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So schnell

Eine Geschichte, in der alle Kapitel übertrieben lange Titel haben, die sogar noch länger sind als dieser Untertitel
von

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Siebtes Kapitel, in dem ein Herz für kleine Vögelchen und andere vom Schicksal Benachteiligte bewiesen wird

Gilbert

Nein, eigentlich hatte ich nicht erwartet, dass Lorinaitis verrückt geworden ist. Andererseits, so lange in Braginskys Gesellschaft... ja, er kann nicht mehr ganz richtig im Kopf sein. Völlig klar.

Braginsky richtet sich schwer atmend wieder auf und sieht sich zu mir um. Er zittert leicht. Lorinaitis liegt als verrutschtes Bündel aus Schlafanzug und dunklen Haaren in der Ecke neben dem Bett und rührt sich nicht. Er hat nicht geschrien, überlege ich – das heißt, nach seinem kleinen Ausbruch nicht mehr. Eigentlich beachtlich. Seine Nase blutet und sein rechter Knöchel ist mindestens verstaucht, jedenfalls steht er in einem ziemlich seltsamen Winkel.

„Geh ins Bett“, sagt Braginsky zu mir.

Ich starre ihn an und lache auf. „Was? Ist das alles, was dir nach Lorinaitis' sehr aufschlussreicher Antwort zu sagen einfällt?“

„Geh!“, bellt er mich an. Ein ungutes Funkeln liegt in seinen Augen. Er ist verletzt, stelle ich fest. Ein verletzter Bär ist am gefährlichsten.

„Moment“, sage ich dennoch und lege den Kopf schief. „Wir sind noch nicht zu einem Schluss gekommen, was Galante angeht.“

Braginsky schüttelt den Kopf und deutet auf die Tür. „Raus“, sagt er, jetzt sehr leise. „Sofort.“

„Du kannst nicht...“

„Raus!“

„Ich gehe nicht, bevor du mir nicht geschworen hast, ihn ab jetzt besser zu behandeln“, sage ich fest.

„Besser zu behandeln!“ Er lacht auf. „Aber bei Toris ist es dir völlig egal, wie ich in behandle, ja? Sonst hättest du nicht gerade eben zugesehen und keinen Finger gerührt!“

„Bei ihm ist es egal“, sage ich.

„Du bist ein Heuchler, Gilbert“, murmelt Braginsky. „Und wie. Du bringst in diesem Haus alles durcheinander. Geh jetzt.“

„Ich...“, beginne ich, aber er kommt auf mich zu und packt mich an den Oberarmen. Er ist stark, stelle ich fest, und größer als ich sowieso. Aber deswegen habe ich noch lange keine Angst. Bestimmt nicht.

„Raus“, zischt Braginsky, öffnet die Tür und schiebt mich auf den Flur. „Ich will dich heute nicht mehr sehen, Gilbert.“

Er hat tatsächlich die Dreistigkeit, mir die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Einen Moment lang stehe ich da und überlege, ob ich wieder hinein gehen soll, doch dann verwerfe ich den Gedanken. Es hat keinen Sinn, mit Braginsky reden zu wollen. Die einzige Sprache, die er versteht, ist Gewalt.

Heißt das, dass ich keine Chance habe, Galante zu helfen?

Langsam mache ich mich wieder auf den Weg zurück zu meinem Zimmer. Ich überlege kurz, ob ich bei Galante reinschauen soll, lasse es dann aber bleiben. Wahrscheinlich schläft er schon wieder – hoffentlich, wenn man bedenkt, dass es mitten in der Nacht ist. Schon fast halb zwei. Gähnend öffne ich die Tür zu meinem Verschlag und stutze.

„Kannst du mir erklären, was du da machst, Galante?“

Galante hebt überrascht den Kopf. Er sitzt auf meinem Bett und hat Gilbird auf dem Schoß, der sich als flauschige Kugel dort zusammengerollt hat.

„Er hat geschrien“, sagt Galante und deutet auf den Vogel. „Ich glaube, er hat nach dir gerufen. Ich wollte auf ihn aufpassen, bis du wieder da bist.“

Ich grinse und schließe die Tür. „Ach so? Wie nett von dir, wirklich. Du hast ein Herz für kleine Vögelchen.“

Er nickt und lächelt kurz. „Das ist doch... ich meine, es ist das Mindeste, was ich tun kann, oder? Ich kann doch... wenn du so viel für mich tust... zu Ivan zu gehen, meine ich. Wie ist es...“ Er zögert. „Wie ist es gelaufen?“

Ich drücke mich um eine Antwort herum, setze mich neben ihn auf das Bett und strecke die Beine von mir. „Ganz gut“, antworte ich vage.

