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Schneestürme aus der Hölle

ehemals 'Sie können dich zerbrechen'
von

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Ein Herz und eine handvoll Asche

„Es tut mir leid, wenn ich Sie in dieser Hinsicht enttäuschen muss, doch Michael-Sama ist momentan leider nicht zuhause.“

„Ach..“ Die ungewohnte Redseligkeit Camaels hatte Raphaels Aufmerksamkeit vollkommen auf sich gezogen; irgendwie konnte er sich nicht damit anfreunden, dass der Mann aus Metall mehr als drei Sätze gefahrenfrei aneinanderreihte und ihm in der Zeit nicht die Möglichkeit gab, sein eigenes Lebenskonzept komplett zu überdenken.

Langsam fing er sich wieder, blickte in das eine Auge, welches der Engel vor ihm noch besaß. „Und dürfte ich erfahren, wo er sich befindet oder obliegt dies strengster militärischer Geheimhaltung?“ Er musste über diese eigene Frechheit schmunzeln, jedoch zeigte sich wie auch sonst keine Gefühlsregung im Gesicht des Beraters, welcher gestrafften Körpers vor Raphael stand; schon seit dessen Ankunft, denn so wurde er empfangen.
 

„Bedauerlicher Weise ist mir Michael-Samas Aufenthaltsort nicht bekannt.“

Dann wird er jagen gegangen sein zählte Raphael die Fakten zusammen und zuckte die Schultern, seufzte ergeben. „Gut, sollte er wieder hier auftauchen, richte ihm bitte aus, dass ich ihn besuchen wollte. Unverbindlich.“

„Ich werde es übermitteln.“

„Was genau?“

„Dass Ihr ihn zu besuchen begehrt habt.“

„Unverbindlich.“

„Unverbindlich. Sie wünschten ihn unverbindlich zu besuchen“, wiederholte Camael gehorsam und erntete ein Nicken von Raphael. Dieser drehte sich wieder, spannte die Flügel und setzte zum Abflug an, doch da räusperte sich jemand hinter ihm. Erst war er von diesem Geräusch derart irritiert, dass er in der Position verharrte, die er gerade angenommen hatte – gebeugte Knie, um sich abstoßen zu können – doch dann wurde ihm klar, dass nur Camael dieses undisziplinierte Geräusch hatte von sich geben können.

„Es ist eigenartig“, setzte er an und zog damit wieder die geballte Aufmerksamkeit des Heilers auf sich, welcher die Flügel wieder einzog und sich zu ihm drehte.
 

„Wovon redest du?“ Im Gesicht des eisernen Mannes erschien so etwas wie eine gerunzelte Stirn; zumindest sollte es eine werden, doch entweder machten ihm die vielen Ersatzteile diese einfache Regung schlichtweg nicht möglich oder aber er hatte verlernt, einen eigenen Willen zu besitzen. Bei dem Chef würde mich das nicht wundern.

„Ich maße es mir nicht an, das Verhalten Michael-Samas in Frage zu stellen, ich habe ihm Treue geschworen und…“

„Was ist eigenartig? Er wird von mir schon nichts erfahren.“ Tatsächlich, Camael fürchtete seine eigene Meinung. War sie denn derart verkehrt?

Noch einige Atemzüge lang schlug ihm Schweigen entgegen – willkommen zurück in der Realität, Raphael – dann aber sprach der Berater langsam, um jedes Wort bedacht: „Er benimmt sich anders. Ist nachdenklich, langweilt sich.“ In Raphael breitete sich ein Funken Enttäuschung aus, er hatte mit mehr gerechnet.
 

„Nun“, setzte er an, versuchte sich an einem möglichst offenen Lächeln „Das wäre nicht das erste und wird sicher nicht das letzte Mal sein, dass er sich langweilt. Deswegen würde ich mir an deiner Stelle keine allzu großen Gedanken machen.“ Wobei es interessant war, dass Camael scheinbar doch zu dieser Tat fähig war. Nicht, dass er aus Prinzip nicht denken konnte – es war einfach diese Art, die ihn in ein vollkommen abhängiges Licht stellte. Unter den wenigen Engeln, die einen näheren Kontakt zu den Elementaren oder dem Militär und somit unmittelbar Michael und dessen Leuten hatten war Camael als loyaler Begleiter des Feuerengels bekannt – wenn auch meist nur bei den Soldaten, die sich dem Rotschopf verschrieben hatten, für den überwiegenden Rest stellte er nicht mehr als ein Wachhund dar; Michaels Marionette. So dachte auch Raphael einst – eben bis Camael dem damals aus der Haut fahrendem Erzengel einen derartigen Schlag versetzte, dass der Kriegsengel regelrecht K.O. zusammensank und abtransportiert werden konnte.
 

Seit dem wusste der Heiler nicht, was er von dem schweigsamen Mann halten sollte. Sicherlich hatte Michael übertrieben – wie so oft, es war vollkommen unnötig gewesen, derart aufbrausend das Büro des Arztes zu zerlegen. Trotzdem war es schon ein starkes Stück, ihn einfach so auszuknocken.

„Es ist nicht nur das“, setzte der Mann mit den Eisenteilen wieder an und schaffte es so erneut, dass Raphael erstaunt die Augenbrauen hob. „Was denn noch?“ Dass er wirklich keine Lust hatte, sich mit ihm zu unterhalten, verschwieg Raphael. Er machte sich viel mehr weiterhin Sorgen um den kleinen Wirbelwind – immerhin war das in seinem Fuß kein kleines Loch und sollte Michael wie Wunder auch immer baden gegangen sein, war die Wunde offen und bot einen netten Urlaubsort für Bakterien. Und auf einen einbeinigen Michael hatte er nun wirklich keine Lust.
 

„Ich kann es nicht beschreiben, verzeiht.“ Ein Moment des Schweigens, dann neigte er den Kopf auf die Seite, damit ein Nackenwirbel knacken konnte. „Ich habe die Befürchtung, Michael-Sama verliert den Bezug zu sich selbst.“ „Was soll das heißen?“, setzte Raphael mit einem nun doch schärferen Unterton an und zog eine Augenbraue nach unten. Camael blickte ihm ins Gesicht, drehte ihm dann doch den Rücken zu und trat einen Schritt in den Gang hinter sich. „Ich zeige es Euch.“ Und ohne zu sehen, ob Raphael ihm auch folgte, ging er den Gang hinab. Da er sich somit geradewegs auf die Privatgemächer Michaels zubewegte, folgte der blonde Engel ihm doch lieber, tastete an sich herab und bekam die Schachtel mit den Zigaretten zu fassen. Doch ähnlich wie das Einsetzen der eigenen Kräfte würde das Anzünden einer Zigarette eine derartige Respektlosigkeit bedeuten, dass er sich danach vermutlich mit einer von Mika-Chan höchstpersönlich zugefügten Glatze anfreunden durfte. Er zerlegt dauernd mein Haus und ich traue mich nicht einmal, eine einzige Zigarette anzuzünden

Welche Ironie.
 

Vor den Schlafräumen des Feuerengels blieb Camael stehen, tat einen respektvollen Schritt auf die Seite, nachdem er die Tür geöffnet hatte. Dort würde er nicht alleine hineingehen, selbst in Michaels Anwesenheit war es fast keinem Lebewesen möglich, diesen Raum lebend zu betreten und auch wieder in diesem Zustand zu verlassen. Wenn Raphael sich richtig erinnerte, war er erst zwei Mal hier gewesen und jedes Mal schlug ihm ein schlechter Einrichtungsstil entgegen.
 

Ach, apropos entgegenschlagen… „Wo ist eigentlich die ganze Wärme geblieben, Camael…?“ Das war ihm erst jetzt aufgefallen. Normalerweise schwitzte er schon vor dem Gebäude, die Hitze war zwar erträglich, aber doch eine starke Gewöhnungssache. Und je näher man Michaels Privaträumen kam, desto schwelender wurde es; die Luft in diesem Bereich wurde normaler Weise von den Hitzemolekülen bis in die letzte Ecke gedrückt und flimmerte, wenn man aus dem richtigen Winkel schaute.

Wie auch immer seine Soldaten das aushielten, vermutlich hielten diese sich lieber außerhalb auf. In der großen Halle hingegen ging es eigentlich, wenn Raphael ehrlich zu sich selbst war. Nur im Herzen der Festung – denn als mehr empfand er diesen Ort nicht, der in vollkommener Paranoia verteidigt wurde – fiel ihm das Atmen meist schwer und brannte in den Lungen.

Jetzt nicht.
 

„Es ist schon länger kühl“, antwortete der Angesprochene nun, der den Temperaturunterschied zu sonst wahrscheinlich gerne willkommen hieß. Das zeigte Raphael, dass er sich schon viel eher um den Rotschopf hätte kümmern müssen; so selbstständig dieser auch eigentlich war, dennoch stellte Michael ein emotionales Wrack dar. Nur endete er nicht damit, sich die eigenen Arme zu verschönern sondern begann einfach wahllos, Schuldige für seinen Zustand zu suchen und diese umzubringen. „Na dann“, antwortete er dem Berater und trat über die Schwelle hinein in das Schlaf- und Wohnzimmer des Feuerengels.
 

Waffen an den Wänden, Schädel, Knochen, Hörner, Tierfelle – der Raum war voll von diesen Dingen und wieder einmal fühlte sich der Engel des Windes, als würde er im Atrium eines Museums stehen, welches sich aufs grausame Niederstrecken aller erdenklichen Lebewesen spezialisiert hatte. Der Kamin in der hinteren Ecke war ausgebrannt, kalte Asche lag in ihm. Das Bett zerwühlt, die schweren, dunklen Vorhänge vor den Fenstern wie so oft einfach auf eine Seite geschoben und die Tür zur Kleiderkammer stand auf. Was jedoch derart aufklärend wirken sollte, konnte Raphael nicht sehen und von Camael erhoffte er sich da keine wirkliche Hilfe. Immerhin schien dieser schon relativ schnell seine Schlüsse über den Zustand des Führers der Mächte gezogen zu haben.
 

Also drehte er noch eine Runde durch den Raum, hatte dabei kein besonderes Ziel vor Augen und streifte mit den Fingerspitzen den Schreibtisch an der Wand. Staub lag auf diesem, was allerdings auch keine Seltenheit war, Michael war nun wirklich nicht die Art Person, die sich Tag für Tag an die zu beachtenden Dokumente der Grenzpatrouille setzte, um etwaige Fehler zu übergehen. Meist machte er sich seine eigenen Pläne und diese ergaben oftmals noch mehr Sinn als das, was ihm der Rat auftischte – liebevoll festgehalten in der Haut eines gerade erlegten Dämons oder aber im staubigen Sand.

Oder das Ganze wurde aus dem Stand heraus entschieden und der einzige Befehl lautete ‚Wehe ihr verreckt‘.
 

Kapitulierend wandte Raphael sich wieder dem Ausgang zu, ehe er aus den Augenwinkeln eine doch sehr beunruhigende Entdeckung machte, stutzte. Hinter ihm raschelte es, als Camael nun ebenfalls in den Raum trat und zustimmend nickte.

„Es liegt seit geraumer Zeit dort.“

„Aber er würde niemals… ich meine… das ist sein wichtigster… wie lange denn schon?“

Ein Kopfschütteln deutete die Unwissenheit des Beraters an, während Raphael näher trat und seinen Augen einfach nicht glauben konnte.
 

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Sonores Brummen drang an seine Ohren, klopfte gegen den schmerzenden Schädel und verschaffte sich gewaltsam Einlass in die noch eher trägen Gedanken. Entweder waren seine Augen verklebt oder aber man hatte sie absichtlich auf irgendeine Weise verschlossen, denn trotz aller Anstrengung bekam Michael sie nicht geöffnet.

Generell hatte er Probleme, seinen Körper in irgendeiner Form zu spüren, wenn er nicht besseren Wissens mehrere Tausend Jahre mit seinen Gliedmaßen verbracht hätte würde der Feuerengel nun steif und fest behaupten, nur aus einem seiner Sinne beraubten Kopf zu bestehen.
 

Gänzlich war dem nicht so, er hörte immerhin etwas und spürte auch das Ziehen, wenn er die Lider zu heben gedachte. Er stoppte, als Schritte erklangen. Langsam aber fest, zielstrebig. Wenn sein geschultes Ohr ihn nicht auch noch zu täuschen versuchte vermutete er auf eine größere Person zwischen 80 und 90 Kilo, vermutlich männlich.

Bin ich nun schon so paranoid, dass ich in meinen eigenen Träumen paralysiert auf einen Angriff warte?
 

Es gab noch das Phänomen dieser sogenannten Klarträume, aber Michael glaubte nicht daran, dass er noch in seinem Bett lag und sich selbst in einen durchaus realistischen Traum befördert hatte; zumal das Ganze ohnehin weniger einem Traum statt einer herannahenden Psychose glitt und von diesen Problemen hatte er nun wahrlich schon genug. Wenn man nur an die Komplexe, Verlustängste und paranoiden Zustände dachte…
 

Die Schritte stoppten und der Engel des Feuers spürte eine Präsenz unmittelbar neben sich, ließ wieder die Lider zucken. Inzwischen war er auch der Ansicht, dass irgendein Licht bestand, denn es war weniger schwarz als tatsächlich annähernd hell vor seinen Lidern. Ein Aufkeuchen folgte, als sich kleine Nadeln millionenfach in die Haut des Gesichts bohrten und einen unsagbar tiefen Schmerz mit sich brachten. Dass es sich um warmes Wasser auf seiner durch und durch heruntergekühlten Haut handelte, wurde ihm im nächsten Moment bewusst. Also war er mehr steif gefroren statt paralysiert? Eine Hand griff das Kinn, eine zweite machte sich an den Augen zu schaffen, wusch mit dem vermutlich gleichen Wasser wie schon zuvor immer und immer wieder darüber. Schmerz glitt ihm über die Lider – nicht auszudenken, wenn er seine Haut vollkommen fühlen könnte. Doch immerhin konnte er sie nun voneinander lösen. Nachdem sie nun wieder geöffnet waren, blinzelte Michael den Schleier auf ihnen weg und blickte auf, versuchte sich zu orientieren.
 

Anders als er gedacht hatte, war dies kein hell erleuchteter, gekachelter Raum wie man ihn aus jedem halbwegs aufwändigen Splatterfilm kannte, sondern eine unscheinbare Kammer – zumindest vermutete er das, denn es war relativ dunkel, nur eine einzige Lichtquelle war auszumachen und diese bestand aus einem kleinen Scheinwerfer, den man direkt auf ihn gerichtet hatte. Abfällig verzog er das Gesicht – in Panik verfallen? Wohl kaum. Stattdessen versuchte er, den Kopf zu bewegen – doch nichts geschah. Jetzt erst wurde dem Feuerengel bewusst, dass er nicht wie vermutet aufrecht stand und festgekettet war sondern auf einem Tisch oder sonstig hartem Untergrund lag, die Arme streng neben dem Körper festgebunden, die Beine folgten diesem Beispiel und auch der Kopf war fixiert.
 

Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Lichtverhältnisse und der Schemen neben ihm nahm eine Kontur an; jedoch musste Michael sich korrigieren, denn es handelte sich um eine Frau. Vom Gewicht her schien seine Beschreibung ebenso fehlgeschlagen zu sein, obwohl sie kräftiger um Schultern und auch Hüften war. Das Gesicht war eine dunkle Masse fernab dessen, was er erkennen konnte, an den Händen trug sie feine Latexhandschuhe. „Wo zum Henker bin ich hier gelandet?!“ Keine Antwort und das Sprechen tat weh, etwas stimmte mit seinem Mund nicht. Nebenbei fiel ihm auf, dass man ihm den Stab aus der Zunge genommen hatte, doch das war gerade egal. Seine Zähne schmerzten, es zog sich in den mehr tauben Kiefer hinein und die Stimme krächzte etwas; bekleidet war er mit einem Mindestmaß an den Hüften. Das erkannte Michael, als die schweigende Person neben ihm aus einer dampfenden Schüssel einen Lappen fischte und begann, ihn zu waschen. Noch nie hatte er heißes Wasser als derart schmerzhaft empfunden, allerdings hatte sein Körper sich noch nie derart kalt angefühlt, dass die Temperaturen gegensätzlich wirken konnten. Zumindest konnte er sich nicht daran erinnern, dass dies in den letzten Jahren der Fall gewesen war.
 

Zudem hatte er sich auch noch nie von jemandem waschen lassen, den er nicht kannte – überhaupt jemanden mit Wasser an sich heranzulassen war so eine Sache, die er nicht ganz mit sich vereinbaren konnte und auch das war in den letzten Jahren nicht geschehen; wozu auch? Er konnte das ganz gut selbst. „Wo, verdammt noch eins, bin ich hier?! Und nimm deine dreckigen Pfoten von mir!“ Nach dem ‚Wo‘ war da noch die Frage nach dem ‚Wie‘ hinzugekommen – wie um alles in der Welt hatte man ihn an solch einen Ort befördern können? Vor allem, ohne dass er es bemerkt hatte, war er doch sonst so vorsichtig. Auch auf die eigenen Sinne konnte er sich stets verlassen, die Schmach, in dieser Hinsicht versagt zu haben, war beinahe schlimmer als der Schmerz, den das Wasser auslöste.

Und er erhielt keine Antwort.
 

Ein Funken Vernunft sickerte durch und Michael hielt seine Kräfte im Zaum; wenn er bei diesen Temperaturen und was sein Körper gerade durchmachte ausflippen würde, würde er sich vermutlich selbst in die Luft jagen. Eine brenzlige Lage, die Nervosität begann. Auf ausnahmslos jede Frage erhielt er keine Antwort und schließlich war es ihm auch zu dumm und er blies nur entnervt die Luft zwischen den Lippen hervor, folgte mit den Augen jeder Bewegung, die neben ihm stattfand. Er könnte nach Raphael rufen, könnte ihre Verbindung zueinander nutzen und ihm mitteilen, dass etwas nicht stimmte; das wäre der klügste Schachzug, den er irgendwie vollbringen könnte, doch dazu sollte es nun leider nicht mehr kommen.
 

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„Ich versteh das nicht, warum nur?“

Inzwischen war Raphael in Selbstgespräche versunken, denn er befand sich wieder in seiner eigenen Behausung und schritt nervös von einer Stelle zur anderen. Mal setzte er sich, mal machte er sich einen Kaffee, welcher danach ohnehin in Vergessenheit geriet und lief dann wieder die Strecke zwischen Wohnzimmer und Küche ab, warf sich erneut auf die Couch. Die Entdeckung in Michaels Schlafzimmer war gleichsam nichtig wie auch zutiefst beunruhigend, zumindest für Raphael, welcher ihn ja nun einmal seit Anbeginn kannte. Besser als jeder andere möchte ich mal behaupten ging es dem Arzt durch den Kopf und er stützte eben diesen in einer Hand ab, rieb sich die Schläfe der rechten Seite.
 

„Ich sag’s ja, ständig muss man dir hinterherlaufen, Mika-Chan.“ Auf die Idee nach ihm zu suchen war er nun auch schon gekommen, nur konnte er nichts spüren. Keinen warmen Hauch in den hinteren Kämmerchen seiner Seele, kein Licht, kein wärmendes Feuer. Dagegen waren die Gefühle von fließender Energie und standhaftem Boden konstant; Jibril und Uriel, beide noch mit ihm verbunden. Eine Verbundenheit, wie sie nur die Schutzengel der Natur besaßen; und die aus experimenteller Freude ihres Schöpfers hervorgegangenen Zwillingspaare Rosiel und Alexiel, Metatron und Sandalphon, Luzifer und Michael. Nicht wegen ihm, oder? Euer Verhältnis besser sich doch gerade wieder…
 

Wenn man die einhundert Jahre, die die Brüder gebraucht hatten um einen vorläufigen Friedensvertrag zu schließen, denn als ‚besseres Verhältnis‘ bezeichnen mochte. Direkt miteinander gesprochen hatten sie schließlich noch immer nicht und Raphael bezweifelte, dass Michael seinen persönlichen Feldzug gegen Luzifer einfach fallen lassen würde, wie auch dieser nicht die Arme für ihn ausbreiten würde.

Sturköpfe…

Doch auch der Gedanke an ein annähernd familiäres Verhältnis der beiden versetzte Raphael in einen Zustand fernab aller erdenklichen Panik, denn dann würde Michael gehen. Wenn er das nicht schon getan hatte.

Wo bist du? Warum kann ich dich nicht spüren? Was hast du nur getan?
 

Wieder stand er auf, tastete an sich herab; die Schachtel mit den Zigaretten war längst aufgebraucht, da er sie seit seiner Ankunft hier durchgängig angezündet und aufgeraucht hatte und eine zweite Schachtel wollte er sich selbst nicht antun. Mika-Chan hasst es, wenn ich so viel rauche…

Raphael ließ ein Seufzen vernehmen, strich sich ein paar störende Haare aus der Stirn. Seine Abhängigkeit gegenüber dem Feuerengel war schon fast bedenklich, doch erklärte er sich dies schlichtweg damit, dass außer Michael niemand den Schneid dazu besaß, den teilweise depressiven Heiler aus seinen Tiefs emporzuziehen; mit fragwürdig gewalttätigen Methoden, doch es wirkte. Außer ihm war niemand dazu in der Lage.
 

Müde schüttelte er den Kopf, der Tag hatte viel abverlangt und seine Glieder schmerzten, in solchen Momenten spürte Raphael einen Teil seines wahren Alters auf sich lasten und beschloss, es für heute gut sein zu lassen. Wenn er jedes Mal eine Nacht aussetzen würde, nur weil er sich um den anderen Erzengel sorgte, wäre er der wohl schlafloseste Engel dies- und jenseits der sieben Schalen des Himmels.

So brachte er den letzten gekochten Kaffee auch noch in die Küche, nur um ihn dort in den Ausguss zu schütten und die Tasse unüblich seiner sonstigen Reinlichkeit achtlos einfach stehen ließ, sich dann langsam ins Bett begab.
 

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Es macht wirklich sehr viel Spaß, Raphael leiden zu lassen und ich habe festgestellt nur dann glücklich zu sein, wenn Michael körperlichen Schaden davonträgt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  mangacrack
2012-03-19T22:45:37+00:00 19.03.2012 23:45
Also ich kann dir beruhigen: zwar sehe ich die leichten Paralellen, aber ich wage es Inspiration zu nennen. Außerdem ist dieses Kapitel alles eigene Schreibarbeit. Schöne Schreibarbeit, die ich noch gar nicht gewürdigt habe. Ich sollte mich schämen.

Besonders gelungen fand ich Raphaels Überlegungen über Camael. Es ist schwer ihn einzuschätzen und die Verwunderung, warum Camael sich das Recht herausnimmt so zu handeln, wie er es im Manga getan hat, durchaus berechtigt. Gerade im Militär hat Befehlsverweigerung oder Rebellion oft harte Konsequenzen, so unkonventionell Michael auch sein mag.

Schöner, tiefer Gedankengang ... ^^

Genauso schön wie ich es finde jemanden gefunden zu haben, der Raphael auch gerne quält!
Das entwickelt sich fast zum Sport.


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