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Eiskalter Engel

Loki/Jane Foster
von

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Midgard

Es ratterte ringsumher und der Lärm war ohrenbetäubend. Lichtblitze zuckten durch den Sturm aus Vakuum und Gammastrahlung. Unbezähmbare Mächte zerrten und drängten und der junge Mann überlebte dies nur, weil er nicht normal war.

‚Nicht normal...? Was bedeutet es, normal zu sein?’, dachte Loki.

Er war wie gelähmt, doch seine Sinne liefen auf Hochtouren. Es war keine Frage, ob er diesen Sturm überleben würde, sondern wann und wie er ihn wieder verlassen könnte. Das letzte, an was er sich erinnerte, waren sein Vater Odin sowie sein Bruder Thor, die ihm entsetzt hinterher schauten, als er in den ewigen Abgrund stürzte.

‚Vater und Bruder? Sie hatten nie einen Grund, mich als einen der ihren zu betrachten und trotzdem taten sie es. Warum?’, fragte er sich.

Seine Gedanken rasten wirr durch Erinnerungen aus längst vergangener Zeit. Vaters Bibliothek war bereits seit frühester Kindheit sein Lieblingsort gewesen. Regale mit unzähligen Büchern reihten sich aneinander und oft musste der Junge sich einen Stuhl hinschieben, um ein Buch von weiter oben runterholen zu können.

Odin hatte ihm natürlich erzählt, warum er ihn damals mit nach Asgard genommen hatte. Doch wie lange sein Vater damit gewartet hatte, schmerzte Loki. Vater? So hatte sich der alte Mann all die Jahre ihm gegenüber verhalten und doch nie die Wahrheit gesagt. Loki hatte immer gefühlt, dass etwas nicht stimmte. Er sah weder seinem Vater, noch seiner Mutter ähnlich, das hatte er schon früh bemerkt. Doch Kinder verdrängten Zweifel schnell wieder, wenn ihr Interesse auf etwas anderes gelenkt wurde.

Helles Licht machte sich plötzlich vor ihm breit und Loki glaubte, mittlerweile taub geworden zu sein von dem Lärm. Er schlug hart auf und seine Sinne verließen ihn. Verschwommene Schatten tauchten vor seinem inneren Auge auf und sie sprachen mit einer hässlichen Stimme zueinander. Loki, seines Zeichens Magier, versuchte von der Täuschung wegzukommen und öffnete benommen die Augen. Er lag auf dem Rücken und gleißende Helligkeit stach ihn in die Augen. Wieder wurde ihm bewusst, wie sehr er die Dunkelheit bevorzugte. Wo war er hier? Seine Gliedmaßen waren zu schwer, um sie vom Boden zu heben und so drehte er nur den Kopf etwas zur Seite. Nichts als eine endlose Weite, die zu schwimmen schien. Das musste an der Hitze liegen. Sie rief Wahrnehmungsstörungen hervor.

‚Ich muss hier weg...’, dachte er, war aber nach wie vor zu schwach.

Eine trockene Brise kitzelte ihn an der Nase und er musste niesen. Sein Nacken war steif.

‚Was für eine verfluchte Welt ist das, in der es keinen Schatten gibt?’, schimpfte Loki innerlich.

Er dachte eine Weile über sich und seine Situation nach und fragte sich allmählich, ob Eisriesen schmolzen, wenn sie zu lange in der Sonne lagen. Zum Glück war er kein normaler Eisriese. Der Magier hatte sein Leben bei den Asen verbracht und sich so wohl ihrer Physiologie angepasst. Doch merkwürdig war es schon. Er hatte nie körperliche Unterschiede festgestellt, bis er auf diesem verfluchten Planeten kam. Als einer der Eisriesen ihn am Arm gepackt hatte, färbte sich seine Haut blaugrau, ohne groß Schaden zu nehmen. Nachdem er seinen Gegner umgehauen und dieser ihn losgelassen hatte, war die seltsame Farbe wieder verschwunden. Nach seiner Rückkehr von Jötunheim hatte Loki lange darüber nachgedacht, was an ihm anders sein könnte und schließlich nur noch einen Ausweg gesehen: die Eisurne. Heimlich hatte er sich in die Waffenkammer geschlichen und das Relikt, das Odin vor langer Zeit den Eisriesen genommen hatte, berührt. Augenblicklich hatte sich seine Haut wieder verfärbt und Loki hatte Gewissheit darin, ein Kind der Eisriesen zu sein.

Schweißperlen rannen von seiner Stirn. Der junge Mann versuchte, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien und schaffte es, sich in eine sitzende Position aufzurichten. Wie er bereits vermutet hatte, befand er sich in einer Wüste. Entfernt sah er Hügel, die sich in den Himmel reckten. Vereinzelt standen magere Bäume in der trostlosen Landschaft herum.

‚Na das macht alles keinen Sinn hier...’

Von fern war ein Knirschen zu hören und schwerfällig kam Loki auf die Beine. Ein Schwindelgefühl packte ihn. Er trug immer noch seine Garderüstung, doch die hatte auf dem Weg hierher ziemlich gelitten. Von den metallenen Plättchen an seinen Schultern hatte er viele verloren, das Leder war teilweise abgeblättert und sein Umhang hing in Fetzen. Vom Helm war weit und breit keine Spur, aber ihm war es ganz recht. Thor hatte ihn wegen der Hörner oft als Kuh bezeichnet, abgesehen davon waren sie sowieso nur störend. Loki war fast immer irgendwo damit hängen geblieben, als er sich noch nicht daran gewöhnt hatte. Aber sein Vater hatte darauf bestanden, dass er den Helm zu offiziellen Anlässen trug und so hatte er sich gefügt.

Der Magier schüttelte kurz den Kopf, um wieder klar sehen zu können und lief dann in eine unbestimmte Richtung los. Irgendwann musste er ja schließlich auf jemanden treffen, der ihm sagen konnte, in welcher Welt er gelandet war. Ab dann konnte Loki sich überlegen, wie es mit ihm weitergehen sollte. Zurück nach Asgard wäre zwar eine Option, aber er hatte Gugnir, Odins mächtigen Speer, nicht umsonst losgelassen. Die Schande und den Spott der Asen wollte er sich sparen. Die restlichen Welten Yggdrasils hatte er heimlich besucht und erforscht und wären eine Möglichkeit gewesen. Am ehesten zog es ihn nach Liusalfheim, dem Land der Lichtelfen. Sie waren friedfertige und gebildete Wesen und Loki würde viel von ihnen lernen können. Was seinen momentanen Aufenthaltsort betraf, wusste er bereits tief inneren, wo er gelandet war.

‚Midgard...! Wer hätte gedacht, dass ich so bald wieder hier sein würde?’, dachte er.

Das Knirschen, das er schon seit einiger Zeit hörte, drängte sich in sein Bewusstsein. Loki blieb stehen und versuchte, den Grund des Geräusches ausfindig zu machen. Entfernt sah er eine Staubwolke, die über die Steppe fegte. Der junge Mann überlegte, ob er einen Geisteskontakt riskieren und den Verursacher der Staubwolke mental dazu bringen sollte, in seine Richtung zu kommen. Loki schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Stelle, an der er eben noch den Anfang der Wolke gesehen hatte. Und tatsächlich, zwei Sterbliche schienen ein Gefährt zu steuern. Er richtete seinen Geist auf den Fahrer aus und drückte auf dessen Gedächtnis. Doch die Anstrengung war zu groß für Loki, vor seinem inneren Auge wurde es schwarz und er verlor das Bewusstsein.
 

~
 

„Hätt’ ich nicht machen sollen...!“, sagte eine Stimme.

Sie schien einem älteren Mann zu gehören. Was war das hier?

„John, wie gut, dass wir ihn gefunden haben, sonst wäre er womöglich verdurstet...“, antwortete jemand anderes.

Es war zweifellos eine Frau und sie sprach die erste Person, John, beim Vornamen an. Sie standen sich wohl näher.

„Grace, sieh ihn dir nur mal an... Allein seine Kleidung! Das ist bestimmt irgendein Verrückter, den die Regierung hier rausgeworfen hat.“, meinte John.

„Um Himmels Willen! Du sollst ihn ja nur ins Krankenhaus fahren und dann gehen wir zur Polizei. Die werden schon herausfinden, wo er hingehört. Aber man kann jemanden in einer Notsituation nicht einfach sich selbst überlassen...“, antwortete Grace.