„Ja?“, fragt er überrascht und blinzelt. „Stimmt. Du siehst nicht aus, als wäre er wütend geworden.“

„Doch, ist er. Aber zum Glück nicht auf mich.“

„Auf wen denn?“, fragt er mit großen Augen und ich beiße mir auf die Lippe. Verdammt.

„Auf Lorinaitis.“

Galante starrt mich an und ich glaube zu sehen, dass Tränen in seine Augen steigen. Also sehe ich weg.

„W-wirklich? Aber... warum denn?“

„Ohne besonderen Grund“, sage ich. „Einfach so.“

„War es m-meine Schuld?“

„Ach was! Wie sollte es deine Schuld sein? Er war selbst Schuld. Hat den Mund zu voll genommen.“

Galante schnieft und wischt sich mit dem Ärmel die Nase ab. „Kannst du mal nach ihm sehen?“, fragt er leise.

„Wie meinst du das?“

„Er ist im Keller, die letzte Tür am Gang rechts. Der Schlüssel hängt an dem Brett an der Garderobe.“

„An dem Brett an der Garderobe?“, frage ich ungläubig. „Was sind das denn bitte für Sicherheitsvorkehrungen? Für so blöd hatte ich Braginsky auch wieder nicht gehalten.“

Galante legt den Kopf schief. „Ivan wird nicht mehr nach unten gehen, nachdem er Toris da eingesperrt hat“, sagt er leise. „Du kannst also ungestört nach ihm sehen. Kannst du das... würdest du das tun?“

„Wenn du so genau weißt, dass es ungefährlich ist und wo der Schlüssel hängt“, frage ich verständnislos, „warum zum Teufel gehst du nicht einfach selbst?“

Jetzt sieht er mich an, als versuchte ich ihm einzureden, der Mond sei aus Wodka. „Weil ich nicht darf“, murmelt er. „Ivan hat es verboten. Er wird sehr wütend, wenn er es rauskriegt. Dann bekomme ich Ärger.“

„Was er nicht weiß, macht ihn nicht...“, beginne ich, breche dann aber ab. Galante hat sich damit abgefunden, ein Diener zu sein. Er tut nichts, um Widerstand gegen Braginsky zu leisten. Habe ich nicht bis vor einer Stunde noch dasselbe von Lorinaitis gedacht?

„Wirst du nach ihm sehen?“, fragt Galante und sieht mich leicht zitternd an. „Und mir sagen, wie es Toris geht? Weil... weil er sicher eine Weile dort unten bleibt. Ein paar Tage oder eine Woche, oder zwei, wenn Ivan wirklich wütend ist. Ich weiß es nicht. Würdest du...?“

Ich seufze und sehe ihn an. „Warum zum Teufel mache ich eigentlich so viel für dich?“

„Ich weiß nicht“, antwortet er unschlüssig. „Vielleicht, weil du einfach ein netter Kerl bist?“

„Ein netter Kerl? Ich bin genial, aber doch kein netter Kerl!“

Lachend schüttle ich den Kopf und stehe auf. „Du gehst jetzt ins Bett“, sage ich zu Galante, hebe vorsichtig den schlafenden Gilbird aus seinem Schoß und bette ihn auf mein Kopfkissen. „Es ist spät.“

„Machst du es denn?“, fragt Galante und rutscht gehorsam vom Bett.

„Nicht mehr heute Nacht“, antworte ich entschieden.

„Also morgen“, sagte Galante und lächelt. „Danke, Gilbert.“

Das hast du jetzt gesagt, hätte ich beinahe entgegnet, tue es aber doch nicht. Stattdessen nicke ich zum Abschied und er verlässt mein Zimmer und schließt die Tür hinter sich. Seufzend lasse ich mich zurück auf das Bett fallen. Ich tue viel für Galante. Viel zu viel.
 

