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Hand in Hand

SasuSaku
von

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Prologue

~Prologue~
 

Niemals hätte ich mir gedacht, dass mein Leben eine solche Wendung nehmen würde. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt einzig und allein das Schlechte im Menschen, und generell in der gesamten Welt zu sehen. Aber irgendwie öffnete er mir die Augen, sein Verhalten, sein Schmerz ließ mich sehen.

Ich war ein Freak, ein Außenseiter. Ich war allein. Aber durch ihn wurde mir gezeigt was Liebe ist. Er erweckte Gefühle in mir, die ich schon längst für verloren gehalten hatte, von denen ich geglaubt hatte, dass sie mir schon lange genommen wurden.

Es reichten ganz simple, unscheinbare Berührungen aus, um mich in den Wahnsinn zu treiben, um mein abgestumpftes, blutendes Herz wieder zum Schlagen, zum Heilen zu bringen. Niemals hätte ich erwartet, dass er dazu fähig wäre solche Gefühle in mir hervorzurufen, geschweige denn selbst so zu empfinden. Er war doch so gefühlskalt, so verschlossen, so einsam. Und doch fanden wir zueinander, irgendwie fanden wir zueinander und hatten nach diesem gemeinsam bestrittenen Weg nicht vor uns jemals wieder loszulassen. Ich, die Gebrochene, und er, der Seelenlose. Auf eine Weise verbunden, die keiner von uns beiden für möglich gehalten hätte.

Lost

Wah! Wahnsinn, nur dieser mickrige Prolog - der sich nicht mal so nennen dürfte - und neun Favoeinträge. Dankeschön ^_^

Weiters vielen Dank an die beiden Kommentatorinnen DarkBloodyKiss und SweetSakura!
 

So und jetzt viel Spaß beim ersten Kapitel. Ich hoffe es entspricht euren Ansprüchen.
 

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~Lost~
 

»Sakura, so kann das nicht weitergehen! Ich habe es dir letztes Mal schon gesagt, wenn du nicht damit aufhörst, bleibt mir nichts anderes übrig, als dich zu deinem Vater zu schicken! Du weißt, dass ich das genauso wenig möchte wie du, aber ich habe einfach keine andere Wahl. Hör doch bitte endlich auf damit dich selbst zu verletzen! Du zerstörst damit nicht nur dich, sondern auch alle andren, die sich Sorgen um dich machen!«, schrie mir meine Mutter mitten ins Gesicht und gestikulierte dabei wild mit ihren Händen. Wie oft hatte ich das jetzt schon gehört? Zum zehnten Mal? – Mindestens. Doch diesmal war irgendetwas anders, irgendetwas sagte mir, dass sie dieses Mal ihre Drohungen wahr machen würde.

Ich wusste ja selbst, dass es nicht gut war, was ich da tat. Aber ich konnte einfach nicht anders. Es war wie eine Sucht.

Wehmütig sah ich auf meine von schwarz-pinken Stulpen bedeckten Handgelenke. Was sich unter dieser Schicht Wolle verbarg, war keineswegs schön anzusehen. Schlecht verheilte Narben und Wunden zeigten davon, was ich mir selbst beinahe Tag für Tag antat. Doch ich konnte einfach nicht anders. Viel zu sehr war ich von diesem erlösenden Schmerz abhängig, viel zu sehr hing ich an dieser Pein, die mir zeigte, dass ich noch unter den Lebenden weilte.

Ein leises Seufzen entrann meinen Lippen. Wie gerne würde ich damit aufhören, wie gerne würde ich einfach vergessen…

»Ich rufe jetzt deinen Dad an. Er wird alles klären, damit du ab nächster Woche auf eine Schule in seiner Umgebung gehen kannst. Ich wünschte… ich wünschte es gäbe eine andere Möglichkeit, aber ich sehe wirklich keinen anderen Weg mehr, es tut mir leid«, flüsterte meine Mutter. Sanft strich sie nochmal über meine Wange und gab dabei ein langgezogenes Seufzen von sich, um sich dann umzudrehen und mir und meinem Zimmer den Rücken zuzukehren.

Jetzt war es also beschlossene Sache. Ich würde umziehen, in eine fremde Stadt, wo ich niemanden kannte, außer meinen verhassten Vater. Ich würde erneut als Freak abgestempelt werden und allein sein. Also was hatte das für einen Sinn? Was würde dieser bescheuerte Umzug ändern? Ich würde ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, er würde mir nicht mehr weh tun können. Körperlich und seelisch. Doch das würde keinen Unterschied machen, er war sowieso auf ewig in mein Gedächtnis eingebrannt, ganz egal wohin ich flüchtete.

Noch betrübter als sonst glitt ich auf das breite Fensterbrett neben meinem Bett. Mein Kopf sank gegen die Glasscheibe, deren Kälte einen kleinen Schauer durch meinen Körper sandte. Stumme Tränen vergießend sah ich zu dem wolkenverhangenen Himmel empor. Mein Leben würde wohl immer so bleiben, trostlos und ohne jeglichen Sinn.
 

-Fünf Tage später-
 

Eintönig und verschwommen zog die alles andere als spannende Landschaft an mir vorbei. Es regnete in Strömen und die Temperatur war nur wenige Grade über dem Gefrierpunkt. Es schien, als würde sich das Wetter an meine trübselige Stimmung anpassen.

Mittlerweile hatten wir die Hälfte der vierstündigen Autofahrt zu meinem Vater hinter uns gebracht. In Summe hatten meine Mutter und ich in dieser Zeit höchstens zweieinhalb Minuten miteinander gesprochen. Es war normal für mich, dass ich nicht ununterbrochen vor mich hin quasselte, doch so schweigsam war ich für gewöhnlich nicht einmal, wenn ich schlecht drauf war. Aber die angespannte Stimmung, die im Wagen herrschte, hinderte mich daran eine Konversation aufzubauen.
 

Ich spürte ganz genau, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis wir in meinem neuen Zuhause ankommen würden. Die beinahe blätterlosen Bäume wurden von in Reih und Glied stehenden, grau wirkenden Häusern abgelöst und immer mehr Menschen mit Schirm und Regenmantel kamen in Sicht. »Es tut mir leid… Ich will wirklich aufhören, wieder ein normaler Teenager sein, aber ich kann nicht… ich kann einfach nicht…«, nuschelte ich durch einen Vorhang blassrosa Haare hindurch. Meine erstickte Stimme zitterte, denn erst jetzt wurde mir die tatsächliche Tragweite meiner Taten bewusst. Ich dachte immer, nur ich alleine wurde leiden, doch eigentlich war ich einfach nur egoistisch. Nicht einen Gedanken hatte ich daran verschwendet, wie es meiner Mutter wohl gehen, wie sie mit einer psychisch labilen Tochter zurechtkommen würde. Ich schätzte meine Mutter, also warum machte ich sowas? Sie war für mich da, als sich alle anderen von mir abgewandt, mich allein gelassen hatten. Doch den einzigen Dank, den ich für sie übrig hatte, war, dass ich sie entweder anschrie oder ihr die Schuld an allem gab, damit sie sich nur noch mehr Selbstvorwürfe machen konnte. Ich wünschte mir ich könnte alles rückgängig machen, ich wünschte, ich hätte diesen Mistkerl niemals getroffen, ihm niemals mein Herz geschenkt… Ja, aber das Leben war nun mal kein Wunschkonzert.

»Ist schon in Ordnung…Irgendwann wirst du es schaffen«

Langsam kamen wir dem Wohnhaus meines Vaters näher, die Straße war schmal und von kleinen, halb verwilderten Büschen gesäumt. Das Haus war schon alt und hellgelb gestrichen, an manchen Stellen sah es leicht baufällig aus, aber alles in allem machte es einen schönen Eindruck. Ich selbst war erst einmal im Inneren der Behausung gewesen und das war inzwischen schon mehr als drei Jahre her. Damals war es auch von innen einigermaßen schön anzusehen. Ich hoffte, dass sich das bis heute nicht geändert hatte.
 

Gemächlich kam der rote Polo meiner Mutter schließlich zum Stehen, es schien, als wollte auch sie den Abschied so lange wie möglich hinauszögern. Lautlos glitt ich aus dem Wagen und machte mich auf den Weg, um einen mittelgroßen Koffer und die kleine Tasche mit meinen Kosmetikartikeln aus dem Kofferraum zu holen. Die meisten meiner Sachen, sowie Bett, Kleiderschrank und Schreibtisch, waren bereits gestern von zwei Möbelpackern hierher gebracht und in mein neues Zimmer gestellt worden. Eine einzelne salzige Träne rann meine rechte Wange herab, denn obwohl ich wusste, dass das hier das Beste für mich war, war ich unheimlich traurig darüber meine langjährige Heimat verlassen zu müssen, obwohl es so viele unschöne Erinnerungen gab, die ich mit ihr in Verbindung brachte.

Mein Vater, ein dreiundvierzigjähriger Mann mit schwarzen Haaren und smaragdgrünen Augen, die ich von ihm geerbt hatte, wartete schon am Eingang auf mich, um mich in Empfang zu nehmen. Ich wusste, dass meine Mutter ihn nicht sehen wollte, deshalb nahm ich sie direkt beim Auto einmal fest in die Arme. Dieses Verhalten war für mich gänzlich untypisch, doch ich wusste, dass ich sie nun für längere Zeit nicht mehr bei mir haben würde. Ich hoffte inständig, dass sie sich während meiner Abwesenheit wenigstens ein bisschen von den Strapazen, die ich ihr bereitet hatte, erholen konnte.

»Bye, Mum«

»Auf Wiedersehen, mein Schatz. Ich liebe dich«

Nachdem sie mir ein letztes Mal durch die Haare – von denen sie im frisch gefärbten Zustand alles andere als begeistert gewesen war – gewuschelt hatte, drehte ich mich um, begrüßte meinen Vater mit einem knappen Kopfnicken und betrat dann das Haus, das für die nächste Zeit meine ungewollte Unterkunft werden sollte.
 

Mindestens schon seit einer Stunde starrte ich den selben Punkt an der Decke meines Zimmers an. Ich versuchte wirklich einzuschlafen, aber wieder einmal spukten viel zu viele Gedanken in meinem Kopf herum. Ich fragte mich, ob jetzt alles besser werden würde, wagte aber tunlichst dies zu bezweifeln. Wie würde die neue Schule wohl sein? Wie eine Anstalt, ein kleines Gefängnis für Jugendliche? Oder könnte sie vielleicht ganz in Ordnung sein? Alles was ich wusste war, dass sie eine ›öffentliche‹ Schule war, aber doch nicht für jeden zugänglich. Es musste ein gewisser Notendurchschnitt aufrechterhalten werden und ein Maß an Disziplin und Ordnung herrschen. Irgendwie fragte ich mich, wie es mein Vater geschafft hatte, dass ich dort aufgenommen wurde.

Mit einem leisen Seufzen wandte ich mich von dem Punkt an der Decke, den es ja eigentlich gar nicht gab, ab und wälzte mich auf die Seite. Es war wirklich Zeit einzuschlafen, schließlich war morgen mein erster Schultag und da wäre es vielleicht nicht so gut, wenn ich zu spät kommen würde. Deshalb versuchte ich sämtliche Überlegungen zu unterbinden, um endlich ins Reich der Träume fliegen zu können.

New

Whoa! Ich fass es nicht 15 Favoeinträge. Vielen Dank. Ich fühle mich geehrt :3

Des Weiteren möchte ich mich erneut bei DarkBloodyKiss und SweetSakura bedanken, die mir schon wie letztes mal einen Kommi dagelassen haben. :)

Soo. Und jetzt viel Spaß beim neuen Kapitel ^-^
 

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~New~
 

Das unbarmherzige, alles übertönende Klingeln meines alten Weckers riss mich aus meinem unruhigen Schlaf. Blind tastete ich nach ihm, um einmal kräftig draufzuhauen, damit er endlich verstummte. Müde fuhr ich mit den Fingern über meine immer noch geschlossenen Augenlider. Mit einem kleinen Seufzen kuschelte ich mich wieder in mein Kissen. Ich wusste, dass ich zu spät kommen würde, wenn ich nicht gleich aufstand, aber die Aussichten auf den heutigen Tag trugen auch nicht wirklich zum Positiven bei. Außerdem war mein Bett so schön warm…

Nach weiteren fünf Minuten, in denen ich mit mir selbst gerungen und mich dann doch gegen das Schwänzen entschieden hatte, ganz einfach weil ich meine Mutter nicht schon wieder enttäuschen wollte, quälte ich mich aus dem Bett und streckte mich genüsslich. Noch immer unsicher auf den Beinen tapste ich zum Kleiderschrank, schnappte mir meine schwarze Lieblingshose, das T-Shirt mit dem pinken, sprechenden Cupcake darauf, meine Unterwäsche und schleppte mich damit ins Badezimmer. Das heiße, auf mich niederprasselnde Wasser ließ mich wohlig aufseufzen und ich entspannte mich vollends. Doch die noch relativ frischen Schnitte an meinem linken Handgelenk stachen mir erneut ins Auge. Ich sollte wirklich damit aufhören.
 

Frisch angezogen und mit Accessoires behangen, wie einige bunte Armbänder über meinen heißgeliebten Halbhandschuhen, eine pinke Sternchenkette und sonstigem Kram, ließ ich mich auf meinem Bett nieder und schaltete meinen Laptop an. Ich musste mich erst noch schminken und meine Haare machen, und dazu brauchte ich unter jeden Umständen Musik. Nachdem die schmetternden Klänge eines guten Metalsongs – so etwas brauchte ich morgens dringender als alles andere – aus den mit dem Notebook interagierenden Funklautsprechern zu vernehmen waren, ging ich zurück ins Bad, das ich mir glücklicherweise nicht mit meinem Vater teilen musste. Ich hatte keine Ahnung warum die Wohnung zwei Badezimmer hatte, aber egal aus welchem Grund, ich war auf jeden Fall unheimlich froh darüber.

Großzügig verteile ich Eyeliner, Kajal und etwas dunkelrosafarbenen, schon fast roten Lidschatten um meine Augen, um das Ganze dann noch mit etwas Mascara abzurunden. Kurz glättete ich nochmal durch meine vom Vortag noch schönen Haare und sprühte, als sie saßen, noch eine ordentliche Ladung Haarspray auf sie. Da ich diese Prozedur täglich wiederholte, weil ich es ganz einfach nicht mochte und ich mich ungeschützt fühlte, wenn ich ungeschminkt war, war ich auch einigermaßen schnell fertig und machte mich mit meiner schwarzen Umhängetasche bewaffnet auf den Weg rüber in die kleine Küche.
 

Mit meinen großen, mit pinken Einhörnern bemalten Kopfhörern ging ich um halb acht durch die große Eingangstür meiner neuen Schule, ich lief nur wenigen Schülern über den Weg, da noch so gut wie niemand hier war – ich hatte mich mal wieder verschätzt und hätte locker fünfzehn Minuten länger schlafen können. Wieder mal super gemacht Sakura, aber jetzt war es sowieso schon zu spät. Erst mal musste ich zum Sekretariat gehen, schließlich hatte ich weder meinen Stundenplan noch wusste ich, wo meine Klasse war.

Nach einer fünfminütigen Suche hatte ich es endlich gefunden. Nachdem ich leise angeklopft hatte, öffnete ich die trübe Glastür und trat in den hellgrün ausgemalten Raum. »Oh, guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?«, nahm mich eine der beiden Sekretärinnen in Empfang. »Morgen…«, gab ich undeutlich von mir um kurz darauf mit etwas festerer Stimme fortzufahren, »Ich bin neu hier, weiß nicht wo mein Klassenraum ist und meinen Stundenplan kenn ich auch nicht… Ich heiße übrigens Sakura Haruno…« Nach einem kurzen Nicken wandte sich die Blondine ab, rollte mit ihrem Drehsessel davon und suchte irgendetwas in einem großen Aktenschrank.

Währenddessen ich wartete bemerkte ich, wie sich die braunhaarige, ebenfalls im Raum anwesende Frau immer wieder von ihrem Computer wegdrehte und mir abfällige Blicke zuwarf. Es schien als hätte sie so ihre Probleme mit Menschen, die einfach ein bisschen anders aussahen. Oder sie bekam einfach selten rosahaarige Leute mit Piercings zu Gesicht. Leider war es keineswegs das erste Mal gewesen, dass mir solche Blicke zugeworfen wurden, aber mit der Zeit hatte ich gelernt, sie ganz einfach zu ignorieren.

»So…hier Ihr Stundenplan. Ihr Vater hat mir vorherige Woche bei Ihrer Anmeldung gesagt, dass Sie vermutlich die Musik- und Theater-AGs als Ihre zwei Wahlfächer belegen möchten, lag er mit dieser Annahme richtig?« Mit einem kleinen, aufgesetzten Lächeln, das meinen Dank aussprechen sollte, nahm ich den A4 Zettel mit meinem Stundenplan entgegen. »Ja, er hatte Recht, das sind die Kurse, die ich gerne besuchen würde. Könnten Sie mir jetzt erklären, wie ich mein Klassenzimmer finde?«

»Aber natürlich!« Überschwänglich legte die Blonde einen Plan des ersten Stockwerks vor mich hin und zeigte mit ihrem Kugelschreiber auf unseren derzeitigen Standort. »Sie müssen diesen Gang runter links, den nächsten Flur weiter und dann in den letzen Raum auf der rechten Seite«, informierte mich sie. Um ihre Worte zu unterstreichen, folgte die Frau den Weg mit besagtem Stift und endete in einem viereckigen Raum in dem groß ›10a‹ geschrieben war. Na dann mal los! »Vielen Dank«, murmelte ich, bevor ich den mir eben beschriebenen Weg entlang ging. Heimlich hoffte ich, dass noch nicht allzu viele Leute in meiner Klasse sein würden und ich mir in Ruhe einen Platz aussuchen konnte, aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit würde mir sowieso ein Banknachbar zugeteilt werden, schließlich war es mitten unterm Schuljahr… Ich wünschte mir inständig, dass ich mich nachher nicht vor der ganzen Klasse vorstellen musste. Eigentlich hatte ich ja nichts dagegen, aber ich würde sowieso nur Sachen preisgeben, die meine neuen Mitschüler nicht interessieren würden und sie würden mich sicher über Dinge ausfragen, die sie absolut nichts angingen.
 

Zögernd öffnete ich die weiße Tür und blickte mich erst einmal um, bevor ich eintrat. Es war ein ganz normales Klassenzimmer, mit Tafel, Lehrerpult und einer Fensterfront. Die Wände waren relativ kahl, bloß ein paar wenige selbstgemalte Bilder hingen verteilt im Raum. Nur vereinzelt saßen einige der Schüler bereits an ihren Tischen und bereiteten sich für den kommenden Unterricht vor. Ein blondhaariger Junge mit bunten Klamotten, Kopfhörern und den Füßen in gelben Chucks, die lässig auf dem Tisch zum Liegen gekommen waren, erregte sofort meine Aufmerksamkeit, er hatte nicht diese streberhafte Ausstrahlung, die vom Rest der Anwesenden ausging. Deshalb bewegte ich mich zielstrebig auf ihn zu, nicht dass ich was gegen Streber hätte, aber ich wollte ganz einfach nicht in der Pause mit Matheformeln zugequatscht werden. »Ist da noch frei, oder sitzt hier für gewöhnlich wer?«, fragte ich und zeigte mit dem Finger auf den Platz an der Wand neben dem Blondschopf. Überrascht sah mich dieser an, hatte wohl noch nicht mitbekommen, dass ich hier vorhin reingekommen war. »Ja klar, setz dich hin«, sagte er und schmiss seinen Rucksack, der bis gerade eben noch auf dem Tisch gelegen hatte, auf den Boden. »Danke…«, nuschelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart und ließ mich wehmütig auf meinem neuen Platz nieder. Ich wollte nicht auf diese neue Schule, in diese neue Stadt ziehen! Das alles kotzte mich so dermaßen an! Wieso musste ich jetzt bei meinem Vater wohnen? Ausgerechnet bei IHM?! Diesem Arschloch, das Mum und mich verlassen hatte, als ich gerade mal vier Jahre alt war.
 

»Bist du neu hier? Natürlich bist du neu hier, sonst würd ich dich ja kennen. Also, warum bist du umgezogen? Wie alt bist du? Und was hörst du so für Musik? Ach und übrigens, ich find deine Haare toll! Wo wohnst du? Hast du Haustiere? Also ich hab einen Hund, er heißt Flauschi und ist einfach nur knuddelig, wenn du mal Zeit hast kannst du gern zu mir kommen und ihn dir ansehen. Ganz nebenbei, ich bin Naruto, echt jetzt!« Ganz eindeutig, ich hätte mich doch zu einem der Streber sitzen sollen.

Mit einem abweisenden und genervten Blick sah ich zu dem Blauäugigen. Ich war einfach zu angepisst, als dass ich da jetzt mitmachen hätte können. Kommentarlos setzte ich meine Kopfhörer wieder auf und hörte mir einen Song von Three Days Grace an. Das war zwar so richtig fies von mir, aber allein die neue Umgebung raubte mir schon den letzten Nerv, da brauchte ich nicht auch noch einen Kerl der mir die Ohren zulaberte.
 

Sehnsüchtig wartete ich darauf, dass es endlich klingeln würde und die Deutschstunde begann. Mittlerweile hatte ich mir meinen Stundenplan angesehen und meine Schreibsachen ausgepackt. Es trudelten immer mehr meiner neuen Klassenkollegen ein und der Raum füllte sich langsam, aber sicher. Von fast jedem bekam ich Blicke zugeworfen. Die einen wirkten interessiert, neugierig, und andere wiederum abweisend und geringschätzig. Einige von den Gleichaltrigen wirkten sogar ganz sympathisch, aber ich hatte grade echt keine Lust ein Gespräch aufzubauen. Deshalb blieb ich stumm auf meinem Platz sitzen und ließ diese Musterungen stillschweigend über mich ergehen. Erstaunlicherweise hatte sich bis jetzt noch niemand beschwert, dass ich auf seinem Platz saß. Vielleicht hatte ich ja das Glück und ich konnte wirklich sitzen bleiben, denn irgendwie mochte ich es hier. Randplätze waren mir sowieso immer lieber, als mittendrin zu sitzen, dort fühlte ich mich immer so eingeengt… und dieser Naruto schien ja eigentlich auch ganz in Ordnung zu sein, es war eben einfach seine Art so viel Schrott zu faseln, und für meine schlechte Laune konnte er ja nichts.
 

»Morgen!«, grüßte uns die schwarzhaarige Lehrerin, die gerade durch die Tür hereinkam und eben diese hinter sich zuknallte. »Ich habe gerade eben erfahren, dass wir eine neue Schülerin in unseren Reihen begrüßen dürfen! Stehst du bitte auf und stellst dich vor!«, befahl mir die Frau in einem herrischen Tonfall. Wenigstens musste ich nicht nach vorne kommen… Immer noch etwas widerwillig erhob ich mich von meinem Platz, räusperte mich kurz und fing dann an zu sprechen, »Ich bin Sakura Haruno, sechzehn Jahre alt und erst gestern hierher gezogen«

»Sehr schön. Gibt’s irgendwelche Fragen?«, fragte die Lehrerin, deren Namen ich immer noch nicht wusste. Sofort stoben mindestens fünf Hände in die Höhe, eine davon war Narutos. »Lee, was willst du wissen?«

Ein Junge in dunkelgrüner Hose und ebenso dunkelgrünem Pulli, also kurz und gut, ein Junge dessen Gesamtoutfit man durchaus als grünes Ganzkörperkondom bezeichnen konnte, stand übermütig auf und schrie seine Frage förmlich hinaus. »Willst du meine Freundin sein?! Ich werde dich beschützen und dir jeden Wunsch von den Lippen ablesen, meine Prinzessin!« Ich hoffte inständig, dass das Ganze einfach nur ein extrem schlechter Scherz, eine Art Aufnahmeritual für Neue war, aber irgendwie hatte es ganz und gar nicht den Anschein, denn wirklich jeder Einzelne im Raum sah den Typen mit Glubschaugen, Topffrisur und buschigen Augenbrauen geradezu entsetzt an. Leise seufzte ich auf, »Nein, ich will nicht deine Freundin sein«

Ohne aufgerufen worden zu sein schrie auch gleich ein Mädchen mit langen blonden Haaren, die zu einem hohen Zopf gebunden waren, ihre Frage raus, »Warum nicht? Hast du einen Freund?« Peinlich berührt sah ich weg, sie hatte einen wunden Punkt getroffen. »Du fragst ernsthaft warum? Und nein, hab ich nicht…«, gab ich ihr die Antworten auf ihre Fragen. Nach kurzem Zögern setzte ich noch ein leises, melancholisches »Nicht mehr« dazu, von dem ich hoffte, dass es niemand gehört hatte.

»Nun gut, lasst uns jetzt mit dem Unterricht fortfahren! Wo waren wir stehen geblieben? Ah ja, ihr habt jetzt eine halbe Stunde Zeit ein Gedicht zu verfassen, über ein Thema, das euch gerade beschäftigt. Den Stil könnt ihr euch selbst aussuchen. Und jetzt, na los, an die Arbeit. Ich will hier gute Ergebnisse sehen!« Na dann gehen wir mal ans Werk.

Distraught

Huhu ihr Süßis :)

Whaa. Ich fass es nicht. 21 Favoeinträge! (6 Neue Leuts) Vielen Dank. Das ist so geil ;D

So und ich will mich auch noch ganz herzlich bei DarkBloodyKiss, Yuki-nee-san, SweetSakura und fetter_schokomuffin für ihre super netten Kommis bedanken.

Und ja... gomen. Ich wollte echt früher weitermachen, aber ich hab im Moment ziemlich viel Stress...und ja. Also. Ich wünsch euch jetzt ganz viel Spaß :)
 

~Distraught~
 

Der Rest des Schultages zog relativ teilnahmslos an mir vorüber. In der Pause hat mich dieses blondhaarige Mädchen, das ohne aufgerufen worden zu sein rausgeschrien hatte, angesprochen und sich selbst als Ino vorgestellt. Es wunderte mich, dass sie sich mit mir abgeben wollte. Schließlich war ich neu, anders und starrte die meiste Zeit desinteressiert vor mich hin. Unser Gespräch bestand nur aus wenigen Worten und meine Antworten fielen zumeist einsilbig oder aus Gesten bestehend aus, aber trotzdem freute es mich irgendwie, dass sie sich aus eigenem Antrieb zu mir gesellt hatte. Auch mit Naruto hatte ich geredet. Wir fanden heraus, dass wir gar nicht weit voneinander entfernt wohnten, sein Wohnhaus war nur ein paar hundert Meter weiter. Aus diesem Grund gingen wir nach den sieben Schulstunden auch gemeinsam nach Hause. Ich hatte erwartet, dass mir der Blauäugige die Ohren volllabern würde, aber dem war ganz und gar nicht so, er blieb verhältnismäßig ruhig und erzählte mir nur wenig. Das Hauptthema war sein bester Freund und was die beiden gemeinsam schon so alles angestellt hatten, aber eigentlich liefen wir fast den ganzen Weg lang einfach nur nebeneinander her, er hörte seine Musik und ich die meine. Über seine Familie verlor der Blondschopf kein einziges Wort.
 

Ziemlich bald kam ich also wieder in meinem neuen Heim an und verkroch mich sogleich in mein Zimmer. Mein Vater war zwar noch nicht wieder da, aber trotzdem wollte ich so schnell wie möglich wieder in mein eigenes Reich. Das neue Zimmer war kleiner als mein altes, dennoch konnte ich alles problemlos unterbringen.

Wenn man durch die weißgestrichene Holztür reinkam, erblickte man sofort ein großes Eisenbett mit schwarz-pinker Bettwäsche, das in der linken Ecke stand. Daneben fand ein mittelgroßer, schwarzer Kleiderschrank seinen Platz, der nicht ganz an die beiden zusammentreffenden Wände geschoben werden konnte, da ein kleines Fenster im hintersten Winkel des Zimmers ein wenig Licht spendete. Es sah ziemlich fehl am Platz aus und war eigentlich auch völlig unnötig, weil auf der anderen Seite ein größeres Fenster war, dessen Licht perfekt auf den jetzt schon mit unnötigem Kram beladenen Schreibtisch fiel. Trotzdem gefiel mir das kleine Fenster irgendwie besser, es war so bescheiden, unscheinbar und schenkte der kleinen, davor stehenden Zimmerpalme doch genug Sonnenlicht, um zu gedeihen. Links neben der Tür war eine kleine Sitzecke, die aus zwei rosafarbenen und einem schwarzen Sitzwürfel bestand. Um ins Badezimmer zu gelangen musste man durch eben diese Sitzecke hindurch gehen und eine ebenfalls weiß lackierte Tür öffnen.
 

Wehmütig und mit einem kleinen Seufzen auf den Lippen ließ ich mich in der Nische zwischen Kleiderschrank und Wand auf der schmalen Fensterbank nieder. Sie war zwar lange nicht so komfortabel wie die meines alten Zimmers, aber sie erfüllte ihren Zweck und auch hier würde sie mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit zu einem meiner Lieblingsplätze werden. Ich hätte mich zwar auch auf die des größeren Fensters setzen können, aber diese wirkte einfach lange nicht mit einer solchen Anziehungskraft auf mich, wie es die kleine Nische tat.

Mein Blick glitt durch das Fenster hindurch, raus in den kleinen Park. Dort unten auf einer der schon morschen Bänke saß ein altes Pärchen. Die vermutlich schon lange Verheirateten hielten Händchen und sahen einer Taube dabei zu, wie sie nur wenige Meter vor ihnen Nahrung suchte.

Irgendwie gefiel mir dieses Bild. Es war etwas Besonderes für mich, etwas das ich nicht kannte. Meine Eltern waren schon lange getrennt, mein Opa war schon vor sieben Jahren gestorben und meine Großeltern väterlicherseits wohnten so weit weg, dass ich sie höchstens einmal im Jahr zu Gesicht bekam. Wie konnte man sich nach so langer Zeit immer noch lieben?
 

Irgendwann schweiften meine Gedanken ab, wieder zurück zu Naruto, Ino und den anderen Leuten aus meiner neu kennengelernten Klasse, die sich ganz normal mit mir unterhalten hatten. Ich musste aufpassen, dass ich sie nicht zu nahe an mich heranlassen würde, dass sie mir nicht wichtig wurden. Denn diese Nähe war tödlich für mich, sie war wie Gift. Ich durfte sie nicht zulassen. Denn irgendwann würde der Punkt kommen, an dem sie mich verletzen, mich im Stich lassen würden. Es war die Natur der Menschen. Egal was wir auch vorgaben zu sein, innerlich waren wir doch alle gleich, egozentrisch und eigennützig. Ich musste darauf achten meine Maske zu wahren, die zertrümmerten Wände um meine Seele zu stärken und die Unnahbare zu spielen. Ja, es war ein Spiel, ein Spiel bei dem niemand die zerbrochene, verletzte und schwache Sakura Haruno kennenlernen durfte, ansonsten hatte ich verloren.

Wenn ich das alles wusste, wieso freute ich mich dann über die Gesellschaft meiner beiden neuen ›Freunde‹? Warum fühlte ich mich so frei und ruhig, als ich gemeinsam mit Naruto meinen Weg zu dem gelben Wohnhaus antrat? Wieso hatte ich das Gefühl, dass Ino ein Mädchen war, dem ich alles anvertrauen konnte? Und zwar wirklich alles, mein gesamtes bisheriges Leben, warum ich so bin, wie ich bin…

Ich wusste warum. Denn ich fühlte dieses dünne, noch unscheinbare Band, das mit jeder gemeinsam mit ihnen verbrachten Sekunde stärker, robuster werden würde. Dieses Band, das ich kappen musste.
 

Mindestens schon seit einer halben Stunde kniete ich in der selben Stellung auf dem kalten Fensterbrett. Bedächtig fuhr ich mit meinem linken Zeigefinger über die kalte Klinge des alten Taschenmessers meines verstorbenen Großvaters, das ich gerade erst in die Hand genommen hatte. Wieso tat ich es schon wieder? Wieso verstümmelte ich mich selbst? Es hatte doch überhaupt keinen Sinn. Es würden nur mehr und mehr dieser hässlichen Narben auf meinem einst so glatten, einwandfreien Handgelenk dazukommen…

Ohne auch nur ein einziges Geräusch von sich zu geben, glitt das Messer durch meine Haut. Tiefer und tiefer und endlich spürte ich den Schmerz. Er war gleichermaßen Strafe wie auch Erlösung. Eine Strafe dafür, dass ich so verletzlich war, im Innersten wollte, neue Freundschaften zu schließen, und eine Erlösung, weil ich durch den Schnitt das Gefühl hatte, das neue Band zu durchtrennen, mich erneut zu verschließen.
 

Zeitgleich fielen eine warme, salzige Träne, die ihre Spur auf meiner blassen Wange hinterlassen hatte, und ein frischer, roter Blutstropfen dicht nebeneinander auf die kalte Fensterbank. Eine kaum merkliche Erschütterung, hervorgerufen durch eine kleine Bewegung meiner Beine, bewirkte, dass sich die beiden einzelnen Tropfen vermischten, vereinten. In wunderschönen Schnörkeln verband sich das rote Blut mit dem salzigen Nass und die beiden getrennten Einheiten wurden zu einer rot-verwaschenen Flüssigkeit, die sich mit einer schier unerträglichen Gemächlichkeit ihren Weg zum Rand der Fensterbank erkämpfte und schließlich mit einem leisen, hellen Ton zu Boden glitt.
 

-*-
 

»Sakura, würdest du bitte für einen kurzen Moment nach vorne kommen« Die Stimme meines Geografie-Professors, Kakashi Hatake, wurde beinahe von dem Getratsche meiner Mitschüler übertönt, das gleich nach dem Klingeln zum Stundenschluss eingesetzt hatte, trotzdem schenkte ich ihr Beachtung, packte Block und Kuli in meine Tasche und begab mich zum Lehrerpult. Es war Dienstag und mein zweiter Schultag. Als ich morgens in die Klasse kam, hatte ich das Gefühl, dass ich lange nicht mehr so viel Aufmerksamkeit geschenkt bekam, wie am vergangenen Tag, was mir persönlich mehr als recht war. »Tsunade hat mir vorhin mitgeteilt, dass du dich in den Schauspielkurs eingetragen hast. Ich bin der Leiter der AG und wollte dir nur schnell sagen, dass wir wohl die nächsten beiden Stunden gemeinsam verbringen werden. Probe ist immer dienstags, wenn aber eine Aufführung ansteht durchaus öfter. Geh nach der Pause einfach Ino nach, sie wird dir schon zeigen wie es bei uns so abläuft«

Mit einem kurzen Nicken teilte ich dem Grauhaarigen – es war mir schleierhaft, wie man einerseits so jung aussehen und andererseits graue Haare haben konnte – mit, dass ich verstanden hatte und wand meinen Kopf nach links, wo ich Ino vermutete, tatsächlich stand sie nur ein paar Meter entfernt und quatschte munter mit jemandem. Heute hatte sie erneut mit mir gesprochen, mit mir eine ganz normale Unterhaltung über Blumen geführt. Sie hatte mir erzählt, dass ihre Mutter Besitzerin eines Blumenladens war, in dem sie des Öfteren aushelfen musste. Dadurch sind wir dann irgendwie zu unseren Lieblingsblumen gekommen und komischerweise endete unser Gespräch damit, dass ich ihr sagte, dass mein grüner Daumen, genauso wie mein Orientierungssinn, praktisch nicht vorhanden war.
 

Ein weiteres lautes Klingeln kündigte an, dass wir uns wohl besser auf den Weg machen sollten. Sofort nachdem ich von Kakashi informiert wurde, war ich zu Ino gegangen und hatte sie gefragt, ob ich sie später zum Raum der AG begleiten durfte. Mit einem überschwänglichen ›JA‹ ihrerseits war die Sache dann auch relativ schnell wieder geklärt gewesen. Erwartungsvoll sah ich das blondhaarige Mädchen an. »Wir sehen uns später, Chōji!«, verabschiedete es sich von einem seiner besten Freunde, nachdem es meinen Blick erwidert hatte. Im selben Atemzug packte die Blauäugige meine Hand und schleifte mich in Richtung Tür. Sie zog mich zu einer Treppe am Ende des Flurs und fing sogleich an zu plappern. »Weißt du was mir so richtig auf die Nerven geht? – Dieses ewige Schminken morgens. Es ist so zeitaufwändig. Aber ich muss es tun. Schließlich kann ich nicht ungeschminkt in die Schule kommen. Ich sehe so widerlich aus, wenn ich nicht wenigstens Mascara drauf habe. Und den ganzen Jungs kann ich das auch nicht antun…« Ich wusste, dass es keinen Sinn hatte Ino auch nur in irgendeiner Weise zu unterbrechen. Sie würde sowieso nicht aufhören. Ich war mich sicher, dass sie auch ohne dieser Tonne von Make-Up immer noch wunderschön aussehen würde. Aber es würde ganz einfach nichts bringen, ihr das zu sagen, denn sie war nun mal ein Sturkopf und von ihrer ›Hässlichkeit‹ überzeugt. Aus diesem Grund schwieg ich ganz einfach und bemühte mich nicht mit den Gedanken abzuschweifen. Ich versuchte mir Details meines Weges zu merken, doch trotz all meiner Versuche würde mir die kleine, süße Tussi wohl auch beim nächsten Mal wieder helfen müssen. »So, gleich sind wir da. Wir fangen bald an, ein neues Stück einzuproben. Hoffentlich gefällt’s dir bei uns«, lächelte mich meine Freundin ehrlich an und drückte gegen eine große Doppeltür.

Ich wusste nicht warum, aber mein Herz pochte in einem schnelleren Rhythmus als sonst gegen meine Brust. Wahrscheinlich lag es ganz einfach an der Vorfreude wieder auf einer Bühne zu stehen, so wie ich es früher immer getan hatte. Schon als kleines Kind war ich schon leicht von Bühnendarbietungen zu begeistern gewesen, kein Wunder, wenn der eigene Vater Schauspieler war. Doch als sich meine Eltern trennten verblasste der Glanz für eine Weile und auch mein Vater gab seinen Beruf auf und arbeitete fortan in einem kleinen Büro. Als ich jedoch acht Jahre alt war, wurde mein Interesse wieder geweckt und so wie andere Mädchen zum Ballet gingen, besuchte ich meine Schauspielgruppe für Kinder.

Mein Blick schweifte umher. Der Raum war größer als erwartet und würde akustisch wohl so einiges zu bieten haben. Die Bühne, auf die meine Aufmerksamkeit sogleich gelenkt wurde, war hell bestrahlt und erst nach einigen Sekunden hatten sich meine Augen an das grelle Scheinwerferlicht, dessen Funktion überprüft wurde, gewöhnt und realisierten, dass das Podium keineswegs leer war. Eine Person stand inmitten der hellen Lichter, halb von Ino und mir abgewandt. Eine Person, deren Gesicht eben jenen Lichtern empor gestreckt war. Eine Person mit kohlrabenschwarzen Haaren.

Eine Person die ich kannte, die ich einst liebte.
 

»Nein... Nein, nein, nein. Er kann nicht hier sein. Er DARF nicht hier sein. Wieso… das geht nicht. Wie? Warum? Was geht hier vor? Ich will nicht. Nein. Nicht schon wieder. Er soll aufhören!«, wimmerte ich und glitt leise zu Boden. Meine Knie trafen auf das glatte, dunkle Holz und mein Oberkörper viel schlaff nach vorne. Meine rechte Hand krallte sich in meine von Tränen benetzte Wange, einfach nur weil ich wollte, dass dieser Schmerz vorüber ging, er sollte genauso schnell wieder gehen, wie er gekommen war. Es war, als holte mich alles wieder ein. Jetzt wo ich ihn schon einige Tage nicht mehr gesehen hatte, ich hatte mich in Sicherheit gewogen. Ein Fehler, ein gewaltiger, das wusste ich nun. Und doch stellte ich mir eine Frage.
 

Wieso? Wieso war er hier?

Remembered

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Abstracted

Das letzte Kapitel bestand vollkommen aus einem Rückblick in Sakuras Vergangenheit. Sie wurde vor zwei Jahren von Sai, dem Jungen in dem sie verliebt war, brutal vergewaltigt und ja.

Ich möchte an dieser Stelle nochmal darauf hinweisen, dass die FF auch auf ff.de hochgeladen ist, der Link ist in der Beschreibung
 

~Abstracted~
 

»Sakura, beruhige dich. Es ist alles gut. Du bist hier in der Schule und die einzigen die bis jetzt da sind, sind Sasuke und Herr Hatake« Verzerrte, undefinierbare Laute drangen an meine Ohren. Wo war ich hier? Was war los? Wieso spürte ich keine kalten Fliesen unter meinen Knien?

Unergründliche Schmerzen durchzogen meinen gesamten Körper, besonders mein Unterleib fühlte sich an, als würde er in Flamen stehen. Eine kalte, zierliche Hand legte sich ohne Vorwarnung auf meine Schulter und wollte mich wohl beruhigen, aber alles was sie bewirkte war, dass ich mit einem kleinen, erstickten Schrei zurückwich und unsanft mit dem Kopf am Boden aufprallte, ein erneuter Schmerz durchzuckte mich, so als würde jemand unbarmherzig ein scharfes, spitzes Messer durch meinen Schädel bohren. Immer noch waren meine Augenlider geschlossen, ich wollte nichts sehen, besonders nicht meinen minderwertigen, beschmutzten Körper. Wieso hatte er es gemacht? Warum?
 

»Herr Hatake, bitte, ich weiß nicht was mit ihr los ist. Sie ist einfach so zusammengebrochen und hat angefangen zu schreien und um sich zu schlagen. Bitte, Sie müssen etwas machen« Die Stimme, die ich wie durch dichten Nebel wahrnahm kam mir irgendwie bekannt vor, und doch konnte ich sie nicht zuordnen, sie hatte einen flehenden, weinerlichen Unterton an sich und aus irgendeinem Grund schmerzte es mich, diese Stimme so zu hören. Ich versuchte mir in Erinnerung zu rufen, was geschehen war, ich hatte das Gefühl, als wäre das mit Sai gerade erst passiert, aber andererseits gab es da diese Bilder, die wie Erinnerungen wirkten. Ereignisse, die erst nach dem Vorfall geschehen sein konnten. Der Gesichtsausdruck meiner Mutter, als sie mich zusammengesunken und in einem Meer aus Haaren auf dem Badezimmerboden vorfand. Die abfälligen, geringschätzigen Blicke meiner ehemaligen Freunde, als sie sich hinter einem Schleier von Freundlichkeit verborgen immer weiter von mir abwanden, weil ich mich selbst immer mehr von ihnen entfernte. Ich selbst, mein Gesicht, wie es immer ausdrucksloser wurde. Das ehemalige Strahlen in meinen Augen, das vor zwei Jahren verschwunden ist, weil es der von Traurigkeit durchtränkten Leere in ihnen gewichen ist. Die Tränen, die meine Mutter vergossen hatte, als sie die frischen, tiefen Einschnitte an meinen Handgelenken zum ersten Mal bemerkt hatte. Sai, wie er mich immer wieder dazu zwang ihn zu befriedigen. Mein angeschwollenes Gesicht, als ich mich weigerte. All diese Bilder, die bezeugten, das Zeit vergangen war. Zeit, die meine Wunden nicht heilen lies, mich lediglich immer weiter in diese kalte, schreckliche Leere und Dunkelheit zurückdrang. Plötzlich wusste ich auch wem diese besorgte Stimme gehörte, Ino, meiner neugewonnen Freundin, die ich kurz nachdem ich unfreiwillig zu meinem Vater gezogen war kennengelernt hatte.
 

Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden schlug ich meine Augen auf, als ich große, leicht raue Hände an meinen Wangen spürten. Ich starrte mitten in das Gesicht meines grauhaarigen Lehrers. Wir waren in dem Aufführungssaal meiner neuen Schule, wo die Probe für die Schauspiel AG stattfinden sollte.

»Lassen Sie mich los«, meine Stimme gewohnt ausdruckslos und kalt. Ich durfte meine Maske nicht wieder fallen lassen, das hier war eine einmalige Ausnahme gewesen, die sich nie wieder wiederholen durfte.

Ohne Umschweife löste er seine Hände von meinem Antlitz, sah mich aber weiterhin mit diesem forschenden Ausdruck in den Augen an. Verwirrt richtete ich mich etwas auf und begann mich umzusehen, mittlerweile waren einige weitere Schüler eingetroffen, die wohl eine ganz normale, ereignislose Probe erwartet hatten und dem entsprechend, was sie tatsächlich vorfanden, erschrocken und überrascht aussahen. Immer noch regungslos glitt mein Blick über die drei, vier neuen Gesichter und erstarrte dann vollkommen, als ich den etwas abseits stehenden, schwarzhaarigen Jungen bemerkte. Er war es, von dem ich vorhin geglaubt hatte, er wäre Sai. Jetzt kam mir dieser Gedanke völlig bescheuert und absurd vor. Sie hatten zwar einige unübersehbare Ähnlichkeiten, trotzdem wunderte es mich, dass ich sie verwechseln konnte. Neben dem gleichen, kohlrabenschwarzen Haar , welches bei dem Fremden jedoch etwas länger war, hatten beide einen sehr blassen Hauttyp, der einen atemberaubenden Kontrast zu den dunklen, fast schon schwarzen Augen bildete. Da er fünf Meter von mir weg stand, konnte ich seine genaue Augenfarbe nicht ergründen, doch ich bildete mir ein, ein dunkelblaues Glitzern erkennen zu können.

Obwohl sie sich auf den ersten Blick so sehr glichen, taten sich nach wenigen Sekunden des weiteren Betrachtens erhebliche Unterschiede auf. Während Sais Gesicht oval war, war das von dem vor mir Stehenden eher eckig, seine Nase war ebenmäßig und gerade, nicht zu groß, aber auch nicht so klein, dass sie feminin wirkte. Anstatt eines Septums, so wie bei Sai, zierten das Gesicht des Fremden Snakebites. Die zwei schwarzen Ringe an seiner Unterlippe waren unschwer zu erkennen und machten das sowieso schon attraktive Gesicht noch anziehender. Ich war mir sicher, dass ihn regelrecht eine Horde von Mädchen anhimmeln würde.

Auch in der Statur unterschieden sie sich maßgeblich, Sai war mindestens zehn Zentimeter größer, wirkte aber deswegen nicht wirklich stärker, denn seine Schultern waren um einiges schmaler als die des bisher noch Namenlosen. Unter dem schwarzen, engen Shirt, das dieser anhatte, zeichneten sich deutlich seine beachtlichen Muskeln ab. Eins stand fest, der Unbekannte vor mir stand dem Mann, den ich einst liebte und nun nur noch Verachtung entgegen brachte, äußerlich in nichts nach.
 

Ein tiefes, gekünsteltes Räuspern hinderte mich daran, meine Musterung weiter fortsetzen zu können. Es war wohl schon einige Minuten her, seitdem ich angefangen hatte den Schwarzhaarigen schräg vor mir ins Auge zu fassen, zumindest ließ das wissende, schelmische Lächeln Inos darauf schließen.

»Hast du dich jetzt wieder beruhigt?«, fragte mich der Lehrer und sah mich dabei mit gerunzelter Stirn und immer noch sorgenvollem Blick an.

»Ja, danke«, entgegnete ich kühl bevor ich mich hochhievte und meine Kleidung glatt strich.

Mit einer letzten skeptischen Musterung von mir wand sich Hatake ab und kümmerte sich darum die Anwesenheitsliste durchzugehen. Nack kurzer Zeit bemerkte er jedoch, dass noch nicht einmal die Hälfte der eingetragenen Schüler anwesend war und gab uns noch fünf Minuten Pause in der wir uns frei beschäftigen durften, während der Rest sich auch mal dazu bequemte einzutrudeln. Gleich nachdem keine Aufmerksamkeit mehr auf mich gerichtet wurde, packte Ino meine Hand und zog mich in eine abgelegene Ecke des großen Raumes. »Du sagst mir jetzt ganz genau, was das grade eben war«, befahl sie mir im herrischen Ton, gleichzeitig sah mich ihr von Sorgen gezeichnetes Gesicht an. Ich wusste nicht, was ich daraufhin sagen sollte, schließlich wollte mein Verstand zu meinem eigenen Schutz ja immer noch keine Bindungen zulassen.

Ohne ihr eine Antwort zu geben wand ich meinen Blick ab und inspizierte den dunklen Boden. Vielleicht würde sie ja aufhören immer wieder mit mir zu sprechen, wenn ich weiterhin so abweisend war. Als zusätzliche Mauer zwischen uns ließ ich nun auch noch meine Haare wie einen Vorhang über meine linke Gesichtshälfte fallen. Beharrlich schwieg ich, während die Blondine immer noch meine von Wolle bedeckte Hand zwischen ihren feinen, grazilen Fingern knetete. »Bitte Sakura, sag mir was los ist. Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange und es wäre wohl ziemlich naiv von dir, wenn du mir jetzt schon vertrauen würdest, aber genau das wünsche ich mir. Ich will dir nichts Böses, aber diese gequälten Schreie vorhin, dieses Wimmern und Betteln, das alles fuhr mir durch Mark und Bein. Ich will einfach nicht, dass es dir schlecht geht, denn ich habe das Gefühl, als würdest du noch zu einer sehr wichtigen Freundin für mich werden« Ihre Worte berührten mich auf eine gewisse Weise, sie sprach so offen über das was sie fühlte, und dafür bewunderte ich sie irgendwie, denn ich hatte diese Gabe schon lange verlernt, wenn ich sie überhaupt jemals besessen hatte. Trotzdem sagte ich weiterhin nichts, drehte lediglich meinen Kopf und sah sie entschuldigend an. »Ino es… ich habe… Ich habe auch ein gutes Gefühl und fühle mich wohl bei dir, nur… ich kann nicht… irgendwann mal vielleicht, aber nicht jetzt, okay?« Etwas enttäuscht und doch verstehend erwiderte sie meinen Blick und nickte dann langsam. Nach kurzer Zeit schlich sich aber sogleich wieder ein Grinsen auf ihr Gesicht und mit spöttischer Stimme fing sie an zu sprechen »Und was war das, wie du Sasuke vorhin angestarrt hast? Findest ihn wohl heiß, huh?«

»Sasuke?«

»Der schwarzhaarige Typ, den du vorhin geradezu mit deinen Augen verschlungen hast« Oh ja, die Blauäugige war kurz davor loszuprusten, das bemerkte man ganz genau.

»Du bist doof«, sagte ich und gab ihr einen leichten Klaps auf den Hinterkopf.

»Was denn?«, fragte sie empört, ohne dabei eine Antwort von mir zu erwarten, denn sogleich fuhr sie schon wieder fort »Er sieht ja auch wirklich gut aus, das kann man nicht abstreiten, überhaupt diese Augen… Naja, aber er ist einer dieser kalten Kerle, die sich für nichts zu interessieren scheinen, einschließlich Mädchen«

»Du stehst auf ihn«, stellte ich fest und zu Inos und meinem Erstaunen hoben sich meine Mundwinkel ein kleines bisschen an. Es war schon lange her, dass sich ein so ehrliches Lächeln auf meinem Gesicht abgezeichnet hatte.

»Ähm nein, eigentlich hab ich ihn mir schon vor langer Zeit aus dem Kopf geschlagen«, klärte sie mich etwas aus dem Konzept gebracht auf.

»Ah ja, eigentlich… In-« »Ino, Sakura, kommt ihr dann auch mal?!« Die genervte Stimme unseres Lehrers unterbrach uns und mit einem kleinen Seufzen auf unseren Lippen trotteten wir eben wieder zurück. Unmotiviert ließ sich meine neue Freundin auf eine der Sitzgelegenheiten, die eigentlich für die Zuschauer gedacht waren, nieder und sah zu unserem Lehrer, der leichtfüßig auf die nun nicht mehr beleuchtete Bühne sprang. »Wie ihr wisst, werden wir bald anfangen ein neues Stück einzuproben. Die bisherigen Stunden haben wir ja nur mit einfachen Übungen verbracht, die wir ab und an wieder aufgreifen werden. Bevor ich die Stück-Vorschläge durchgehe, will ich euch unseren Neuzugang vorstellen. Sakura, wurdest du bitte kurz aufstehen« Widerwillig erhob ich mich von meinem Platz, wartete einige Sekunden und ließ mich dann wieder ohne ein Wort auf den Sitz gleiten. »Also, ihr müsst dann abstimmen, welches Stück wir spielen, zur Auswahl haben wir eine Abwandlung von Aschenputtel, Stolz und Vorurteil, das klassische Romeo und Julia, Arcadia oder Alice im Wunderland«

Der junge Lehrer begann zu jedem der Stücke Inhalt und Details zu erklären und schon nach kurzer Zeit schaltete ich ab. Es war mir eigentlich egal welches Stück wir aufführen würden, eine Hauptrolle würde ich sowieso nicht bekommen und haben wollte ich schon gar keine. Außerdem war ich nicht wählerisch und zur Not gab ich mich eben auch mit der Rolle der alten, schrulligen Hexe mit großer, dicker Warze auf der Nase zufrieden, wobei die Figur ja eigentlich gar nicht so schlecht wäre... Hin und wieder schnappte ich ein paar Worte auf, die ich aber sofort wieder vergas. Die meiste Zeit spielte ich mit meinen Fingern und ließ meine Gedanken schweifen. Wie es meiner Mum wohl ging? Fehlte ich ihr? Sie mir auf jeden Fall.
 

Gelangweilt flogen meine Augen über die anwesenden Schüler. Einige von ihnen waren mir bekannt, zumindest vom Sehen her, da war dieser genervt aussehende Junge mit dem ich Ino gestern nach Hause gehen sehen hatte. Dann waren da noch dieser Lee aus meiner Klasse und ein Typ mit hellblauen Haaren, der gestern in der Pause kurz mit Naruto gesprochen hatte. Irgendwie blieb mein Blick wieder bei dem Schwarzhaarigen, Sasuke, hängen. Ino hatte vorhin doch gesagt, dass er von dieser abweisenden, gefühlskalten Sorte war. Ich fragte mich warum, schließlich war niemand von Natur aus so verschlossen, irgendetwas musste in seinem Leben vorgefallen sein, dass ihn so werden ließ.

Immer mehr nahmen mich die Spekulationen über ihn ein, deshalb bemerkte ich nicht, wie mir Ino immer wieder ihren Ellenbogen gegen die Rippen stieß. Und als ich es dann mal mitbekam war es leider schon zu spät.

»Fräulein Haruno, würdest du dich vielleicht auch mal am Unterricht beteiligen, anstatt hier Löcher in die Luft, oder eher in Sasuke, zu starren« Eine leichte Röte breitete sich unwillkürlich auf meinen Wangen aus. »Tut mir leid, wird nicht wieder vorkommen«, nuschelte ich, es war eigentlich nicht meine Art, dass mir etwas peinlich war, aber diesmal irgendwie schon. »Naja, trotzdem wirst du dein schauspielerisches Können jetzt unter Beweis stellen, indem du dich als schwangere Frau gibst, deren Wehen einsetzen, während sie mit der Straßenbahn fährt. Also, los jetzt« Verdammt, was war das für eine dämliche Aufgabe?

Ich wusste, dass es nichts brachte mich jetzt irgendwie rauszureden, erhob mich deshalb widerwillig und ging zu dem Grauhaarigen, der mir freundlicherweise seine Hand entgegenstreckte, um besser zu ihm auf die Bühne kommen zu können. Misstrauisch und immer noch unwillig sah ich mir die neue Umgebung an, holte mir schließlich einen einige Meter entfernt stehenden Sessel und ließ mich mit einem kleinen Stöhnen darauf nieder. Zuvor hatte ich noch meine schwarze Weste ausgezogen, sie zu einer Kugel zusammengerollt und unter mein T-Shirt gestopft. Ich versuchte die unförmigen Beulen einigermaßen zu glätten, was jedoch nur ein ernüchterndes Ergebnis zur Folge hatte. Meine Motivation für das Ganze war ungefähr so sehr vorhanden, wie der Wille sich morgens aus dem Bett zu quälen.
 

Ohne Vorwarnung gab ich ein schmerzerfülltes Keuchen vor mir und krümmte meinen Oberkörper, um meinen Unterleib zu schützen. Immer wieder kam verkrampftes und ersticktes Stöhnen aus meinem Mund. Meine Hände führen fortwährend über meinen nun großen Bauch. »Junger Mann, wären Sie so freundlich Ihren Arsch von dem Sitz zu bewegen, ich könnte hier gleich ein bisschen mehr Platz gebrau- Ach du heilige Scheiße, Gott steh mir bei. Jonas du verfickter Hurensohn, was fällt dir ein, mich einfach so zu schwängern?!«, kam es gepresst zwischen meinen zusammengebissenen Zähnen hervor, während ich zum Schluss hin immer lauter wurde und das ganze immer wieder mit Keuchen und kleinen Schmerzensschreien unterbrach. Ich warf meinen Kopf in den Nacken und schrie mir die Seele aus dem Leib, mein Gesicht war zu einer Fratze verzerrt und meine Augen waren zu schmalen Schlitzen geformt. »Ist hier zufällig ein Arzt anwesend, der dieses Balg aus mir rausholen kann?«

Eine meiner Hände krallte sich in den Bezug des Stuhls, während ich mit der anderen so tat, als würde ich mich an einer der nicht vorhandenen Stangen festhalten. Ein Ruck durchfuhr meinen Körper, so als würde eine Unebenheit den Weg der Straßenbahn behindern. »Du da!«, knurrte ich regelrecht und zeigte dabei mit dem Finger auf ein schüchtern wirkendes Mädchen, das ich eher der Zeichen oder Koch AG zuordnen würde als der hier. »Komm her und zieh deine Jacke aus, du siehst aus, als hättest du Erfahrung mit Dingen dieser Art« Erschrocken sah mich das Mädchen an, entschloss sich dann aber doch dazu, das zu machen, was ich ihr befohlen hatte. Meinen Körper hatte ich bereits zur Seite gedreht und meine Füße hingen weit gespreizt in der Luft, so als würden sie sich auf dem imaginären Sitz neben mir abstützen. Immer wieder gab ich kurze, abgehackte Schreie von mir und auch mein Atem wurde immer schneller, lauter und unkontrollierter. Ohne weitere Aufforderungen hängte die Dunkelhaarige ihre Jacke über meine Oberschenkel und Knie. Unter dem jetzt vorhandenen Schutz machte ich Anstalten mir die Hose auszuziehen, einen halbherzigen Job würde ich hier ganz sicher nicht abliefern. Bevor ich jedoch wirklich zur Tat schreiten konnte, klatschte Herr Hatake einmal kräftig in die Hände und brach somit das Ganze ab. »Sehr gut, Sakura. Das reicht. Ausziehen brauchst du dich nun wirklich nicht… auch wenn ich nichts dagegen hätte«

»Sowas können sie sich bei mir sparen«, erwiderte ich mit schneidender Stimme und fiel schnell wieder in mein gewohntes Verhalten. Er hatte doch nicht die geringste Ahnung.

»Danke, dass du mitgemacht hast«, bedankte ich mich murmelnd bei dem Mädchen mit unnormal hellen Augen und reichte ihr ihre dunkelviolette Jacke. Ohne noch weiter Zeit auf der Bühne zu verschwenden, sprang ich von dieser runter und ließ mich wieder auf meinen Platz neben Ino nieder. »Willst du denn gar keinen Applaus für deine Darbietung?« Es nervte, wie die Stimme des Lehrers immer durch diesen stilvollen Schal um seinen Hals, und teilweise auch Mund, gedämpft wurde. Mein Schweigen war ihm aber wohl Antwort genug.

»Naja, scheinbar ja nicht. So, und nun lasst uns mit dem Abstimmen beginnen!«
 

~~~*~~~
 

Hey Leuts :)

Ich wollte mich nur noch schnell für den Kommi von happines bedanken.

Wenn ihr einen Favoriten bei dem Stück habt, könnt ihr ihn ruhig nennen, ich werde versuchen eure Wünsche zu erfüllen.

Außerdem hab ich noch eine Frage, wollt ihr, dass das Stück eine größere Rolle einnimmt, oder soll es eher nebensächlich sein?

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

glg Lisa :*

Relaxed

Hallu meine lieben Leute!

Sorry, für die lange Wartezeit und mein Nicht-Beantworten der Kommis, geschweige denn der Favos. In diesem Sinne, will ich hier ganz schnell meinen großen Dank an alle die meine Fanfiction (immer noch) lesen aussprechen.

Ich hatte in letzter Zeit viel Stress und kam einfach zu nix, ich hoffe das wird jetzt wieder besser, wo endlich wieder die Sonne scheint und meine Motivation auch wieder da ist.

Vielen, vielen Dank nochmal für die sage und schreibe 30 Favoeinträge!

Auch diesmal würde ich mich wieder über Rückmeldung freuen.

Und jetzt viel Spaß beim Lesen :)

~ultraschokomuffin (uh yeah, neuer, alter Nick ;))
 

PS: Ich hab übrigens die Charaktere nochmal überarbeitet, sollte hier Interesse bestehen ;)

http://www.youtube.com/watch?v=obtEqm--4Ao <-- Das ist übrigens der Song, den Ino und Sakura beim Heimgehen hören :)
 

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~Relaxed~
 

Nachdem wir abgestimmt hatten welches Stück wir aufführen würden, drückte uns unser grauhaariger Lehrer noch die Rohfassung des Skriptes von Stolz und Vorurteil in die Hand. Darcy und Elisabeth hatten mit einem knappen Vorsprung von einer Stimme gegenüber Romeo und Julia gewonnen, was ich persönlich mehr als nur ein klein wenig guthieß. Shakespeare war ganz einfach schon viel zu ausgelutscht und klischeehaft, und auch wenn bei Stolz und Vorurteil wohl um einiges mehr Arbeit anfallen würde, weil eben kein klarer Text vorgegeben war, war ich echt froh über diesen Ausgang.

Bevor wir alle in unseren freien Spätnachmittag entlassen wurden, gab uns Hatake noch die Aufgabe, das Textbuch bis nächste Woche durchzukauen, was vom Großteil der Gruppe mit einem lauten Aufstöhnen quittiert wurde. Ich gehörte jedoch nicht zu der Masse, genauso wenig wie der Gelangweilte, dessen Namen ich immer noch nicht kannte, Sasuke und das schüchterne Mädchen von vorhin. Die Gründe der anderen waren mir nicht bekannt, aber ich hatte schlichtweg einfach kein Problem damit die Abwandlung von Jane Austens Roman zu lesen, dieser war nämlich mein Liebling seitdem ich ihn zu meinem dreizehnten Geburtstag von meiner Tante geschenkt bekommen hatte. Ich hatte das Buch schon mindestens zehn Mal gelesen und liebte es noch genauso wie beim ersten Mal. Auch wenn sich in der Zwischenzeit viel verändert hatte und ich vieles wieder rückgängig machen würde, wenn ich könnte, an der Liebe zu der Geschichte zwischen den beiden Protagonisten, würde sich wohl nie etwas ändern.

Des Weiteren wurde uns noch mitgeteilt, dass unser Lehrer selbst beim nächsten Mal die Rollen verteilen würde, weil er dachte, dass er genau wusste wer für welche Rolle geeignet war. Ich war da ja eher skeptisch, beließ es aber dabei meine Augenbraue hochzuziehen und meine Gedanken für mich zu behalten.
 

Kaum waren wir aus der Doppeltür getreten, packte mich Ino am Arm und zog mich auf die Mädchentoilette. Sie schien wohl noch nicht bemerkt zu haben, dass mir jeglicher Körperkontakt eigentlich unangenehm war. Aber bei ihr war es sowieso irgendwie anders…

Im Klo angekommen zog sie sich schnell in eine der Kabinen zurück, während ich mich wartend gegen eines der weißen Waschbecken lehnte. Überschwänglich erzählte sie mir, dass sie gerade ihre Tage hatte, dadurch die ganze Zeit nur essen könnte und welche Probleme ihre Periode noch so mit sich brachte. Im Stillen zählte ich die Tage, bis es bei mir wieder so weit war, voraussichtlich elf, ijee, wie wir doch alle unsere Menstruation liebten… Haha. Ironie à la Sakura Haruno.

Als Ino kurz darauf wieder neben mir stand und sich gründlich die Hände einseifte, stieß sie eine kleine Menge angestaute Luft mit einem leisen Seufzen aus und beschlug so, mit ihrem Atem, den Spiegel vor ihr für einen kurzen Moment. Für den Bruchteil einer Sekunde bildete ich mir ein einen traurigen Ausdruck in ihren blauen Augen zu sehen, sie schienen sich zu verdunkeln und der lebensfrohe Glanz trübte sich einen Augenblick lang. Einmal geblinzelt und alles war wieder normal, so als hätte ich es nie gesehen.

»Was hältst du eigentlich von dem Stück? Wie wär’s, wollen wir es nicht gemeinsam durcharbeiten? Komm doch jetzt gleich mit zu mir nach Hause, dann können wir gleich mal anfangen«

Bevor ich auch nur die kleinste Chance gehabt hätte abzulehnen – was ich insgeheim gar nicht wollte – war es für sie schon beschlossene Sache und Ino fischte ihr etwas älteres Handy aus ihrer Tasche um ihre Mutter anzurufen.
 

Nicht einmal zwanzig Minuten später befanden wir uns auf dem Weg zu ihr nach Hause. Ich war ein klein wenig nervös, war es schließlich schon beinahe zwei Jahre her, dass ich jemanden aus der Schule besucht hatte. Ohne es zu wollen fragte ich mich, ob ihre Familie mich wohl mögen würde. Aber was sollte diese Frage? Ich hatte schließlich nicht vor das alles zu genießen und sie wieder besuchen kommen, das war es zumindest was ich mir versuchte einzureden. Ich war eben auch nur ein Teenager, der sich nach Freunden, die einen verstanden, sehnte.

Aus Gewohnheit heraus machte ich beim Gehen meinen iPod an, steckte aber nur einen der beiden kleinen Stöpsel in mein Ohr, weil ich immer noch Ino zuhören wollte und meine großen Kopfhörer sowieso zu Hause liegen gelassen hatte.
 

Munter quatschte die Blondine über ihren derzeitigen Schwarm, der eigentlich gar nicht ihrem üblichen Beuteschema entsprach, aber er war irgendwie so mysteriös und anders und genau das zog sie an ihm an. Ihren Erzählungen zufolge hatte der Kerl rote Haare, war auf der Stirn und am Oberarm tätowiert und hatte ein Augenbrauenpiercing. Laut ihr hatte er Drogen- und Gewaltprobleme, welche er aber anscheinend so langsam in den Griff bekam.

Um ehrlich zu sein hoffte ich inständig, dass nichts aus den beiden werden, dass er sie weiterhin nicht beachten würde. Nicht, weil ich es Ino nicht vergönnte geliebt zu werden, es war ganz einfach so, dass ich solche Typen kannte, traurigerweise ziemlich gut. Ich wollte diesen Gaara wirklich nicht verurteilen, bevor ich ihn überhaupt zu Gesicht bekommen hatte, aber er hatte leider erstaunlich viel mit Sai gemein; kalt, keineswegs unschuldig und wahnsinnig anziehend. Irgendwie passte auch dieser Sasuke in dieses Muster. Kam es nur mir so vor oder bevölkerten wirklich immer mehr Arschlöcher diese Welt?
 

Ich war so sehr in Gedanken versunken, dass ich nicht einmal mitbekam wie Ino verstummte und Stille sich über uns legte. Schneller als ich es hätte bemerken können schnappte sich die Blauäugige mit ihren schlanken Fingern den von meinem Hals baumelden Kopfhörer, steckte ihn sich ins Ohr und ließ mich somit meine Aufmerksamkeit wieder auf sie richten. »Warte, ich denke nicht, dass dir d-« »Oh mein Gott, was ist das? Sowas hörst du? Das kann man ja nicht mal mehr als Song betiteln!«

Resigniert seufzte ich auf, war ja klar, dass sowas kommt. »›Das‹ ist Blessed With A Curse von Bring Me The Horizon, der Song ist Wahnsinn. Und ja ich hör sowas. Wenn du auf mich gehört hättest oder mich zumindest ausreden hättest lassen, hätte ich was andres, was dir vielleicht auch gefällt reingegeben aber naja...«

»Ja, es ist Wahnsinn, Wahnsinn das als Musik zu bezeichnen! Der Typ schreit hier rum, man versteht nichts vom Text und – okay, wenn er still ist, klingt es sogar ganz gut« Jaja, nicht auskennen, aber so einen Schwachsinn von sich geben, ist klar.

»Sykes schreit nicht einfach rum, all seine Emotionen, all sein Leid kann man förmlich spüren. Das Lied hat wenigstens Bedeutung, zieh eben den Stöpsel raus, wenn’s dir nicht gefällt. Außerdem versteht man den Text sehr wohl«, beharrte ich auf meiner Meinung. Es war ungewöhnlich, dass ich mich so aufregte, so viele Worte von mir gab, aber wenn es darum ging, dass Musik kritisiert wurde, ohne dass der Hintergrund, das was der Song aussagte, bekannt war, konnte auch ich mal ungemütlich werden. Für jeden bedeutete Musik etwas anderes, etwas einzigartiges, ganz egal um welches Genre es sich handelte.

»Nein, ich hör’s mir an. Es scheint dir wichtig zu sein und im Gegensatz zu mir kannst du dem Teil was abgewinnen, und da du ja nichts von dir preisgibst, kann ich vielleicht so was rausfinden«, entgegnete sie mit gefasster Stimme während sie mir direkt in die Augen blickte. Irgendwie freute es mich, dass sie so dachte, aber… »Bitte, tu es nicht. Es reicht, wenn es mich zerfrisst«, hauchte ich leise, meine Worte wurden sogleich von dem sanften Wind mitgetragen und die Blauäugige hatte keine Chance sie auch nur ansatzweise zu verstehen. Ich wollte nicht, dass Ino erfuhr was mir widerfahren war, ich hielt sie keineswegs für zu schwach um etwas zu verkraften was nicht einmal sie selbst betraf, aber ich wollte sie nicht unnötig belasten, das war meine Sache und ich selbst musste damit klar kommen, ganz einfach.

Mein Blick schweifte in die Ferne, weit weg von den dreckigen Straßen, den heruntergekommenen, grauen Betonbauten. Teils landete ich in meiner eigenen Welt und teils in den Spitzen der weit entfernten Bäume des kleinen Hundeparks.
 

Ever since this began, I was blessed with a curse
 

Seitdem ich Sai das erste Mal gesehen hatte, war ich von ihm gefangen gewesen. Seine Art sich zu bewegen, sein ausdrucksloses Gesicht, seine gesamte Präsenz faszinierte mich auf eine Weise, wie noch nie etwas zuvor. Wie ein Fluch verfolgte er mich in meine Träume, ohne irgendetwas zu machen gewann er mein Vertrauen, meine eigene Naivität ist schuld an allem. Nie gab es auch nur Anzeichen seiner Zuneigung, ich war ihm völlig gleichgültig, doch er mir nicht. Nein, ganz und gar nicht. Ich verliebte mich, so richtig, empfand zum ersten Mal mehr als für eine kleine Schwärmerei. Er tat nichts und ich schwebte ihm auf Wolke sieben hinterher, glaubte, er würde mir einen Blick schenken, obwohl durch mich hindurch zu sehen alles war, was er tat, so als wäre ich überhaupt nicht da. Er schenkte mir einen dreckigen Herzanhänger, den er von der Straße aufgeklaubt hatte, nicht in den Müll schmeißen wollte, und ich naives, dummes, verliebtes, kleines Mädchen bildete mir darauf auch noch etwas ein.
 

I know I said my heart beats for you

I was lying girl

It beats for two

‘cause I’ve got your love and I’ve got these vices
 

Er hatte nicht gelogen, hatte niemals gesagt, dass sein Herz für mich schlug. Aber er hatte meine Liebe, meine blinde, alles Unübersehbare ignorierende Liebe und er hatte auch seine Laster; drogenabhängig, Waise, Dealer…nur wenige der Dinge, die ihn ausmachten.
 

Everything I touch turns to stone
 

An ihm war ich zerbrochen, diese Leere in mir wurde durch seine Taten hervorgerufen, Dank ihm war ich innerlich tot. Er war es, der mich in Fetzen zerriss, mich blutend, schreiend und weinend am Boden liegen gelassen hatte. Er war es, der mein schwaches, zartes Herz zwischen seinen starken Händen zerquetscht hatte, es auswrang wie einen nassen Lappen. Seine Nähe, seine Berührung, seine Existenz nahm mir mein Leben.
 

»Erwarte dir nicht zu viel, mein Dad ist arbeitslos und der Laden meiner Mutter hat auch schon mal bessere Zeiten erlebt«, sagte Ino leise und mit abgewandtem Kopf, während sie die Tür zu der Wohnung aufschloss. Schon als wir die Treppen in den dritten Stock hochgestiegen waren, wurde mir klar, dass die finanziellen Möglichkeiten von Inos Familie wohl eher begrenzt waren. Das gesamte Wohnhaus war alt und nicht mehr in seinem besten Zustand, das Treppenhaus war dreckig und so manch eine der Wohnungstüren war beschädigt. »Pa, ich bin zuhause. Ich weiß nicht, ob es Mum gesagt hat oder nicht, aber ich hab eine Freundin mitgebracht«, ließ die Blondine verlauten, sobald die Tür hinter uns ins Schloss gefallen war. Mit der linken Hand stützte ich mich an dem verschlissenen Holzschrank im Eingangsbereich ab, um mir meine schwarzen, bemalten Chucks auszuziehen, währenddessen suchte ich mit meinen Augen nach einem Hacken, an dem ich meine Jacke aufhängen konnte, dabei musterte ich unweigerliche den kurzen Flur, der sich mir bot. Die Wände waren in einem zarten, pastelligen Orangeton gehalten, an manchen Stellen blätterte die Farbe ab. Der Boden war bereits abgenützt und stellte vor einiger Zeit wohl ein billiges, helles Laminat dar. Ein mittelgroßer, schlichter Spiegel war zwischen zwei dunklen Holztüren an der rechten Seite angebracht, gegenüber davon befand sich eine weitere Tür, genauso wie am Ende des Flures, nur mit dem kleinen Unterschied, dass an dieser ein großes, bunt angemaltes Blatt Papier hang, auf welchem mit verschnörkelten Lettern ›Ino‹ stand.

Meine blonde Freundin verstaute unterdessen ihre dunkelvioletten Stiefel in dem Schuhschrank an dem ich mich vorhin abgestützt hatte und zog mich dann auch schon in Richtung ihres Zimmers. Mit einem langgezogenen Seufzen schmiss Ino ihre Tasche in eine Ecke und murmelte etwas, was nicht für meine Ohren bestimmt war, sich aber verdächtig nach »War ja klar, dass er zum Antworten mal wieder zu dicht ist« anhörte.
 

»Also, was willst du machen? Hast du Hunger? Magst du Gemüselasagne? Ich denke von gestern müsste noch welche da sein…«, fragte mich die Blauäugige sogleich, nachdem sie sich auf ihr Bett geschmissen hatte. »Danke, ich will nichts essen«, entgegnete ich schlicht, ihre erste Frage ignorierte ich, da ich sowieso nicht wusste, was ich darauf antworten sollte.

Mit einem Nicken teilte sie mir mit, dass sie verstanden hatte und klopfte dann auf den Platz neben sich, um mir anzuzeigen, dass ich mich zu ihr setzen sollte, was ich nach kurzem Zögern auch machte. Langsam ließ ich mich in die weichen Kissen sinken und schloss entspannt meine Augen und obwohl nur wenige Zentimeter zwischen Ino und mir waren, fühlte ich mich nicht wie sonst eingeengt und bedrängt, sondern genoss ihre Nähe sogar. Wie kannten uns zwar noch nicht wirklich und ich wusste so gut wie nichts über ihr Leben, aber trotzdem hatte sich bereits jetzt ein gewisses Vertrauen zwischen uns eingestellt. Sie verurteilte mich nicht für meine Schweigsamkeit oder mein Aussehen, sie nahm es einfach hin, als Teil von mir, meiner Person, denn sie schien zu wissen, dass das alles nicht grundlos so war.
 

»Weißt du, ich hab Stolz und Vorurteil letztens mit einer Freundin gesehen. Ich mag den Film irgendwie, besonders weil Keira Knightley meine Lieblingsschauspielerin ist. Hast du ihn mal gesehen?«

»Ja, er ist gut, aber trotzdem finde ich das Buch tausendmal besser«

»Wieso? Was ist so anders?«, fragte mich Ino und drehte sich auf die Seite um mir ins Gesicht blicken zu können. Ihr Bett war ziemlich schmal und wir hatten grade so nebeneinander Platz, sie würde wahrscheinlich viel lieber ein größeres haben, aber selbst mit diesem war das Zimmer schon so ausgefüllt, dass nur noch die wichtigsten Dinge wie Kleiderschrank und ein kleiner Schreibtisch darin Platz fanden. »Hmm…ich weiß auch nicht, alles ist viel genauer und so…« »Mann, jetzt lass dir doch nicht immer alles aus der Nase ziehen!«

»Ist ja gut…Besonders bei der Szene auf Pemberley war ich enttäuscht, alles war anders als im Buch und… ich weiß auch nicht genau. Bei der Verfilmung erfährt man nicht einmal Darcys Vornamen, dann hat Bingley eigentlich zwei Schwestern und Wickham hat eine viel innigere Beziehung zu Lizzy«

»Also magst du den Film nicht?«

»Doch, es muss wahnsinnig schwierig sein, sowas überhaupt auf die Beine zu stellen, schließlich weiß keiner genau welche Vorstellungen Jane Austen wirklich hatte«

Wieder wurde es still zwischen uns, Ino summte leise ein mir unbekanntes Lied vor sich hin während wir beide zu Decke hochstarrten. »Wie glaubst du werden die Rollen eingeteilt? Ich glaube ja, dass Sasuke Mr. Darcy spielen wird«

Fragend sah ich Ino an. »Naja, es passt einfach irgendwie. Sasuke ist auch ziemlich kalt und überheblich auf den ersten Blick, aber ich denke, dass sich hinter seiner Maske etwas ganz anderes verbirgt, genau wie bei dir« Diese Aussage brachte mich dazu in Gedanken zu versinken, ich bemerkte fast nicht, wie das andere Mädchen mit meinen Haaren spielte und kleine Zöpfchen flocht. Auch ich dachte doch, dass Sasuke ein anderer war, als der, der er zu sein schien, und wenn wir beide dieser Meinung waren, musste doch irgendetwas dran sein. Und auch das mit mir hatte sie bemerkt. Ino war eine weitaus bessere Beobachterin als es anfangs den Anschein hatte. Wenn man sie traf hatte man erst mal das Gefühl sie würde die ganze Zeit nur quasseln, doch sie konnte genauso gut ruhig und nachdenklich sein.
 

»Würdest du gern mit Naruto und ein paar anderen Pizza essen gehen? Er hat mir gerade 'ne SMS geschrieben und es stört sicher keinen, wenn du auch mitkommst« Lächelnd und erwartungsvoll sah mich die Blondine an. Wir hatten in der letzten Stunde kaum etwas anderes gemacht, als auf dem Bett zu legen und ein bisschen zu reden. Den meisten Teil der Konversation hatte zwar Ino übernommen, aber das störte mich nicht. Ich mochte es irgendwie ihr zuzuhören, sie war so sorglos, konnte aber auch ernste Töne anschlagen.

»Ich weiß nicht… ich kenne doch keinen und wahrscheinlich bist du die Einzige, die will, dass ich dabei bin…«, erwiderte ich unsicher.

»Jaja, du kommst mit und aus!«

»Aber-«

»Du kommst mit, Breitstirn. Keine Widerrede!«

»Breitstirn?« Meine Stirn war nicht breit, sie war ganz normal. Was hatte diese Frau? Sie wollte mich einfach nur provozieren und mich zum Mitkommen zwingen, aber nicht mit mir… blöd nur, dass das aufkommende Hungergefühl nicht wirklich hilfreich war und Pizza würde schließlich dieses Problem lösen… und wenn ich nicht auf Gesellschaft aus war, konnte ich mich ja immer noch aus den Gesprächen ausklinken, was ja sowieso der Fall sein würde. Also, der Entschluss war gefasst, Pizza essen war angesagt.

Und ich hatte keine hohe Stirn, verdammt!

Uncertain

Hallu, meine Süßis :D
 

Vielen, vielen Dank für eure Unterstützung! Ihr seit ein echter Ansporn!

Besonderen Dank an Sternachen16, Tessa-lein, DarkBloodyKiss und happines für eure Kommentare :)

Drei neue Abonnenten, ijee, ihr seit so geil :*

So und jetzt viel Spaß!

~Lisa ;)
 

~Uncertain~
 

Vor einem schäbigen, einstöckigen Häuschen blieben wir stehen. Ein an der Außenwand angebrachtes Schild, auf welchem mit neongrünen, geschwungenen Buchstaben »Firenze« geschrieben war, leuchtete mir entgegen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass so zirka jedes zweite italienische Restaurant nach einer italienischen Stadt benannt war, wobei »Milano« der vermutlich meistgewählte Name war, aber egal.

Mit einem leicht kritischen Blick musterte ich das hellblau gestrichene, schon ergrauende Gebäude erneut. Das war also die kleine Pizzeria in der sich Ino immer mit ihren Freunden traf. Heute würde ich Teil dieser Runde sein, aber ob mich das nun freuen oder verängstigen sollte, wusste ich nicht. Entschlossen packte die Blondine meine Hand und zog mich zu der wuchtigen Eingangstür. »Ein paar wirst du noch nicht kennen, aber sie sind eigentlich alle ganz nett, naja fast!«, teilte sie mir überschwänglich mit. Wirklich überzeugend klang das zwar nicht, aber es war nun sowieso schon zu spät um sich zu sträuben.
 

Auch von Innen wirkte das Lokal eher heruntergekommen, aber anscheinend sollte es hier die beste Pizza überhaupt geben. Zu meinem Erstaunen war der Laden sogar ziemlich gut gefüllt und bis auf ein, zwei Tische voll besetzt. Mein Blick schweifte über die anwesenden Freunde Inos, die den größten und abgeschiedensten der Tische für sich beanspruchten. Da war wieder dieser gelangweilt aussehende, ein Mädchen mit braunen Haaren, die zu zwei Dutts gedreht waren, ein irgendwie einschüchternder Kerl mit wahnsinnig hellen Augen und Dreads, die ihm bis über die Hälfte des Rückens fielen, und dieser Ganzkörperkondom-Lee aus meiner Klasse. Sie alle saßen auf einer teilweise kaputten, aber gemütlich wirkenden Bank. Gegenüber von ihnen erkannte ich diesen Typen mit den hellblauen Haaren wieder, musste jedoch feststellen, dass ich den stämmigen Orangehaarigen, sowie auch die irgendwie zickig wirkende Rothaarige mit schwarzer Brille neben ihm noch nie zuvor gesehen hatte. »Ino, warum hast du die da mitgebracht? Die hat hier nichts verloren!«, wurden wir sogleich von eben jener Rothaarigen wahnsinnig »freundlich« begrüßt.

»Karin, halt doch einfach den Rand, du bist die einzige, die was gegen sie hat« Die Stimme meiner Freundin war schnippisch und leicht überheblich, der abfällige Blick, den sie dieser Karin zusandte, bezeugte, dass sie sie auch ansonsten nicht wirklich ausstehen konnte.

»Ach ja? Da wär ich mir nicht so sicher. Also, was fällt dir eigentlich ein, dich einfach so einzumischen, obwohl dich das alles gar nichts angeht, du kleine Hure?«, wandte sie sich an mich. Wissend und mit hochgezogener Augenbraue sah ich Ino an. Es war mir von vornherein klar gewesen, dass ich mit einer solchen Reaktion rechnen musste, trotzdem war es nicht schön, dass es wirklich so gekommen war. Entschlossen wandte ich mich um, zog den Reißverschluss meiner Jacke wieder hoch und machte mich auf die Kälte, die mich gleich wieder umfangen würde, gefasst. Ursprünglich hatte ich ja vor kommentarlos von dannen zu ziehen, aber ich konnte einfach nicht widerstehen der rothaarigen Zicke Paroli zu bieten. »Glaub mir, so gut wie keine dieser ›Huren‹ macht das freiwillig. Sie geben ihren Körper, um ihre Familie oder sich selbst versorgen zu können, um ihnen ein Leben ermöglichen zu können. Für viele ist es der einzige Weg überhaupt an Geld zu kommen. Weißt du, es ist nicht schön, wenn man zu etwas gezwungen wird, was man gar nicht will. Wildfremde Menschen nehmen deinen Körper, als wäre er ihr Eigentum. Das schmerzt, zerstört dich. Es tut weh, seelisch und auch körperlich. Innerlich wirst du immer mehr abgestumpft, bis du nur noch eine leere Hülle bist, ein totes Abbild deiner früheren Selbst. Du siehst, solche Bezeichnungen als Beleidigung zu verwenden ist also völlig unangebracht und kannst du dir in Zukunft sparen« Keine Gefühlsregung erschütterte meine Stimme, sie war gefasst und ruhig. Während meiner gesamten Ansprache hatte ich der Brillenträgerin unentwegt und ohne auch nur zu blinzeln in die Augen gesehen, die von Sekunde zu Sekunde an Größe und Überraschung gewonnen hatten.

»Oh mein Gott, Sakura, du bis-«, fing die Blondine neben mir plötzlich an, bevor irgendjemand der anderen auch nur die Chance gehabt hätte zu sprechen. Es war mir klar, was kommen würde, deshalb schnitt ich ihr das Wort mitten im Satz ab.

»Nein, ich bin keine Prostituierte, Ino«

»Das meinte ich doch gar nicht. Dieser Sai, er hat dich -« Von wo kannte sie diesen Namen? Wieso wusste sie davon? Konnte es sein, dass ich ihn unbewusst erwähnt hatte? Bei meinen Zusammenbruch vielleicht?

»Ino…lass es«, knurrte ich. Ich wusste, wenn sie es wirklich aussprechen würde, würde ich es nicht leugnen können. Ich hoffte, hoffte so sehr, dass sie ihre Vermutung bald wieder vergessen, nicht weiter nachhaken würde. Denn sie würde dahinter kommen, Schritt für Schritt würde sie Klarheit schaffen.

»Ist ja gut, aber ich werd mich dran erinnern, ich weiß, dass ich recht hab… Setz dich doch zu Lee, der ist am weitesten von Pumuckl entfernt und bis auf seine Hyperaktivität auch ganz in Ordnung«, erwiderte Ino und scheuchte mich noch während dem Reden auf den mir zugewiesenen Platz. Leicht verzog ich das Gesicht, nach der lächerlichen Frage gestern hatte ich eigentlich ja nicht das Bedürfnis den Kerl mit Glubschaugen kennenzulernen. Trotzdem ließ ich mir ansonsten nichts anmerken und setzte mich schweigend auf den Stuhl.
 

Sollte Naruto nicht auch kommen? Schließlich hatte er die SMS an Ino verschickt, aber es gab nicht das geringste Anzeichen, dass er heute noch hier aufkreuzen würde. »Das von gestern tut mir leid, aber naja, ich hab das nicht grundlos gesagt…«, wurde ich sogleich von Lee angesprochen. Ich verstand nicht, und das sah man auch an meinem Blick nur zu deutlich.

»Ich schätze mal du erzählst es sowieso keinem und ich kann’s dir sagen« Fragend sah ich den Typen an, was wollte der von mir? Seine unschuldigen, dunklen Augen waren wirklich schön, aber der Rest machte das schöne Bild ganz einfach kaputt. Diese Augenbrauen…

»Also…ähm… ich bin …schwul und wollte dadurch den Schein wahren, hetero zu sein. Nur unter meinen Freunden bin ich geoutet«, sagte er zögerlich, während er nervös an dem Saum seines T-Shirts rumfummelte. Das hatte ich eindeutig nicht erwartet, und um ehrlich zu sein verwirrte mich Lees Geständnis doch ein bisschen. Hatte er doch gesagt, dass nur seine Freunde davon wussten. Wir hingegen kannten uns kaum und deshalb überraschte es mich umso mehr, dass er mir bereits so sehr vertraute. Ich konnte verstehen, dass er seine Homosexualität geheim hielt. Die gesamte Situation musste schwierig sein. Sein Verhalten ließ darauf schließen, dass er sich selbst einmal so akzeptieren musste, und es nicht schon immer klar gewesen war, dass er eine Vorliebe für das eigene Geschlecht hatte. Dann auch noch mit der Ablehnung seiner Familie und Freunde rechnen zu müssen. Es war sicher nicht leicht, diese Angst ständig mit sich herumtragen zu müssen.
 

»Keine Sorge, es stört mich nicht im Geringsten. Ich finde es sogar ziemlich mutig, dass du bei deinen Freunden dazu stehst«, sagte ich mit leiser, jedoch fester Stimme, denn es war die reine Wahrheit, die da aus mir sprach.

»So, da das nun geklärt ist, Sakura, was haltest du davon, wenn wir dem lieben Lee mal die Augenbrauen zupfen und 'ner Styling-Beratung unterziehen? Schließlich soll er doch auch mal 'nen Kerl abbekommen«, unterbrach uns Ino grinsend, die wohl das gesamte geflüsterte Gespräch mit angehört hatte. Ihre Aussage war irgendwie gemein, aber sie hatte schon recht, und ich musste gestehen, dass ich bereits mit dem selben Gedanken gespielt hatte.

Ich nickte, um mein Einverständnis zu zeigen und somit war die Sache über Lees Kopf hinweg beschlossen worden.
 

»Hey Leute, sorry, dass ich zu spät bin, aber seht mal wen ich mitgebracht hab!« Narutos Geschrei unterbrach das Gespräch, das sich langsam zwischen Ino und Lee entwickelt hatte und dem ich stillschweigen gefolgt war. Auch die restlichen Unterhaltungen verstummten und selbst der Typ mit dieser beeindruckenden Präsenz, Neji, wie ich von Ino erfahren hatte, löste sich widerwillig von den Lippen seiner braunhaarigen Freundin.

Ich hörte Ino neben mir nach Luft schnappen, als sie die eben eingetroffene Gruppe erblickte. Das Bild, das uns geboten wurde war seltsamerweise amüsant. Naruto stand zwischen zwei Kerlen, die beide ziemlich unmotiviert und genervt wirkten. Seine Arme waren um ihre Schultern gelegt und quetschten sie an ihn. Obwohl der Kopf des Rechten gesenkt war, konnte ich ihn problemlos als Sasuke identifizieren. Alleine dieser blaue Schimmer seiner Haare und die Blässe seiner verschränkten Arme gaben mir Aufschluss genug. Den Rothaarigen an der rechten Seite hingegen hatte ich noch nie zuvor gesehen, aber der Reaktion Inos nach war er wohl dieser Gaara, den sie so toll fand. Dass die Beschreibung von vorhin perfekt auf ihn zutraf, bestätigte mir diese Annahme nur. Trotz dem Drängen Narutos, uns ebenfalls zu begrüßen, kam keine vergleichbare Floskel über Sasukes oder Gaaras Lippen. Beide schwiegen beharrlich, der Schwarzhaarige hob seinen Kopf keinen Zentimeter und der Rotschopf starrte weiterhin in die Leere, bis sie schließlich von dem Chaosmenschen Nummer eins näher geschleift wurden.
 

Es saßen bereits alle um den Tisch herum. Gaara hatte sich ohne einen Kommentar neben Ino niedergelassen. Als diese das bemerkt hatte, war sie fast hyperventiliert und hauchte atemlos etwas in mein Ohr. »Oh mein Gott, oh mein Gott. Oh mein GOTT! Sakura, hilf mir! Was soll ich tun? Ich sehe komplett scheiße aus und er sitzt neben mir! Neben mir!« Mitleidig sah ich die Blondine an, und auch wenn es gegen all meine Prinzipien verstieß, nahm ich zögerlich ihre Hand und strich vorsichtig mit dem Daumen über ihren Handrücken. Sie musste sich ganz dringend beruhigen, denn ich spürte, dass sie ansonsten etwas tun würde, was alles andere als überlegt war und sie später bitter bereuen würde.

Langsam setzen die vorhin unterbrochenen Gespräche wieder ein. Nur Ino, Sasuke, Gaara und ich blieben weiterhin stumm. Auch Naruto konnte uns keine Unterhaltung bieten, denn der hatte sich zwischen Lee und mich gequetscht und plauderte nun mit diesem. Eine unangenehme Stille legte sich über uns. Normalerweise würde meine blauäugige Freundin wie gewöhnlich irgendeinen Schwachsinn von sich geben, aber die Anwesenheit von Gaara machte das schier unmöglich. Mittlerweile war es so weit, dass sie meine Hand beinahe zerquetschte und nicht mal einen Bissen der kleinen Pizza, die wir uns vorhin gemeinsam bestellt hatten, hinunterbrachte. Eigentlich wollte ich es bei dem Schweigen belassen und ruhig die restlichen Minuten oder Stunden hier in der Pizzeria absitzen, aber aus irgendeinem Grund wollte ich Ino aus ihrer peinlichen Lage helfen, und das würde vermutlich am besten funktionierten, wenn wir über irgendein unverfängliches Thema redeten. Während ich angestrengt nach einem suchte, über das wir getrost auch mit der Anwesenheit der Jungs sprechen konnten, musterte ich Sasuke, der gegenüber von mir saß. Ich hatte ihn bis jetzt kein einziges Mal sprechen gehört, normalerweise war mir sowas auch egal, aber bei ihm wollte ich unbedingt wissen wie seine Stimme klang. Ich wollte wissen ob sie tief aber trotzdem beruhigend, rau und kratzig oder eher hoch und weich war. Ich wollte wissen, ob sie eine Ähnlichkeit mit Sais hatte, genauso emotionslos und undurchsichtig war.
 

Irgendwann kam in mir die Frage auf, was ein Typ wie er eigentlich in der Schauspiel AG machte. Sollten die Leute da nicht eigentlich aufgeschlossen und motiviert sein? Obwohl sich dann die Frage stellte was ich da eigentlich machte, hatte ich dort, wenn es nach diesen Kriterien gehen würde, doch genauso wenig verloren wie der Schwarzhaarige. Gedankenverloren nahm ich mir ein kleines Stück der schon etwas ausgekühlten Pizza. Ich war schon ziemlich satt und Ino würde heute sicher auch nichts mehr essen, es lag aber noch mehr als die Hälfte unberührt auf dem Teller. Unmerklich schob ich ihn einige Zentimeter von mir und somit in die Richtung von Sasuke und irgendwie auch Gaara. »Hunger?«, fragte ich leise, rechnete jedoch nicht mit einer Antwort. Zum ersten Mal sah mich Sasuke direkt an. Seine dunklen, von dichten, tiefschwarzen Wimpern umrahmten Augen bohrten sich rücksichtslos und durchdringend in meine. Er sagte nichts, starrte mich nur an, und ich starrte zurück. Zum ersten Mal hatte ich die Gelegenheit sein makelloses Gesicht aus der Nähe zu betrachten. Einige Strähnen seines glatten Haares fielen über sein rechtes Auge und nur ein leicht übersehbares Glänzen zeugte davon, dass sich hinter ihnen überhaupt etwas verbarg. Seine Lippen waren blass, hoben sich kaum von der Haut drum herum ab, sie waren schmal, jedoch schön geschwungen und zogen aufgrund der beiden schwarzen Circular Barbells sofort Aufmerksamkeit auf sich. Plötzlich teilte sich der Mund, den ich immer noch unverblümt anstarrte. Seine Oberlippe zog sich ein winziges Stück zurück und gab dadurch die Sicht auf ein schwarzes Lippenbändchenpiercing frei, das sich fast gar nicht von den Barbells an der Unterlippe unterschied. Eine Hand mitsamt einem Stück meiner Pizza verhinderte, dass ich diese gelungene Konstellation weiterhin bestaunen konnte. In den meisten Fällen gefielen mir diese Art von Piercings nämlich nicht, doch in Kombination mit Snakebites, sah es einfach unglaublich aus.
 

So langsam kam ich mir ziemlich dämlich vor, hatte ich meinen Kopf immer noch nicht abgewandt und musterte weiterhin Sasukes Gesicht. Ich wanderte von seinen schönen Lippen wieder ein Stück nach oben, streifte seine gerade Nase, die fast feminin wirkte, und kam dann erneut zu diesen atemberaubend dunklen Augen. Sie waren blau. So blau wie der klare Nachthimmel einer Vollmondnacht. So blau wie das dunkle Meer während eines tosenden Sturms. So tiefdunkelblau wie es Augen eigentlich gar nicht sein konnten, umgeben von einem Kranz unglaublich langer Wimpern.

Er bemerkte meinen Blick, wie könnte er nicht, saß ich ihm doch direkt gegenüber und nur die Platte des Holztisches trennte uns voneinander. Weder er noch ich bewegten unseren Kopf auch nur einen Millimeter. Dieser Moment war völlig absurd und surreal. Wieso um Gottes Willen wandte ich mich nicht einfach ab? Warum starrte ich ihn überhaupt an? Keine Frage, er sah überdurchschnittlich gut aus und war im Übrigen auch hundertprozentig mein Typ, aber ich hatte damit abgeschlossen. Mit dem ganzen Liebes- und Beziehungsschrott. Zumindest bis ich mindestens fünfundzwanzig war. Am besten wäre es sowieso, wenn ich lesbisch werden würde. Ich würde verstanden werden und heiße Arschlöcher würden keine Wirkung mehr auf mich haben. Bei Gott, was dachte ich da eigentlich? Diese Augen verwirrten mich total, nicht nur weil ich so eine Farbe noch nie zuvor gesehen hatte, sondern auch, weil ich absolut nichts in ihnen erkennen konnte. Sie waren leer. Kein Gefühl, keine Regung. Einzig und allein ein tiefer Abgrund der rein gar nichts offenbarte. Auf eine Art und Weise wirkten sie glanzlos und irgendwie traurig. Aber wahrscheinlich bildete ich mir das alles nur ein.
 

Auf einmal trat ein seltsamer Glanz in seine Augen, fast schon ein Strahlen, okay doch nicht, einfach nur etwas, das sie lebendiger wirken ließ. Nebenbei registrierte ich ein kleines Zucken seiner Mundwinkel, das ich sicher nicht bemerkt hätte, hätte ich ihn nicht schon so lange angesehen. »Du benimmst dich wie ein vorzeige Stalker«, kam es leise und völlig unerwartet über Sasukes Lippen. Seine Stimme war unglaublich. Sie war tief, nicht so tief, dass ich das Gefühl hatte alles würde vibrieren, aber auf jeden Fall tief. Und irgendwie weich. Nicht rau, nicht kratzig, sondern geradezu sanft. Okay, nicht sanft, aber irgendwie beruhigend. Das einzige, das mich an ihr störte, war die Emotionslosigkeit, die Kälte, als würde er alles auf dieser Welt hassen, und das so sehr, dass seine Stimme immer von diesem Hass begleitet wurde. Es war keine unterdrückte, brodelnde Wut, die man unterschwellig vernehmen konnte, sondern einfach nur blanker, schneidender Hass.

Ich wandte meinen Blick ab, die Situation war peinlich und ich schaffte es einfach nicht ihm weiter in die Augen zu sehen. Ich hatte keine Ahnung was ich auf solch eine Aussage erwidern sollte. Als ich meinen Kopf drehte, sah ich den schwarzen Tunnel in seinem linken Ohr. Ich schätzte das Loch auf zirka zehn Millimeter, vielleicht auch zwölf. Er hatte sich ein zweites Ohrloch stechen lassen und dieses ebenfalls gedehnt und mit einem schwarzen Tunnel versehen, der sich nur von der Größe her von dem anderen unterschied.

Unbewusst griff ich an mein eigenes Ohr, das ebenfalls von drei Lobe-Piercings und zwei Helix gespickt war, auf der anderen Seite hatte ich ein Industrial, zwei Ohrläppchen-Piercings und ein Tragus*. Jedoch war bei mir keines der Löcher geweitet.
 

Fragend sah ich Ino an, als diese nun leichten Druck auf meine Hand ausübte. Sie nickte nur in Richtung des Schwarzhaarigen und setzte ein leichtes Lächeln auf. Was sie mir damit sagen wollte wusste ich nicht, alles was es bewirkte war, dass ich mich wieder an mein beschämendes Verhalten von vorhin erinnerte. »Weißt du, Sasuke, ich glaube Sakura hat sich nur gefragt wie man sich freiwillig so im Gesicht durchlöchern lassen kann, bis sie darauf gekommen ist, dass sie genauso schlimm aussieht, also bilde dir nichts drauf ein, ja? Sie wird sicher keine deiner psychisch gestörten Fangirls, klar?« Inos Vortrag heiterte die gesamte Stimmung auf, entlockte mir sogar ein ernstgemeintes Schmunzeln. Ich war stolz auf sie, dass sie trotz der Anwesenheit von Gaara, der sowieso nur abwesend an die gegenüberliegende Wand starrte, etwas so Taffes sagte.»Das Einzige, was ich an diesem Grund auszusetzen habe, ist, dass ich nicht finde, dass die Piercings schlimm aussehen, sonst hätte ich mir sie wohl kaum stechen lassen, oder?«, entgegnete ich schmunzelnd. »Ich glaube du siehst einfach nur gern gruselig aus«, versuchte sie mich mit einem fetten Grinsen im Gesicht zu provozieren. Gespielt knurrte ich sie an und rückte näher an sie heran.

Es war lange her, dass ich so ausgelassen und viel mit jemanden gesprochen hatte wie mit Ino. Ihre Art brachte mich einfach dazu, ich hatte das Gefühl, als würde ich auftauen. Und obwohl alles in mir schrie, das sofort zu unterbinden, wand ich mich nicht von ihr ab, erfreute mich sogar daran, dass ich mich so gut mir ihr verstand. Ich konnte machen was ich wollte, egal wie sehr ich versuchen würde es zu verdrängen, ich war ganz einfach der Typ Mensch, der andere Menschen brauchte, besonders dann, wenn man auf jemanden traf, der sich wirklich gut mit einem ergänzte. Und Ino tat das auf jeden Fall. Und wahrscheinlich war sie nicht der einzige Mensch dieser Art an diesem Tisch.
 

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* An dieser Stelle würde ich gerne erklären was es mit den verschiedenen Piercings auf sich hat, manche davon sind vielleicht nicht so bekannt.
 

Das Lobe-Piercing ist ein stinknormales Loch im Ohrläppchen, also das was so zirka jedes Mädchen hat. Man kann sie bis zum Knorpelgewebe hoch stechen, ohne dass es wirklich wehtut und ja :D
 

Ein Helix ist ein Piercing durch das Knorpelgewebe der oberen Ohrkante.
 

Ein Industrial ist die Verbindung zweier Helix mittels einem klassischen Barbell, also einem Stab mit zwei austauschbaren Spitzen an jedem Ende.
 

Ein Tragus ist ein Piercing durch diesen Knorpelfortsatz am Gehöreingang, also das Ding was direkt mit dem „Gesicht“ verbunden ist *hust* :D
 

Hoffentlich waren die Erklärungen nicht allzu verwirrend ;)

Wenn euch sowas nervt, sagt es nur und ich versuch was dran zu ändern!

Roiling

Hallöchen meine Lieben :)

Vielen herzlichen Dank für vier Kommentare zum letzen Kapitel (ihr seid toll DarkBloodyKiss, Sternachen16, happines und natürlich Tessa-lein

Auch möchte ich mich bei den vier neuen Abonnenten bedanken. Ihr gebt mir wirklich Antrieb weiterzuschreiben.

Trotz allem würde ich mich freuen, wenn ich auch mal die Meinungen von andren außer den oben genannten Kommentarschreibern zu hören bekommen würde, von denen weiß ich nämlich schon, dass es ihnen gefällt, auch wenn es mich immer wieder freut, dass erneut gesagt zu bekommen :D

So und jetzt ganz viel Spaß beim neuen Kapitel!

Glg Lisa
 

~Roiling~
 

Gemeinsam mit Ino, Suigetsu – der Typ mit den hellblauen Haaren – und Sasuke stand ich an der Bushaltestelle. Ich ging zwar eigentlich lieber zu Fuß, aber der Weg von der Pizzeria nach Hause wäre doch etwas zu lang gewesen. Wir waren noch einige Stunden gemeinsam sitzen geblieben, zumindest die meisten von uns, Neji und seine Freundin waren relativ bald wieder abgezischt und auch Gaara ging früher als die anderen. Mittlerweile war es halb elf und ich musste mir hier in der Kälte, dicht an Ino gedrängt und mit absolutem Widerwillen eingestehen, dass ich die Zeit doch mehr genossen hatte, als gewollt und erwartet. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Seit wann fand ich den Gedanken allein zu sein so deprimierend und entmutigend? Für mehr als ein Jahr war es ein Leichtes für mich gewesen, ohne Freunde auszukommen und kaum kam dieser bescheuerte Umzug, genoss ich das alles wieder oder was? War ich etwa nur hierhergekommen um die gleichen verdammten Fehler erneut zu machen?
 

Mit einer festen Umarmung, die ich zwar nicht wirklich erwiderte, aber insgeheim genoss, verabschiedete sich Ino von mir, als ihr Bus gemächlich eintrottete und der missmutig dreinblickende Fahrer mit einem Knopfdruck die Türen öffnete. Auch Suigetsu wünschte mir mit einem breiten, schon leicht gruseligen Grinsen eine gute Nacht. Bis heute hatte ich nicht gewusst, dass es Menschen gab, die sich freiwillig die Zähne anspitzen ließen, aber sie existierten tatsächlich und der Blauhaarige war einer von ihnen.

Als sich die beiden im Bus neben einander niedergelassen hatten, blickten sie beinahe zeitgleich durch eines der Fenster und fingen an zu winken. Zögerlich hob ich meine Hand und erwiderte den Gruß einmal kurz.
 

Sasukes und mein Bus würde auch in wenigen Minuten eintreffen, wurde auch mal Zeit, nachdem wir nun schon mehr als eine Viertelstunde hier rumgestanden hatten.

Anfangs hatten wir alle gemeinsam hier gewartet, aber mit jedem Eintreffen einer neuen Nummer der Linienbusse, wurden wir weniger. Normalerweise würde auch Naruto mit dem selben Bus wie wir fahren, aber der übernachtete heute aus mir unerfindlichen Gründen bei Lee. Das hieß diesmal waren es nur der Schwarzhaarige und ich, die man in dem Stadtbus antreffen würde, die Fahrt würde also dem entsprechend schweigsam ausfallen, was mich aber nicht wirklich störte.

Er hatte den ganzen Abend nicht mehr wirklich gesprochen, nur wenn Naruto ihn direkt ansprach, quälte er sich eine meistens einsilbige Antwort ab. Dieser hatte nämlich nach einiger Zeit, in der sich wieder eisige Stille über uns vier gelegt hatte, die Initiative ergriffen und die Unterhaltung für uns übernommen. Derweilen er mehr als genug sinnfreies Zeug gefaselt hatte, mampfte er fleißig seine beiden Pizzen und verstreute nebenbei eben diese wieder mittels seiner Spucke. Ich muss sagen, ich war froh, dass ich schon gegessen hatte, denn das war schon dezent widerlich gewesen. Allein bei der Erinnerung schüttelte es mich vor Ekel.

Auch wenn man merkte, dass der Schwarzhaarige nur ungern sprach, konnte man an der Art wie er mit dem Blondschopf umging gar nicht übersehen, dass sie ein sehr starkes Band zueinander hatten, auf dem ersten Blick wirkte es zwar vielleicht nicht so, aber es schien mir als würden sich die beiden Jungen sich gegenseitig etwas Halt, Sicherheit geben.
 

»Kommst du?« Seine tiefe Stimme ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Der Kopf des Blauäugigen war in meine Richtung gedreht, keine Regung war auf seinem Gesicht zu erkennen, also wie immer. Sein rechtes Bein befand sich bereits im Inneren des Busses, während ich immer noch einfach dastand und mir überlegte, dass ich vielleicht auch mal in die Gänge kommen sollte. Schnell ging ich einige Schritte nach vorn und stieg hinter Sasuke ein. Zielstrebig steuerte ich auf den Automaten für die Tickets zu und löste mir eins. In der Zwischenzeit machte er es sich bereits auf einen der vielen freien Plätze gemütlich und legte seine Füße auf den gegenüberliegenden. Ich war unsicher, wusste nicht wo hin mit mir, entschied mich dann aber doch dafür mich auf dem Sitz neben ihm niederzulassen.
 

Mindestens eine halbe Minute lang kramte ich in meiner schwarzen Umhängetasche nach meinem iPod, nur um dann festzustellen, dass dessen Akku so gut wie leer war. Mit einem resignierten Seufzen steckte ich ihn zurück in die Tasche, rutschte tiefer in den ungemütlichen Sitz und legte meinen Kopf in den Nacken. Das kotzte mich echt an, Musik war sowas wie mein Lebenselixier und besonders nach einem so ereignisreichen Tag wie heute, hatte ich sie bitter nötig.

