Zum Inhalt der Seite

Loving the Death Itself

Deine Stärke ist alles
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zweite Erinnerung

„Zu ehren deines sechszehnten Geburtstag soll ein Fest stattfinden. Ich möchte dass du den Kimono trägst, den mein Schwager, Lord Noriyaki, dir mitgebracht hat. Viele Vorbereitungen müssen getroffen werden. Ich weiß, dass deine Mutter nicht die Kraft hat, und deine Schwester nicht die Zeit, deswegen werde ich dir jemanden zur Seite stellen, der dir bei der Vorbereitung helfen wird. Bitte denke nicht, dass ich dir diese Aufgabe nicht allein zutrauen würde, aber dieses Fest, deine Geburtstagsfeier ist ein großer Tag. Viele Edelmänner aus der Domäne Kikuta und Kishi, Shizuede und auch Kitagawa werden anwesend sein um die Zweitgeborene der Dynastie der mächtigen Kikuta kennen zu lernen. Ich möchte, dass du dir über den Winter die Haare wachsen lässt. Nimm Unterricht in traditioneller Kultur und Umgangsformen. Da deine Schwester nun keine Kikuta mehr sein wird und vorerst in Shizuede herrschen wird, bist du das Aushängeschild für Edelmänner der anderen Regionen. Wir werden einen würdigen Erben brauchen. Dein Schwager hatte bereits angekündigt, dass er an unserer Domäne nicht interessiert ist, auch ein Bündnis lehnt er ab. Also musst du einen Edelmann heiraten und einen männlichen Erben hervorbringen.

Liebe Tochter, sei mir nicht allzu böse, wenn ich es nicht schaffen sollte, zu diesem Fest pünktlich zu erscheinen. Und bitte nimm‘ die Hilfe dankend an, die ich dir stelle. Lord Shiria wird seine gütige Hand über dich halten und dich mit Kräften unterstützen. Du kennst ihn sicherlich noch. Du hast ihn damals auf deiner zehnten Geburtstagsfeier getroffen. Er ist noch immer ein sehr guter Freund und Verbündetet von mir und Lord Noriyaki. Ich bitte dich also nach Fumisen zu reisen. Dort wirst du auf Lord Shiria stoßen, er wird dich abholen. Lord Noriyaki wird dir eine Eskorte zur Verfügung stellen. Lord Shiria habe ich bereits über deine Ankunft in Kenntnis gesetzt, er weiß über alles Bescheid. Bitte bespreche alles alsbald mit Lord Noriyaki und verlasse Tensai tags darauf, nachdem du den Brief erhalten hast. Dein, dich liebender Vater.“

Darunter war seine Unterschrift. Der Brief war nicht in seiner Schrift verfasst. Wahrscheinlich hatte er einen Schreiber kommen lassen. Wie so oft. Manchmal fragte sich Shiina, ob ihr Vater irgendwann das Lesen und Schreiben, vor allem das Schreiben verlernt hatte. Sie rollte den Brief wieder zusammen und verstaute ihn in der kleinen Schublade unter dem Tisch. Sie ließ eine Dienerin rufen.

„Ich habe Hunger, ich möchte nun zu Abend essen. Und bring Öllampen, es dunkelt bereits.“

Sie wies sie ebenfalls an, ein paar Sachen für die Abreise nach Fumisen vorzubereiten. Nachdem sie gegessen hatte, ließ sie Lord Noriyaki ausrichten, dass sie nun mit ihm in Dialog treten wollte. Im Azaleen-Zimmer wartete sie auf ihn.

Als er den Raum betrat, verneigte sie sich tief, wie es auch schon bei der ersten Begegnung am Tag getan hatte.