Ivan

Ich habe Toris nicht aufgeweckt, bevor ich ihn hinunter geschafft habe. Soll er doch im Keller wieder zu sich kommen. Es ist nicht so, dass ich ihm noch erklären müsste, was er falsch gemacht hat. Und selbst wenn es so wäre – das ist auch eine Methode. Einfach eine Weile lang im Dunkeln liegen lassen, damit er sich Gedanken darüber macht, was er falsch gemacht hat. Keine Vorwürfe, keine Gewalt. Isolieren und abwarten. Nach einer Weile wird er von ganz allein verrückt werden.

Eigentlich sollte ich ins Bett gehen und weiter darüber nachdenken, was ich mit Gilbert anstellen soll, der immer noch mein dringendstes Problem ist (oder es zumindest bis gestern Abend noch war). Die Treppen, die vom Keller bis hinauf in den zweiten Stock zu meinem Schlafzimmer führen, wirken heute endlos. Jetzt besitzt Gilbert auch noch die Anmaßung, mir Vorschriften machen zu wollen, was Raivis angeht. Als ob mir Raivis und Eduard nicht am Herzen liegen würden! Gilbert versteht einfach das Prinzip nicht. Das ist es. Das Prinzip.

Wenn Toris laufen könnte, würde er die ganze Zeit auf und ab laufen, um der Kälte zu entkommen. Diesmal aber hat er einen verstauchten Fuß, und selbst wenn er sich irgendwann noch einmal dazu überwinden wollte, aufzustehen, würde es nicht funktionieren. Wenn er zu lange reglos bleibt, kann er sich irgendwann nicht mehr rühren vor Kälte.

Unwillig schüttle ich den Kopf, erreiche endlich die Tür zu meinem Zimmer und öffne sie. Ich sollte nicht an Toris denken, wirklich nicht. Aber wie soll ich denn damit aufhören, wenn mich alles an ihn erinnert? Die zerknüllte Decke, die am Fußende des Bettes liegt, weil ich sie beiseite gezerrt habe, um ihn Gilbert zu zeigen. Alles nur, weil Gilbert mit dieser dummen Frage kam. Dieser dummen...

Ich schüttle den Kopf, weil meine Gedanken sich im Kreis drehen. Gilbert und Toris. Gilbert und... warum muss Gilbert alles kaputt machen? Vielleicht sollte ich ihn einfach nach Hause schicken. Aber nein – wenn ich das tue, wird er nur noch mehr Schwierigkeiten machen. Besser, ich behalte ihn in meiner Nähe. Aber ich will Gilbert nicht in meiner Nähe haben, weil er alles durcheinander bringt und dafür sorgt, dass Toris sich gegen mich stellt. Es ist alles Gilberts Schuld.

Ich lasse mich auf das Bett fallen und taste nach der Matratze, dort, wo Toris gelegen hat. Das Bett ist schon wieder kalt und so groß und leer. Warum kann Toris nicht hier sein? Einen Moment lang will ich aufstehen, hinunter in den Keller gehen und ihn wieder herauf holen, aber dann beherrsche ich mich. Ich darf nicht nachgiebig sein, sonst wird auch noch Toris seinen Respekt mir gegenüber verlieren. Ich muss durchgreifen, wenigstens bei ihm, wenn es schon bei Gilbert nichts nützt. Vielleicht, überlege ich, sollte ich ein Exempel statuieren. An Toris? Aber ich will Toris nicht verletzen. Ich habe ihn gern. Ich will ihm einfach nicht wehtun. Nicht mehr als unbedingt nötig, meine ich.

Das Bett ist leer. Ich lasse mich in das Kissen zurück sinken und seufze leise. So leer. Wenn doch nur jemand...

Meine Augen weiten sich, als mir der Gedanke kommt. Ein hässlicher Gedanke, ein sehr hässlicher. Ich will das nicht tun. Gibt es nicht noch eine andere Möglichkeit, alles wieder ins Lot zu bringen? Gilbert in seine Schranken zu weisen und seinen schlechten Einfluss auf Toris und alles in diesem Haus zu beseitigen?

Ich muss darüber schlafen, denke ich. Das muss ich. Hoffentlich fällt mir über Nacht eine andere Möglichkeit ein. Diese hier ist wirklich zu hässlich.

Auch, wenn sie besser wäre als gar nichts.
 

Toris

Ich hasse die Dunkelheit. Die Kälte an sich wäre nicht schlimm, aber die Dunkelheit macht mich fertig. Und die Einsamkeit. Und der Hunger vielleicht auch, ganz nebenbei. Aber hauptsächlich die Dunkelheit, in der irgendetwas tropft. Und tropft. Gegrüßet seist du, Maria...

