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Crimson Snow

Ivan x Gilbert
von

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Mondscheinsonate

A/N: Ich hoffe das ist jetzt kein purer Kitsch geworden :DD

Bel=Belgien (Jaja seeehr einfallsreich^^)

Und dieses Kapitel ist ganz Gilbert und Ivan gewidmet. (Mit etwas Francis und Natalia)
 


 

Ivans Schritte verlangsamten sich allmählich, als sie auf die Tür des Speisesaals zuliefen.

Diesmal konnte Gilbert sogar mit seinen langen Beinen Schritt halten und fühlte sich nicht wie eine Puppe, die hinterher gezogen wurde. Sie waren sogar pünktlich und so wartete kein Toris nervös vor der Tür.

Ivan blieb noch einmal kurz stehen und drückte unbewusst Gilberts Hand fester. Etwas verwirrt sah der Albino zu dem Blonden auf, der mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein schien und einen Gesichtsausdruck hatte, der geradezu danach schrie, jetzt sofort umzudrehen und keinen Fuß in den Raum zu setzten. Doch da öffnete sich die Flügeltür auch schon wie durch Geisterhand und sie traten ein.
 

Wieder waren die Bediensteten so aufgereiht wie am Vorabend und auch der Tisch war wieder fein säuberlich gedeckt. Doch nur der Vater saß an der Tafel und sah erwartungsvoll zur Tür.

Als Ivan eintrat nickte er nur, sah auf eine Taschenuhr, die er aus seiner Brusttasche zog und sah dann wieder zur Tür. Anscheinend waren diesmal die Damen spät dran. Ivan schritt zu seinem Platz und Gilbert wurde auf seinen Schoß gezogen.

Sofort versteifte sich der Albino und wollte wieder hinunter rutschen, doch Ivan hielt ihn augenblicklich fester und er flüsterte mit gefährlich, ruhigen Ton in sein Ohr: "Schön brav sitzen bleiben oder ich schlage deinen Kopf solange gegen den Tisch, bis er so rot wie die zermatschten Erdbeeren ist~"

Erschrocken sah Gilbert zu Ivan, der ihn unschuldig anlächelte. Was war denn los? Heute Morgen war er noch einigermaßen erträglich gewesen, doch seit er Gilbert zum Abendessen geholt hatte, schien er nicht gerade bester Laune zu sein. Irgendwas war wohl heute nicht nach seinen Vorstellungen gelaufen...

Aber ehe sich der Albino den Kopf darüber zerbrechen konnte, ging die Türe schon wieder auf und Yekaterina trat ein. Sie lächelte alle freundlich an, ging kurz zu ihrem Vater, drückte seine Hand und setzte sich dann an ihren Platz, zur Rechten Ivans. Eine der Dienerinnen mit einem hellblauen Kleid trat näher und schenkte der Prinzessin ein Glas Wasser ein, was sie mit einem leisen "Danke" quittierte.

Es war merkwürdig zu sehen, wie die Bediensteten von Yekaterina immer ein Lächeln in den Augen trugen, während die schwarze Dienerschaft von Natalia so aussah, als würden sie am liebsten aus dem nächsten Fenster springen. Bei Ivans Gefolge war es recht seltsam, denn anscheinend hatte er mit seinen übrigen 17 Kammerherren nichts am Hut und beschäftigte hauptsächlich Toris, Raivis und Eduard.
 

Da wurde die Flügeltür wieder schwungvoll geöffnet und Satans Braut persönlich trat ein. Zumindest ließ ihr blutrotes Kleid darauf schließen.

Sie hatte schon ein breites Lachen auf den Lippen, das aber augenblicklich erstarb, als sie den Blick zum Tisch richtete. Genauer gesagt zu Gilbert. Und wie, als ob er seine Schwester provozieren wollte, zog Ivan Gilbert näher zu sich und hielt ihn fester. Es war so demütigend, aber was sollte er schon groß machen? Er wollte sein schönes Gesicht noch etwas länger behalten.

Gefährlich langsam schritt Natalia auf ihren Bruder und sein eher unfreiwillig anwesendes Häschen zu und blieb mit schmalen Augen vor ihnen stehen.

"Vanya, was soll das? Das ist ein Familienessen, er hat hier nichts zu suchen!" Sie beugte sich zu Gilbert herab, der nicht anders konnte als sie frech anzugrinsen. Und weil Gilbert schon immer einer Konfrontation nicht aus dem Weg gehen konnte, erwiderte er mit überheblichen Blick: "Neidisch, Prinzessin?"