„Ich bin recht in der Annahme, dass du den Brief deines Vaters hast lesen lassen.“

Der Edelmann wusste nichts von der Tatsache, dass Shiina, eine Frau lesen konnte. Und Shiina hatte nicht vor ihm dieses kleine Geheimnis anzuvertrauen. Sie war kein freizügiges Mädchen. Sie ließ sich ungern in ihr Herz sehen. Ihre Gefühle gehörten ihr, und niemandem sonst. Niemals, so hatte sie sich geschworen, würde sie jemanden verraten, anvertrauen was sie dachte und fühlte. Niemand sollte es je erfahren. Alles was sie je gefühlt, gedacht oder empfunden hatte und in Zukunft empfinden würde, alles würde Shiina mit in ihr Grab nehmen.

„Ja und ich bin bereit, bereits morgen nach Fumisen aufzubrechen, damit ich vor dem zweiten Schneefall, dem zweiten Winter bei Lord Shiria ankomme.“

Der Lord nickte. „Eine weiße Entscheidung. Du bist bereits sehr erwachsen und reif. Ich habe Mädchen gesehen in deinem Alter, die wahrlich nicht so gehandelt hätten und unreifere Entscheidungen getroffen hätten.“

Sie verneigte sich kurz und meinte dann, indem sie ihm in die Augen sah: „Lord Noriyaki schmeichelt mir zu sehr.“ Sie wand ihre Augen wieder ab. „Ich sehe es als ein Privileg an, den Tempel bei Fumisen zu besuchen. Ich werde die Götter bitten, meine Mutter genesen zu lassen, wenn ich schon einmal dort bin. Außerdem werde ich so etwas von dem Land sehen, dass ich einmal zusammen mit meinem künftigen Gemahl führen werde. Ich denke, dass ist eine gute Chance einen Eindruck über das zu bekommen, was in der Domäne Kikuta passiert.“

Wieder nickte der alte Mann.

„Sie drücken sich gut aus. Sie haben ein Talent für Sprache.“, meinte er auf einmal förmlich.

Shiina wusste nicht, woher diese plötzlichen Höflichkeiten und Formalitäten in seiner Sprache kamen. Dann sprach er weiter.

„Ich werde den Winter, während der Abwesenheit der Lady und Lord Kikutas hier im Schloss bleiben und die Verwaltung übernehmen, da ihre gnädige Frau Mutter krank ist. Lord Kikuta hat dies gewünscht.“

Er hat die Schlange ins Haus gelassen, dachte Shiina und sah Noriyaki mit ihren blauen ausdrucksstarken Augen an. Sie wollte ihn damit eine Warnung zu sprechen. Sie wusste, welche Macht ihre Augen, ihre Ausstrahlung auf Männer hatte. Kein Mann rechnete damit indirekten Widerstand von einem jungen Mädchen zu bekommen, so wie Shiina es war. Aber aufgrund der Tatsache, dass sie ihn bereits einmal einschüchtern konnte, durch ihren Blickkontakt mit dem Edelmann, wurde ihr Mut beflügelt und sie wagte sich etwas mehr voran, wissend, welchen Stand sie innerhalb des Clans und der Domäne einnahm. Sie sah, wie sich Noriyakis Augen von ihr abwendeten. Sie hatten einen Edelmann eingeschüchtert. Sie würde sich diesen Triumph jedoch nicht anmerken lassen und deshalb zeigte ihr Gesicht keine Gefühlsregung. Sie senkte den Blick. Sie verneigte sich.

„Bitte kümmern Sie sich gut um meine Mutter während meiner und meiner Vater Abwesenheit.“

Dann stand sie auf.

„Bitte entschuldigen Sie mich. Ich möchte nun zu Bett gehen und meine Abreise vorbereiten. Bitte stellen Sie mir ihre Eskorte zu den frühen Morgenstunden zur Verfügung. Ich möchte am Morgen reisen, da sind noch nicht viele Menschen unterwegs und die Straßen sind nicht viel befahren.“