Die Schritte sind durch die Tür nicht zu hören, dafür aber das Knacken, als die Tür entriegelt wird. Ich zucke zusammen und drehe den Kopf. Es ist unwahrscheinlich, aber vielleicht ist es Ivan, der kommt. Nur wozu? Was sollte er hier wollen? Er kommt niemals vorbei, um mich zu besuchen, weil das nicht Sinn und Zweck der Sache wäre. Das flackernde Licht einer Kerze fällt auf mich und ich erkenne denjenigen, der sie in der Hand hält.

„Was zum...“, beginne ich, kann aber den Satz nicht beenden. Meine Stimme versagt. Mittlerweile ist die Kälte durch die Kleider in all meine Glieder gekrochen. Alles fühlt sich taub an.

Gilbert mustert mich von oben herab und zieht die Augenbrauen hoch. „Mensch, Lorinaitis. Sieht aus, als hättest du dir was Schönes eingebrockt.“

Ich sage nichts dazu. Er knurrt leise und schüttelt den Kopf.

„Was zum Teufel war das gestern für eine Aktion, hmm? Ein bisschen hysterisch geworden, ja?“

Irgendwo fällt ein Tropfen Wasser auf Stein.

„Du hättest sagen können, dass ich böser bin als Braginsky.“

Wenn ich könnte, würde ich lachen. Was für eine alberne Idee.

„Oder du hättest sagen können, dass ich der Böse bin“, fährt er fort. „Dann hättest du dir das hier erspart.“

Ich schüttle leicht den Kopf.

Er schnalzt mit der Zunge. „Dass du dich mit Braginsky anlegst, okay. War sicher nicht das erste Mal. Aber dass du es dir gleich mit uns beiden verscherzt?“

„Ivan beruhigt sich“, murmele ich. „Immer.“

„Na gut. Aber du hast es dir mit mir verscherzt, Freundchen. Wie willst du das wieder gut machen?“

Ich grinse zu ihm hoch. Er hat die Stirn nachdenklich in Falten gelegt.

„Vor dir“, flüstere ich, „habe ich keine Angst.“

„Ach, nicht?“, fragt Gilbert beleidigt. „Und warum nicht?“

„So schnell schießen die Preußen nicht.“

Er verzieht die Lippen zu einem spöttischen Lächeln. „Gute Idee, Lorinaitis. Komm, lass uns Redensarten verwenden, von denen wir gar nicht sicher sind, was sie bedeuten.“

„Weißt du, was es bedeutet?“, krächze ich.

„Nein.“

„Schade.“

Eine Weile lang schweigen wir. Ein Tropfen fällt.

„Ich bin mir sicher...“, flüstere ich und muss husten. Gilbert weicht ein Stück zurück und hebt beschwichtigend die Hände.

„Ja?“

„Sicher, dass niemand schießen kann, ob Preuße oder nicht, wenn er kein Gewehr hat.“

„Und in diesem Haus sind Waffen nicht erlaubt“, murrt Gilbert und verdreht die Augen. „Hat von Bock gesagt.“

„Richtig.“

Gilbert sieht auf mich hinunter. „In diesem Haus hast du keine Angst vor mir“, sagt er langsam.

„Nein“, murmele ich.

Er sieht mich an und seine Unterlippe beginnt zu zittern. Vielleicht täusche ich mich, aber vielleicht glitzert etwas Nasses in seinem Auge.

„Ich gehe“, sagt er leise.

„Nein“, erwidere ich. „Bleib noch.“

„Warum?“, faucht er mich an. „Nicht einmal du hast noch Angst vor mir, Lorinaitis! Ich habe versucht, Galante zu beschützen, und es nicht geschafft! Ich habe versucht, dir Angst zu machen, und es nicht geschafft! Wozu bin ich noch gut? Wozu braucht irgendjemand mein Genie noch?“

„Ich brauche dein Genie“, murmele ich. „Du hast Licht.“

Er schüttelt wütend den Kopf, sagt aber nichts mehr.

„Wie lange bin ich schon hier?“, frage ich leise.

