würdest sterben. Und jemand, der von meinen Sorgen wusste ist an mich herangetreten. Ich habe damals gebetet, dass du überlebst, doch es hat nichts gebracht. Du kannst dir sicher vorstellen, dass ich damals nach jedem Strohhalm gegriffen habe.
 

Dieser Fremde, sein Name war Mandulis, sagte, dass er mir helfen konnte. Mandulis war natürlich nicht sein richtiger Name. Den hat er mir nie genannt. Oder er erwähnte ihn einmal flüchtig und ich habe ihn vergessen. Er trug ein Amulett um den Hals, welches ihm übermenschliche Fähigkeiten verlieh. Ich weiß, dass klingt etwas unglaubwürdig, aber es ist wahr. Es gibt mehrere dieser Amulette. Selbst ich habe eins. Sie sind das Vermächtnis von alten Göttern, die so ihre Kraft weitergeben wollten.“ Jas setzte an etwas zu sagen, brach dann aber ab. Irgendwie kam ihm das mit dem Amulett bekannt vor…. Kevin setzte seine Erzählung fort. „Claire, ich weiß nicht, ob Adrian dir davon erzählt hat, aber unsere Eltern haben uns eines dieser Amulette vererbt. Mandulis wollte, dass ich es an mich nehme und mit ihm gehe. Er sagte, er würde einem Gott dienen. Es stellte sich heraus, dass es ein Scharlatan war, dessen Ziele einfach nur unsinnig und verrückt waren.“, ballte er die Fäuste. Emma merkte, dass er die Sache mit Baal noch immer nicht verwunden hatte. Kevin überlegte fieberhaft, ob er erzählen, sollte, dass er für Baal auch morden musste, entschied sich dann aber dagegen. „Mandulis Boss hieß Baal und er hat mich trainiert. Ich sollte die ganze Kraft meines Amuletts kennenlernen. Die Jahre vergingen und ich wurde immer stärker. Ich hörte, dass Mandulis und Baal getötet wurden, als ich auf einer Mission war. Auf dieser Mission wurde ich gewissermaßen getötet. Jedenfalls konnte ich in die Welt der Lebenden zurück. Aber mit Details verschone ich euch. Jedenfalls hatte ich keinen Platz mehr, wo ich hin konnte. Ziellos lebte ich weiter, bis ich auf einen Mann namens Bata stieß. Auch er trug ein Amulett. Ich kam bei ihm unter, aber er hat mich nur für seine Zwecke missbraucht. Am Ende war er genauso wie Baal. Ich sollte für einige Leute ‚bestrafen’. Einige waren kriminell, die anderen waren Bata nur im Weg.“ Jas hob die Hand. „Also warst du eher der Peter Parker, oder mehr der Bruce Banner?“, wollte er Kevin das Erzählen erleichtern. Kevin beschloss bei der Wahrheit zu bleiben und auf Jas´ Metapher zu antworten. „Mehr der ‚Matt Murdock’.“, wollte er auf Dare Devil anspielen, der in den berühmten Comics die Leute beseitigte, weil sie böse waren und der Welt nicht fehlen würden. „Kurz darauf kam ich dann in die Uni, und lernte dich kennen, Jas. Aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Einer der Personen, auf die mich Bata gehetzt hatte, ebenfalls ein Amulettträger, der sich Kuk nannte, war hinter meinem Amulett her. Was er damit tun wollte, lass ich einmal aus.“, entschied er. „Zuviel Details?“, erwiderte Jas. Kevin lächelte schwach und nickte. „Ich habe Kuk zusammen mit Connors Hilfe erledigt, aber…“ Jas sah sich gezwungen ihn noch mal zu unterbrechen. „Was hat Connor damit zu tun?“, wollte er wissen. Kevin seufzte. „Er trug bzw. trägt ebenfalls ein solches Amulett.“ Nun beugte sich Jas nach vorn und trank einen großen Schluck aus seinem Glas. „Wenn wir gerade dabei sind.“,
 

begann Emma. „Ich hatte ebenfalls eins, welches mir Bata gegeben hat und ich ihm aber wieder zurückgab.“, offenbarte sie. Jas überraschte nun gar nichts mehr. Auch Claire saß einfach nur da und lauschte Kevins Ausführungen. „Kann… ich mal so ein Amulett sehen?“, wagte es Jas zu fragen. Kevin musste ihm diesen Wunsch abschlagen. „Wie gesagt, ich und Emma haben unsere nicht mehr.“ Jas verstand. „Und dieser Typ von heute? Trägt der eines von den Dingern?“, erkundigte er sich. Kevin schüttelte den Kopf und sprach gleich darauf wieder los. „Nein, obwohl ich mich wirklich Frage woher seine Stärke kommt. Er trug zwar einen Anhänger, doch dabei konnte es sich unmöglich um ein Amulett handeln. Er sagte auch, er wurde von jemandem geschickt. Einem alten Feind von mir. Aber alle die in Frage kommen könnten, sind tot. Deswegen fällt mir niemand mehr ein. Jas, es tut mir so Leid, dass ich dich da reingezogen habe.“, entschuldigte er sich. Jas schüttelte langsam den Kopf. „Nein, nein, es war meine Schuld. Ich bin dir ja nachgelaufen. Und du wusstest nicht, dass der Verrückte auftauchen würde.“, wollte er die Schuld von Kevin nehmen. Jas wusste nicht, ob er das erreicht hatte. „Jas.“, begann Emma nun etwas zu sagen. „Vielleicht gehst du vorerst nach Hause und wir reden morgen noch mal ausführlich darüber.“, schlug sie vor. Für Jas stand fest, dass Kevin mit Emma und seiner Schwester noch mal allein reden wollte. Er besaß zwar noch mindestens Fünfzig Fragen, aber er ließ sich ohne Einwand auf Morgen vertrösten. Er verabschiedete sich bei allen Drein und verschwand. Kevin, Emma und Claire blieben zurück. „Zunächst…“, begann Claire „möchte ich dir etwas geben.“ Erst jetzt kam das Paket zur Sprache, dass sie bereits seit ihrem Zusammentreffen bei sich trug. Es war so, klein dass man es übersehen konnte. Was befand sich darin? Langsam reichte Claire es ihrem Bruder. „Adrian meinte, du könntest es brauchen.“, flüsterte sie fast. Kevin kam sie sehr schüchtern vor, aber das konnte auch nur an der ungewöhnlichen Situation liegen. Kevin enternde behutsam das Papier und enthüllte eine kleine, weiße Schachtel. Mit angehaltenem Atem öffnete er sie und fischte etwas heraus. Emma erschrak für einen Moment. Kevin hielt sein Amulett in den Händen. Das, das er für immer weggeschlossen hatte. „Claire!“, sagte er entsetzt. „Als ich hörte, dass du heute angegriffen wurdest, war ich mir noch sicherer, dass du es brauchen würdest.“, erklärte sie. Kevin sah sein Amulett steif an. „Habe… ich etwas falsch gemacht?“, erkundigte sich seine Schwester sofort. Kevin schüttelte schnell den Kopf. Nein, es ist nur… ich dachte die Zeit des Kämpfens wäre vorbei. Leider habe ich mich geirrt. Aber… dass du auf einmal aufgetaucht bist, ist ein schöner Ausgleich.“, fand er. Claire fühlte sich geschmeichelt. Demonstrativ hing sich Kevin sein altes Amulett um. „Du schläfst heute erstmal hier.“, erklärte Kevin und zeigte auf sein Schlafzimmer. Er wollte es sich auf der Couch gemütlich machen. Da es Claire wie eine peinliche
 

Situation vorkam, nahm sie erstmal einen Schluck aus dem Glas. Emma zog Kevin nun am Ärmel und schleppte ihn in die Küche. Dieser versuchte sie zu beschwichtigen. „Ich weiß, heute ist viel geschehen.“, begann er, doch Emma umarmte ihn einfach nur. Es waren keine Worte nötig, um Emma zu verstehen. Einerseits freute sie sich für Kevin, obwohl sie noch nicht wusste, wie sie Claire einschätzen sollte. Anderseits war ein neuer Feind aufgetaucht, und Emma begann sich wieder zu sorgen. „Ich bleibe heute Nacht auch hier.“, stand für das Mädchen fest. Kevin schüttelte energisch den Kopf. „Unsinn. Ich hätte ja gar keinen Platz mehr für dich hier. Außerdem möchte ich Claire nicht gleich zuviel zumuten.“, fand er seine Idee für die Beste. Emma war anderer Meinung. „Aber wir haben uns noch gar nicht richtig kennen gelernt. Und schließlich ist sie deine Schwester.“ Kevin wusste das alles. „Du hast morgen genug Zeit um mit ihr zu reden. Sie sollte sich erst an diese Situation gewöhnen.“ Emma gab sich geschlagen und verabschiedete sich dann zuerst von Kevin und dann von Claire. Die beiden Mädchen sahen sich nur kurz an, doch Emma sah etwas in Claires Blick, was sie berunuhigte. Sie konnte nicht genau sagen was, aber ein seltsames Gefühl beschlich sie. Sie tat es allerdings damit ab, dass sie erschöpft und leicht aufgedreht war. Sie wünschte noch eine Gute Nacht und schloss dann die Tür hinter sich. Kevin und Claire standen sich noch einige Augenblicke gegenüber, bis Kevin sie einlud, ihm zu folgen. Er wollte ihr zeigen, wo sie heute schlief.
 

Er und Sie
 

Emma hatte sich einige Schritte vom Haus enternd, als sie plötzlich ein Flüstern hörte. Erschrocken zuckte sie zusammen. Jemand hatte ihren Namen gerufen. Es war dunkel, und auch die Straßenlaternen waren bereits aus, da die Stadt Strom sparen wollte. Unter einem Baum sah sie eine graue Gestalt stehen. Sie kam näher, und Emma atmete erleichtert auf, als sie in ihr Jas erkannte. „Was tust du hier? Man lauert nachts keinen Mädchen auf.“, redete sie auf ihn ein. Normalerweise hätte Jas nun einen Spruch losgelassen, doch Kevins Erzählungen schienen ihn ziemlich gebeutelt zu haben. „Sorry, ich dachte nur… Kevin hat jetzt seine Version erzählt und ich dachte…“, setzte er an. „Es gibt nur eine Version.“, funkte ihm Emma dazwischen. Jas nickte und beschwichtigte sie schnell. Schon klar, aber er hatte sicher ein paar Dinge ausgelassen, mit denen er mich nicht belasten wollte. Deswegen dachte ich…“ „Es ist schon spät, ich geh jetzt nach Hause, und das solltest du auch tun. Wenn du noch Fragen an Kevin hast, kannst du ihn diese gerne morgen stellen.“, verabschiedete sich Emma schroff. Jas blieb allein zurück und blicke nochmals zu Kevins Apartment. Dann beschloss auch er nach Hause zu marschieren und eine Nacht darüber zu schlafen. Morgen würde alles ganz anders aussehen.
 

„Es dauert nicht mehr lange mein Schatz.“, säuselte die junge Frau zurück. Ihr Mann, der den Wagen steuerte blickte auf den Rückspiegel und musterte seinen Sohn. Er schien seiner Mutter gar nicht zuzuhören, sondern sich lieber mit seinem Game Boy zu beschäftigen. Es war einer der allerersten seiner Art. Weiß, unhandlich und größer und dicker als seine heutigen Nachfolger. Damals waren die Menschen in Scharren in die Läden gestürmt, um sich eines dieser neuen Wunderdinger zu holen. Bryan Vater war anfangs dagegen, da er wollte, dass sein Sohn lieber Fußball spielte, oder zumindest einen anderen Sport ausübte. Doch Bryan hatte zuerst seine Mutter bezirzt und diese schlussendlich ihn. Da Bryan der Zufall zu gute kam, und er in zwei Wochen Geburtstag feierte, hatte sein Vater schließlich geseufzt und aufgegeben. An seinem Geburtstag packte Bryan sein Geschenk aus und freute sich riesig. Er bedankte sich schnell und verschwand in der Abstellkammer unter der Kellertreppe, die er zu einem Geheimversteck umgerüstet hatte. Bryan war vor kurzem in die Schule gekommen und seine Eltern sorgten sich, er könne sich mehr für seine Spiele als für das Wichtige interessieren. Aber obwohl Bryan in der früh aufstand, frühstückte, vormittags die Schule besuchte, danach brav zu Mittag aß, und sich erst dann
 

in einen Game Boy vertiefte, hatte sein Vater seine Zweifel. Deswegen beschloss er kurzerhand die Einladung eines seiner Arbeitskollegen anzunehmen und mit seiner Frau und seinem Sohn zu dessen Grillparty zu gehen. Bryan spielte wie oft zuvor auf seinem Game Boy, als sein Vater ihm die freudige Nachricht erzählte. Bryan gab sich wenig begeistert und flüchtete sich wieder in sein Spiel. Er wusste, dass es nichts half zu widersprechen, also akzeptierte er es einfach. Sein Vater nahm seine Hand und fuhr dem Sohn über den Kopf. „Mein Kollege hat ja auch Kinder. Zwei Töchter. Eine ist schon ein Teenager, aber die andere ist zirka in deinem Alter. Du wirst sehen, ihr werdet euch prima verstehen, und bald seid ihr Freunde.“, munterte er Bryan auf. Dieser konnte gut darauf verzichten. In Wirklichkeit würde er nur dumm herumstehen und von seinem Vater herumgezeigt werden. Noch schlimmer könnte es kommen, wenn er gezwungen war mit diesem nervigen Mädchen zu plaudern. Bryan hatte das Spiel, das in seinem Game Boy steckte bereits zweimal beendet, wusste aber nichts besseres, als es ein drittes Mal zu versuchen. Sein Vater hatte abgelehnt ihm ein neues zu kaufen, doch wenn er auf seine langweilige Party mitgehen würde, ließ er sich bestimmt erweichen. Und so zwängte sich Bryan am Wochenende auf die Rückbank und schaltete seinen Handhelden ein. Die Fahrt dauerte zirka 45 Minuten und Bryan beendete sein Spiel und stieg aus. Aber ein strenger Blick seines Vaters verriet, ihm dass er den Game Boy nicht mitnehmen sollte. Bryan seufzte und legte ihn auf die Rückbank. Das Haus des Gastgebers ähnelte zum Teil dem von Bryan und seinen Eltern. Ein typisches ‚Mittelschichthaus’ also. Bryans Vater hatte wohl ziemliches Glück gehabt, denn der gesamte Gehsteig war vollgeparkt. Es schienen also viele Gäste auf der Feier zu sein. Der Junge gab die Hoffnung nicht auf, dass sich der Sohn von Jemand ebenfalls für Videospiele interessierte. Als die Familie die Party betrat schwand seine Hoffnung. Mindestens Zwanzig Leute schlenderten kreuz und quer durch den Raum. Tische, Stühle und andere Utensilien waren an die Wand geschoben worden. Auf den ersten Blick erkannte Bryan keine anderen Jungs. Seine Eltern waren wohl die einzigen, die auf die Idee kamen ihn mitzuschleifen. Der Junge verzog die Lippen und folgte seinen Eltern einfach überall hin. Wenn man ihn jemandem vorstellte, brachte er sofort ein braves Lächeln auf. Er wollte etwas vom Buffet nehmen, doch sein Vater meinte es wäre noch nicht an der Zeit. Bryan fand das unlogisch. Dann lernte er den Gastgeber kennen. Er war kaum älter als seine Eltern und hatte sich für diesen Anlass schick gekleidet. „Und du bist dann wohl der kleine Bryan! Dein Papa hat mir schon viel von dir erzählt. Weiß du, er hat sogar ein Bild von dir auf seinem Schreibtisch stehen.“, verriet er, doch dem Jungen war das bekannt. Er hatte seinen Vater bereits zweimal auf der Arbeit besucht. Dann klatschte der Gastgeber plötzlich. „Mein Gott, bin

ich unhöfflich, ich habe euch Carol ja noch gar nicht vorgestellt.“, hatte er ein entsetztes Gesicht aufgesetzt. „Lauren ist leider auf einem Klassenausflug, weswegen ich die Bekanntmachung verschieben muss, aber Carol ist ein reizendes, kleines Wesen, sie spielt gerade im Garten.“, erklärte er und schob die Terrassentür beiseite. Dahinter erblickte Bryan einen, schönen grünen Garten, der sich von den übrigen Großstadtgärten abhob. Bryan hielt nach dieser Carol aussah, entdeckte jedoch nur ein Gemüsebeet. Der Gastgeber führte die Familie in den Garten und dann links um die Ecke. Diesen teil konnte man von der Einfahrt aus nicht einsehen, vielleicht weil er nicht so gepflegt wie der Rest aussah. Bryan entdeckte eine Rutsche, einen Sandkasten und eine Schaukel. Auf der Schaukel erkannte er schließlich das Mädchen mit dem Namen Carol. Ruhig und leise singend vergnügte es sich. „Die hats gut, die muss nicht da drinnen hocken. Aber diese Schaukelei erscheint mir auch langweilig. Von Videospielen hat sie bestimmt noch nichts gehört.“, versuchte Bryan sie einzuschätzen. Seine Mutter drängte ihn vorwärts, so dass Carol die Neuankömmlinge begutachten konnte. Ihr erster Blick fiel auf Bryan. Dem Jungen war es unangenehm. „Das ist meine Tochter Carol!“, stellte sie ihr Vater stolz vor. Bryans Mutter säuselte ein „Hallo meine Kleine“, doch diese sah ihr nicht in Augen. Ihr Blick hatte sich in Bryans verankert. Dieser schluckte. Was sollte das? Für ihn stand bereits vorher fest, dass er sie nicht mochte, aber jetzt wusste er, dass er sie nicht ausstehen konnte. War er so interessant für sie? Schließlich wendete sie ihren Blick doch und schaukelte vergnügt weiter. „Carl, Amy, ich möchte euch beiden noch jemanden vorstellen. Lasst Bryan doch einfach bei Carol.“, schlug er vor. Amy war sich unsicher. „Aber…“, begann sie, doch der Gastgeber hob demonstrativ seine Hände. „Keine Angst, hier kann den beiden nichts passieren. Alle Geräte sind kinderfreundlich, außerdem sieht meine Frau alle fünf Minuten nach den beiden.“, beruhigte er sie. Damit gab sich Amy zufrieden. Sie drückte Bryan noch einen Kuss auf die Wange und der wich zurück. Er blickte schnell zu Carol, sie ihn wieder ansah. Der Kuss war ihm peinlich gewesen. Aber warum? Was Carol dachte konnte ihm doch schließlich egal sein, oder? Als die Erwachsenen zurück ins Haus verschwunden waren, deutete Carol stumm, auf den zweiten Bügel der Schaukel. Anscheinend wollte sie, dass Bryan ihr Gesellschaft leistete. Doch dieser presste die Lippen zusammen und sah weg. Er wäre der Letzte, der sich etwas von einem Mädchen sagen lassen würde. Sein Blick fiel auf die Terrassentür, und er hoffte inständig seine Eltern würden ihn bald befreien. Kurz darauf verspürte er eine gewisse Neugier. Er drehte sich um, doch Carol war verschwunden. Verdutzt musterte er die Schaukel. Wohin war sie auf einmal verschwunden? Dann tippte jemand an seiner Schulter. Erschrocken wendete sich Bryan und sah in Carols Augen. Diesmal erschien ein Lächeln

in ihrem Gesicht, als sie ihn ansah. Bryan konnte seinen Blick nicht mehr abwenden. Was war das? Hatte sie ihn verhext? Plötzlich ergriff sie Bryans Hand und zerrte ihn mit. Ihr Ziel war die Schaukel. Diesmal bestand das kleine Mädchen darauf, dass ihr neuer Freund mitschaukelte. Bryan gab sich geschlagen und wippte neben ihr auf und ab. Der Junge musste zugeben, dass er gefallen daran fand. „Ich bin Carol.“, stellte sich das Mädchen nun vor und reichte ihm die Hand. Dieses Ritual hatte sie sich wohl von ihren Eltern abgeguckt. Bryan hörte nun zum ersten Mal ihre Stimme. Sie klang überhaupt nicht zittrig oder schüchtern, wie er es sonst von Mädchen kannte, sondern eher klar und selbstbewusst. Sie schien sich zu freuen, einen neuen Spielgefährden gefunden zu haben. „Sag mal…. Magst du Videospiele?“, fragte er nun tapfer. Carol sah ihn weiter nur an und antwortete nichts. Das regte Bryan auf. „Ich hab dich was gefragt!“, sagte er nun etwas lautert. „Die sind dumm.“, antwortete Carol nun prompt. Diese Antwort hatte Bryan überrascht und empört. Von seinen Klassenkameraden hatte er erfahren, dass Mädchen zu dumm für so was waren und nur mit Puppen spielen konnten. Carol aber war ihm anders erschienen. Es traf ihn sehr, als er sich in ihr täuschte. Carols Mutter wagte einen Blick und überprüfte ob auch alles in Ordnung war. Dann zog sie sich wieder zurück. „Sie hat gesagt, sie sieht alle 5 Minuten nach uns.“, sprach Carol auf einmal. Bryan erinnerte sich daran, wusste jedoch nicht warum Carol es erwähnte. Plötzlich schwang sie sich von ihrer Schaukel und riss Bryan mit sich. Der Junge reagierte gerade noch rechtzeitig, um nicht vom Bügel zu fallen und sich zu verletzen. Was hatte diese Carol vor? Sie schleppte ihn in Richtung Sandkasten. Bryan dachte daran sich loszureißen, aber aus irgendeinem Grund konnte er Carols Hand nicht loslassen. Im Sandkasten überlebte Bryan eine Überraschung. Er war mit dem Fuß steckengeblieben. Carol wischte etwas Sand weg, und Bryan staunte, als er darunter ein großes Loch entdeckte. „Mein Versteck. Hat Bodo gegraben. Mama und Papa wissen nichts davon.“, erklärte sie. Bryan spekulierte, dass es sich bei Bodo um den Hund der Familie handeln musste. Er erinnerte sich an sein Geheimversteck unterhalb der Treppe, und wollte Carol davon erzählen. Doch diese sprang einfach hinunter. Das Loch war groß genug, und so riss sie auch Bryan mit sich. Für Carol allein war es ein prima Versteck, doch zu zweit wurde es doch etwas eng. Für Bryan stand fest, dass Carol sich vor ihrer Mutter verstecken wollte. Bryan hatte da mehr Bedenken. Seine Eltern würden sich wieder furchtbar aufregen und er konnte seine neue Kassette vergessen. Carol war nicht nur nervig, sondern auch gefährlich. Dann hörten die beiden das Schreien von Carols Mutter. Diese durchkämmte den gesamten Garten, dann rief sie nach ihrem Mann. Auch Bryans Eltern kamen hinterher. Carl rannte sofort zum Zaun und musterte erschrocken die Straße. Bryan wollte sie rufen, doch Carol presste ihre Hand

auf seinen Mund. Er riss sie weg, zögerte aber mit dem Schreien. Carol schien ihn angesteckt zu haben. Irgendwie war es aufregend. Er kam sich vor, als wäre er selbst der Held in einem seiner Spiele. Nach Zehn Minuten war aber auch Carol überzeugt, dass es genug war. Sie kletterte aus dem Loch und trat Bryan dabei auf den Fuß. Als das Mädchen draußen war, wagte sich auch der Junge ins Freie. Sofort erblickte er seine Eltern und diese ihn. Sie waren gleichzeitig erleichtert aber auch wütend. Carl wechselte ein paar Worte mit seinem Kollegen, unter anderem …Danke… war nett…. Weißt ja wie Kinder so sind… es ist spät, wir sehen uns dann Montag. Er deutete Bryan er solle herkommen, doch als dieser zögerte, wurde Carl sauer und holte ihn persönlich. Er dachte daran ihn an den Ohren zu ziehen, erinnerte sich aber, dass er auf Besuch bei einem Freund war. Auch Carol wurde von ihrem Vater scharf angesehen. Sie merkte, dass er enttäuscht von ihr war und sah zu Boden. Bryan sah Carol nach. Diese würdigste ihn aber keines Blickes. War sie wütend auf ihn? Unsinn! Sie hatte doch den Zirkus veranstaltet. Trotzdem stimmte es Bryan traurig, dass er das Mädchen vielleicht nie wieder sah. Seine Familie verabschiedete sich und trat den Heimweg an. Wie sauer seine Eltern waren, bemerkte Bryan erst, als sie die ganze Heimfahrt über nicht mit ihm redeten. So verhielten sie sich auch untereinander. Zu Hause gab es die Reste vom Vortag. Seine Mutter schickte Bryan auf sein Zimmer und schaltete seinen Game Boy ein. Diesmal spielte er schlechter als sonst. Er schaffte es nicht über das Zweite Level hinaus zu kommen. Er legte das Spielzeug weg und starte die Decke seines Zimmers an. Er hatte seinen Eltern Angst eingejagt und das wollte er nicht. Aber eigentlich war Carol an allem Schuld. Trotzdem wollte er sie aus irgendeinem Grund wieder sehen. Dann klopfte es an der Tür und sein Vater trat herein. Das war das erste Mal, dass er sich vorher angemeldet hatte. „Bryan...“, rang er nach Worten. „Das… ist alles dumm gelaufen. Du und Carol seid noch Kinder und hab nur verstecken gespielt. Es ist unfair euch dafür zu bestrafen. Aber wir sind deine Eltern und machen uns sorgen!“, versuchte er so zu reden, dass sein Sohn alles verstand. Das gelang dem Jungen mit Leichtigkeit. „Was hältst du davon, wenn ich dir als Entschuldigung dieses Spiel kaufe, das du dir unbedingt wünscht?“, lautete Carls Vorschlag. Bryan wollte ja sagen, doch etwas hielt ihn zurück. „Also?“, hakte Carl nach. Bryan wartete etwas, bis er antwortete. Du Paps? Darf ich mir stattdessen vielleicht etwas anderes wünschen?“, bat er. Carl sah ihn verwundert an. „Natürlich, falls es in meiner Preisklasse liegt. Was wünscht du dir?“, wollte er nun endlich erfahren. „Ich…“, stotterte Bryan. „Ich würde gerne Carol wieder sehen.“
 


 

„Hast du zufällig eine Zahnbürste für mich übrig?“, fragte Claire unschuldig.

Kevin überlegte kurz, musste aber verneinen. „Auf der Ablage über dem Waschbecken liegen zwar zwei Zahnbürsten, aber wem die zweite gehört möchte ich lieber nicht aussprechen.“ Claire musste zugeben, dass sie sich nicht auf einen längeren Aufenthalt eingestellt hatte und improvisieren musste. „Ich hole dir eine Zahnbürste und ein paar andere Sachen vom Laden, der gleich gegenüber steht.“, bot Kevin an. Claire fand das eine gute Idee, und wollte selbst gehen, doch Kevin hielt nichts davon. „Du bist mein Gast, außerdem kennst du dich in der Gegend noch nicht so gut aus. Das geht schon klar.“ Er zog sich eine Jacke an und lief die paar Meter zum Supermarkt. Claire hatte sich die Wohnung ihres Bruder genau angesehen, bis auf sein Zimmer. Sie wagte es einen Blick hineinzuwerfen und es zu durchkämmen. Nirgendwo entdeckte sie Kevins Amulett. Er hatte es also mitgenommen. Claire überlegte, was das bedeuten konnte. Ob er sie hasste, weil sie ihm diesen Gegenstand zurückgebracht hatte?
 

Kevin wurde länger aufgehalten, als geplant. Eine Kassa war ausgefallen und vor der zweiten hatte sich eine Schlange gebildet. Es dauerte zehn Minuten, bis er wieder aus dem Gebäude trat. Die paar Schritte zurück zu seiner Wohnung würde er jedoch in weniger als einer schaffen. Locker und noch etwas müde wechselte er die Straßenseite und näherte sich Schritt für Schreit seiner Wohnung. Dann erstarrten seine Beine plötzlich. Er war noch zirka zwanzig Meter enternd und erblickte die alte Eiche, die sich zwischen der Straße und den Parkplatz schob. Darunter schien es sich jemand gemütlich gemacht zu haben. Kevin musste ihn schon genau mustern, um in ihm Bryan wiederzuerkennen. Seine Hand ballte sich zu einer Faust. Er war also zurückgekommen. Der Junge, der sich ihm gegenüber als Feind offenbart hatte und davon sprach, dass er einen Auftraggeber hatte. Bryan schien zu schlafen, oder zumindest tat er so. Wollte er einen auf cool machen, oder Kevin nur verunsichern? Sein Gegner hatte tatsächlich herausgefunden wo er wohnte. Plötzlich zuckte es durch Kevins Körper. War er inzwischen schon im Haus? Hatte er ihn nicht angetroffen und dafür Claire verletzt? Geschockt ließ er seine Einkäufe fallen und wollte lossprinten. „Es geht ihr gut.“, beeilte sich Bryan zu sagen. Er war also wach und hatte nur darauf gewartet wie Kevin reagieren würde. Dieser glaubte Bryan jedoch kein Wort. Wenn er von Claire wusste, dann nur weil er ihr begegnet war. „Nettes Mädchen. Und das andere mit den brünetten Haaren ist auch nicht zu verachten. Du hast echt Schwein.“, grinste Bryan ihn an. Das war zuviel. Er hatte Kevin eindeutig beschattet und Informationen gesammelt. Er wusste von Emma und bedrohte sie indirekt. Kevin würde jedoch nicht zulassen, dass seiner Schwester oder seinen Freunden etwas geschah. Claire hatte ihm sein Amulett gebracht und

Kevin war bereits wieder zu kämpfen. Aber würde es diesmal das letzte Mal werden? Kevin dachte schon so oft es hätte ein Ende. Bryan erhob sich nun langsam und schritt auf seinen Gegner zu. „Heute scheinst du dein Amulett nicht vergessen zu haben.“, hatte er Kevins Geheimwaffe entdeckt. „Das ist deine letzte Chance zu erzählen wer du bist, oder wer dich schickt. Und vor allem was das alles soll.“ Schrie ihn Kevin an. Bryan blieb die Ruhe in Person. „Unnötig. Das erste Mal wurde mir aufgetragen dich zu testen. Aber anscheinend hast du versagt. Heute habe ich den Auftrag dich zu töten.“, offenbarte er sein Vorhaben. Kevin zeigte sich wenig beeindruckt. Ihm war egal ob jemand um die Ecke bog, die beiden sah, oder gar in das Kampfgeschehen verstrickt wurde. Die Auseinandersetzung würde nämlich nicht lange dauern. Er hatte Bryans Kampfstil und seine Fähigkeiten und Fertigkeiten einstudiert. Er wusste, dass er ihm mit Hilfe seines Amuletts überlegen war. Bryan wusste das offensichtlich nicht. Er hielt Kevin noch für denselben Schwächling. Ohne Vorwarnung rannte Bryan los und streckte seine Hand nach vorne. Er setzte offenbar dieselbe Technik wie am Vortag ein. Er war Kevin gefährlich nahe, doch dieser rührte sich nicht. Bryan stach zu, traf aber nur Luft. Kevin war verschwunden. Zuerst war Bryan irritiert, dann aber erschrocken. Hinter sich hörte er ein Auftreten. Blitzschnell wendete er sich um 180 Grad und stand Kevin abermals gegenüber. Bryan versuchte sich schnell wieder zu fassen. „Teleportation, ich gebe zu damit habe ich nicht gerechnet. Schade, das du bei unserem Test nicht ernsthaft gekämpft hast.“, sprach er überlegen und starrte in Kevins ausdruckslosen Augen. Diese bildeten sich immer, wenn er kämpfte. Bryan setzte dieselbe Taktik nochmals ein und Kevin hob seinen Arm. Er konzentrierte sich auf sein Amulett und Bryans Hand stieß auf sein Schild. Bryan konnte es nicht durchschlagen. Als nächstes fuhr eine Klinge aus dem Inneren des Schilds und kollidierte mit Bryans Hand. Es knirschte. Sie schien tatsächlich aus Eisen zu bestehen. Aber konnte Bryan so etwas ohne Amulett zustande bringen? Von wem oder was bezog er seine Kraft? Blitzschnell teleportierte Kevin sich wieder und stand abermals hinter Bryan. Er ging in die Hocke und trat nach dessen Beine. Überrascht schrie er schmerzend auf und ging zu Boden. Sofort wollte er sich wieder aufrappeln, doch Kevin ließ ihn nicht. Seine Klinge verformte sich und wuchs auf Schwertgröße. Sie schwankte direkt über Bryans Hals. Dieser schluckte. Würde er jetzt und auf diese Weise sterben? Er hatte Kevin unterschätzt und würde den Preis dafür zahlen. „Du triffst die Entscheidung, ob hier stirbst oder weiter lebst. Ich würde dich am liebsten auf der Stelle fertig machen, aber ich will wissen wer dich schickt. Sag es mir und du darfst gehen.“, bot ihm Kevin an. Bryan überlegte fieberhaft, aber erst als sich Kevins Klinge langsam senkte, begann er zu reden. „Ich sage dir nicht, für wen ich arbeite. Aber ich verrate dir etwas

anderes. Ich weiß von deiner Freundin, weil einer meiner Freunde gerade bei ihr ist.“ Kevin Herzschlag verdreifachte sich und er wurde kreidebleich. Bryan hatte also doch noch einen Trumpf im Ärmel. „Wenn er Emma etwas antut…“, begann Kevin, doch Bryan unterbrach ihn. „Wenn ich mich melde, wird er der kleinen nichts tun.“, bot er an. Kevin hatte keine andere Wahl als die Klinge hochzuziehen und sie verschwinden zu lassen. Bryan half sich sofort auf die Beine. „Ruf ihn an!“, forderte Kevin. Bryan griff sich in die Jackentasche, doch das sollte sich als Ablenkungsmanöver herausstellen. Bryan konzentrierte sich auf seine Beine und sprang mit einer beachtlichen Geschwindigkeit auf den alten Baum. Von dort aus suchte er das Weite. Erst jetzt erkannte Kevin, dass es ein Bluff war, und Bryan allein arbeitete. Er verfluchte sich, da er immer noch nicht wusste was Sache war. Zur Sicherheit nahm er sein Handy heraus und rief Emma an. Diese meldete sich mit ruhiger Stimme. Ihr war also nichts zugestoßen. Kevin atmete auf. Von dem Angriff er zählte er seiner Freundin natürlich nichts. Sie hätte sich nur unnötig aufgeregt. Die beiden redeten noch eine Weile über Claire, bis Kevin schließlich auflegte. Er sammelte seine Einkäufe ein und betrat seine Wohnung. Claire stand am Fenster und blickte ihren Bruder schwach an. Sie hatte den Kampf also mitangesehen. „Er sagte er wäre ein Freund von dir.“, verriet sie. Kevin nickte schwach. „Es ist alles o.k. Der Typ hatte nichtmal eine Chance gegen mich.“, tat er die Sache ab. Dann überreichte er Claire demonstrativ eine Zahnbürste. Diese nahm sie zögernd entgegen. Kevin konnte sich vorstellen, dass sie zuerst Zweifel haben musste, ob seine Geschichte der Wahrheit entsprach. Sie klang freilich verrückt, stimmte jedoch 100 Prozentig. Leider hatte sie noch lange kein Ende gefunden. Sie ging weiter.
 

„Ich habe versagt.“, gestand Bryan seinem ‚Schöpfer’ demütig, Doch weder beschimpfte er ihn noch, machte er ihm Vorwürfe. „Gut gemacht, ich kann mich eben auf dich verlassen.“, lobte er Bryan. Diesem stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. „Du solltest gar nicht gewinnen. In Wirklichkeit hättest du so oder so keine Chance gegen einen Krieger wie ihn gehabt. Es war lediglich ein weiterer Test.“, gestand sein ‚Schöpfer’. Bryan war empört. Er hatte sein Leben für nichts aufs Spiel gesetzt. Jedoch wagte er es nicht, seinem ‚Schöpfer’ Vorwürfe zu machen. „Hat er noch etwas gesagt?“, erkundigte er sich. Bryan überlegte kurz. „Er war darauf versessen zu wissen, wer Ihr seit.“, antwortete er. Sein ‚Schöpfer’ schmunzelte. „Dann tun wir ihm doch den Gefallen. Nun zu deinem nächsten Auftrag.“, begann der, doch Bryan unterbrach ihn. „Wo ist Carol?“, wollte erfahren. Seinem ‚Schöpfer’ schien es gar nicht zu passen, dass Bryan so wenig Respekt vor ihm hatte. „Sie erledigt ihre Aufgabe, und du deine. Du kannst sie später sehen.“,

erklärte er. Bryan wollte einen Einwand erheben, doch sein Gegenüber sprach einfach weiter. „Es wird Zeit, dass Kevin erfährt wer ich bin. Er wird angenehm überrascht sein. Ich war es ja auch als ich hörte, dass er noch am Leben sei.
 

Das Dorf in dem Bryan und Carol lebten besaß nur eine Grundschule. Kein Wunder also, dass sie sich nicht früher begegnet waren. In den folgenden Jahren besuchte Bryan Carol und Carol Bryan an jedem Wochenende. Bryans Klassenkameraden zogen ihn auf, dass er mit einem Mädchen spielte, doch dieser ignorierte es einfach. Carol kannte Spiele, dir ihm neu waren. Außerdem war es aufregend mit ihr was zu unternehmen. Sie besaß die verrücktesten Ideen. In der Junior High School konnten die zwei noch mehr Zeit miteinander verbringen. Sie kamen zwar nicht in dieselbe Klasse, trafen sich aber immer in den Pausen und saßen auch im Bus nebeneinander. Manchmal gingen sie auch gemeinsam nach Hause, wenn sie diesen verpasst hatten. Das war oftmals Bryans Schuld, da sich an dessen Verträumtheit wenig verändert hatte. Die beiden besuchten zirka 2 Jahre die Schule, als Carol eine neue Klassenkameraden bekam. Ihre Freundinnen meinte, sie sehe sehr hübsch aus, doch Carol konnte dazu nichts sagen. Die Neue hieß Kelly, hatte langes, blondes Haar und trug Markenklamotten. Carol kam sie eher langweilig und spießig vor. Das bestätigte sich, als Kelly sich der Klasse vorstellte. Ihre Hobbys waren reiten, tanzen und lernen. Carols Hobbys hingegen hoben sich davon ab. Beispiele dafür waren Männersportarten, Wanderungen und Abenteuerurlaube. In die Disko ging sie nur, wenn sie ihre

Freundinnen mitschleppten. Sie war also das genaue Gegenteil Kellys. Trotzdem nahmen Carol und ihre Freundinnen sich Kelly an. Am selben Tag folgte ein Rundgang im Schulgebäude und eine genaue ‚Jungs-Untersuchung’. Kelly erzählte die wildesten Geschichten aus ihrer Schule. Carol konnte dabei nur gähnen. Dann tauchte Bryan als Retter in der Stunde auf. Carol setzte sich von der Gruppe ab und erzählte ihrem Freund von Kelly, und dass sie sie nicht besonders leiden konnte. Bryan sah sie an, konnte sie aber nicht einschätzen. Er hatte ja noch nicht mal mit ihr gesprochen. Trotzdem vertraute er auf Carols Menschenkenntnis. Als Bryan Kelly ansah, kreuzten sich ihre Blicke. Bryan machte Carol auf den Bus aufmerksam, der bald abfuhr. Doch diese ließ nur den Kopf hängen. Ihre Freundinnen hatten Kelly nämlich versprochen ihr die angesagtesten Clubs und Läden zu zeigen. Carol wagte es nicht sich zu drücken. Sie verabschiedete sich von Bryan und schlenderte zu der Gruppe zurück. „Wer war das?“, wollte Kelly sofort wissen. Carol überraschte es, dass sie sich für Bryan interessierte. Eine ihrer Freundinnen beantwortete ihr die Frage. „Ihr bester Freund.“, meinte sie grinsend. „Ihr ‚Bester’?“, hakte Kelly nach. Bevor

noch Gerüchte aufkamen, beschloss Carol selbst einzuschreiten. „Ja, er ist ein Kumpel, ist deine Frage damit beantwortet?“, fuhr sie Kelly an. Dann zögerte sie. Damit hatte sie Kelly das erste Mal indirekt verraten, dass sie sie nicht mochte. Diese schien es bemerkt zu haben. Der restliche Tag verlief, wie Carol es Bryan angekündigt hatte. Am nächsten Tag, als sie den Flur entlang ging, entdeckte sie plötzlich wie Bryan mit Kelly redete. Was sollte das? Was hatten die beiden zu besprechen? Außerdem hatte sie Bryan offenbart, dass sie Kelly nicht mochte. Ein Freund hätte Abstand gehalten. Aber Bryan tat sogar das Gegenteil. Er schien sich prächtig mit Kelly zu verstehen. Carol stieß zu den beiden und Bryan verriet ihr, dass Kelly auf dasselbe Car-Race-Spiel stand wie er. Sie hatten sich für heute in der Spielhalle verabredet. Carol kochte innerlich. Niemals interessierte sich Kelly für Videospiele, sie wollte sich lediglich an Bryan ranmachen. Carol wusste nicht, ob Bryan das bemerkte oder sogar wollte. Vielleicht war er auch einfach zu naiv. Carol tippte auf zweiteres. Sie wäre Bryan oft ebenfalls gern nah gewesen, wollte aber nichts von dessen Hobby wissen. Und Bryan war ohnehin zu verträumt, um zu merken, was Carol fühlte. Als Bryan in seine Klasse verschwunden war, sah Kelly unschuldig zu Carol. „Alles ok?“, fragte sie höfflich. Diese versuchte ruhig zu bleiben. „Klar. Du interessierst dich für Bryan?“ Kelly nickte grinsend. „Er hat so was an sich.“, meinte sie. Carol musste lachen. „Ja, er ist naiv, verträumt und checkt nicht was um ihn herum passiert.“, erwiderte sie. Kelly musterte sie. „Ich dachte ihr werd nur Freunde?“, hakte sie nach. Carol schluckte. „Ja, das hab ich gesagt.“, antwortete sie. „Warum bist du dann eifersüchtig?“, wollte sie Carol aus der Reserve locken. Dieser hatte es die Sprache verschlagen. „Wie kommst du darauf?“ Kelly knetete ihre Fingerspitzen. „Hör mal… wir hatten keinen guten Start. Ich hab gestern gemerkt, dass du mich nicht leiden kannst und das ist ok.“, sagte sie ganz offen. Das überraschte Carol nun. „Ich… also...“, stotterte sie. „Wir werden noch eine ganze Weile in dieselbe Klasse gehen. Ich schlage vor wir versuchen wenigstens freundschaftlich miteinander umzugehen.“, schlug sie vor. Mit so einer Aufrichtigkeit hatte sie Carol nicht eingeschätzt. „Ich will es versuchen.“, erwiderte sie. Kelly lächelte. „Gut, ich mache den Anfang und lasse Bryan in Ruhe.“, sagte sie. „Äh.“, brachte Carol nur heraus. „Ich hab auch schon eine Idee, wie ich euch verkuppeln kann. Du gehst einfach statt mir in die Spielhalle.“, sprach Kelly ihre Idee aus. Carol glaubte sich verhört zu haben und stritt ab, etwas von Bryan zu wollen. Doch Kelly schien in das Innere ihrer Mitmenschen sehen zu können. „Naja überlege es dir. Ich glaube Bryan würde sich freuen.“, entgegnete sie und ging dann einfach an Carol vorbei. Erst tat sie diesen Gedanken ab, ging dann aber doch zu dem Treffen. Bryan war überrascht sie anstelle von Kelly zu sehen. Carol erzählte, Kelly habe es sich überlegt und sie stattdessen hergeschickt. In den nächsten Wochen leistete Carol Bryan bei seinen Hobbys weiterhin Gesellschaft. Bald gingen die beiden auch ins Kino und Carol schleppte ihn zum Einkaufen mit, wovor sich Bryan früher immer verweigerte. Bald unternahmen die beiden solche Sachen miteinander, die sonst ein Paar tat.
 

Das Revival Projekt
 

Kevin hatte sich nicht wohl dabei Gefühlt zur Uni zu gehen und Claire allein in seiner Wohnung zurückzulassen. Als er am späten Nachmittag seine Haustür aufschloss stutzte er. Er hatte sich nicht getäuscht. In seinem Postfach befand sich ein Brief. Kevin war zwar manchmal vergesslich, aber er wusste genau, dass er ihn heute bereits geleert hatte. Vorsichtig nahm er in heraus uns musterte ihn. Wie er es sich gedacht hatte. Keine Briefmarke. Er war also nicht zugestellt worden. Kevin betrat erstmal seine Wohnung und sah sich um. Claire war nicht da. Sofort begann er sich wieder zu sorgen, aber auf dem Küchentisch lag ein Zettel, in dem sich Claire entschuldigte. Kevin gab sich zufrieden und riss den Brief auf. Die Schrift war sehr unleserlich und schnell hingefetzt worden. „Hi Hapi, Kevin, oder wie auch immer. Entschuldige die schlechte Schrift, ich hab mir nicht viel Mühe gegeben. Jedenfalls erfülle ich dir deinen Wunsch doch noch. Mein Auftraggeber will dich sehen. Der Treffpunkt ist ein altes Lagerhaus am Rande der Stadt. Adresse steht auf der Hinterseite. Man sieht sich.“ Kevin hatte nicht erwartet wieder etwas von Bryan zu hören. Und schon gar nicht schriftlich. Aber das Treffen würde ihm endlich Klarheit verschaffen, wer ihn da aus dem Weg haben wollte. Natürlich erzählte er keinem davon und wollte zur Tür hinaus. Er schlug seine Haustür auf und taumelte überrascht zurück. Draußen stand jemand und wollte gerade klopfen. „Oh, hey Mann. Lange nicht gesehen.“, begrüßte ihn Connor locker. Mit ihm hatte Kevin am allerwenigsten gerechnet. „Warum bist du hier?“, fragte er cool. Connor schien zu überlegen, was er antworten sollte. „Dumme Frage! Ich hörte du wurdest angegriffen, also bin ich sofort gekommen.“, erklärte er. „Emma?“, hakte Kevin gelassen nach. Connor musste lachen. „Nimm es ihr nicht übel. Wenn ich so jemanden wie sie hätte, die sich um mich sorgt wäre ich saufroh.“, verriet er. Kevin schob sich an Connor vorbei. „Erklär mir wenigstens was abgeht!“, verlangte dieser. Kevin dachte nach. „Vergiss es, es geht dich nichts an.“, wollte er seinen früheren Kampfgefährden schützen. Connor sah das anders. „Ach komm! Du wurdest angegriffen. Logisch, dass ich dir als Freund helfen will.“, behaarte er. Kevin drehte sich zu ihm um. „Sind wir denn Freunde?“, wollte er wissen. „Natürlich.“, beeilte sich Connor zu sagen. „Hör mal, du brauchst meine Hilfe, auch wenn du dir das nicht eingestehen willst.“ Kevin gab sich geschlagen. „Also gut, ich erzähl dir morgen in der Uni alles, aber jetzt muss ich noch mal weg.“, meinte er und ging. Connor wusste, dass Kevin ihn nur abschütteln wollte. Deswegen beschloss er ihn zu beschatten. Kevin nahm die Straßenbahn und Connor

benutzte den hintersten Eingang um nicht gesehen zu werden. Kevin verließ sie an der Endstadion und Connor konnte gerade noch vor ihm hinausspringen und sich verstecken. Er verfolgte Kevin noch bis vor ein Lagerhaus, das anscheinend leer stand. „Ok, falls das eine Falle ist, gehst du am besten hinten rein.“, redete Kevin nun los. Aber mit wem sprach er. Dann kam sich Connor ziemlich dumm vor und verließ sein Versteck. „Wann hast du´s gemerkt?“, fragte er beschämt. „Als du in die Straßenbahn eingestiegen bist.“, erwiderte Kevin kühl. Connor brummte, pflichtete seinem Freund jedoch bei. Er umrundete das Gebäude und betrat es durch eine Hintertür um Kevin notfalls Deckung zu geben. Er befand sich in einem engen Gang, der in ein Büro mündete. Dieses besaß eine Glasscheibe, durch diese er Kevin erblicken konnte.Dieser hatte das Lagerhaus durch die Vordertür betreten. Er ließ seinen Blick durch das Innere des riesigen Gebäudes schweifen. Es war leer. Plötzlich knarrte es hinter ihm. Die Tür war zugeschoben worden. Derjenige, oder besser gesagt diejenige, hatte die Fabrik jedoch nicht verlassen. Kevin stand ein Mädchen gegenüber. Er schätzte sie auf Sechzehn, Siebzehn höchstens Achtzehn ein. Sollte er sich mit ihr hier treffen? Und wo war Bryan? Diese Frage sollte er sich aber nicht lange stellen. Blitzschnell ließ er sein Schild über seinen Arm erscheinen und hielt es nach oben. Abermals blockte es Bryans Angriff ab. Dieser war nämlich von einem der oberen Balken herabgesprungen. „Flink wie immer.“, lobte er Kevin. „Ich wünschte das könnte ich von dir sagen. Noch einmal legst du mich nicht herein. Diesmal ist Schluss.“, warf er Bryan entgegen. „Als ob du es mit ihm aufnehmen könntest.“, sagte das Mädchen nun. Kevin knurrte: „Das hab ich bereits. Heute Morgen hat er abgeloost.“ Sie sah Bryan verdutzt an. „Hab ich vergessen zu erwähnen!“, sagte dieser schnell. Kevin entkam ein kurzes Lachen. „Carol, Schatz, warte doch bitte draußen.“, bat Bryan seine Freundin. Diese tat aber nicht was er sagte. „Er hat doch gesagt wir sollen...“ Bryan wurde zornig. „Ist mir egal was, er gesagt hat, dieser Kerl ist stark und ich werde nicht zulassen, dass er dir was antut!“, schrie Bryan sie fast an. Kevin durchschaute sofort die Verbindung der beiden. Wenn Emma an Carols Stelle gewesen wäre, hätte er auch so gehandelt. „Jetzt reicht es aber!“, schrie Kevin. „Wer ist ER?“ Durch die Leere der Lagerhalle wurde ein dreifaches Echo erzeugt. „Sie meinen mich.“, hörte Kevin nun eine Stimme. Er sah sich suchend um, entdeckte aber niemanden. Dafür hörte er Schritte. Eine Person hatte sich die ganze Zeit im Schatten versteckt und marschierte nun auf die Gruppe zu. Connor versteckte sich noch immer im Büro, bereit einzugreifen. Kevin hatte drei Gegner um sich, er würde ihn brauchen. Diesmal würde er ihn sogar bitten ihm zu helfen. Von seiner Position aus, konnte Connor die Gestalt genau sehen. Es war ein Mann, schlank, schon fast dürr, in einem weiten, schlaksigen Mantel. Außerdem

trug er eine weiße Maske, wie sie oft auf Maskenbällen verwendet wurde. Connor kannte die Gestalt nicht, dafür Kevin umso mehr. Klar und deutlich stand sie ihm gegenüber. „Er ist geschockt. Jetzt ist die beste Möglichkeit ihn auszuschalten.“, versicherte Bryans und Carols Schöpfer. Bryan wusste nicht, ob er den Befehl ernst nehmen sollte, erkannte dann aber, dass es gar keiner war. „Nein.“, sagte er laut und schüttelte den Kopf. Die Gestalt war ihm fremd, aber die Maske würde er unter tausenden wiedererkennen. Sie tauchte in zahlreichen seiner Träume auf, seit er sie vor mehr als zehn Jahren das erste Mal gesehen hatte. Mandulis hatte ihn unter seine Pfitiche genommen und ihn dem Mann mit der Maske vorgestellt. Dahinter verbarg sich Baal. Kevin musste versuchen klar zu denken. Vor ihm konnte nicht Baal stehen. Dieser war nämlich tot. Aber je näher der vermeintliche Baal näher an ihn herankam, umso unsicherer wurde er. Dann lachte er lautstark los. „Mein Gott, was habe ich dich vermisst!“, begrüßte er ihn wie einen alten Freund. Das brachte Kevin aus der Fassung. „Wer zum Teufel bist du?!“, schrie er ihn an und spukte sogar teilweise. Baals Miene verfinsterte sich. „Das tut weh.“, meinte er. „Du kannst nicht Baal sein, der wurde getötet!“, erklärte Kevin mehr sich selbst. „Hmm.“, überlegte Baal was er dem entgegnen sollte. „Ich verstehe. Ich erlebe so etwas öfters. Wenn ich meinen Wirt wechsle erkennen mich die Leute einfach nicht mehr. Trotz meiner Maske, die zu meinem Markenzeichen wurde.“ Kevin stockte. Stand er tatsächlich Baal gegenüber? Bryan und Carol verhielten sich ruhig und wagten nicht sich einzumischen. „W... Wie??“, brachte Kevin nur heraus. Baal brummte. „Wie ich leben kann? Ich bin bereits so oft gestorben. Aber solange ich Körper finde, mit denen ich kompatibel bin, bleibe ich in dieser Welt.“, erklärte er. Die Wahrheit schnürte Kevin die Kehle zu. Baal lebte! Nicht nur das, dieser Schweinehund ließ ihn sogar von seinen Schergen angreifen. „Ich weiß was du denkst. Aber keine Angst, Bryan sollte nur deine Stärke testen. Er kommt nicht an deine Stärke heran.“, verriet er und sah Bryan strafend an. „Dieser wollte darauf antworten, konnte sich aber zurückhalten. „Du hingegen warst mein bester Schüler. Als Mandulis dich zu mir brachte warst du ungeformt und schwach. Aber ich habe dich gestärkt. Ich hatte mir sogar überlegt, dich zu meinem Nachfolger zu machen. Dann lief mir die Zeit davon. Ich wurde von Seth, einem meiner Sgleichen getötet. Was für eine Ironie. Zuvor hatte ich dich beauftragt dich um Sepas Sarkophag zu kümmern. Ich weiß inzwischen, dass auch er tot ist. Du armer, Junge. Du hattest keinen Gott mehr, dem du dienen konntest. Aber keine Angst, das ist vorbei. Jetzt bin ich ja wider zurück!“, säuselte er. In Kevin mischten sich die Gefühle. Wut, Hass, Angst, Verzweiflung, Ungewissheit. Er schrie lauthals und griff Baal mit seiner Klinge an. Bryan schob sich dazwischen und stoppte den Angriff. Baal knurrte. „Du greifst deinen Gott an? Was ist in den letzten Jahren
 

passiert? Du kannst unmöglich Kevin sein!“, stieß er hervor. Kevin keuchte

atemlos. „Nein… Nein! Ich werde dir niemals mehr dienen du verdammte Drecksau!“, fuhr er ihn an. Er hatte vollkommen die Kontrolle über sich verloren. „Tatsächlich. Und ich wollte das Gerücht nicht glauben. Du hast dich tatsächlich von den Göttern losgesagt. Das ist schade, da ich so keine Verwendung mehr für dich habe. Bryan!“, forderte den Jungen nun auf. Dieser schien sehnsüchtig auf den Befehl gewartet zu haben. Kevin war handlungsunfähig und würde Bryans Angriff nicht standhalten können. Dieser benutzte seine Lieblingstechnik, wurde jedoch geblockt. Connor hatte sich zwischen ihn und Kevin gedrängt. Bryan war überrascht. Mit einem weiteren Widersacher hatte er nicht gerechnet. „Verdammt Kevin, was ist los?“, fuhr er den Freund an. Dieser starrte jedoch nur Baal an. Bryan nahm Abstand, aber Connor ließ ihm keinen freien Spielraum. „Carol!“, rief Baal das Mädchen zu sich. „Dann bist du eben seine Gegnerin.“, beschloss er. „Was?“, schrie Bryan aufgebracht. Selbst wenn Kevin paralysiert war, war er noch gefährlich. Er musste seine Freundin um jeden Preis beschützen. Das konnte er aber nur wenn er seinen Gegner besiegte. Doch auch Connor ging es um viel. Carol bereitete sich auf den Kampf vor, doch Kevin reagierte nicht. Sollte sie ihn einfach angreifen, ohne dass er sich wehrte? Kevin sah noch immer wie gebannt auf Baals Maske. Es konnte sich nur um einen Alptraum handeln. Oder doch nicht? Was wenn tatsächlich alles real war? Baal noch lebte, Connor gerade kämpfte und auch er sich wehren musste? Kevin schüttelte heftig den Kopf, und musste erkennen, dass alles echt war. Er schaltete Baal nun aus seinem Blickfeld und richtete seine Klinge auf Carol. Diese erschien ihm unsicher und nicht gerade kampferprobt. Er würde erst sie ausschalten und danach seinen Nemesis. Connor musste erkennen, dass Bryan ein starker Gegner war. Er setzte sein antikes Geschoss ein, was ihm ermöglichte ninjaähnliche Sterne auf ihn abzuschießen. Doch Bryan war flink und schleuderte sie mit seiner stahlharten Hand einfach weg. Er griff an, und Connor hatte Mühe damit, seine Hand von sich wegzuhalten. Währendessen attackierte Carol Kevin. Zuerst mit der Selben Technik wie Bryan, doch als Kevin diese einfach abschmetterte, verwandelte sie ihr anderer Arm in einen Speer. Diesmal erkannte Kevin die Techniken wieder. Es waren die Selben, die Baals Diener besaßen, als er noch bei ihm war. Was hatte das zu bedeuten? Kevin wich dem Speer aus und schleuderte Carol von sich weg. Unsanft landete diese auf dem Boden. Er überzeugte sich, ob sie auch wirklich kampfunfähig war und wandte sich dann Baal zu. Dieser lachte nur. „Was den? Willst du vielleicht einen Gott töten?“, sah er ihn zweifelnd an. Kevin schloss die Augen. „Wenn du einem Krieger über den Weg läufst, töte ihn. Wenn du einem Gott über den Weg läufst, töte ihn. Das waren deine Worte.“, erinnerte er Baal an eine seiner Lektionen. „Dann hast du ja doch
 

was von mir gelernt.“, erwiderte dieser erfreut. „Halt die Schnauze!“, brüllte

Kevin und griff ihn mit seiner Klinge an. Baal hielt sie mit der offenen Hand auf. Er war so stark wie damals. Und auch genauso bösartig. Kevin konnte sein Gesicht durch die Maske nicht erkennen. Trotzdem wusste er, dass sein Gegner eine Grimasse schnitt. „Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen!“, schrie ihn Kevin nach einigem Zögern an. „Ach Kevin. Du warst immer wie ein Sohn für mich.“, bezeugte Baal. Dieses Geständnis machte den ohnehin schon wütenden Kevin rasend. „Warum bist du zurückgekommen? Konntest du nicht einfach tot bleiben? Deine Pläne sind doch gescheitert! Also was willst du noch in dieser Welt?!“, warf er ihm an den Kopf. Baal schien kurze Zeit zu überlegen. „Du hast Recht. Und dann auch wieder nicht. Ich habe die letzte Schlacht verloren, das stimmt. Aber ich habe noch eine Aufgabe zu erfüllen, ganz gleich ob ich leben oder lieber tot sein will.“, verriet er. Kevin ließ sich aber nicht verwirren. „Was soll das für eine dämliche Aufgabe sein?“ Baal senkte den Kopf. „Das…. Revival-Projekt.“, antwortete er kurz. Kevin sah ihn verdutzt an. Von welchem Projekt sprach er? „Rede gefälligst Klartext!“, verlangte er. Doch Baal blieb stumm. „Bryan? Carol?“, rief er seine beiden Schützlinge nun. Bryan wehrte noch immer die andauernden Attacken von Connor ab und Carol lag leicht verletzt auf dem Boden. Doch beide schienen zu verstehen, dass der Zeitpunkt zum Rückzug gekommen war. Bryan täuschte einen Angriff vor, um Connor abzulenken. Dabei schlug er sich nur zu Baal durch und ergriff dessen Arm. Auch Carol kam angerannt und nahm seinen anderen Arm unter Beschlag. Connor und Kevin erkannten die Flucht zu spät. Baal hatte sich bereits zu teleportieren begonnen und nahm Bryan und Carol mit. Kevin stürmte auf Baal zu und stieß ihn seiner Klinge entgegen. Zwecklos. Baal war verschwunden. Kevin ballte die Fäuste zusammen und fluchte. „Bist du verletzt?“, fragte ihn Connor nun. Kevin konnte zuerst gar nicht antworten, schüttelte aber den Kopf. Er hinterfragte nichtmal, ob es Connor gut ging. Baals Rückkehr hatte ihn tief getroffen. Hatte er wirklich so einfach den Wirt getauscht? Wenn ja hieß das, dass er unsterblich war, und das wollte Kevin erst recht nicht akzeptieren. Für ihn stand nun eines fest: Er würde Baal aufspüren und töten. Etwas anderes käme nicht in Frage. Er erwähnte ein ‚Revival-Projekt’, aber was konnte das sein. Mit Bestimmtheit nichts Gutes. Baal wollte Kevin in dieses Projekt miteinbeziehen, also würde er ihn früher oder später wieder aufsuchen. Er war stärker als Kevin. Leider! Das hieß er wollte seinen ehemaligen Schüler lebend. Wollte er, dass Kevin wieder für ihn arbeitete. Nein, das würde der Junge niemals zulassen. Aber um was für ein Projekt handelte es sich dann. Egal. Wenn Baal das nächste Mal auftauchte, würde er daran glauben müssen.„Ist Euer Vorhaben so abgelaufen, wie Ihr es Euch gedacht habt?“, fragte Bryan vorsichtig. Baal
 

wollte sich aber nicht festlegen. „Wir werden sehen.“, murmelte er. „Bryan

vorerst habe ich keine Aufgabe mehr für dich, in der du dich beweisen könntest. Also ist es am Besten du Hilfst deiner Freundin bei der Suche nach Harpre, dem Krieger des Wassers.“, verkündete er. Bryan freute sich über Baals Entscheidung, da er Carol so besser beschützen konnte. Außerdem ärgerte er sich über Lüge seines Schöpfers, Carol würde nicht in Kampfhandlungen hineingeraten. Dieser Kevin hätte sie beinahe ernsthaft verletzt. Dafür hasste er Baal, hatte aber keine andere Wahl, als ihm zu dienen. Dann stutzte er aber. „Was ist mit Harendotes, dem Feuer und dem Krieger der Dunkelheit?“, hakte er nach. Ein zufriedenes Grinsen huschte über Baals Gesicht. „Die Dunkelheit, folgt als Letztes. Nun, was das Feuer angeht…. Harmachis hat es bereits ausfindig gemacht. Der auserwählte Krieger wird bald zu uns stoßen, dann werden wir die größere Streitmacht haben und unser nächstes Zusammentreffen mit Hapi und seinen Gefährten wird zu unseren Gunsten ausfallen.“, erklärte er. Bryan wusste nicht was er darauf antworten sollte. Er musste bereits dreimal gegen Kevin antreten, und jedes Mal war es nur ein Test. Würde ihm Baal tatsächlich einmal befehlen ihn zu beseitigen. Wie es im Moment aussah, wollte er Kevin auf seine Seite bringen. Wen dem so war, musste ihm Bryan abraten. Er kannte Kevin inzwischen ganz gut. Sie standen sich bisher zwar nur im Kampf gegenüber, doch er hatte in seine Augen gesehen. Das genügte um zu wissen, dass sich Kevin ihnen niemals anschließen würde. Bryan wollte es Baal sagen, ließ es aber bleiben. Er würde ihm nicht glauben und ihn vielleicht sogar anbrüllen. Seufzend sah er zu Carol. Sie spielte wieder die Ruhige. Das tat sie immer, wenn die beide mit Baal zusammen waren. Aber warum? Schüchterte sie ihr Schöpfer etwa so ein? Hatte sie vielleicht sogar Angst vor ihm? Bryan konnte diese Tatsache nicht von der Hand weisen. Aber genau wie er hatte sie keine andere Option. Sie musste Baal dienen, egal was er von ihr verlangte, sie musste es ausführen. Aber wie war es überhaupt dazu gekommen? Bryan erinnerte sich zurück, an die alte, unbeschwerte Zeit, als die beiden verliebten erst frisch zusammengekommen waren. Erst gingen sie etwas kühl miteinander um. Das konnte daran liegen, dass sie bereits lange zuvor Freunde waren und nun nicht genau wussten, wie sie sich dem Anderen gegenüber verhalten sollten. Sie verabredeten sich praktisch jeden zweiten Tag und Bryan führte sie entweder ins Restaurant oder ins Kino. Das wurde schon fast zu einem Ritual. Früher hatten die Beiden andere Sachen unternommen. Sie waren entweder in den Vergnügungspark gegangen oder anderen Streiche gespielt. Damals war auch alles viel spontaner. Jetzt

besaßen ihre Aktivitäten ein festes Programm. Keiner der beiden hatte zuvor einen Freund bzw. eine Freundin. Das mochte daran liegen, dass beide innerlich auf den je anderen gewartet hatten. Doch jetzt schien alles anderes
 

gekommen zu sein. Sollten sie sich vielleicht trennen, und wieder Freunde

sein? Bryan dachte daran, dass sich die beiden noch nichtmal geküsst hatten. Carol wartete bestimmt, dass er den ersten Schritt tat, aber für ihn war das ein Drahtseilakt. Er kannte Carol schon ewig, hatte natürlich davon geträumt sie eines Tages zu küssen, doch inwiefern würde sich dann das Verhältnis der beiden ändern? Sie gingen jetzt bereits rauer miteinander um als vorher. Bryan beschloss, dass es so werden sollte wie früher. Sie sollten spontaner werden, sich aber auch immer küssen, wann sie wollten. Bryan lud Carol in den Jugendclub ein, den sie früher immer besucht hatten. Sie gingen immer gemeinsam hin, trennten sich dort aber oft, da die beiden nicht dieselben Hobbys besaßen. Während Bryan die Spielautomaten zur Verzweiflung brachte, hatte sich Carol Skateboardfahrern beigebracht. Sie wollte es Bryan stets beibringen, doch der hatte weder Lust, noch den Mut dazu. Jetzt beschloss er es aber des Spaßes halber doch zu versuchen. Carol war sofort begeistert gewesen und sich sofort einen Lehrplan überlegt. Bryan wusste, dass er sich auf einiges gefasst machen konnte. Die Skateboards verlieh der Club umsonst. Es waren auch genug vorhanden, so, dass sich Bryan nicht mehr drücken konnte. Doch der Nachmittag wurde amüsanter, als er sich erhofft hatte. Bryan konnte zwar mehr stürzte als jeder andere Anfänger aufweisen, doch dafür hatte er mit Carol jede Menge Spaß. Es war bereits früher Abend, als die beiden die Skateboards zurückgaben und den Heimweg antraten. „Das machen wir ab jetzt öfters.“, entschied sie. „Mein Hintern wird’s dir danken.“, antwortete Bryan matt. Carol verollte die Augen. Es muss ja nicht unbedingt Skateboardfahrern sein. Könnte ja auch Snowboarden oder Inlineskaten sein.“, überlegte sie laut. Bryan schlug die Hände aneinander. „Wie wär’s mit schwimmen oder Golfen?“, schlug er vor, erntete von Carol jedoch nur ein Brummen. Sie schien Bryan nun vollkommen umkrempeln zu wollen. Die beiden waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie nicht merkten, dass ihnen jemand nachschlich. Seit sie den Club verlassen hatten wurden sie verfolgt. Ob der Unbekannte auf sie gewartet hatte, oder sogar im Club war, konnte man nur spekulieren. Genau wie seine Absichten. Von der Statur her musste es sich um einen Jugendlichen handeln. Genau sagen konnte man dies aber nicht. Der Teenager hatte die Kapuze seines schlaksigen Overalls tief über den Kopf gezogen. Seine Augen wurden durch eine Sonnebrille verdeckt. Seine Hände wurden durch Lederhandschuhe geschützt. Unauffällig schlich er dem beide hinterher, von denen er vermutete sie wären ein Pärchen. Er kannte den Weg, den die beiden gingen und wartete darauf, dass die zwei eine bestimmte Stelle erreichten. Diese Stelle war eine Unterführung, die unter der Autobahn hindurchführte. Als Bryan und Carol zirka in der Mitte des Durchganges angelangt waren, begann ihr Verfolger plötzlich zu laufen. „He!“, schrie er
 

die beiden an und zog blitzschnell ein Messer aus seiner Jackentasche. Sofort

ergriff er Carols Arm und drückte sie an sich. Das Messer hielt er an ihre Kehle. Bryan bekam einen Schock, und konnte zuerst nicht reagieren. Der Angreifer durchwühlte in Eiltempo Carols Taschen und konnte ein Portemonnaie und ein Handy sicherstellen. Der Angreifer, der sich damit als gewöhnlicher Dieb geoutet hatte, musterte Bryan von oben bis unten. Als er bemerkte, dass dieser viel zu geschockt war um etwas zu unternehmen, grinste er. „Los! Jetzt du!“, verlangte er und drückte das Messer noch fester an Carols Kehle. Bryan war jedoch so erschrocken, dass er es zuerst nicht fertig brachte, den befehlen des Diebes zu folgen. Erst als ihn dieser wieder anschnauzte, griff er in seine Hosentasche und holte seinen Geldbeutel heraus. Schluckend wollte er ihn dem Dieb zustecken. Dann wendete er aber seinen Blick ab und glotzte auf den Mann, der wie von Geisterhand hinter dem Dieb aufgetaucht war. Er war schwarz und trug auffällige Kleidung. Es war fast so, als hätte er sich an die Stelle, an der er stand teleportiert. Aber das war nicht möglich, oder? „Was ist?!“, brüllte der Dieb Bryan wieder an. Dass jemand hinter ihm stand hatte er anscheinend noch nicht registriert. Sofort packte der Schwarze den Arm des Diebes und drückte ihn weg. Das Messer entfernte sich von Carols Hals und auch der Griff des Bösewichts lockerte sich. Ohne zu zögern stieß sich Carol frei und rannte zu Bryan zurück. Sie packte seinen Arm und wollte ihn mitzerren, doch Bryan bewegte sich keinen Zentimeter. So wurde nicht nur er, sondern auch Carol dazu gezwungen dem schaurigen Spektakel beizuwohnen. Der Schwarze begann nun zu sprechen. „Du mieser kleiner Dieb. Du bist Dreck, und hättest beinahe meine Zielpersonen auf dem Gewissen.“, spukte er den Verbrecher an. Das darauffolgende würden Bryan und Carol nie vergessen. Der Schwarze schien ungeahnte Kräfte zu besitzen. Noch immer hatte er den Arm des Diebes fest umschlungen. Er begann ihn, dem Dieb entgegenzudrücken. Entsetzt sahen Carol und Bryan, dass der Dieb immer noch sein eigenes Messer in der Hand hielt. Aus irgendeinem Grund konnte er es nicht loslassen. War es Magie? Es erhöhte Bryans und Carols Puls und Herzschlag um das zehnfache, als das Messer begann den Hals des Diebes zu streichen. Dann beschloss der Schwarze ernst zu machen und den unnützen Dieb zu beseitigen. Als dieser mit blutendem Hals zusammenbrach konnte nichts und niemand mehr Bryan und Carol aufhalten. Sie stürmten los, sahen nicht zurück, ob ihnen der Schwarze folge, und versuchten so schnell wie möglich anderen Leuten zu begegnen. Sie waren gerade Zeugen eines Mordes geworden, und der Täter wollte bestimmt keine Mitwisser. Aber wenn es sich Bryan genau überlegte, hatte ihnen der Schwarze vielleicht das Leben gerettet. Nein, er hatte nur Carol gerettet. Bryan war nur dagestanden und hatte zugesehen. Das tat er immer. Doch diesmal hätte es Carols Leben kosten können. Er musste dem
 

Schwarzen danken. Er hatte den Mut dazu gehabt, den er nie hätte aufbringen

können. Und auch die Kraft. Bryan und Carol waren nun an einem Marktplatz angekommen. Bis hierhin würde man sie bestimmt nicht verfolgen. „Was… was tun wir jetzt?“, fragte Carol ängstlich. „Wenn uns der Schwarze findet, dann…“, stotterte sie. Bryan holte tief Luft. „Ich gehe zur Polizei. Der Typ ist mir nicht geheuer. Bleib erstmal hier, ich bin bald wieder zurück.“, verkündete er. Carol wollte mit ihm gehen, doch Bryan ließ sie nicht. Der Mörder könnte sie einholen, und niemand wäre da um sie zu beschützen. So ließ er seine Freundin einfach stehen und spurtete los. Die nächste Polizeidienststelle war nicht weit enternd. Bald war er da, und musste nur noch eine Straße überqueren. Doch vor dem Zebrastreifen stand… der Schwarze! Unmöglich! Wie konnte er ihn so schnell eingeholt haben? Konnte er sich tatsächlich teleportieren? Bryan wollte kehrt machen, als der Mörder ihn rief. „Bryan bleib stehen, Junge!“ Das wirkte. Der Schwarze konnte unmöglich seinen Namen wissen. Es musste mehr dahinterstecken. Langsam trat er auf dem Mörder zu. „Woher kennen Sie meinen Namen? Wer sind Sie?“, fragte er ohne Angst. Woher sein Mut kam wusste er nicht. „Ich beobachte dich bereits seit Tagen. Meinen Namen habe ich lange abgelegt. Dafür trage ich nun den Namen des ehrenwerten Gottes Sobek.“, verriet er. Bryan verstand kein Wort. „Wie… wieso bist du so stark?“, hakte er nach. Vorsichtig griff sich Sobek an den Hals und hielt sein Amulett in Bryans Reichweite. Es sah antik und wertvoll aus. „Das ist die Quelle meiner Macht. Ich diene einem Gott, der auf der Suche nach jungen Talenten ist. So wie dich.“, erklärte er. „Talent?“, musste Bryan hinterfragen. Sobek nickte. „Du hattest keine Chance gegen diesen Dieb. Du konntest deine Freundin, die du so liebst nicht retten und dafür hasst du dich.“, sprach er aus, was Bryan im Inneren fühlte. „Du... du hast ihn umgebracht.“, warf er Sobek vor. Dieser verzog keine Miene. Er war Abschaum. Wichtiger bist du. Du wünschst dir stärker zu werden und die, die du liebst zu beschützen. Mein Gott kann dir dabei helfen.“ „Bekomme… ich den auch so ein Amulett?“, wollte Bryan jetzt die ganze Wahrheit wissen. Sobek schüttelte den Kopf. Etwas viel besseres. Mein Gott wird dir die Seele eines alten Krieger einverleiben. Mit ihr wirst du noch stärker als ich sein und jeden Feind besiegen können. Also was sagst du?“, fragte Sobek hoffnungsvoll. Bryan verzichtete darauf lange darüber nachzudenken. Er wollte Carol das nächste Mal beschützen können. Nichts war ihm wichtiger. „Also gut. Aber nur… Wenn Carol auch diese Kraft bekommt. Wenn sie alleine ist und attackiert wird, muss sie sich auch selbst schützen können.“, verlangte der Junge. Sobek brummte. „Das muss mein Gott entscheiden.“, erklärte er. Bryan sah ihn durchdringend an. „Wie heißt dein Gott?“, fragte er. Sobek sah ihm in die Augen und antwortete dann: „Baal.“
 

Der Traum
 

Jas entdeckte, dass die Tür zu Kevins Wohnung einen Spalt breit offen stand. Natürlich er hätte anklopfen sollen, da er im Inneren jedoch Stimmen hörte verzichtete er darauf und trat gleich ein. „Schönen guten Morgen!“, wünschte er zuallererst. Er erntete aber nur erstaunte Blicke. In Kevins Wohnung schien eine Versammlung abzulaufen. Er entdeckte Kevin, Emma, Claire und zu seiner Überraschung auch Connor. Die Mädchen und Connor hatten es sich auf der Coach bequem gemacht, während Kevin unruhig auf – und ab lief. „He, Connor, ich dachte dich sehe ich nur mehr wenn du mir einen Elfmeter reinhaust.“, verwies er auf den Sport an der Uni. Connor sah Jas betreten an. „Ich nehme an, er ist wie alle deine Freunde eingeweiht?“, erkundigte er sich bei Kevin. Dieser nickte betreten. „Aber erst seit kurzem.“, warf Jas selbst ein. „Gibt es etwas, was ich wissen muss?“ Alle Anwesenden zögerten. „Ach kommt schon, Leute! Ich weiß wir wollt mich nicht mit euren Sachen belasten, oder mich in Gefahr bringen. Aber ich kann auf mich selbst aufpassen! Vielleicht nicht gerade, als ich von diesem Spinner angegriffen wurde, aber…“ Dann wurde er unterbrochen. „Jas, du wirst es vielleicht nicht glauben, aber es geht mal nicht um dich.“, sagte Kevin scharf. Jas verlangte jedoch eine Erklärung. Also begann sein Freund von den heutigen Ereignissen zu erzählen. Jas unterbrach ihn kein einziges Mal. „Also, dein alter Erzfeind ist zurück, wenn ich das richtig verstehe. Weißt du was er von dir will?“, fragte er interessiert. Kevin schüttelte stumm den Kopf. „Nein, aber ich werde morgen genaueres wissen.“, verriet er. „Was passiert morgen?“, hinterfragte Jas. „Ich möchte Gewissheit über Baal. Ich kenne jemanden, der mir Informationen über ihn und seinem sogenannten ‚Revival-Projekt’ geben kann. Ich fliege noch heute in die USA.“, erklärte er. Das überraschte Jas sichtlich. „Na schön, wenn du willst begleite ich dich.“, bot er an. Kevin verneinte vehement. „Nicht nötig, aber ich habe einen andere Aufgabe für dich. Du musst während ich weg bin auf Emma aufpassen.“, trug er ihm auf. Jas grinste amüsiert. „He, den Auftrag hab ich doch schon.“, mischte sich Connor ein. „Ich brauch nichtmal einen Aufpasser!“, mischte sich nun auch Emma selbst ein. Jas kam eine Idee. „Also gut, ich kümmere mich dann um deine reizende Schwester.“, schlug er vor und blickte zu Claire. Kevin war einverstanden und ließ Claire keinen Einwand einheben. Kevin packte seine nötigsten Sachen zusammen und begab sich auf den Weg zum Flughafen.
 


 

„Du musst wirklich nicht bleiben.“, versicherte Claire ihrem Bewacher. Jas war anderer Meinung. „Kevin hat mir einen Auftrag gegeben, und den führe ich aus.“, behaarte er. Claire sah ihn unsicher an. „Du hattest diese Idee selbst.“, erinnerte sie ihn. Jas lächelte verlegen. „Schon…aber… Connor rückt auch nicht von Emmas Seite.“, warf er ein. Claire seufzte. „Emma hat ihm, gesagt er könne gehen, aber Connor ist wohl zu stolz. Er denkt sicher auch, dass die Freundin meines Bruders sich in Gefahr begeben könnte. Andererseits ist es sehr ritterlich, dass ein Mann zu seinem Wort steht und das ihm anvertraute Mädchen beschützt.“, schlug sie unerwartet einen völlig neuen Ton ein. Jas fragte sich, ob er auf die Romantik-Schiene aufspringen sollte. „Du scheinst ja einen Narren an Connor gefressen zu haben.“, sagte er ganz beiläufig. Claire ließ sich mit einer Antwort Zeit, um Jas zu verunsichern. „Nicht mein Typ.“, entgegnete sie dann. Jas atmete auf. „Und wer ist dein Typ?“, hakte er nach, fragte sich dann aber, ob er nicht zu weit ging, Claire legte abermals eine kurze Pause ein. „Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Den muss ich noch finden. Aber ich verrate dir, wer absolut nicht mein Typ ist.“, sprach sie. Nun war Jas gespannt. „Männer mit Bärten!“, sagte sie plötzlich. Sofort griff sich Jas an sein Kinn. Sie hatte sich auf seinen Bart bezogen, den er sich zugelegt hatte. Emma war er bereits aufgefallen, als sich Jas einige Tage nicht rasiert hatte. Kevin hatte natürlich wieder gar nichts von sich gegeben. „Sehe ich damit wirklich so schlimm aus?“, fragte er gnädig. Claire wollte antworten, aber die Türglocke kam ihr zuvor. Beide durchzuckte ein Schrecken. Jas erinnerte sich, dass er die Aufgabe übernommen hatte Kevins Schwester zu beschützen. Mutig trat er an die Tür, öffnete sie und erkannte erleichtert, dass es nur der Postbote war. Nachdem er einige Briefe und Prospekte entgegengenommen hatte, sah er zu Claire. „Wir sollten verduften.“, schlug er vor. Claire musste nachfragen, was Jas damit meinte. „Dieser Bryan war doch einmal hier. Es kann gut sein, dass er zurückkommt. Wir wollten uns etwas die Stadt ansehen.“, erklärte er. Claire musterte ihn. „Du meinst ein Date?“, hakte sie nach. Jas ließ sofort die Post fallen. „Nein, nein! Wie gesagt, hier könnte es gefährlich für dich werden. Außerdem hast du bestimmt noch nicht viel von der Stadt gesehen, oder? Nur Kevins muffige Wohnung, aber bestimmt noch nicht die legendären Wahrzeichen Londons. Was sagst du?“, machte er es besonders spannend. Claire brauchte nicht lange für eine Antwort. „Ok, du darfst mir vielleicht eines zeigen, den anderen werden meine Füße wohl nicht standhalten können.“, erklärte sie sich bereits. Jas hatte es geschafft. Er spielte nun seinen ganzen Charme aus und gab sich Claire gegenüber als Fremdenführer.
 


 

„Und die hier bitte auch.“, bat Emma und drückte Connor bereits die dritte Einkaufstüte entgegen. Diesem machte die Tragerei nichts aus, aber als eine Gruppe Mädchen an ihm vorbeiging und kicherte, wurde es ihm zuviel. „Ich hab ja gehört, dass Frauen gerne einkaufen wenn sie sauer sind, aber was hat dich so auf die Palme gebracht?“, fragte er Emma direkt. „Ich hab dir gesagt du musst mich nicht begleiten. Ich hätte Kevin schon bestätigt, dass du auf mich aufgepasst hättest.“, sprach sie Klartext. Connor legte die Tüten auf den Boden ab und sah Emma unsicher an. „Er ist besorgt um dich. Und ich verstehe ihn. Zumindest diesmal. Unsere neuen Feinde haben einiges auf dem Kerbholz. Du könntest wirklich in Gefahr sein. Baal will Kevin, und du wärst ein gutes Mittel ihn zu bekommen.“, warnte er eindringlich. „Ich bin kein ‚Mittel’“, schnaubte sie ärgerlich. Connor versuchte sie zu beschwichtigen. „Du weißt, was ich meine. Und du kannst Kevin nichts vorwerfen.“, fand er. Emma schnappte sich nun eine der Tüten und ging an Connor vorbei. Dieser nahm sofort wieder die anderen beiden Huckeback und schlenderte Emma nach. „Es geht gar nicht um Kevin. Zumindest diesmal nicht.“, verriet sie. Connor wollte nachfragen, wen sie sonst meinte, doch das Mädchen kam ihm zuvor. „Claire.“, erklärte sie. Connor stöhnte. „Geht es darum, dass er jetzt zu wenig Zeit für dich hat? Ich hätte dich für erwachsener gehalten.“, spottete er. Letzteres hatte Emma überhört. „Das meine ich nicht. Er… er vertraut ihr einfach so! Und dabei ist sie erst vor zwei Tagen angekommen.“ Connor fand das nicht sehr merkwürdig. „Sie ist immerhin seine Schwester.“, erinnerte er. „Ja, schon klar. Aber sie haben sich zuletzt als Kinder gesehen. Seitdem ist viel Zeit vergangen. Sie ist bestimmt nicht mehr der Mensch, der sie damals war.“, drückte sie ihre Sorgen aus. „Ich verstehe was du meinst, muss dir aber sagen, dass du dich völlig umsonst sorgst. Klar hat er Claire eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Aber wenn man jemand, den man seit langem nicht mehr gesehen hat wieder gegenübersteht, kommt zuerst die Freude. Außerdem glaube ich nicht, dass sie Kevin auf irgendeine Art Schaden könnte.“, meinte er. Emma war klar, dass er nicht nur von Claire, sondern auch jemand Anderem sprach. Dennoch ging sie nicht darauf ein. „Es ist nur… ich habe da etwas in ihren Augen gespürt.“, erzählte sie, kam sich danach aber lächerlich vor. Connor brummte. „Weiblicher Instinkt, oder sonst ein Weiberkram?“, hakte er nach. Emma drehte sich um und drückte Connor auch noch die Dritte Tütet entgegen. „Ich weiß, dass hört sich alles unsinnig an, aber in ihren Augen war so etwas kaltes und mysteriöses. Ihr Blick war irgendwie… ja… verachtend.“ Connor wusste zuerst nicht, was er darauf antworten sollte. „Naja, du bist die Freundin ihres Bruders. Sie will natürlich nur das Beste für ihn.“, grinste er. „Sie kennt mich doch gar nicht, wie will sie wissen, ob ich gut genug für ihren Bruder bin, oder nicht?“, fragte sie fordernd. Connor wusste es nicht, und als sie wieder im Freien war,
 

wechselten sie das Gesprächsthema.
 

Kevin hatte schon öfters eine Nacht durchgemacht. Schlaf brauchte er eigentlich höchstens jeden zweiten Tag. Natürlich, im Flugzeug gab es jede Menge Gelegenheiten, doch er konnte einfach nicht einschlafen. Das mochte entweder daran liegen, dass ihm zuviel im Kopf herumspukte, oder einfach daran, weil sein Sitznachbar grauenhaft schnarchte. Jedenfalls dauerte es noch zwei Stunden, bis er in Los Angeles landen würde. Also beschloss er sich die Beine zu vertreten. Er musste zwar nicht, ging jedoch trotzdem in Richtung Toilette. Er wollte gerade durch den Vorgang schlüpfen, der das Abteil abgrenzte, als ihm jemand zuvor kam. Der Passagier, der ihm entgegenkam hatte etwas Bedrohliches an sich. Es lief Kevin ein Schauer über den Rücken, als er an ihm vorbeiging. Er dachte daran ihn anzusprechen, konnte es aus irgendeinem Grund aber nicht. Irgendwas an diesem Menschen war anders. Kevin hatte bei ihm nicht das Gefühl, dass ihn sonst überkam, wenn er unter Menschen war. Es war fast so… als hätte dieser merkwürdige Typ keine Seele. Kevin wusste, dass er spann, aber dieses Gefühl war neu. Dennoch konnte er ihm aus irgendeinem Grund nicht folgen. Aber was war das für ein Grund? Etwa… Angst? Nur weil Kevin den Fremden angesehen hatte? Eine Stewardess fragte, ob er etwas benötige, doch Kevin winkte ab. Er vergaß den Fremden, da er sich auf wichtigere Dinge konzentrieren musste. Das Flugzeug landete mit zehn Minuten Verspätung. Kevin dachte daran, dass er das Erste Mal in den USA war. Jedoch nicht zum Vergnügen. Er wollte Informationen hinsichtlich Baal und dessen Pläne. Er holte sein Gepäck ab und steuerte die nächste Telefonzelle an. Er rief die Auskunft an und erkundigte sich nach dem Namen ‚Nathans’. Kevin söhnte leise, als er erfuhr, dass es davon 23 in ganz Los Angeles gab. Und auch nur die, die registriert waren. Dann fiel ihm ein, dass er eine Frau suchte, und die Zahl minderte sich auf 9. Er wusste wie sie aussah, doch damit konnte die Auskunft nichts anfangen. Er ließ sich Adressen und Telefonnummern geben und bedankte sich. Zuerst versuchte er sein Glück mit telefonieren. Er hatte 7 durch. Zwei waren im letzten Jahr verstorben, eine war 80 Jahre alt, und die restlichen Vier passten nicht zu der Beschreibung. Bei der Achten Nummer erreichte er niemand und bei der neunten ging ein Kind ans Telefon. Kevin bat ihn einen seiner Elternteile ans Telefon zu bringen, doch der Kleine blockte. Nun fragte Kevin, wie den seine Mutter aussähe, und es dauerte fünf Minuten, bis er etwas Verwertbares hatte. Der Kleine hatte die Äußeren Merkmale seiner Mutter aufgezählt und Kevin war sich sicher, die Richtige gefunden zu haben. Groß, Blond, schlank und sogar etwas muskulös. Kevin nahm sich ein Taxi und war bereits in Zwanzig Minuten am Ziel.
 