„Jaja, ist ja schon gut.“

„Ich versteh nur nicht, warum du mitten in die Wüste fahren wolltest...“, lamentierte die alte Frau weiter.

Loki schlug die Augen auf, machte sich aber nicht bemerkbar. Sein Blick war verschwommen, doch er begriff schnell, dass er auf der Rückbank des Gefährts dieser Menschen lag. Es roch abgestanden und nach Schweiß.

„Hm. Ich hatte so ein ... Gefühl. Als ob eine fremde Macht meinen Willen leiten würde...“

Grace sah ihren Mann schief von der Seite an.

„Das ist ja etwas ganz Neues. Sonst weißt du immer genau, was du willst...“

„Ach, gerade eben meintest du noch, dass es ein Glück sei, dass wir ihn gefunden hätten.“

„Jaja, ich sag ja schon nichts mehr, fahr nur weiter!“

Die beiden sagten eine Weile nichts mehr. Aus ihrem Gespräch konnte Loki schließen, dass er sich auf dem Weg in die nächste Stadt befand. Krankenhaus schien so etwas Ähnliches zu sein wie die Heilkammern in Asgard. Ihm stand der Sinn nicht danach, sich von diesen Sterblichen untersuchen zu lassen. Zweifelsohne würden sie in seinem Fall etwas gründlicher vorgehen als bei einem normalen Kranken und so von seiner Andersartigkeit erfahren. Soweit wollte er es nicht kommen lassen, aber andererseits war der Magier zu schwach, um sich groß gegen eine Untersuchung zu wehren. Er versuchte, seinen rechten Arm zu bewegen, der lose von der Rückbank hing. Es gelang ihm nicht. Der Kraftakt von vorhin, John in seine Richtung zu lenken, hat seine letzten Reserven aufgebraucht. Ohne ausreichend Schlaf und etwas in den Magen würde er nirgendwo hingehen können. Der junge Mann seufzte leise und schloss dann schnell die Augen, als er bemerkte, dass Grace sich zu ihm umdrehte.

„Hast du das auch gehört?“, fragte sie ihren Mann.

„Was denn, Schatz?“

„Ich glaube, er ist wach. Er hat gerade gestöhnt.“

„Ach was, du hast doch vorhin selbst seinen Puls gefühlt und gemeint, er sei nur noch schwach. Der Junge ist für die nächsten paar Stunden bestimmt noch weggetreten!“, meinte John.

„Ich hoffe, er stirbt uns nicht im Auto.“, sagte Grace und drehte sich wieder nach vorne, um aus der Frontscheibe ihres Pick-up zu schauen.

John fuhr scheinbar über einen großen Stein, denn das Gefährt machte einen Sprung und Lokis Kopf wurde nach links und rechts geschleudert. Ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen breit und er versuchte, ruhig und tief durchzuatmen.

‚Jetzt bloß das nicht.’, dachte Loki.

„Kannst du denn nicht aufpassen, wo du hinfährst?!“, schimpfte die Alte mit ihrem Mann.

„Jaja, lass mich in Ruhe!“

John fuhr eine Kurve und ihr Passagier auf der Rückbank wurde mit dem Kopf gegen die Innenseite des Fahrzeugs gedrückt. Loki konnte ein erneutes Stöhnen nicht unterdrücken und Grace drehte sich wieder um.

„Er ist ja doch wach...“, flüsterte sie leise, „Irgendwie erinnert er mich an den Typen von vor ein paar Jahren. Weißt du noch, der Blonde mit seiner Rüstung und diesem Ding?“

„Du meinst Thor?“, vergewisserte sich John, „Hätte nicht gedacht, dass wir da noch mal einen treffen...“

„Wie geht’s dir?“, fragte Grace ihren Schützling.

Loki antwortete nicht, sondern starrte sie nur an. Insgeheim hatte er gehofft, die beiden würden noch etwas mehr erzählen von damals, als Thor bei ihnen war. „vor ein paar Jahren“ hatte sie gesagt. Ihm kam es vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass er zum König von Asgard gekrönt wurde. Wie lange war er in diesem stellaren Sturm gefangen gewesen? Mehrere Jahre? Soweit er wusste, lief die Zeit in jeder der verschiedenen Welten gleich schnell. Eine warme Hand legte sich auf seine Stirn. Als der Schwarzhaarige aufblickte, bemerkte er, dass es die von Grace war, die ihn nun besorgt musterte.

„Er ist ganz kühl!“, meinte sie zu ihrem Mann.

„Wie jetzt? Der lag doch die ganze Zeit in der Sonne!“, antwortete John.

„Beeil dich lieber.“

„Ja, wir sind eh gleich da.“

Die Alte warf Loki noch mal einen Blick zu und drehte sich dann wieder um, als ihr klar wurde, dass er nichts sagen würde. John fuhr gerade an der einzigen Tankstelle des kleinen Ortes vorbei. 7eleven gab es in jeder amerikanischen Stadt und auch in den meisten kanadischen. Die Fahrt ging einen Häuserblock weiter und dann um eine Ecke. Loki kam es mittlerweile wie eine Ewigkeit vor, dass er mit dem Ehepaar unterwegs war.

„So, da wären wir.“, meinte John.

Der Wagen fuhr noch ein kurzes Stück, hielt dann an und wurde abgestellt.

„Hol du am besten gleich die Sanitäter.“

„Ist gut.“, antwortete Grace.

Sie öffnete die Tür und verließ den Wagen. John tat es ihr gleich, öffnete die hintere Tür auf der Beifahrerseite und sah Loki ins Gesicht. Dieser erwiderte den Blick blinzelnd und schloss die Augen dann wieder.

„Jetzt nur nicht schlapp machen Junge...“, murmelte John.

Etwas wurde herangerollt und Loki bekam mit, wie ihn zwei starke Arme unter den Achseln griffen und langsam aus dem Gefährt heraushoben. Weitere Hände halfen, ihn auf eine Trage zu hieven. Er wurde weggefahren und die Tür des Wagens zugeschlagen.

„Wird er denn wieder gesund werden?“

Grace schien neben ihm herzulaufen, denn es war ihre Stimme, die das gesagt hatte. Loki wunderte sich etwas. Schließlich kannte die Alte ihn überhaupt nicht und war seinetwegen trotzdem besorgt.

„Können wir noch nicht sagen, Ma’am.“, antwortete jemand.

„Komm Liebes, lass die Herren Doktoren mal ihre Arbeit machen. Und wir gehen in der Zwischenzeit zur Polizei.“, meinte John und führte seine Frau weg.

Loki indes wurde in ein Gebäude gefahren, in dem es angenehm kühl war. Ein beißender Geruch stieg ihm in die Nase und in dem Vorraum ging es ziemlich hektisch zu. Ein Klingen rechts, ein schreiendes Kind links und die Rollen der Trage, die knirschend ihren Dienst taten. Der junge Mann wurde durch eine Tür gefahren und schlagartig wurde es ruhiger. In einem großen Raum, von dem von einer Lampe blendendes Licht auf Loki herabstrahlte, war die Reise zu Ende.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Peacer
2012-02-20T18:04:13+00:00 20.02.2012 19:04
Hey =)

Ich mag den Einstieg in die Geschichte, man ist sofort drin und fragt sich, was denn nun mit Loki passieren wird.
Wie er sich Gedanken über seine Herkunft macht, finde ich ebenfalls authentisch, genau wie seine Fähigkeit, John zu beeinflussen.
John und Grace mag ich im übrigen auch sehr gerne, sie kommen beide sehr sympathisch rüber, auch wenn John anfangs ja etwas mürrisch ist.
Bei der Erinnerung an seinen Helm, wo Thor ihn als Kuh bezeichnet, und dass er überall hängen blieb, musste ich lachen. xD
Ansonsten ist dein Schreibstil sehr angenehm, schön flüssig, mit nur ein, zwei Tippfehler, die aber nicht weiter ins Gewicht fallen.
Eine Kleinigkeit, die wohl nur mich pingeligen Leser etwas stört, sind die Dialogzeichen. Wen ndu beispielsweise: „Ist gut.“, antwortete Grace. schreibst, gehört da kein Punkt hin.^^

Lg,
Peacer


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