„Warum?“

„Weil es mich interessiert. Ich habe hier unten kein Zeitgefühl.“

„Du bist seit gestern Abend hier, also fast schon einen ganzen Tag.“

„Wie spät ist es?“

„Spät.“

„Warum bist du gekommen?“

„Weil Galante mich darum gebeten hat“, knurrt Gilbert. „Ich wusste nicht, ob ich wirklich kommen soll. Aber dann hat Braginsky ihm nach dem Abendessen noch irgendeine Arbeit aufgebrummt, und er sah so niedergeschlagen aus... Galante, meine ich. Also dachte ich, ich überrasche ihn mit einer guten Nachricht, wenn er wiederkommt.“

„Ach“, murmle ich.

„Ich werde ihm sagen, dass ich bei dir war und dass es dir gut geht. Und übrigens, es ist mir egal, ob es dir wirklich gut geht oder nicht. Ich will, dass er wieder ein bisschen lächelt.“

Verwirrt sehe ich ihn an. „Dir scheint ja tatsächlich etwas an Raivis zu liegen.“

„Na ja“, brummt Gilbert und wendet den Blick ab.

Einen Moment lang möchte ich sagen, dass er aufpassen soll. Eine Zuneigung zu Raivis ist definitiv eine Schwäche, und eine solche Schwäche sollte er Ivan auf keinen Fall offenbaren, solange er mit ihm auf Kriegsfuß steht. Letztendlich halte ich den Mund, weil Sprechen so mühsam ist, und weil ich nicht glauben will, dass Ivan wirklich so grausam wäre. Er würde Raivis niemals verletzen, nur um über diesen Umweg an Gilbert zu kommen. So etwas traue ich ihm einfach nicht zu.

„Ich sollte wohl wieder gehen“, sagt Gilbert und wirft einen verstohlenen Blick zur Tür, aber niemand ist zu sehen oder zu hören. Natürlich nicht. Eduard und Raivis trauen sich nicht hierher, das ist in Ordnung, warum sollten sie sich unnötig in Gefahr begeben? Und Ivan hat mir gerade Einzelhaft verordnet, da wird er mich wohl kaum besuchen kommen.

„Kommst du wieder?“, frage ich.

Er grinst spöttisch. „Du scheinst ja ordentlich auf mich angewiesen zu sein, Lorinaitis.“

„Entschädigt dich das?“, flüstere ich. „Wenn ich schon keine Angst vor dir habe?“

„Hmm... ich weiß nicht. Darüber muss ich nachdenken.“

„Wenn du zu einem Schluss gekommen bist, kommst du dann wieder?“

Einen Moment lang sieht er stumm in die Kerze. „Mal sehen, Lorinaitis“, sagt er dann. „Jetzt werde ich erst einmal nach Galante sehen. Mittlerweile dürfte er ja mit dem Staubwischen fertig sein. Hoffentlich schläft er noch nicht, so müde, wie er aussah...“

„Grüß ihn schön von mir.“

„Mache ich. Soll ich ihm etwas ausrichten?“

„Sag ihm, er soll dir bloß nicht trauen. Man weiß nie, was du als Nächstes tust.“

Gilbert lacht leise. „Nun werd mal nicht frech, Lorinaitis. Glaubst du, das könntest du dir in deiner Situation erlauben?“

Er dreht sich um und geht. Das Licht der Kerze wird von seinem Rücken verdeckt, fällt flackernd an die Wände und erlischt erst, als die Tür ins Schloss fällt. Ich lasse die Stirn auf den Boden sinken und frage mich, ob die Dunkelheit wirklich am schlimmsten ist oder ob die Einsamkeit mich diesmal früher verrückt machen wird. Maria, voll der Gnade, und es tropft immer noch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-03-11T12:27:24+00:00 11.03.2012 13:27
Wieder ein schönes Kapitel, allerdings ist mir ein winziger Tippfehler (?) aufgefallen. In dem Part aus Ivans Sicht im zweiten Abschnitt steht:

"Eigentlich sollte ich ins Bett gehen und weiter darüber nachdenken, was ich mit Gilbert anstellen soll, der immer noch mein dringendstes Problem ist (oder es zumindest bist gestern Abend noch war)."

Das "bist" in den Klammern müsste ein "bis" sein, oder?

Mir hat übrigens das Gespräch zwischen Gilbert und Toris sehr gut gefallen. Genau begründen kann ich das zwar nicht, aber ich fand es einfach toll geschrieben.


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