„Eine Eisdiele? Das soll die super Sehenswürdigkeit sein?“, fragte Claire ungläubig. Jas versuchte sie zu beschwichtigen. „Die ganz großen kommen noch. Aber ich wollte ja kein spießiger Fremdenführer sein und dich langweilen.“ Claire lächelte und schnappte sich die Eiskarte. Beide bestellten und während sie warteten versuchte Jas sein ‚Date’ auszuquetschen. „Also du hast eine Tochter?“, begann er ganz förmlich. Zuerst reagierte Claire etwas unsicher. „Ja, Joan ist wirklich ein Schatz.“, meinte sie. „Warum hast du sie nicht mitgebracht? Du musst sie doch vermissen.“, wollte es Jas genauer wissen. Er merkte, dass Claire dieses Thema nicht wirklich gefiel. Aber wieso? War sie nicht stolz auf ihre kleine Tochter. „Ich wollte sie einfach keiner Gefahr aussetzen.“, erzählte sie. Das verstand Jas. Später sollte ihm dann einfallen, dass Claire vorher ja gar nichts von den Angelegenheiten ihres Bruders gewusst hatte. Doch jetzt genossen beide ihr Eis und Claire beschloss den Spieß umzudrehen. „Wie sieht’s bei dir aus?“, fragte sie harmlos. „Ich bin Single.“, kam es wie aus der Pistole geschossen. Claire musste kichern. „Und du gehst mit meinem Bruder zur Uni?“, fragte sie, obwohl sie es ja bereits wusste. Jas bestätigte es ihr. „Ja, ich studiere Jura.“, verriet er. „Das passt zu dir. Du bist redegewandt und hast immer gute Sprüche drauf.“, machte sie ihm ein Kompliment. Jas fühlte sich geschmeichelt. „Wolltest du das schon immer machen?“, fragte Claire weiter. Jas zuckte für einen Moment und stieß beinahe seinen Eisbecher um. „Nein… erst… seit den letzten Jahren.“, antwortete er. „Und was wolltest du davor werden?“, hakte Claire nach. Jas passte dieses Thema überhaupt nicht, allerdings hatte er das Gespräch begonnen und wollte nicht unhöflich sein. „Ich… bin geschwommen. Das war damals mein Traum.“, begann er zögerlich zu erzählen. Er wollte das Thema wechseln, doch Claire ließ ihn nicht. Es war Jas unangenehm, doch er erzählte weiter.
 

Er war damals Sechzehn und trainierte wie verrückt. Er hatte nur ein Ziel: Die Olympischen Spiele. Er war nicht dumm, und wusste, dass er dafür noch einige Zeit warten und trainieren musste. Seine Zeiten konnten sich sehen lassen. Er schwamm 50 Meter in 21 Sekunden. Er erhöhte seinen Rekord sogar auf 21.15, als er an diesem Nachmittag wieder ins Becken stieg. Kaum hatte seine Trainerin LOS gesagt, schwamm er wie ein Verrückter. Kaum hatte er es geschafft blickte er Amy erwartend an. Er freute sich über die zusätzlichen eineinhalb Sekunden, zeigte es aber nicht. „Ich muss noch besser werden.“, sagte er Amy, als ihn diese aus dem Wasser geholfen hatte. Diese seufzte nur. „Pass auf, dass du dir nicht zuviel zumutest. Wenn du dich verletzt, kannst du deinen schönen Traum vergessen.“, führte sie ihm vor Augen. Davon wollte Jas aber nichts wissen. Wenn er keine Risiken einging, konnte er seinen Traum gleich vergessen. Er trainierte sehr gewissenhaft und

vermiet jede unnötige Bewegung. Er wärmte sich genug auf und ernährte sich auch vorbildlich. Trotzdem konnte er Amys Sorgen nicht beseitigen. Sie war gerade Mal ein Jahr älter als er, bildete sich aber ein erwachsener, als ihr Schüler zu sein. Als man Jas Amy vorgestellt hatte, hatte er zuerst auf Hilfe verzichtet, da er es vollkommen allein schaffen wollte. Inzwischen aber, hatte er sie als Trainerin anerkannt und die beiden hatten sich sogar angefreundet. Amy hatte ihn bis jetzt dreimal gefragt, ob er mit ihr ausgehen wolle, doch Jas hatte stets abgelehnt. Er argumentierte immer damit, dass sie seine Trainerin sei, doch in Wahrheit wollte sich Jas auf Wichtigeres konzentrieren. Er konnte sich durchaus vorstellen etwas mit Amy anzufangen, aber nur wenn er erfolgreich war. Egal, wie lange es dauern sollte. Seit zwei Wochen stand er besonders unter Druck. Am Anfang der zwei Wochen hatte ihm Amy nämlich mitgeteilt, dass er sich für die Landesmeisterschaft qualifiziert hätte. Jas hatte sie sofort umarmt. Ihm war egal, ob er dadurch irgendwelche Signale ausstrahlte, er war einfach glücklich. Amy war sicherlich deswegen besorgt, weil er ziemlich dumm gewesen wäre, wenn sich Jas kurz vor der Meisterschaft verletzten würde. „Ich fühl mich topfit, mach dir keine Sorgen.“, beruhigte er sie. Amy nickte zufrieden. „He Jas!“, rief jemand seinen Namen. Der Junge erkannte einen seiner Kollegen und Konkurrenten. Dieser sah wieder zur Tür hinaus und schien nach jemandem zu sehen. „Wie ich es mir dachte, er ist hier.“, schien er mit Jemandem zu reden. Kaum war dieser Jemand durch die Tür in die große Schwimmhalle getreten, stieß Jas einen erstaunten Pfiff aus. „Luke!“, rief er völlig überrascht. Amy sah erst zu Jas und dann zu dem Fremden. Dieser trug kurzes, blondes Haar und eine schicke Lederjacke. „Dacht´ ichs mir doch, dass ich dich hier finde. Wie immer fleißig am trainieren!“, begrüßte er Jas auf seine Art. „Jas?“, flüsterte Amy unsicher. Als Luke nähergekommen war, stellte ihn Jas offiziell vor. „Amy, darf ich dir meinen Bruder Luke vorstellen? Luke, meine Trainerin Amy!“ Luke streckte Amy sofort die Hand entgegen und dieser erwiderte den Gruß. „Jas hat mir schon erzählt, dass er eine Trainerin hat, aber nicht dass sie so hübsch ist. Wahrscheinlich will er dich ganz für sich allein.“, entgegnete er charmant. Amy fühlte sich geschmeichelt. Jas warf seinem Bruder jedoch seine nasse Badekappe an den Kopf. Dieser fing sie noch rechtzeitig. „Das war doch nur ein Scherz. Das mit dem Hübsch allerdings nicht.“, fügte er noch hinzu und sah wieder zu Amy. „Du hast einen weiten Weg gemacht. Was ist der Anlass.“, fragte Jas nach dem Grund von Lukes Kommen. Dieser schien aber keinen zu brauchen. „Du bist immerhin mein Bruder. Und in Anbetracht, dass bald die Meisterschaft losgeht, wollte ich dich besuchen. Ich dachte ich könnte dir etwas Stress nehmen.“, verriet er. Jas gab sich mit der Antwort zufrieden. Dann klingelte Amys Handy und sie musste sich von den beiden

verabschieden. Luke murmelte noch etwas von ‚schön die kennengelernt zu haben’ und ‚ich hoffe wir sehen uns bald wieder’. „Na was ist? Willst du noch weiter trainieren, oder lässt du dich auf einen Kaffe einladen?“, hakte Luke nach. Jas beschloss tatsächlich eine Pause einzulegen. Er hatte seine Muskeln sehr beansprucht und wollte sein Glück nicht herausfordern. Zu seiner Überraschung war niemand in der Kantine außer ihm und seinem Bruder. Das schien Luke zu passen, da er scheinbar etwas mit ihm besprechen wollte. „Spuks schon aus.“, meinte Jas, der innerlich wusste, dass Luke etwas im Kopf herumspukte. „Ich bin sehr stolz auf dich. Und Vater wäre es auch.“, begann er nun zu erzählen. „Danke.“, murmelte Jas nur. „Vater war bereits ein berühmte und begnadigter Synchronschwimmer. Und ich habe dieses Laster bereits seit Jahren an den Nagel gehängt. Zuerst hat es mir wirklich Spaß gemacht. Aber dann habe ich gemerkt, dass ich es nur wegen Vater getan habe. Du darfst es nicht falsch verstehen, aber sein Tod hat mir eine neue Zukunftsperspektive gebracht.“ Jas hörte stumm zu und nickte mehrere Male. „Ich will nur nicht, dass du aus den falschen Gründen schwimmst.“, kam Luke zum Punkt. Jas verstand ihn und legte seine Hand auf seinen Arm. „Keine Sorge. Ich schwimme nicht wegen Vater, oder weil es eine Familientradition ist. Es ist mein Traum und es ist das, was ich machen will.“, sprach er Klartext. Luke nickte erleichtert. „Da ist noch etwas. Bald findet die Meisterschaft statt. Du weißt, ich traue dir sehr viel zu, aber sei nicht eingeknickt, wenn du es beim ersten Mal nicht schaffst.“, bat er ihn. Jas wollte aber nicht daran denken. Er würde nämlich nicht verlieren. „Es ist nicht so, dass ich nicht an dich glaube, aber… ich habe damals ein kleines Hilfsmittel gehabt. Ich könnte es dir geben…“, begann er. Jas war im Begriff auszustehen. „Nein, danke, ich brauche keine Drogen.“, erwiderte er nur. Luke hielt ihn zurück. „Nein, du hast mich völlig falsch verstanden. Es handelt sich nicht um Drogen, “, beschwichtige er seinen Bruder. „Auch keine Amphetamine.“, wehrte er ab. Doch Luke wollte scheinbar auf etwas anderes hinaus. „Dad hatte damals einen Glückbringer. Als er gestorben ist, hat er ihn mir vermacht. Ich habe schnell gemerkt, dass meine Fähigkeiten sich verbesserten und auch meine Ergebnisse. Ich schwamm plötzlich fast doppelt so schnell!“, berichtete er aufgeregt. Jas zweifelte an seinen Ausführungen. „Ich glaube du bist zu abergläubisch.“, fand er. Luke wusste, dass er ihm nicht glauben würde. Also holte er etwas aus seiner Hosentasche hervor. Es war in einem Taschentuch eingewickelt und Luke zeigte seinem Bruder einen kleinen, rechteckigen Stein. Aus ihm war eine Kette angefertigt worden. Jas erkannte, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Stein handelte, sondern um ein… Amulett.
 

Kevin hatte sich inzwischen auf der Suche nach einer bestimmten Person begeben. Diese lebte im Herzen Los Angeles, scheinbar in einer schicken Villa. Kevin stieß einen Pfiff aus, da er gerade an seine kleine Wohnung

dachte. Er schlenderte auf das Haus zu, als ihm ein kleiner Junge über den Weg lief. Er schien seinem Ball nachzulaufen. Kevin stoppte ihn mit dem Fuß und übergab ihn dem Jungen, als dieser genau vor ihm stand. Kurz musterte er ihn. Er sah tatsächlich aus, wie seine Mutter. Kevin war also richtig. Er kniete sich nieder und streichelte dem Jungen den Kopf. „Du bist doch der Junge, mit dem ich telefoniert habe, oder?“, fragte er freundlich. Der Bub sah ihn für einen Moment direkt in die Augen. In diesem Moment schritt eine weitere Person durch das Tor, welches zur Villa führte. Zuerst beobachtete sie skeptisch, wie ein Fremder, mit ihrem Sohn tuschelte, und ging schließlich näher. Kevin bemerkte sie sofort. Sie war es. „Sie haben einen netten Jungen.“, gab er ein Kompliment ab. „Danke... ich...“, plötzlich schreckte die Frau zurück. Sie hatte Kevin erkannt. Sofort machte sie einen Satz nach vorn und ergriff den Arm ihres Sohnes. Dieser taumelte rückwärts. Er verstand nicht, was das sollte. „Verdammt, was willst du hier?“, fragte sie erschrocken und aufgebracht. „Informationen.“, erwiderte Kevin kühl. Die Frau trug ihrem Sohn auf in das Haus zu laufen. „Ich habe keine.“, antwortete sie. Kevin musterte sie von oben bis unten. „Ich habe noch gar nichts gefragt. Aber schön, dich wiederzusehen. Es ist einige Zeit vergangen. Serket.“ Die Frau schien sich unschlüssig. „Serket ist tot.“, meinte sie trocken. „Dein Amulett wurde zerstört, ja. Aber beschäme nicht den Namen derer die wirklich in diesem unnützen Krieg gefallen sind.“, sagte er scharf. Serket zeigte sich unschlüssig. „Wie gesagt ich weiß nichts. Und selbst wenn, was könnte Baals Killer von mir wissen wollen?“ Kevin ballte seine Fäuste. Dann wurde er ruhiger. „Wie gesagt, es ist einige Zeit vergangen. Baal ist zurück.“, verriet er. Das versetzte Serket einen mittleren Schock. „Du spinnst doch! Er ist tot!“, rief sie entsetzt. „Das war er. Anscheinend hat er einen neuen Wirt.“ Serket blickte Kevin ängstlich an. „Das ist jetzt nicht mehr meine Sache. Ich habe geheiratet und einen Mann und einen Sohn. Baal kann mir gestohlen bleiben.“, schrie sie Kevin an und stürmte zurück auf ihr Grundstück. „Was ist das Revival-Projekt?“, rief ihr Kevin nach. Serket stoppte. „Baal hat damals davon gesprochen. Ich war die Neueste im Bunde. Ich habe nur Gerüchte gehört. Uräus, Sobek, Sokar und Mandulis hatten alle einen Spezialauftrag bekommen. Sie sollten alle ein bestimmtes Kind finden.“, versuchte sie sich krampfhaft zu erinnern. Kevin wusste, dass ihr das nicht leicht viel und respektierte es. „Wozu brauchte er diese Kinder?“, hakte Kevin nach. „Für seine Unsterblichkeit.“, stotterte Serket. Kevin verstand nicht, und Serket unterbrach das Gespräch. „Ich weiß wirklich nicht mehr. Aber kenne jemanden der die ganze Wahrheit kennt. Natürlich weiß ich

nicht, ob er noch lebt, oder ob er dir Auskunft erteilen wird.“, erzählte sie. Aber Kevin war für jeden Hinweis dankbar. „Wo finde ich diesen Jemand?“, wollte er wissen. „Kairo.“, antwortete Serket schwach.
 

„Wenn ich das trage gehe ich eher unter.“, meinte Jas überheblich. „Ich möchte, dass du mir einen Gefallen tust und es einmal ausprobierst. Sollte dich dieses Ding nicht schneller und kräftiger machen, brauchst mir keine Weihnachtskarte zu schicken.“, schlug er vor. Jas hielt seinen Bruder für übergeschnappt, wollte ihm den Gefallen jedoch tun. Beide kehrten in die Schwimmhalle zurück, und Jas achtete darauf, dass niemand seine merkwürdige Kette sah. Amy war noch nicht zurück und das war gut so. „Ich messe die Zeit.“, bot Luke an und hole sein Handy hervor. Jas brummte nur. Mit diesem Hindernis an seinem Hals würde er das schlechteste Ergebnis des Monats abliefern. Dennoch stieg er ins Becken und beschloss alles zu geben. Immerhin konnte es auch ein gutes Training darstellen, mit einem Stein um den Hals zu schwimmen. Als Luke das Startsignal gab, stieß sich Jas vom Rand ab und preschte los. Er gab alles und achtete auf sein Amulett Für einen Moment hatte er sich dabei erwischt, wie er seinem Bruder tatsächlich glaubte, dass es sein magisches Amulett sein könnte. Er hatte sicher die Hälfte der Strecke absorbiert, als er noch mal alles geben wollte. Er konzentrierte sich auf seine Beine und…. Stieß mit dem Kopf gegen eine Wand. Schmerzend ließ sich Jas zurückfallen, versuchte aber bei Besinnung zu bleiben. Er vernahm die Rufe von Luke. Oder nein! Es waren keine Rufe, sie kamen ganz aus der Nähe. Jas riss die Augen auf und erkannte gegen welches Hindernis er gestoßen war. Es war die andere Seite des Beckens. Verwirrt und suchend blickte er zurück. Er hatte doch gerademal die Hälfte geschafft, wie konnte er kurz darauf bereits am Ziel sein? „18.8 Sekunden.“, meinte Luke lässig. Jas ergriff sofort das Amulett. Unglaublich! Es handelte sich tatsächlich um ein magisches Artefakt. „Mess die Zeit noch mal!“, bat er seinen Bruder. Dieser musste sich mit dem Einstellen seines Handys beeilen, da sich Jas bereits wieder abgestoßen hatte. Er schwamm und schwamm. Er konzentrierte sich wieder auf seine Beinkraft und schlug seine Hand bald darauf gegen die andere Beckenseite. „Wie viel?“, rief er Luke zu. „9.8 Sekunden.“, grinste dieser. Jas schluckte. Es war also wahr. Mit diesem Glücksbringer war er unbesiegbar.
 

Die Patak
 

Kevin hatte Emma bereits darüber informiert, dass sich seine Reise verlängern würde. 12 Stunden, nachdem er Los Angeles verlassen hatte, traf er in Kairo ein. Das letzte Mal, als er hier war, hatte er den Auftrag sich um Sepa zu kümmern. Jetzt sollte er jemanden finden, der ihm Informationen über Baal liefern sollte. Unter anderen Umständen, hätte Kevin diese Weltreise sogar gefallen. Er brauchte etwas, um sich bis zum Zentralkrankenhaus von Kairo durchzuschlagen. Kevin war sehr überrascht gewesen, als Serket ihm mitteilte, um wen es sich handelte. Er hatte natürlich erwartet, dass diese Person schon seit langem tot sei. Er steuerte auf den Infoschalter zu und stellte erleichtert fest, dass die Frau dahinter perfekt englisch sprach. Dennoch dauerte es etwas, da Kevin nicht wusste, wen er genau suchte. Als er jedoch erwähnte, dass dieser jemand bereits die Hundert-Grenze überschritten hatte, reagierte die Frau betroffen. „Ich hatte nicht erwartet, dass noch jemand den alten Mann besucht.“, gab sie zu. „Was können Sie mir über ihn erzählen?“, ließ Kevin nicht locker. Die Frau schluckte und erzählte. „Er ist vor zirka zehn Jahren eingeliefert worden. Er wurde operiert, liegt aber seitdem im Koma.“ Kevin brummte. „Obwohl er so alt ist, lebt er noch? Und dazu noch im Koma?“ Die Frau konnte es nur noch mal bestätigen. „Es ist wirklich etwas seltsam, aber ich sage dir gerne seine Zimmernummer.“, bot sie an. Kevin bedankte sich, obgleich er wusste, dass aus einem Komapatienten nicht viel herauszuholen war. Das Krankenhaus war gigantisch und mit allem ausgestattet, was man brauchte, um die Patienten zu behandeln. Es war vielleicht das größte in ganz Ägypten. Kevin nahm den Lift und fuhr damit in eines der oberen Stockwerke. Zimmer 1904 hatte ihm die Frau gesagt. Es dauerte nicht lange, bis der richtige Raum gefunden war. Es lag nur ein Patient darin. Es war an die verschiedensten Gerätschaften angeschlossen und hatte einen Schlauch im Mund. „Selbst wenn er noch mal aufwachen würde, könnte er unmöglich leben.“, schoss es Kevin durch den Kopf. Er schritt an sein Bett heran und musterte ihn argwöhnisch. Er griff nach seiner rechten Hand und konzentrierte sein Amulett. Er wollte versuchen in den Kopf des Mannes einzudringen. So was hatte Kevin noch nie zuvor versucht, aber es musste klappen. Er vergaß seine Umgebung und versuchte gänzlich abzuschalten. Kurz darauf riss er die Augen wieder auf und blicke in ein dunkles Schwarz. Er erkannte noch immer die Umrisse des Zimmers, jedoch waren sie in den Hindergrund gerückt. Vor ihm stand das Bett, in dem der alte Mann war, den er lange nicht mehr gesehen hatte. „Ich weiß wer du bist.“, sagte dieser. Seine

Gedankenwelt war also noch in Ordnung. Hier konnte er frei sprechen. „Schön. Weiß du auch was ich hier will? Baal?“, forderte er ihn heraus. Der alte Mann knurrte hörbar. „Bitte nenn mich nicht so. Baal hat meinen Körper vor Jahren verlassen. Und nein, ich weiß nicht, warum du gekommen bist und was du von einem sterbenden Mann willst. Kevin blickte ihm direkt in die Augen. „Du warst Baals Wirt, als er mich zu sich geholt hat.“, meinte er. Der alte Mann schwieg. „Ich weiß nicht, warum er dich am Leben gelassen hat, aber so kannst du mir wenigstens ein paar Informationen geben.“, erklärte Kevin. „Wenn ich sie weiß bitte. Irgendwie freut es mich wiedermal mit jemand zu sprechen. Selbst wenn du es bist.“, sprach er. „Nach dir hatte Baal einen Wirt, der jedoch getötet wurde. Jetzt scheint er wieder einen neuen gefunden zu haben.“, erklärte Kevin. Der alte Mann stöhnte auf. „Er ist zurück!“, sagte er laut. „Ich werde ihn aufhalten.“, beruhigte Kevin ihn. „Was willst du wissen?“, fragte der Mann sofort. Kevin nahm sich nichtmal eine Pause. „Was ist das Revival-Projekt?“, fragte er gezielt. Baals früherer Wirt benötigte etwas Zeit, um zu antworten. „Baal kann bzw. wird nicht sterben. Solange nicht, bis die letzte Schlacht zu seinen Gunsten ausgefallen ist. Die Letzte er hatte verloren. Trotz seines Trumpfes.“, begann er zu erzählen. „Trumpfes?“, hakte Kevin nach. „Senshi.“, sagte der Mann plötzlich.

Kevin zuckte zusammen. „Der Name sagt dir wohl etwas?“, grinste der Komapatient. Kevin nickte. „Was hat er damit zu tun?“ Der Mann überlegte und sagte schließlich: „ Nichts. Jedenfalls hatte er damals eine große Rolle führ ihn gespielt. Zum einen nahm er den Wirt seines Vaters in Besitz. Doch der Knabe war tapfer genug, um trotzdem gegen ihn anzutreten. Da Senshi nicht auf seine Seite gekommen ist, verlor er die letzte Schlacht.“, erzählte er weiter. „Noch mal, was genau ist dieses Projekt?“, drängte Kevin. „Weißt du was Patak sind?“, fragte der Mann. Kevin nickte. „Schutzgeister. Sie lebten im alten Ägypten.“, erinnerte er sich. „Und kennst du auch die Sechs Heiligen Patak?“, erkundigte sich der Mann. Kevin musste kurz nachdenken. „Die Leibgarde des Ra. Sie waren tapfere Krieger. Nach ihrem Tod stellte sie Ra als seinen persönlichen Schutz ab. Jeder von ihnen stellte ein Element dar.“ Kevin wollte noch weiter reden, doch der Komapatient unterbrach ihn. Haroëris, der Krieger der Erde. Harmerti, der Krieger des Windes. Harpre der Krieger des Wassers und Harendotes der Krieger des Feuers. Ihre Anführer waren Harmachis das Licht und… die…. Die Dunkelheit. Es tut mir Leid, ich erinnere mich nicht mehr an seinen Namen. Mein Gedächtnis versagt langsam.“ Kevin zeigte sich verständnisvoll. „Was ist mit diesen Kriegern von damals?“, fragte er unerbittlich weiter. „Nachdem Ra von Horus getötet wurde, verloren die Patak ihre Aufgabe. Sie wanderten umher und trafen auf Baal. Dieser sperrte sie in einen alten ägyptischen Krug und wollte sie immer zum Einsatz bringen, wenn er sie brauchte. Für den Fall, dass seine Krieger

bei der letzten Schlacht starben, beschloss er als Versicherung die Seelen der Patak zu nehmen und sie in Menschen einzupflanzen. Die würden ihm dann ohne Widerspruch dienen. Sie hätten die gleiche Stärke wie Krieger, die ein göttliches Amulett tragen.“, erzählte er. Kevin stockte. „Hieß einer dieser Menschen Bryan oder Carol?“, hakte er nach. Der Mann nickte betreten. „Ich erinnere mich an Vier. Die restlichen zwei hat Baal sich mit seinem nächsten Wirt ausgesucht. Die beiden Kinder Bryan und Carol sind die Erde und der Wind. Ein anderes Mädchen hießt Eve, sie war die jüngste von allen. Sie war das Wasser. Und dann… die Dunkelheit. Du wirst überrascht sein, aber sie…..“ Plötzlich durchzuckte es Kevin. Die Verbindung war getrennt worden. Aber wie kam das? Nichts hatte darauf hingedeutet. Was hatte sie durchbrochen. Wieder ergriff er die hand des Komapatienten doch nichts geschah. Er versuchte es zwei weitere Male, aber vergebens. Was war nur passiert?
 

Jas und Claire hatten die Eisdiele inzwischen verlassen. „Wo führst du mich jetzt hin?“, wollte Kevins Schwester wissen. Jas zeigte sich verschwiegen. Erst als die beiden direkt vor ihrem Ziel standen, schwenkte Jas seine Hand auf den Vergnügungspark. „Ich glaub´s nicht. Ich hab gedacht wir würden uns den Big Ben oder sonst was ansehen und du schleppst mich in einen Vergnügungspark?“, fragte Claire. Jas aber, ließ sich von nichts abbringen. „Du wirst schon sehen, es wird dir Spaß machen.“, versprach er und ging voraus. Claire seufzte und folgte ihm.
 

„Und Vater hat dieses Ding wirklich verwendet?“, konnte Jas immer noch über seine neue Wunderwaffe staunen. „Ja, genauso wie ich. Und jetzt besitzt du es.“, erklärte Luke. Jas brummte. „Tut mir Leid, aber das wäre wohl Betrug.“, stand für ihn fest. „Schade, dass du es so siehst. Mit diesem Amulett würdest du die Olympischen Spiele mit einem neuen Rekord gewinnen.“, redete Luke ihm gut zu. Jas schwankte hin und her. „Sollte er das Amulett benutzen? Konnte er es überhaupt? Es würde auffallen, ganz klar. Entweder ließ er dumme Kommentare über sich ergehen, oder er versteckte es am Körper. Diese Überlegungen hießen, dass er sich bereits entschieden hatte. „Gibt es noch mehr von diesen Steinen?“, wandte sich Jas an seinen großen Bruder. Dieser nickte langsam. „Vater sagt ja. Es gibt noch Dutzende. Aber jedes ist auf einen bestimmten Menschen zugeschnitten. Niemand anderer außer jemand in unserer Familie kann es verwenden.“ Da der Wettbewerb immer näher rückte, beschloss Jas das Amulett auszuprobieren. Luke wollte bis dahin in der Stadt bleiben und ihn anfeuern. Am nächsten Tag schwamm Jas so schnell, wie am Tag zuvor. Er kam etwa

auf dieselbe Zeit und Amy rieb sich die Augen. „Die Stoppuhr ist wohl

kaputt. Und dazu meine Augen.“, sagte sie still. Jas beschloss ihr vorerst nichts von seinem Glückbringer zu erzählen. Er hatte sich eine Schleife um den Körper gebunden, um den Stein zu verbergen. Das war bei Schwimmern nichts Ungewöhnliches. Amy erzählte er, die Schleife würde ihm Glück bringen. Dabei erledigte dies sein Amulett. „Wenn ich dich nichts besser kennen würde, könnte ich glauben du hast was genommen.“, versuchte die spaßig zu klingen, um Jas nicht zu verärgern. Doch diese Bemerkung ließ den Jungen nachdenken. Er würde auf jedenfalls eine Urin-Probe abgeben müssen. Diese würde besonders begutachtet werden, wenn Jas außerdem einen neuen Rekord erzielte. Aber gab es ein Gerät, mit dem man Magie messen konnte? Jas hatte nichts zu befürchten. Dennoch beschloss er die Meisterschaft gemütlich anzugehen. Er wollte zwar gewinnen, konnte aber ruhig etwas langsamer schwimmen. Gewinnen würde er so oder so.

„Es… wird bald erwachen.“, säuselte Baal. Bryan saß auf dem Boden und erhob sich. „Was meint ihr?“, fragte er. Der Gott lachte hämisch. „Harmachis hat das Harendotes, das Feuer gefunden.“, erklärte er freudig. Bryan verstand. „Unsere Gruppe wächst also.“, stellte er zufrieden fest. „Wenn das Licht und das Feuer zu uns gestoßen sind., werden wir uns dann von Kevin verabschieden?“, wollte er erfahren. Baal sah ihn kurz an. „Du scheinst dich ja richtig auf den Knaben fixiert zu haben. Ist es, weil er Carol verletzt hat?“ Bryan antwortete ihm nicht. „Soll ich Harmachis unterstützen?“, fragte er stattdessen. Baal verneinte. Sie schafft das alleine. Sie wird das Feuer zu uns führen.“
 

Die Meisterschaft war in vollem Gange. Jas achtete genau auf seine Geschwindigkeit. Er wollte zugleich gewinnen, aber sich auch nicht unnötig verdächtig machen. In wenigen Tagen hatte er es bis ins Finale geschafft. „Ich.. ich bin wirklich stolz auf dich.“, sagte Amy schüchtern. Jas legte ihr seine Arme um die Schultern. „Und ich auf dich. Ohne dich hätte ich es doch nie soweit geschafft.“, lächelte er. Nebenbei fragte er sich, ob er es ohne sein Amulett tatsächlich soweit gebracht hätte. „Ich weiß, es muss dich nerven, dass nicht immer frage, aber… falls du gewinnst, könnten wir doch etwas trinken gehen. Ich meine. feiern!“, schlug sie vor. Jas hatte nichts dagegen. Er besaß jetzt ein magisches Artefakt. Er konnte ihm die Arbeit überlassen und sich mehr auf sein Privatleben konzentrieren. Trotz seines Anhängers war Jas nervös. Zum einen, weil er im Finale stand, zum anderen, weil sein Konkurrent der Titelverteidiger war. Die Schiedsrichter bestanden aus Stadtbekannten Persönlichkeiten. „Ich denke, unser Titelverteidiger wird auch dieses Jahr siegen.“, gab einer seine Meinung ab. Sein Kollege war anderer Meinung. „Ich setze auf diesen Jason.“, meinte er. „Warum, er ist ein Newcomer!“, erinnerten ihn die beiden anderen. Doch der Mann blieb dabei.

„Ich habe vorhin etwas gesehen. Er trägt einen Glücksbringer um den Hals. Er versteckt ihn lediglich unter seiner hübschen Schleife. Der Junge ist etwas ganz besonderes.“, erzählte er. Seine Kollegen starrten ihn verwirrt an, doch dann mussten sie ihren Blick auf das Becken richten. Das Finale begann! Nach dem anpfiff stieß sich Jas ab. Er agierte wie in seinen vorigen Wettkämpfen. Er ließ sich zurückfallen, bereute es aber kurz später. Sein Gegner hatte zwar einen langsamen Start, spurtete jetzt aber los. Von Sekunde zu Sekunde wurde er schneller. Jas aktivierte sein Amulett bis zur Genze und schwamm ebenfalls schneller. Sein Gegner hatte das Ziel fast erreicht und Jas überlegte fieberhaft. Wenn er jetzt Vollgas gab, könnte man Verdacht schöpfen. Wenn er es nicht tat, würde er verlieren. Ihm blieb keine andere Wahl. Sofort schoss er wie ein Blitz durch das Wasser. Seinen Gegner hatte er nicht mehr im Blickfeld. Dafür aber Amy. Sie sah, wie beide dem Rand immer näher kamen. Jas war auf einmal so schnell, dass es unheimlich war. Dann war es soweit. Die beiden klatschten gleichzeitig auf den Beckenrand. Jas Gegner mit der Hand und Jas selbst… mit seinem ganzen Körper. Er konnte seinen Speed nicht mehr stoppen. Er knallte zuerst mit dem Kopf und dann mit den Beinen gegen die Beckenmauer. Schmerzend

schrie er auf und geriet unter Wasser. Die Schiedsrichter wussten zuerst nicht was geschehen war. Dann sprangen zwei Männer in das Becken und zogen Jas heraus. Er schien bewusstlos….
 

Als er wieder aufwachte, spürte er, dass jemand seine Hand hielt. Es war Amy. Sofort fragte der Junge, was den passiert sei. Amy erzählte ihm, dass er sich schlimm verletzt hatte. Auch Luke war anwesend. Dazu noch ein Typ im weißen Anzug. Anscheinend ein Arzt. „Schön, dass du wieder wach bist.“, meinte er. „Du hast über 6 Stunden geschlafen.“ Jas wollte aufspringen spürte aber zwei Schmerzen zugleich. Einmal von seinem Kopf. Er hatte eine Gehirnerschütterung davongetragen. Der andere Schmerz ging von seinem Bein aus. Sie waren taub. „Was… was zur Hölle ist das?“, fragte er entsetzt. Der Arzt überlegte wie er antworten sollte. „Deine Beine wurden sehr schwer verletzt. Wir haben operiert. Aber ich kann dir mitteilen, dass die Lähmung höchstens ein paar Tage, vielleicht eine Woche anhalten wird.“, versicherte er. Das erleichterte Jas. Dann sah Amy den Arzt erwartend an. Dieser redete weiter. „Ich wollte damit noch warten, aber deine Freundin, meinte du müsstest es wissen. Sie hat mir alles über deinen Traum und dein Ziel erzählt. Es tut mir wirklich Leid. Du wirst zwar nach einiger Zeit wieder schwimmen können, aber… nicht sehr gut. Vielleicht nichtmal ohne Hilfe.“ Das versetzte Jas einen Schock. „Nicht mal mit einer Physiotherapie?“, fragte er schnell. Der Arzt musste verneinen. Jas Muskeln würden nie mehr perfekt arbeiten. Dann ließ er Jas und seine Besucher allein. Amy drückte seine Hand noch

fester. „Hey… es wird alles wieder gut!“, wollte sie ihn aufmuntern. „Ja?!“, schrie sie dieser an. „Du hast den Arzt gehört, es ist vorbei!“ Amy erschrak und ließ seine Hand los. „Amy, kannst du uns kurz allein lassen?“, bat Luke sie. Dieser willigte nur unter Protest ein. Als sie draußen war, schrie Jas seinen Bruder an. „Wegen dir habe ich dieses scheiß Amulett!“ Luke versuchte ihn zu beruhigen. „Das tut mir auch wirklich Leid. Ehrlich! Mir ist so was nie passiert. Zum Glück.“ „Zum Glück. Du wolltest ja nicht um jeden Preis schwimmen!“, fuhr ihn Jas weiter an. „Kann mich dieses Amulett auch wieder heilen?“, fragte er fordernd. Als Luke schwieg, hatte er seine Antwort. In den nächsten Tagen verschlechterte sich Jas´ Stimmung sogar noch. Amys Besuche klangen ab, da er sie nur noch anschrie. Luke hatte am selben Tag die Stadt verlassen. Er fühlte sich schuldig, und sein Bruder wollte ihn ohnehin nicht mehr sehen. Jas hatte ihm das Amulett wieder zurückgegeben. Eine Woche später, wurde die Tür zu Jas´ Zimmer geöffnet. Erst dachte er es wäre Amy, doch es handelte sich um einen Mann im Anzug. Jas erkannte ihn als einen der Schiedsrichter wieder. „Guten Tag, meine Name ist Marc Alvers.“, stellte er sich vor. „Was kann ich für sie tun?“, fragte Jas und versuchte höfflich zu klingen. „Die Frage ist, was ich für dich tun kann. Du möchtest doch wieder gesund werden, oder?“ Jas nickte. „Kennen Sie einen Spezialisten?“, wurde er hellhörig. Alvers zögerte. „In Gewisserweise ja. Zunächst möchte mit dir über etwas anderes sprechen.“, sagte er und holte sein eigenes Amulett hervor. Jas war angenehm überrascht. Dieser Alvers trug also auch eines. „Die Magie hat dir das angetan, die Magie kann dich auch wieder heilen.“, erklärte er. „Ich habe mein Amulett nicht mehr.“, informierte Jas ihn. Alvers lächelte ihm entgegen. „Ein Amulett kann dich auch nicht heilen. Aber ich kenne eine Person, die das kann.“, verriet er. „Alles, was du zu tun hast, ist es dieser Person zu vertrauen. Mehr nicht.“ Jas erklärte sich sofort bereit. Wenn es eine Chance auf Heilung gab, wollte er sie nutzen. „Wer ist diese Person?“, fragte er unverzüglich. Alvers grinste. „Seinen Namen sage ich dir noch nicht. Meinen kann ich dir aber sagen. Ich meine damit nicht Alvers, sondern den Namen des Gottes, der dieses Amulett geschaffen hat. Deines entstand aus den Überresten des Gottes Imiut. Und meines stammt vom Gott des Lichts. Sokar.“

Claire wollte es zuerst nicht zugeben, doch der Ausflug in den Vergnügungspark hatte ihr wirklich Freude bereitet. Sie fragte, was die beiden als Nächstes anstellen würden, doch Jas sah auf seine Armbanduhr. „Weißt du, ich wollte noch etwas erledigen. Außerdem wird es bald dunkel. Dein Bruder wird nicht vor morgen Abend zurück sein. Was hältst du davon, wenn ich auch morgen wieder auf dich aufpasse?“, schlug er vor. Claire gefiel dieser Gedanke. Sie drückte Jas einen Kuss auf die Wange und dieser zuckte zusammen. „Wenn du einen auf die Lippen willst, wirst du dir den
 

Bart abrasieren müssen.“, meinte sie und ging voraus. Jas folgte ihr perplex.
 

Er hatte sein ‚Date’ nach Hause begleitet und war danach selbst in seine Wohnung gegangen. Er schnappte sich sein Telefon, wählte aber nicht sofort. Erst nach einer halben Minute drückte er mehrere Tasten. Er hielt es sich an die Ohren und wartete auf ein Freizeichen. Davon bekam er jede Menge. Er wollte bereits auflegen, als sich jemand meldete. „Hallo?“, tönte es aus dem Hörer. „Hi..“, erwiderte Jas sofort. „Jas? Bist dus Bruderherz?“, fragte Luke erstaunt. „Ja, ich bin’s. Ich weiß, ich hab lange nichts mehr von mir hören lassen.“, begann er. Luke brummte. „Du bist mir immer noch böse, ich versteh das.“, sprach er. Jas wollte schnell zum Punkt kommen. „Hast du das Amulett noch?“, fragte er nun. Luke zögerte einen Augenblick. „Was hast du vor?“, fragte er unsicher. Jas wiederholte seine Frage. „Ich habe es noch. Aber ich dachte, du würdest es nie wiedersehen wollen.“ „Bitte schick es mir.“, bat Jas, ohne seinem Bruder irgendwelche Fragen zu beantworten. Als dieser weiterhaken wollte, sagte Jas einfach „Du bist mir was schuldig, also schick es mir einfach.“ Als Luke zustimmte, legte Jas ohne Verabschiedung auf. Beim ersten Mal, als er Kevin gebeten hatte, ihm sein Amulett zu zeigen, hatte er es nicht. Beim zweiten Mal hatte es Jas einfach vergessen. Dabei wollte er doch unbedingt erfahren, ob es sich um dieselbe Art von Anhänger handelte. Jas ging davon aus. Sie hatten Kevin und Connor übermenschliche Kräfte verliehen, wie Jas damals. Er haderte mit sich. Sollte er Kevin von seinem Erbstück erzählen? Wenn er es zurück hatte konnte er seinem Freund vielleicht sogar beistehen. Jas hatte noch nie gekämpft, wollte aber nicht als Schwächling dastehen. Nur was, wenn er sich diesmal noch schlimmer verletzen würde? Damals waren nur seine Beine in Mitleidenschaft gezogen worden. Moment! Seine Beine? Jas musste nachdenken. Er hatte irgendetwas vergessen, dass ihm nun wichtig erschien. Richtig, damals hatte seine Zukunft als Spitzensportler geendet. Aber da war noch was. Jas konnte seine Beine kurz darauf wieder benutzen und sogar schnell schwimmen. Aber warum? Dann fiel ihm der Anzugtyp wieder ein, der sich ihm als Marc Alvers vorgestellt hatte. Er hatte außerdem noch den Namen Sokar genannt. Er wollte ihn zu jemandem bringen der sich…wie nannte sich dieser Typ bloß. Etwa… Baal? Jas schüttelte den Kopf. Diesen Namen hatte Kevin genannt. Der Typ von damals musste anders heißen. Oder es handelte sich um eine Namensgleichheit. Unmöglich, dass es sich um dieselbe Person handelte. Jas fehlte nach seinem Unfall ein ganzer Monat. Woher kam dieser Gedächtnisverlust? Was hatte er in diesen 4 Wochen erlebt? Er wusste nur noch was danach geschah. Er verließ seine Heimatstadt. Und Amy. Er hinterließ ihr keine Erklärung und drehte ihr einfach den Rücken zu. Er ging nach London um an der Universität zu studieren. Aber eines war unlogisch.

Wenn seine Beine wieder in Ordnung waren, warum verfolgte er dann nicht mehr sein Ziel? Er könnte sich doch den ein oder anderen Titel sichern. Jas viel ein Satz ein. „Verhalte sich unauffällig. Niemand soll deine wahre Gestalt erkennen.“ Wer hatte ihm das aufgetragen? War es Sokar? Oder dieser andere Baal? Jas schlenderte ins Badezimmer und wusch sich das Gesicht. Danach rieb er es sich mit Rasierschaum ein und begann damit, sich den Bart zu stutzen.
 

Kevin spürte die Erschöpfung, als er aus dem Flugzeug stieg. Er hatte von Baals früherem Wirt eine Menge erfahren. Beispielsweise Bryans Herkunft. Was Baal als nächstes vorhatte konnte er aber nicht in Erfahrung bringen. Es war klar, dass er Baal und seine Leute stoppen musste. Er war stark genug, um mit Bryan und diesem anderen Mädchen fertig zu werden. Baal selbst war ein anderes Kaliber. Kevin überlegte, ob er Connor mit hineinziehen konnte, entschied sich jedoch dagegen. Zuerst wollte er herausfinden, wo sich Baal aufhielt. Die Antwort bekam er früher, als er gedacht hatte. Völlig unerwartet wurde Kevin durch den Lautsprecher zur Information gerufen. Er hatte sie bald gefunden und eine Dame hielt ihm ein Telefon hin. Überrascht nahm er es entgegen. „Du bist von deiner Reise zurück? Hast du einiges erfahren, dass du gegen mich verwenden kannst?“, drang Baals heisere Stimme an sein Ohr. Kevin drehte sich um und ließ seinen Blick durch die ganze Halle schweifen. Waren Baal oder einer seiner Diener anwesend? „Was zum Teufel willst du?“, brüllte er in den Hörer. Die Dame neben ihm erschrak. „Dich treffen.“, verriet Baal. Kevin zögerte mit einer Antwort. „Wo?“, fragte er schließlich. Baal nannte ihm ihren letzten Kampfplatz, die alte, brüchige Lagerhalle. Kevin versprach so schnell wie möglich dort zu sein. Dass es sich dabei um eine Falle handelte war dem Jungen klar. Aber er würde in diese Falle tappen müssen.
 

Emma, Jas und Claire warteten ungeduldig in Kevins Wohnung. Er wollte heute zurück sein, schien sich jedoch zu verspäten. Jas hörte seine Mailbox ab, worauf Kevin erklärte, er hätte noch etwas zu erledigen. Jas konnte nur grinsen. Er hatte sein Handy öfters ausgeschaltet. Kevin wollte wahrscheinlich irgendwelche Fragen vermeiden. Aber wo war er im Moment?
 

Vorerst betrat Kevin die Lagerhalle unbewaffnet. Wenn Baal ihn wirklich beseitigen wollte, hätte er genug Möglichkeiten gehabt. Inklusive ein Überraschungsangriff auf dem Flughafen. Falls Baal doch gewalttätig wurde, oder gar einer seine Diener auftauchen würde, wäre Kevin schnell genug, um sein Amulett zu aktivieren. Er erblickte Baal sofort. Kevin hatte

angenommen, er würde ihn erst einige Zeit warten lassen, bevor er sich zeigte. Dem war aber nicht so. „Wird auch langsam Zeit.“, gab er von sich. „Ich bin gekommen, wie du es wolltest.“, erwiderte Kevin nur. Baal nickte ihm dankbar zu. „Du weißt, ich bin noch immer der Ansicht, dass wir zusammen Großes Bewirken könnten.“, begann er. „Stopp.“, sagte Kevin nun erprupt „Wenn es darum geht, dass du mich wieder auf deiner Seite haben willst, oder ich dir dienen soll, verlasse ich das Gebäude sofort.“, drohte er. Baal nickte abermals. „Tut mir Leid. Vor meinen Augen habe ich immer noch den kleinen Jungen, der alles tut um seiner Schwester zu helfen, und loyal zu seinem Gott ist. Aber heute scheint tatsächlich ein anderer Mensch vor mir zu stehen. Dessen bin ich mir langsam bewusst. Aber wie kommt es, dass du mir nicht vertraust? Immerhin habe ich meinen Teil der Abmachung erfüllt und deiner Schwester das Leben geschenkt.“, erzählte er. Kevin knurrte. „Na und? Selbst wenn du dein Wort gehalten hast. Ich habe meine Schuldigkeit abgearbeitet. Ich bin dir nichts mehr schuldig.“, antwortete er. Baal schien das anderes zu sehn. „Du hast mir versprochen, mir solange zu dienen, wie du selbst lebst.“, erinnerte er. Kevin wurde wütender. „Wie du

bereits sagtest. Das damals, war eine andere Person. Und jetzt habe ich ein paar Fragen!“, sagte er entschlossen. „Ich dachte du hättest alles Notwendige auf deiner Reise erfahren?“, fragte Baal nach. Kevin ging jedoch nicht darauf ein. „Mir wurde gesagt, du hättest noch etwas zu erledigen. Was könnte so wichtig sein, dass du nicht in der Unterwelt zur Ruhe kommen kannst?“ Baal ließ sich mit der Antwort Zeit. „Ich… bin ein Geist. Ich habe meinen eigenen Körper verloren und kann nur noch die von Menschen in Besitz bringen. Deswegen gebe ich alles um meinen alten zurück zu gewinnen.“, verriet er. Kevin wurde aus Baal nicht schlau. „Das verstehe ich nicht. Wie willst du das anstellen? Geht es dabei in deinem ‚Revival-Projekt’?“, hakte er nach. Baal zögerte einen Moment. „Nicht nur. In meinem Projekt geht es um viel mehr. Ich werde dir jetzt meine Geschichte erzählen.“, zeigte sich Baal geheimnisvoll. „Kurz bevor das Chaos über uns Götter herfiel, fand ich neue Diener.“ „Die Sechs heiligen Patak.“, unterbrach ihn Kevin unsanft. Baal bejahte. „Ja. Ra war ein völliger Idiot. Er wusste nicht welche Kräfte wirklich in den sechs Kriegern schlummerten. Wenn sie ihre Macht vereinen können sie die Realität vollkommen verändern. Zusammen besitzen sie eine Macht, die, die eines Gottes bei weitem übersteigt. Mit ihrer Hilfe wollte ich Seth aufhalten, aber es misslang. Sie waren noch nicht soweit. Also musste ich mich ergeben und dem Gott des Chaos dienen. Ich behielt die Seelen der Krieger über 3000 Jahre lang. Dann habe ich ihre Seelen in Kindern eingepflanzt, die einen besonders starken und einzigartigen Charakter hatten.“ „Zwei davon habe ich kennen gelernt.“, unterbrach ihn Kevin erneut. Baal stimmte ihm zu. „Als ich starb habe ich meine Kinder aus den Augen

verloren. Jetzt sammle ich sie wieder um mich. Drei von ihnen habe ich bereits gefunden. Von einem weiß ich den Aufenthaltsort und vom Vierten..." Baal grinste hämisch und redete nicht weiter. „Und was, wenn du alle zusammen hast? Was passiert dann?“, wollte Kevin unter allen Umständen erfahren. Baal lieferte ihm prompt eine Antwort. „Dann, mein lieber Schüler… werde ich meinen Körper zurückbekommen. Ich werde wie in alten Zeiten über diese Welt herrschen. Aber das ist noch nicht alles. Mit der Energie der sechs heiligen Krieger werde ich auch die übrigen Götter aus der Unterwelt befreien. Diese Welt wird dann in der Zeit zurückversetzt und Ägypten wird sich neu erheben.“ Kevin glaubte nicht, was er da hörte. Er bemerkte den Wahnsinn in Baals Augen. „Du bist einfach nur verrückt. Du weißt nicht, was du tust.“, schoss es aus ihm heraus. Baal ignorierte diesen Satz. „Wenn die alten Götter die Welt wieder beherrschen wirst du keine andere Wahl haben, als ihnen zu dienen. Ich biete dir an, dich mir anzuschließen. Natürlich kannst du auch einem anderen Gott deine Dienste anbieten, aber keiner wird dich so gut behandeln wie ich.“, sprach Baal mit einem gruseligen Unterton. Kevin hatte genug. Er aktivierte sein Amulett und

griff Baal an. „Fahr zur Hölle! Wenn ich dich beseitige, wird dein Plan nicht aufgehen!“, schrie er. Baal ließ Kevin dicht an sich heran. Er schien sich für den Stärkeren zu halten. Damit behielt er auch Recht. Er streckte seine Hand nach vorne und stieß Kevin einfach zurück. Dieser blieb jedoch auf den Beinen. Niemals würde er es sich verzeihen können, wenn er diesen Kampf verlor. Er griff erneut an, doch diesmal teleportierte Baal sich fort. Kevin durchsuchte mit seinen Augen blitzschnell die Halle, konnte ihn aber nicht entdecken. Es hörte lediglich seine Stimme. „Du hast dich also tatsächlich dazu entschieden mich zu bekämpfen? Also gut, wenn es dein Wunsch ist. Dies ist auch eine Möglichkeit der neuen Zeit zu entkommen. Ich liebe dich wie einen eigenen Sohn. Deswegen werde ich dich töten, um dich vor der Zukunft zu bewahren.“, versprach er. Kevin schauderte. Baal schien völlig den Verstand verloren zu haben. Er war noch schlimmer, als er ihn in Erinnerung hatte. Dann geschah das Undenkbare. Was ab diesem Augenblick geschah, war für Kevin einfach nur unwirklich. Baal tauchte vor ihm auf und noch bevor Kevin agieren konnte wurde er fest am Hals gepackt. Er versuchte sich zu befreien, doch seine Kräfte versagten den Dienst. Aus irgendeinem Grund konnte er sein Amulett nicht mehr aktivieren. Er wollte etwas sagen, konnte es aber nicht. Und selbst wenn, was wäre es gewesen? Niemals hätte er Baal um Gnade angefleht. Kevin wurde immer schwärzer vor Augen. Es dauerte mehrere Sekunden, bis er das Bewusstsein verlor.

Kevins Freunde begannen sich in der Zwischenzeit ernste Sorgen zu machen. „Das sieht ihm gar nicht ähnlich.“, brummte Jas. Emma sah ihn strafend an. „Na gut, es sieht im absolut ähnlich, aber ihr habt selbst erzählt, dass er ein

Überlebenskünstler ist. Ich meine nicht, dass er in einen Kampf geraten ist, aber…“, Dann beschloss Jas lieber die Klappe zu halten. „Wo könnte er hin sein?“, fragte Emma nun. „Er ist vor einer Stunde gelandet. Wo kann er in dieser Zeit hingegangen sein?“ Weder Jas noch Claire wussten eine Antwort darauf. „Was ist mit dieser Lagerhalle?“, fiel Emma nun ein. „Was sollte er dort wollen?“, erwiderte Claire sofort. „Vielleicht glaubt er noch irgendwelche Hinweise zu finden!“, warf Jas ein. Während Emma und Jas es für eine gute Idee hielten dort nachzusehen, war Claire absolut dagegen. „Wir sollten lieber warten bis er kommt. Wenn dann niemand da ist, macht er sich vielleicht unnötige Sorgen.“, meinte sie. Emma war anderer Ansicht. „Also gut, du bleibst hier. Jas und ich sehen in der Lagerhalle nach.“, entschied sie. Claire wollte widersprechen, kam aber nicht dazu. Emma rannte zur Tür hinaus und Jas konnte Claire nur anlächeln und seiner Freundin dann nachlaufen. Auf dem Weg verständigte Jas noch Connor. Es konnte nicht schaden, jemand dabei zu haben, der kämpfen konnte. „Sag mal, was ist das zwischen dir und Claire?“, traute sich Jas zu fragen. Emma sah ihn unsicher an. „Keine Ahnung. Was ist zwischen dir und Claire?“, fragte sie spitz. Jas gab sich geschlagen. Emma hatte inzwischen immer noch nicht herausgefunden, was sie so an Claire störte.
 

Das Feuer
 

Sofort als Kevin bemerkte, dass er wieder zu sich kam sprang er auf. Mit einem Male war er hellwach. Er nahm eine Abwehrhaltung ein und musterte die Umgebung. Es überraschte ihn zwar, aber er schien sich nicht mehr in der Lagerhalle zu befinden. Er hatte in einem Bett gelegen, welches sich in einem kleinen, staubigen Raum befand. Dieser bestand lediglich aus schwarzem, kaltem Stein. Es gab kein Fenster, dafür aber eine Tür. Sie war aus Metall und schien und gab kein Licht von außen preis. Kevin versuchte sie zu öffnen, aber vergebens. Er wollte sein Amulett aktivieren, erkannte aber, dass er es nicht mehr trug. Hatte Baal es ihm abgenommen? Warum hatte er ihn nicht getötet? Eines stand fest. Kevin war eingesperrt worden. Der Raum erinnerte ihn an ein altes Burgverlies. Wieder klopfte er mit beiden Händen an die Tür und schrie. Plötzlich verstummte er aber. Er nahm Schritte wahr. Vor der verriegelten Tür stoppten sie. Er hörte wie ein Schlüssel gedreht wurde. War das etwa Baal? Die Tür schwenkte nach außen auf und vor Kevin tauchte eine düstere Gestalt auf. Sie trug alte, graue Kutten. Ihr Gesicht wurde von einem Bart völlig versteckt. Wer war dieser merkwürdige Kerl? Gehörte er zu Baal? „Was willst du?“, fuhr ihn der Fremde an. „Raus.“, konnte Kevin nur sagen. Der Fremde sah ihn schief an. Dann wollte er die Tür wieder schließen, aber Kevin schob sich dazwischen. „Was soll das? Schlaf weiter!“, brüllte ihn der Fremde an. Kevin wusste nicht, wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte. Der Fremde sah nicht feindselig aus, aber dennoch schwer einzuschätzen. „Ich weiß nicht wo ich bin, und wer du bist. Aber ich gehe jetzt.“, sprach Kevin entschlossen. Der Fremde verengte seine Augen und musterte Kevin auffällig. „Keine Witze!“, fuhr er ihn an. „Ich mache keine Witze.“, erwiderte Kevin ruhig. „Wo ist Baal und wie komme ich hier raus?“, fragte er, doch der Fremde unternahm keine Anstalten ihm zu antworten. Kevin drehte sich um und wollte gehen. Dem Fremden schien dies gar nicht zu passen. Er hielt Kevin unsanft zurück. Dieser packte den Arm seines Wärters und drückte ihn nach oben. Mit der anderen Hand verpasste er ihm einen Faustschlag in den Magen. Stöhnend ging er zu Boden. Kevin sah sich genauer um. Er befand sich in einer Art Höhlensystem. In regelmäßigen Abständen entdeckte er immer wieder verschlossene Türen. Er überlegte, ob er vielleicht eine öffnen sollte, entschied sich aber dagegen. Kevin rannte bis zum Ende des Ganges, der in einer großen Halle endete. Moment! Er kannte diese Halle. Er war bereits einmal hier, doch im ersten Augenblick fiel ihm nicht ein wann. Zum Nachdenken blieb ihm auch keine Zeit. Von hinten hörte er Stimmen. „Er ist abgehauen!“, schrie jemand. Kevin ordnete sie dem

merkwürdigen Typen zu. Er schien Verstärkung bekommen zu haben. Kevin rannte in die Halle und suchte nach einem Ausgang. Er versagte. Der einzige Ausgang aus der Halle war der Raum, aus dem er gekommen war. Was sollte er unternehmen? Wenn er zurücklief, fiel er seinen Entführen in die Hände.