Gott, das hatte sich ja gerade so angehört, als würde er gern bei Ivan auf dem Schoß sitzen!

Man konnte hören, wie der Vater aufgehört hatte zu Essen, ebenso Yekaterina und beide das "kleine Spielzeug" fassungslos anstarrten. Ebenso waren die Blicke der Diener und Dienerinnen auf Gilbert gerichtet und Toris konnte nur schwer dem Drang wiederstehen, den Kopf gegen die Wand zu schlagen. Was um alles in der Welt tat Gilbert da?!

Es kehrte eine unheimliche Stille ein, in der man nur Natalias schweren Atem vernehmen konnte, während ihr Gesicht zu einer wütenden Fratze wurde. Einzig und allein Ivan kicherte wie ein kleines Kind. Sein kleines Häschen schaffte es einfach immer wieder ihn zu unterhalten.

Natalia hingegen wollte Gilbert nur noch den Hals umdrehen und solange auf ihn einstechen, bis er nur noch aus Fetzten bestand. Doch sie wusste, würde sie jetzt die Beherrschung verlieren, würde ihr geliebter Bruder nicht zögern und sein neues Spielzeug verteidigen. Also richtete sie sich mit geschlossenen Augen auf und schritt dann ohne ein weiteres Wort zu ihrem Platz. Gilbert grinste sie noch einmal an, bevor er es sich auf seinem Platz gemütlich machen wollte, bis ihm einfiel dass er ja gerade auf Ivans Schoß saß. Dieser strich gerade durch sein Haar und kicherte immer noch wie ein kleines Kind.

Schließlich wandten sich alle wieder dem Essen zu und Gilbert wurde natürlich wieder gefüttert. Doch diesmal versuchte er es nicht zu verbergen, sondern wartete darauf, dass Natalia schön her blickte, wenn er von Ivans Löffel oder Gabel naschte. Das Theater verpasste seine Wirkung nicht. Man konnte sehen, wie die Prinzessin von Mal zu Mal zorniger wurde.

Tja, dass hatte diese dumme Kuh davon, wenn man einen Gilbert Beilschmidt herausforderte!
 

Nach einer Weile des Schweigens durchbrach schließlich der Vater die Stille und sagte zu seinem Sohn: "Morgen kommen die ersten Interessierten. Dein Spielzeug lässt du dann da, wo es hingehört und nimmst es nicht mit." Er sagte das, ohne aufzusehen oder Gilbert gar als Lebewesen anzuerkennen. Es machte den Albino wütend.

"Ich bin aber kein Interessierter. Und ich mache mit meinen Sachen was ich will und wo ich will." erwiderte Ivan im selben unbeteiligten Tonfall und ohne aufzusehen. Da ließ der Vater sein Besteck sinken, sah zu seinem Sohn und sein Tonfall bekam etwas Herrisches: "Du wirst dir in der nächsten Woche eine Braut suchen oder ich werde das übernehmen!" Gelangweilt sah Ivan auf und erwiderte schlicht: "Nein."

Die Hand des älteren Mannes sauste hinab und das Geschirr auf dem Tisch klirrte wie bei einem Erdbeben. Seine Stirn hatte tiefe Furchen und die Augen blitzten wütend. "Du tust was ich dir sage, Ivan Braginsky! Es ist deine Pflicht als König, verstanden?!"

Erschrocken sah Yekaterina auf, auch Gilbert zuckte kurz zusammen und selbst die abgebrühte Natalia fuhr zusammen.
 

Auf einmal wollte Gilbert weg von Ivan, denn er hatte ein ungutes Gefühl im Nacken. Vorsichtig drehte er sich zu dem Größeren, dessen Blick sich verdunkelt hatte, aber trotzdem noch dieses gruselige Lächeln auf den Lippen hatte. Der König winkte einen seiner Bediensteten her. Ein junger Mann mit hellbraunem Haar und haselnussbraunen Augen. Man konnte ihm seine Angst ansehen und er zitterte am ganzen Körper.

Als er neben Ivan zum Stehen kam, packte dieser die Hand des Dieners, presste sie auf den Tisch, nahm die Gabel in seiner Hand und rammte sie dem armen Mann in den Handrücken. Augenblicklich schrie der Braunhaarige auf und das Blut quoll hervor. Dann stand Ivan auf, packte Gilbert grob am Handgelenk und zischte zu seinem Vater: "Du hast mir nichts zu sagen. Deine Tage als König sind längst vorbei." Damit riss er Gilbert brutal zur Flügeltür, diese ging auf und die beiden waren verschwunden.
 

