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Rikou

von

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Hintergrunddaten und ein Wiedersehen

Es war einige Tage später, dass ich mich vor einer großen leeren Wand wiederfand, auf der eigentlich die Ergebnisse der Prüfung vermerkt worden sein sollten. Ich fand auch allerhand dieser Art, aber leider nicht das Gesuchte. Es fiel mir nicht schwer zu erraten woran es liegen mochte.

Noch am gleichen Abend der Prüfung, in der ich mich auf das Bett meiner kleinen Wohnung geschmissen hatte, war mir klar geworden, dass es mit der Schikane noch lange nicht vorbei gewesen sein würde. Meiner Familie hatte ich an diesem Tag nur kurz gesagt, dass sie sich keine Gedanken machen brauchten und ich auf jeden Fall in die Universität aufgenommen werden würde.

Und genau das hatte ich auch vor. Gleichzeitig tat mir jedoch der Kopf allein vom ganzen Überlegen schon weh. Ich betrat hier unbekanntes Terrain. Nicht, dass ich es früher nicht schon gewagt hätte einen Fuß darauf zu setzen, um auszutesten, wo die Grenzen gesetzt waren, aber jetzt würde ich gezwungen sein mich gänzlich über diese Linie hinwegzusetzen.

Ich fühlte mich wie ein Ziel, dass nicht mal hinter einem Busch Schutz suchen könnte.

Aber zu anderen Dinge, die ich nicht als minder wichtig betrachte. Sollte dieses Buch jemals in andere Hände gelangen als jenen, die es zweifellos so schnell wie möglich los werden wollen würden, müsste ich ein paar Dinge erklären, um begreiflich zu machen, in was für einer Situation ich mich befinde, oder genauer: Wo ich lebe. Wann ich lebe. Und unter welchem System ich versuche mich zu behaupten.

Zweifellos ist dies unerlässlich, wenn man überhaupt eine Chance haben will zu verstehen, was ich hier niederschreibe. So lasst es mich kurz erklären.
 

Für solche, denen die Industrie nicht fremd ist und die mit dem Begriff der Verstädterung, sozialen Krise und Industrialisierung etwas anfangen können, möchte ich sagen, dass es sich nicht wirklich lohnt an folgender Stelle weiter zu lesen, denn es würde sich nur um Definitionen handeln, die sowieso weithin bekannt sein dürften.

An alle anderen, möchte ich folgende Worte richten:

Die Welt in der ich lebe ist zersplittert und uneins. Die Königreiche der alten Tage sind aufgelöst und an ihre Stelle sind Industriemagnaten und große wirtschaftliche Konzerne getreten. In den Städten herrscht ein unverhältnismäßig ausgeprägtes Wachstum vor, welches besonders sozial schwache Bevölkerungsgruppen hart trifft.

Im konkreten Fall meiner Heimatstadt Icewind, heißt dies den fortschreitenden Trend von Hochbauten, mit teilweise an die fünfzig Stockwerken. Allerdings sind diese keinesfalls als Architektonische Augenweiden zu bezeichnen. Ich würde sie eher als Blechbauten beschreiben an denen sich Kilometer von Rohren und Leitungen hinauf schlängeln, die mit ihren zahl-reichen undichten Stellen für einen konstanten weißen Schleier in der Stadt sorgen. Eigentlich ist dieser eher grau, denn er mischt sich mit dem Smog der Industrieanlagen, denen Begriffe wie Filter, obwohl bereits erste Erfolge mit ihnen erzielt wurden, immer noch fremd sind.

Tür an Tür mit diesen Stahlmonstern lebt die untere Bevölkerungsschicht, zu der ich auch mich selber zähle. Manche von uns sehen in ihren Häusern nie das Tageslicht, weil sie umringt von Hochbauten sind. Andere wiederum haben keine Fenster durch die überhaupt Licht fallen könnte.

Familien mit bis zu acht Kindern drängen sich auf engstem Raum und Krankheiten können sich fast ungehindert ausbreiten. Es ist ein Elend. Ich bin sicher, würde man über ausreichend fließendes Wasser verfügen würde sich zumindest diese Problematik eindämmen lassen.

Weit weg von diesem Elend, abgeschottet in höher gelegenen Regionen der Stadt, die zumindest ab und an aus dem Dunst auftauchen, liegen die Häuser der Reichen. Über sie lässt sich nicht viel Lohnenswertes berichten. Ich bin sicher äquivalente Prachtbauten mit dem Hang zur Verschwendung finden sich in allen Epochen.