Dann erblickte Kevin doch einen zweiten Ausgang. Die Halle besaß keine Decke und schien mehrere Meter nach oben zu gehen. Kevin wollte Klettern, aber ohne sein Amulett machte er sich wenig Hoffnung. Schon beim ersten Anlauf krachte er unsanft zu Boden. Es war zu spät. Mindestens ein Dutzend Typen in grauen Kutten war in die Halle gestürmt. Die meisten von ihnen hatten Waffen, die sie Kevin entgegen streckten. Dieser hielt sich die linke Hand vors Gesicht. „Waffen runter.“, befahl nun jemand. Kevin nahm den arm wieder herunter, um sehen zu können wer diese Kerle befehligte. Ein dürrer, schickgekleideter Mann schob sich durch die Menge. Kevin erkannte ihn auf den ersten Blick. „Heh!“, rief er überrascht. Jetzt fiel ihm auch ein wo er war. Stumm starrte er auf den Gott der Unterwelt. Es stimmte also. Baal hatte ihn getötet. „Warum bist du nicht in deinem Zimmer?“, fragte Heh unsanft. Kevin konnte nicht sofort antworten. „Ich… bin wirklich tot?“, fragte er nach. Heh verzog eine Miene. „Ja, das bist du. Und eigentlich müsstest du es sogar wissen.“, sprach er. Kevin schüttelte stumm den Kopf. „Ich erinnere mich, dass ich von Baal angegriffen wurde, aber an mehr nicht.“, antwortete er. Heh überlegte kurz, ob er dem Glauben schenken konnte. „Ein Gedächtnisverlust? Also gut, ich glaube dir fürs Erste.“ „Wie bin ich in dieses Zimmer gekommen? Als ich das erste Mal gestorben bin war in einem Gang und wurde zu Euch geführt.“, erinnerte er sich. An Hehs Gesichtsausdruck erkannte er, dass er auch er unwissend war. „Was meinst du mit ‚Das erste Mal’?“, hakte er nach. Kevin wunderte sich, dass Heh sich nicht mehr erinnerte. „Vor zirka zwei Jahren wurde ich getötet. Ich bin in die Unterwelt gekommen und musste mich diesem Test mit der Waage unterziehen. Dann habt ihr mich zu diesen Statuen gebracht. Diese haben entschieden, dass ich wieder leben dürfe, wenn ich dieses Ungeheuer… Ammut besiege!“, erzählte Kevin stotternd. Heh sah ihn noch ungläubiger an. „Ich weiß nicht wovon du redest. Wer einmal tot ist, kommt nicht mehr zurück in die Welt der Lebenden.“, erwiderte er. Kevin glaubte sich verhört zu haben. „Aber natürlich. Ich bin zurückgegangen und habe zwei weitere Jahre gelebt!“, redete er auf Heh ein. Dieser schüttelte nur den Kopf. „Unmöglich. Ich erinnere mich an dich. Die Waage hat zu deinen Gunsten entschieden. Sie meinte, du wärst rein genug, um deine Seele nach Earu, dem Paradies zu schicken. Das Abbild deines Körpers wurde in diesem Raum aufbewahrt. Du hast zwei Jahre in Earu verbracht.“, machte ihm Heh klar. Kevin zeigte sich vollkommen verwirrt. Er verstand die Welt nicht mehr. „Was ist mit Emma? Jas? Connor und Claire?“, fragte er aufgebracht. Heh

musterte ihn. „Das hast du alles geträumt. Du hast die Unterwelt seitdem nicht verlassen. Du warst die letzten zwei Jahre glücklich, nicht wahr?“, hakte er nach. Kevin konnte nur nicken. „Das ist das Geheimnis von Earu. Du hast alles nur geträumt.“, verriet er. Das versetzte Kevin den Schock seines Lebens. „Was heißt das? Dass Emma und meine Freunde nicht real sind, oder was?“ Heh bejahte, doch Kevin glaubte ihm kein Wort. „Ich gehe!“, sagte er festentschlossen. „In deinen Raum?“, fragte Heh nach. „Nein!“, schrie Kevin. „Ich die Welt der Lebenden.“ Heh seufzte. „Das ist unmöglich. Du scheinst, dass was du in Earu erlebt hast für real zu halten. Normalerweise ist das nicht so. Ich habe keine Erklärung, warum du plötzlich aufgewacht bist.“, gestand er. Kevin wusste nicht, was er als nächstes tun sollte. „Du kannst vorerst wach bleiben, bis wir die Lösung dafür herausgefunden haben. Danach wirst du jedoch wieder nach Earu zurückkehren.“, stand für Heh fest. Kevin weigerte sich jedoch. Das alles musste eine Falle sein, ganz bestimmt. Allerdings hatte er Heh bis jetzt vertraut, warum sollte er ihn belügen. Aber dass Emma und die anderen nur ein Traum waren, war noch unwahrscheinlicher. Für Kevin war es unmöglich diese Option in betracht zu ziehen. Heh schickte seine Männer fort und reichte Kevin sie Hand. Dieser nahm sie misstrauisch entgegen. Heh schloss seine Augen und verharrte in dieser Position. Kevin wagte es nicht etwas zu sagen. „Aha!“ meinte er und schlug sie wieder auf. „Du hattest einen Alptraum. So was kommt nur selten, sehr selten vor.“, erklärte er. Kevin berichtete ihm von seinem Kampf mit Baal. „Was passiert jetzt?“, wollte er wissen. Heh sah ihn lange an. „Geh zurück in dein Zimmer. Es tut mir Leid, aber deine Erlebnisse waren wirklich nur ein Traum. Versuch wieder einzuschlafen.“, schlug er vor. Zuerst wollte Kevin nichts davon hören, folgte aber Hehs Rat. Er befand sich in der Unterwelt und es gab keinen Fluchtweg. Selbst wenn er die letzten zwei Jahre geträumt hatte, könnte er immer noch dahin zurückkehren. Kevin lag stundenlang in dem Bett. Von Schlafen konnte keine Rede sein. Der Vermummte hatte ihn wieder eingeschlossen. Kevin fielen langsam tatsächlich die Augen zu, bis er etwas krachen hörte. Sofort hastete er zur Tür und presste sein Ohr dagegen. Sie wurde wieder aufgesperrt. Kevin erwartete den Vermummten, doch es war….Connor! „Du?“, fragte Kevin verdutzt. „Wir haben keine Zeit, Emma und Jas warten in der Nähe.“, erzählte er ihm. Kevin wollte fragen war vor sich ging, doch Connor drängte ihn hinaus. Er zerrte Kevin in die andere Richtung des Ganges. Dieser spaltete sich bald auf und Connor musste selbst etwas grübeln, welcher den der Richtige sei. „Connor, was geschieht hier?“, fragte Kevin abermals. „Heh arbeitet für Baal. Er hat dich in dieUnterwelt gebracht, obwohl du noch lebst.“, erklärte dieser. Kevin nahm diese Nachricht mit gemischten Gefühlen auf. Es war also tatsächlich eine Lüge! Emma und die

anderen existierten wirklich! Aber welchen Grund hätte Heh für Baal zu arbeiten? Kevin fiel keiner ein. Er und Connor hörten Schreie. Hehs Leute waren ihnen dicht auf den Fersen. „Wohin?“, fragte Kevin, doch Connor wusste es nicht. Die beiden nahmen den Gang, der vor ihnen lag und rannten weiter. Sein Ende ließ auf sich warten und ihre Verfolger nahmen an Tempo zu. Die beiden sahen sie bereits als sie das Ende erreichten. Sie erkannten einen Ausgang. Ein großes Loch war in den Stein geschlagen worden. Dahinter war es finster. „Kevin!“, war Hehs Stimme zu hören. Kevin bereitete sich darauf vor zu kämpfen. „Ich kenne die Wahrheit!“, schrie er Heh entgegen. „Welche Wahrheit? Du hast dich von einer bösen Seele heimsuchen lassen.“, sagte dieser und deutete auf Connor. Kevin sah ihn unbeholfen an. Connor grinste eigenartig. Dann verschwand er und nur ein schwarzer Nebel blieb übrig. Dieser huschte schnellstmöglich durch die Öffnung in der Mauer. „Er kehrt nach Daut zurück.“, sagte Heh erleichtert. Kevin sah dem Wesen verwirrt nach. „Das… war nicht Connor?“ Heh schüttelte den Kopf. „Diesen Connor gibt es nur in deinen Träumen. Genau wie deine anderen Freunde. Dieser böse Geist wollte dich nach Daut bringen, um dir deine Energie zu entziehen.“, klärte Heh auf. Kevin brach zusammen. Er spürte, dass er zu weinen begann. So etwas hatte er zuletzt als Kind getan. Damals war Claire schwer verletzt worden und Kevin hatte Baals Hilfe in Anspruch genommen. Dieser hatte ihm versprochen, nie mehr weinen zu müssen. Hehs Leute brachten ihn zurück in sein Zimmer und Kevin schlief tatsächlich ein.
 

Zum zweiten Mal erwachte er in der kalten Zelle. Er wollte gegen die Tür klopfen, ließ es dann aber bleiben. Was sollte er schon tun? Er war tot. Er war die ganze Zeit tot gewesen. Er hatte sich Emma nur eingebildet. Eigentlich war das logisch. Wie sollte er in der Wirklichkeit so ein Mädchen wie Emma finden können? In Kevin wuchs die Verzweiflung. Alles was er tun konnte, war wieder einzuschlafen. Selbst wenn er wieder leben könnte, wäre dies nur ohne Emma möglich. Nein! Kevin verbannte diesen Gedanken. Er wollte in seine alte Welt zurück, und das hieß wieder einschlafen. Er legte sich wieder in sein Bett, als die Tür aufgeschlossen wurde. Kevin erhob sich nicht mal. Bis er Connor sah. Er sprang auf und schlug auf ihn ein. „Verdammt verschwinde!“, brüllte er ihn an. Connor schreckte verdutzt zurück. „Was zum Teufel hast du? Spinnst du?“, fragte ihn dieser aufgebracht. „Du bist nicht real!“, erwiderte Kevin kühl. „Ich bin… was nicht?“, hinterfragte Connor. „Du bist nur eine Seele, die meine Energie haben will.“, warf ihm Kevin vor. Connor legte fürsorglich seine Hand auf Kevins Stirn. Dann riss er ihn einfach mit sich. Kevin wehrte sich, doch Connor ließ nicht von ihm ab. Mühsam schleifte er ihn auf den Gang hinaus,

in Richtung Thronsaal. Dort warteten allerdings Heh und seine Leute auf die zwei. „Der Geist! Er ist zurück!“, berichtete er Heh stockend. Dieser nickte nur und gab seinen Leuten ein Zeichen. Connor ließ von Kevin ab, da er alle Mühe hatte sich Hehs Leute vom Hals zu halten. Er rief seine Waffe und streckte mehrere Krieger gleichzeitig nieder. „Verdammt Kevin hilf mir!“,

forderte ihn Connor auf. Kevin dachte nicht daran. Er hielt Connor nicht für real. Connor hatte es geschafft Hehs Leute zu besiegen doch nun stellte sich ihm der Gott selbst entgegen. „Verschwinde dorthin zurück, wo du hergekommen bist!“, forderte er ihn auf. Connor grinste ihm entgegen. „Das werde ich. Aber nicht ohne Kevin.“, stand für ihn fest. Heh griff ihn an und Connor wurde zurückgeschleudert. Heh war eindeutig der Stärkere. Kevin sah nur zu, bis ihm Connor etwas zurief. „Kevin, das hier ist nur eine Illusion! Hilf mir verdammt noch mal.“, flehte er. Erst als Heh zum tödlichen Schlag ausholte unternahm Kevin etwas. Er rief sein Schild und ließ die Klinge ausfahren. Es hatte funktioniert. Er hatte sein Amulett verloren, aber seine Waffe rufen können. Das sprach für Connors Version. Er griff Heh an, und dieser bemerkte die Attacke zu spät. Er schrie auf und löste sich dann in Nichts auf. Kevin half Connor hoch. „Was jetzt?“, fragte er. Connor grinste und verpasste ihm eine Ohrfeige.
 

Kevin wurde durch Connors Hilfe wieder wach. Diesmal wirklich. Er blickte sich um und fand sich in der Lagerhalle wieder. Um sich herum entdeckte er Connor, Emma und Jas. „Was zum Teufel…“, fragte er verdutzt. Connor konnte ihm sie Sache erklären. „Baal hat dich einer Illusion unterzogen, um dich auf seine Seite zu ziehen. Wir haben dich bewusstlos hier liegen sehen und ich bin in deine Gedanken eingedrungen. So konnte ich dich zurückholen.“, berichtete er. Kevin konnte das alles immer noch nicht fassen. „Dieser Scheißkerl.“, knurrte er nur. „Bist du verletzt?“, fragte die neben ihm kniehende Emma. Kevin schüttelte den Kopf. „Am besten wir gehen auf Nummer sicher.“, schlug Connor vor. „Wir bringen dich in deine Wohnung zurück.“
 

„Was gibt es?“, wandte sich Baal überrascht an Harmachis. „Ich weiß, dass wir kein Treffen vereinbart haben, aber Kevins Freunde haben ihn ausfindig gemacht. Wahrscheinlich durchkreuzen sie Euren Plan.“, sah sich das Mädchen gezwungen mitzuteilen. Baal schien dies weniger aufzuregen. „Wir haben noch genügend Versuche übrig. Was ist mit dem Feuer?“, hakte er nach. Harmachis hatte gute Neuigkeiten. „Ich denke er ist bereit. Ich werde ihn zu Euch bringen.“, meinte sie und wollte gehen. Baal hielt sie aber noch zurück. „Ich habe noch einen Auftrag für dich.“, sagte er. Harmachis hörte aufmerksam zu. „Wenn du zurück bist… wirst du den Wind töten.“, befahl

er. Harmachis reagierte darauf mit Verwirrung. „Carol? Aber sie gehört doch zu uns.“, erinnerte sie den Gott. Baal nickte. „Ja, aber es muss getan werden. Wir haben die Erde, den Wind, das Licht und das Feuer. Und ich weiß wo sich die Dunkelheit befindet. Zuerst dachte ich daran das Wasser zu opfern, aber nun habe ich mich für den Wind entschieden.“, berichtete er. Harmachis erkannte keinen Sinn in der Sache. „Ich dachte wir brauchen alle 6 Elemente für das Projekt.“, meinte sie. Baal brummte. „Nicht ganz. Die große Kraft, welche die Realität verändern kann ruht gleichmäßig in diesen 6. Nur wenn ein Ungleichgewicht entsteht gerät diese Kraft ins Schwanken. Erst dann erreicht sie ihre Vollkommenheit. Aus diesem Grund muss der Wind sterben.“, erklärte er. Harmachis nickte und versprach den Befehl sofort auszuführen. Sie hatte dieses Mädchen in den letzten Wochen kennengelernt. Dennoch musste sie Baal dienen. Das einzige, was sie beschäftige war, wie Bryan darauf reagieren würde.
 

Kevin wachte erst Mittag des nächsten Tages auf. Ausgeschlafen fühlte er sich aber nicht. Claire war nicht in der Wohnung, als aufstand. Er entdeckte nur einen Zettel, auf dem stand, dass sie zu Jas unterwegs war. Kam es Kevin nur so vor, oder spielte sich etwas zwischen den beiden ab? Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Er blickte auf die große Wanduhr und beschloss bei Jas vorbeizugehen. Er verspürte den Wunsch über die letzten Ereignisse zu reden. Außerdem wollte er Connor seine Informationen zukommen lassen. Kevin fühlte sich immer noch nicht gut, ihn in die Sache mitreinzuziehen, allerdings hatte er ihm gestern das Leben gerettet. Er startete seinen Wagen und brauchte etwa 20 Minuten bis zu Jas. Er wohnte nicht weit von der Uni entfernd. Trotzdem hatte ihn Kevin erst zweimal besucht. Er stieg aus und klingelte. Niemand öffnete. Er war scheinbar nicht zu Hause, aber wo war dann Claire? Plötzlich spürte Kevin ein warmes Gefühl auf seiner Brust. Sein Amulett reagierte auf etwas. Suchend blickte er sich um und entdeckte den Ursprung. Ein Paket war vor die Haustür gestellt worden. Kevin untersuchte es, und riss das Papier ab. Es war zwar an Jas adressiert, jedoch konnte es auch gefährlich sein. Kevin staunte nicht schlecht, als er ein anderes Amulett im Inneren vorfand. „Kevin.“, hörte er die erstaunte Stimme von Jas hinter sich. Kevin drehte sich um und hielt noch immer das Amulett in Händen. „Ich glaube ich hab da was zu erklären.“, stotterte Jas. Kevin war derselben Meinung. Jas schloss die Tür auf und bat seinen Freund hinein. Er wollte ihm etwas zu trinken anbieten, doch Kevin wollte sofort reden. Jas begann damit, ihm von seiner misslungenen Schwimmkarriere zu erzählen und wie das Amulett dafür verantwortlich gewesen war. Kevin schwieg. „Alles ok?“, fragte Jas vorsichtig. Sein Freund nickte ruhig. „Ich denke an etwas, was Sepa mal gesagt hat. Das Schicksal hat einen schlechten Humor.“, sagte er.

Jas verstand was er meinte. Es war natürlich ein ungeheurer ‚Zufall’, dass Kevins bester Freund ebenfalls eines der alten Amulette geerbt hatte. „Du sagtest, du hättest es weggegeben?“, hakte Kevin nach. Jas bejahte. „Schon, aber da diese komischen Typen aufgetaucht sind, dachte ich, ich müsse zurückholen um dir im Kampf beizustehen.“ Jas hatte mit vielem gerechnet, aber nicht, dass Kevin ihm einen Kinnhacken verpasste. „Spinnst du völlig? Das ist kein Spiel, sondern ernst. Schon zu viele sind gestorben, weil sie diese dummen Steine benutzt haben!“, redete er auf ihn ein. Jas schluckte. „Dann sind wir uns also doch ähnlicher als manche sagen würden. Du bist mein Freund, und ich will nicht, dass dir etwas passiert. Genauso ist es bei Emma.“, sagte Jas leise und sah Kevin dabei nicht mal an. Dieser beruhigte sich. „Seit wann reden wir nichtmeht?“, fragte er nun. Jas war darüber überrascht. „Ich weiß, ich hätte dir sofort davon erzählen sollen, als du aus deiner Vergangenheit erzählst hast.“, gab er zu. „Und du hast dir einen Bart wachsen lassen. Darüber hast du mich auch überrascht.“, ergänzte Kevin. Jas grinste. „Ja, das stimmt, ich dachte er sehe cool aus.“, meinte er. Kevin hinterfragte, warum er ihn dann wieder abrasiert hatte. „Daran ist eigentlich deine Schwester schuld.“, antwortete Jas lächelnd. Noch bevor Kevin nachhaken konnte, klingelte es. Jas öffnete die Haustür und starrte in Bryans Gesicht. Kevin erkannte die Gefahr sofort und stürmte zu seinem Freund. Bryan lächelte den beiden so freundlich zu, dass ein Vorbeigehender nichts Böses vermuten konnte. „Ganz ruhig, Superheld. Verhalte dich ruhig und deinem Freund passiert nichts.“, warnte er und streckte seine Hand Jas´ Brust entgegen. Dieser stockte der Atem. „Lass ihn los, du willst mich.“, warf ihm Kevin entgegen. Zu seiner Überraschung schüttelte Bryan den Kopf. „Tut mir Leid, diesmal nicht. Baal hat mir aufgetragen deinen kleinen Freund zu ihm zu bringen.“, verriet er. Kevin konnte nicht glauben, was er hörte. „Egal was er von ihm will, er wird nicht mit dir gehen.“, sagte er stur. Bryan wollte aber keine Widerrede hören. „Ich habe nicht den Auftrag ihm etwas anzutun. Dennoch mache ich dir einen Vorschlag. Baal will dich genauso. Wenn ihr beide mit mir geht passiert euch nichts. Und du kannst währenddessen auf deinen Freund aufpassen, Kevin.“, schlug Bryan vor. Kevin wollte ablehnen, doch Jas war schneller. „Einverstanden.“, erwiderte er. Bryan nickte erleichtert. Jas machte Kevin auf seine linke Hand aufmerksam. Darin hielt er immer noch sein Amulett. Kevin wusste, dass Jas sich wehren wollte, fand das aber töricht. Jas hatte sein Amulett noch nie zum Kämpfen benutzt. Draußen wartete eine Limousine und Bryan deutete den beiden einzusteigen. Widerwillig folgten die beiden. Kevin, Jas und Bryan zwängten sich auf die Rückbank. Wer den Wagen fuhr konnten sie nicht feststellen. Die ganze Fahrt über redeten sie kaum ein Wort. Nur Kevin fragte zweimal wohin die Fahrt ginge, doch Bryan schwieg. Nach einer Stunde stiegen sie aus. „Ich

habe noch eine Überraschung für euch. Falls ihr Anstallten zu fliehen macht, oder töricht genug seid, mich anzugreifen, hat Carol ein Geschenk für euch.“, grinste er und öffnete die Wagentür! „Jas!“, hörten die beiden Jungen Claire schreien. Hinter ihr stand Carol und bedrohte sie mit ihrer ‚Speer-Hand’. Kevin stürzte sich sofort auf Bryan, doch Jas brachte ihn wieder zur Besinnung. Sie durften Claire nicht in Gefahr bringen. „Das wirst du bereuen!“, flüsterte Kevin Bryan noch zu. Carol blickte Kevin überrascht an. Offensichtlich hatte sie nur Jas erwartet. „Ein kleines Bonusgeschenk für Baal.“, grinste Bryan hämisch und deutete auf einen Höhleneingang. Kevin erschauderte. War es etwa die Höhle, in der Baal mit seinem früheren Wirt lebte? War es das Gewölbe, das Kevin früher als Trainingsort gedient hatte. Immer wieder blickte er zu Bryan und Carol. Wenn einem der beiden ein Fehler unterlief, musste er ihn ausnutzen. „Tut mir Leid, dass das hier passiert.“, raunte er Claire zu. Diese sah ihn ängstlich an. Was würde nun mit den Dreien passieren?
 

Kevin, Jas und Claire gingen voraus, während Bryan und Carol behutsam auf ihre Geiseln aufpassten. „Was haben sie vor?“, raunte Jas seinem Freund unauffällig zu. Dieser hätte ihm gern geantwortet, wusste es aber auch nicht. „Wenn sie uns töten wollten, hätten sie es bereits getan.“, flüsterte er. Jas empfand die Antwort nicht wirklich als Zufriedenstellend. „Aber du hast doch einen Plan?“ Kevin grinste ihn lediglich an. Die Höhlenwände wurden breiter und endeten in einer großen Halle. Kevin hatte sich vorhin also nicht getäuscht. Hier wurde er als Kind trainiert. Dass er jetzt wieder hier war, jagte ihm Angst ein. „Endlich.“, hörte er Baals Stimme. Als er Kevin erblickte, sah er zu Bryan. „Ohne ihn ging es nicht.“, erwiderte dieser. Baal verstand. „Also gut…“ Noch bevor Baal weiterreden konnte, ergriff Kevin die Chance. Er ließ sein Schild mit der Klinge erscheinen und stürzte sich auf Bryan. Da sich dieser zwischen Kevin und Baal gestellt hatte, war es ein leichtes ihn von hinten zu packen und die Klinge auf seinen Hals zu richten. Baal lachte auf. „Immer noch der Alte.“, schien er sich sogar über die Situation zu amüsieren. Kevins Plan war einfach. Er hatte erkannt, dass Bryan und Carol ein Paar waren. Wenn er damit drohte Bryan etwas anzutun, würde Carol Claire ohne Zögern laufen lassen. Anders lag die Sache, wenn Baal sie einer Gehirnwäsche unterzogen hatte, wie ihn damals. Kevin ging das Risiko trotzdem ein. „Jas bleib dich bei mir.“, rief er seinem Freund zu. Das ließ sich dieser nicht zweimal sagen. „Ihr habt es gehört!“, sagte Kevin und sag abwechselnd zu Carol und zu Baal. Kevins ehemaliger Lehrer trat näher, doch Kevin meinte es ernst. „Was deinen Freund Jas angeht: Ihn kann ich nicht laufen lassen. Vor fünf Jahren habe ich etwas in ihn eingepflanzt, das bald gedeihen wird. Und was deine Schwester angeht: Lassen wir sie

doch selbst entscheiden.“, schlug er vor. Kevin wusste nicht, was er mit seinen Äußerungen meinte. Claire enternde sich nun von Carol, ohne, dass diese auch nur einen Finger rührte. Hatte Kevin etwa gewonnen? „Bleib bei mir.“, sprach Kevin, doch Claire spazierte einfach an ihm vorbei. Er riss entsetzt die Augen auf, als er sah, dass sich Claire vor Baal verbeugte. Damit hatte er nicht gerechnet. „Claire, was machst du da? Komm ihm nicht zu nahe!“, warnte ihr Bruder. Claire sah ihm direkt in die Augen. Was war das? Diesem Blick hatte sie ihm noch nie zugeworfen. Er widersprach völlig dem Charakter, den Kevin in den letzten Tagen bei seiner Schwester festgestellt hatte. Er war kalt und voller Verachtung. „Verdammt Kevin!“, schrie sie. „Ich habe mich so gefreut, dich wiederzusehen. Warum musstest du mich verraten? WARUM?“, begann Claire beinahe zu heulen. Kevin verstand die Welt nicht mehr, und Bryan nutzte das aus. Er riss sich aus seiner Umklammerung und huschte zu Carol. „Claire, was passiert hier?“, fragte Kevin abermals. „Sie gehört zu ihm.“, sagte Jas leise. Kevin blickte ihn an, konnte es aber nicht glauben. „Was meinst du mit verraten?“, erkundigte er sich. Claire schnappte hörbar nach Luft. „Baal sagte mir, ich könne dich besuchen. Du würdest dich uns bald wieder anschließen. Darauf habe ich mich gefreut. So fürchterlich gefreut! Aber jetzt muss ich erfahren, dass du unseren Gott betrogen hast! Was ist aus dir geworden?“, bombardierte sie ihn mit der Wahrheit. Kevin war machtlos etwas zu sagen. Dann kam die Erkenntnis. Baal hatte sie einer Gehirnwäsche unterzogen. „Wie lange? Wie lange siehst du Baal schon als deinen Gott?“, fragte er so ruhig wie möglich. Claire antwortete sofort darauf. „Gleich nachdem er meine Verletzungen geheilt hat. Unser alter Gott wäre nie auf die Idee gekommen so etwas zu tun.“, erzählte sie. Kevins Herz schlug immer schneller. Also seit ihrer Kindheit. „Ich habe mich Baal angeschlossen, um dein Leben zu retten. Ich habe gelitten, damit du leben kannst!“, warf er ihr vor. Claire reagierte nicht. „Baal hat dir erlaubt an seiner Seite zu kämpfen. Du solltest ihm unendlich dankbar sein und ihn und mich nicht verraten!“ Baal legte fürsorglich seine Hand auf Claires Schultern. „Bleib ruhig und konzentrier dich.“, bat ihn Jas. „Das da vorne ist eine völlig andere Person, als die, die ich die letzten Tage kennengelernt habe. Sie war gutmütig und witzig. Das da vorne ist jemand anders.“ Kevin wusste nicht, was er sagen sollte. „Wie du siehst hat sich deine Schwester für die richtige Seite entschieden.“, meldete sich Baal nun wieder. „Jetzt passiert folgendes: Claire und Jas bleiben hier. Bryan und Carol werden dich nach draußen begleiten.“, erklärte Baal. Davon wollte Kevin absolut nichts hören. „In deinen Träumen. Claire magst du vielleicht einer Gehirnwäsche unterzogen haben, aber Jas werde ich beschützen.“, stand für ihn fest. Baal nahm ihn nicht ernst, sondern schlug seine Hände zusammen. Er begann etwas auf in einer fremden Sprache zu murmeln. „Ich

habe noch das Amulett.“, flüsterte Jas seinem Freund zu. „Nein!“, flüsterte Kevin zurück. Jas war jedoch zu starrköpfig, um auf seinen Freund zu hören. Er ergriff die Kette des Amuletts mit beiden Händen und schlang es um seinen Hals. Bryan entging das natürlich nicht, also bereitete er sich auf einen Kampf vor. „Nein!“, zischte ihm Claire zu. Baal murmelte weiter merkwürdige Sätze. „Wie bekomme ich so ein cooles Teil wie du?“, spielte Jas den Selbstsicheren. „Jas, verdammt, ich sagte dir, du sollst es nicht tun. Wenn sie dich als Gegner ansehen, kann es gefährlich werden.“, schnauzte ihn Kevin an. „Keine Angst Bruderherz. Er wird sich nicht gegen uns erheben. Eher wird er sich uns anschließen.“, verkündete Claire. Kevin stutzte. Was meinte sie? Die Antwort folgte auf dem Fuße. Jas´ Beine versagten ohne Vorwarnung den Dienst. Er griff sich an die Kehle, da er scheinbar keine Luft mehr bekam. Kevin stürzte zu seinem Freund, ließ seine Feinde aber nicht aus den Augen. Jas hustete sich die Seele aus dem Leib. Dann brach er bewusstlos zusammen.
 

Die Augen Gottes
 

In den letzten Stunden war Kevin gezwungen gewesen zuzusehen wie seine Schwester von Baal einer Gehirnwäsche unterzogen wurde. Doch der Höhepunkt des Tages stand noch bevor. Kevin hatte erleichtert festgestellt, dass Jas noch atmete. Für ihn gab es keinen Zweifel, dass Baal für seinen Zustand verantwortlich war. „Was hast du mit ihm gemacht?“, warf er ihm an den Kopf. „Ruhe!“, wies ihn Claire zurecht. „Er muss sich konzentrieren. Diese Beschwörungsformel soll dazu genutzt werden, um in Jas das Feuer zu wecken.“, verriet sie. Kevin wusste zuerst nicht, was sie meinte, doch dann durchzuckte es ihn wie einen Blitz. Kaum hatte Baal sein gruseliges Gebet beendet, stöhnte Jas auf. Kevin kam ihm sofort zu Hilfe und reichte ihm die Hand. Jas starrte sie zuerst unsicher an, schlug sie dann aber weg. Kevin kam ein grauenvoller Verdacht. Als er Jas´ Gesicht sah, erstarrte er. Keine Spur von Angst oder Zweifel war darin zu finden. „Nicht… du auch noch.“, brachte Kevin grade noch heraus. Jas brauchte etwas, um sich zu Recht zu finden. Sofort ergriff er sein Amulett und nahm es ab. Er presste seine Hand fest zusammen und Kevin sah zu, wie sich der – sonst als unzerstörbare – Stein in Kohle verwandelte. Jas ließ ihn fallen und griff Kevin ohne Vorwarnung an. Dieser konnte zum Glück ohne Schwierigkeiten ausweichen, dennoch spürte die Luft, die Jas´ Faust erwischt hatte. Sie war erhitzt. Das hatte Claire also mit ‚Feuer’ gemeint. „Sehr gut!“, sprach Baal nun. „Damit währen wir fast komplett.“, stellte er zufrieden fest. Kevin blickte ihn hasserfüllt an. „Du wirst es vielleicht schon erraten haben, aber ich bin deinem Freund bereits vor Jahren begegnet. Ich habe seine Seele auserwählt, um mit der von Harendotes, dem Feuer zu verschmelzen. Damit sind bereits Vier der Sechs heiligen Patak zu mir zurückgekehrt.“ Kevin war unschlüssig. Nicht nur Claire schien nicht mehr wie sie selbst denken zu können, sondern auch Jas war nun jemand anders. Vor ein paar Minuten hatte er noch Jas als Unterstützung jetzt war er aber allein. Für Kevin war das nichts ungewöhnliches, besonders nicht in Kämpfen. Aber sollte er wirklich gegen seine Schwester und seinen besten Freund antreten? Er wollte sie nicht verletzen, aber irgendwie musste er beide zur Besinnung bringen. Allerdings konnte nur einer die zwei von den Seelen der Patak befreien. Baal. Aber wie sollte Kevin ihn dazu bringen? Er hatte alle Karten in der Hand, und er wusste, dass Kevin niemals Claire und Jas angreifen würde. „Es ist schön, wieder da sein. Erlaubt mir den übrigen Feind zu beseitigen.“, bat Jas nun Baal. Dieser verweigerte ihm allerdings die Freude. Kevin schnaubte. Was Jas und Claire für ihn waren, schien er für Baal zu sein. Dieser Gedanke war scheußlich. „Gib Jas frei!“, verlangte er von dem Jungen, der seinem Freund so ähnelte. „Tzz. Keine Angst, ich bin noch Jas. Ich habe seine Erinnerungen und seinen Geist. Und seine Schwäche. Aber das Feuer hat einen neuen Krieger erschaffen.“, verriet er. Kevin wollte nichts weiter hören. Er wollte einfach nur den Geist von Harendotes aus Jas herausholen. Dann würde sein Freund wieder normal werden. Und dann war Claire an der Reihe. Würde es bei ihr auch so einfach funktionieren? „Kevin, ich bitte dich jetzt zu gehen.“, säuselte Baal. Kevin glaubte nicht recht was er hörte. „Spinnst du total? Ich verschwinde erst, wenn die beiden wieder die Alten sind!“, schrie er. Baal knurrte. „Das wird nicht geschehen. Ich werde meine Kinder nicht noch einmal verlieren. Das Selbe gilt für dich.“, fuhr er Kevin an. Dieser entschied sich zu einer Verzweiflungstat. Er ließ seine Klinge erscheinen und griff den Gott an. Claire schob sich vor ihn, als wäre es das Selbstverständlichste. Kevin brach den Angriff natürlich ab. Baal grinste, da er triumphiert hatte. „Wie du siehst, sind die, die du liebst nun auf meiner Seite. Wenn du sie behalten willst, kehre zu mir zurück. Ich werde dir deinen Verrat verzeihen.“, bot er an. „Du bist einfach nur Widerwärtig.“, fand Kevin. „Jas, du weißt wo es hingeht.“, rief Baal nun über Kevins Rücken seinem Freund zu. Dieser nickte und begann damit sich fortzuteleportieren. Kevin sollte ihn stoppen, griff aber ins Leere. „Verdammt!“, brüllte er. „Eine Sache noch.“, meinte Baal. Claire, du hast noch etwas zu erledigen, danach komm in unser neues Versteck.“, trug er Kevins Schwester auf. Diese nickte, und Baal verschwand selbst. Bryan reagierte etwas verwirrt. „Baal hat uns nicht aufgetragen, was weiter passieren soll.“, gab er seine Unwissenheit zu. Claire lächelte ihn an. „Greif Kevin an. Keine Angst, ich passe inzwischen sogar auf deine Freundin auf.“, sagte sie und legte ihren Arm freundschaftlich um Carol. Diese blickte Bryan unsicher an. Der Junge nickte und wandte sich Kevin zu. „Komm nur her!“, schien dieser besonders wütend zu sein. Kaum griff Bryan seinen Feind an, hörte er einen kläglichen Schrei von Carol. Er drehte sich um, und achtete dabei auch nicht, was Kevin unternahm. Er wurde kreidebleich, als er sah, dass Carol zusammengesunken auf dem Boden lag. Auch Kevin konnte nicht glauben, was passiert war. Claire hatte plötzlich ein Messer in der Hand gehalten und es Carol in den Rücken gerammt. Es war schaurig gewesen, vor allem, da niemand damit gerechnet hatte. „Wir sehen uns bald wieder.“, warf sie Kevin zu und verschwand dann selbst. Wahrscheinlich an den Ort, an dem bereits Baal und Jas auf sie warteten. Aber warum tötete sie Carol und ließ Bryan zurück. Kevin, der wusste, dass die beiden einander liebten, wusste was Bryan gleich durchmachen würde. Er ließ seine Waffe verschwinden, da diese nicht mehr notwendig sein würde. Bryan war zu Carol gestürzt und hatte sofort die tödliche wunde entdeckt. Er zog das Messer ohne Vorwarnung heraus und versuchte seine Freundin wach zu halten. „Carol! Carol!“, schrie er entsetzt. „Bryan…“, bekam das Mädchen gerade noch

heraus. Obwohl beide seine Feinde waren, bedauerte Kevin die Situation. Er kannte jetzt den Grad, von Claires Gehirnwäsche. Die Gewissheit, dass er und seine Schwester dasselbe Schicksal erlitten hatten, war grauenvoll. Er sah zu, wie Carol in Bryans Armen starb. Er tat nun etwas, was er selbst für human hielt. Er näherte sich Bryan und schlug auf dessen Nacken. Bewusstlos sank er zusammen. Er sah zu Carol und seufzte. Wenn Bryan aufwachte, würde die Gewissheit zurückkehren. Kevin wollte Information von ihm. Wenn nötig, wollte er diese sogar durch Folter erzwingen. Aber würden diese bei Bryans Schmerzen auch Erfolg bringen? Er packte Bryan und teleportierte sich und ihn fort. In seiner Wohnung legte er den Bewusstlosen auf seinen Coach und kontaktierte Connor und Emma. Er musste ihnen die schrecklichen Neuigkeiten mitteilen.
 

Claire war währenddessen zu Baal und Jas zurückgekehrt. „Was ist mit ihm?“, fragte sie zögernd, als sie sah, dass Jas scheinbar Schmerzen hatte. „Keine Sorge, es ist nichts weiter. Der Junge braucht nur etwas, um sich an seine neue Aufgabe zu gewöhnen.“, beruhigte Baal sie. „Was… geschiet weiter?“, war ihre nächste Frage. Die drei befanden sich in einem Hochhaus. Dem Ausblick nach in einem der oberen Stockwerke. Ein Großteil der Stadt war überschaubar. „Du meinst das Projekt? Du hast den Wind getötet, das Projekt tritt in die nächste Phase ein.“, provezeite er. Claire stutzte. „Was ist mit Bryan?“, wollte sie wissen. Baal brummte. „Er wird zurückkehren, keine Angst. Im Moment hasst er mich zwar, aber das wird sich legen.“, erklärte er. Claire zweifelte daran, ließ es sich jedoch nicht anmerken. „Und Kevin?“, lenkte sie das Gespräch auf ihren Bruder. „Kevin!“, rief Baal laut. „Mein Schüler wird ebenfalls zu uns stoßen. Früher oder später. Eher früher, da er immer noch glaubt dich und Jas zu bekehren. Was die heiligen Patak angeht: Die Dunkelheit ist bereits auf dem Weg hierher. Und das Wasser wartet darauf abgeholt zu werden.“, erzählte er. Claire kniete sich vor Baal hin. „Ich werde mich sofort auf die Reise begeben.“, versprach sie. Baal schüttelte den Kopf. „Nein. Jas soll das machen.“, befahl er. Die Gedanken des Jungen wurden klarer. „Nein! Ich will gegen Kevin kämpfen!“, fuhr er Baal an. Claire zog sofort ihr Messer und hielt es Jas an die Kehle. Dieser reagierte nicht. „Wenn du unseren Gott noch einmal anschreist wirst du es bereuen!“, drohte sie ihm. Baal musste grinsen. Er hatte sich die beiden gefügig machen können. „Nein, Jas, du wirst das Wasser abholen. Das wird deine Feuertaufe. Kevin läuft dir nicht davon.“, meinte er. Jas beugte sich nur widerwillig diesem Befehl. „Unten wartet eine Limousine, welche dich in eine andere Stadt bringen wird. Das Wasser wartet auf dich.“, erklärte er. Jas nickte gehorsam und verabschiedete sich. „Seit Ihr sicher, Jas kann so eine Aufgabe schon bewältigen?“, fragte Claire vorsichtig. Baal schien sich aber keine Sorgen zu machen. „Das Feuer ist sehr temperamentvoll. Dennoch wird Jas meinen Befehl ausführen und wir werden bald komplett sein.“

„Wo ist er jetzt?“, erkundigte sich Connor nach Bryan. Kevin zögerte, zeigte dann aber auf sein Schlafzimmer. „Einer sollte ihn bewachen.“, schlug Connor vor. Kevin fand das unnötig. „Der Einzige, den er bekämpfen will, wenn er wieder wach ist, wird Baal sein. Für uns stellt er keine Gefahr mehr dar.“, versicherte er. „Aber Jas!“, warf Emma bereits zum vierten Mal ein. „Ich werde ihn zurückholen, ganz bestimmt. Genauso wie Claire!“, machte er ihr Mut. Emma schnaubte ärgerlich. „Wieso Claire? Sie hat uns doch erst in diese Situation gebracht!“, erinnerte sie. Das Mädchen erinnerte sich wieder an Claires merkwürdige Blicke. Warum hatte sie Kevin nicht davon berichtet? Hätte er etwas unternommen? Vermutlich nicht, er war einfach zu blauäugig. „Baal hat sie ebenfalls einer Gehirnwäsche unterzogen. Sie mag für Jas´ Wandel verantwortlich sein, aber sie hat es nicht absichtlich getan. Ich kenne sie, und weiß, dass das nicht sie selbst war.“, meinte er energisch. Emma sah ihn durchdringend an. „Aber… du kanntest sie nur als Kind. Menschen können sich verändern.“, sagte sie leise. Kevin verstand nicht ganz. „Worauf willst du hinaus?“, fragte er. „Wenn Baal sie bereits von kleinauf beeinflusst hat, hat sie sich genau wie du entwickelt. Das heißt, sie kann nicht mehr zu dem kleinen Mädchen werden, an das du dich erinnerst. Selbst wenn wir sie von Baals Bösartigkeit überzeugen können, braucht sie genauso lange wie du um Unabhängig zu werden.“, antwortete Connor für Emma. Kevin wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Dann vernahmen alle Drei ein Stöhnen. Es kam aus Kevins Schlafzimmer.
 

Carol erschrak fürchterlich, als Bryan mit Begleitung des Schwarzen zurückkehrte. Zuerst dachte sie, er hätte Bryan als Geisel genommen, doch dieser schien freiwillig bei ihm zu sein. „Es ist alles gut.“, beruhigte er seine Freundin. Carol sah das aber anders. „Dieser Typ hat gerade einen Menschen umgebracht!“, warf sie ihm an den Kopf. Einige Passanten drehten sie zu der Gruppe um und musterten sie argwöhnisch. Bryan bat Carol mitzukommen. Zuerst weigerte sie sich, wollte Bryan dann aber doch vertrauen. Als er sie jedoch in eine enge Gasse zog und Sobek ihnen folgte, wurde sie wieder unschlüssig. „Ich habe dieses Insekt nur beseitigt, um euch beide zu schützen. Ich wollte mit deinem Freund sprechen. Er hat darum gebeten, dich mitnehmen zu dürfen.“, verriet Sobek, den Bryan kurz zuvor vorgestellt hatte. „Wohin?“, fragte Carol eiligst. „Zu Baal.“, verriet Sobek nach einer kleinen Pause. Damit war Carols Frage nicht wirklich beantwortet. Sobek streckte seinen Arm aus, und bat die beiden ihn zu ergreifen. Während Bryan sofort folgte, zögerte Carol. Sobek blickte dem Jungen zu. Dieser griff nach Carols Hand und Baals Diener begann mit der Teleportation. Die Drei fanden

sich in einer Art Stollen wieder. Carol ließ Bryans Hand nicht los und folgte Sobek, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Er führte die beiden in eine große Halle, in der sich noch jemand befand. Er sah etwas alt und gebrechlich aus. Das gruseligste Merkmal war jedoch seine weiße Maske, die nichts vom Gesicht preisgab. „Baal?“, wandte sich Bryan an Sobek. Dieser antwortete nicht, sondern bat sie näher zu treten. „Sehr gut, Sobek. Du darfst dich jetzt entfernen.“, trug ihm der Maskenmann auf. Dieser folgte dem Befehl sofort und verschwand. Baal machte anstallten aufstehen, was ihm aber schwer zu fallen schien. „Ich will solche Kräfte wie Sobek.“, sprudelte es aus Bryan heraus. Baal musterte ihn. „Was geht hier vor?“, fragte Carol ängstlich. Anstatt Bryan erhob Baal seine Stimme. „Dein Freund möchte dich anscheinend beschützen können. Er möchte Kraft, die ich ihm sogar geben kann und möchte. Genau wie dir, Mädchen. Ihr werdet die Seelen der Erde und des Windes bekommen.“, sprach er. Für Carol hörte sich dies wie das Geschwätz eines Verrückten an. Baal torkelte zu einer Truhe, öffnete sie und holte etwas heraus. Er schritt zu Bryan und Carol und diese erspähten zwei farbige Glaskugeln. Eine war braun und die andere farblos und durchscheinend. „Wenn ihr diese beiden in euch aufnehmt, werdet ihr unbesiegbar. Wie entscheidet ihr euch?“, fragte er fordernd. Bryan schluckte und griff nach der braunen Perle. Kaum hatte er sie berührt, wurde sie von seiner Hand absorbiert. Erschrocken zog er sie weg, doch die Perle war bereits in seinen Körper getaucht. Bryan spürte die neue Kraft bereits in sich. Erwartungsvoll blickte er zu Carol. „Nein, ich nehme diese Dinger nicht.“, sagte sie bestimmt. Bryan aber wollte, dass sie stark genug war, um sich zu schützen. Deswegen redete er solange auf sie ein, bis sie zustimmte. Auch sie absorbierte die Perle und wurde stärker. Baal grinste zufrieden. „Sehr gut, meine Kinder. Ihr seid jetzt meine Zukunft.“, sagte er.
 

Das war das erste an was sich Bryan erinnerte. ER hatte sie dazu gebracht die Perle anzunehmen. ER war für Carols Tod verantwortlich. Diese Erkenntnis, schockte ihn. Er wollte sie beschützen, und hatte alles falsch gemacht. Diese Kraft, hatte sie ihr Leben gekostet. Baal hatte sie und ihn verraten. Warum wusste er nicht. Er war Baal dankbar gewesen, und er hatte Carol töten lassen. Aber er hasste ihn nicht. Zumindest noch nicht. Jetzt beschäftige ihn nur die Erkenntnis von Carols Tod. Er konnte weder weinen, noch schreien. Er war vor einigen Minuten erwacht, bewegte sich aber nicht. Vor seinen Augen sah er immer noch, wie er Carol in den Armen hielt, als sie starb. Er hörte wie die Zimmertür geöffnet wurde. Er hatte noch nicht einmal realisiert, wo er sich befand. Er sah Kevin und Connor eintreten, die ihn stumm ansahen. Connor bereitete sich auf einen Kampf vor, während Kevin gar nichts tat. „Bitte.“, stöhnte Bryan. „Tötet mich.“ Connor blickte ihn

überrascht an. „Er erinnerte sich wieder.“, erklärte Kevin. Nun erkannte auch Connor, dass Bryan keine Gefahr mehr darstellte. „Warum tötet Baal einen seiner Leute und lässt einen anderen völlig fertig zurück?“, fragte Connor verdutzt. Kevin konnte ihm diese Frage nicht beantworten. Genauso wenig glaubte er, dass Bryan ihnen irgendetwas verraten konnte. „Er weiß vielleicht, nichts über Baals Pläne, aber sicher wo sich dieser im Moment befindet.“, meinte Connor. Kevin stimmte ihm zu. „Trotzdem. Er wird nicht reden. Das Einzige, womit wir ihm drohen können, wäre der tot, aber darum bittet er uns ja sogar.“ Connor verstand. „Ich gehe.“, sagte er schließlich. „Wohin?“, fragte Kevin erwartend. Connor griff nach seinem Amulett. „Baal trägt doch auch eines von diesen Dingern oder? Es wird reagieren, wenn ich in seine Nähe komme.“, schlug er vor. Kevin hielt dies für eine Schnapsidee. „Du müsstest durch ganz London laufen. Außerdem wissen wir nichtmal, ob er sich noch in der Stadt befindet.“, meinte er. Connor ließ sich aber nicht von seinem Plan abbringen. „Egal, es ist die einzige Chance, die wir haben.“, sagte er bestimmt. Kevin nickte und war ihm sogar dankbar. Die beiden verließen das Schlafzimmer und ließen den unter Schock stehenden Bryan allein zurück. Connor verabschiedete sich und machte besonders Emma große Hoffnungen etwas zu finden. Kaum hatte er die Wohnung verlassen, umarmte Emma Kevin zärtlich. „Es tut mir Leid.“, flüsterte der Junge. Emma schüttelte den Kopf und erzählte von ihrem Gefühl. „Niemand ist dafür verantwortlich.“, sagte sie. Kevin war anderer Ansicht. „Doch! Und zwar Baal. Und ich werde ihn dafür zur Rechenschaft ziehen.“ Emma sah ihn unsicher an. Soviel Wut hatte sie lange nicht mir bei ihm gesehen. Dann wanderte ihr Blick zum Schlafzimmer. „Was ist mit diesem Bryan?“, fragte sie. Kevin seufzte. „Er hat das verloren, was er am meisten geliebt hat. Wenn ich mir vorstelle, dass du…“, begann er, doch Emma schnitt ihm den Satz ab. „Mir geht es aber gut! Und du musst dir um mich keine Sorgen machen.“, redete sie auf ihn ein. Kevin nickte. „Trotzdem. Solange Baal sein Unwesen treibt, möchte ich, dass du gehst. Fahr einfach ein paar Tage weg.“, schlug er vor. Emma war aber strikt dagegen. „Kommt nicht in frage. Du brauchst mich jetzt. Ich muss auf dich aufpassen, sonst machst du sicher wieder etwas Dummes.“, stand für sie fest. Kevin lächelte sie dankbar an und drückte sie an sich.
 

Jas hasste seinen Auftrag. Er sollte ein Mädchen namens Eve abholen und zu Baal bringen. Das hätte auch jeder Lakai machen können, und das wusste Baal auch. Wollte er ihn testen? Seine Loyalität überprüfen? Noch etwas bereitete Jas Sorgen. Sein anderes Ich, schien stark zu sein. Der alte Jas kämpfte mit ganzer Macht gegen ihn an. Aber noch konnte er ihn unterdrücken. War das der Grund für Baals Misstrauen? Die Fahrt hatte

mehrere Stunden gedauert. Jas wusste nicht, wo er sich befand, aber er hatte London mit Sicherheit verlassen. Der Wagen stoppte und Jas riss die Tür auf. Er hasste den Gedanken, an die Rückfahrt, mit der er noch mehr Zeit verschwenden würde. Er hatte eine Menge neuer Fähigkeiten, doch da er seinen Zielort nicht kannte, half auch eine Teleportation nichts. Er bereute es nicht, dass er sein Amulett vernichtet hatte. Es war einem anderen Gott als Baal gewidmet und somit Müll. Jas sah sich um und erblickte einen Jahrmarkt. Er schien geschlossen zu sein, was nicht zuletzt das Eisentor verriet. Jas griffen nach dem Schloss und ließ es in seiner Hand schmelzen. Er riss das Tor auf und betrat das Gelände. Die Zelte waren zusammengeklappt und Wohnwagen waren nebeneinander gereiht. Jas wusste nicht, welcher der Richtige war, weshalb er sich den Erstbesten vornahm. Der Mann, der ihn bewohnte musterte ihn misstrauisch. Jas Augen gaben etwas Gefährliches wieder, weswegen der Mann auch nicht nach dem unbefugten Betreten fragte. Jas erkundigte sich nach einem Mädchen, zwischen 13 und 16. „Du meinst sicher die kleine Eve. Das ist die Tochter unseres Magiers, such einfach nach einem blauen Wohnwagen, dann wirst du fündig.“, erhielt er die Antwort. Ohne sich zu Bedanken ging Jas weiter. Der Mann sah ihm stirnrunzelnd nach. Der blaue Wohnwagen war schnell gefunden und Jas klopfte an. Ein älterer Herr mit einem Umhang, der vor aufgemalten Sternen überquoll, öffnete ihm. „Ja?“, fragte höfflich. „Ich möchte zu Eve.“, erwiderte Jas höfflich, aber bestimmt. Der Magier schien zu überlegen, ließ ihn dann aber ein. Er rief seine Tochter und Jas sah zum Ersten Mal seine Zielperson. Ein junges Mädchen, mit Rock und Schleife im Haar kam hinter einem Vorhang hervor. Ihre Gesichtszüge waren allerdings alles andere als kindlich. Sie blickte ernst und betrachtete Jas von allen Seiten. „Lass uns bitte allein.“, bat sie ihren Vater. Dieser zögerte erst, verließ dann aber den Wohnwagen. „Du bist also das Wasser.“, sagte Jas zufrieden. Eve nickte. „Und du das Feuer.“, erwiderte sie. „Wenn du alles weißt, muss ich ja nichts erklären. Begleite mich einfach.“, sprach Jas. Doch Eve setzte sich einfach. Sie nahm einen Stapel Karten vom Tisch und legte sie auf. „ Für so was haben wir keine Zeit.“, behaarte Jas, doch Eve ließ sich von nichts abbringen. Sie legte ein paar Karten verdeckt und drehte sie der Reihe nach um. „Tut mir Leid.“, sagte sie schließlich. „Ich kann noch nicht mir dir gehen.“, verriet sie. Das war allerdings nicht das, was Jas hören wollte. „Dieser Befehl stammt von Baal.“, erklärte er. Eve nickte verständnisvoll. „Trotzdem. Selbst Baal muss sich dem Schicksal unterordnen. Meine Zeit ist noch nicht gekommen. Ich kann erst zu euch stoßen, wenn ihr eine große Schlacht gewonnen habt.“, erzählte sie. Jas knurrte verärgert. Er hatte von Baal den Auftrag bekommen sie mitzubringen. Aber sollte er sie verletzen, wenn sie sich weigerte. „Sprich… doch einfach

noch mal mit Baal. Er wird die Sache verstehen.“, meinte Eve. Jas seufzte. Er konnte nicht sofort Kontakt mit seinem Gott aufnehmen. Auch auf die Gefahr hin weitere lange Autofahrten machen zu müssen, verabschiedete er sich von Eve. „Wir sehen uns wieder.“, meinte er und sprang aus dem Wohnwagen. Eve drehte eine weitere Karte um. „Hm… Wie es aussieht werden wir uns wohl nicht wiedersehen.“, sprach sie und machte ein bekümmertes Gesicht.
 

„Was heißt das er ist weg?“, fragte Kevin verdutzt. Emma hatte die Tür zum Schlafzimmer einen Spaltbreit geöffnet und entdeckt, dass Bryan verschwunden war. Kevin konnte sich selbst ohrfeigen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Bryan so schnell wieder auf den Beinen war. „Ich dachte, er würde nach seinem Schock erstmal trauern. Jetzt weiß ich, dass er diese Phase übersprungen hat und auf der Suche nach Baal ist. Dieser Idiot! Selbst wenn er ihn findet, wird er getötet werden.“, sagte Kevin ärgerlich. „Was unternehmen wir jetzt?“, hakte Emma nach. Kevin hatte bereits einen Entschluss gefasst. „Ich suche ihn. Du wartest hier auf eine Nachricht von Connor.“, erklärte er. Emma war einverstanden. „Und er ist sicher nicht gefährlich?“, fragte sie sicherheitshalber nach, Kevin schüttelte den Kopf. „Nein. Wenn er jemanden angreift, dann Baal oder Claire. Aber gegen mich hat er jetzt sicher nichts mehr. In Irgendeinerweise sind wir jetzt sogar Verbündete.“
 

Baal war natürlich weniger erfreut zu hören, dass Jas seine Aufgabe nicht erledigt hatte. „Hätte ich sie mit Gewalt herbringen sollen?“, erkundigte sich Jas gehorsam. Baal trat zu ihm und legte seine Hand auf die Schulter des Jungen. „Nein, es ist schon in Ordnung. Ob sie heute oder morgen zu uns stößt, ist nicht relevant. Solange die Dunkelheit nicht eingetroffen ist, kann sich das Wasser Zeit lassen. Aber morgen wird es endlich soweit sein.“, erzählte er. Jas und Claire horchten auf. „Die Dunkelheit wird morgen eintreffen? Ist das sicher?“, fragte Claire überrascht. Baal bejahte. „Ja, und dann sind wir komplett. Da wäre natürlich noch Bryan, aber das dürfte kein Problem sein. Jas, deine Zeit ist gekommen. Dein Wunsch wird wahr werden, du darfst dich mit deinem ehemaligen Freund messen.“, verriet er. Jas schnitt eine freudige Grimasse. Der alte Jas kämpfte nur, weil er Kevin als Vorbild hatte. War dieser jedoch tot, würde die Seele von Harendotes siegen. „Ich gehe sofort.“, versprach er, doch Baal hielt ihn zurück. „Nein, er wird zu uns kommen. Und er wird direkt in eine Falle laufen. Ich werde ihn und seine Freunde persönlich zu uns einladen. Allerdings… habe ich mich für unser altes Versteck entschieden. Dieses hier muss noch für das Ritual vorbereitet werden. Heute Abend werden Kevin und seine Mitstreiter zu uns kommen. Während Jas sich um Kevin kümmert, beseitigst du seine lästigen Freunde.“, trug er Claire auf. Diese nickte stumm. Dann verschwand Baal. Die letzte Schlacht rückte also näher.
 

„Kannst du nicht aufpassen?“, fuhr Bryan eine Frau an, als sie dieser anrempelte. Er machte einen Versuch sich zu entschuldigen, brachte aber lediglich die erste Silbe heraus. Die Frau war schon wieder weitergegangen. In seinem Kopf spukte nur ein einziger Gedanke. Er wollte Baal finden. Er wusste nicht, wo er suchen sollte, aber er musste sich rächen. Aber konnte er in seinem Zustand überhaupt kämpfen? Er blickte zum Gehsteig der anderen Straßenseite. Dort war gerade ein Vogel gelandet, die Art konnte Bryan nicht bestimmen. Der Vogel tänzelte zu einem seiner Artgenossen, der regungslos auf dem Beton lag. Bryan spekulierte, dass ihn wohl ein Auto erwischt haben musste. Der lebende Vogel hopste immer wieder um den toten herum. Anscheinend glaubte er, dass sein Freund noch lebte. Er piekste ihn mit dem Schnabel, und als er sich nicht rührte flog er einfach weg. Bryan fühlte plötzlich eine ungeheure Schwäche in sich auskommen. Seine Beine gaben nach und er stürzte. Es gelang ihm nichtmal sich mit den Händen abzustützen. Zum ersten Mal realisierte er, dass Carol wirklich tot war. Er begann zu weinen und schaltete seine Umgebung vollkommen ab. Immer wieder liefen Menschen an ihm vorbei, die ihn aber nicht groß beachteten. Er würde Carol nie wider sehen und ihr Tod war seine eigene Schuld. Er nahm nichtmal mehr war, dass sich Kevin über ihn beugte und hochhalf. Er schlang Bryans linken Arm um seine Schulter und begann ihn zu tragen. Kevin dachte daran, wie er den Jungen noch vor wenigen Tagen ausschalten wollte. Jetzt war ihm jedoch bewusst, dass er genau wie er selbst ein Opfer von Baal war. Er wusste, dass Bryan noch nicht soweit war, um wieder zu kämpfen, trotzdem würde er ihn mitnehmen, wenn Baal das nächste Mal auftauchen würde. In seiner Wohnung erlebte Kevin dann eine Überraschung.
 

