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Kann das nur ein Traum sein?

Oder gibt es solche Phänomene?
von

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Sie sitzt in einem der Räume für kurze Vorträge. Es sind nicht allzu viele Leute anwesend, doch sie notiert sich die Fragen und Antworten, die wie ein Ball beim Spiel hin und her gehen. Ihre langen, bräunlichen Haare sind zu einer schlichten Frisur zusammengesteckt, doch eine Strähne ringelt sich vor ihren Augen herab, die sie wieder und wieder hinter das Ohr streicht.
 

Lächelnd blickt sie auf, sieht zu dem Mann auf dem Podium, der die Fragen beantwortet. Er ist schlank, wodurch er größer wirkt als er ist. Die blondierten Haare haben einen sehr dunklen Ansatz und die Sonnenbrille ist offenbar nicht angepasst, sondern rutscht immer wieder über die Nase nach unten, so dass er sie konstant hochschiebt. Er wirkt irgendwie verloren auf der Bühne, die wohl auch für die anderen geplant gewesen ist.
 

„Ich hoffe, dass wir bald wieder touren können“, antwortet er gerade. Sein Englisch hat einen unverkennbar japanischen Akzent, auch wenn er schon sehr lange mit US-Amerikanern zusammenarbeitet. „Unsere letzte Welttournee hat uns allen sehr viel Spaß gemacht.“
 

„Auch mit den Verletzungen?“, ruft sie über die Menge. Ihr Akzent ist nicht so stark wie der von anderen Reportern, was ihn unwillkürlich schmunzeln lässt.
 

„Das gehört wohl dazu.“ Er legt das Mikrofon zur Seite und verbeugt sich, ehe er winkend von der Tribüne steigt und durch die kleine Tür verschwindet, bei der man sehr genau sieht, dass er kleiner ist als er wirkt. Er sinkt auf dem Sofa zusammen und gönnt sich einen großen Schluck aus dem Glas. Ein Erdbeershake. Er hätte Schokolade vorgezogen, aber da es nicht gerade kalt war, kam der gekühlte Shake gerade recht.
 

„Vielen Dank, Yoshiki!“ Dieser Mann ist ihm zu aufgedreht, aber er ist hier für die Koordination verantwortlich.
 

‚Dieses Mal‘, denkt sich Yoshiki. Er hätte lieber jemanden, der ruhiger ist. Nicht so aufgedreht und vor allem: nicht so schwul und eindeutig an ihm interessiert.
 

„Gern. Mein Taxi kommt in einer halben Stunde?“
 

„Rufe es sofort her.“ Eilig verschwindet der schwule Koordinator, der wohl auch für den Erdbeershake verantwortlich ist. Eigentlich sollte man erwarten, dass der andere wisse, was er am liebsten mag. So steht Yoshiki nur auf und betrachtet die leichte Brise, in der die Bäume ihre Blätter säuseln lassen.
 


 

Im Presseraum sind die meisten Reporter schon verschwunden. Sie haben fast alle nur ein paar Fotos geschossen und das Interview aufgenommen. Die junge Frau packt ihre Sachen zusammen. Das Diktiergerät, der Block mit den Notizen, die Stifte. Durch den Block ist die Tasche von ihr deutlich größer als die der anderen. Sie trinkt noch ihr Wasser aus, sieht sich um, ob sie nichts vergessen hat und wendet sich dann zur Tür. Unwillkürlich fragt sie sich, wie man nach so vielen Jahren im Showbiz noch immer so nervös sein kann bei einem Interview. Die Fragen waren die üblichen gewesen, die Runde der Journalisten und Reporter recht klein. Zumindest waren auch ein paar ernstzunehmende Musikzeitschriften vertreten gewesen.
 

„Dann mal auf“, gibt sie sich selbst den letzten Stoß, um aus dem Gebäude zu treten. Am liebsten würde sie bleiben, sich normal mit ihm unterhalten. Einfach nur mit dem Menschen hinter dem Musiker reden. Es wäre sicherlich interessant, was er über seine Mutter denkt, was genau ihn so antreibt, ob er Pata nicht mal gern seinen Alkohol verbieten würde.
 


 

Yoshiki unterdessen zieht es förmlich nach draußen.
 

„Ich geh mal raus!“ An dem Gebäude ist ein winziger Park angeschlossen und die Reporter hat er schon weggehen sehen. Außerdem entkommt er so dem aufdringlichen Jungen, der wirklich alles versucht, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
 

„Es könnten Ihnen Fans auflauern“, gibt der auch sofort zu bedenken.
 

„Ich habe schon Fans gehabt, da hast du noch in den Windeln gelegen.“ Damit stapft der Musiker aus dem Raum. Fans kannte er. Die konnte er abwimmeln, wenn er wollte. Solche fanatischen Phantasten wie den Koordinator fand er deutlich nerviger.
 

Die Treppe hinunter und endlich konnte er frei durchatmen. Lächelnd schließt er die Augen, breitet die Arme aus und stößt gegen etwas. Er hat doch nichts gesehen! Erschrocken dreht er sich deswegen um und sieht eine junge Frau am Boden sitzen, die sich ihre scheinbar schmerzende Nase hält.
 

„Gut getroffen“, nuschelt die auf Englisch, daher entschuldigt er sich sofort.
 

„Es tut mir so leid! Ich habe Sie gar nicht gesehen und…“
 

Sie lacht leise und rappelt sich auf.
 

„Schon okay. Mein Bruder war nicht immer so sanft mit mir. Ist noch alles dran.“ Bei Yoshikis entgeistertem Blick lacht sie lauter. „Es ist wirklich alles okay. Solang mein Diktiergerät jetzt nicht kaputt ist.“ Sie holt es aus der Tasche und spult kurz zurück, um es dann abzuspielen. „Ein Glück, alles noch da.“
 

Unsicher und irritiert verfolgt Yoshiki das Geschehen, hört seine Stimme auf dem Band und starrt die Frau an.
 

„Sie waren eben auch auf der Konferenz?“
 

„Ja. Ziemlich weit hinten. Wundert mich nicht, dass Sie mich nicht gesehen haben.“ Sie lächelt und er fragt sich, warum es so anders klingt.
 

„Sie haben wegen den Verletzungen gefragt, oder?“, kommt ihm die Erleuchtung, wer sie ist. Die Stimme ist hängengeblieben.
 

„Ja, habe ich“, sie streicht sich die widerspenstige Strähne zurück. „Ein paar der Kratzer sahen auf den Fotos ziemlich heftig aus.“
 

„Man lebt damit.“ Er zuckt die Schultern und zieht eine Augenbraue hoch, als sie auf die Uhr sieht. „Halte ich Sie auf?“
 

„Nein. Mein Bus ist jetzt schon weg. Ich habe alle Zeit der Welt.“
 

Yoshiki geht auf, dass sie beide Japanisch sprechen. Deswegen klang es so anders. Sie hat einen leichten Akzent. Nicht so schlimm wie er ihn schon oft gehört hat.
 

„Wegen mir?“
 

„Nein. Ich habe beim Zusammenpacken zu lange getrödelt.“ Trotzdem scheint sie unruhig. „Ich könnte nur mal frühstücken.“
 

Jetzt fällt Yoshikis Blick auf seine Uhr.
 

„Frühstücken? Um fast zwei Uhr nachmittags?“ Aber er hat auch Hunger. Die Zeit war knapp und er hat nur ein paar Kekse gegessen. Außerdem konnte er viel zu viel nicht zuordnen und war ein wenig skeptisch.
 

„Ich habe verschlafen und wäre nicht rechtzeitig gekommen. Also ja. Frühstück.“ Sie kichert ein wenig albern. „Man könnte es auch Spätstück nennen.“
 

Verwirrt starrt er sie an. Den Witz hat er nicht verstanden. Aber sie ist ihm deutlich lieber als der Kerl, der für die Koordination zuständig ist. Vielleicht sollte er sie einfach zum Essen einladen? Gesagt, getan. Kurz eine Nachricht noch an den Typen geschickt und er schließt sich ihr an, als sie direkt den nächsten Bäcker ansteuert.
 

„Wollen Sie auch probieren?“, fragt sie und deutet auf die Auswahl. Es gibt Brot, Brötchen, mehrere Kuchen, Gebäck, das Yoshiki nicht zuordnen kann.
 

„Was ist das denn?“
 

„Deutsches Gebäck.“ Sie bestellt einfach eine größere Auswahl und zieht den perplexen Musiker zu einem der Tische. „Sie bringen es gleich her. Was möchten Sie trinken? Tee, Kaffee“, sie legt eine Kunstpause ein, „oder doch lieber heiße Schokolade?“
 

Er gibt sich geschlagen. Sie ist besser informiert als der Knilch, der ihn auf dem Handy zu erreichen versucht. Yoshiki ignoriert das jedoch gekonnt und bittet um die Schokolade. Es ist eine große Tasse, obendrauf schwimmt ein Sahnehäubchen. Als er davon trinkt, verbrennt er sich die Zunge und rührt dann lieber das Häubchen unter die Schokolade, damit diese besser auskühlen kann. Unterdessen erklärt seine Begleitung ihm, was da vor ihm steht. Es sind vier unterschiedliche Gebäckarten. Zwei kann er als Kuchen identifizieren. Der eine ist mit einer Zitronencreme gefüllt, der andere mit Beeren. Dann gibt es noch etwas, das sie als ‚Quarkbällchen‘ bezeichnet und einen ‚Blätterteig‘.
 


 

Sie scherzen und Yoshiki bekommt eine Visitenkarte zugeschoben, als sie sich verabschiedet. Er könne sich ja melden, wenn etwas wäre. Neugierig liest er sie. Sie hat ihn eingeladen, er musste nichts zahlen. Sehr interessant.
 


 


 

Ein Klingeln lässt Yoshiki blinzeln. Er liegt in seinem Bett in L.A. identifiziert mühsam das Klingeln als sein Handy.
 

„Hallo?“
 

„Hallo Schlafmütze! Kommst du nicht ins Studio?“
 

„Mach mich schon fertig, Toshi.“ Gähnend steht Yoshiki auf, notiert sich die E-Mail-Adresse aus dem Traum. Er möchte noch etwas nachdenken. Vielleicht nachforschen, ob die Adresse existiert. Die Unterhaltung mit der Frau war irgendwie ungezwungen, daher reizt es ihn schon, herauszufinden, ob die Adresse existiert und die Frau so ist wie in seinem Traum. Doch das musste warten. Toshi saß vermutlich schon im Studio.



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