Die Natur ist aus der Stadt verbannt. Allerdings gibt es um die Stadt Icewind auch nur weite Tundrenebenen, die fast das ganze Jahr mit Schnee bedeckt sind, bis auf einen kurzen Sommer. Der Hafen der Stadt ist auch nur zu dieser Jahreszeit ohne Eisbrecher zu erreichen.

Nun könnte man zu der Frage gelangen, was für eine bedeutende Industrie in der Stadt vorhanden ist, dass dieser Standort es trotzdem zu einem ansehnlichen Reichtum gebracht hat.

Es gibt hier Schmelzöfen, Eisen- und Stahlherstellung und eine durchaus weit entwickelte Waffentechnologie. An neuen Inventionen mangelt es hier aufgrund der Universität nicht. Und noch etwas anderes hat diese Stadt reich gemacht, aber das werde ich an dieser Stelle nicht erwähnen. Es reicht, wenn unsere Generation diesen Fehler begeht.
 

Ihr seht also, meine Stadt ist kalt, trist und überall, egal wo man hingeht, wird man begleitet von rumpelnden und Dampf speienden Leitungen. Wirklich zur Ruhe kommen kann man hier nicht.

Warum also bleibe ich hier, wenn ich offensichtlich ein recht negatives Bild von dieser Stadt habe?

Ganz einfach. Ich kann meine Familie nicht im Stich lassen und auch nicht die anderen Menschen, die ich seit meiner Kindheit kenne. Ich hoffe ich muss niemandem den Wert von Freundschaft und Solidarität erklären. Es mag die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer werden, aber zumindest die Arbeiter haben nicht vergessen was für Werte außer Geld und Macht es sonst noch auf der Welt gibt.

Wir werden es nie schaffen uns gegen die Oberen zur Wehr zu setzen, wenn wir nicht über ausreichend Bildung verfügen und meine momentane Lage ist nur ein weiterer Beweis dafür, dass man uns diese um jeden Preis verwehren will. Sie haben begriffen, dass sie zahlenmäßig unterlegen sind, auch wenn die Polizei auf ihrer Seite steht.

Ich bemerkte zuerst nicht, wie sich jemand durchaus bekanntes an mich heran schlich und seine Hand sacht und völlig unerwartet auf meine Schulter legte. Ich wäre erschrocken, hätten mich jene undefinierbaren blauen Augen nicht wieder in Beschlag genommen.

Ganz recht. Wir trafen uns vor der leeren Wand wieder, auch wenn es sehr unwahrscheinlich gewesen war, dass sich zwei der knapp 300.000 Menschen der Stadt genau hier und jetzt treffen würden.

Er stellte sich als Hajime vor. Allerdings bin ich mir immer noch nicht sicher, ob es klug ist ihm zu vertrauen. Glaube ich ihm, kommt er aus den südlichen Randgebieten und ist mit seiner Familie bereits seit Generationen hier.

Doch wie sagt man so schön. Der Feind meines Feindes ist mein Freund, oder zumindest ein Verbündeter bis das gemeinsame Ziel erreicht ist. Er versicherte mir einen Weg zu kennen, damit wir an unsere angestammten Plätze in der Universität kommen. Ich gespannt, was er mir zu berichten wird, denn wir trennten uns nur Augenblicke später wieder.

Es gäbe noch etwas Dringendes zu erledigen. Fragt sich nur was das sein könnte. Bis zum Einschreibeschluss sind es nur noch ein paar Tage und hat man vor sich einzuschreiben ist es verpflichtend einen Nachweis über die bestandene Aufnahmeprüfung vorzuzeigen. Ich kann nur hoffen, dass wir bis dahin eine Lösung gefunden haben werden.
 

P.s.: Es mag auffallen, dass ich für die Abschnitte Überschriften wähle. Es erscheint mir sinniger als ein Datumssystem, dass unter Umständen in einiger Zeit nicht mehr bekannt sein könnte. So fällt es leichter Inhalte wieder zu finden.
 

Rikou



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sencha
2012-06-15T18:56:51+00:00 15.06.2012 20:56
Bin zwar noch nicht fertig, aber ich wollte einfach mal erwähnen, dass ich ihren sachlichen, harten Ton sehr mag mit der sie ihre Stadt so plastisch beschreibt, dass sie einem förmlich vor Augen steht!
Waffenproduktion also, und das ist nur das weniger Schlimme! Deine Gesellschaftskritik wird sehr deutlich, gefällt mir^^


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