„Wie sie wünschen Lady Shiina.“

Auch er verneigte sich kurz und sah dem Mädchen nach, wie diese den Raum verließ. Seiner Meinung nach war sie etwas zu ungehorsam und für eine Frau wagte sie sich zu weit vor. Aber er wusste, dass Shiria mit solchen Mädchen umzugehen wusste. Noriyaki konnte die Ungezähmtheit und damit die Gefahr, seiner Meinung nach, in Shiina spüren. Er hatte Lord Kikuta ja auch dazu überredet seine zweitgeborene Tochter in den Norden der Domäne zu schicken und ihm die Verwaltung der Hauptstadt zu überlassen. Shiina war ihm seit ihrer Geburt ein Dorn im Auge gewesen. Lady Mia hatte er bereits an einen Edelmann aus Shizuede weiter gegeben, so war die Älteste aus dem Weg, da Shizuede nicht an der Kikuta Region interessiert war. Die Menschen dort waren einfach gestrickt, liebten die Arbeit an Seide und die Kimonoschneiderei, außerdem den Fischfang. Das Kikuta-Land hatte viele schöne Regionen, weite Wiesen und einen schönen See. Aber es eignete sich nicht für den Anbau von Seide und Noriyaki hatte dies von Anfang gewusst, dass sein Schwager Mia verlieren würde, wenn er einer Hochzeit in die Adelsfamilie aus Tongaki zustimmen würde.
 

„Mutter, darf ich herein kommen?“

Shiina kniete vor der Tür. Hinter den Schiebetüren war der Schlafraum Lady Kikutas.

„Shiina? Komm doch rein. Du brauchst nicht zu fragen.“

So schob Shiina die Türen auf und betrat den Raum, auf Knien schob sie diese wieder zu, stand auf und ging zu ihrer Mutter. Sie kniete sich neben sie.

„Wie geht es dir Mutter?“

Sie berührte die Stirn der Frau, die vor ihr lag. Sie war sehr heiß, sie hatte hohes Fieber, noch immer. Es wollte einfach nicht sinken. Die Medikamente schienen nicht an zu schlagen. Alle im Schloss machten sich große Sorgen. Reue packte sie. Sie würde sie verlassen müssen. Und das, obwohl sie so krank und schwach war. Aber Lord Noriyaki war ja hier. Auch wenn es sie mit einer gewissen Übelkeit übermannte, so dachte sie, dass er ihrer Mutter nichts antun würde. Für so hinterhältig hielt sie diesen Mann dann doch nicht. Immerhin wusste sie ja nicht, was er vorhatte und wie ernst ihm seine Treueschwüre waren. Ihr Vater vertraute diesem Mann, sie nicht. Aber danach hatte nie jemand gefragt, ihre Meinung war niemals wichtig gewesen.

„Mir geht es gut. Mach dir um mich keine Gedanken. Ich habe gehört, Lord Noriyaki ist im Schloss?“

„Ja und er wünscht sich deine baldige Genesung. Er wird auf Vaters Wunsch hin den Winter hier verbringen um sich um verwaltungstechnische Dinge zu kümmern.“

„Es tut mir Leid, dass du meinetwegen, mit diesem Mann den Winter verbringen musst. Ich nehme an, dass er eine große Menge deiner Zeit in Anspruch nehmen wird. Und ich weiß, dass du seine Gesellschaft eher zu meiden versuchst.“

„Ich werde auf Vaters Wunsch hin morgen nach Fumisen abreisen und erst zu Beginn der Schneeschmelze zurückkommen. Das ist ein weiter Grund, warum er hier bleiben wird.“

Lady Kikuta runzelte die Stirn etwas.

„Ich kann nicht glauben, dass dein Vater so etwas angeordnet hat, aber nun gut. Du musst dich sicher vorbereiten. Und ich möchte mich noch etwas ausruhen. Verzeih mir.“

„In Ordnung. Ich wünsche dir eine erholsame Nacht. Ich werde in aller Früh aufbrechen, also werden wir uns wahrscheinlich nicht mehr sehen. Ich wünsche mir, dass die Götter dir Gesundheit bringen. Ich werde im Tempel für dich beten. Gute Nacht.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück