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Die Klingen des Kaisers

von

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Konstantin

Der Empfang für berufsmäßig schwarz gekleideten Bischof Konstantin von Pavero war nur in kleinem Rahmen, wegen der noch immer gültigen Hoftrauer. Auch die Damen trugen darum deutlich dunklere Kleider als gewöhnlich.

Konstantin musterte kurz den Kaiser, als er durch den kleinen Saal ging, in dem üblicherweise auch Bankette stattfanden. Er hatte ihn seit einigen Jahren nicht mehr gesehen und fand, dass er gealtert war. Nun, weniger verwunderlich, wenn man bedachte, dass der zum einen schon auf die Sechzig zuging, zum anderen soeben einen schweren Schlag erlitten hatte.

Sein Blick galt mehr der blonden jungen Dame links neben dem Sitz des Kaisers. Er hatte Anawiga noch nie gesehen, nur gehört, sie sei schön – aber das sagte man ja von allen Prinzessinnen. Es stimmte jedoch. Sie wäre auch sein Geschmack, wenn auch außer Reichweite. Unter den Hofdamen, die schweigend hinter ihr standen, vier an der Zahl war auch eine großgewachsene Blondine, die ihn reizte. Pavero lag im Süden und so hatte er die blonden Schönheiten des Nordens vermissen gelernt. Ein Mann der Frauen war er allemal, schließlich war er nur Titularbischof und sah sich nicht an kirchliche Keuschheitsregeln gebunden. Trotz seiner nicht all zu lange zurückliegenden schlechten Erfahrung mit einer gewissen jungen Dame.

Er blieb stehen und verneigte sich höfisch.

„Willkommen, Cousin Konstantin.“

Das war freundlich, dachte er: „Danke, Euer Hoheit. Ich bin angereist, um Euch mein Beileid zum Tode Graf Uthers persönlich darzubringen.“ Nun, was er dem Kaiser sonst noch zu berichten hatte würde er ihm persönlich sagen. Wenn Dagobert nicht unter vier Augen mit ihm reden wollte, müsste er eben hartnäckig um eine Privataudienz bitten. Hier, vor den Ohren doch so einiger Höflinge und Anawigas sollte man drüber nicht sprechen.

„Danke. Wie geht es Euch?“

Der übliche, höfliche Austausch, ehe die Sitten gelockert wurden und sich der Bischof von einigen neugierigen Bekannten und Höflingen umringt sah.
 

Später ließ ihn Dagobert tatsächlich in sein Arbeitszimmer bitten.

Konstantin atmete auf. Das war schon einmal wichtig, schließlich gab es da so einen kleinen Disput zwischen ihnen zu erwarten. Und es hätte in der Macht des Kaisers gelegen, ihn geblendet in ein nettes kleines Kloster zu verbannen. Unnötig zu sagen, dass er das nicht wollte.

So verneigte er sich, als er hereinkam.

Dagobert winkte: „Setz dich, lieber Cousin. Ich denke, du weißt, warum ich dich sprechen will.“ Die persönliche Anrede, als Zeichen dass man in der Familie war – nicht unfreundlich.

Der Bischof gehorchte und nahm vor dem Schreibtisch Platz, ehe er beide Hände hob und, die Höflichkeit gegenüber dem Herrscher einhaltend, angab: „Ich kann es mir vorstellen, Hoheit. Ich versichere Euch, ich war schlicht entsetzt als Markward in Pavero auftauchte, erschüttert über diese Dummheit geradezu vom Hof zu fliehen, nur, weil die Kaiserin guter Hoffnung ist. Wozu ich Euch übrigens alles Gute wünsche.“ Er wartete zuvorkommend das dankende Nicken des Kaisers ab, ehe er fortfuhr: „Und Ihr könnt mir glauben, dass ich dem dummen Jungen gehörig die Leviten gelesen habe. Er hat in keinster Weise bedacht, dass er sich in einer Weise dem Hochverrat näherte, die noch dazu jeden politischen und menschlichen Instinkt vermissen ließ. Nach einer Hochzeit kann man doch davon ausgehen, dass die Dame bald in gesegnete Umstände kommt. Kein Grund, durchzudrehen, wenn ich das so sagen darf. Und ich hoffte, ihn zu beruhigen und zu einer Rückkehr zu bewegen, wenn ich ihm meine – familiäre – Unterstützung bei einer möglichen Thronbesteigung versprach.“

