Zum Inhalt der Seite

Der Weihnachtsglaube

Glaubt heutzutage noch jemand an ihm?
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Nervös tippte Max von einem Fuß auf den anderen. Er hoffte inständig, dass seine Mutter ihn im Einkaufsgedränge nicht verloren hat. Stehen wurde seinen Füßen inzwischen zu anstrengend, also saß er sich auf den Fließboden hin. Es war die anstrengende Zeit vor Weihnachten, wo alle Leute durch die Kaufhäuser ziehen und wahnsinnig viel Stress wegen bunt verpackten Zeug machten.
 

Die Minuten verstrichen und es wurde allmählich spät – dann begann er zu weinen. Er wollte einfach nur noch nach Hause! Seine Mutter hatte ihm doch fest versprochen, vor acht Uhr zurück zu sein! Schluchzend wischte er sich die Nase mit seinem Ärmel ab. Wenn sie eh so lange braucht, dachte sich der Junge, dann macht es wohl nichts aus, wenn ich mich hier ein wenig umsehe.
 

Alles war prächtig in rot-weiß geschmückt sowie die mit Lametta und Christbaumkugeln verzierten Tannenbäume in allen Farben. Die Regale waren voll von Spielzeug aller Art: Puppen, Feuerwehrautos oder Elchplüschtieren. So sehr er die Weihnachtszeit hasste, wünschte er sich nichts mehr als all diese wunderbaren Geschenke unter ihren Weihnachtsbaum.

Während Max sich vorstellte, mit den Feuerwehrautos brennende Häuser zu löschen, holte das begeisterte Kreischen lachender Kinder ihn aus seinen Tagträumen heraus. Ein als Weihnachtsmann verkleideter Mann verstreute Süßigkeiten in alle Richtungen. Seine Mutter hatte ihm ausdrücklich gesagt, er sollte keine Sachen von fremden Leuten, dennoch warf er einen neidischen Blick auf die fröhlichen Kinder mit ihren Bonbons in den Händen zu, bevor er weiterging.
 

Er bog in die Adventsschokoladenabteilung ab. Es war zwar nur Schokolade, aber sie sahen alle durchaus interessant verpackt aus – entweder in Weihnachtsmännern, Rentieren oder lila Schneehasen.
 

Ein Teil war seltsamerweise komplett menschenleer. Kein Wunder, dachte sich der Junge, hier gibt es nur Nüsse und Mandarinen. Gerade, als er die Abteilung wieder verlassen wollte, bemerkte er einen alten Mann in einer verlassenen Ecke. Er trug einen weißen Mantel und eine ebenfalls weiße, seltsam geformte Bischofsmütze mit einem goldenen Kreuz als Verzierung. Er wirkte einsam, aber irgendwie nicht traurig. Max überlegte, ob er auf ihn zugehen sollte oder nicht. Schließlich entschied er sich doch, ihn anzusprechen.
 

„Hallo, alter Mann? Was machst du da ganz alleine?“, fragte er.

„Aussterben.“

„Aussterben? Warum Aussterben? Du lebst doch noch.“

Sein Blick blieb gesenkt. „Weil keiner mehr an mich glaubt.“, sagte er knapp, die Augen weiterhin gesenkt.

Jetzt war der Kleine komplett verwirrt. „Warum sollten sie denn an dich glauben? Wer bist du überhaupt?“

Anstatt zu antworten, drehte der Mann sich um, nahm ein paar Nüsse in seine Hand und reichte sie dem Jungen. „Nimm die.“

Mit leicht rötlichem Gesicht zögerte der Junge. Er erinnerte sich wieder an die Warnung seiner Mutter. Aber als er die Augen des alten Mannes sah, nahm er nichts Fremdes mehr wahr. Er fühlte sich sogar schon sehr vertraut mit ihm, betrachtete die Nüsse noch einmal genauer und ehe er sich es bewusst war, schlang er sie in Sekunden herunter. Sie schmeckten ein wenig trocken, aber er mochte den salzigen Geschmack.

„Schmeckt's?“, fragte der alte Mann, diesmal lächelnd.

Der Jungen nickte. „Aber sag mal, warum teilst du denn Nüsse mit mir?“

Der Mann räusperte sich. „Damals“, begann er, „an jedem Anfang des Winter, zog ich durch die schweigend stillen Häuser. Die braven Kinder mit gutem Herzen bekamen reichlich an Nüssen und Mandarinen, die bösen jedoch eine Klatsche von der Rute.“

„Heißt das also ich war kein böses Kind?“, verwundert blickte das Kind auf.

Der Mann seufzte. „Allein deine Großzügigkeit, dir ein wenig Zeit zu nehmen für deinen netten Besuch und dein gutes Ohr hast du dir diese Nüsse verdient. Ich bin froh, dass wenigstens noch ein Kind mich besuchte, bevor ich aussterben werde.“

Protestierend sprang das Kind auf. „Aber das stimmt doch gar nicht! Du wirst nicht aussterben! Du bist doch der Nikolaus, nicht wahr? Mama kennt dich, Papa kennt dich und wenn ich an dich glaube, dann werden es andere wohl auch tun!“

Den Tränen nahe sah er ihn fest an. Beide schwiegen für einen Moment. „Wie heißt du denn?“, fragte er mit freundlicher Stimme.

Verlegen sah er zum Boden. „M-Max.“

Auf seinem erschlafften Gesicht war ein herziges Lächeln zu sehen. „Du bist ein gutes Kind, Max.“

„Danke.“, flüsterte er stotternd.

Von weit weg hörte er die aufgeregte Stimme seiner Mutter, die nach seinem Namen rief.

„Am besten, du gehst jetzt gleich zu ihr.“, riet ihm der Nikolaus. Nickend verließ Max den Gang und umarmte seine erleichterte Mutter am Ausgang. Während sie ihn schimpfte, er sollte gefälligst stehen bleiben, wenn sie ihn darum betete, blickte er noch einmal in die kleine Ecke zurück – aber der Nikolaus war nicht mehr da.

„Er wird doch wohl nicht ausgestorben sein?“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück