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A past and a future secret

Krieg der Vampire
von

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Scheitelpunkt eines Lebens

~Aloha ihr Lieben!
 

Sohooo, hier das neue Kapitel. Es wird ein wenig ernster und definitiv traurig werden. Aber ich habe ein Lied für euch, welches ich absolut genial und passend für die markierte Szene finde! Im Original ist es von Pink Floyd und auch richtig klasse, aber diese Version passt einfach noch besser!
 

(*1*): http://www.youtube.com/watch?v=uDvEWtUy-SA
 

In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen und hoffe natürlich sehr, dass es euch gefallen wird! :)
 

LG

Galenhilwen~
 


 

Knurrend öffnete Sasori verschlafen seine Augen und sah sich um. Im ersten Augenblick, in dem er noch nicht wirklich wach und voll denkfähig war, wunderte er sich enorm darüber, wieso er auf der Couch lag. Doch der Lärm, der ihn aus dem Schlaf gerissen hatte, erinnerte ihn beinahe schon schmerzlich wieder daran... Deidara!
 

Schnaubend wischte er sich über das Gesicht und stand auf, als hinter der Couch, von der Küche aus, die der Wohnungstür direkt gegenüber lag, eine pervers gut aufgelegte Stimme ertönte: „Oh, wird Dornröschen auch mal wach?“ Mit einem Mal drehte er sich um und sah sich dem blonden Vampir gegenüber, der in seinem, SEINEM!, Morgenmantel am Türrahmen zwischen Wohnzimmer und Küche lehnte, ein lebensmüdes, dämliches Grinsen aufgelegt hatte und in aller Seelenruhe und noch größerer Dreistigkeit einfach Kaffee trank!
 

Und als hätte der Tag nicht schon schlimmer angefangen, als die letzte Nacht aufgehört hatte, musterte Deidara ihn, bloß mit Shorts bekleidet wie der Jäger eben war, auch noch mit gierigem Blick, leckte sich demonstrativ über die Lippen und schnurrte: „Rrrrrr... chic.“
 

Dem Explodieren nahe warf Sasori sich die dünne Decke über die Schultern und vergrub sich darin, ehe er aufgebracht keifte: „TICKST DU NOCH SAUBER?! Wie, zum Henker, kommst du in die Küche, was hast du mit meinem Morgenmantel gemacht und wieso fingerst du einfach an meiner Kaffeemaschine herum?!“ Der Vampir grinste schief: „Zu Fuß, ihn angezogen und Kaffeedurst.“ Die Gesichtsfarbe des Rothaarigen konnte sich zwischen kreidebleich und rot vor Wut nicht mehr entscheiden, so dass eine ungesunde Mischung das Ergebnis war.
 

Mit federnden Schritten kam der Blonde auf ihn zu und säuselte beinahe unschuldig: „Ich hatte Hunger, da habe ich mich halt aus dem Fenster gemogelt... die du unbedingt mal putzen solltest.“ Der Vampir blieb vor ihm stehen, fuhr sich mit der Zunge schon beinahe genüsslich über die langen Eckzähne und grinste: „Und da ich sicherlich nicht den ganzen Tag in diesem Mehlsack rumlaufen wollte, den du mir gestern gegeben hast, habe ich mich vorerst mit dem Morgenmantel angefreundet.“
 

In weiser Voraussicht trat Sasori augenblicklich einen Schritt zurück. Er ahnte, dass dieser Blutsauger schon wieder irgendwelche idiotischen Sachen machen würde, um die Diskussion zu beenden. Doch dieses Mal würde er es nicht so weit kommen lassen!
 

Noch immer bis aufs Blut gereizt zischte der Rothaarige: „Was auch immer du vor hast: vergiss es! Das hier ist MEINE Wohnung, in der MEINE Regeln gelten, kapiert?! Und wenn du nicht sofort aufhörst, dich wie ein drittklassiger Untermieter aufzuführen, dann bringe ich dir eigenhändig das Fliegen bei... aus dem Fenster bis auf die Straße!“ - „Aber vorher putzt du sie...“ - „Aaaargh!!!“ Alle guten Vorsätze und Vorsichtsmaßnahmen vergessend ging Sasori auf den Blonden los und packte diesen am Hals: „ICH BRING DICH UM!“
 

Eigentlich wusste er, dass das absoluter Unsinn war, aber diese durchgeknallte Schnalle würde ihm noch den Verstand rauben! Den letzten Nerv kosten! Er hatte wirklich, wirklich andere Sorgen, als sich um diesen blutsaugenden Schnorrer zu kümmern!
 

Deidara sah ihn jedoch lediglich beleidigt an: „Bis nachmittags pennen und dann so die Drama-Queen raushängen lassen... Du hast Nerven!“ Mit einem Mal ließ er den Vampir los und keifte: „WAS?!“ - „Ich sagte, dass du eine theatralische Drama-Qeen bist und...“ Knurrend patschte Sasori dem Blonden seine Hand aufs Gesicht, schob diesen beiseite, um in die Küche zu hechten. Der Blick auf die Uhr war das fehlende Tüpfelchen auf dem „i“, welches diesen Tag zum absoluten Tiefpunkt der vergangenen Jahre machte. Schlimmer ging es wirklich nicht!
 

Resignierend seufzend wischte er sich über das Gesicht. Es war bereits nach halb vier...
 

Wütend sah er auf. Machte nur mit seinem Blick deutlich, dass er alleine Deidara für dieses Chaos verantwortlich machte, der jedoch nur zuckersüß lächelte, sich auf die Couch setzte und in Ruhe den Kaffee trank. ALLES war durcheinander! Dieser Kerl machte ihn so wahnsinnig, dass Sasori nicht einmal mehr sagen konnte, ob ihm nach lachen, weinen oder ausrasten zumute war, unabhängig davon, dass zwei von drei Möglichkeiten realistisch nicht für ihn umzusetzen waren. Einfach aus Prinzip nicht!
 

Wäre er doch bloß nie in die Nähe dieses Clubs gekommen! Hätte diese blonde Pest ihm doch bloß nicht sein mickriges Leben gerettet! Es gab nur eine Sache, die in seinem Leben von Bedeutung war, und diese eine Sache wurde von diesem Idioten völlig ad absurdum geführt! Sein einziger Lebensinhalt fühlte sich plötzlich so lächerlich an... So unsagbar und schmerzhaft unnütz. Alles, wofür er gekämpft, GELEBT hatte, hatte in der letzten Nacht ein Ende gefunden.
 

Selbst wenn er seine Jagd, seine alles umfassende Arbeit fortsetzen würde, so würde sie niemals wieder dieselbe sein. Er beherbergte eines der Geschöpfe, die ihn in dieses Leben getrieben hatten und schuldete diesem auch noch einen Wunsch. Ob er diesen nun jemals erfüllen würde oder nicht... das war schon völlig bedeutungslos. Denn es zwang ihn so oder so, all seine Ideale zu verraten. Der einzige Mensch, von dem er es nie erwartet hätte, war ein Verräter seiner Sache. Und das war der einzige Mensch, der für seine Sache kämpfte... er selbst. Er hatte sich den Dolch eigenhändig in den Rücken gestoßen...
 

Ein hämmernder Schmerz setzte sich hinter seinen Schläfen fest. So konnte er nicht arbeiten. Er musste den Kopf frei kriegen...
 

Weit weniger entschlossen, als er das gerne gehabt hätte, marschierte er zur Schlafzimmertür und schloss diese auf. Deidara sah ihm dabei zu und lächelte: „Hey, noch nicht anziehen! Ich genieße noch.“ Während er die Tür öffnete, knurrte der Rothaarige nur: „Geh einfach sterben und lass mich in Frieden.“ Ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen, verschwand der Jäger im Schlafzimmer.
 

Deidara sah seinem einstigen Gefährten nach. Jegliches Grinsen war mit einem Mal von seinem Gesicht gewichen. Da hatte keine Wut mehr in der Stimme gelegen. Kein Bisschen mehr von diesem amüsanten, künstlichen Aufregen. Der Tonfall hatte nur eines vermittelt: Bitterkeit. Richtige Verbitterung! So hatte er Sasori noch nie reden hören... und irgendwie jagte ihm diese eindeutige, abgrundtiefe Verbitterung Angst ein.
 

Seufzend stellte er die Tasse mit dem Kaffee auf den Wohnzimmertisch ab, erhob sich und folgte vorsichtig zum Schlafzimmer, wo er, für seine Verhältnisse, schon beinahe zaghaft durch die Tür blickte und mit ernster Stimme murmelte: „Hör mal, ich wollte dich nicht so verärgern... Es tut mir Leid...“
 

Erst jetzt, im hellsten Zimmer der ganzen Wohnung, fielen ihm die zahlreichen Narben ins Auge, die den sonst so perfekten Körper des Rothaarigen übersäten. Sasori zog sich rasch das Shirt über und drehte sich mit eisigem Blick zu ihm um: „Spar dir das! Erspare mir das! Lass mich einfach in Ruhe...“ Vorerst sprachlos schaute Deidara dem Jäger dabei zu, wie dieser flink und schnell in seine Sachen schlüpfte, sich die schweren Stiefel nahm und mit diesen auf dem Bett platz nahm, um sie sich anzuziehen.
 

Langsam ging Deidara auf den Rothaarigen zu und krächzte: „Es tut mir wirklich Leid... Ich wollte dich nicht kränken oder so...“
 

Eisern versuchte Sasori den Vampir zu ignorieren. Diese Erkenntnis kam ein wenig spät, auch wenn es mit Kränkung nichts zu tun hatte, sondern in erster Linie mit Aufdringlichkeit, Nervigkeit und Dreistigkeit. Und dem Verrat seiner selbst. Er war doch kein Hampelmann für diesen Blutsauger! Wenn es nach ihm ginge, dann hätte einer von ihnen die letzte Nacht nicht überlebt. Und mittlerweile war es ihm schon fast egal, wer von ihnen es gewesen wäre...
 

Mit fertig geschnürten Stiefeln erhob er sich und merkte erst jetzt, dass Deidara mit ziemlich reuigem Gesichtsausdruck vor ihm stand. Der Tag wurde immer „besser“... erst diese absolute Dreistigkeit, dann hatte er die gesamte Zeit für die Arbeitsplanung verschlafen und nun fühlte er sich auch noch schuldig dafür, dass dieser Kerl ihm so auf den Zeiger ging und ihm seinen Kampf für seine Sache zur Selbstverzweiflung trieb! Doch der Blonde tat ihm nicht den Gefallen und wandte den Blick wieder ab, sondern raunte statt dessen nicht weniger reumütig: „Bitte glaube mir... oder nimm wenigstens meine Entschuldigung an...“
 

Sasori seufzte resignierend auf, strich sich durch das Haar und knurrte: „Wieso sollte ich?“ Das hatte er sich irgendwie überzeugender vorgestellt, als er es tatsächlich gesagt hatte. Und ehe er zu einem erneuten Versuch ansetzen konnte, wurde er plötzlich in eine Umarmung gezogen. Leise hauchte Deidara ihm wirklich schier flehend ins Ohr: „Bitte...“
 

Sein gesamter Körper verkrampfte sich ruckartig. Sein ganzer Verstand schien kurz vor dem völligen Aussetzen zu stehen. Zig Fragen brachen über ihm ein, wie ein instabiles Haus...
 

Wieso nahm ein Vampir ihn SO in den Arm?!

Wieso ließ er sich SO in den Arm nehmen?!

Wieso wurde ihm plötzlich auf eine extrem schmerzliche Art bewusst, dass das niemand mehr getan hatte, seit...

Wieso fühlte es sich nicht schrecklich und furchtbar an, sondern ließ seinen Körper zittern, als habe er so etwas wie... Entzugserscheinungen?!

Und wieso, um alles in der Welt, verspürte er den Drang, diese Geste zu erwidern?!

Wieso fühlte es sich so... vertraut an? So... schön?

Wieso tröstete ihn dieser Körperkontakt auf eine mehr als ironische Art und Weise über das Gefühl hinweg, sich selbst verraten zu haben?!

Es war doch nur eine dumme Umarmung... von einem grässlichen Vampir... von DEM Vampir, der die zahlreichen Male seiner ausgetragenen Kämpfe an seinem Körper von Trophäen zu bloßen Verletzungen degradierte, die davon zeugten, wie irrsinnig er eigentlich in seinem Rachefeldzug war?! Das war doch sein ganzes Leben gewesen... alles, was ihm geblieben war...
 

Bestimmt stieß Sasori den Blonden von sich und knurrte: „Fass mich bloß nie wieder an, verstanden?!“ Er trat noch einen Schritt zurück, nur zur Vorsicht. „Mach hier keine Dummheiten, ich muss für ein paar Stunden weg.“ Er sah den fragenden Blick Deidaras und schüttelte energisch den Kopf: „Das kannst du vergessen! Ich gehe ALLEINE! Wenn ich dich in der Nähe bemerke, dann, das schwöre ich dir, jage ich mir höchstpersönlich eine Kugel durch den Kopf, damit du mich nicht mehr belästigen kannst...“ Sein Blick und seine Stimme wurden noch eisiger. „Das gilt übrigens auch für deine ominösen Fummelattacken.“
 

Unter einem unsagbar ungläubigen Blick Deidaras nahm Sasori seinen Mantel an sich, ging ins Wohnzimmer und steckte auch den Colt ein. Er meinte seine Drohung völlig ernst. Diesem Spinner konnte er nichts tun... und wenn Selbstmord die einzige Drohung war, die zum Erfolg führte, dann war dem eben so. Er ließ sich ganz sicher nicht den letzten Funken Lebenssinn von dieser abgehalfterten Drag-Queen nehmen!
 

Ehe er durch die Wohnungstür verschwand, blickte er noch einmal über seine Schulter in Richtung Schlafzimmer. Deidara war ihm gefolgt, blieb jedoch auf Abstand. Und der durchaus entsetzte Gesichtsausdruck verriet ihm, dass die Tour scheinbar zu funktionieren schien. Er fixierte den Blonden misstrauisch und raunte: „Ich werde dir nicht anbieten, dich wie zu Hause zu fühlen... das tust du ja bereits schon. Halt einfach die Füße still, wenn du unbedingt bleiben willst, und warte, bis ich wieder zurück bin.“
 

Deidara sah dem Rothaarigen nach, der schließlich die Tür hinter sich schloss und nach wenigen Augenblicken auch kein Geräusch mehr im Treppenhaus verursachte. Seufzend ließ er sich wieder auf die Couch sinken und nahm seinen Kaffee an sich. Was war nur los mit ihm? Er hatte nie Zweifel gehegt, egal was er getan hatte. Immer hatte er alles mit vollster Überzeugung getan...
 

Doch nun nagten sie zum ersten Mal unangenehm an ihm. War er zu weit gegangen? Aber er hatte doch nichts Böses getan!? Er war nur ein bisschen frech und dreist gewesen, aber das hatte Sasori damals nie wirklich gestört. Klar, das künstliche Aufregen hatte er früher schon immer an seinem Gefährten geliebt und mit Freude provoziert. Aber diese plötzliche Verbitterung war ihm bei seinem Rotschopf in dieser Art und Weise völlig fremd...
 

Irgendwas musste im neuen Leben seines Gefährten passiert sein. Irgendetwas so gravierendes, wie es wohl damals Sasoris Tod für ihn gewesen war... Und etwas, das dafür verantwortlich war, dass sein Geliebter einen solch abgrundtiefen Hass gegenüber Vampiren und Lykanern empfand.
 

Ein ungutes Gefühl stieg in Deidara auf. Noch konnte er es nicht konkret benennen, aber irgendwie sagte es ihm, dass das alles nicht zufällig passiert war und passierte. War es möglich, dass...?! Er schüttelte den Kopf. Eigentlich konnte er es sich nicht vorstellen, dass die Fehde, die einst für ihren Niedergang gesorgt hatte, auch heute noch wütete. Es war zu absurd. Und dennoch... die Möglichkeit bestand, dass die Vampire ihnen noch immer nicht verziehen hatten. Und wenn dem so wäre, so würde Sasori als Mensch ein einfaches Opfer darstellen.
 

Besorgt sah er auf. Beinahe alles in ihm schrie förmlich danach, dem Jäger doch zu folgen. Nur um sicherzugehen, dass diesem auch nichts passierte. Doch der kleine Teil, der ihm davon abriet, wog trotz allem schwerer. Es wäre nicht gut, wenn er diesen verzweifelten Wunsch, auch wenn er als Befehl formuliert gewesen war, ignorierte.
 

Entschlossen leerte er die Tasse und nickte, obwohl er wusste, dass es niemand sehen würde. Aber er tat es trotzdem, um sich selbst seinen Entschluss noch einmal zu verdeutlichen. Er würde es immer lieben, seinen Rotschopf ein wenig zu reizen und es sicherlich nicht unterlassen. Er musste nur... subtiler vorgehen. Nicht ganz so extrem progressiv. Herausfinden, was passiert war, indem er Sasori aus der Reserve lockte und bewies, dass er als Vampir vertrauenswürdig war. Und die erste Hürde dazu würde wohl nun sein, sich in Geduld zu üben und brav zu warten, bis sein Gefährte wiederkommen würde.
 

Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Er durfte sich wie zu Hause fühlen, weil er das bereits einfach getan hatte... dann würde er dieses „Angebot“ doch auch wahrnehmen! Neugierig sprang er auf und widmete sich dem kleinen Fernsehschrank, auf dem das TV-Gerät stand. Hinter den Schranktüren kamen tatsächlich ein paar DVD-Hüllen zum Vorschein, auch wenn es Deidara kaum wunderte, dass er bei diesem Klemmi keine „speziellen“ Filme fand...
 

Einen Fund jedoch hätte er in einer Million Jahren nicht erwartet...
 

Grinsend nahm er genau diesen an sich, startete den DVD-Player und schmiss den Film guter Dinge ein. Die „Monster AG“ war genau das, was seine Laune wieder heben würde...
 


 

(*1*) Kalter, feuchter Nebel tauchte alles in einen Schleier aus grauem Antlitz, der sich federleicht über alles legte, was mit ihm in Berührung kam. Beraubte alles und jeden der Farben, mit denen es sich für Üblich zu schmücken pflegte. Zwischen Büschen und Bäumen bahnte ein unscheinbarer Pfad aus Kies sich, von dem Nebel begleitet, seinen Weg zwischen Gräbern und von Efeu überwucherten Mauern entlang, was zusammen grau in grau einen surreal wirkenden Friedhof als Gesamtbild präsentierte.
 

Der Kies knirschte und bot nur marginal eine akustische Antwort auf das einsame Rufen der Krähen und Dohlen, die mit ihrem Gekrächze und Geschnarre die Stille dieses Ortes durchbrachen. Aus den Nebelschwaden tauchte ein leicht wehender, aufgefächerter, schwarzer Mantel auf, der wie die Flügel eines großen, erhabenen Vogels wirkte. Leise begleitete das Klimpern der zahlreichen metallischen Ketten und Verschlüsse das Knirschen der kleinen Steine, welches mit jedem Schritt entstand.
 

Alleine das Rot der Haare und der einsamen Rose in der Hand Sasoris schien sich von der schier wabernden Masse aus verschiedenen Grautönen abheben zu können, und wirkte verloren an diesem Ort. Den Ort, den er schon so lange nicht mehr besucht hatte, und der vermutlich gerade deshalb genau der richtige war. Denn hier lagen all die Gründe, die ihn in das Leben eines Jägers gedrängt hatten, der seinesgleichen suchte...
 

Es klang weit arroganter, als es wirklich für Sasori war. Er machte sich nichts daraus, sondern konzentrierte sich alleine auf seine Angelegenheiten. Dass das bei manchen Jägern zu Antipathien ihm gegenüber führte, war wirklich nicht sein Problem. Wenn ihm einer dieser Unwissenden quer kam, gab es Ärger. So einfach war das. So einfach war sein gesamtes Leben bisher gewesen. Er hatte seine eigenen Regeln aufgestellt und die hatten, so lange er alleine war, auch immer funktioniert. Sein ganzes Leben hatte funktioniert. Er selbst hatte funktioniert.
 

Denn wenn er ehrlich war, hatte sein Leben keinen Sinn, sondern eben nur eine Funktion, die er zuließ. Rache nämlich war im Grunde sinnlos. Und wenn Rache sinnlos war, dann konnte sie seinem Leben auch keinen Sinn geben. Eine Funktion, eine Aufgabe, das ja. Aber eben keinen Sinn. Und was war ein sinnloses Leben schon wert?
 

Ob er nun für alles Rache nahm oder nicht, veränderte rein gar nichts. Die Dinge würden genauso laufen, wenn es ihn nicht gäbe. Und doch war die Rache das Einzige, was ihm geblieben war...
 

Zielsicher folgte er dem Weg durch das zermürbende Geflecht aus feuchter Luft und diesigem Licht. Zu dem Ort, an dem alles geendet und begonnen hatte. Zurück in eine Zeit, die ihn noch immer begleitete. Die er als Erinnerung fest umklammert hielt. Eine Erinnerung daran, dass er nicht sein Leben lang alleine gewesen war...
 

Eigentlich waren es sogar zwei Orte, die sein Ziel waren. Der jedoch, zu dem er sich als erstes begab, war ihm der liebere. Beide fand er hier inmitten zahlreicher Grabsteine von Menschen, die er nicht kannte. Umgeben von Pflanzen, die sich als einzige Gewächse auf den Friedhof zu trauen schienen. Schmuckloser Efeu, Gras, ein paar Bäume. All die hübschen Blümchen auf manchen Gräbern konnten diesem Ort seine Trostlosigkeit nicht nehmen, an dem zeitlose Stille alles beherrschte. Klägliche Versuche, einem Ort des Todes Leben einzuhauchen.
 

Dieser zeitlosen Stille den nötigen Respekt mit Schweigen entgegenbringend, verließ Sasori den Hauptweg und bog in einen kleineren ab, der noch dichter von den Ruhestätten der Toten gesäumt war. So dicht, dass sie nicht im Nebel versanken und aus dem Bewusstsein verschwanden, sondern wie eine Allee der Sterblichkeit aufwarteten.
 

Nach knapp 20 Metern blieb er schließlich stehen und wandte den Blick nach rechts, ließ diesen über das schlichte Grab gleiten, welches ihm nach so langer Zeit ein wenig das Gefühl der Reue vermittelte. Er hatte sich lange nicht darum gekümmert. Aber er war pragmatisch, auch in dieser Hinsicht. Was sollte er sich um einen Haufen Erde kümmern, in dem die Mikroorganismen ihren Job erledigten? In diesem Haufen Erde waren einst die sterblichen Überreste seiner Großeltern vergraben worden, nicht aber ihr Wesen und das, was sie zu seinen Großeltern gemacht hatte. Er brauchte diesen Ort nicht, um ihnen die Ehre zu erweisen. Er brauchte diesen Ort nur, um sich ins Gedächtnis zurückzurufen, weshalb er noch lebte...
 

Sanft glitten seine Finger, die in diesem diesigen Szenario wie schneeweiße Blüten wirkten, über den kalten Stein, der auf dem Grab stand. Seinen Großvater hatte er nie kennengelernt. Und seine Großmutter, Chiyo, lag nur hier neben ihm, weil er früher von ihnen gegangen war und den Platz neben sich für seine Frau vorbehalten hatte. Nur deshalb war ihm dieser Ort lieber. Denn in großen, geschwungenen Buchstaben stand ihr Name auf dem runden, schwarz-weiß gemusterten Marmor. Der einzige Beweis dafür, dass das alles nicht einfach nur ein schrecklicher Traum war, sondern die Realität. Das einzige Mahnmal, das ihn immer wieder daran erinnerte, wieso er sein Leben dieser Aufgabe gewidmet hatte, der er nachging.
 

Sasori ging in die Hocke und legte die Rose auf den verwitterten, groben Kies, der die Erde des Grabes bedeckte und vor vielen Jahren einmal strahlend weiß gewesen war.
 

Ja, er erinnerte sich wieder an jenen Schwur, den er sich damals gegeben hatte. Und er erinnerte sich daran, dass er es nicht alleine für sich selbst tat. Er tat es für das, was ihm genommen wurde. Für diejenigen, die den Kreaturen der Nacht zum Opfer gefallen waren.
 

Langsam und ein wenig zitternd erhob er sich wieder. Nun fühlte er sich stark genug, um den letzten Besuch dieser Reise anzutreten. Es war jedes Mal ein Kraftakt, selbst nach all den Jahren noch. Doch das Grab seiner Großmutter ließ ihn immer wissen, dass auch seine Eltern irgendwo waren. Auch wenn ihre Namen niemals irgendwo stehen würden... und er ihrer Ruhestätte niemals so gegenüberstehen könnte, wie der seiner Großeltern.
 

Lautlos seufzend setzte er seinen Weg fort. Es war zu jung gewesen. Ein Kind. Niemand war mehr da gewesen, um seinen Eltern einen Platz an diesem Ort zu verschaffen, der für Erinnerungen geeignet war...
 

Schneller als ihm lieb war, erreichte er den unangenehmen Ort, an dem seiner Eltern... gedacht wurde. Er blickte auf die große, steinerne Platte, an der unzählige kleine Schilder angebracht waren. Auf manchen stand einfach nur ein Datum, auf anderen nicht mehr als ein Vorname. Und auf einem stand schlichtweg nur „Akasuna“. Mehr war ihm von seinen Eltern nicht geblieben. Nur dieses unpersönliche Schild an einer Mauer, die daran erinnerte, wie viele unbekannte oder zahlungsunfähige Menschen in einem Krematorium aufeinandergestapelt den Flammen zum Fraß vorgeworfen worden waren. Dieses verfluchte, verhasste und verletzende Schild... und vage Erinnerungen an die Menschen, die ihm geraubt worden waren, als er gerade einmal 6 Jahre alt gewesen war...
 

{Flashback}
 

Es war bereits nach acht Uhr abends, doch die spätsommerliche Sonne schenkte noch genügend Licht und Wärme, um die Stimmung, die in dem kleinen Garten herrschte, in keiner Weise zu trüben. Auch wenn sie allmählich im Begriff war, unterzugehen.
 

Auf einem Grill brutzelten Gemüse und Fleisch vor sich hin. Voller Vorfreude sog der kleine Rotschopf den Duft in sich auf und konnte es kaum erwarten, endlich etwas zu Essen zu kriegen.
 

Ungeduldig zappelte er auf seinem Stuhl herum und versuchte mit den viel zu kleinen Händen und viel zu kurzen Armen an den Ketchup auf dem Tisch zu kommen, an dem auch seine Oma und seine Mutter saßen und ihm vergnügt dabei zusahen. Sein Papa stand am Grill und passte auf, dass auch alles so lecker werden würde, wie es auch roch.
 

Seine Mama strich ihm zärtlich über den Kopf und schmunzelte liebevoll: „Nun hab doch etwas Geduld, mein Schatz. Das Essen wird dadurch nicht schneller fertig.“ Trotzig sah er es ja mal gar nicht ein, sein Vorhaben aufzugeben und schmollte seiner Mama als Antwort entgegen: „Doch!“ Wieder schmunzelte seine Mama.
 

Sasori war immer froh, wenn sie im Garten waren. Hier war es so schön grün. Auch wenn der rote Ketchup gerade viel interessanter war.
 

Heute waren sie nur wegen ihm hier! Endlich war er groß, denn er war am Morgen in die Schule gekommen. Jahaa, jetzt war Papa nicht mehr der einzige Mann im Haus! Es war nur gemein, dass er nicht an den Ketchup kam! Entschlossen lehnte er sich noch ein Stück vor, kippelte mit den Zehenspitzen auf seinem Gartenstuhl herum, dass das Gesicht seiner Mama schon ganz weiß wurde, und erreichte endlich sein Ziel! Triumphierend schoss er mit seinem Ketchup vom Stuhl und landete auf der Wiese unter sich.
 

Seine Mama sprang quiekend auf und kam auf ihn zu gerannt, schaute jedoch sofort wieder mit einem Lächeln zu ihm, als er ihr mit einem dicken Grinsen die eroberte Flasche präsentierte. Sie hob ihn hoch und setzte ihn zurück auf seinen Stuhl, wobei er seine Flasche Ketchup nicht mehr losließ, ehe sie ihm einen dicken Schmatzer auf die Wange drückte. Mit verzogenem Gesicht wischte er sich die Spucke und den Lippenstift aus dem Gesicht und quengelte: „Mamaaaaa...!“ Nun kicherten auch seine Oma und sein Papa, während seine Mama fröhlich gluckste: „Das musst du dir als Mann im Haus gefallen lassen, Liebling.“
 

Ein wenig beleidigt knurrte er, ehe er seine volle Aufmerksamkeit wieder der Ketchup-Flasche widmete. Umständlich stellte er diese zwischen seinen kurzen Beinen auf dem Stuhl ab, um mit seinen kleinen Händen an dem Verschluss zu arbeiten. Mama und Papa kriegten das Ding doch auch immer so einfach auf, so schwer konnte das doch nicht sein! Aber irgendetwas schien er verkehrt zu machen...
 

Seine bleichen Wangen färbten sich von der Anstrengung durch das ständige Ziehen, Drücken, Quetschen, gelegentliche Hauen und Kratzen an der Flasche bereits ganz rot.
 

Die Sonne schob sich nun ganz hinter den Horizont und Oma Chiyo zündete ein paar Fackeln und Kerzen an, die statt dessen Licht spendeten. Und Sasori blickte irritiert auf, als sein Papa ihm ein Stück Fleisch und etwas Gemüse auf seinen Teller legte, ihn dabei anlächelte und über den Kopf strich: „Hau rein, mein Großer. Das erste Stück ist für dich.“ Seine Augen wurden groß und strahlend, als er die riesige Portion Essen erblickte. Groß sein war klasse!
 

Mit einem Mal plöppte auch die Kappe von der Ketchup-Flasche. Und ehe seine Mama mal wieder einschreiten konnte, landete der halbe Flascheninhalt mit einem zähflüssig klingenden Blubb auf seinem Teller... Seine Mama hielt in der springenden Bewegung auf ihn zu inne und lächelte nur wieder liebevoll: „Ach, Sasori... man isst Fleisch MIT Ketchup und nicht IN Ketchup.“ Etwas irritiert sah er in die Flasche: „Wieso? Da ist doch kein Fleisch drin...“
 

Lachend nahm sie ihm die Flasche ab und stellte sie außerhalb seiner Reichweite. Das machte aber nichts, er hatte ja jetzt, was er wollte.
 

Die ersten Sterne begannen über ihnen zu funkeln, als er nach seiner Gabel griff... und ein infernalisches Knurren hinter der Hecke ertönte. Sasori blickte sich um. Seine Mama, seine Oma und sogar sein Papa schauten mit besorgten Blicken auf. Mit einem Mal herrschte eine Stille, die er noch nie wahrgenommen hatte. Und obwohl er nun der zweite Mann im Haus war... hatte Sasori Angst. Das war nicht lustig. Das war gruselig. Unheimlich.
 

Panisch riss er seine Augen auf und kreischte, als ein riesiger Hund durch die Hecke auf seine Oma sprang. Mit Tränen in den Augen sah er sich um. Seine Mama schrie und war von ihrem Stuhl aufgesprungen, rannte auf ihn zu. Sein Papa eilte zu Oma Chiyo, um ihr zu helfen.
 

Hinter dem Hund kamen noch zwei Hunde in den Garten geschossen und er konnte gar nicht so schnell gucken, wie sie überall und nirgendwo herum rannten. Er ließ sich von seinem Stuhl fallen, um zu seiner Mama zu kommen, die mit ängstlicher Stimme nach ihm rief. Ein Hund stieß ihn zur Seite und er fiel hin.
 

Sasori spürte nur noch eines in sich: Angst. Panisch sah er sich um, bis er seine Mama wieder sah und rufend auf sie zu lief: „Mama! MAMA!!“ Sie drehte sich zu ihm, kam ihm mit ausgestreckten Armen entgegen, als sich plötzlich zwei komische Männer zwischen sie stellten. Ängstlich blieb er stehen und starrte dem großen Mann in das bleichen Gesicht. Dieser grinste ihn an, aber das war kein fröhliches Grinsen. Nein, es machte ihm noch mehr Angst. Vor allem diese spitzen Zähne, die er dabei zu sehen bekam.
 

Der andere Mann packte seine Mama, die laut um Hilfe rief. Wo war denn sein Papa?! Sasori sah sich in dem hektischen Chaos abermals um... und verlor mit einem Mal sämtliche Kindheit, sämtliche Unschuld, die in ihm geruht hatte.
 

Gelbe, riesige Zähne bohrten sich in den Körper seines Papas, der so schrecklich schrie, dass Sasori das Blut in den Adern gefror. Überall war Blut! Es klebte, spritzte und floss ÜBERALL! Einer der riesigen Hunde riss seinem Papa einen Arm vom Körper, ein anderer hatte sich in dem menschlichen Schädel verbissen, der unter der unsagbaren Kraft laut hörbar knackte.
 

Der kleine Rotschopf brach in Tränen aus, suchte nach seiner Oma. Und als er sie sah, übergab er sich. In großen Brocken schlangen ein paar Hunde seine Oma herunter. Schmatzten und lechzten, als fräßen sie Hundefutter...
 

Völlig aufgelöst taumelte er zwischen all den Gestalten hin und her, hörte nur dumpf die Stimme seiner Mutter: „LAUF! SASORI, NUN LAUF ENDLICH WE... AAAAH!“ Durch einen Film aus Tränen und Blut, welches ihn durch das Wüten dieser Hunde bedeckte, sah er sie. Seine Mama. Mehrere Männer knieten über ihr und versenkten ihre hässlichen Zähne in ihr.
 

„MAMA!“ Kreischend rannte er auf sie zu. Er musste ihr doch helfen! Er musste seiner Mama helfen!!!
 

Einer der Männer stieß ihn jedoch zur Seite und er fiel, als sei er eine kleine Puppe. Schmerzhaft war sein Sturz. Er hörte seine Mutter schreien und rufen, und musste mit ansehen, wie diese Männer... ihr Blut tranken! Er musste dabei zusehen, wie nach und nach sämtliches Leben aus seiner Mutter wich.
 

Ihre Blicke trafen sich ein letztes Mal. Sie quälte sich ein Lächeln auf die Lippen... bis der Glanz aus ihren Augen verschwand...
 

Die Männer erhoben sich und einer von ihnen knurrte: „Den Rest könnt ihr haben.“
 

Sasori versuchte sich aufzurichten, doch einer der Männer hockte sich nun zu ihm. Er konnte diesen nicht erkennen, da seine Augen mit Tränen gefüllt waren, doch diese eiskalte Stimme reichte alleine schon, um ihm den letzten Rest Kindlichkeit zu nehmen: „Hör mir genau zu, Sasori. Verstanden?“ Er sah sich verwirrt um und schüttelte völlig traumatisiert den Kopf: „Mama...“ Der Mann packte ihn im Haar und schlug sein Gesicht gegen den Gartentisch. Sasori schrie auf und er spürte, wie Blut von seiner Stirn zu sickern begann.
 

Wieder sprach die eisige Stimme: „Hast du verstanden?!“ Der kleine Rotschopf nickte und weinte. „Gut... weißt du, was wir für Geschöpfe sind?“ Er schüttelte unter Tränen den Kopf. „Diese Vierbeiner waren Werwölfe und alle anderen, so wie ich, sind Vampire. Wir lieben es, unschuldige Menschen zu töten, Sasori. Denn wir trinken ihr Blut. Manchmal machen wir das nur aus Spaß, verstehst du das?“ Der Junge schüttelte den Kopf.
 

Der Mann griff seinen kleinen Arm und presste mit der großen Hand so lange zu, bis der Knochen in dem kindlichen Körper nachgab und brach. Wieder schrie er vor Schmerz auf und weinte immer mehr. Der... Vampir ließ ihn aber nicht los, sondern sprach weiter: „Solltest du es jemals wagen, dich mit anderen Menschen oder Wesen abzugeben, tauchen wir Vampire oder die Werwölfe auf und töten jeden einzelnen von denen, die dir wichtig werden. Verstanden?“ Sasori nickte. „Gut. Braver Junge...“ Wieder schrie der Junge auf, als der Mann die scharfen Zähne in seine Schulter rammte und begann, ihm Blut auszusaugen.
 