„Das ist zugegeben der Punkt, der mich am meisten interessiert,“ antwortete Dagobert milde: „Wolltest du nicht wenigstens abwarten wen ich zum Thronfolger ernenne?“

Konstantin verfiel nicht in den Fehler die Freundlichkeit in der Stimme des Kaisers böte schon Sicherheit für ihn: „In Anbetracht der Tatsache, dass Dankward nun Bischof von Tailina ist, und dem Erbrecht der Kernlande, sah ich und sehe ich keine Alternative zu Markward. Nur ein männliches Familienmitglied Eurerseits kann in den Kernlanden Euer Erbe antreten. Ich vermute kaum, dass Ihr Dankward zuerst zum Bischof macht und dann zum Thronfolger oder gar mich zurückrufen wollt, wenn Ihr einen Sohn noch frei habt.“

„Und so warst du dir sicher keinen Fehler zu begehen, wenn du Markward deine Unterstützung zusagst.“

„Nur familiär,“ wiederholte der Bischof eilig: „Es war nie die Rede von militärischer Hilfe, zumal Pavero kein stehendes Heer besitzt.“

„Und die Beihilfe zum Mord?“

Konstantin seufzte und hob erneut eine Hand: „Natürlich. Ich hätte mir denken können, dass Euer Hoheit mindestens einen Agenten an dem Jungen dranhabt. Michel de la Montagne ist der geplante Mordfall, nicht wahr? Und Euer Agent beauftragte...Hilfe für ihn.“

Nein, dumm war Konstantin nicht, noch nie gewesen: „Eine Erklärung?“

„Wie gesagt, ich wollte Markward meiner Unterstützung versichern. Wie Euch der don de la Montagne dann wohl erzählt hat, ließ ich ihn verhaften – aber teilte ihm auch mit, dass ich ihn als politisches Opfer sehen würde. Und ich drückte ihm mein Bedauern aus.“

So ähnlich hatte es Michel in der Tat beschrieben. Dagobert dachte nach.

Konstantin hob den Kopf, war jedoch zu höfisch erzogen – und zu besorgt um sich, als dass er mit seinen Gedanken losgeplatzt wäre.

Der Kaiser sah ihn an und winkte etwas.

„Ich wollte Euch noch etwas zu Graf Uther sagen....Als ich die Mitteilung über seinen Unfall bekam, war ich natürlich betroffen. Aber dann fiel mir eine Szene ein, die ich schon lange vergessen hatte. Ich war ja erst drei gewesen, als ich Euch und ihn zum ersten Mal sah. Wir kamen aus dem kirchlichen Asyl, in das sich meine Mutter geflüchtet hatte, und da ward Ihr, mit diesem Heer an Reitern hinter Euch. Für mich ward Ihr da schon der Kaiser, mit Kettenhemd und Rüstung, ein Schwert an der Seite, eben ein Mann. Und Uther...er trug auch ein Kettenhemd, aber nur einen Brustpanzer, kein Schwert. Und er ging vor mir auf ein Knie nieder und versprach mir, ich müsse keine Angst haben, er werde auf mich aufpassen. Wie alt war er da? Dreizehn? Es war, denke ich, auch seine Idee dann wegen mir die Knappenschule zu eröffnen.“

„Nicht nur wegen dir,“ sagte Dagobert, der sich nun auch an die Szene erinnerte. Ja, sie waren zwölf oder dreizehn und vierzehn gewesen, seit Jahren im Sattel, seit Jahren zumindest im Sommer im Krieg. Nicht zuletzt wegen der drei Aufstände, die Konstantins Vater verursacht hatte. Nach dem dritten hatte er den hinrichten lassen, zumal er selbst für volljährig erklärt worden war, sicher, dass der nichts mehr dazu lernen würde. „Nach den Kriegen zur Wiedervereinigung des Reiches waren einige adelige Kinder zu Waisen geworden. Wo sollten sie lernen, wie man sich benimmt, Lesen und Schreiben, wie man Güter verwaltet und nicht zuletzt, wie man reitet und ein Schwert führt. Ja, auch wegen dir. Es war und ist eine gute Ausbildung. Meine Söhne haben sie auch durchlaufen.“

„Ja. Und ich bin sicher, Dankward wird einen guten Herrn für Tailina abgeben, wie ich mir selbst für Pavero schmeichele. Bei Markward allerdings fehlt noch etwas, das er aber wohl an keiner Schule lernen kann.“

„Nun?“

„Eben Instinkt. Politischen und auch menschlichen.“

Das hatte Uther auch gemeint und Dagobert hatte ihm zugestimmt. Aber er war sicher Konstantin wollte noch mehr dazu sagen: „Weiter.“

„Das kann man nicht lernen. Aber ich würde mich, Euer Einverständnis vorausgesetzt selbstverständlich, in den Tagen in denen ich noch in Paradisa bin, mich noch einmal ein wenig Markwards annehmen. Er scheint mich als eine Art...Freund zu sehen.“ Konstantin wusste, dass dem Herrscher sein Zögern nicht entgangen war. Ein Kaiser hatte keine Freunde zu besitzen – und wenn doch, so würde es immer wieder Momente geben, in denen er sie opfern musste. Markwards Schwäche für den Bischof von Pavero war in Dagoberts Augen kaum eine Empfehlung für die Thronfolge. So wollte Konstantin da ein wenig gegensteuern. Er brauchte diesen dummen Jungen als Kaiser, um selbst aus Pavero in die Hauptstadt zurückkehren zu können, dauerhaft und in allen Ehren, eine gewisse Karriere vor Augen.

Dagobert dachte nach. Nun, nichts was diese beiden jetzt bereden konnten hätten sie nicht auch schon in Pavero tun können. Und im Zweifel waren hier eher Uthers....nein, seufzte er in Gedanken, Anawigas Spione dran. Und Konstantin war älter als Markward, lebenserfahrener und, um es so zu nennen, auch lebenstüchtiger. Er hatte sich sein Leben lang keinen Fehler geleistet, der das Reich betroffen hätte. Wen er wann im Bett hatte, ging höchstens die jeweilige Frau und Konstantins Beichtvater etwas an. Und das, obwohl ihm klar war, dass er als Sohn eines Hochverräters unter besonderem Verdacht stand. Oder gerade deswegen. „Nun gut. Du hast meine Erlaubnis. Du darfst gehen.“

„Danke, Hoheit.“ Der Bischof vergaß nicht die höfische Verneigung, ehe er sich von einem Sekretär zu Markward führen ließ, schon, damit dieser gegenüber den Wachen die Erlaubnis des Kaisers bestätigen konnte.
 

Der älteste Kaisersohn starrte trübsinnig aus dem Fenster und wandte sich nur langsam um, sicher, dass schon wieder neue Lektüre für ihn gebracht wurde. Als er den Eintretenden erkannte, lächelte er: „Cousin Konstantin, was für eine Überraschung!“

Dieser blickte sich rasch im Zimmer um, durchaus in dem Bewusstsein, dass in Schlössern oft genug die Wände Ohren hatten: „Nun, ich wollte dem Kaiser persönlich mein Beileid aussprechen. Er gestattete mir auch den Besuch bei Euch.“ Der Bischof ließ sich ungefragt am Tisch nieder: „Interessante Lektüre, wie ich sehe.“

„Langweilig,“ gab Markward zu und setzte sich: „Prozesse wegen Hochverrats der letzten dreißig Jahre.“

„Lehrreich, nicht wahr?“

„Langweilig. Oder, was meint Ihr?“

„Wer wegen Hochverrates angeklagt und verurteilt wurde, hat in aller Regel Fehler begangen, mein Bester. Sowohl in Eurer derzeitigen Lage als auch als Kaiser werdet Ihr nur Nutzen aus dieser Lektüre ziehen.“ Konstantin legte die Hände auf den Tisch: „Mir will jedenfalls scheinen, dass Eure Reise zu mir Euch diesen Arrest eingetragen hat.“

„So kann man es auch sehen. Und an allem ist nur dieser Montagne schuld!“

„Oh, Ihr macht mich neugierig.“ Konstantin war ehrlich verblüfft.

Markward zögerte nicht, es ihm mitzuteilen: „Wäre dieser Idiot nicht nach Pavero gekommen, wäre ich nicht versucht gewesen, ihn....ihn in den Kerker stecken zu lassen.“

„Es wäre Eurer zukünftigen Rolle angemessener, wenn Ihr die Schuld für Eure überstürzte, ja, törichte Reise, nicht bei anderen suchen würdet, mein lieber Junge. Ihr wollt Thronfolger werden und seid der einzige Kandidat. Was in aller Welt also hindert Euch, Euch auch wie ein zukünftiger Kaiser zu benehmen und nicht wie ein verwöhntes Kind?“ Konstantin klang etwas schärfer, als es der Kaisersohn gewohnt war. Die Erklärung folgte sofort: „Ich durfte soeben ein sehr....langes Gespräch mit Eurem Vater führen und kann froh sein, dass er mir geglaubt hat und mich nicht zur Strafe geblendet in irgendein Kloster im Norden abgeschoben hat. Ihr scheint immer wieder zu vergessen, dass er der Kaiser ist und welche Macht er hat!“

„Diese Macht kenne ich ja...“ murmelte Markward: „Aber ich will auch nicht warten, bis...ja, bis was? Er hat ja nie gesagt, warte, bis ich sechzig bin, dann bekommst du alles.“

„Oh, bitte. Dagobert und abdanken? Niemals. Aber Ihr könntet schon längst der Thronfolger sein, wenn Ihr Euch auch wie einer benommen hättet. Gleich nach seiner Hochzeit mit Anawiga seid Ihr ihr nachgestiegen, als ob es keine anderen Frauen gäbe. Soll er Euch dafür loben?“

„Das war ja auch eine Sache. Sie ist in meinem Alter. Und wenn mein Vater schon glaubt, eine Verbindung mit König Kaismir sei positiv – warum um aller Welt gibt er sie nicht mir, sondern legt sich mit über fünfzig noch eine Neunzehnjährige ins Ehebett?“

„Oh,“ sagte Konstantin und das klang wieder einmal wirklich betroffen. „So habt Ihr das gesehen? Er missgönnt Euch die Ehe mit einer schönen Prinzessin?“

„Sie ist mein Alter – sie hätte mir gehört. Gehören müssen.“

„Gut. Wo fange ich da an. Entweder Ihr habt andere Lehrer als ich gehabt, was ja durch die Jahre zu verstehen wäre, oder in der Knappenschule hat sich einiges geändert – oder Ihr habt nie zugehört. Privatdinge und Staatsdinge sind zweierlei Dinge. Soweit verstanden? Euer Vater, wie auch Graf Uther oder auch meine Wenigkeit und die Herzöge...wir alle trennen das Private so gut es eben geht von den Staatsaffären. Auch, wenn man die Macht hat – man bringt niemanden um, nur, weil man den nicht leiden kann. Das bringt früher oder später nämlich die Bevölkerung gegen einen auf und man hat wunderbare Aufstände voller Leidenschaft – nur gegen einen selbst. Die Leute wollen genau wissen, wann wofür bestraft wird, gleich, wie hart die Strafen dann auch sind. Sie wollen es wissen. So. Schon aus dem Grund war Euer...unser Vorgehen gegen Michel de la Montagne sehr kritisch zu betrachten. Zum Glück war Euer Beschatter ein überaus mitdenkender Mann und als er eine...einen Assassinen traf hetzte er ihn mir auf den Hals.“ Bei näherer Betrachtung konnte das dann doch dazu führen, dass sich Markward wunderte, warum eine Frau so einfach in sein Schlafzimmer gekommen war. „Ich habe Tode befohlen, ja. Und ich habe nur einen Einzigen davon je bereut. Man muss wirklich darüber nachdenken, was man tut. Zu Anawiga. Ist Euch schon mal der Gedanke gekommen, dass der Kaiser sie nicht heiratete, weil es staatspolitisch erforderlich war, sondern andersherum?“ Er bemerkte den verständnislosen Blick: „Er heiratete Anawiga, weil er sich in sie verliebt hatte und staatspolitisch nichts entgegenstand. Er hätte sie nie Euch überlassen.“

„Ja,“ murmelte Markward, um auch einmal positiver dazustehen: „Das habe ich ja nach meiner Rückkehr auch dann bemerkt. Ich hatte nur zuerst nie daran gedacht, ich meine, er ist doch schon ein alter Mann und....“

„Jetzt wisst Ihr es. Und merkt Euch ein für alle Mal, dass man Staatsaffären und Privatleben trennt. Der Kaiser und auch Euer Onkel haben das bis zur Perfektion getan. Und ich gebe zu, sie waren mir da beide gute Lehrmeister.“

„Ich habe ja verstanden, werter Cousin. - Übrigens, Chilperich, wurde ermordet. Mein Kämmerer und Berater.“

„Doch nicht hier im Palast?“

„Nein, irgendwo in einer dunklen Straße. Ich wüsste nur gern, was er dort getrieben hat. Das Viertel am Kanal ist nichts für einen Höfling.“

„Nun, von Eurem Geld fehlt wohl nichts?“

„Nein, er hatte nichts unterschlagen. Kanzler Godomar ließ sofort alles überprüfen.“

„Natürlich. Es hätte mich auch gewundert....“ Der Bischof nickte ein wenig gedankenverloren: „Die Prüfungen der Kämmerer insgesamt sind sehr streng.“

„Ja, anscheinend. Jetzt werde ich wohl jemand Neuen bekommen, aber der wird mich kaum so gut beraten können...Wie lange seid Ihr noch in Paradisa?“

„Noch wenige Tage. Ich habe eine Stadt zu regieren.“

„Könnt Ihr nicht...länger bleiben? Ich brauche jemanden, der mich berät.“

Nun, das dürfte auch dem Kaiser klar sein: „Ich kann fragen. Aber noch besser wäre es, wenn Ihr selbst fragt. Ihr seid erwachsen.“

„Seht Ihr, so etwas meine ich.“ Markward stand auf: „Ihr habt doch sicher sonstige Pläne....“

„Keine, die Eure weitere Zukunft betreffen,“ gestand Konstantin ehrlich. Wozu noch einmal von vorn anfangen.

„Ihr wollt nach Paradisa zurück, sagtet Ihr. Also: als mein Berater, zumindest vorläufig. Ich werde Vater darum bitten...Seine Hoheit,“ korrigierte er sich mit einem fragenden Blick.

„Besser,“ lobte der Bischof auch prompt: „Mich redet er als jüngeres Familienmitglied mit Du an – ich würde mir das ihm gegenüber nie erlauben.“

„Naja, das habe noch nicht mal ich getan. - Gut. Ich bitte um Audienz. Im Zweifel weiß er sowieso schon, was wir hier geredet haben.“

Konstantin lächelte fein. Der Junge lernte dazu? Umso besser. Dann würde Dagobert auch seine Erlaubnis geben. Besser für ihn selbst und auch zugegeben für Markward. „Dann bittet doch auch gleich für mich um die Erlaubnis Räume hier im Palast beziehen zu können. Diese Wirtschaft ist bequem, aber hier wäre es bequemer und auch billiger.“ Und sicherer, aber daran würde Dagobert bestimmt denken und auch der neue Geheimdienstleiter, wenn es den gab, doch seiner Meinung nach war Uther diese Aufgabe oblegen.
 

In einer kleinen Taverne nahe des Nordtores saß ein junger, schwarzhaariger Mann mit bodenlangem Umhang nachdenklich vor seinem Wasserglas. Er blickte erst auf, als sich jemand ungefragt an seinen Tisch setzte, gekleidet in braunem Wams und weißem Hemd, scheinbar unbewaffnet, ein freier Bauer.

„Du wirst nachlässig, mein Bruder,“ sagte der Neuankömmling, durchaus ein wenig tadelnd.

Shahin zuckte daher die Schultern: „Ich sah dich durch das Fenster dort kommen. - Etwas Neues?“

„Nein, soweit. Der Plan steht.. Und sobald der Partner unserer Schwester einen Namen sagt, wird er anlaufen. Allerdings hat Onkel Moussa in einem Punkt eine wichtige Änderung beschlossen, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Schließlich ist unsere Schwester mitten drin. Und ihr hat unser Schutz ebenso zu gelten.“ Er brach ab, da die Bedienung kam. Erst, als sein Glas ebenfalls auf dem Tisch stand, fiel das nächste Wort.

„Dann erzähle mal die kleine Planänderung, Yamin, mein Bruder. - Wie geht es sonst zuhause?“ Er und sein Partner, sowie Agrar waren bereits vor Tagen in die Hauptstadt gekommen, die Lage erforschend.

„Die Vögel fliegen aus.“ Nur dem flüchtigen Lächeln Shahins war zu entnehmen, dass er sich diesen ominösen Satz zu deuten wusste. So fuhr Yamin fort: „Nun, höre, mein älterer Bruder.“ Er beugte sich näher.
 

