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Allein

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Allein

Langsam lief sie durch den kalten Regen. Ihr Kopf war leer, die Gedanken verstummt. Was sollte sie tun, so ganz allein auf der Welt? Sie hatte niemanden mehr. Jetzt nicht mehr. Ihre Tränen mischten sich unter den Regen und tropften schließlich auf die Erde. Der Geruch von nassem, staubigem Asphalt stieg ihr in die Nase, doch nahm sie ihn nicht war. Sie war so leer. Leer und allein. Sie erreichte den Park. Wasser tropfte von den Blättern der Bäume und der kleine, stille Bach erinnerte beinahe an einen reißenden Fluss. Würde dieses Unwetter irgendwann nocheinmal aufhören? Doch eigentlich war es ihr egal. Nichts interessierte sie. Am liebsten hätte sie sich irgendwo niedergelassen und sich nie wieder bewegt. Warum sie es nicht tat? Gute Frage. Vielleicht, weil doch noch ein Funken Hoffnung in ihr war. Hoffnung auf Besserung. An der kleinen Brücke blieb sie stehen und starrte hinab in das vorbeirauschende Wasser. Doch verglichen mit ihren Gefühlen schlich es beinahe durch dass Flussbett. Ihr Herz raste und laute Schluchzer entfuhren ihr. Was hatte sie getan, dass sie so bestraft wurde? Sie hatte das Gefühl, alles im Leben falsch gemacht zu haben. Nichts erreicht zu haben. Und schließlich zerstört worden zu sein. Ihre Seele schmerzte. Schmerzte mehr, als die körperlichen Wunden, welche ihr zugefügt worden waren. Sie hatte das Gefühl zu zerbrechen. Fühlte sich so allein. Wie ein Film zogen Erinnerungen an ihre Kindheit an ihr vorbei.

Ein kleines Mädchen, das lachend vor seiner Mutter stand und dieser begeistert etwas zeigte. Was das war wusste sie nicht mehr und die Erinnerung verschwamm, wurde ersetzt durch ein Mädchen das lachend über einen großen Platz rannte und dabei von ihren Freundinnen gejagt wurde. Sie stolperte über einen Stein und viel hin. Hatte sich das Knie aufgeschlagen und weinte nun. Wieder veraschwamm das Bild und diesmal erschien das Gesicht ihrer kleinen Schwester kurz nach deren Geburt. Sie hatte so süß und unschuldig ausgesehen. Weitere Erinnerungen folgten. Doch bald war es kein lachendes, klienes Mädchen mehr, sondern ein Mädchen mit leerem Blick. Schon damals war ein Teil ihrer Seele kaputt gewesen, doch war der Schaden noch nicht so schlimm. Die nächste Erinnerung schickte ein kaltes Zittern über den Körper der jungen Frau auf der Brücke.

Das Mädchen lag in ihrem Zimmer und weinte. Wie so oft damals. Wieder war sie für etwas ausgeschimpft worden, das gar nicht stattgefunden hatte. Träne um Träne rann über ihre Wange und wurde schließlich von dem weichen Kissen aufgefangen. Weitere solche Erinnerungen folgten. Die Situation wurde nicht besser, doch irgendwann hatte sie keine Tränen mehr gehabt, hatte nicht mehr weinen können, war innerlich abgestumpft. Sie hatte sich so einsam gefühlt und so leer. Hilflos war sie gewesen, denn niemand erkannte, was mit ihr geschah, niemand hatte ihr geholfen. Allein war sie gewesen. Warum hatte niemand gesehen, dass sie nur eine Maske trug. Eine, die leicht zu durchschauen gewesen war. Hatten sie mit Absicht weggesehen? Mit der Zeit hatte sie ihren Glauben und ihre Hoffnung an die Menschen in ihrer Umgebung verloren, hatte sich immer mehr von ihnen abgewandt. Erst als sie völlig verstummt war, war man auf sie aufmerksam geworden und hatte ihr vorgeworfen, weshalb sie nichts gesagt hatte, weshalb sie nicht um Hilfe gebettelt hatte. Doch es war zu spät. Jetzt brauchte sie keine Hilfe mehr, denn es gab nichts mehr, das man retten konnte.

Tränen fielen von der Brücke in den Bach. Heute war die Barierre, welche sie um sich errichtet hatte Gebrochen. Erneut wurde sie von Tränen heimgesucht und auf eine gewisse Weise fand sie es befreiend, wieder weinen zu können. Sie hatte das Gefühl, einen Teil von ihr, der sie über so lange Zeit begleitet hatte, sei endlich von ihr abgefallen. Doch nun war es zu spät. Warum erkannte sie erst jetzt, was ihre Familie ihr eigentlich bedeutet hatte? Die letzten Jahre waren grausam gewesen, das ließ sich nicht bestreiten, doch trotzdem hatte sie sie geliebt. Irgendwie. Nur hatte sie selbst nicht mehr das Gefühl gehabt geliebt, oder gar gebraucht zu werden. Sie hatte sich nur noch als Fußabtreter gefühlt. Als etwas auf dem man herumtrampeln konnte, wenn man Lust hatte. Sie hatte die Liebe vedrängt und der Hass hatte die überhand gewonnen.

Der Hass war nun hinforgeschwemmt. Von den Tränen. Die Liebe war zurück. Angestaut durch die letzten Jahre. Doch nun brachte sie ihr auch nichts mehr. Ihre Familie existierte nicht mehr. War gestorben und ließ sich nicht zurück holen.

Noch nie im Leben hatte sie sich so allein gefühlt wie in diesem Moment. Die ganzen, einsamen letzten Jahre nicht.

Starr blickte sie in die Dunkelheit der Nacht und zwang ihre Gefühle langsam zur Ruhe zu kommen. Doch die Tränen konnte sie nicht aufhalten. Sie waren stumme Zeugen ihrer Trauer.



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