Langsam wurde dem kleinen Rothaarigen schwindelig. Einerseits schien dieser Vampir das Leben zu entziehen, andererseits waren die Schmerzen so unerträglich, dass sie ihm beinahe den Verstand raubten.
 

Schließlich ließ der Mann von seiner Schulter ab, um mit einem kehligen Knurren das Blut von seiner Stirn abzulecken. Sasori wurde wieder schlecht. Seine Tränen hatten aufgehört zu laufen. Er wollte nur noch, dass es vorbei war. Er wollte zu seiner Mama... zu seinem Papa... zu Oma...
 

Achtlos wurde er von dem Vampir wie Dreck durch den Garten geschleudert und landete vor den Pranken eines dieser Hunde. Eines... Werwolfs...
 

Die Männer verschwanden aus dem Garten.
 

Irgendwo konnte Sasori das Knacken von Knochen hören. Die Hunde fraßen seine Familie. Und der eine, der über ihm stand, fletschte die von Blut bedeckten Zähne. Der rote Saft tropfte vom Maul des Ungetüms direkt auf sein Gesicht. Er konnte den widerlichen Atem spüren, riechen, fühlen...
 

Der Werwolf riss sein Maul auf und biss dem Jungen in den Torso. Sasori schrie, wie noch nie an diesem Abend. Wie noch nie in seinem Leben. Wie eine Puppe wurde er von dem Monstrum hin und her geschüttelt, während die Zähne sich immer tiefer in seinen Körper gruben. Er schmeckte Blut. Spürte abgrundtiefen Schmerz. Schloss die Augen halb und wartete mit 6 Jahren darauf, dass er endlich starb.
 

Plötzlich jedoch ertönte ein Geräusch in der Nähe. Der Werwolf, der sich in ihm verbissen hatte, spuckte ihn regelrecht aus und knurrte: „Da kommt jemand. Rückzug!“ Kraftlos sackte Sasori zu Boden und bekam kaum mehr mit, wie die Ungetüme den Vampiren folgten und ebenfalls verschwanden.
 

Der Junge sah sich um, während er in einer Lache aus Blut im grünen Gras lag, konnte jedoch nicht viel erkennen. Alles war verschwommen, unwirklich, unendlich weit weg. Fühlte es sich so an zu sterben? Tat sterben immer so unsagbar weh?! Alles wurde immer dunkler. Erschöpft schloss er seine Augen. Doch ein Gedanke war so klar, wie noch nie etwas in seinem Leben...
 

Falls er nicht sterben sollte... würde er alles daran setzen, diese Wesen wissen zu lassen, was sie ihm gerade angetan hatten. Er würde ihre widerlichen Zähne, mit denen sie dieses Blutbad angerichtet haben, als Kette um seinen Hals tragen...
 

Er schreckte auf, war jedoch zu schwach, um seine Augen wieder zu öffnen. Eine Hand hatte sich auf seine Stirn gelegt und ein leises „Sssscht...“ erklang. Selbst wenn etwas bedrohliches über ihm lag, so nahm er es als solches nicht wahr. Er hatte keine Angst mehr... Keine Sorgen...
 

Eine zweite Hand drückte ihm etwas hartes auf die Brust, immer fester. Zu seiner Verwunderung tat es nicht weh. Auch nicht, als dieses Etwas durch seine Brust drang und in seinem Körper verschwand. Ganz im Gegenteil... Er fühlte sich ruhiger, besser. Und trotzdem konnte er nicht mehr dagegen ankämpfen, dass er von der Schwärze umhüllt wurde und in eine tiefe Ohnmacht sank...
 

{Flashback Ende}
 

Seufzend wandte Sasori den Blick von der großen Tafel ab und zog seinen Mantel zu, ehe er sich auf den Rückweg machte.
 

Nein, keinesfalls würde er seinen Plan aufgeben. Sie hatten ihm sein Leben genommen und doch genug davon gelassen, dass er über all die Jahre mit diesen physischen und psychischen Verletzungen hatte verweilen müssen.
 

In der kommenden Nacht würde er sich einmal richtig ausschlafen, um morgen wieder voll konzentriert arbeiten zu können. Sein Durst nach Rache und Vergeltung war noch lange nicht gestillt. Er würde so lange weitermachen, bis er so etwas wie Genugtuung, Frieden, Erlösung spürte. Und daran würde auch eine Blondine nichts ändern! Rein gar nichts!
 

Wieder knirschte der Kies unter seinen Füßen. Wieder war dies die Antwort auf all die Geräusche, die nur die Vögel in die Stille kreischten. Wieder umschmeichelte der Nebel seine schlanke Gestalt. Und wieder schritt er wortlos, aber zielsicher über den Friedhof. Es gab alleine zwei Unterschiede zu seinem Hinweg.
 

Erstens war es mittlerweile dunkel geworden. Die Schwärze der Nacht verlieh dem Nebel etwas verschlingendes, bedrohliches.
 

Und zweitens hatte er sein Ziel wieder klar vor Augen. Seinen Ansporn. Der Grund, der für sein abartiges Leben verantwortlich war.
 

Langsam tauchte er in die kalte, undurchdringlich scheinende Wand feuchter Luft ein. Verschmolz mit der Dunkelheit, die auch sein Herz umgab. Die immer für ihn da war. In die er auf eine ironische Weise genauso gehörte, wie die Wesen, denen er in ihr auflauerte...



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