Ich wollte gerade meine Augen schließen als eine blasse Hand meine Aufmerksamkeit erregte. Lange, dünne Finger hielten einen kleinen, schwarzen Kopfhörer zwischen sich und schwebten zirka zwanzig Zentimeter vor meinem Gesicht in der Luft. »Was?«, fragte ich leise und etwas ungläubig. Er verwirrte mich. Warum bot er mir sein Headphone an? Er hatte vielleicht meinen verzweifelten Gesichtsausdruck gesehen, aber das war noch lange nicht Grund genug. Wieso sollte er so etwas machen? Wollte er nicht so wenig wie möglich mit anderen zu tun haben?

Unsicher nahm ich den Stöpsel und streifte dabei unbeabsichtigt seine kalte Hand, die ebenso wie meine in schlichte, schwarze Halbhandschuhe gepackt war. Ich sah in sein Gesicht, seine dunklen Augen ruhten auf mir. Ich konnte den Ausdruck darin nicht deuten, es lag definitiv etwas in ihnen, sie waren nicht ganz so leer wie vorhin, aber auch nicht halb so ausdrucksstark wie bei Narutos Anwesenheit. Unwillkürlich huschte ein klitzekleines Lächeln über meine Lippen, kaum zu bemerken, aber doch so selten und verwunderlich. Ernst gemeint zu lächeln war etwas, das man nicht steuern konnte. Und seit dem Wechsel in die neue Schule, dem Umzug, hatten sich meine Mundwinkel geradezu beängstigend oft nach oben gezogen, kaum zu glauben, dass erst zwei Tage seit dem Abschied von meiner Mutter vergangen waren.
 

Kaum hatte ich den Kopfhörer in mein Ohr gepflanzt, widerhallten auch schon beruhigende Klavierklänge in meinem Kopf. So etwas hatte ich nicht erwartet, auf keinen Fall, viel eher hatte ich mir gedacht etwas Aggressives, Schnelles zu hören zu bekommen, aber ich hatte mich eindeutig geirrt.
 

Da die Lautstärke nicht sonderlich hoch eingestellt war, konnte ich mit Leichtigkeit das leise Schnauben neben mir vernehmen. Ich vermochte nicht zu sagen was es jetzt eigentlich darstellen sollte. Normalerweise hätte ich gemeint, dass es amüsiert klang und einem unterdrücktem Prusten gleichzusetzen war, aber die Tatsache, dass es Sasuke war, der da neben mir saß, widerlegte diese Vermutung beinahe sofort. Ich wurde ganz einfach nicht schlau aus diesem Kerl, deshalb konnte ich gar nicht anders als ihm einen fragenden Blick zuzuwerfen. So langsam hatte ich das Gefühl, dass unsere Kommunikation ausschließlich aus Blicken, Gesten und Ähnlichem bestand.

»Du warst überrascht, als hättest du härtesten Metal erwartet und nicht Beethoven«, antwortete er mir leise und gewohnt ausdruckslos. Ich war überrascht, dass er überhaupt etwas erwiderte, war er in meinen Augen doch der ewige »Hm«-Sager.

»Vielleicht war's auch so«, gab ich leicht schmunzelnd zurück, es freute mich, dass ich diesen schweigsamen, kalten Kerl zum Reden gebracht hatte, zumindest ein bisschen.

Für Sasuke war das Gespräch wohl beendet, denn nach einem kurzen »Hm« ließ er sich nach hinten sinken, legte seinen Kopf in den Nacken und verzog sein Gesicht kaum merklich. Warum waren diese verdammten Linienbusse eigentlich so ungemütlich?

Die Atmosphäre war völlig anders als noch vorhin am Tisch, viel entspannter und ungezwungener. Ich hatte mir gedacht, dass mich seine Anwesenheit beunruhigen, nervös machen würde, war er, was sein Auftreten betraf, Sai auf dem ersten Blick doch ziemlich ähnlich, aber genau das Gegenteil war der Fall, ich fühlte mich richtig... wohl?
 

Die letzten melancholischen Töne der Mondscheinsonate verklangen langsam und hinterließen eine tiefe, unglaublich schöne Stille. Diese hielt jedoch nicht lange an, sondern wurde von dem Intro eines mir unbekannten Songs abgelöst. Die Stimme des Sängers war sanft genug, um den Übergang nicht zu abrupt, zu hart wirken zu lassen und erneut überraschte es mich ein so gefühlvolles Lied zu hören.
 

Schneller als erwartet hielt der Bus an meiner Haltestelle. Ich gab dem Schwarzhaarigen seinen Kopfhörer zurück, achtete diesmal aber darauf ihn nicht zu berühren, hatte ich doch das Gefühl er würde Körperkontakt auch nicht sonderlich mögen.

»Danke...und äh bis bald«, murmelte ich schon fast nicht mehr verständlich und er nahm es mit einem Kopfnicken zur Kenntnis, was wohl gleichzeitig seine Verabschiedung darstellen sollte. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie war Sasuke mir auf eine verdrehte Art und Weise sympathisch.
 

Ich war froh, dass die Busstation nur wenige Meter von unserem Haus entfernt war, denn es war kalt und um ehrlich zu sein, hatte ich Angst davor alleine in der Nacht draußen unterwegs zu sein. Früher war das anders gewesen, aber aufgrund von Sai hatte sich eben ziemlich viel verändert.

Möglichst leise schloss ich die Wohnungstür auf, um meinen Vater nicht über den Weg zu laufen. Ich hoffte, dass er entweder schon schlief oder wenigstens in seinem Büro war. Doch wie gewohnt wurden meine Hoffnungen zerstört. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, schallte auch schon die Stimme meines Erzeugers aus dem Wohnzimmer. »Sakura, auf dein Zimmer. Sofort!«

»Ich hatte auch nichts andres vor!«, rief ich bissig zurück und schmiss meine Chucks unsanft in den Schuhschrank.

In dem Wissen, dass er sich genau hinter mir befand, knallte ich meine Zimmertür mit möglichst viel Schwung zu, abschließen konnte ich ja nicht, wurde mir mein Schlüssel doch schon am ersten Abend abgenommen.

Nachdem ich meine Umhängetasche auf meinem Schreibtisch abgelegt hatte, flitzte ich schnell zu meinem Bett und schmiss mich darauf, um mich auf das Gepolter, das sicher gleich kommen würde, gefasst zu machen. »Wo warst du?«, herrschte er mich mit wutverzerrtem Gesicht an. Warum musste er eigentlich so ein verdammter Choleriker sein?

»Geht dich nichts an«, sagte ich bemüht gefasst.

»Das geht mich sehr wohl etwas an. Du bist immer noch meine Tochter!«

»Auf den Papieren vielleicht«

»Du bist mein eigen Fleisch und Blut!«

»Wir sind hier nicht im Theater, also kannst du ruhig auch normal reden«, informierte ich ihn in dem Wissen einen wunden Punkt getroffen zu haben, doch er verdiente es.

Als er mich seine Tochter nannte, war es bereits zu spät gewesen, er hatte es sich einfach verspielt, wusste er doch ganz genau, dass er aufgehört hatte für mich mein Papa zu sein. Er war einfach weggegangen, hatte uns allein gelassen. Und dann, als er realisiert hatte, welchen Mist er eigentlich gebaut hatte, war er zu uns zurückgekrochen in dem Glauben alles könnte wieder wie früher werden und alles was darauf folgte waren heftige Streitereien, die ein harmoniebrauchendes Kind nur noch mehr verletzten.
 

»Sag mir einfach wo du warst. Du weißt doch, wie ich es hasse nicht zu wissen wie es dir geht und wo du bist!«

»Pah! Als hätte es dich jemals interessiert wie es mir geht! In dem Jahr in dem Funkstelle herrschte hast du dich kein einziges Mal gemeldet! Nicht mal an meinem Geburtstag! Also tu nicht so als wäre ich dir wichtig!«, schrie ich unter Tränen. Konnte er nicht einmal zu dem stehen was er getan hatte? Konnte er nicht einmal ehrlich sein?

»Sakura, wie oft denn noch? Es tut mir leid. Hätte ich damals gewusst was ich damit anrichte, hätte ich es niemals gemacht!« Diese geheuchelt flehende Stimme, oh wie ich sie hasste, sie machte mich wahnsinnig. Er hatte doch keine Ahnung welch ein Egoist er wirklich war, wie oft ich meine Mutter heulend am Küchentisch vorgefunden hatte, wie oft ich mit ihr im Bett gelegen und wir uns gemeinsam in den Schlaf geweint hatten.

Immer mehr Tränen liefen meine Wange hinab, er kotzte mich so an. Das alles kotzte mich an! Mein gesamtes Leben war einfach nur beschissen. Die einzige Person, die mich wirklich nie im Stich gelassen hatte, die wirklich immer für mich da gewesen war, war meine Mutter, und selbst die hatte nun die Nase voll von mir.

»Mum und ich waren dir schon immer egal, also hau ab. Hau einfach ab! Es geht dich 'nen Scheiß an was ich mache!«

»Sag mir, verdammt nochmal, sofort wo du warst! Du hast schon genug Probleme am Hals«

»Verdammt, es geht dich nichts, einfach NICHTS, an! Und jetzt verpiss dich einfach« Es war nur noch ein Kreischen, was meine Kehle verließ, aber es musste raus, alles musste raus. Mein neues Ventil war gefunden, blöd nur, dass mein Vater nun mit geballten Fäusten und vor Wut rotem Gesicht vor mir stand. »Solltest du noch einmal so mit mir spechen, kleine Lady, dann kommst du nicht mehr so ungeschoren davon, nur damit du's weißt. Also, wo warst du?«, sagte er gefährlich ruhig. Die Augen meines Erzeugers waren hart und schäumten beinahe über vor unterdrückter Wut. Er würde mir wehtun, das wusste ich, diese Augen kannten kein Erbarmen, sie waren gnadenlos und ich hatte Angst, Angst vor meinem eigenen Vater. »Ich war mit ein paar Freunden Pizza essen«, gab ich klein bei, meine Stimme zitterte leicht.

»Jungs?«, harkte er einsilbig nach und entlockte mir damit ein kurzes, dunkles Lachen. Immer noch um die längst genommene Unschuld besorgt. »Ja«, gab ich ebenso einsilbig zurück, was er konnte, konnte ich schon lange. »Du weißt schon, dass morgen Schule ist, oder?«, fragte er beiläufig, ließ mir jedoch keine Zeit, um mich zu Wort kommen zu lassen. »Unter der Woche hast du höchstens bis neun Ausgang. Wenn du bis fünf Minuten nach nicht antanzt, kannst du mit Hausarrest nicht kürzer als zehn Tage rechnen, verstanden?«

Belustigt schnaubte ich auf. »Willst du mich verarschen? Ich bin doch nicht mehr zwölf!«

»Du führst dich aber so auf!«

»Ich führe mich so auf? Das hättest du wohl gern! Ich bleib mindestens bis zehn draußen und jetzt raus!« Entschlossen ging ich zur Tür – vom Bett aufgesprungen war ich schon vor einer ganzen Weile – und öffnete sie. Der Zeigefinger der andren Hand zeigte auffordernd auf den Flur. »Ich bleibe«

»Whaar, leck mich doch! Ich will schlafen! Brauch ja auch meinen Schlaf, bin schließlich erst ZWÖLF!«, zickte ich.

»Wir sind noch nicht fertig, Sakura, sicher nicht«, sagte er, drehte sich jedoch um und stolzierte aus der Tür. Idiot. Trottel. ARSCHLOCH!
 

Immer noch wütend pfefferte ich meine Klamotten in eine Ecke des Badezimmers, riss die Glastür der Dusche auf und stellte mich unter den Duschkopf. Beruhigend prasselte das heiße Wasser auf mich herab, brachte aber trotzdem nicht die gewünschte Entspannung. Der gesamte Tag war schon viel zu lang. Viel zu viel war heute passiert. Schon allein der Unterricht war anstrengend gewesen, zwar war ich nicht mehr ganz so viel angestarrt worden wie gestern, aber es war schwierig den an meiner alten Schule gelernten Stoff mit dem hier zu kombinieren. Schon allein die Lehrmethoden der meisten Lehrer waren völlig anders. Dann war da noch die Verwechslung von Sasuke mit Sai und der darauf folgende Sturm an Erinnerungen, der Besuch bei Ino, das anschließende Pizza essen und die ganzen neuen Leute, einfach viel zu viel auf einmal. Alles was ich jetzt wollte, war in mein Bett zu fallen und bis nächste Woche durchzuschlafen.

Träge drehte ich das Wasser ab, stieg aus der Dusche und wickelte ein flauschiges Handtuch um mich. Dann fing ich unmotiviert an mich abzuschminken, da ich das klugerweise nicht vor dem Duschen erledigt hatte und jetzt aussah wie ein Zombie, der eine Weile im Regen gestanden hatte. Noch die Zähne putzen, Haare föhnen und dann ab ins Bett, yeah.
 

Fünf Minuten später lag ich im Bett und starrte an die Decke, die selbe Situation hatten wir doch schon mal... Die kalte Luft einer etwas zu kühlen Herbstnacht strömte durch das gekippte Fenster, genau wie ich es liebte, so fühlte es sich unter der warmen Decke gleich noch viel besser an. Die Heizkosten würden Dank mir zwar um einiges ansteigen, aber das störte mich eigentlich herzlich wenig. Musste sowieso mein Vater bezahlen und da fand ich es sogar ziemlich gut ihm das Leben ein bisschen schwerer zu machen.
 

Nach mehr als einer halben Stunde des Wälzens und Kissen-Wendens gab ich es auf und sah es ein, dass es keinen Sinn hatte zu hoffen einfach so einzuschlafen. Was war bitte so schwierig daran einzupennen, wenn man saumüde war? – Genau, nichts. Eigentlich.

Kraftlos angelte ich nach meinem iPod, der mittlerweile sogar wieder einigermaßen aufgeladen war, und fing an Musik zu hören. Das würde beim Einschlafen zwar eher kontraproduktiv sein, aber da ich ansonsten sicher Stunden wachgelegen und mir Gedanken über mein Leben gemacht hätte, war ich sehr zufrieden mit meinem Einfall gewesen.

Trotz der Songs als Ablenkung, machten sich meine Gedanken selbstständig und ich verglich wie von selbst mein momentanes Leben mit dem, das ich noch vor drei Tagen geführt hatte. Die Leute hier waren großteils erstaunlich nett und sympathisch, und Ino zum Beispiel hatte mich am heutigen Tag mehrmals die düsteren Gedanken an Sai mit ihrer aufgeschlossenen, leicht überdrehten Art vergessen lassen und das hatte schon lange keiner mehr geschafft. Naruto war wie immer redselig – und leider auch anstrengend – gewesen. Meine neuen Bekanntschaften Sui und Lee waren beide äußerst freundlich und die anderen schienen auch ganz nett zu sein – naja bis auf Pumukl-Karin vielleicht. Nur von Sasuke wusste ich nicht was ich halten sollte. Sein gesamtes Auftreten wirkte so beeindruckend, er war so verschlossen, unergründlich, und hatte einfach etwas an sich das mich nicht losließ, das mich darauf brennen ließ hinter die Fassade zu blicken. Und auch die irgendwie kuriose Situation im Bus, der Moment als er so anders wirkte, der nicht zu deutende Ausdruck in seinen Augen...
 

Sakura, dir ist schon klar, dass die letzte Person, über die du dir so viele Gedanken gemacht hast, Sai war, oder? Ach, verdammt!

Impressed

Hallöchen, ihr lieben Leuts :3

Auch diesmal wieder an riesengroßes Dankeschön, ihr seid echt super, ganze 40 Favoriteneinträge, wow! Es würd mich freuen, wenn ich mal einen kleinen Kommi von den Schwarzlesern bekommen würde, weil irgendwie passt das nicht so zusammen, aber ich will mich nicht beschweren, schließlich waren da DarkBloodyKiss,Sternachen16 und happines die mir mal wieder ganz liebe Rückmeldungen hinterlassen haben :)
 

So, will auch nicht mehr länger aufhalten!

Hier der Link zu dem Song, der später erwähnt wird:

http://www.youtube.com/watch?v=rgWr2nln83s&ob=av2e
 

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~Impressed~
 

Seit Dienstag waren die Tage wie im Fluge vergangen. Zwar hatte ich mich kein weiteres Mal außerhalb der Schule mit Ino oder einem der anderen getroffen, aber Naruto hatte seinen Spaß daran gehabt mich meinen geliebten Schulweg lang vollzulabern – wohlgemerkt hin und zurück. Wenn ich dann am späten Nachmittag meine Ruhe hatte, währte diese auch nicht lange, denn entweder wurde sie von einem Anruf Inos oder durch das Gemurre meines Vaters gestört. Es war also nicht verwunderlich, dass ich mir ein ruhiges Wochenende herbeisehnte. Bevor ich dieses jedoch genießen durfte, hatte ich noch zwei lange Stunden der Musik-AG vor mir. Ich war mehr oder weniger gespannt was mich erwarten würde. Die zuständige Lehrerin, Kurenai Yuhi, hatte ich schon beim regulären Musikunterricht kennengelernt, doch hatte sie mir komischerweise nicht verraten was mir das restliche Schuljahr bevorstehen würde, und einen Mitschüler fragen wollte ich auch nicht.

Auch diesmal würde ich nicht allein sein, sondern jemanden kennen, denn Naruto war ebenso in den Kurs eingetragen wie ich, was mich verwunderte, da ich eher geglaubt hätte, dass er eine Sport-AG besuchen würde.
 

Wieder war ich eine der ersten Anwesenden. Naruto hatte mir nur schnell den Weg beschrieben und war dann abgezischt, um jemanden abzuholen, wen wollte mir der Gute natürlich nicht sagen.

Möglichst darauf bedacht nicht irgendwie aufzufallen betrat ich direkt hinter zwei quatschenden Mädchen den großen Musikraum, in dessen Mitte ein wunderschöner, weißer Flügel stand.

Ich wollte unbemerkt in Richtung der hinteren Plätze verschwinden, wurde jedoch von der freundlichen Stimme der Lehrerin aufgehalten. »Sakura, würdest du bitte noch einen Moment hier vorne bleiben?« Kaum merklich nickte ich als Zeichen meiner Einverständnis und versuchte eine möglichst angenehme Pose zum Stehen zu finden. Da ich hier wie auf dem Silbertablett präsentiert wurde, war es schon fast vorprogrammiert, dass ich von beinahe jedem Schüler neugierig angesehen wurde und meine rosa Haare machten die Musterungen wahrscheinlich nur noch interessanter. Ich kannte kaum jemanden, ein, vielleicht zwei bekannte Gesichter und das war's dann auch schon. Ich hoffte nur, dass Naruto bald eintrudeln und das ganze unnötige Vorstellen schnell vorbeigehen würde.
 

Langsam wurde mir das Starren zu viel und ich schaltete endgültig ab, richtete meine gesamte Aufmerksamkeit auf den bewölkten Himmel, den ich durch die großen Fenster problemlos beobachten konnte. Ich fragte mich, wen der blondhaarige Chaot wohl mitbringen würde, vermutlich würde ich denjenigen kennen, konnte ich mir zumindest vorstellen, trotzdem wusste ich nicht was das mir dem Verschweigen sollte, warum machte er so ein Geheimnis daraus?

»Naruto! Das geht doch schneller! Weder du noch Sasuke habt eine Fußverletzung, also könnt ihr euer lahmes Tempo ruhig auch beschleunigen!« Ich hatte ja keine Ahnung, dass die nette Musiklehrerin auch solche Töne spucken konnte. Als sie angefangen hatte rumzuschreien hatte sie mich unerwartet aus meinen Überlegungen gerissen und meinen Herzschlag gehörig beschleunigt.

Es war also Sasuke, den er abgeholt hatte. Aha. Und warum sagte er das nicht einfach? Verstehe einer diesen Jungen. Besonders wenn er seine plötzlichen Stimmungsumschwünge von total überdreht zu schweigsam und ernst hatte, hatte ich mich schon des Öfteren gefragt wer er denn nun wirklich war…
 

Trotz der Ansage Kurenais gingen die beiden genauso gemächlich weiter, machten nicht mal Anstalten ihre Geschwindigkeit zu erhöhen. Sie waren anscheinend die Letzten, denn kaum waren Naruto und Sasuke eingetreten, wurden sie angeordnet die Tür hinter sich zu schließen. »So, da wir nun endlich vollständig sind und ihr beiden wieder mal die letzten wart, möchte ich euch alle jemanden vorstellen«, die Stimme der Lehrerin war wieder vergleichsmäßig ruhig, wobei sie anfangs, als sie durchgehend das Duo angeblickt hatte, einen verärgerten Unterton an sich hatte. Die Schwarzhaarige machte noch eine kurze Pause, um zu überprüfen ob sie wirklich die Aufmerksamkeit aller hatte, und fuhr dann fort: »Also, meine Lieben, diese hübsche Dame hier ist Sakura Haruno, und da Kiba ja durch seinen Unfall für längere Zeit ausfallen wird, hab ich mir gedacht ich teile sie dem Team von Naruto und Sasuke zu, ich hoffe ihr habt nichts dagegen« Ihr Tonfall ließ keinerlei Widerspruch zu und machte die letzte Aussage somit sinnlos.

Ich freute mich, dass ich mit Naruto zusammenarbeiten würde, bei Sasuke war ich eher unsicher, wusste ich immer noch nicht was ich von ihm halten sollte.
 

Ich hatte zwar keine Ahnung was das mit den Gruppen sollte, aber das musste ich wohl meine Teamkollegen fragen, in deren Richtung ich sogleich geschupst wurde. Naruto packte freudig meinen Arm, zog mich mit sich und plapperte auch schon los. »Hach, das ist so toll, Sakura. Sasuke, was sagst du? Ist doch klasse, dass wir jetzt wieder zu dritt sind!«

Der Schwarzhaarige ließ seine Worte unkommentiert und auch ich schwieg beharrlich, natürlich freute es mich mit Leuten in einem Team zu sein die ich mochte, aber Sasukes Gleichgültigkeit – so schätzte ich zumindest sein Verhalten ein, sicher war ich mir nicht, konnte ich bei diesem Kerl gar nicht – brachte mich etwas aus der Fassung und ich wusste nicht, ob ich nun etwas dazu sagen sollte oder besser doch nicht.
 

Nachdem Naruto sich seiner Meinung nach lang genug über die Situation gefreut hatte, fragte ich ihn was es mit der Team-Sache auf sich hatte. »Also, wie du weißt werden wir hier benotet und dazu müssen wir auch irgendwelche Leistungen bringen. Da wir aber keine Tests schreiben dürfen, hat Kurenai eine andere Möglichkeit gesucht und schließlich beschlossen, dass wir in von ihr eingeteilten dreier Gruppen ein Musikstück einstudieren und auf dem Schulfest vorspielen müssen, sie benotet den Auftritt dann und ja« Breit grinste mir Naruto entgegen und erwartete wohl so etwas wie eine Erwiderung von mir. Mein Kopf schwirrte und ich versuchte den Redefluss des Blondschopfs zu ordnen, so langsam verstand ich sogar um was es bei der ganzen Sache ging. »Und die Songs, können wir die selbst aussuchen?«

»Klar, auch ob wir jetzt a Capella, Instrumental oder einen auf klassische Band machen wollen. Sasuke, Kiba und ich haben in den letzten Wochen The Drug In Me Is You von Falling in Reverse gespielt, aber da Kiba ja 'nen Motorradunfall hatte, geht das ja jetzt nicht mehr, außer du bist zufällig Drummerin« Gott, wieso redete der Typ immer so viel auf einmal und wie zur Hölle hielt Sasuke das bitte aus? Wie auch immer, ich musste Naruto leider enttäuschen, mein Können an den Drums war dem eines dreijährigen Kindes gleichzusetzen. »Sorry, ich kann nur Gitarre und Bass spielen«, sagte ich mit zu Boden geneigtem Kopf, es tat mir leid ihre Pläne so über den Haufen zu werfen.

»Ach was, wir hätten so gut wie in jedem Fall was dran ändern müssen!« Naruto sah mich aufmunternd an und zog mich neben sich auf die Couch, die in dem Raum stand, in den wir gerade gekommen waren. Sasuke stand immer noch da als würde ihn das alles gar nichts angehen. »Und wie ist das mit den Proben und den Instrumenten? Wir können doch nicht alle gemeinsam spielen?«, fragte ich abermals.

»Also...ähm... die Teams wechseln sich ab, jeden Freitag darf ein andres hier proben. Du hast Glück, heute sind wir dran. Ansonsten sind wir immer bei Sasuke, ich hoffe das ist kein Problem für dich. Wir treffen uns außerhalb des Unterrichts, meistens zweimal die Woche, dafür müssen wir freitags auch nur eine Stunde dableiben und dürfen dann nach Hause« Kurz nickte ich und ließ dann meinen Blick durch das Zimmer schweifen, das war also der Proberaum. Ein schwarzes Schlagzeug stand in der rechten, gegenüberliegenden Ecke, in einer anderen standen Verstärker und ein Keyboard. Auf dem Verstärker lagen allerlei Kabel, unter anderem die für die drei Mikros. Zwei E-Gitarren und ein E-Bass lehnten an der Wand, eine Konzert- und eine Westerngitarre hangen darüber. Zwei der Wände waren in einem dunklen Rot gehalten und alles in allem wirkte der Raum sehr gemütlich. Da ich nicht wusste, was ich tun sollte, ließ ich mich tiefer in die weichen Polster der Couch sinken und schloss für einen Moment meine Augen, um nochmal alles zu überdenken.
 

»Hey, Sakura, nicht einschlafen! Wir haben noch etwas zu erledigen!« Mein Kopf hatte jetzt zwar höchstens zehn Sekunden auf dem Kissen gelegen, aber na gut, wenn er meinte ich würde gleich einschlafen, warum nicht? … Sah ich wirklich so aus als ob ich das konnte?

Als Naruto dann auch noch damit anfing mir in die Seite zu pieken, platzte mir der Kragen. »Verdammt nochmal, ich bin ja wach, okay? Es ist nur so, dass ich keine Ahnung habe was ich machen soll!«, schrie ich aus vollem Halse. Ich hasste es, wenn mich jemand wo anders als an meinen Händen berührte, auch wenn es nur Gesten zum Spaß waren, ich hatte kein Verständnis dafür, konnte gar nicht anders als es mit Sai in Verbindung zu bringen.

»Du sagtest du spielst Bass«, wandte sich Sasuke an mich. Mein kleiner Ausbruch gerade schien ihn nicht im Geringsten zu beeindrucken, im Gegensatz zu Naruto, der schon die ganze Zeit wie erstarrt dasaß. Ich brachte nicht mehr als ein Nicken zustande, der leere Blick mit dem der Schwarzhaarige mich besah, setzte mich vollkommen außer Gefecht. Was brachte ihn dazu eine solche Leere zu empfinden, was war ihm widerfahren? Welchen Schmerz musste er verspüren? Ich wusste, dass meine Augen manchmal genauso wirkten, spürte auch so oft nichts anderes als diese alles einnehmende, grausame Leere, die noch schlimmer war als jeder Schmerz. Aber bei ihm hatte ich schlicht und ergreifend noch gar nichts anderes gesehen.

»Ich denke es ist das Beste, wenn du meinen Platz einnimmst und ich den von Kiba. Der Trottel bleibt weiterhin Gitarrist und Sänger. Der Song bleibt auch«, beschloss der Älteste von uns und holte Blondie dabei aus seiner Starre, der daraufhin anfing zu protestieren und wüste Beschimpfungen von sich zu geben, weil er ja ›schon wieder‹ von Sasuke beleidigt worden war. »Falling In Reverse, richtig?«, fragte ich nach und unterbrach dabei das Gekeife. Es beschäftigte mich, weil ich mir Narutos Stimme nicht wirklich zu dem ausgewählten Song vorstellen konnte, aber gut, ich hatte ihn ja auch noch nie singen gehört.

»Yes, der Bastard hier hat ausgesucht, aber ich denke es passt ganz gut. Ist es denn okay für dich Bass zu spielen? Und kennst du das Lied eigentlich?«, antwortete mir beziehungsweise fragte mich mein Klassenkamerad, der auf einmal gar nicht mehr eingeschnappt zu sein schien. Ohne auf meine Erwiderung zu warten, sprang er auf und stürmte in die Ecke, wo der Verstärker war und fing an aufzubauen. »Los jetzt, wir müssen die Zeit nutzen. Sasuke, zeig ihr was sie spielen muss. Nun mach schon!« Resigniert seufzte ich, der Kerl hatte eindeutig zu viel Energie und ein viel zu lautes Organ, ein Mikrofon wäre bei ihm völlig überflüssig. Zögerlich erhob ich mich ebenfalls, erneut wusste ich nicht was ich mit mir anfangen sollte. Sasuke schien nicht auf den Befehl zu hören, denn er stand reglos da und machte keine Anstalten daran etwas zu ändern.

»Nun kommt schon, ich will nicht alles alleine machen müssen!«

Immer noch unsicher nahm ich das mir zugeteilte Instrument in meine Hände. Ich hatte schon längere Zeit nicht mehr gespielt. Neugierig blickte ich Sasuke an, er schaute zurück, kam schließlich einige Schritte näher und sagte: »Gut, lass uns anfangen«
 

-*-
 

Unwillkürlich klappte mein Mund ein winzig kleines Stückchen auf und ich konnte gar nicht anders als den Schwarzhaarigen vor mir mit geweiteten Augen anzustarren. Eine durchgehende Gänsehaut erfasste meinen Körper und unzählige Schauer durchrieselten ihn. Es war immer etwas besonderes Musik live zu erleben, und nicht wie sonst die geradezu beängstigend perfekten Aufnahmen zu hören, doch das was mir gerade geboten wurde, war atemberaubender als jede Liveperformance die ich je gesehen oder gehört hatte. Vorhin hatte ich den Bass nicht lange in den Händen gehalten, denn Sasuke wollte mir auf Narutos Anweisungen hin kurz vorspielen, was ich in Zukunft lernen würde. Kaum eine halbe Minute später hallten Klänge durch den Raum, die mir jegliche Luft zum Atmen nahmen. Ich hatte mir schon gedacht, dass er gut sein musste, beherrschte er scheinbar jedes Instrument, mit welchen wir das Cover vollführen würden, aber niemals hätte ich das erwartet, was wirklich passierte.

Die Augen des Spielenden waren geschlossen, schon alleine das zeugte von seiner ungeheuer großen Hingabe. Sein Kopf war leicht in den Nacken gelegt und seine Finger vollführten Bewegungen, die ich in hundert Jahren des Übens nicht beherrschen würde. Automatisch schlossen sich auch meine Lider, damit ich die Darbietung noch mehr genießen konnte. Ich stand mitten im Raum und hatte doch das Gefühl zu schweben. Obwohl die Klänge hart, tief und irgendwie abgehakt wirkten, zogen sie mich in ihren Bann. Die Grundtöne waren nicht schnell und wenn man sie einmal erlernt hatte vermutlich auch nicht sonderlich schwer, aber Sasuke verwandelte das Stück in etwas Einzigartiges, Faszinierendes, und er selbst wirkte dabei so, als wäre es nur ein einfaches Spiel zum Zeitvertreib. Immer wieder brachte er seine beweglichen Finger dazu kleine Töne einfließen zu lassen, die den Song so anders wirken, aber trotzdem die Melodie beibehalten ließen. Doch fast noch mehr als die unglaublich schöne Musik, verblüffte mich Sasuke selbst, denn es war eine Regung in seinem Gesicht zu erkennen, ein kleines Lächeln zierte es.
 

Selbst als der letzte Ton vollends verklungen war, konnte ich mich nicht richtig fassen. Tief atmete ich durch und brachte meine Augen irgendwie dazu sich zu öffnen. Ich schluckte hart, um den dicken, feststeckenden Kloß endlich aus meinem Hals zu bekommen.

»Sasuke, was soll das? Sie hat den Song noch nie gespielt und du sollst ihn ihr beibringen, nicht unter die Nase reiben wie sehr du's drauf hast«, sagte Naruto relativ unbeeindruckt und zerstörte somit die angenehme Stille, die dem Verstummen des Basses gefolgt war. Im Gegensatz zu mir war es für ihn scheinbar nichts Seltenes seinen Freund spielen zu hören. Ich war gespannt wie talentiert Naruto war, denn irgendetwas sagte mir, dass ich wohl diejenige der Gruppe war, die am wenigsten drauf hatte.
 

»Konzentrier dich«, wurde ich aufgefordert, nachdem meine Finger einen kleinen Moment abgerutscht waren und einen widerlich quietschenden Ton erzeugten.

»Entschuldigung«, entgegnete ich und versuchte wirklich meine volle Konzentration auf das Geschehen zu lenken, schließlich wollte ich nicht schuld an einem schlechten Auftritt sein. Eine halbe Stunde schon übte ich immer wieder die selben Passagen und meine Fingerspitzen brannten mittlerweile wie Hölle. Grund dafür waren die abgenutzten Stahlsaiten des Instruments, die zwar einen wahnsinnig geilen Sound erzeugten, aber ohne Gewöhnungszeit fürchterlich schmerzten. Ich bereute es, dass ich meine kaum vorhandene musikalische Ader in den letzten Monaten so sehr vernachlässigt hatte, denn selbst durch Üben mit den relativ neuen Saiten meines Basses wäre ich besser auf den heutigen Tag vorbereitet gewesen, als ich es tatsächlich war. Aber ich konnte ja auch nicht ahnen was mich erwartete.
 

»Das reicht. Wir spielen jetzt den Song. Naruto, sing mit und gib ihr ein Zeichen für ihren Einsatz. Konzentrier dich auf die Gitarre, nicht auf die Vocals. Das Solo spielst du wie immer«, beschloss Sasuke, zog seine Sticks aus seiner Hosentasche und platzierte sich hinter dem Schlagzeug. Auch Naruto machte sich bereit, stellte den Mikroständer nochmal ein kleines Stückchen höher und räusperte sich. Seine braungebrannten Finger schlangen sich routiniert um den Hals der roten E-Gitarre.

Ich wurde immer nervöser, es fühlte sich an als wäre es bereits vorprogrammiert, dass ich es verkackte. Tief holte ich Luft und versuchte mich zu beruhigen, es war ja nicht so als hätten wir bereits den Auftritt, aber trotzdem, ich wollte mich nicht vor den beiden blamieren.
 

Der Blondschopf fing an zu spielen und nur einen Sekundenbruchteil später setzte auch seine Stimme ein. Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde ich vom Hocker gerissen. Niemals, wirklich niemals hätte ich Naruto so eine Stimme zugetraut. Sie war um einiges höher als die von Ronnie Radke und auch viel weicher, harmonierte aber trotzdem perfekt mit der Melodie des Songs. Ich war beeindruckt, seine Aussprache war vorzüglich – was ich ihm ehrlich gesagt nicht zugetraut hatte, da er manchmal ja doch ziemlich dämlich war – und an seiner Stelle hätte ich mich nur bei den ersten drei Sätzen mindestens zehn Mal verhaspelt, das einzige Resultat wäre eine verknotete Zunge gewesen. Aber nicht so Naruto, die Wortfolge war flüssig und mit einem Einsatz gesungen, der irgendwie die gesamte Stimmung hob und selbst mich zum Abgehen animierte. So ganz nebenbei spielte er auch noch auf der Gitarre, als hätte er nichts anderes zu tun als sie in den Händen zu halten und hin und wieder mal einen Finger zu bewegen. Ganz eindeutig hatte ich es mit einem weiteren Genie zu tun.
 

Meine Begeisterung dauerte an, und so konnte es gar nicht anders kommen, als dass ich meinen Einsatz verpasste. Resigniert seufzte ich auf und versuchte mich in das Spiel der beiden einzuklinken. Überraschend schnell klappte es und ehe ich mich versah war der Song auch schon vorüber. Und tatsächlich war es so, dass ich wohl alles versauen würde, denn Sasuke war wie erwartet auch hinter den Drums atemberaubend und von Narutos Leistung brauchte ich erst gar nicht anfangen. Gleichzeitig fehlerlos Gitarre spielen und einwandfrei Singen – ich konnte nicht einmal davon träumen, das zu können, mal davon abgesehen, dass meine Singstimme einer elendig verreckenden Krähe glich.
 

»Sasuke, bevor du dich aufregst, ich hab ihr ja ein Zeichen gegeben, aber sie war zu beschäftigt damit mich ungläubig anzugucken, um das zu bemerken. Nicht wahr, Sakura?«, grinste Naruto in meine Richtung und ich hatte das Bedürfnis ihn mit einem der auf dem roten Sofa liegenden Kissen abzuschießen, es war auch so schon peinlich genug.

Der Angesprochene selbst jedoch, schien sich zu gut für eine Antwort zu sein, denn er blieb stumm und machte weiter damit seine Drumsticks zwischen den Fingern zu drehen.
 

»Das klang ja schon sehr vielversprechend. Noch ein bisschen üben, Sakura, und dann lässt auch du dich nicht mehr von unsren beiden Talenten unterkriegen«, sagte Kurenai, die gerade unbemerkt den Raum betreten hatte. Schön, dass sie den kläglichen Versuch startete mich aufzubauen, sie wusste doch genauso gut wie ich, dass ich niemals auch nur halb so gut werden würde. »Ich denke, ihr passt wirklich ausgezeichnet zu einander. Ihr harmoniert einfach, ihr seid ausgeglichen. Mit Kiba war schon fast wieder zu viel Leben in der Gruppe. Auch der Song ist gut ausgewählt, er passt zu euch. Es ist nicht der typische Mainstream, super, weil ihr alle ja auch mit eurem Auftreten ein bisschen herausstecht. Also, macht weiter so. Ich denke ihr könnt jetzt auch nach Hause gehen, ich wünsche euch ein schönes Wochenende!«, hielt die Lehrerin schon fast eine Rede. Ein letztes Mal lächelte sie in die kleine Runde, bevor sie den Raum ebenso schnell verließ wie sie ihn betreten hatte.

Unsicher schaute ich Naruto an, der das aber nicht wirklich registrierte. Sollten wir wirklich schon Schluss machen? Ich hatte keine Ahnung wie spät es mittlerweile war, aber es waren definitiv keine zwei Stunden vergangen. »Ich will nach Hause, also lassen wir es für heute wirklich gut sein, würde ich sagen. Sakura, bitte üb so viel du kannst. Hast du montags Zeit? Dann würden wir uns nämlich bei Sasuke treffen, ich kann dich abholen, wenn du willst« Etwas mit der Situation überfordert nickte ich. Es würde mir sowieso nichts anderes übrig bleiben. Auch wenn ich so gut wie jedem Menschen außer meiner Mutter misstraute, hatte ich bei Naruto nicht das Gefühl er wäre dazu in der Lage jemanden Schlechtes zu tun. Er war nett und freundlich, und auch wenn er hin und wieder auf Fragen bezüglich seiner Familie auswich. In der kurzen Zeit in der wir und kannten hatte er mich noch nie angelogen. Wenn er über etwas nicht sprechen wollte, sagte er das. Und genauso wie er es bei mir akzeptierte, akzeptierte ich das auch bei ihm. Es war zwar einerseits nervig, dass er in der Schule beinahe rund um die Uhr um mich herum war, aber andererseits beschützte er mich so auch vor denen, die mich blöd anmachen wollten, und diese waren in den letzten Tagen immer mehr geworden, Menschen, die ganz einfach nicht mit meinem Aussehen klar kamen, warum auch immer, schließlich kannten sie mich nicht.

Sasuke gegenüber war ich jedoch immer noch unentschlossen, aufgrund seiner schweigsamen und abweisenden Art, wusste ich einfach nicht was für ein Mensch er war.
 

Ohne ein weiteres Wort fingen wir an aufzuräumen, was im Wesentlichen daraus bestand Instrumente wieder an ihren Platz zu stellen und Kabel aufzurollen. Wir arbeiteten zügig und waren auch dem entsprechend schnell fertig. Ich packte meine Tasche und wartete darauf, dass auch Naruto und Sasuke sich zum Aufbruch bereit machten. »Sakura, hast du schon einen Plan für heute Abend? Wenn nicht könntest du mit uns in den Park kommen. Ino, Suigetsu, Lee und noch ein paar andre werden auch da sein. Ich denke alle freuen sich, wenn du mitkommst«, mit schiefgelegtem Kopf und fragenden Gesichtsausdruck blickte mich der Blondschopf an. Ich vermutete zwar, dass es jedem ziemlich egal war, ob ich mit dabei war oder nicht, aber wenn er meinte. »Ich weiß nicht. Ich gebe dir später Bescheid, ja?« Es erschreckte mich selbst wie warm und freundlich meine Stimme klang. Woran lag das? Vertraute und mochte ich Naruto wirklich so sehr? »Gut, das wird toll«

Über mich selbst den Kopf schüttelnd verließ ich wenige Schritte vor Sasuke den Raum. Irgendwie wäre es schon schön wieder einmal etwas außerhalb der Schule mit Ino oder Suigetsu zu unternehmen. Aber nein, so durfte ich nicht denken, auch so waren die Mauern schon instabil genug.

Agitated

Huhu ihr Süßen :))

Vielen Dank für 43 Favoriteneinträge und die drei Reviews von hapiness, Tessa-lein und DarkBloodyKiss!

So, ich wünsche euch jetzt viel Spaß beim neuen, etwas längeren Kapitel und ja :))

~Lisa
 

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~Agitated~
 

»Ja, bis gleich« Immer noch in Gedanken darüber, ob ich auch wirklich das Richtige tat drückte ich auf das rote Feld des Touchscreens, um das Telefonat mit Naruto zu beenden. Nach langem Überlegen hatte ich mich doch dazu entschlossen zu den anderen in den Park zu gehen. Es gab schließlich nichts zu verlieren, und wenn ich mich nicht wohl fühlte oder dachte zu viel Nähe zuzulassen würde ich ganz einfach nach Hause gehen und in Zukunft versuchen so wenig Kontakt wie möglich mit der Gruppe zu haben.

Zügig knöpfte ich meine schwarze Jacke zu und schlüpfte in meine ausgelatschten Chucks, was tun, wenn sie eines Tages endgültig zerfallen würden?

Ich wollte so schnell wie möglich nach draußen, denn mein Vater war bereits zu Hause und hatte mir schon eine Predigt gehalten, ich sollte in jedem Fall pünktlich um zehn zu Hause sein, ansonsten konnte ich mit Konsequenzen rechnen. Wahnsinn, ich durfte eine ganze Stunde länger raus als unter der Woche, ich fühlte mich schon richtig erwachsen... Er konnte doch wohl wirklich nicht erwarten, dass ich schon so früh wiederkam! Es wäre mir viel lieber, ihm wäre es wieder egal was ich mit meinem Leben anfing. Er konnte sich seine erlogene Sorge sonst wo hin stecken.
 

Mit einem lauten Krachen ließ ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen und lief die alte Treppe hinab. Auch die weiße Außentür schloss ich mit ebenso viel Liebe. Bevor ich auf die Straße ging überprüfte ich noch, ob ich mein Handy und meine Schlüssel auch wirklich nicht vergessen hatte, und stellte dabei fest, dass ich eine SMS von Ino bekommen hatte, im Moment fühlte ich mich aber nicht dazu im Stande mich mit ihrem Geschwafel auseinanderzusetzen, geschweige denn zurückzuschreiben, deshalb beförderte ich mein Smartphone ohne die Nachricht gelesen zu haben einfach wieder in die Tasche meiner schwarzen Hose. Dann ging ich auch schon den schmalen Gehweg entlang.
 

Naruto hatte mir vorhin beschrieben in welchem Abschnitt des Parks, der praktischerweise gleich nebenan war, sie sich immer trafen. Da er aber wieder einmal ins Unermessliche ausgeschweift war, hatte ich Probleme damit den richtigen Weg zu finden. Aber eigentlich konnte man nicht wirklich viel falsch machen, bei dem mittelgroßen Teich vorbei, dann links bei dem Denkmal irgendeines ach so wichtigen Mannes abbiegen und daraufhin einfach dem gepflasterten Pfad folgen, bis ich sie dann auf irgendeiner besonderen Parkbank antreffen würde.

Gut, Teich und Denkmal hatte ich schon mal, jetzt musste nur noch der Idiotenhaufen gefunden werden. »Hey Saku, hey! Jetzt warte doch mal, ich kann nicht mehr!« Erschrocken keuchte ich auf, das hektische Geschrei Inos kam völlig unerwartet und stoppte unvermittelt meinen Gedankenfluss. Verwirrt blieb ich stehen und drehte mich um. Von wo kam die Blondine jetzt plötzlich her? »Mann, ich hab dir doch geschrieben, dass du bei dem beschissenen Denkmal auf mich warten sollst. Ich hab mir ja schon gedacht, dass du nicht zurückschreiben würdest, aber du hättest die SMS wenigstens berücksichtigen können!«, wurde ich angeherrscht nachdem Ino wieder einigermaßen zu Luft gekommen war. Innerlich krümelte ich mich zu einem kleinen, undefinierbaren Knäuel zusammen und fühlte mich einfach nur schlecht. Äußerlich blieb ich jedoch die coole Sakura ohne Gefühlsregungen. Ich hasste diese Maske, dieses ewige Verstecken, aber es musste sein, es war die einzige Möglichkeit nicht noch mehr zertrümmert zu werden als ich es schon war.

»Sorry«, entschuldigte ich mich auf wirklich schäbige Art und Weise. Konnte man sich selbst eigentlich noch mehr ankotzen? Warum gab man sich freiwillig mit jemanden ab, der sich so wie ich verhielt?

»Ach, ist schon in Ordnung, nächstes Mal bombardiere ich dich einfach so lange mit Nachrichten bis du endlich zurückschreibst« Inos Grinsen war so breit, dass es beinahe schon furchterregend war und ich konnte nicht verhindern, ihr als Erwiderung ein kleines Lächeln zu schenken. Ich musste das schleunigst unterbinden... wie oft hatte ich mir das in den letzten Tagen eigentlich vorgenommen? Ein leises Seufzen glitt über meine Lippen und ich schüttelte leicht über mich selbst den Kopf. Langsam hatte ich das Gefühl ich würde meinen Verstand endgültig verlieren.

»Komm jetzt, die andern sind bestimmt schon da«, sagte Ino, harkte sich bei mir ein und riss mich damit erneut aus meinen Gedanken. Wann hatte ich eigentlich damit begonnen so ein Träumer zu sein?
 

»Mädels, wenn ihr noch langsamer geht, dreht Lee noch drei Runden um den Teich und wieder zurück bis ihr hier ankommt!« Narutos Stimme schallte durch den gesamten Park und vertrieb alle zwitschernden Vögel, die sich in den vielen Baumkronen niedergelassen hatten, auf einen Schlag. Vermutlich hätte ich ihn auch noch in meinem Zimmer widerhallen gehört. Ino und ich ließen uns davon aber nicht im Geringsten stören und schlenderten weiterhin gemächlich den Weg entlang, noch ungefähr zwanzig Meter trennten uns von den anderen. Mein Blick glitt über die Anwesenden, die auf drei zusammengeschobenen Bänken saßen. Zufrieden stellte ich fest, dass ich bis auf ein Mädchen mit dunkelblonden Haaren jeden kannte. Selbst als ich diese nicht auszuhaltende Karin erblickte, trübte sich meine Stimmung nicht, auch wenn mich ihr billiges Auftreten und die Art wie sie Sasuke ihre kaum vorhandenen Brüste präsentierte, die Augen verdrehen ließ.

»Wenn ihr lesbisch wärt, würdet ihr echt ein scharfes Paar abgeben. Boah, Jungs, stellt euch mal den heißen Lesbensex vor, den sie miteinander hätten! Da wär ich auch gern dabei...« Auf die Aussage Suigetsus hin wurde meine Hand beinahe von Inos zerquetscht und ich hatte das Gefühl, sie würde gerade am liebsten ihr Knie in seine Eier rammen. Aber auch ich musste zugeben, dass ich die Situation nicht gerade als angenehm empfand. Man konnte das Statement zwar irgendwie als Kompliment auffassen, aber selbst dann war da noch der kleine Satz 'da wäre ich auch gern dabei'. »Hey, du kleiner Möchtegern-Raubfisch, du kannst dir sicher sein, dass wir nie, NIE, einen Dreier miteinander haben werden! Mit Sakura und irgendnem heißen Kerl würde ich mir das ja vielleicht noch einreden lassen, aber sicher nicht mit DIR!« Wutentbrannt war Ino auf den beinahe Weißhaarigen zugestürmt und hatte mich hinter sich her gezogen, ihre Hand war zur Faust geballt und Suigetsus Gesicht entgegen gestreckt. »Hey, ganz ruhig, Blondie, war ja nur ein Scherz. Nimm's nicht so ernst, normalerweiße bist du doch auch nicht so verklemmt« Schützend und gleichzeitig als Zeichen des Friedens hatte er seine Hände erhoben und mit den Handflächen zu Ino vor seinen Brustkorb platziert.

»Ich hab ja auch kein Problem damit, wenn du sagst, dass Sakura und ich ein süßes Pärchen wären, aber DU widerst mich einfach an. Ich meine, super Kumpel hin oder her, bei der Vorstellung mit dir zu schlafen, würde ich am liebsten kotzen«, konterte meine Freundin schlagfertig.

»Au, das tat weh, kannst mir auch gleich in die Weichteile treten«, beschwerte sich Sui erneut. Keiner der anderen, inklusive mir, sagte etwas und selbst Sasuke hatte sich der Diskussion zugewandt, auch wenn er wie immer seinen gleichgültigen Blick drauf hatte. Naruto versuchte den Streit zu schlichten, was ihm aber nicht im Mindesten gelang.

»Weißt du, genau das hatte ich vor!«

»Ehrlich, was hast du eigentlich?! Sakura bleibt auch gechillt, nimm dir mal ein Beispiel an ihr«

»Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, sie redet nie besonders viel. Und jetzt runter von meinem Platz!«, mit diesen Worten packte Ino den hellblauen Haarschopf und beförderte ihn samt restlichem Körper auf den Boden. Früher war auch ich ähnlich temperamentvoll gewesen, niemand wollte sich mit mir anlegen, wenn ich wütend war, heute war jedoch nur noch ein klitzekleiner Teil dieses Temperaments in mir.
 

»Auch eine?«, fragte mich das blondhaarige Mädchen, dass ich noch nicht kannte und hielt mir ihre Zigarettenschachtel vor die Nase. Leicht schüttelte ich den Kopf und machte damit weiter mit dem Zeigefinger die mit Edding gemalten Kritzeleien auf der Parkbank nachzufahren. »Ich bin Temari, die kleine Schwester von dem rothaarigen Idioten«, informierte mich das Mädchen mit den vielen Locken gleich darauf und zeigte während des Sprechens erst auf sich und dann auf ihren Bruder, Gaara. Das ehrliche Lächeln, das ihre Lippen zierte, ließ ihre dunklen Augen strahlen. Ich lächelte zurück, auch wenn ich mir sicher war, dass meine Augen nichts dergleichen widerspiegeln würden.

Ich hielt es nicht für nötig mich vorzustellen, mein Name war schließlich bei dem ›Gespräch‹ vorhin mindestens zweimal gefallen. Temari schien sich daran nicht zu stören, denn ihre Mundwinkel waren weiterhin leicht nach oben gezogen. »Also, was bringt dich dazu deinen Abend mit uns zu verbringen? Wer hat dich hierher geschleift?«, fragte sie mich freundlich, nachdem sie einmal genüsslich an ihrer Kippe gezogen hatte. »Naruto«, erwiderte ich kurz angebunden. »Was erzählst du da schon wieder? Ich hab dich überhaupt nicht hergeschliffen! Du bist freiwillig gekommen!«

»Wenn ich nein gesagt hätte, wärst du doch zu mir nach Hause gekommen, hättest mich geschultert und hierher getragen. Gib's zu«, sagte ich ruhig und wurde daraufhin entweder überrascht, ausdruckslos oder empört angesehen. Auf den Gesichtern von Ino, Suigetsu und Temari breitete sich beinahe zeitgleich ein Grinsen aus. »Was?! Das stimmt doch gar nicht! Du hast ein komplett falsches Bild von mir! Echt jetzt!«, regte sich Naruto wie schon im Proberaum auf. »Tja, da hast du ihn ja richtig gut eingeschätzt, auch wenn ich glaube, dass er dich eher hinter sich hergezogen als getragen hätte«, sagte Suigetsu, der neben mir stand, da die anderen sich so ausbreiteten, dass er keinen Platz mehr hatte. Auch Ino, Neji und seine Freundin Tenten, Temari und ich mussten uns wirklich zusammenquetschen, damit wir alle auf der Parkbank sitzen konnten. Das braunhaarige Mädchen schien es aber nicht wirklich zu stören halb auf dem Schoß ihres Freundes ruhen zu müssen.
 

Im Hintergrund regte sich Naruto immer noch darüber auf wie gemein in letzter Zeit alle immer zu ihm waren. Die andern schienen aber schon daran gewöhnt zu sein und ignorierten den Blondschopf ganz einfach. Ich versuchte es ihnen gleich zu tun, aber dieses penetrante Rumgeheule konnte man einfach nicht überhören. Plötzlich packte Sasuke sein Handgelenk, umschloss es fest und scheinbar auch nicht sonderlich sanft, denn schlagartig weiteten sich Narutos himmelblaue Augen. »Wenn du jetzt nicht gleich unverzüglich still bist, kannst du die nächsten Wochen nicht mehr so sorgenlos rumlaufen, sondern wirst mit diversen Verletzungen im Bett liegen, verstanden?« Sofort verstummten alle Gespräche und der Schwarzhaarige hatte die Aufmerksamkeit von jedem. Gespannt wartete ich Narutos Reaktion auf die geknurrten Worte ab, keiner der anderen Jungs schien eingreifen zu wollen. Es erschütterte mich irgendwie, dass Sasuke eine solch aggressive Seite hatte. Nachdem ich ihn heute beim Spielen erlebt, den beinahe weichen Gesichtsausdruck gesehen hatte, hatte ich nicht erwartet, dass er auch so sein konnte. Natürlich war er irgendwie kalt und abweisend, aber das konnten auch einfach Charakterzüge sein, die nichts mit Gewalt gemein hatten.

»Ist ja gut, ich halte schon meine Klappe. Aber lass, verdammt nochmal, deine Probleme mit Itachi nicht an mir aus! Was kann ich dafür, wenn du dir nicht helfen lässt?!«, schrie der Blondschopf wütend mitten in das Gesicht seines Freundes. Mit einem gezischten »Hn« ließ dieser das Handgelenk von Naruto los, riss Shikamaru, der neben ihm saß, die Wodkaflasche aus der Hand und nahm daraus einen kräftigen Schluck. »Ich frag mich echt, ob du jemals lernst dich zu entschuldigen und deine Fehler einsiehst«

»Naruto, lass gut sein. Er wird sich nicht ändern. Wenn er meint, mit Alk würde alles besser werden, soll er sich doch wieder volllaufen lassen«, sagte Suigetsu mit einem verbitterten Unterton in der Stimme und schaute währenddessen ununterbrochen Sasuke an, der so tat als würde er gar nicht mitbekommen, dass gerade über ihn gesprochen wurde.
 

»Mach dir keine Gedanken um ihn, das hat er immer, wenn er wieder mit seinem Bruder gestritten hat«

Trotz Inos Rat konnte ich nicht verhindern, dass ich anfing über die angespannte Situation zwischen Naruto und Sasuke nachzudenken. Ganz eindeutig war der Schwarzhaarige an der kleinen Auseinandersetzung schuld, er wirkte gereizt und irgendwie überfordert. Ja, das war nicht schwer zu erkennen, nur hatte ich keine Ahnung was der Grund dafür sein könnte. Anscheinend hatte dieser Itachi, vermutlich Sasukes Bruder, etwas damit zu tun.

»Aber lass deine verdammten Probleme mit Itachi nicht an mir aus...«, das hatte Naruto gesagt. Egal wie ich es drehte und wendete, die Sache ergab für mich einfach keinen Sinn, aber es ging mich ja sowieso nichts an. Viel wichtiger war auch darauf zu achten was der Blauäugige anstellte, der hatte nämlich vor wenigen Minuten damit angefangen einen der überfüllten Mülleimer mit seinen Füßen zu malträtieren und irgendwie sah alles danach aus, dass seine Aktion kein gutes Ende nehmen würde. Das Eisengestell wackelte bedenklich und immer wieder fiel überquellender Abfall zu Boden.

»Jetzt reiß dich mal zusammen, Naruto, das arme Teil kann doch auch nichts dafür«, versuchte Suigetsu den Blondschopf zu beruhigen, erzielte dabei aber eher den gegenteiligen Effekt, denn Naruto drehte sich ruckartig um, straffte seine nun viel breiter wirkenden Schultern und sagte mit unterdrückter Wut in der Stimme: »Ich soll mich zusammenreißen?! Ich bin nicht derjenige, der glaubt hier der Einzige zu sein, der Probleme hat. Ich meine schau uns doch mal an, kann irgendjemand hier sagen alles läuft super in seinem Leben? Wohl eher nicht! Gaara vertickt Drogen, hat mehrere Vorstrafen und ist mit seinem Vater auf Kriegsfuß, Inos Familie hat Probleme damit überhaupt irgendwie über die Runden zu kommen und der riesige Berg an Schulden macht es auch nicht wirklich besser, Neji ist ein halber Sklave seines Onkels und Lee kommt mit seiner eigenen Sexualität nicht zu recht! Und du! Du bist auch kein Stück besser dran, sag, wo willst du heute wieder schlafen, wo willst du hin, nachdem dich deine Mutter zum vierten Mal in Folge rausgeschmissen hat, ohne dir auch nur die Chance zu geben dich zu erklären?! Du verstehst was ich meine oder? Und der Idiot glaubt er sei hier der Ärmste, weil er keine Eltern mehr hat und sein Vater, als er noch gelebt hat, ein Arschloch war. Ja, verdammt nochmal, seine Familie ist tot, scheiße, meine auch, benehme ich mich deshalb SO?!« Heftig ein- und ausatmend stand Naruto vor uns. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und es schien als würden seine Augen gar nicht aufhören wollen Funken zu sprühen. Immer wieder durchrieselten Schauer seinen Körper, die selbst ich aus drei Metern Entfernung sah. Obwohl mich sein Verhalten für einen Augenblick verängstigt hatte, bewunderte ich den Blondschopf. Ich hatte nicht erwartet, dass solche Worte, solche Kräfte in ihm stecken würden. Er hatte keine Scheu davor etwas auszusprechen, über das andere vehement geschwiegen und weggesehen hätten. Er war stark, wollte einfach nur die Leute um ihn herum wachrütteln. So interpretierte zumindest ich seinen Ausbruch.
 

Es lag eine bedrückende Stille über uns und es schien als würde es nichts geben, das sie wieder vertreiben konnte. Unsicher sah ich zu Ino, sie war mit Naruto die Person mit der ich seit dem Umzug die meiste Zeit verbracht hatte, wie verhielt sie sich?

Die Blondine hatte ihren Kopf zur Seite gedreht und sah in Richtung Boden, ihr rechtes Bein hatte sie angewinkelt und dicht an ihren Körper gezogen, im Moment erschien sie schwächer als je zuvor. Mein Blick glitt weiter zu Lee, der unaufhörlich mit seinem Fuß auf den Boden tippte. Suigetsu stand wie erstarrt vor mir und sah ins Nichts, kein Ausdruck war in seinem Gesicht zu lesen. Ähnlich war es bei Neji, nur dass Tenten immer noch auf ihm saß und er ihre Taille fest mit seinen Armen umschlossen hielt. Gaara sah keinen von uns an, er hatte sich abgewandt und präsentierte uns seinen breiten Rücken.

Zögerlich wanderten meine Augen zu Sasuke und weiteten sich sofort. Sein Kiefer war angespannt und erschien härter als je zuvor, die rechte Hand hatte er so fest um den Hals der Wodkaflasche geschlungen, dass seine Knöchel selbst bei der Blässe seiner Haut weiß hervortraten und seine gesamte Haltung wirkte unglaublich verkrampft. Doch das was mich wirklich erschreckte war das Blut, das seine langen, dünnen Finger hinablief. Die linke Hand des Schwarzhaarigen war in seinen Nacken gekrallt und drückte sich so tief in sein Fleisch, dass immer mehr der roten Flüssigkeit aus der frischen Wunde trat. Er selbst jedoch schien es nicht einmal wirklich wahrzunehmen, sein Blick war in die Ferne gerichtet und in seinen Augen lag wieder dieser Ausdruck von vollkommener Leere.
 

Ich wusste nicht was ich tun sollte, ich wollte helfen, nur wie? Um Ino brauchte ich mich nicht zu kümmern, denn Temari tat dies bereits, Neji hatte seine Freundin und Lee hatte damit angefangen wie ein Verrückter den gepflasterten Weg entlang zu laufen und da konnte ich ganz einfach nicht mithalten. Zweifelnd entschied ich mich schließlich für Suigetsu, der sich noch immer keinen Millimeter bewegt hatte. Gaara, Naruto und Sasuke mussten mit sich selbst fertig werden, denn ich wusste, diese drei waren allesamt eine Nummer zu groß für mich.

Langsam erhob ich mich und ging die wenigen Schritte auf den Blauhaarigen zu. Er war mindestens fünfzehn Zentimeter größer als ich, trotzdem schaute ich ihm direkt in seine Augen. Ohne dass ich etwas anderes tat als ihn anzusehen, klärte sich allmählich sein Blick und ich hatte nicht mehr das Gefühl er würde durch mich hindurch sehen. »Ich weiß, das wird dir vermutlich nicht viel helfen, aber auch wenn wir uns noch nicht lange kennen, du kannst immer zu mir nach Hause kommen, wenn du nicht weißt wo du schlafen sollst, mein Vater wird sich zwar tierisch aufregen, aber das ist mir ehrlich gesagt egal«

»Das wird mir nicht viel helfen? Spinnst du? Danke, danke Sakura!«, erwiderte Suigetsu leise aber inbrünstig, nachdem er den Sinn hinter meinen geflüsterten Worten verstanden hatte. Unerwartet spürte ich zwei starke Arme, die sich fest um meinen Körper schlangen, und auch wenn es mir etwas unangenehm war, unternahm ich nichts gegen sie, sondern legte sogar meine Hände leicht auf den Rücken meines Gegenübers, denn ich wusste, er brauchte das und da musste ich mich selbst eben hinten anstellen. »Ich weiß, dass bei dir etwas nicht in Ordnung ist und du nicht darüber sprechen willst. Sollte sich das aber jemals ändern, bin ich jederzeit dazu bereit dir zuzuhören«, seine Stimme war so leise, dass ich fast nicht verstand was er sagte. Unwillkürlich fing ich an zu lächeln, es war das Selbe wie mit Ino, sie wollten beide für mich da sein, obwohl sie mich kein Stück kannten. »Danke«

»Kein Ding, komm wir kümmern uns jetzt um die zwei Trottel, die schuld an dem Ganzen hier sind«, entgegnete Suigetsu und ließ mich los, nur um kurz danach fortzufahren, »Ich knöpf mir mal Naruto vor und du übernimmst Sasuke, abgemacht?«

»Was? Ich? Alleine?!«

»Ja, du. Du packst das schon, eigentlich ist er nur ein kleiner Junge, der Aufmerksamkeit braucht. Und erwarte dir keine Hilfe von Shikamaru, kurz bevor ihr gekommen seid hat er nen Joint geraucht und ja, sein Geschwafel wird nicht wirklich nützlich sein« Der Versuch mich aufzubauen misslang leider kläglich und das Schupsen in Richtung des Schwarzhaarigen trug auch nicht zum Positiven bei. Wie sollte ich bitte nicht mit der Situation überfordert sein? Der Typ sah aus als würde er am liebsten auf etwas einschlagen und gleichzeitig seinen ganzen Schmerz in die Welt rausschreien, noch dazu blutete er nach wie vor und das nicht gerade wenig. Okay, das war etwas, das ich einigermaßen gut konnte. Ich würde mich als erstes einmal um seine Wunden kümmern und dann versuchen ihn wieder richtig wach zu kriegen. Der Plan war doch super, oder?
 

Verzweifelt sah mich die rothaarige Schnepfe an, als ich auch ohne Suigetsus Geschupse näher kam. Gott, sie kannte ihn doch länger als ich, außerdem war ich nicht diejenige, die ständig versuchte gut bei ihm anzukommen. »Am besten wird es wohl sein, wenn wir erst mal seine Finger von seinem Hals nehmen und in verarzten, vorausgesetzt er lässt sich anfassen«, sagte ich trotzdem freundlich. Karin sah mich immer noch überfordert an, ich ließ mich daran nicht stören und ging vor Sasuke in die Hocke. Das letzte Mal als ich vor einem Mann gekniet war, hatte das ganz andere Gründe...

Die Augen des Schwarzhaarigen waren immer noch leer und er starrte vor sich hin, gänzlich in einer anderen Welt. Nicht wissend ob ich ihn nun berühren sollte oder nicht hockte ich regungslos vor ihm und sah zu seinem Gesicht hoch. Mit leiser Stimme fing ich an eine beruhigende Melodie zu summen, auch wenn ich nicht wirklich glaubte, dass es half. Zögerlich hob ich meine Hand und legte sie auf seine Finger, die immer noch tief in seine Haut gekrallt waren. Nichts geschah. »Karin, nimm ihm die Flasche aus der Hand«, wies ich das Mädchen neben mir an. Vorsichtig fing ich an den verkrampften Zeigefinger aus der Wunde zu lösen. Ein kurzes Zucken durchfuhr ihn. Bevor er realisierte was gerade geschah, nahm ich schnell, aber trotzdem vorsichtig, seine restlichen Finger von seinem Hals und legte seine blutverschmierte Hand in seinen Schoß. Seine Hand ballte sich unverzüglich zur Faust, doch ansonsten gab es keine Reaktion von Sasuke. Mit einem kurzen Blick in sein Gesicht vergewisserte ich mich ob alles einigermaßen in Ordnung war und stellte dabei fest, dass sein Blick immer noch weit in der Ferne lag, in einer Welt wo niemand außer ihm Zutritt hatte. »Karin, könntest du etwas von dem Wodka auf ein Taschentuch tun und es mir dann geben? Ist zwar kein Desinfektionsmittel, aber besser als nichts« Unverzüglich wurde mir das gewünschte gereicht. Unglaublich, die Rothaarige konnte direkt nett sein. Wenn sie immer so wäre, könnte ich mir sogar vorstellen sie ein kleines bisschen zu mögen.
 

Behutsam fing ich an die Wunde abzutupfen und zu säubern. Wie schaffte man sowas eigentlich? Sasukes Fingernägel waren vermutlich Klauen und er musste eine wahnsinns Kraft in die kleine Bewegung reingesteckt haben. Leicht schüttelte ich den Kopf. »Was machst du nur?«, sagte ich leise mehr zu mir selbst als zu irgendjemand anderen. »Das Selbe wie du. Oder sind Narben neuerdings ein Modetrend?« Meine Atmung beschleunigte sich und sofort blickte ich hoch in Sasukes Gesicht. Seine Augen fixierten mich, doch nichts blitzte in ihnen auf, kein Funken Interesse oder Neugier, nichts, nicht einmal Hass. Diese dunkelblauen Iriden waren ausdruckslos, schienen zur selben Zeit stumpf als auch völlig klar zu sein.

»Nein, sind sie nicht«, meinte ich mit einer gefühlten Stunde Verspätung. Verunsichert fuhr ich damit fort mit dem alkoholdurchtränkten Tuch über die fünf Schnitte zu streichen und achtete dabei darauf, dass meine Finger nicht mit seiner Haut in Kontakt kamen. »Das reicht, hör auf« Schweigend nickte ich und richtete meinen Körper auf, der Moment kam mir so unwirklich vor. »Drück ein frisches Taschentuch darauf und die Blutung müsste bald von selbst stoppen«, riet ich dem Schwarzhaarigen ohne ihn wirklich anzusehen, viel eher ruhte mein Blick auf dem erleichtert wirkenden Mädchen neben ihm. Sie hätte doch eigentlich selbst auf die Idee kommen müssen am besten mal das Blut wegzuwischen, aber naja, scheinbar nicht.

»Karin« Dieser Befehlston widerte mich an, dennoch hielt ich meine Klappe, es würde sowieso nichts bringen.

»Hier, ich hab noch welche, sollte eines nicht reichen. Ach, Sasuke, ich bin so froh, dass es dir gut geht. Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Narben sind zwar heiß, aber zu viele sind echt abtörnend« Fassungslos sah ich die Rothaarige an. Ging's ihr eigentlich noch gut? Die psychische Verfassung dieses Mannes war im Arsch und sie machte sich sorgen darüber, dass er sie irgendwann nicht mehr antörnen konnte? Hallo?

»Mund zu, Pinky«

»Sag mal, sind bei deiner fünfunddreißigsten Schönheits-OP vielleicht Fehler unterlaufen und dein Hirn wurde nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt oder warst du schon immer so oberflächlich und dumm?«, zickte ich Arielle für Arme an. In solchen Momenten liebte es die alte Sakura aus ihrem Versteck zu kriechen und einen auf cool zu machen.

»Hey, du kleines Flittchen, du hast hier gar nichts zu melden. Merk dir das!«

Kurz schüttelte ich meinen Kopf und wand mich ab, mit der wollte ich mich ganz sicher nicht weiter befassen. Mein Blick glitt zu Naruto, der schon wieder sein gewohntes Grinsen auf den Lippen hatte, auch wenn es irgendwie aufgesetzt wirkte, er schien sich wieder eingermaßen beruhigt zu haben. Um einiges entspannter als noch vor wenigen Minuten ließ ich mich wieder auf der Parkbank nieder. Nur noch Neji und Tenten saßen darauf, Temari war bei ihrem Bruder und hatte Ino mit sich genommen. Diese schien sich nicht ganz sicher zu sein, ob sie die Situation mögen sollte oder nicht, denn ihre Augen funkelten zwar, aber ihre Augenbrauen waren zusammengezogen und sie wirkte angespannt. Gaara war ihr wohl wirklich nicht so egal wie er es eigentlich sein sollte.
 

Müde legte ich meinen Kopf in den Nacken. Schon wieder war der Tag so unglaublich lange. Wo war mein ruhiges Wochenende, mein entspannender Freitagnachmittag? Auf jeden Fall nicht hier.

Kurz flackerten die Straßenlaternen, die in einem Abstand von zehn Metern aneinandergereiht waren, bevor sie den Park gänzlich erhellten und alles nicht mehr so düster wirken ließen.

Niemals hatte ich erwartet, dass der heutige Tag so viel für mich bereithalten würde, erst die atemberaubenden Fähigkeiten von Naruto und Sasuke, und jetzt auch noch die vielen neuen Informationen über die Leute mit denen ich meine Zeit verbrachte. Ich wusste jetzt schon, dass das alles noch ewig in meinem Kopf herumspuken würde. Es war eindeutig doch keine gute Idee mit in den Park zu kommen. Tja, das hätte ich leider schon vorhin wissen sollen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (51)
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Von:  BloodxCherry
2016-05-25T10:55:22+00:00 25.05.2016 12:55
Echt klasse ff .
Es wäre toll wenn du schnell weiterschreibts
😌😄😄📝
Von:  Schreibfeder
2015-06-09T20:25:30+00:00 09.06.2015 22:25
Dein Schreibstil ist echt gut und ich wurde mich freuen, wenn du weiter schreibst.
Ich finde deine Story echt genial und es ist toll, dass du Probleme aufgreifst.
Liebe Grüße,
Madline
Von:  A-materasu
2014-04-12T10:52:27+00:00 12.04.2014 12:52
Oh gott, deine Fanfiktion .... ich liebe sie. ;w;
Du hast einen hammer Schreibstil, und die passende Dialoge. Besonders die Charaktere gefallen mir, und ... Sasuke mit Lippenpiercing ... heißer geht's nicht. o////o
Ich will unbedingt wissen, wie es weiter geht. :(
Es wäre nämlich viel zu schade, wenn diese Ff nicht mehr weiter geht. :/



Von:  TayaUchiha
2013-02-04T14:18:27+00:00 04.02.2013 15:18
Hammer geile story!!
Macht verdammt suechtig
schreib bitte schnell weiter

glg
Von:  Ushia-sama2011
2012-10-17T16:54:43+00:00 17.10.2012 18:54
hammer deine ff

Von:  Kayurinya
2012-10-14T19:32:19+00:00 14.10.2012 21:32
Oh man... Jetzt bin ich am aktuellen Kapitel und möchte WEITERLESEN!
Zackig an die Tastatur und tippen!

Das Sasuke auf die Narben an Sakuras Handgelenk eingeht fand ich schon passend. Aber irgendwie auch... Komisch. Naja.
Da ist noch ausreichend Klärungsbedarf!

Freu mich aufs nächste Kapitel!
Von:  Kayurinya
2012-10-14T19:12:42+00:00 14.10.2012 21:12
Bin zu gespannt wies weiter geht, um ein ordentlichen Kommi zu hinterlassen!
Von:  Kayurinya
2012-10-14T18:49:37+00:00 14.10.2012 20:49
Urgs... Irgendwie ja cool...^^

Sai soll bei nem Autounfall verrecken...
Es gibt schon genügend Arschlöcher...
Und der Vater erst... Boooaaahh...
Der ist mega dreist!! Nieder mit ihm!!!
Von:  Kayurinya
2012-10-14T18:35:28+00:00 14.10.2012 20:35
Sag mal, hast du den Kram studiert?
Ich meine ja so viel hab ich in einer FF noch nie gelernt (auch wenn ich eher Inos Meinung vertrete *hust* ich durfte damals nicht *hust*)

Naja... Ich les mal weiter^^
Von:  Kayurinya
2012-10-14T18:18:23+00:00 14.10.2012 20:18
Leider kenne ich "Stolz und Vorurteil" nicht. (Schlagt mich nicht!!)
Bei der Musik, die ich früher auch mal geil fand, kann ich nur Inos Meinung vertreten... Urgs...

Aber das Mit der hohen Stirn ;D Klassiker!!
Ich mag Ino!


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