Natalia musste bei dem Anblick des festgenagelten Dieners kichern. Was für ein Schwächling.

Und die Tatsache, dass Ivan jetzt wütend war und sein neues, abartiges Spielzeug so ungehalten mitgerissen hatte, konnte nur bedeuteten, dass es heute Nacht wohl Zeit war das Spielzeug zu zerbrechen. Schade eigentlich, sie hätte das lieber selbst erledigt, aber besser als gar nichts.

Zufrieden aß sie weiter und beobachtete, wie ihre ältere Schwester dem Kammerherr die Gabel aus der Hand zog und diesen in ihr Krankenzimmer brachte. Die Blonde sah ihrer Schwester kopfschüttelnd hinterher.

Wie konnte man sich nur um das Wohlergehen dieser kleinen Maden sorgen?
 

Gilbert hatte noch nie wirklich Angst gehabt, zumindest nicht so eine hilflose. Es hatte immer einen Ausweg gegeben, doch jetzt gerade sah er keinen. Wie eiserne Handschellen, umklammerte Ivan sein Handgelenk und zog ihn stur hinter sich her. Was wird er jetzt mit ihm machen? Er hatte ohne mit der Wimper zu zucken, dem Mann eine Gabel in die Hand gerammt und jetzt war er alleine mit Ivan. Was hatte der Größere mit ihm vor? Würde er ihn töten?

Ohne es zu wollen, wurde Gilberts Atem flacher und sein Herz begann vor Angst doppelt so schnell zu schlagen, als wollte es wegrennen, aber es einfach nicht aus Gilberts Brust springen konnte. Der Albino war so mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er es nur am Rande mitbekam, wie Ivan stehen geblieben war. Sie befanden sich vor ihrem Zimmer.

"Geh ins Bett." sagte der Blonde nur mit kalter Stimme, stieß die Tür auf und zog den Kleineren in das Zimmer. Anschließend drehte er sich wieder um und verließ den Raum.

Verwirrt stand Gilbert nun in dem dunklen Zimmer und wusste nicht wie ihm geschah. Ivan tat ihm nichts an? Aber wieso?

Mit langsamen Schritten ging er zum Bett und ließ sich darauf nieder. Etwas ungeschickt zog er seine Stiefel und den Mantel aus und legte sich dann unter die kuschelige Decke. In dem Moment wurde ihm klar, dass er gerade genau das tat, was Ivan von ihm verlangt hatte. Geh ins Bett.

Sofort richtete er sich auf, sprang aus dem Bett und zog sich wieder an. Wer war er denn, dass er die Befehle eines Möchtegern-Königs befolgte! Auch wenn dieser Typ sehr wahrscheinlich gestört war und Gabeln in Handrücken rammte, so war Gilbert Beilschmidt doch niemand, der vor so jemandem Angst hatte!

Fest entschlossen öffnete er vorsichtig die Tür und trat auf den Flur hinaus. Alles ruhig. Na schön, er würde jetzt Ivan suchen und diesem Kerl mal ordentlich seine Meinung geigen und ihn vielleicht umbringen.

Hoffentlich begegnete er nicht Natalia, dieser fanatischen Inzesthure!

Er lief den Gang entlang, bis er schließlich in der Halle ankam, mit der großen Treppe und ihren Abzweigungen. Etwas ratlos blieb er stehen und überlegte. Wo könnte Ivan hingegangen sein?
 

Da ist der Thronsaal. Der König zieht sich dorthin immer zurück wenn er seine Ruhe will, da darf niemand hinein.

Das hatte doch Toris ihm heute Nachmittag gesagt. Ja, der Thronsaal hörte sich gut an und wenn Ivan dort nicht sein sollte, dann hatte er immerhin einen Blick in den verbotenen Raum geworfen.

Grinsend machte er sich auf die Suche nach dem mysteriösen Saal und brauchte auch nicht lange, um ihn zu finden. Sein großartiges Gehirn konnte sich solche Dinge einfach schon immer merken. Kein Wunder war er der Beste!

Als er sich aber der großen, schwarzen Türe näherte, da überkam ihn dann doch ein mulmiges Gefühl. Aber natürlich ignorierte er mal wieder seine innere Stimme und ging auf die unbewachte Flügeltür zu. Sie war mit Sicherheit 7-8 Meter hoch und bestand aus massivem Holz. Vorsichtig drückte er dagegen und zu seiner Überraschung ging sie mit Leichtigkeit einen Spaltbreit auf. Er drückte sie noch etwas weiter auf und schlüpfte dann durch den kleinen Spalt in den Thronsaal.
 

Als er sich in dem Saal umsah, musste er erst mal staunen. Es war ein atemberaubender Anblick, wie sich ihm gegenüber eine große Fensterfront erstreckte, durch die der überdimensionale Raum vom Mond erhellt wurde. Tausende Sterne glühten dort am dunkeln Firmament, während der, mittlerweile volle, Mond, wie ein stiller Wächter die schneebedeckte Landschaft in silbriges Licht tauchte.

Der Raum an sich war wie alles schwarz und weiß gekachelt. Gilbert befand sich an der langen Wandseite, doch an der kurzen gab es noch einen Eingang. Gegenüber des zweiten Eingangs befand sich ein kleiner Treppenaufgang, bei dem sich dann der Thron befand. Sonst war nichts in dem Raum, absolut nichts.

Weiß der Herr wie viele Quadratmeter dieser Saal besaß und alles was darin war, war ein kleiner Treppenaufgang zum Thron und dieser selbst!

Neugierig ging Gilbert ein paar Schritte auf den Thron zu, blieb aber vor den Treppen stehen. Der Thron bestand vollständig aus Eis. Klares, kaltes Eis. Neben dem Eisthron lehnte ein silbernes Zepter, mit einer Schneeflocke aus Diamant darauf. Es hatte schon beinahe etwas Kitschigies, wie Gilbert dachte.
 

"Was machst du hier?" hörte er plötzlich eine Stimme, die durch den Saal hallte. Vor Schreck machte Gilbert einen Satz nach hinten und bereute es sofort, weil es verdammt lächerlich ausgesehen haben musste. Schließlich konnte er ausmachen von wo die Stimme gekommen war und sah Ivan, der links neben dem Thron saß und sich dagegen lehnte. Er war Gilbert überhaupt nicht aufgefallen.

"Das könnte ich dich auch fragen." meinte der Albino dann nur eigensinnig und verschränkte die Arme vor der Brust.

Ivan sah ihn etwas irritiert an und sagte: "Das ist mein Thronsaal. Ich habe das Recht hier zu sein."

Ja, das war irgendwie auch logisch.

"Das meinte ich nicht. Was machst du nachts in deinem Thronsaal und dann noch nicht einmal auf deinem Thron?" erwiderte Gilbert und sah den sitzenden Blonden abschätzend an. Dieser hatte die Ellenbogen auf den Oberschenkeln abgestützt und den Kopf auf den Händen, während er aus dem großen Fenster sah.

"Nachdenken." war die knappe Antwort. Gilbert wusste auch nicht so genau, warum er weiter nachfragte, aber irgendwie... er musste einfach. "Worüber?"

Ivan schien kurz nachzudenken ehe er antwortete: "Ich weiß nicht. Über alles, vielleicht."

Gilbert sah den Größeren noch kurz an, bevor er dann seufzte und sich neben ihm niederließ. Es war so merkwürdig, bis gerade eben hatte er dem Blonden noch erwürgen wollen, doch irgendwie war es so komisch ihn da sitzen zu sehen, während er wie ein kleiner Junge aus dem Fenster sah und sich wünschte er könnte woanders sein.
 

Ivan blickte überrascht auf, als Gilbert sich neben ihm niederließ und auch aus dem Fenster sah.

"Meine Mutter hat immer gesagt, wenn man zu viel nachdenkt, erscheinen einem die Sorgen noch viel größer als sie eigentlich sind." sagte Gilbert und musste bei dem Gedanken lächeln. Da hatte sie eigentlich immer Recht gehabt. Ivan drehte den Kopf zu dem Albino und sah ihn nachdenklich an. "Wirklich?" fragte er dann nach. Er hörte sich an wie ein Kind, dem man gerade etwas Unglaubliches erzählt hatte.

"Na klar, meine Mutter hat nur so fantastische und absolut wahre Dinge erzählt!" erwiderte Gilbert im Brustton der Überzeugung.

Es legte sich wieder Stille über sie, bis Ivan wie aus heiterem Himmel fragte: "Warum weinst du nie?"

Gilbert blinzelte verwirrt und fragte: "Wie meinst du das?"

"Mein anderen Spielzeuge haben gleich am ersten Tag immer losgeheult und wollten gar nicht mehr aufhören." Er verdrehte genervt die Augen. "Und dann hast du gesagt, dass du niemals weinen würdest." Er klang so, als wäre das etwas vollkommen Neues für ihn. War es vermutlich auch.

"Also erstens Mal: Ich bin kein Spielzeug! Und Zweites: ..." Gilbert verstummte. Ja, warum weinte er nie?

Ohne es zu wollen, dachte er an den Tag zurück, der das Leben seiner Familie schlagartig verändert hatte.
 

Januar 1945, im Raum Königsberg

Er wusste nicht mehr was genau er gerade gemacht hatte, als plötzlich seine Mutter ins Zimmer gestürzt war und ihn nach unten in die Speisekammer gezogen hatte.

Sein Vater, sowie Ludwig, Lili und Vash waren an diesem Tag nicht da. Er konnte sich nicht mehr erinnern, warum sie nicht zu Hause waren, jedenfalls waren sie nicht da, als auf einmal Schüsse ertönten, lautes Geschrei und schwere Schritte vor dem Haus zu hören waren.

Seine Mutter, seine wunderbare, wunderschöne Mutter hatte sich mit ihm in der Speisekammer zusammengekauert und ihn fest umarmt.

Es hatte schon immer geheißen, Ludwig würde mehr nach dem Vater kommen, die strengen Gesichtszüge, der kräftige Körperbau, die Haarfarbe und auch die ganze Art. Doch Gilbert sei wie seine Mutter. Etwas feiner war sein Körperbau und nicht zu vergessen, auch seine Mutter war ein Albino. Gilbert fand sie wunderschön.

Er war gerade 13 Jahre alt, in wenigen Tagen würde er 14 werden. Wieder waren vor dem Haus lautes Geschrei und Schüsse. Er hielt seine Mutter fester und ohne es zu merken, begann er zu schluchzen. Seine Mutter beruhigte ihn und flüsterte: "Na, na, Gilbert. Ein Mann weint doch nicht und schon gar nicht kurz vor seinem vierzehnten Geburtstag." Sie strich beruhigend über sein Haar, doch er konnte nicht aufhören, als plötzlich ein lautes Krachen ertönte. Eine harsche, männliche Stimme schrie etwas auf Russisch, doch Gilbert verstand es nicht. Da hörten sie plötzlich schwere Schritte durch das Haus schreiten und sie hielten sich beide den Mund zu, um keine verräterischen Geräusche von sich zu geben. Seine Mutter flüsterte ihm noch zu: "Nicht weinen, Gilbert. Sei stark." Doch es nützte nichts. Die Tür zur Speisekammer flog auf, Gilberts Mutter schob ihren Sohn hinter sich, sodass der russische Soldat ihn nicht sehen konnte. Er schrie etwas und seine Mutter schüttelte den Kopf. Daraufhin winkte er sie heran und sie stand zögernd auf. Da fiel ihr ein, dass Gilbert ja hinter ihr saß, sie drehte sich halb um, streckte die Hand nach ihrem Sohn aus, als plötzlich ein Schuss fiel. Etwas Warmes spritzte Gilbert ins Gesicht und alles was er sehen konnte, waren die aufgerissen, roten Augen seiner Mutter die ihn entsetzt anstarrten, ehe sie nach vorne fiel. Gilbert hob langsam den Blick und sah in die erschrockenen Augen des Soldaten.
 

Er hatte Gilbert nicht gesehen, er hatte gedacht, die Frau wollte nach etwas greifen und ihn attackieren. Er sah ihn die roten Augen des Jungen, die so aussahen wie die seiner Mutter. Er hatte gerade eine unschuldige Frau getötet. Natürlich hatten auch seine Kameraden und die Deutschen Soldaten genug Unschuldige getötet, doch er hatte das nie machen wollen! Er ließ sein Gewehr fallen, zog eine Pistole aus dem Holster und schoss sich in den Kopf.
 

Noch mehr Blut spritzte. Der Geruch war überall. Er hatte das Blut seiner Mutter im Gesicht.

Vorsichtig kniete sich Gilbert neben den toten Körper und flüsterte: "Mama..." Er strich ihr übers Haar und hatte nur ihre letzten Worte im Sinn: Nicht weinen, Gilbert. Sei stark.

Er wusste nicht wie lange er dagesessen hatte, unbewegt und vor sich hinstarrend. Doch irgendwann war sein Vater mit Ludwig, Lili und Vash zurückgekehrt. Gilbert konnte sich nicht mehr erinnern was zu ihm gesagt wurde, doch innerhalb einer Stunde hatte sein Vater das Nötigste zusammengepackt, seine Söhne, seinen Neffen und seine Nichte an der Hand genommen und so waren sie Richtung Westen geflohen. Aufs Land, in der Nähe von Stuttgart. Zwei Monate später wurden Roderichs Eltern getötet und so hatte Vater Beilschmidt einen Jungen mehr.
 

Bei der Erinnerung schüttelte Gilbert den Kopf. Schließlich gab er Ivan als Antwort: "Meine Mutter meinte, ein Mann sollte nicht weinen."

"Du sprichst immer in der Vergangenheit von ihr. Lebt sie nicht mehr?" fragte ihn Ivan. Gilbert schüttelte den Kopf. "Nein, sie ist schon länger tot."

"Hmm~ Sicher eine spannende Frau, ganz wie mein kleines Häschen.." kicherte Ivan dann.

Aufgebracht sah Gilbert ihn an. "Ich bin nicht dein blödes Häschen! Und sie war die beste Mutter überhaupt!"

"Weiß ich nicht, ich kenne sonst keine Mütter." meinte Ivan darauf nur und er sagt das so gefühlskalt, dass es Gilbert irgendwie erschreckte.

Er kennt seine eigene Mutter nicht, dacht der Albino nachdenklich.
 

"Was hat sie dir noch beigebracht, außer Schachspielen?" fragte Ivan dann mit einem Mal neugierig. Etwas verwirrt sah Gilbert den Größeren an. Dann zuckte er aber mit den Schultern und zählte auf: "Naja, so Kram eben wie lesen, schreiben und äh tanzen..." Das letzte war etwas peinlich, aber Gilberts Mutter hatte darauf bestanden, dass ihre Söhne das Tanzen lernten. Natürlich waren auch Lili und Vash nicht verschont geblieben und da die beiden immer zusammen getanzt haben musste Gilbert mit Ludwig. Es war einfach nur bescheuert gewesen und irgendwann hatten sie es aufgegeben.

Plötzlich klatschte Ivan neben ihm, in seine Hände und rief begeistert: "Katyusha hat mir das Tanzen beigebracht! Sie meinte etwas Übung würde mir aber nicht schaden." Er sprang auf, sodass sein heller Schal etwas flatterte und baute sich vor Gilbert auf.

"Was soll denn das werden?" fragte der Albino misstrauisch. Ohne eine Antwort griff Ivan nach seiner Hand und zog ihn nach oben. Gilbert wusste gar nicht wie ihm geschah, doch schon im nächsten Moment hatte er seine linke Hand an Ivans Schulter, während seine rechte in der behandschuhten Hand des Größeren lag. Ihm entglitten etwas die Gesichtszüge, als er die andere Hand des Blonden an seiner Hüfte spürte.

"H-He! Bist du bescheuert?! Ich will doch nicht mit dir tanzen!" rief er sofort und wollte sich aus dem Griff winden, doch Ivan hielt ihn fest und lächelte ihn breit an. "Mein Häschen tanzt jetzt mit mir. Komm schon!" Und er begann eine fremde Melodie zu summen, während er Gilbert vor sich her schob.

"Ich bin kein Häschen, wie oft denn noch! Wie kommst du überhaupt auf so einen Schwachsinn?! Und warum sollte ich mit dir tanzen?!" zeterte der Albino aber weiter, doch Ivan ignorierte es einfach und schleifte ihn einfach quer durch den Raum, immer diese Melodie summend. Irgendwann sah er aber zu Gilbert herab, der genervt den Mund verzogen hatte und es einfach über sich ergehen ließ. "Du bist mein Häschen, weil du wie eins aussiehst~" sagte der Größere und lächelte ihn wie ein kleines Kind an. Er zog Gilbert etwas näher zu sich und das ließ sein Gesicht plötzlich um einige Grad wärmer werden.

"Oh? Dein Gesicht ist ja ganz rot?" bemerkte Ivan schließlich und blieb stehen. Dann zog er einen Handschuh aus und legte die kalte Hand auf die heiße Wange des Albinos. "Wa-Was machst du da?!" fragte dieser und wollte zurückweichen. Wieso kam ihm Ivan plötzlich so nah? Warum war ihm nur so heiß?

Doch er kam nicht weit. Ivan hielt ihn fest und sah ihn durchdringend an. Gilbert konnte nicht anders als zurückzuschauen und die violetten Augen zu mustern. Eine seltsame Farbe, wobei er ja auch nicht unbedingt die klassische Augenfarbe hatte.

"Gilbert..." murmelte der Größere plötzlich seinen Namen und das ließ Gilbert innehalten. Ivan hatte ihn noch nie bei seinem Namen genannt, wenn er so darüber nachdachte. Er sprach es irgendwie sonderbar aus... Das R rollte er leicht und irgendwie klag das verdammt anziehend...

Äh was? WAS hatte er da gerade gedacht?! Das Blut rauschte in sein Gesicht und ließ ihn vermutlich gerade wie eine Tomate aussehen, wie peinlich! Schnell senkte er seinen Blick und starrte auf Ivans Mantel, der ziemlich flauschig zu sein schien. Man möchte sich direkt reinlegen und einfach nur die Wange daran reiben...

Was dachte er denn jetzt schon wieder?!

Plötzlich spürte er wieder die kalten Finger von Ivan unter seinem Kinn, der es dann anhob und so Gilbert zwang ihn anzusehen. Er lächelte ihn an, Gilbert sah zurück und hatte plötzlich das Bedürfnis etwas zu tun, etwas zog an seinen Nerven. Kurz seufzte Ivan auf, ehe er sagte: "So lebendige Augen... Ich habe noch nie jemand wie dich getroffen..." Dann nahm er Gilberts Gesicht in seine Hände, zog ihn näher und legte seine Lippen auf die des Albinos. Erst versteifte sich Gilbert, was passierte gerade...? Doch dann schaltete er seine Gedanken einfach ab. Konzentrierte sich auf das was sein Körper ihm gerade sagte.

Der Geschmack von Schnee, Wald und etwas Scharfem auf seinen Lippen, die kalten Hände in seinen Haaren, seine eigenen Hände im weichen Stoff des Mantels und wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Hatte er etwas vergleichbares schon einmal erlebt? Nicht das er wüsste.
 

Wie lang der Kuss dauerte wusste er nicht mehr, aber irgendwann löste sich Ivan von ihm, strich ihm noch einmal durch das Haar und zog ihn dann in eine Umarmung. So seltsam das alles war, Gilbert hatte nichts dagegen. Es war schön, jemandem so nah zu sein. So standen sie eng umschlungen in dem großen Thronsaal mit niemandem außer dem Mond und den Sternen über ihnen.

Dachten sie zumindest...
 

Er war gerade auf dem Weg zu seinem Zimmer, als er sah wie die Flügeltür zum Thronsaal nur angelehnt war. Mit einem mulmigen Gefühl, aber auch mit Neugier, ging er langsam darauf zu, um nach dem Rechten zu sehen. Etwas nervös strich er sich über das braune Haar und blieb dann vor der Tür stehen. Sollte er wirklich einen Blick riskieren? Was wenn sein König wieder ... etwas getan hatte? Wenn es diesmal Gilbert war, der da verstümmelt auf dem Boden lag, während Ivan lachend daneben kniete und ihm mit seinem eigenen Blut Zeichen ins Gesicht malte? Doch eigentlich waren keine verräterischen Geräusche zu hören, also lugte er durch den Türspalt in den Raum.

Erst war nichts zu sehen, weil nur der Mond als Lichtquelle diente, doch dann entdeckte er die beiden Gestalten und bekam große Augen. Sein König...

Sein König hielt Gilbert fest umschlungen und der Albino erwiderte die Geste! Es war... so... merkwürdig. Sein Herrscher bei etwas zu sehen, was nichts Brutales, Gemeines oder eben Alltägliches hatte. Toris hätte nie gedacht dass das überhaupt möglich war, doch es hinderte ihn nicht daran auf einmal lächeln zu müssen.

Leise entfernte er sich wieder vom Thronsaal und ging mit einem seltsamen Glücksgefühl zu seinem Zimmer, in dem Raivis und Eduard schon warteten.
 

~*~
 

Nach jedem Schlag zuckte Francis zusammen, als würde er es selbst spüren.

Den Schreien des armen Kerls da draußen zufolge, musste es sehr schmerzhaft sein und den wutentbrannten Hasstiraden Natalias nach, musste sie sehr wütend sein. Sie fluchte, fauchte, schrie und schlug wie eine Besessene und schien kein Stück ihres Zorns zu verlieren. Sie war eindeutig verrückt, wie Francis feststellte. Er konnte von Glück reden, nicht von ihr ausgewählt worden zu sein, sonst würde er jetzt vermutlich da hängen und schreien.

Was sie wohl so in Rage versetzt hatte? Vermutlich ihr Bruder. Vielleicht hatte er sie mal wieder abgewiesen, aber das war eigentlich schon lange kein Grund mehr, für sie gleich so auszurasten. Ob er eine Braut gefunden hatte? Selbst hier unten im Kerker bekam man das Gerücht mit, dass der König sich schleunigst eine Königin suchen sollte, um viele kleine Dämonen auf die Welt zu setzen.