In einem Gasthof ein wenig außerhalb der Stadt empfing ein Mann in dunkelgrünem Umhang und Lederstiefeln einen Boten. Die Spitze seines Degens lugte unter dem Umhang hervor. Er las und nickte. „Sag unserem Herrn, dass wir seinen Plan befolgen. Ich möchte ihn allerdings darauf aufmerksam machen, dass es Tage, wenn nicht Wochen dauern wird, ehe alle unauffällig in der Hauptstadt sind.“

„Das wird er wissen,“ gab der Bote zurück: „Aber ich werde es ihm ausrichten. Noch etwas?“

„Diesem Brief entnehme ich, dass nun die gesamte kaiserliche Familie im Palast ist: der Kaiser, seine Frau, sein ältester Sohn und sein Neffe. Was ist mit dem jüngeren Sohn, Dankward?“

„Er ist bereits wieder abgereist. Ihn interessiert der Kaisertitel nicht.“

„Dennoch könnte auch er...einen Unfall haben.“

„Keine Anweisung in dieser Sache.“

„Gut. Ich weiß, was ich zu tun habe.“ Der Meuchelmörder verbrannte den Brief mit den Instruktionen: „Morgen früh habe ich die Einteilung und werde die Männer benachrichtigen. Aber, wie gesagt, es kann dauern.“

„Ich glaube, es kommt in diesem Fall nicht auf Tage an, sondern darauf, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. So gehabt Euch wohl.“ Der Bote ging.

Der Mann lächelte ein wenig. So kam man also in die Mitte der Macht – man ließ sich irgendwann mit jemandem ein und entdeckte, dass der nicht nur ein freigiebiger Auftraggeber sondern auch ein wirklich mächtiger Mann war, der bereit war, um seinen Kopf zu spielen. Denn das kaiserliche Spiel lief darum. Und der Verlierer musste den Preis bezahlen. Nur galt in diesem Fall: der Kaiser wusste ja noch nicht einmal, dass das Spiel um seine Macht längst begonnen hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Teilchenzoo
2013-01-06T21:53:41+00:00 06.01.2013 22:53
Achje, schon wieder ein Größenwahnsinniger. Wenn auf merkwürdige Weise Berater zu Tode kommen, ist das überhaupt nicht auffällig. Und wer seit Jahrzehnten so ein Reich zusammenhält, der hat ja auch keinen Sinn für Gefahren entwickelt ... manchmal sollte man etwas mehr Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Gegner haben.

Hm. Konstantin hat auch mich hier einen recht guten Eindruck gemacht. Zumindest ist er gemäßigter als ich dachte, und weiß, wo sein Platz ist ... denke ich. Politisches Feingefühl und Pflichtgefühl hat er jedenfalls.

Tja. Dann kommt bald der Showdown.
Von:  fiZi
2013-01-03T22:09:05+00:00 03.01.2013 23:09
Die Schlinge zieht sich also langsam zu, alle wichtigen Spieler und Gegenspieler kommen in die Hauptstadt, wo wir dann wohl auch das große Finale erleben werden. Ich hoffe ja, dass unseren Assassinen das geschäftige Treiben der gegner auffällt, denn ihnen traue ich es am ehesten zu, dies möglichst schnell zu bemerken.
Ich freue mich auf das nächste Kapitel.
Ein gutes Neues Jahr, ich wünsche ich weiterhin so viel Kreativität und genug Zeit um sie auszuleben ;-)

Liebe Grüße
Von:  00schnepel8
2013-01-03T14:37:35+00:00 03.01.2013 15:37
Ich glaube ganz so dumm, das Dagobert nichts davon bemerkt hat, ist er dann doch nicht...(Dank tatkräftigen Helfern)

Es scheint, als beorderten nicht nur die Assansine ihre Leute in die Hauptstadt.Die Kriegserklärung ihrerseits scheint wirklich genau zur rechten Zeit gemacht worden zu sein...
Da hatte der Meuchelmörder gar nicht mal so unrecht: zur rechten Zeit am rechten Ort!!

Ich glaube soo schlimm ist Konstantin nicht.Nach seinem ersten Erscheinen kam er einem so schleimig vor, aber ist intelligent und seine Absichten sind zwar egoistisch, jedoch nicht allzu schlecht für das Reich.Und das ist Dagobert ja wichtig...

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel...
Von:  Krylia
2013-01-02T19:53:15+00:00 02.01.2013 20:53
Eieiei, jetzt versammeln sich wirklich alle Spielfiguren auf dem (Schlacht-/)Spielfeld.

Markward ist doch tatsächlich ein wenig lernfähig. Dennoch bezweifle ich, dass er emals einen guten Kaiser abgeben würde.

Von Konstantin hingegen bin ich beeindruckt. Ich halte ihn zwar nach wie vor für den Bösen, aber er wäre wohl auch ein "guter" Kaiser.

Ich kann das nächste Kapitel kaum erwarten.
Übrigens: Schönes neues Jahr! :D


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