Connors Suche war größtenteils erfolglos verlaufen. Er kam sich dabei auch etwas dumm vor, da Kevin recht gehabt hatte. Es war unmöglich Baal in einer Stadt wie London so einfach zu finden. Er wollte gerade aufgeben, als sein Amulett doch noch reagierte. Connors Herz schlug schneller. Baal musste sich demnach in einer Nähe befinden. Connor rannte los, bekam aber schnell Angst. Was wenn er Baal gefunden hatte? Allein wäre er zu schwach, um gegen ihn zu bestehen, dass wusste er. Er wollte Kevin kontaktieren, aber was, wenn Baal dann verschwand? Es war die einzige Chance Jas und Claire zu finden, er musste das Risiko eingehen. Immer stärkere leuchtete das Amulett. Connor hielt vor einem U-Bahn Abgang. Er schluckte und rannte dann die Treppe hinunter. Fünf Stufen vor der unterirdischen Haltestelle, stoppte er. Baal stand ganz ruhig da. „Das wurde auch langsam Zeit.“,

brummte er ungeduldig. Connor stockte. Er hatte ihn also erwartet. Es war scheinbar eine Falle gewesen. „Du hättest auch zu uns kommen können.“, spielte er nun den Unerschrokenen. Darauf sprang Baal leider nicht an. Er roch seine Angst. „Um etwas klarzustellen. Du interessierst mich am allerwenigsten. Ich will Kevin und er wird zu mir kommen!“, verriet er. Connor knurrte. „Warum sollte er?“, hakte er nach. Baal drehte sich um. „Wegen seiner Schwester und seinem Freund. Er soll mich bei Sonnenuntergang in dem alten Stollen treffen, richte ihm das aus.“, sprach er und wollte gehen. Connor nutzte die Chance, aktivierte seine Waffe und schoss zwei seiner antiken Sterne auf Baal ab. Diese trafen ihn aber nicht mehr. Er hatte sich bereits fortteleportiert. Zurück blieb ein unsicherer Connor.
 

Exodus
 

„Wieso ist er nicht in seinem ähhh deinem Zimmer?“, fragte Connor, als er Bryan auf der Coach sitzen sah. Dieser würdigte ihn keines Blickes. Kevin erklärte ihm die Station in Stichworten. Connor würgte ihn in der Mitte ab, um ihm von Baal zu erzählen. Ohne Vorwarnung sprang Bryan auf und ergriff Connors Hemdkragen. „Wo ist er?“, fragte er wutentbrannt. Kevin versuchte ihn zu beruhigen, während Connor fortfuhr. „Er will sich mit uns treffen. Heute Abend, in seinem alten Versteck.“, berichtete er. Bryan stürmte sofort los. Niemand hätte ihn mehr aufhalten können. „Wir folgen ihm besser. Es kann nicht schaden, wenn wir etwas früher am Treffpunkt sind.“, meinte Connor. Kevin stimmte ihm zu. „Ich nehme an, ich bleibe hier?“, fragte Emma trotzig. Kevin bejahte und beteuerte, dass es ihm Leid tat. Er würde Jas so schnell wie möglich zurückholen. „Nehmen wir deinen oder meinen Wagen?“, fragte Connor, doch Kevin drängte sich bereits hinaus. Emma blickte ihm sorgvoll hinterher. „Keine Angst, ich pass auf ihn auf.“, beruhigte sie Connor, bis auch er zur Tür hinaus war. Jas´ Schicksal war bereits ungewiss, und jetzt begab sich auch noch Kevin in Gefahr. Seufzend begab sie sich zur Küche. Sie trank ein Glas Wasser, ließ es aber fallen, als sie Claire erblickte. Das Glas zerschellte am Boden. „Was…?“, stotterte sie. Claire lächelte sie verschwörerisch an. „Wir brauchen dich noch für eine kleine Falle.“, verriet sie.
 

Auf den ersten Blick lag der Eingang zum alten Stollen ganz ruhig da. Niemand war zu sehn. Selbst von Bryan war keine Spur zu erkennen. Alles wirkte friedlich. Es dämmerte bereits, und Kevin und Connor näherten sich unruhig dem Eingang. Sie hatten doch länger für die Fahrt gebraucht, als sie einstudiert hatten. „Sie sind auf jeden Fall da drinnen.“, sagte Kevin aufgeregt. Connor brummte. „Jas´ Sprüche gehen mir zwar meistens auf den Senkel…. Aber ich helfe dir ihn wiederzubekommen.“, grinste er. Kevin nickte dankbar. Sie waren genauso unruhig und vorsichtig wie letztes Mal, als sie den Sollen betreten hatten. Baal würde wahrscheinlich in seiner Halle auf die beiden warten. Zielstrebig, marschierten sie darauf zu. Sie waren bald angekommen, mussten aber feststellen, dass Baal selbst sich noch nicht hatte blicken lassen. Dafür fanden sie Bryan vor. „Mist! Er ist nicht da!“, fluchte er. Weder Kevin, noch Connor antworteten darauf. Alle drei waren zu früh zum Treffen erschienen. Sie warteten noch mehrere Minuten. Kevin blickte auf seine Uhr, und erkannte, dass die Sonne bereits untergegangen sein musste. Er wollte etwas sagen, spürte dann aber das gruselige Gefühl, dass er immer

bekam, wenn Baal in der Nähe war. Kaum hatte er es ausgesprochen erschien dieser wie aus dem Nichts. Er war allein. „Baal!“, brüllte Bryan wutentbrannt. Er rannte auf ihn zu und griff ihn an. „Nicht!“, rief Kevin warnend. Baal brauchte nur seine Hand zu heben, um Bryan fortzuschleudern. Es war traurig, doch der Junge hatte keine Chance gegen seinen Schöpfer. Dennoch stand er sofort wieder auf. Schmerzen schien er zu ignorieren. „Warum? Ich will eine Antwort!“, schrie er. Baal zeigte sich gelassen. „Gut ich gebe sie dir.“, antwortete er. „Carol musste sterben, damit das Gleichgewicht der Patak schwankt. Die Kraft der sechs heiligen Krieger darf nicht konstant bleiben, sondern muss ihre Energie ausströmen lassen.“ „Oh man, redet er immer so einen Müll?“, fragte Connor ungläubig. „Leider.“, erwiderte Kevin. Bryan sah Baal entsetzt an. „Das ist der Grund? Das ist der Grund, warum du Carol getötet hast?“, fragte er weiter. Baal schien es nicht für notwendig zu halten noch mal dieselbe Antwort zu geben. „Sie ist für ihren Gott gestorben. Euren Gott.“, sagte er nur. Bryan spuckte vor ihm auf den Boden. „Ich habe mich Euch nur angeschlossen, weil ich Sicherheit für Carol wollte.“, erzählte er. „Dann verrätst du mich?“, wollte Baal wissen. Bryan wurde noch wütender. „Nein, Ihr habt uns verraten! Dafür werdet ihr jetzt sterben!“, brüllte er und griff erneut an. Ein weiteres Mal, wurde er abgewehrt. Bryan krümmte sich und wollte wieder aufstehen. Dann bemerkte er, dass sein rechtes Bein nicht mehr wollte. Entweder war es gebrochen, oder etwas anderes lag vor. Kevin beugte sich über ihn. „Du hast keine Chance gegen ihn. Wenn du ihn nochmals angreifst stirbst du. Oder… willst du das vielleicht? Hast du es so eilig zu Carol zu kommen?“, fragte er interessiert. „Nein! Ich werde erst sterben, wenn Baal in der Hölle schmort!“, erwiderte er. Kevin lächelte. „Gut! Dann warte hier. Ich kümmere mich um ihn.“, versprach er. Bryan hielt davon nichts. Er wollte aufstehen, konnte es aber nicht. So musste er Kevin das Schlachtfeld überlassen. „Ich will Claire und Jas.“, sagte er Baal direkt. Dieser schmunzelte. „Ich biete dir etwas anderes an.“, sprach er. Nun teleportierte sich auch Claire in die Halle. Entsetzt sah Kevin, dass sie Emma als Geisel mitgenommen hatte. Dieser wehrte sich, doch Claire hielt ihr ein Messer vor den Hals. Kevin sah die Angst in den Augen seiner Freundin und auch Connor war geschockt. „Kevin, sieh deine Schwester an! Du kannst sie nicht mehr retten!“, redete sie auf ihn ein. „Tja, was soll ich sagen, sie hat recht.“, stimmte ihr Claire zu. „Lass sie laufen! Du willst doch nur mich.“, warf Kevin Baal an den Kopf. Dieser blickte zu Emma und dann zurück zu Kevin. „Das ist nur allzu wahr. Stelle dich einem Kampf. Tritt gegen mich an! Ich verspreche dir, es wird ein ehrenvoller Kampf ohne Tricks. Egal, ob du gewinnst oder nicht, ich lasse deine Freundin auf jeden Fall laufen. Falls du gewinnst lasse ich dich zufrieden. Wenn du verlierst schließt du dich uns an.“, bot Baal an. Kevin

zögerte. „Das ist verrückt! Lass ihn uns gemeinsam angreifen!“, schlug Connor vor. Kevin war dagegen. „Ist schon gut.“, sagte dieser. „Baal hat sich bis jetzt sein Wort gehalten. Ich werde ihn besiegen und der Spuk hat ein Ende.“ Connor hielt das für eine dumme Idee, doch Kevin war von ihr überzeugt. „Claire wird unsere anderen Gäste hinausführen. Nicht, dass noch einer deiner Freunde verletzt wird!“, säuselte Baal. Kevin war einverstanden. Claire trat zu Connor und bat ihn mitzukommen. „Ich warte auf dich.“, flüsterte er Kevin zu, welcher ihm zunickte. Bryan kämpfte sich mühsam hoch. Es fiel ihm alles andere als leicht, Kevin den Vortritt zu lassen. „Wenn du ihn nicht packst, bin ich an der Reihe!“, sagte er. Kevin akzeptierte das. Während Connor und Bryan vorausgingen, hielt Claire Emma noch als Geisel fest. Connor ließ sie nicht aus den Augen. Wenn sie einen Fehler machte, musste er dies ausnutzen. Kaum hatten die vier die Halle verlassen, aktivierte Kevin sein Amulett und rief sein Schild. „Du verlierst wohl keine Zeit.“, meinte Baal anerkennend. „Wissen sie es?“, fragte Kevin plötzlich. Baal sah ihn fragend an. „Was meinst du?“, hakte er nach. Kevin sprach erst nach einer kurzen Pause weiter. „Deine Diener. Claire und Jas. Wissen sie, dass du nicht Baal bist?“, wurde er genauer. Baal verstand noch immer kein Wort. „Was soll dieser Unsinn. Wer soll ich sonst sein? Nun gut ich habe einen anderen Körper, aber….“ „Nein.“, schnitt ihm Kevin den Satz ab. „Das ist es nicht. Es ist nicht nur ein anderer Körper. Ich gebe zu, zuerst hielt ich dich tatsächlich für Baal. Dein Verhalten, deine Erinnerungen. Ja, sogar deine Stimme klingt wie seine. Aber du bist es nicht. Du trägst nichtmal seine Seele in dir. Der echte Baal ist schon seit Jahren tot. Das erleichtert mich. Trotzdem erschauert es mich, wie gut du ihn kopieren kannst. Mandulis.“, sagte er selbstbewusst. Baal riss sich entsetzt die Maske herunter. Ein blasses, eckiges Gesicht wurde erkennbar. Kevin blickte seinen Trainer erstaunt an. Es war Mandulis, da bestand kein Zweifel. Das einzige, was sich geändert hatte, war die Länge seiner Haare. Sie waren über die Schulter hinweg gewachsen. Mandulis Augen waren kalt und leer. „Du hast mein Geheimnis also entdeckt, Respekt. Ich habe mir den Körper meines Dieners Mandulis für meine Rückkehr ausgesucht und…“ „Nein.“, würgte ihn Kevin abermals ab. Mandulis wurde zornig. „Du bist Mandulis, nicht Baal. Ich weiß nicht, warum du dich weiterhin verstellst. Ich spüre Baal nicht in dir. Ich weiß nicht, ob du verrückt bist und tatsächlich glaubst, dass du Baal bist. Auf jedenfalls gilt unsere Wette noch.“, meinte er. Mandulis wusste nicht, was er antworten sollte. Dann erinnerte er sich etwas, was bereits Jahre zurücklag…

Bryan war sehr überrascht, als Claire sie in eine weitere Halle führte. Diese war ihm noch nie zuvor aufgefallen. „Kevin hat unser Angebot also angenommen.“, erkannte Connor Jas. Misstrauisch musterte er ihn. Kevin

hatte nicht untertrieben. Vor ihm stand tatsächlich ein völlig anderer Mensch.

Plötzlich hörte er hinter sich einen Aufschrei. Er drehte sich blitzschnell um, und erkannte, dass Bryan zusammensank. Entsetzt entdeckte er die Stichwunde in seinem Rücken. Auch Emma kreischte, doch Claire hielt ihr die Hand vor den Mund. Bewusstlos sank auch sie zusammen. Claire legte sie gegen die Höhlenwand und sah zu Jas. Connor hatte es geahnt. Es war eine Falle gewesen. Claire hatte Bryan ausgeschaltet. Er sah tot aus, doch vielleicht war ihm noch zu helfen. Doch Connor stand Claire und Jas gegenüber, Baals Zombies. Er durfte sie weder verletzen, noch den Kampf verlieren. Hochkonzentriert überlegte er seine nächsten Schritte.

„Sag deinem Gott, er ist als nächstes and er Reihe!“, zischte Amun Mandulis zu, während er sein Schwert immer tiefer in den Körper des Feindes rammte. „Wir werden jeden von euch ausrotten, damit die letzte Schlacht nicht stattfinden kann.“, schwor er ihm. Er zog sein Schwert wieder heraus und würdigte Mandulis keines Blickes mehr. Amun ahnte nicht, dass er am Tag darauf in einen Kampf mit Sobek verwickelt werden würde. Diesen sollte er nicht überleben. Mandulis Sicht verschwamm. Er wusste er hatte verloren, und würde sterben. Er hatte seinen Gott enttäuscht, wofür er sich selbst hasste. Doch plötzlich vernahm er Schritte. Kam Amun zurück? Nein, es handelte sich um jemand anders. Ein Kind beugte sich nun über ihn. Mandulis sah es verwirrt an. Es sah schmutzig aus und trug nur eine graue Kutte. War das ein Todesengel, der ihn holen sollte? Das Kind, das nicht älter als 5 sein konnte blickte sich die Wunde an. „Möchtest du leben?“, fragte es den Sterbenden. Mandulis war so überrascht, dass er zuerst nichts sagen konnte. „Ja…. Ja ich möchte leben.“, erwiderte er dann. Das Kind nickte. „Warum?“, war seine nächste Frage. Mandulis überlegte sich die Antwort genau. „Ich darf noch nicht sterben. Ich muss meinem Gott dienen. Ich darf ihn nicht enttäuschen.“, erklärte er. Das Kind nickte abermals. Es presste seine Hände auf die Wunde und ließ sie heilen. Mandulis konnte seine Genesung nicht fassen. Eisig sah er das unheimliche Kind an. „Wer… wer bist du?“, wollte er wissen. „Ich bin du.“, antwortete es und löste sich schließlich in Luft auf. Mandulis spürte wie sein Amulett reagierte. Es war so, als wäre der Junge aus ihm gekommen. Mandulis kehrte vorerst nicht in Baal Versteck zurück. Er schämte sich und wollte sich einen Gegner suchen, um nicht als Versager zurückzukehren. Als er keinen fand, beschloss er doch die Höhle aufzusuchen. Es waren bereits einige Tage vergangen. Es kam ihm komisch vor, als er niemand anderen vorfand. Selbst Baal war nicht da. Dann erfuhr er die schreckliche Wahrheit, dass seine Mitstreiter und sein Gott tot waren. Mandulis überfielen Existenzängste. Was sollte er nun machen? Er hatte kein Ziel mehr. Dann fiel ihm eine von Baals Masken in die Hände. Er wusste nicht, warum er sie aufsetzte. Genauso wenig wusste er, warum er sie bis zum heutigen Tage nicht mehr abgenommen hatte…

Mandulis strich sich schmerzend übers Gesicht. Woher kamen diese Erinnerungen? Er war nicht Mandulis, sondern Baal. Kevin versuchte ihn nur auszutricksen. Doch so leicht, ließ er sich nicht besiegen. „Spüre meinen Dreizack!“, schrie er, doch in seine Hand erschienen die zwei dreizackigen Messer. Er hatte noch nichtmal bemerkt, dass es nicht Baals Waffen waren. Er hatte nicht nur Claire und Jas eine Gehirnwäsche verpasst, sondern auch sich selbst. Kevin zweifelte nicht mehr daran, dass sein ehemaliger Trainer verrückt war. Er griff Kevin an und dieser benutzte sein Schild zur Abwehr. Mandulis war vielleicht verrückt, aber auch stark. Kevin ließ sein Klinge ausfahren und verlängerte sie. Diese Technik hatte er im Kampf gegen Bata erlernt, sie seitdem aber nicht mehr zum Einsatz gebracht. Er schwor sich, dass das Kämpfen bald ein Ende haben würde. Er würde Mandulis besiegen und seine Freunde retten. Mandulis Angriffe wurden immer energischer. Sein Messer durchschlug Kevins Schild und dieser wich zurück. Nun ließ er auch an seinem anderen Arm ein Schild erscheinen, wodurch er gleich doppelt bewaffnet war. Er verwandelte seine Klingen in Feuer und griff wieder an. „Du bist stärker geworden.“, meinte Mandulis. Kevin ging nicht darauf ein, sondern griff weiter an. Baal bzw. Mandulis wich ihnen jedoch immer mit Bravur aus. Er teleportierte sich weg und tauchte hinter Kevin wieder auf. Dieser duckte sich und schützte seinen Kopf mit seinen Schilden. Der Angriff ging ins Leere. Kevin wollte keine weitere Zeit verschwenden und wurde noch offensiver. Mandulis steckte alles in einen letzten Angriff. Er ließ seine Messer nach vorne sausen, und Kevin tat dem gleich. Die Spitze des Messers bohrte sich in Kevins Schulter. Dieser hatte große Mühe nicht auszuschreien. Mandulis aber war dazu gezwungen. Kevins Klinge hatte sich nämlich in seinen Magen gebohrt. Er torkelte zurück und sah Kevin bewundert an. „Mein Nachfolger…“, stammelte er, bevor er leblos zusammensank. Kevin trat zu ihm und schloss seine Augenlieder. „Keine Angst. Es war das letzte Mal.“, sagte er mehr zu sich selbst. Er ließ Mandulis liegen und lief dann los. Über seine Wunde dachte er erst gar nicht nach. Für ihn gab es nur ein Ziel. Seine Freunde retten!
 

Connor hatte inzwischen beschlossen ein Versprechen zu brechen. Er hatte Kevin versichert, gut auf Emma aufzupassen. Dennoch stand er zwei Feinden gegenüber. Er wusste, dass Emma keine Gefahr für Claire und Jas war, und diese sie ignorieren würden. Deshalb rannte er los, direkt an Claire vorbei. Diese war zuerst überrascht, blickte, dann aber zu Jas. „Na los, hinterher! Ich warte hier auf Kevin.“, trug er ihr auf. Claire nickte und nahm die Verfolgung auf. Connor versuchte den Stollen auf dem schnellsten Wege zu verlassen. Claire war dicht hinter ihn. Kurz vor dem Eingang hatte sie ihn eingeholt und griff ihn an.

Für Kevin war es keine Schwierigkeit die zweite Halle zu finden. Jas lächelte ihn an, als er sie betrat. „Ich nehme an, du hast gewonnen.“, säuselte er. Kevin betrachtete ihn argwöhnisch. „Baal ist tot.“, sagte er dann. „Tzz.“, machte Jas nur. „Irrelevant. Wir haben uns. Wir brauchen Baal nicht, um das Projekt zu beenden.“, erklärte er. Kevins Blick wanderte zu Bryan, der leblos am Boden lag. „Und ihn braucht ihr nicht?“, fragte er fordernd. Jas antwortete nicht, sondern hob seine Faust. Diese entflammte ohne Vorwarnung. „Ich werde nicht gegen dich kämpfen, Jas.“, sagte Kevin ganz ruhig und selbstbewusst. Jas entkam ein kurzer Lacher. „Dann wirst du draufgehen.“, meinte er spöttisch. Er sprang auf Kevin zu, stoppte aber kurz vor seinem Freund. Er kniff die Augen zusammen und stöhnte. „Kevin, bitte hilf mir!“, sprach er auf einmal gequält. „Jas!“, rief Kevin und stürzte zu seinem Freund. Zu spät erkannte er die Falle. „War nurn Joke.“, sagte ihm Jas ins Gesicht und schlug auf ihn ein. Die feurige Faust traf Kevins Magen und dieser taumelte hilflos rückwärts. Dein Freund steht völlig unter der Kontrolle des Feuers. Er wird darin verbrennen.“, provezeite Harendotes.

Connor musste inzwischen feststellen, dass Claire doch stärker war, als sie aussah. Er wollte bereits zweimal seine Wurfsterne einsetzen, doch damit würde er Kevins Schwester verletzen oder sogar töten. Er könnte den Kampf mit einem direkten Treffer beenden, das wusste er. Kevin würde es ihm wahrscheinlich nie verzeihen, aber er musste handeln. Er schoss seine Sterne ab, doch Claire schien bereits damit gerechnet zu haben. Sie teleportierte sich weg und Connor wendete sofort. Doch hinter ihm war niemand. Er blickte über sich, doch Claire war verschwunden. Hatte sie sich zurück zu Jas teleportiert? Connor lief los, was sich aber schnell als Fehler erwies. Claire tauchte überraschend vor ihm auf. Connor riss die Augen auf, als er sah, dass sie direkt aus der Höhlenwand kam. Sie schien tatsächlich einige Talente zu besitzen. Auf den nächsten Angriff war Connor nicht vorbereitet. Mit einem gezielten Schlag, wurde er gegen den kalten Stein geworfen. Sein Kopf schien etwas abbekommen zu haben, da seine Sicht langsam verschwamm. Connor fluchte innerlich. Nein! Er durfte jetzt nicht ohnmächtig werden! Jetzt nicht! Claire würde ihn sofort töten, wenn er einfach hilflos dalag. Doch das unvermeidliche geschah. Connor verlor das Bewusstsein. Claire zog ihr Messer und schritt auf ihn zu. Sie wollte den Kampf gerade beenden, als sie einen Schrei aus der zweiten Halle vernahm. Sie wusste nicht, wem sie ihn zuordnen sollte, beschloss aber Connor vorerst in Ruhe zu lassen. Er stellte keine Gefahr mehr dar.
 

„Zumindest verteidigst du dich.“, meinte Jas, als Kevin seinen Angriff mit seinem Schild abblockte. Dieser wollte Jas natürlich von seinem neuen Ich befreien, weswegen er unter keinen Umständen versagen durfte. Plötzlich

begann Jas wissend zu grinsen. Er machte ein paar Schritte zur Seite, und kniete sich neben Emma. „Lass sie in Ruhe verdammt!“, brüllte Kevin. Jas streichelte ihr über die Haare. „Wie sie friedlich schläft. Ich könnte dafür sorgen, dass sie das für immer darf.“, drohte er. Kevin hatte große Mühe sich zu konzentrieren. „Du tust ihr nichts. Und soll ich dir auch sagen warum? Weil Jas immer noch in dir ist.“, sagte er. Jas´ neues Ich zeigte sich unbeeindruckt. „Das mag ja sein. Aber wenn ich dich angreife, schrecke ich auch davor nicht zurück. Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Jas… ich meine ich, war schon immer interessiert an ihr. Aber dann kamst du, und ich merkte, was zwischen euch ablief. Ich habe sie dir überlassen, und weißt du weshalb? Weil ich dein Freund war. Und jetzt dankst du es mir so. Du durchkreuzt einfach unsere Pläne?“ Die letzten Worte schrie Jas sogar. Er entfernte sich einige Schritte von Emma, und Kevin nutzte die Chance um sich zwischen die beiden zu schieben. „Du vertraust mir also wirklich nicht.“, schien Jas Kevin getestet zu haben. Kevin blickte ihm in die Augen. „Doch, das tu ich. Ehrlich. Ich vertraue Jas, weil er mein bester Freund war. Sofort als wir uns kennengelernt haben, hat er mich als Freund angesehen und auch als solchen behandelt. Er hat nie etwas von mir verlangt und mich mit seinen Witzen aufgeheitert. Ich bin ihm etwas schuldig, und habe deswegen vor ihn zu befreien.“, sagte er ihm direkt ins Gesicht. Jas wurde nun richtig wütend. „Also gut, du willst es nicht anders. Jas kann ich nur vollständig kontrollieren, wenn du tot bist. Aber du Idiot greifst mich ja nicht an! Deswegen muss das jetzt sein.“, sprach er und streckte seine beiden Hände nach Kevin aus. Ein riesiger Feuerschwall prasselte diesem entgegen. Kevin sprang gehetzt zur Seite, und entkam der Attacke nur knapp. Er spürte seine Wunde wieder. Er blickte zu Jas und riss entsetzt die Augen auf. Dieser hielt ein Schwert in der Hand, welches völlig aus Feuer zu sein schien. Damit marschierte er auf Emma zu. Diesmal wollte er also ernst machen. Wenn er Emma tötete, würde Kevin ernsthaft kämpfen. Dieser wollte das aber unter keinen Umständen zulassen. Er sprang auf und ließ seine Klinge ausfahren. Alles Weitere geschah in Sekundenbruchteilen. Kevin und Jas versuchten vor dem je anderen bei Emma anzukommen. Kevin schaffte den Wettlauf, musste aber einen hohen Einsatz bezahlen. Jas schwang bereits sein Schwert und Kevin musste seine Klinge einsetzen. Hätte er mehr Zeit zum Überlegen gehabt, hätte er vielleicht sein Schild eingesetzt, oder Emma und sich auf eine andere Weise geschützt. So aber, handelte er instinktiv, was ein grauenhaftes Ende zur Folge hatte. Kevins Klinge bohrte sich tief in Jas´ Körper. Dessen Feuerschwert verschwand unverzüglich und Jas selbst krachte zu Boden. Kevins Waffe verschwand ebenfalls, als ihm bewusst wurde, was er gerade getan hatte. Sofort kroch er zu Jas und hielt seinen Oberkörper hoch. Seine Augen reagierten noch, wurden aber immer blasser.

Es war so, als würde das Feuer darin verschwinden. „Kev…“, sagte Jas nun, und Kevin wusste, dass es sich diesmal um seinen Freund handelte. „Jas, es wird alles wieder gut.“, sprach er gehetzt. „Ich teleportiere dich ins Krankenhaus.“ „Kevin…“, redete Jas weiter. „Es ist ok… du hast…. Emma beschützt. Ich hätte… auch so gehandelt.“, stöhnte er schmerzerfüllt. Kevin versuchte mit allen Mitteln seinen Freund wach zu halten. Doch es war zu spät. Jas starb in Kevins Armen. Alle weiteren Versuche in wachzurütteln scheiterten. Emma bekam von allem nichts mit. Kevin spürte nun, wie ihm Tränen über die Wangen liefen. Ein Gefühl, dass er schon fast vergessen hatte. Er hatte seinen besten Freund getötet. Wie sollte er das Emma begreiflich machen? Wie konnte er das Geschehen selbst irgendwann überwinden. Er hielt Jas´ Kopf in den Armen und drückte ihn an seine Brust. Er hatte seine Umgebung völlig ausgeschaltet, weswegen er die Schritte, die sich ihm näherten auch nur sehr leise wahrnahm. Erst, als sie vor ihm aufhörten, wagte er es nach oben zu sehen. Über ihm stand Claire. Sie blickte den toten Jas erzürnt an. „Verdammt, dass wirft unsere Pläne über den Haufen.“, sprach sie nur. Allerdings fing sie sich schnell wieder und zog ihr Messer. Sie richtete es direkt auf Kevin und sah ihn seufzend an. Kevin glaubte nicht, was gerade geschah. „Ich werde nicht gegen dich kämpfen.“, sagte er mit einer kläglichen Stimme, mit der er sich selbst noch nie hatte sprechen hören. Claire nickte verständnisvoll. Kevin sah zu, wie seine Schwester, die er über alles liebte und so sehr vermisst hatte ihr Messer hob und auf Kevin herabsausen ließ. War dies sein Ende und das Ende seiner Freunde?



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