"Wie kann diese weiße Missgeburt es nur wagen?! MICH die Prinzessin so vorzuführen!!" hörte er Natalias wütende Schreie und einen erneuten Schlag mit irgendetwas. "Ich würde ihm am liebsten die roten Augen aus seinem Kopf reißen, während er noch lebt!!" keifte sie weiter, doch mit einem Mal war Francis ganz Ohr. Was hatte sie gesagt? Rote Augen? Weiße Missgeburt? Da stimmte doch was nicht!
 

"Oh dude, ist sie etwa schon wieder eifersüchtig?" lachte einer seiner Mitgefangenen hinter ihm. Er drehte sich zu dem jungen Kerl um, der ein Zahnpasta-Lächeln aufgesetzt hatte und irgendwie immer seinen Daumen oben hatte.

Er hatte sich als Alfred F. Jones vorgestellt, ehemaliger Hofnarr. Anscheinend hatte die Prinzessin ihn nicht sonderlich lustig gefunden und ihn in ihr Verlies gesteckt, damit die anderen Gefangenen mit seiner "Das Glas ist Halbvoll"-Philosophie leben mussten, obwohl die Meisten hier unten sich wohl lieber erhängen würden.

"Wie meinst du das?" fragte Francis dann aber nach.

"Na ist doch logisch! Oh, achso da warst du ja noch weggepennt und hast dich von Bel versorgen lassen." Alfred zeigte auf ein hübsches Mädchen mit leuchtend grünen Augen. Sie war eine von Natalias ehemaligen Dienerinnen, doch sie hatte anscheinend irgendwas verbrochen.

Als Francis nach seiner Züchtigung von der Kanalratte in seine Zelle gesperrt wurde, war er kaum noch bei Bewusstsein und so hatten Bel und Alfred ihn mehr oder weniger gesund gepflegt.

"Na wie auch immer dude, die hochwohlgeborene Prinzessin ist schon gestern hier herein gestürmt und hat wegen einem "weißen Kerl" herumgeschrien und dass sie ihn am liebsten häuten würde. Wenn du mich fragst, hat sie eine Schraube locker." meinte Alfred dann und redete ziemlich schnell, sodass Francis Mühe hatte zu folgen.

"Oh mon dieu, hat sie einen Namen genannt?" fragte er aufgeregt nach. Alfred kratzte sich am Kopf. "Nee, ich glaube nicht. Als Hero würde ich mich ja daran erinnern!" Das war noch so eine Eigenart von dem großen Blonden: Er tönte immer damit, dass er sie ja alle hier früher oder später retten würde und dann der Hero wäre. Ein wirklicher Freak. Gerade erzählte Alfred wieder von einem seiner Pläne, der beinhaltete, dass er solange die Gitterstäbe anschreien würde, bis sie schmelzen würden. Francis hörte jedoch nicht zu, sondern musterte zum Einen die hübsche Bel und stellte sich vor, wie sie mit einer Rose im Haar aussehen würde und zum Anderen dachte er daran, dass da möglicherweise Gilbert oben im Schloss saß und es irgendwie geschafft haben musste, die Prinzessin zu verärgern.

Er musste aber sicher gehen und überlegte sich einen Plan, während er sich nun auch Alfred mit Rosen im Haar vorstellte. Er war sicherlich kein hässlicher Kerl...
 

A/N: Ivan ist jetzt nicht schlagartig lieb und handzahm geworden :DD

Aber er ist ja auch kein vergewaltigendes Monster, dass irgendwie nichts besseres zu tun hat, als Gilbert-Häschen zu rapen O.o

Und ich hatte den Hero völlig vergessen :OO Jetzt hat er aber auch eine Rolle!
 

Achja und als die beiden "tanzen" (haha diese Einfälle), hatte ich die Melodie von Pandora Hearts im Kopf:

http://www.youtube.com/watch?v=lE0SPtpzuWU&feature=related



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Levi
2012-02-06T17:51:09+00:00 06.02.2012 18:51
*quietsch*
Süüüß dieser Kuss.
Aber Gilberts Vergangeneheit ist total zum snifln.

Wie auch immer. Wir sind jetzt ein Stück weiter. Und dann wurden sie auch noch bespannt. Typisch. XDDDD
Na ob Gilbert jetzt überhaupt noch von Ivan loskommt?

Freu mich aufs nächste Pittel ^^
Von: abgemeldet
2012-02-05T20:01:16+00:00 05.02.2012 21:01
*_______________* wunderschön!
Einerseits traurig wegen Gilberts Vergangenheit... aber der Kuss! *lange auf so eine Stelle gewartet hab* einfach toll :-)


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